Lernskript mull_1 - HRZ Uni Marburg: Online-Media+CGI-Host - uni ...
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Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Studiendekanat<br />
Überlegungen zu einer Lernstrategie für das<br />
Studium der Studiengänge Human- und<br />
Zahnmedizin, Humanbiologie und<br />
Physiotherapie
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 2
Vorwort<br />
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
In diesem Skript versuchen wir, Sie gleich zu Beginn Ihres Medizin-, Zahnmedizin-, Humanbiologie-<br />
oder Physiotherapiestudiums mit der Thematik „Lernen im Studium“ vertraut zu machen.<br />
An deutschen Medizinfachbereichen herrscht vielfach noch die Vorstellung, dass der Studierende das<br />
Lernen im Schulunterricht gelernt habe und es ausreiche, ihm das Wissen möglichst hochqualitativ zu<br />
präsentieren – den Rest mache er dann schon. Dass diese Ansicht falsch ist, hat man im Ausland<br />
längst erkannt; den Studienanfängern wird dort umfangreiche Hilfe und Unterstützung geboten – im<br />
Internet oder durch eigene Veranstaltungen spezieller Stabsabteilungen der <strong>Uni</strong>versitätspräsidien.<br />
Wir legen Ihnen nahe, sich zu Beginn Ihres Studiums mit dem Thema „Lernen“ zu beschäftigen und<br />
vor allem über Ihren persönlichen Lernstil nachzudenken. Das Skript soll Ihnen Wege aufweisen, die<br />
sich diesbezüglich als sinnvoll erwiesen haben. Diskutieren Sie diese möglichen Strategien mit Ihren<br />
Tutoren (und den Hochschullehrern), und entwickeln Sie Ihren eigenen Weg.<br />
Wichtig ist, dass Sie einen für Sie persönlich stimmigen Weg finden, mit der ungeheuren Datenfülle,<br />
der Sie sich im Studium gegenüber sehen werden, effizient umzugehen – und diesen Weg dann auch<br />
beibehalten.<br />
Bitte erwarten Sie keine Allheilmittel, keinen Königsweg zum Examen, keinen Nürnberger Trichter.<br />
Lernen ist ein individueller Prozess, in dem jeder Lernende seinen persönlichen Lernweg finden und<br />
definieren muss. Wir stellen Ihnen Wege und Möglichkeiten vor – auswählen müssen Sie!<br />
Das bedeutet auch, dass in dieses Skript durchaus die persönlichen Erfahrungen und Ansichten des<br />
Verfassers eingegangen sind. Der Text versucht eine schwierige Gratwanderung: das heutige<br />
Prüfungssystem (speziell in der Vorklinik des Studiengangs Medizin) verführt zu kurzfristigem<br />
Auswendiglernen, die hier vorgeschlagenen Methoden hingegen erscheinen weitaus zeitaufwändiger.<br />
Sicher kann man den derzeitigen schriftlichen Teil des Physikums (und leider auch viele <strong>uni</strong>versitäre<br />
Prüfungen in der Vorklinik) ohne das Auswendiglernen von Altfragen kaum bestehen. Wir hoffen aber,<br />
dass immer mehr Studierende sich der Ansicht anschließen, dass auch das Verstehen des Stoffes<br />
notwendig, sinnvoll und machbar ist. Wenn man sich also das Ziel vor Augen hält, den Stoff verstehen<br />
und ihn nicht nur (stumpfsinnig) auswendig lernen zu wollen, so erweist sich dieser zusätzliche<br />
Einsatz langfristig als eine lohnende Investition.<br />
Diesen Text könnten wir Ihnen nicht in dieser Form vorlegen, wenn nicht eine Reihe von Kollegen ihn<br />
kritisch durchgesehen und durch ihre Kommentare wesentlich verbessert hätten. Dank dafür gebührt<br />
vor allem Britta Jülich, zusätzlich auch Ute Stephan, Kurt Mandrek und Daniele Fiore.<br />
G. Käuser<br />
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Inhalt<br />
Wie lernt man an der <strong>Uni</strong>versität? 7<br />
Was ist anders an der <strong>Uni</strong>versität? 8<br />
Wie lernen Medizinstudentinnen und Medizinstudenten? 9<br />
Was will, kann und soll die <strong>Uni</strong>versität vermitteln? 11<br />
Die Struktur des Wissens 13<br />
Lernen – Allgemeine Beobachtungen 14<br />
Lerntipps 16<br />
Lernstrategie 19<br />
Lernstile (Lerntypen) 20<br />
Lernen in der Gruppe 24<br />
Funktion von <strong>uni</strong>versitären Veranstaltungen und Medien 24<br />
Mitschreiben und Nutzen von Skripten 27<br />
„Aktive“ Nacharbeit 29<br />
Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man trainieren sollte 37<br />
Mind- und Concept-Mapping 41<br />
Beispiel für die Herstellung einer Mind Map 43<br />
Beispiel für die Herstellung einer Concept Map 44<br />
Wie prüft man, ob (und was) man gelernt hat? 45<br />
Lernen zur Prüfungsvorbereitung, im Studium und „für das Leben“ 47<br />
Lebenslanges Lernen 49<br />
Literaturhinweise 50<br />
Exkurs: <strong>Uni</strong>versitäre Organisation:<br />
Unterrichtsformen, Studiengänge, Prüfungen und Lehrende<br />
51<br />
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Wie lernt man an der <strong>Uni</strong>versität?<br />
Die folgenden Anmerkungen gelten allgemein für das Lernen an der <strong>Uni</strong>versität, werden aber hier in<br />
Anpassung an die Bedingungen des Medizin-, Zahnmedizin-, Humanbiologie- und Physiotherapiestudiums<br />
formuliert.<br />
Was unterscheidet das Lernen an der <strong>Uni</strong>versität von dem an der Schule?<br />
Typisches Schülerverhalten, das an der Hochschule<br />
so schnell wie möglich abgelegt werden sollte:<br />
• Die Scheu, durch Übereifer, durch zu viel Wissen<br />
oder durch erkennbares Nichtwissen aufzufallen.<br />
• Die Initiative immer vom Professor bzw. Dozenten<br />
zu erwarten.<br />
• Auf vorgegebene Lerninhalte und deren Gestaltung<br />
in den Lehrveranstaltungen zu warten.<br />
• Gruppenunterricht nicht als Chance zur Initiative zu<br />
begreifen, sondern lieber andere machen zu<br />
lassen.<br />
• Für sich selbst und für den eigenen Lernfortschritt<br />
nicht oder eher widerwillig Verantwortung zu<br />
übernehmen.<br />
• Das Gespräch mit den Lehrenden nicht zu suchen<br />
(um nicht als "Streber" zu gelten!)<br />
• Darauf zu warten, dass jemand von außen kommt<br />
und Dinge für einen regelt.<br />
• Darauf zu warten, dass und bis Mann/Frau über<br />
alles Nötige informiert wird.<br />
• In Zeithorizonten nur von Klausur zu Klausur zu<br />
denken.<br />
• Vor- und nachbereitendes Lernen vor sich her zu<br />
schieben, bis es fast zu spät ist.<br />
• Hochschule als ungeliebte Pflicht, Freizeit dagegen<br />
als Erfüllung persönlicher Wünsche voneinander zu<br />
trennen.<br />
Notwendiges Studierendenverhalten, das so schnell<br />
wie möglich angewöhnt werden sollte:<br />
• Intellektuelle Neugier, Wissensdurst (wieder) zu<br />
entwickeln. Fragen, Fragen, Fragen: Skeptisch<br />
sein, Zweifel entwickeln, in Frage stellen, viele<br />
Dinge fragwürdig finden.<br />
• Begreifen, dass Lernen gleichzusetzen ist mit<br />
"aktiv Informationen sammeln". Mann/Frau kann an<br />
der Hochschule studieren, d.h. Wissen erwerben,<br />
das eigene Wissen erweitern. Das alles sind aktive<br />
Formulierungen. Ich muss das in eigener<br />
Verantwortung regeln. Niemand interessiert sich für<br />
meinen Lernfortschritt, wenn nicht ich selbst!<br />
• Lernen, dass ich in einer selbstgewählten Lebensphase<br />
meiner intensiven Berufsvorbereitung stehe,<br />
die ich letztlich allein zu verantworten, zu lenken,<br />
zu gestalten habe.<br />
• Selbstverantwortung bedeutet auch, sich aktiv um<br />
die äußeren Bedingungen des Lernens zu<br />
kümmern, z. B. um die Informationsquellen, die<br />
Breite des Angebots, und wie ich es für mich<br />
erschließen kann. Welche Arbeitstechniken gibt es,<br />
um die Informationsquellen (z.B. die des Internets)<br />
professionell erschließen zu können?<br />
• Es gibt nicht die Allgegenwart des Notenbuches<br />
des Lehrers, keine ständig gesammelten Noten zur<br />
mündlichen Beteiligung, in Vorlesungen auch keine<br />
Anwesenheitskontrolle. Fragen werden nicht als<br />
Zeichen des Nicht-Wissens negativ vermerkt,<br />
sondern als Zeichen des Interesses begrüßt. Etwas<br />
nicht zu wissen, wird an der Hochschule von<br />
vorneherein als selbstverständlich unterstellt, nicht<br />
erst durch Fragen offenbart! Die Hochschule hat<br />
die Tendenz, Prüfungsvorgänge eher an den Rand<br />
bzw. das Ende längerer Lernprozesse zu verlegen<br />
und diese Lernprozesse zunächst unbelastet zu<br />
lassen.<br />
• In der Hochschule ist die starre Gegenüberstellung<br />
von Lehrern und Schülern aus der Schule<br />
tendenziell aufgelöst. Hier gibt es nicht so deutlich<br />
die Lehrer, die das Schulwissen haben, es<br />
weitergeben und dann überprüfen, ob die Schüler<br />
es gelernt haben und beherrschen. Zwar dient<br />
auch die Hochschule der Weitergabe von Wissen,<br />
aber auch der Entdeckung und (Er-)Findung neuen<br />
Wissens. Auch die Hochschullehrer lernen<br />
(intensiver als Schullehrer) ständig dazu, und die<br />
Studierenden können die Hochschullehrer gegen<br />
Ende des Studiums in Spezialgebieten, z.B. ihrer<br />
Doktorarbeit, durchaus ein- oder sogar überholen.<br />
In Anlehnung an Prof. Dr. U. Mildenberger, FH Zwickau, http://wwwstud.fh-zwickau.de/~um/irw/files/didaktik2.htm<br />
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Was ist anders an der <strong>Uni</strong>versität?<br />
Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Lernen an der <strong>Uni</strong>versität, besonders in den Studiengängen<br />
Medizin und Zahnmedizin, kaum vom Lernen in der Schule: Sie haben einen festen<br />
Stundenplan mit zahlreichen anwesenheitspflichtigen Veranstaltungen und werden Ihr Studium in<br />
einem (wenn auch großen) „Klassenverband“ gemeinsam absolvieren.<br />
Es gibt aber fünf wichtige Unterschiede, die Sie bei der Planung Ihres Studiums berücksichtigen<br />
sollten:<br />
1. Die Fächer werden im Studium sehr komprimiert unterrichtet.<br />
In der Schule wurden Ihnen die Fächer über mehrere Jahre hinweg kontinuierlich näher gebracht.<br />
Im <strong>uni</strong>versitären Unterricht hingegen verfügen Sie über (nur) zwei Semester Zeit, um sich z.B. den<br />
gesamten Lernstoff der Anatomie anzueignen. .<br />
Der Versuchung, den Stoff einfach nur zur Klausur auswendig zu lernen und ihn nicht verstehen<br />
zu wollen, sollten Sie widerstehen. Das medizinische Wissen ist extrem stark vernetzt – Sie<br />
werden später die Gründe, die zu einer Erkrankung führen, nicht verstehen, wenn Sie nicht die<br />
anatomischen, physiologischen, biochemischen usw. Grundlagen tatsächlich gelernt und begriffen<br />
haben.<br />
Der deutsche Studienaufbau mit seinen weitgehend unabhängig voneinander unterrichteten<br />
Fächern gibt Ihnen hier nur geringe Hilfe – das meiste müssen Sie eigenständig leisten.<br />
Diesem Problem können Sie nur durch eine effektive Vor- und Nachbereitung der<br />
Lehrveranstaltungen und große Neugier entgegentreten.<br />
2. Der Stoff wird Ihnen inhaltsbezogen und nicht nach Schwierigkeitsgrad gestaffelt<br />
angeboten.<br />
In der Schule wurden Ihnen die Inhalte in verschiedenen Ausbildungsabschnitten und in<br />
unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden (wiederholt) vorgestellt (C-Dur Tonleiter und Blockflöte<br />
z.B. werden zu Beginn des Musikunterrichts, alle Tonleitern und weitere Instrumente später<br />
behandelt). Dies wird an der <strong>Uni</strong>versität anders sein: hier präsentiert man Ihnen gleich ein volles<br />
Orchester.<br />
Naturgemäß zeigen sich an der Hochschule eklatante Unterschiede zwischen dem Wissensstand<br />
der Studierenden: durch die reformierte Oberstufe bewegen sich die Vorkenntnisse auf einem<br />
derart unterschiedlichen Niveau, dass immer einige Studierende durch die <strong>uni</strong>versitären<br />
Lehrinhalte über-, andere unterfordert werden/sind.<br />
Da der <strong>uni</strong>versitäre Unterricht davon ausgeht, dass er auf dem in der Schule vermittelten Stoff<br />
aufbauen kann, kommt hier Ihrer Vorbereitung auf die Lehrveranstaltungen besondere Bedeutung<br />
zu: Erwartet wird von Ihnen, dass Sie eventuelle Lücken aus der Schulbildung eigenständig<br />
auffüllen. Sie sollten sich vor dem Beginn der Lehrveranstaltung (d.h. in der Regel vor dem Beginn<br />
des Semesters) einen Überblick über den Stoff erarbeiten. Dazu dient die „vorlesungsfreie Zeit“<br />
(die keine „Semesterferien“ darstellt).<br />
3. Der Stoff wird Ihnen in unterschiedlichen Unterrichtsformen, die in getrennten<br />
Veranstaltungen organisiert sind, angeboten.<br />
Auch in der Schule haben Sie unterschiedliche Arbeits- und Unterrichtsformen (Unterrichtsgespräch,<br />
Gruppenarbeit, Übungen, Vorträge) erlebt. Diese waren aber in einen „Masterplan“<br />
eingebettet, den der Fachlehrer für Sie erstellte.<br />
An der <strong>Uni</strong>versität besuchen Sie parallel abgehaltene und (weitgehend) unabhängig voneinander<br />
geplante Veranstaltungen unterschiedlicher Typen (Vorlesungen, Seminare, Praktika), die sich mit<br />
dem Thema des Faches auseinandersetzen. Bedingt durch die große Studierendenzahl und die<br />
begrenzten Finanzmittel der <strong>Uni</strong>versität können z.B. Praktika und Vorlesungen den Stoff des<br />
Faches nur begrenzt parallel zueinander vorstellen. Jede der <strong>uni</strong>versitären Veranstaltungen hat<br />
eine eigene Funktion. Sie müssen die Veranstaltungen so miteinander kombinieren, dass der<br />
Besuch Ihnen das Lernen erleichtert.<br />
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Voraussetzung dafür, dass Sie diese Aufgabe leisten können, ist zunächst, dass Sie sich<br />
Kenntnisse über die Funktion der verschiedenen Veranstaltungen aneignen (s. S. 24). Dann<br />
kommt der Erarbeitung einer für Sie adäquaten Lernstrategie eine entscheidende Bedeutung zu<br />
(s. S. 19). Nutzen Sie bei dabei bitte die Beratung und Hilfestellung durch Professoren und<br />
Tutoren sowie die Erfahrungsberichte anderer Studierender.<br />
4. Ihr Lernerfolg wird nur punktuell, oft nur zum Ende des Semesters, überprüft.<br />
In der Schule wurde der Lernerfolg regelmäßig und wiederholt im Laufe des Schuljahres durch<br />
Prüfungen kontrolliert. Stellten Sie fest, dass Sie in einem Fach ein Problem hatten, besaßen Sie<br />
die Möglichkeit, gegenzusteuern. .<br />
Im <strong>Uni</strong>versitätsunterricht dagegen erfolgt in aller Regel nur eine „große“ Prüfung, meist am Ende<br />
des Semesters.<br />
Hier ist von Bedeutung, dass Sie sich im Rahmen einer sinnvollen Lernstrategie regelmäßig selbst<br />
überprüfen. Natürlich können Sie Prüfungen wiederholen – es ist jedoch wesentlich<br />
ökonomischer, durch regelmäßiges Lernen im Semester die Prüfungen bereits im ersten Anlauf zu<br />
bestehen und damit einem Zeitverlust entgegenzuwirken.<br />
Der amerikanische Entertainer Bill Cosby hat das Lernen mit einem Flug verglichen:<br />
Den größten Energieaufwand erfordert der Start. Hat das Flugzeug einmal die Reisehöhe<br />
erreicht, ist der Treibstoffverbrauch sehr viel niedriger.<br />
Anstatt also ständig zu starten, zu landen, erneut zu starten, zu landen etc., sollte man sich<br />
dazu durchringen, einmal zu starten und dann durch permanentes Dazulernen und<br />
Wiederholen den Wissenstand zu halten.<br />
Vergleiche hinken immer, aber so ganz dumm ist dieser nicht ...<br />
5. Es gibt keinen Lehrer, der Ihren Leistungsstand überwacht.<br />
In der Schule gab es einen Lehrer, der – wenn er gut war – ein Auge auf Sie warf und Sie im<br />
Zweifelsfall ansprach, wenn Sie in Ihren Leistungen absackten. Dies werden Sie an der<br />
<strong>Uni</strong>versität nicht finden.<br />
Für die Beurteilung Ihres Leistungsstandes sind alleine Sie verantwortlich. Durch ehrliche<br />
Überprüfung müssen Sie Lücken aufdecken und dann schließen. Sie tragen auch die<br />
Verantwortung, wenn Sie Stoff nur auswendig lernen und später feststellen, dass sich eben dieser<br />
Stoff zum Verständnis eines anderen Stoffes als notwendig erweist.<br />
Wie lernen Medizinstudentinnen und Medizinstudenten?<br />
Ergebnisse der Prüfungen vor (v) und nach (n) dem Semester;<br />
aufgetragen ist der Mittelwert der Gesamtpunktzahlen.<br />
In einem sogenannten „Progress-“ (Fortschritts)<br />
test haben wir den Lernfortschritt von Medizinstudierenden<br />
untersucht.<br />
Dazu haben die Teilnehmer (freiwillig) am Anfang<br />
und am Ende jedes der vier vorklinischen<br />
Semester einen (Multiple-Choice) Test mit Fragen<br />
aus allen vorklinischen Fächern absolviert.<br />
Da die Teilnehmer aus allen Semestern die<br />
gleichen Fragen bearbeitet haben, erwartet man<br />
hier eine Zunahme des Wissens (= Anteil richtig<br />
gelöster Fragen) über den Studienverlauf.<br />
Ein solcher Test wird z.B. an der <strong>Uni</strong>versität Maastricht<br />
im Rahmen des Studiums viermal im Jahr von allen<br />
Studierenden absolviert.<br />
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Prüfungsergebnisse der Prüfungen vor (v) und nach (n) dem Semester<br />
Vorklinische Fächer Naturwissenschaftliche Fächer<br />
Das Ergebnis belegt das immer wieder festgestellte „episodische“ Lernen der Studierenden: am Ende<br />
des Semesters, vor der Abschlussprüfung, ist ihr Wissensstand groß – schon nach den<br />
Semesterferien wurde ein erheblicher Teil des eben Gelernten wieder verdrängt, war also offenbar<br />
eher im Kurzzeit- als im Langzeitgedächtnis gespeichert.<br />
Das ist problematisch, weil<br />
• es unökonomisch ist, gleiche Informationen immer wieder „neu“ lernen zu müssen.<br />
• der zu lernende Stoff – speziell in der Medizin und Zahnmedizin – extrem stark vernetzt ist: Sie<br />
werden Inhalte nur mit soliden Kenntnissen in allen Fächern tatsächlich verstehen und später im<br />
Berufsalltag einsetzen können.<br />
Oberstes Prinzip Ihres Lernens sollte sein:<br />
Verstehen statt Pauken!<br />
Das bedeutet natürlich nicht, dass es nicht auch Bereiche (des sogenannten Faktenwissens) gibt, die<br />
man mehr oder weniger stur auswendig lernen muss – Vokabeln gibt es auch im Medizinstudium.<br />
Dieses Auswendiglernen ist dann aber die Grundlage für andere Wissensformen (s.u.) und sollte nicht<br />
zum Selbstzweck pervertieren.<br />
<strong>Uni</strong>versitärer Unterricht ist ein Angebot –<br />
verantwortlich für die Nutzung dieses Angebots ist der<br />
Studierende!<br />
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Was will, soll und kann die <strong>Uni</strong>versität vermitteln?<br />
Die Beispiele im folgenden Kapitel beziehen sich vorwiegend auf das Medizinstudium; dennoch gelten die<br />
Zusammenhänge auch für andere Studiengänge und können dort analog eine entsprechende Anwendung finden.<br />
Die Lernziele des Unterrichts werden oft in vier Stufen in der<br />
nach ihrem Schöpfer benannten „Miller-Pyramide“ dargestellt:<br />
o Auf der ersten Stufe geht es darum, die Fakten eines<br />
Gebietes zu erfassen („Knows“). Diese Fakten (nicht<br />
isoliert, sondern miteinander verknüpft („verstanden“))<br />
bilden die Grundlage für die zweite Stufe:<br />
o Hier („Knows how“) geht es darum, dass der<br />
Studierende die Fakten (und ihre Verknüpfungen)<br />
begründen und sie auf Probleme anwenden kann.<br />
o Auf der dritten Stufe („Shows how“) geht es nicht mehr<br />
um Fakten, sondern vielmehr um Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten. Der Studierende soll zeigen, dass er diese<br />
beherrscht und ihre Anwendung begründen kann.<br />
o Auf der letzten Stufe („Does“) schließlich sollen diese Fähigkeiten und Fertigkeiten in den<br />
praktischen Berufsalltag integriert sowie tatsächlich und richtig angewendet werden.<br />
Umgesetzt in ein Beispiel in der Medizin stellt sich das z.B. wie folgt dar:<br />
Knows Anatomie des Femur<br />
Knows how Begründung für die Arbeitsdiagnose „Schenkelhalsfraktur“<br />
Shows how Untersuchung und Differentialdiagnose einer Schenkelhalsfraktur<br />
Does Therapie und Operationsmethoden der Schenkelhalsfraktur<br />
(nach einer Ausarbeitung der Med. Fakultät der <strong>Uni</strong>v. Freiburg,<br />
http://fakultaet.<strong>uni</strong>klinik-freiburg.de/dekanat/klinik/lzk.pdf)<br />
Auch wenn die Miller-Pyramide das Lernen vorwiegend inhaltlich beschreibt, so kann sie grob in einen<br />
zeitlichen Ablauf übersetzt werden:<br />
• in der Vorklinik geht es vor allem um die Erarbeitung von (später benötigtem) Faktenwissen<br />
• nach dem ersten Teil des klinischen Studiums sollte der Studierende die zweite Stufe erreicht<br />
haben und begründen können, warum er etwas tut („Knows how“)<br />
• Aufgabe der höheren klinischen Semester ist die Erarbeitung des „Shows how“<br />
• die Einübung der Techniken und deren Integration in den Arbeitsalltag erfolgt dann im praktischen<br />
Jahr und in den verschiedenen Stufen der Facharztausbildung<br />
Dieser Aufbau des Studiums führt häufig zu einem Motivationsproblem bei Studierenden („Wozu soll<br />
ich das denn lernen, das brauche ich doch nie wieder ...“), das sie dann dazu verführt, die Fakten (vor<br />
allem in der Vorklinik) zur Prüfung auswendig zu lernen und danach möglichst schnell aktiv zu<br />
verdrängen.<br />
Der deutsche Studienaufbau ist nicht unumstritten – im Ausland finden Sie Studienstrukturen, die den<br />
Studierenden bereits in den ersten Studienjahren den Kontakt zum Patienten ermöglichen, und zwar in<br />
einem weitaus intensiveren Maße, als dies bei uns der Fall ist. Einen „Königsweg“ gibt es hier jedoch<br />
nicht; beide Systeme besitzen ihre Vor- und Nachteile.<br />
Bei der Formulierung der neuen Approbationsordnung (nach der Sie ausgebildet werden) hat man<br />
versucht, die starre Trennung zwischen Vorklinik und Klinik, zwischen `Theorie´ und `Praxis´ , etwas<br />
transparenter zu gestalten.<br />
Entscheidend für den Erfolg des Lernens ist beim Erwachsenen die Motivation zum Lernen. Während<br />
ein Kind "spielerisch", d.h. vor allem durch Nachmachen und Auswendiglernen, einen Lernprozess<br />
erfährt, lernt der Erwachsene durch Einsicht und eigenes Strukturieren - er muss verstehen, was er<br />
lernt, er muss neues Wissen in Zusammenhänge einordnen und (soweit möglich) mit bereits<br />
vorhandenem Wissen verknüpfen (s. S.14). Die dazu erforderliche Motivation kann die <strong>Uni</strong>versität nur<br />
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begrenzt liefern – Sie werden durchaus Sie motivierende Vorlesungen, Seminare und Praktika durch<br />
begeisterte (und begeisternde) Dozentinnen und Dozenten erleben; häufig aber ist Ihre<br />
Eigenmotivation gefragt.<br />
Ein besonderes Problem stellen hierbei immer wieder die „naturwissenschaftlichen Grundlagen“ der<br />
Medizin dar. Weshalb müssen Sie sich derart intensiv mit dem Erlernen der Physik und (der) Chemie<br />
beschäftigen, wenn es doch um die Behandlung des Patienten geht?<br />
Ohne Frage ist in den letzten Jahrzehnten die<br />
Medizin „naturwissenschaftlicher“ geworden – die<br />
Möglichkeiten der Diagnostik und der Therapie<br />
haben sich durch sinnvolle Nutzung<br />
wissenschaftlicher Kenntnisse in vielen Gebieten<br />
stark, oft geradezu revolutionär, verbessert (siehe<br />
Beispiele rechts von Verfahren, die in den letzten<br />
beiden Jahrzehnten in die medizinische Routine<br />
übernommen wurden).<br />
Ultraschalldiagnostik<br />
ComputertomografischeVerfahren<br />
(Röntgentomografie, Kernspintomografie, Positronen-<br />
Emissionstomografie)<br />
Endoskopische Diagnose- und<br />
Operationsverfahren (Minimalinvasive Chirurgie)<br />
DNA-Analytik<br />
Tumorbestrahlungsverfahren, bei denen der Anteil<br />
bestrahlten Nichttumorgewebes durch mathematischphysikalische<br />
Optimierung minimiert wird.<br />
In der Wissenschaft hat sich innerhalb des Feldes der Biowissenschaften ein paradigmatischer<br />
Wandel vollzogen; die Biowissenschaften sind „exakter“ und damit „mathematischer“ geworden.<br />
Während die Biowissenschaften (Biologie und Medizin) früher weitgehend als (verbal) beschreibende<br />
Wissenschaften galten, und eine definierte Reihenfolge in der Verwendung mathematischer Modelle<br />
(und damit der „Exaktheit“ von Wissenschaft (Biologie – Chemie – Physikalische Chemie -<br />
Experimentalphysik – Theoretische Physik) ) bestand, so ist dies heute anders geworden.<br />
Auch in der Medizin bestimmen immer häufiger mathematische Methoden den beruflichen Alltag –<br />
Gehirnströme werden mit aufwendigen Programmen analysiert, und Bestrahlungen durch vorherige<br />
Berechnung und Simulation optimiert. Die Suche nach neuen Wirkstoffen und Medikamenten ist ohne<br />
den Einsatz mathematischer Verfahren - beim Design der Studien, der Auswertung der Versuche oder<br />
etwa zur Untersuchung biochemischer Eigenschaften potentieller Kandidaten und ihrer Partner im<br />
Zellstoffwechsel - nicht mehr denkbar.<br />
Gleichzeitig ist damit aber ein Komm<strong>uni</strong>kationsproblem aufgetreten: von Ihnen als späteren Haus- und<br />
Fachärzten erwartet der Patient, dass Sie ihm das Grundprinzip des Verfahrens, seine Möglichkeiten<br />
und Aussagekraft erläutern können – und dass Sie die ängstliche Frage „Und ist die Strahlung nicht<br />
sehr gefährlich?“ sachgerecht beantworten können.<br />
Dazu sollten Sie die Grundlagen der Verfahren kennen und erklären können. Es geht dabei nicht<br />
darum, dass Sie ein Endoskop selbst zusammenbauen, oder gar Ihr EKG-Gerät eigenständig<br />
reparieren können – Sie sollten jedoch später schon erkennen, wenn EKG-Potentiale des Patienten<br />
z.B. durch Störspannungen vom Laborkühlschrank drastisch verändert werden. Es geht also nicht nur<br />
darum, dass Sie in einer Prüfung (auswendig gelernt) die Unterschiede zwischen den Verfahren<br />
herunterbeten können – Sie sollten in der Lage sein, die Grundlagen der Verfahren später in Ihrem<br />
Berufsalltag auch zu erläutern.<br />
Ein sehr starkes Motivationsargument ist die spätere Einsetzbarkeit des Gelernten im Beruf. Hier<br />
können Sie Ihre Motivation verbessern, indem Sie bereits beim Lernen in der Vorklinik Aspekte Ihrer<br />
späteren Berufstätigkeit integrieren und den Stoff der Naturwissenschaften und der vorklinischen<br />
Grundlagenfächer auf entsprechende Probleme hin anwenden. Wenn Sie dies wiederholt mit den<br />
verschiedenen Fachaspekten tun, wiederholen Sie gleichzeitig automatisch immer wieder den Stoff<br />
und schaffen die zum assoziativen Lernen notwendigen Verknüpfungen.<br />
Die Beschäftigung mit der Chemie der Alkohole ist vielleicht nicht sehr motivierend; auch der Bau der<br />
Leber, ihre Physiologie und die Betrachtung biochemischer Reaktionen können nicht jeden<br />
begeistern.<br />
Wenn Sie sich aber von Beginn des Studiums an eine medizinische Frage (Alkoholeinfluss auf die<br />
Leber) stellen, und das Gelernte in die Beantwortung dieser Frage integrieren, so erhöhen Sie Ihre<br />
Motivation und erleichtern sich auf diese Weise das Lernen:<br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 12
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Anatomie<br />
Anatomie der Leber<br />
Histologie der Leber<br />
Woran erkennt man eine Fettleber?<br />
Was geschieht, wenn Leberzellen sterben?<br />
Biochemie<br />
Leberstoffwechsel<br />
Alkoholabbau<br />
Welche Stoffwechselaufgaben hat die Leber?<br />
Was geschieht mit Alkohol in der Zelle?<br />
Chemie Chemie der Alkohole Woran erkennt man Alkohole?<br />
Physiologie Leberphysiologie<br />
Wo greift Alkohol in den Leberstoffwechsel ein?<br />
Welche Wirkungen hat Alkohol im Körper?<br />
Wissen kann gegliedert werden in<br />
Die Struktur des Wissens<br />
„bloßes“ (oder „totes“) Wissen = Wissen, das man nur hersagen, aber nicht anwenden kann<br />
und in<br />
„aktives“ Wissen, das man unterscheiden kann in<br />
„deklaratives“ Wissen – Wissen, was der Fall ist<br />
(Faktenwissen)<br />
„prozedurales“ Wissen – Wissen, wie man etwas<br />
machen muss<br />
„situatives“ Wissen – Wissen, warum in diesem<br />
Kontext eine bestimmte Handlung richtig oder<br />
falsch ist<br />
Pathophysiologie<br />
und<br />
Pathobiochemie<br />
von Fettleber<br />
und Leberzirrhose<br />
Oft differenziert man statt des Wissens eher die<br />
Kompetenzen:<br />
Wissen = Kenntnis isolierter Fakten, Konventionen,<br />
Begriffe, Gesetze<br />
Verstehen = Herstellen von Zusammenhängen,<br />
Vernetzung von Wissen, Herstellung von<br />
Begriffshierarchien<br />
Anwenden = Verbindung des deklarativen Wissens mit<br />
prozeduralem und situativem Wissen<br />
Ziel der Ausbildung an der <strong>Uni</strong>versität ist natürlich, das gelernte Wissen anwenden zu können.<br />
Totes Wissen belastet das Gedächtnissystem nur unnötig, denn isolierte Wissensbestandteile können<br />
ohne die Vernetzung mit anderen nicht greifen.<br />
Faktenwissen wird dabei oft in seiner Bedeutung unterschätzt. So zeigten Untersuchungen des Kieler<br />
Instituts für die Pädagogik der Naturwissenschaften, dass (vernetztes) Faktenwissen und die Fähigkeit<br />
zur Problemlösung eng miteinander korreliert sind. Dabei bildet das (vernetzte) Faktenwissen im<br />
Gehirn eine Grundvoraussetzung fürdie zur Problemlösung erforderlichen Entscheidungen.<br />
Ein wesentliches Merkmal der modernen Biowissenschaften ist die Vernetzung des Wissens über<br />
mehrere Fächer hinweg. Bei der Untersuchung eines biologischen Phänomens müssen Spezialisten<br />
zahlreicher Disziplinen zusammenarbeiten. Die folgenden Abbildungen demonstrieren Ihnen dies<br />
anhand eines theoretischen und eines medizinischen Beispiels.<br />
Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit kann nur gelingen, wenn die Beteiligten über Grundkenntnisse<br />
des jeweiligen Faches der Kollegin oder des Kollegen verfügen. Nur dann funktioniert die<br />
Komm<strong>uni</strong>kation, die zur Zusammenarbeit unabdingbar ist.<br />
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Lernen – Allgemeine Beobachtungen<br />
Unser Lern- und Erinnerungssystem besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Teilen (eine<br />
empfehlenswerte ausführlichere Darstellung finden Sie in den beiden Büchern von M. Spitzer, s. Literaturhinweise):<br />
• einem Bewertungs- und Filtermechanismus, der<br />
o beim Lernen entscheidet, was jeweils in den<br />
unterschiedlichen Teilen des Gedächtnissystems<br />
(Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und<br />
Langzeitgedächtnis) gespeichert wird<br />
o beim Erinnern selektiv eine bestimmte,<br />
komplexe Erinnerung aus dem Speicherteil in<br />
das Bewusstsein extrahieren kann (beim<br />
Erinnern an eine Person werden uns nicht nur<br />
deren Bild, sondern auch ihre Stimme, ihr<br />
Geruch, Erlebnisse mit ihr, Emotionen ihr<br />
gegenüber usw. bewusst).<br />
• und dem eigentlichen Speichermechanismus, der<br />
die speicherwürdigen Informationen assoziativ<br />
(verknüpft) und holografisch (d.h. nicht in einzelnen<br />
Punkten, sondern in einem Muster) abspeichert.<br />
Beide Gedächtnisbereiche sind in unterschiedlichen anatomischen Strukturen lokalisiert:<br />
der Filtermechanismus wird dem Hippocampus und dem limbischen System zugeordnet;<br />
das Speichervermögen des Gedächtnisses ist eine Eigenschaft der Großhirnrinde (des<br />
Neocortexbereichs).<br />
Während über den Speicherbereich inzwischen genauere Modellvorstellungen existieren, ist die<br />
Arbeitsweise des Filter- und Wiederfindungsmechanismus noch weitgehend unbekannt.<br />
Heute kann man das Lernen experimentell<br />
untersuchen. Dazu injiziert man radioaktiv<br />
markierte Glucose und stellt anschließend mit<br />
tomografischen Verfahren fest, welche<br />
Zellbereiche des Gehirns diese besonders<br />
intensiv aufnehmen. Dort sind die Zellen zum<br />
Zeitpunkt der Aufnahme besonders aktiv.<br />
So kann man z.B. feststellen, dass die „Sehrinde“,<br />
der Teil des Gehirns, der die Daten der Augen<br />
auswertet, auch aktiviert wird, wenn der Proband<br />
sich an vor kurzem gezeigte Bilder erinnert (Abb.<br />
links).<br />
Forschungen zur Neurobiologie werden derzeit<br />
intensiv betrieben; Klinische Neurobiologie ist<br />
auch ein Forschungsschwerpunkt des <strong>Marburg</strong>er<br />
Fachbereichs.<br />
Der bereits erwähnte Mechanismus der holografischen Speicherung macht es also unmöglich, einen<br />
bestimmten Gedächtnisinhalt "auszustanzen" und somit dauerhaft zu entfernen - man kann<br />
Erinnerungen nicht durch das Entfernen eines bestimmten Gehirnabschnitts löschen. Wenn man sich<br />
an einmal Gelerntes "nicht erinnern" kann, liegt dies nicht am Gedächtnis-, sondern am<br />
Filtermechanismus, dem es nicht gelingt, das Gelernte wieder in das Bewusstsein zu bringen.<br />
Einmal Gelerntes bleibt abgespeichert; es muss nur wiedergefunden werden!<br />
Informationen werden beim Speichern geordnet und assoziativ abgelegt.<br />
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Durch die assoziative Speicherungsweise des Gehirns werden gleichzeitig auftretende Lernereignisse<br />
gemeinsam abgespeichert. Dies kann man sich in vielfältiger Weise zunutze machen:<br />
• Wenn man beim Lernen eine schematische, grafische Übersicht anfertigt (als<br />
Kästchendiagramm, symbolische Zeichnung oder (besonders zu empfehlen) als "Mind Map" oder<br />
„Concept Map“), nutzt man die assoziative Speicherung doppelt:<br />
o Durch den Zeichenvorgang wird man gezwungen, sich mit den Fakten und ihren Beziehungen<br />
intensiv zu beschäftigen. Das Gehirn speichert neben den Bestandteilen der Zeichnung auch<br />
deren Anfertigung ab.<br />
o Später wird man sich nicht nur an einzelne Inhalte des Schemas erinnern, sondern auch an<br />
deren Anordnung auf dem Papier, ihre Farben und ihr Aussehen. Bei den meisten Menschen<br />
bleiben durch das "optische Gedächtnis" die Bestandteile und ihre Beziehungen viel deutlicher<br />
im Gedächtnis haften als bei strukturlosem Hintereinander-Lernen.<br />
• Eine andere Methode kombiniert z.B. eine Liste zu erlernender Fakten (Gegenstände, Abfolge von<br />
Schritten) mit dem Ortsgedächtnis: Man verknüpft die Fakten mit einem Rundgang durch die<br />
eigene Wohnung oder etwa dem Weg zur Arbeit. In einer Abfragesituation geht man dann "im<br />
Geiste" diesen Weg nach und "findet" dabei die gelernten Gegenstände.<br />
• Ähnlich funktioniert z.B. das uns allen bekannte Phänomen, dass man, wenn man den Raum<br />
wechselt, um etwas zu klären, und das Problem am Zielort plötzlich vergessen hat, zum<br />
Ausgangsort zurückkehren sollte - hier kann man sich nun plötzlich wieder an die Frage erinnern,<br />
da das (Kurzzeit-)Gedächtnis die Assoziation zwischen Frage und Ortsgedächtnis herstellt.<br />
Beim Lernen spielen die unterschiedlichen Arten<br />
des Gedächtnisses eine große Rolle.<br />
Ins Langzeitgedächtnis wird nur gespeichert<br />
(„gelernt“), was vorher das Kurzzeitgedächtnis<br />
passiert hat (und dort als speicherungswürdig<br />
eingestuft wurde). Dazu greift das Kurzzeitgedächtnis<br />
auf Informationen aus dem Langzeitgedächtnis<br />
zurück.<br />
Das Kurzzeitgedächtnis hat eine relativ begrenzte Kapazität (5 bis 9 Elemente können parallel<br />
bearbeitet werden). Das bedeutet, dass nur zwei bis drei Begriffe und deren Beziehung untereinander<br />
in einem bestimmten Moment untersucht und dann abgespeichert werden können.<br />
Will man also eine größere Menge neuen Wissens lernen, kommt es entscheidend auf die Darbietung<br />
des Stoffes in kleinen Informationseinheiten in der richtigen Reihenfolge und Logik an.<br />
Dies kann man durch die Art der Präsentation (einer der Unterschiede „guter“ und „schlechter“<br />
Vorlesungen und Seminarvorträge) und durch die Art der Nacharbeit {Verwendung von Hilfsmitteln,<br />
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die die Beschäftigung mit dem Stoff auf Begriffe und Relationen in diesem Umfang fokussieren, z.B.<br />
Begriffsnetze (Konzeptkarten, s.u.)}, fördern.<br />
Lernen ist Arbeit; nur aktiv erarbeitete Informationen werden<br />
(im Langzeitgedächtnis) gespeichert!<br />
Die Studienstruktur sollte, die persönliche Lernstrategie muss<br />
aktives Lernen fordern und fördern!<br />
Aus der Struktur unseres Gedächtnisses folgen allgemeine Lernregeln:<br />
Lerntipps<br />
Schaffen Sie sich vor dem Lernen neuen Stoffs einen Überblick!<br />
Wenn Sie gleich mit dem Lernen von Details beginnen, nehmen Sie sich die Möglichkeit, das<br />
Gelesene oder Gehörte in einen Zusammenhang zu stellen, und damit leichter und dauerhafter zu<br />
lernen.<br />
Lesen Sie daher vor einem neuen Fach oder Fachabschnitt den Stoff in einem Schulbuch oder in<br />
einer populärwissenschaftlichen Darstellung durch. Die Einordnung der Daten aus dem<br />
Lehrbuchkapitel wird Ihnen danach leichter fallen.<br />
Wählen Sie ein für Sie passendes Lehrbuch aus!<br />
Das Angebot an qualitativ hochwertigen Lehrbüchern ist heute in allen Fachgebieten sehr groß. Auch<br />
hier gibt es persönliche Vorlieben der Leser: die Darstellung in einem Lehrbuch sagt dem einen zu;mit<br />
der Art, wie ein anderer Autor den Stoff präsentiert, kann man weniger anfangen. Sehen Sie sich vor<br />
dem Kauf mehrere Lehrbücher an, und wählen Sie das für Sie passende aus! Überlegen Sie auch, ob<br />
Sie nicht ein englischsprachiges Lehrbuch nutzen sollten – der Stil amerikanischer und englischer<br />
Autoren ist anders als der deutscher, häufig studentengerechter. Sprachprobleme gibt es in der Regel<br />
kaum.<br />
Passend zum Stoff des Vorkurses können Sie sich einmal mit<br />
zwei Buchreihen beschäftigen, die aus dem angloamerikanischen<br />
Ausland stammen und inzwischen teilweise auch in deutscher<br />
Übersetzung vorliegen:<br />
• In der Reihe xxx für Dummies erscheinen Bücher, die den<br />
Stoff in einer sehr lockeren, leichtverständlichen Form<br />
präsentieren. Chemie für Dummies liegt in einer deutschen<br />
Übersetzung vor (ca. 20 €).<br />
• In der Reihe Schaum’s Outlines erscheinen Bücher für viele<br />
Fachgebiete. Physics for Pre-Med, Biology and Allied Health<br />
Students (ca. 15 €) präsentiert die Physik mit vielen<br />
medizinischen Beispielen .<br />
Nutzen Sie beim Lernen möglichst viele „Eingangskanäle“!<br />
Der Filtermechanismus wählt die zu speichernde Information aus. Die Zahl der von uns genutzten<br />
Eingangskanäle (Auge, Ohr, Hand...) steht dabei in unmittelbarem Verhältnis zu dem jeweiligen<br />
Bedeutungsgrad, den wir der entsprechenden Information zuschreiben; je wichtiger die Information<br />
uns erscheint, umso eher wird sie abgespeichert.<br />
Sie können dieses Phänomen selbst erproben, wenn Sie einige der im Vorkurs empfohlenen Videos einmal mit<br />
und einmal ohne Ton betrachten und die Wirkung analysieren.<br />
Nutzen Sie deshalb die Möglichkeit, sich Schemata und Skizzen aufzuzeichnen oder Mind- oder<br />
Konzeptkarten (s.u.) zu erstellen, um die Bedeutung der Informationen hervorzuheben.<br />
Assoziatives Abspeichern der Informationen nutzen!<br />
Verknüpfung zu bereits gelernten Informationen herstellen,<br />
mnemotechnische Tricks anwenden<br />
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Bsp.: Im Kapitel B1.19 der Unterrichtseinheit Biologie 1 geht es um den Bau der Nebenniere mit ihren<br />
drei Schichten. Deren Namen und die dort produzierten Hormone kann man sich gut an Merksätzen<br />
(„Eselsbrücken“) merken:<br />
Schichtenbau:<br />
GFR = German Federal Republic:<br />
Zona glomerulosa<br />
Zona fasciculata<br />
Zona reticularis<br />
Die in diesen Schichten gebildeten Hormone und deren<br />
(Haupt)Funktion:<br />
ALCAN oder Mineralwasser mit Zucker macht sexy!<br />
Aldosteron (Mineralstoffwechsel)<br />
Corticoide (Kohlenhydratstoffwechsel)<br />
Androgene (Sexualhormone)<br />
Eine sinnvolle Wiederholungs- und Überprüfungsstruktur für das Lernen erarbeiten (s. S. 45)<br />
Auf aktives Wissen achten:<br />
Wissen anwenden<br />
Fakten einordnen<br />
Fertigkeiten durch Anwenden schulen<br />
Um Ihnen zu demonstrieren, wie man Wissen aktiv lernen kann, geben wir Ihnen in den Skripten zum<br />
Vorkurs Beispiele für „aktives Lernen“: Wir haben in den Stoff Aufgaben eingestreut, die Ihnen<br />
einerseits Fragen vorschlagen, die Sie lösen sollten (Schulung durch Anwendung von Wissen), Ihnen<br />
aber auch (durch „ungewohnte“ Fragen, etwa einer physikalischen Berechnung zu einem biologischen<br />
Thema) die Vernetztheit des Wissens demonstrieren.<br />
Noch besser ist es natürlich, wenn Sie sich einen aktiven Lesestil aneignen (s. z.B. S. 38) und sich selbst Fragen<br />
und Aufgaben stellen.<br />
Was tun, wenn man einen Abschnitt im Lehrbuch nicht versteht?<br />
Sie werden beim Bearbeiten von Lehrbuchkapiteln immer wieder feststellen, dass Sie einzelne Kapitel<br />
oder Abschnitte nicht verstehen. Dies ist völlig normal und kein Grund zur Panik!<br />
Bewährt hat sich folgendes Vorgehen:<br />
• Lesen Sie den Abschnitt noch einmal.<br />
Dieser einfache Trick funktioniert überraschend gut. Die Erklärung liegt darin, dass Sie beim ersten Lesen<br />
schon einen (wenn auch nicht vollständigen) Überblick über den Stoff gewonnen haben und es Ihnen nun<br />
leichter fällt, Einzelheiten in das Gesamtbild einzubetten (und sie so zu erklären und zu verstehen).<br />
• Wechseln Sie das Lehrbuch.<br />
Oft liegt es nur an der (verbalen oder grafischen) Darstellung, dass die Prinzipien eines Zusammenhangs<br />
nicht klar werden. Wenn Sie eine andere Darstellung durchlesen, werden häufig die Beziehungen zwischen<br />
den Bestandteilen deutlich.<br />
• Wechseln Sie das Medium.<br />
Suchen Sie sich ein Video oder ein Lernprogramm, das den entsprechenden Stoff behandelt.<br />
Der Wechsel der Darstellung (Nutzung anderer Eingangskanäle) fördert häufig das Verständnis.<br />
Dies können Sie während des Vorkurses an verschiedenen Stellen ausprobieren. So finden Sie in der<br />
Präsentation zur Vorlesung der Biologie eine Folie, die den Vermehrungszyklus des Erregers der Malaria,<br />
des Wechselfiebers, in Form einer grafischen Übersicht darstellt.<br />
Im Internetangebot des Vorkurses finden Sie den gleichen Inhalt in Form eines Videos (lifecycle.mov).<br />
Nachfolgend schließlich finden Sie eine Beschreibung des Inhalts in einem Lehrbuch der Zoologie.<br />
Vergleichen sie die Darstellungen, und entscheiden Sie, welche der Präsentationsarten (oder welche<br />
Kombination) Ihrem Lernstil am besten entgegenkommt.<br />
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Vermehrungszyklus von Plasmodium,<br />
Darstellung als Schema<br />
Vermehrungszyklus von Plasmodium,<br />
Ausschnitte aus einem Video<br />
Entwicklungszyklus von Plasmodium falciparum. Schizogonie: Die Infektionskeime (Merozoiten) dringen in rote<br />
Blutkörperchen ein und wachsen zu amöboid beweglichen Schizonten heran (sog. Ringe); in ihrem Innern häuft<br />
sich braunschwarzes, bei der Verdauung des Hämoglobins entstehendes Pigment an; der Kern der Schizonten<br />
teilt sich in 8 - 24 Tochterkerne, die sich unter Hinterlassung eines Restkörpers mit Plasma umgeben (Merozoiten,<br />
Agameten); diese werden durch Zerfall der Blutkörperchen frei, wobei infolge der Ausschüttung der Toxine<br />
ein Fieberanfall ausgelöst wird; die freigewordenen Merozoiten befallen neue Erythrozyten, und der Schizogoniezyklus<br />
beginnt von neuem; nach 5 - 10 Tagen setzt die Vorbereitung der Sporogonie ein: a) Gamo -<br />
(Gameto -)gonie: Die Schizonten wachsen in den Erythrozyten zu länglichen (9 - 14 µm, Blutkörperchen 7,5 µm)<br />
Zellen heran (Gamonten, Gametozyten, sog. Halbmonde); diese bleiben einige Zeit latent, entwickeln sich aber<br />
erst im Darm von Anopheles-Arten (Stechmücken) weiter, in den sie durch den Nahrungskanal des Stechrüssels<br />
gelangen; unter Abrundung und Substanzspeicherung entstehen rundliche Makrogameten ( ) oder, nach<br />
Zerfallsteilung, langgestreckte, bewegliche Mikrogameten ( ); ein solcher befruchtet den Makrogameten<br />
(Kopulation), der einen Empfängnishügel ausbildet; die Zygote (Ookinet) ist beweglich ("Würmchen") und bleibt<br />
hüllenlos; sie durchbohrt den Darm der Mücke und setzt sich, von einer Bindegewebekapsel des Wirtes<br />
umgeben, an der Darmaußenwand fest, wo sie sich zu einem Sporonten abrundet (Oozyste). b) Sporogonie: In<br />
der Oozyste werden Sporoblasten gebildet, einkernige Plasmagebilde, die durch multiple Teilung zu Gruppen<br />
beweglicher Sichelkeime (Sporozoiten) zerfallen; nach Platzen der Kapselwand werden die Sporozoiten in die<br />
Leibeshöhle der Mücke ausgestreut; chemotaktisch angelockt, begeben sie sich zu den Speicheldrüsen, durchbohren<br />
das Drüsenepithel von außen her und gelangen in das Drüsenlumen; mit dem gerinnungshemmenden<br />
Speichel der Mücke werden sie in die Stichwunde eingespritzt.<br />
Entgegen der klassischen, auf SCHAUDININ zurückgehenden Darstellung, nach welcher die in das Blut<br />
gelangten Sporozoiten sofort wieder rote Blutkörperchen befallen, haben Untersuchungen bei der Vogelmalaria<br />
ergeben und kann nach klinischen und anderen Erscheinungen auch für die menschliche Malaria als sehr<br />
wahrscheinlich gelten, dass die Sporozoiten nach der Infektion durch den Mückenstich zunächst einen<br />
Schizogoniezyklus in den Zellen des retikulo-endothelialen Systems, d. h. in Zellen der Blutgefäßwände, des<br />
Knochenmarkes und der Leber, durchlaufen ("endohistiozytär"), bevor die Merozoiten aus den Gewebezellen<br />
austreten und in rote Blutkörperchen eindringen (endoerythrozvtäres Stadium). So gelingt es z. B. nicht, die<br />
Inkubationszeit, die vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Ausbruch der Krankheitserscheinungen verstreicht, unter<br />
ein gewisses Maß herabzudrücken; ferner entziehen sich die Parasiten in einer bestimmten Periode der<br />
medikamentösen Einwirkung (Chinin, Atebrin, Plasmochin) weitgehend, doch wohl deshalb. weil sie während<br />
dieser Zeit im Innern von Gewebezellen geborgen sind.<br />
Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Alfred Kaestner, 1969<br />
Besonders effektiv ist das Lernen in der Gruppe (s.S. 24): Bitten Sie eine Kommilitonin oder einen<br />
Kommilitonen, Ihnen den Stoff zu erläutern (oder erarbeiten Sie ihn gemeinsam in Diskussionsform). Da Ihre<br />
Studienkollegen den gleichen Wissensstand haben, können Sie Zusammenhänge oft adäquater ausdrücken<br />
als der doch etwas `abgehobene´ Lehrbuchautor.<br />
• Erarbeiten Sie den Stoff mit Papier und Bleistift.<br />
Versuchen Sie aus der Beschreibung des Autors ein Schema oder eine Konzeptkarte zu<br />
erstellen. Häufig wird Ihnen dabei klar, wo genau Ihre Schwierigkeiten liegen, die Sie dann gezielt<br />
angehen können.<br />
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Lernstrategie<br />
Jede(r) Studierende muss eine eigene, persönliche Lernstrategie entwickeln. Eine „richtige“,<br />
„allgemein verwendbare“ Strategie gibt es nicht.<br />
Diese Lernstrategie sollte umfassen<br />
• die Auswahl und Einübung der Hilfsmittel zum Lernen<br />
• die Strukturierung des Lernens durch Festlegungen zu Ort, Zeitpunkt und Ablauf (s.u.)<br />
• den Aufbau einer sinnvollen Struktur von Lernen neuen Stoffes, Wiederholung bereits<br />
bekannten Stoffs und Durchführung von Selbsttests (s.u.)<br />
Welche Regeln gelten für den Ort, an dem man lernt?<br />
Zunächst sollte man sich einen bestimmten Ort für das Lernen schaffen.<br />
"Der Mensch ist ein Gewohnheitstier" - in der Sprache der Verhaltensbiologen wird er genauso<br />
"konditioniert" wie Tiere (der berühmte Pawlow'sche Hund etwa, bei dem nach dem Training schon<br />
das Läuten einer Glocke den Speichelfluss auslöste).<br />
Wenn man den Lernvorgang immer an der gleichen Stelle und in gleicher Umgebung vornimmt, stellt<br />
sich nach einiger Zeit das Unterbewusstsein beim Aufsuchen dieser Stelle automatisch auf den<br />
Lernvorgang ein und unterstützt so die Motivation zum Lernprozess. (Dies kann noch dadurch<br />
unterstützt werden, dass man den Lernzeitpunkt konstant hält).<br />
Der Lernort sollte den ergonomischen Regeln für einen Arbeitsplatz entsprechen - insbesondere im<br />
Hinblick auf eine korrekte Sitzhaltung und ausreichende, blendfreie Beleuchtung, ausreichende<br />
Belüftung/Sauerstoffzufuhr. Er sollte ein bequemes Lernen ermöglichen - wichtige Fachbücher und<br />
Nachschlagwerke sollten in unmittelbarer Reichweite sein, und ausreichend Platz zur Anfertigung<br />
schriftlicher Arbeiten (Ausarbeitungen, Notizen) ist notwendig.<br />
Der Lernvorgang verträgt keine Störungen - deshalb sollte man als Lernort einen Platz wählen, an<br />
dem nicht mit zu vielen Störungen gerechnet werden muss. Ein klingelndes Handy (oder das nervöse<br />
Warten auf das Klingeln) stören den Lernvorgang empfindlich, und ein stets aktivierbarer Fernseher<br />
stellt eine (über)große Versuchung dar.<br />
Ob man im Sitzen oder Liegen, im Stehen oder beim Herumwandern lernt, ob alles ruhig sein muss<br />
oder leichte Hintergrundmusik das Lernen erleichtert, muss dagegen jeder Lernende selbst feststellen;<br />
hier sind kaum allgemeine Regeln aufzustellen und die eigene, selbstkritische Erfahrung der beste<br />
Lehrmeister.<br />
Was kann man über den geeigneten Lernzeitpunkt sagen?<br />
Es hat sich bewährt, immer den gleichen Zeitabschnitt des Tages und der Woche zum Lernen zu<br />
nutzen. Bei der Auswahl des Zeitpunkts gibt es keine festen Regeln, da Sie hier Ihren Biorhythmus<br />
beachten sollten - es gibt Menschen, die lieber am Abend oder gar in der Nacht lernen; andere<br />
wiederum können sich besser in den frühen Morgenstunden konzentrieren..<br />
Dass die direkte 1:1-Umsetzung dieser Regeln im Medizinstudium mit einem sehr strikt eingeteilten<br />
Stundenplan, der Ihren Zeitplan fremd bestimmt, nicht immer möglich ist, ist klar. Hier müssen Sie<br />
einen für sich akzeptablen Mittelweg finden.<br />
Eine einzelne "Lernsitzung" sollte nicht länger als drei Stunden dauern und dann durch eine längere<br />
Pause unterbrochen werden. An einem Tag sollte man sich nicht mehr als zwei solcher<br />
Lernabschnitte zumuten - hier hilft mehr nicht mehr, sondern fördert eher das Verdrängen des gerade<br />
Gelernten durch neuen Lernstoff.<br />
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Pausen sind ein wichtiger Teil des Lernens - unbedingt notwendig<br />
und nicht etwa schädlich, wie es ganze Generationen von Eltern<br />
ihren Kindern gepredigt haben.<br />
Pausen sind notwendig, um<br />
• dem Gehirn die Gelegenheit zu geben, das Gelernte zu<br />
verarbeiten,<br />
• einer Hemmung des Erlernens des eben bearbeiteten<br />
Wissens durch neues Wissen entgegenzuwirken.<br />
Dabei bedeutet Pause nicht etwa Nichtstun - Pause bedeutet<br />
vielmehr, die Lernsituation dadurch aufzubrechen, dass man<br />
etwas anderes, möglichst Gegensätzliches macht.<br />
Der richtigen Pausenlänge kommt dabei eine besondere<br />
Bedeutung zu: die Pause darf nicht zu lang sein, damit nicht<br />
bereits das Vergessen des eben Gelernten beginnt, sie soll aber<br />
andererseits auch nicht zu kurz sein, um die bereits erwähnte<br />
Hemmung durch den nächsten Stoff zu verhindern.<br />
Als Faustregel gilt:<br />
• maximal 6 Stunden (reine Lernzeit) am Tag lernen<br />
• nicht länger als 3 Stunden "am Stück" lernen<br />
• etwa 10 bis 30% der Lernzeit für Kurz- und Minipausen<br />
verwenden<br />
In der Auflistung rechts wird eine empfohlene Pausenstruktur für<br />
das Lernen bei Erwachsenen vorgestellt.<br />
Wiederholung und Üben<br />
Pausenarten<br />
und Pausenstrategie<br />
Kurzpausen<br />
Legt man automatisch ein<br />
Maximale Dauer: 1 Minute<br />
Lernplatz nicht verlassen<br />
Minipausen<br />
Etwa alle 20 bis 30 Minuten<br />
Dauer: 5 Minuten<br />
Lernplatz kurz verlassen<br />
Kaffeepause<br />
Etwa nach 90 bis 120 Minuten<br />
Dauer: 15 bis 20 Minuten<br />
Lernplatz verlassen,<br />
etwas anderes machen<br />
(z.B. Kaffee trinken)<br />
Erholungspausen<br />
Nach 3 Stunden<br />
Dauer: 60 bis (max.) 90-120 min<br />
Lernplatz verlassen,<br />
erholen<br />
Lernen kommt nicht ohne Wiederholung und Übung aus: dadurch festigt man die abgespeicherten<br />
Informationen und stärkt die Strukturen, die das Wiederauslesen ermöglichen.<br />
Entscheidend kommt es hier aber auf die Art der Wiederholung an: stets den gleichen Text erneut zu<br />
lesen erweist sich nicht als sehr förderlich. . Lernen funktioniert über die Verknüpfung von Inhalten –<br />
daher ist die eigene Aktivität der Lernenden besonders wichtig.<br />
Eine sinnvolle Wiederholung liegt z.B. in der Zusammenfassung des Gelernten aus dem Gedächtnis –<br />
etwa mittels einer der grafischen Darstellungsarten.<br />
Stellen Sie demgemäß einen Vorlesungsabschnitt, ein Lehrbuchkapitel, einen Seminarvortrag oder<br />
auch die Erklärung und Grundlagen eines Praktikumsversuchs grafisch dar, und überprüfen Sie das<br />
Ergebnis anhand Ihrer Unterlagen. Testen Sie, ob Sie ihre Wissensbruchstücke verknüpfen können,<br />
indem Sie z.B. eine Konzeptkarte aufbauen.<br />
Und nutzen Sie die Möglichkeiten, die das Lernen in der Gruppe bietet (siehe übernächstes Kapitel):<br />
erzählen Sie sich gegenseitig Ihr Wissen, und erklären Sie Gelerntes einem Kommilitonen, der es<br />
noch nicht so gut verstanden hat.<br />
Lernstile (Lerntypen)<br />
Die Lernstilforschung versucht den individuellen Unterschieden im Lernverhalten auf die Spur zu<br />
kommen und daraus praktische Hinweise zu einer sinnvollen Lernstrategie abzuleiten.<br />
Seit Anfang der 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts konzentriert sich die Forschung auf<br />
individuelle Unterschiede beim Lernen, nachdem bis dahin eher nach allgemeingültigen<br />
Gesetzmäßigkeiten gesucht worden war. Menschen lernen unterschiedlich, und es setzte sich die<br />
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Erkenntnis durch, dass ein Angebot unterschiedlicher Lehrertypen etwa an der <strong>Uni</strong>versität den<br />
Lernenden gestattete, sich einen zu ihrem Lernstil passenden Instruktor auszusuchen. Nicht geklärt ist<br />
bisher, ob dies intuitiv geschehen sollte, oder ob es besser wäre, wenn man solche Passungen gezielt<br />
zu erreichen versuchen würde.<br />
Verschiedene Autoren haben versucht, Lernende in Gruppen mit bestimmtem Lernverhalten<br />
einzuteilen, z.B. in „Zuwachslerner“, „intuitive Lerner“, „Sinnespezialisten“, „Sinnesgeneralisten“,<br />
„emotionell Beteiligte“ (Barbara und Louis Fischer, 1968) oder in „Theoretiker“, „Anwendungsorientierte“,<br />
„Musterschüler“, „Gleichgültige“ und „Unsichere“ (SCHRADER 1994, Erwachsene in der<br />
beruflichen Weiterbildung).<br />
Der Ansatz von David Kolb ist u.a. deshalb etwas Besonderes, weil er auf einem Modell des Lernens<br />
beruht. Er definiert vier Grundkomponenten des Lernens („Konkrete Erfahrung“, „Reflektiertes<br />
Beobachten“, „Abstrakte Begriffsbildung“ und „Aktives Experimentieren“) und ordnet diese zu zwei<br />
bipolaren Dimensionen, die vier Grundtypen ergeben:<br />
Divergierer Konkrete Erfahrung Reflektiertes Beobachten<br />
Assimilierer Abstrakte Begriffsbildung Reflektiertes Beobachten<br />
Konvergierer Abstrakte Begriffsbildung Aktives Experimentieren<br />
Akkomodierer Konkrete Erfahrung Aktives Experimentieren<br />
Zwei der Grundkomponenten geben an, wie Erfahrungen gesammelt werden (abstrakt/analytisch oder<br />
eher konkret/praktisch) und zwei geben an, wie diese Erfahrungen dann verarbeitet werden (nach<br />
innen gerichtetes Beobachten und Nachdenken oder nach außen gerichtetes konkretes Handeln).<br />
In vielen Berufsgruppen dominiert zumeist einer dieser vier Lernstile oder Lerntypen.<br />
Neben dem Befund, dass sich ein bestimmter Lernstil überproportional häufig in bestimmten Berufsgruppen<br />
findet, deutet sich auch an, dass (in der Gruppenarbeit oder beim Verhältnis zwischen<br />
Lehrendem und Lernendem) Personen entgegengesetzter Lerntypen („Konvergierer“ zu „Divergierern“<br />
und „Assimilierer“ zu „Akkomodierern“) Schwierigkeiten miteinander haben.<br />
Das Modell von David Kolb geht von einem Vier-<br />
Phasenmodell des Lernens beim Erwachsenen aus.<br />
Erwachsene lernen, indem sie ihr Wissen und ihre<br />
Fähigkeiten mit dem bereits vorhandenen Wissen<br />
vergleichen. Der Lernstoff kann dabei eher konkret oder<br />
eher abstrakt in die bereits vorhandenen Erfahrungen<br />
integriert werden.<br />
In Phase sollte ein für Neues offener Lernender<br />
konkrete Erfahrungen machen. In Phase wird genau<br />
und reflektierend beobachtet, um in Phase mit einem<br />
Modell, einer Regel oder einer Theorie einen<br />
Erklärungsansatz zu versuchen, der dann in Phase<br />
in der Praxis auf seine Tauglichkeit hin getestet wird.<br />
Mit den so gewonnenen und integrierten neuen<br />
Erkenntnissen werden neue Erfahrungen gemacht, und<br />
der Prozess beginnt von vorne.<br />
Der Mensch kombiniert nun diese vier Phasen auf verschiedene Weise miteinander, je nach<br />
individuellem Lernstil.<br />
Erfahrung Beobachten<br />
Divergierer praktisch reflektiert<br />
Schöpferisch, fantasievoll,<br />
starke Vorstellungskraft<br />
Haben gerne mit Menschen zu<br />
tun,<br />
entwickeln gerne Ideen.<br />
Interessiert an kulturellen und<br />
künstlerischen Dingen.<br />
Häufig unter Beratern,<br />
Personalleitern, in<br />
geisteswissenschaftlichen oder<br />
künstlerischen Berufen.<br />
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Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Assimilierer analytisch reflektiert<br />
Konvergierer<br />
Akkommodierer<br />
aktives<br />
Experimentieren<br />
aktives<br />
Experimentieren<br />
abstrakte<br />
Begriffsbildung<br />
konkrete<br />
Erfahrungen<br />
Befassen sich lieber mit Dingen<br />
und Theorien als mit<br />
Menschen.<br />
Entwickeln gerne theoretische<br />
Modelle<br />
Befassen sich lieber mit<br />
Sachen und theoretischen<br />
Modellen als mit Menschen.<br />
Lieben überschaubare<br />
Situationen und Probleme mit<br />
einer eindeutigen Lösung.<br />
Die Arbeit mit Menschen liegt<br />
ihnen eher als die<br />
Beschäftigung mit abstrakten<br />
Dingen und Theorien.<br />
Lösen Probleme hauptsächlich<br />
intuitiv<br />
Für sie ist nicht wichtig, ob die<br />
Theorien in der Praxis<br />
brauchbar sind, sondern ob sie<br />
logisch nachvollziehbar und<br />
präzise sind.<br />
Überwiegend unter Mathematikern<br />
und Naturwissenschaft-<br />
lern auftretend.<br />
Schneiden oft bei<br />
Intelligenztests<br />
überdurchschnittlich gut ab.<br />
Weniger emotional als vielmehr<br />
technisch orientiert, weshalb<br />
man sie auch überwiegend<br />
unter Ingenieuren und<br />
Technikern findet.<br />
Eher praktisch veranlagt,<br />
orientieren sich an Fakten.<br />
Offen für das Neue,<br />
Unbekannte, zeichnen sich<br />
durch Risikobereitschaft aus.<br />
Diesen Lerntyp finden man<br />
besonders häufig unter<br />
Verkaufsmanagern und<br />
Marketingfachleuten.<br />
Welche Bedeutung hat die Bestimmung des eigenen Lerntyps für den Lernenden ?<br />
Zunächst ist die Bestimmung des Lernstils ein Anlass, sich mit dem eigenen Lernen zu beschäftigen<br />
und das eigene Vorgehen (Vorlieben, Abneigungen) zu analysieren. In einer Gruppe kann sich dann<br />
eine Diskussion über das Lernen entwickeln – unter den Lernenden, aber auch mit dem Lehrenden.<br />
Dabei wird sich herausstellen, dass es keinen einzig richtigen Weg des Lernens gibt. Lernen ist<br />
individuell strukturiert; ein didaktischer Ansatz oder ein Medium erweist sich bei dem einen Lernenden<br />
als hilfreich, zeigt aber bei dem anderen keine Wirkung – ohne dass dies etwas mit Intelligenz oder<br />
Lernfähigkeit zu tun hat.<br />
Die Kenntnis der Komponenten des eigenen Lernstils kann bei dessen Ausprägung helfen – bei der<br />
Entscheidung, mit Modellen zu lernen, Schemata zu erstellen u.ä.<br />
Als gänzlich ungeeignet entpuppt sich der Versuch einer Zusammenfügung der Lernenden in Gruppen<br />
gleichen Lerntyps. Auch die Zuordnung entsprechend „passender“ Lehrender mit dem Ziel einer<br />
„Lernstil-gerechten“ Stoffvermittlung muss zwangsläufig scheitern. Dieser Ansatz ist weder<br />
organisatorisch umsetzbar, noch ist er sinnvoll. Gerade beim Lernen in der Gruppe treten bei<br />
unterschiedlicher Darstellung des Lernstoffs immer wieder „Aha“-Effekte auf.<br />
Für die Lehrenden ergibt sich aus diesen Untersuchungen vor allem die Verpflichtung, möglichst viele<br />
didaktische Ansätze zu nutzen, um den Stoff für alle Lerntypen adäquat zu präsentieren.<br />
Im Internet (www.gwdg.de/~hhaller/KOLB.doc ) finden Sie einen Fragebogen, mit dem Sie Ihren<br />
Lerntyp nach Kolb feststellen können.<br />
In einem ersten Schritt bestimmen Sie die vier Komponenten für die Lernstiltypisierung. Für jede der vier<br />
Komponenten wird mit 10 Fragen festgestellt, wie groß Ihre Übereinstimmung mit diesem Vorgehen ist. Sie<br />
erhalten jeweils eine Zahl zwischen 0 und 30. Das Ergebnis wird grafisch dargestellt:<br />
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Wie kann das Ergebnis interpretiert werden?<br />
Je höher jeweils Ihr Wert ist, desto stärker dürfte diese<br />
Kategorie bei Ihnen ausgeprägt sein bzw. für Sie eine<br />
Rolle spielen. Wie hoch Ihr konkreter Wert ist, können Sie<br />
an den Kreisen erkennen, die sogenannte Perzentilwerte<br />
darstellen.<br />
Wenn ein Wert von Ihnen z.B. nahe an 50% liegt,<br />
bedeutet dies, dass etwa 50% der vergleichbaren<br />
Bevölkerung in dieser Kategorie einen gleichen oder<br />
geringeren Wert haben; Sie würden also dem<br />
Durchschnitt entsprechen.<br />
Wenn ein Wert von Ihnen z.B. nahe an 20% liegt,<br />
bedeutet dies, dass nur etwa 20% der vergleichbaren<br />
Bevölkerung in dieser Kategorie einen gleichen oder<br />
geringeren Wert und die restlichen 80% einen höheren<br />
Wert haben; Sie selbst würden also einen recht geringen<br />
Ausprägungsgrad aufweisen.<br />
Wenn ein Wert von Ihnen z.B. nahe an 80% liegt,<br />
bedeutet dies, dass etwa 80% der vergleichbaren<br />
Bevölkerung in dieser Kategorie einen gleichen oder<br />
geringeren Wert und nur die restlichen 20% einen<br />
höheren Wert haben; Sie selbst würden also einen recht<br />
hohen Ausprägungsgrad aufweisen<br />
In einem zweiten Schritt werden die Komponenten zusammengefasst und der Lernstil bestimmt:<br />
Sie sehen, daß die vier Felder<br />
Bezeichnungen tragen:<br />
Divergierer, Assimilierer,<br />
Konvergierer und<br />
Akkomodierer.<br />
Die Autoren des Fragebogens geben zur Auswertung folgende Hinweise:<br />
Dies sind die vier grundlegenden<br />
Lernstile nach<br />
unserem Modell.<br />
Je nachdem, wie weit Ihr Wert<br />
in einem Feld (Quadrant) liegt,<br />
ist der Lernstil stärker oder<br />
geringer ausgeprägt.<br />
Wenn Sie nahe an einem<br />
Nachbarfeld liegen, ist von<br />
einem Mischtyp zu sprechen.<br />
Wenn Ihr Wert nahe am<br />
Mittelpunkt des Koordinatenkreuzes<br />
liegt, haben Sie einen<br />
ausbalancierten Lernstil, der<br />
von allen Kategorien etwas<br />
aufweist.<br />
Werden die eingezeichneten Kategorien auf dem ersten Schema durch Verbindungslinien zueinander in<br />
Beziehung gesetzt, bilden sie einen Lernkreislauf ab. Dahinter steht die Vorstellung, dass ein vollständiger<br />
Lernprozess, besonders beim Erfahrungslernen, in einem Zyklus mit vier Phasen abläuft. Konkrete Erfahrungen<br />
(KE) zu machen, bereit und fähig zu sein, etwas Neues wahrzunehmen und ohne Vorurteile zu beachten, ist<br />
demnach für das Lernen erst ein Anfang. Es folgt das genauere, reflektierte Beobachten und Betrachten von<br />
verschiedenen Seiten (RB), um beispielsweise eine Sache oder ein Ereignis in Beschaffenheit und<br />
Zusammenhängen kennen zu lernen. Diese Erfahrungen werden zum nachhaltigen Lerngewinn, indem sie "auf<br />
den Begriff" gebracht werden (AB), um ihre Regelhaftigkeit erkennen zu können oder Theorien zu finden, mit<br />
denen sie sich erklären lassen. Diese Theorien wiederum erproben wir im aktiven Experimentieren (AE) und<br />
nutzen sie in der Anwendung bei Problemlösungen und Entscheidungsfindungen. Dabei haben wir die<br />
Gelegenheit, neue Erfahrungen zu machen, die wir in einem erneut einsetzenden Kreislauf für uns als<br />
Erkenntnisse aufbereiten.<br />
Der Lernstil eines Menschen ist seine ihm eigentümliche Kombination dieser vier Kategorien oder Trends. Er<br />
zeigt an, ob ein Mensch über das Abstrakte oder eher über Konkretes Zugang zum effektiven Lernen findet, oder<br />
ob Selber-Aktivwerden und Erproben (eigenes Handeln und Denken) gegenüber einem sich distanzierenden<br />
Beobachten und Reflektieren den Vorrang haben.<br />
Aus der Übertragung der Trendsummen in das Kreis-Diagramm soll erkennbar werden, ob der Lernstil eher<br />
ausgeglichen ist oder sich eine ausgeprägte Orientierung an einzelnen Trends zeigt. Es liegen für diese Fassung<br />
noch keine ausreichenden statistischen Vergleichswerte vor, die eine gesicherte Interpretation von individuell<br />
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bedeutsamen Ausprägungen zulassen, d.h. ob jemand mit einem relativ hohen Wert wesentlich abweicht von<br />
dem durchschnittlichen Vergleichswert anderer aus der gleichen Studienrichtung, der gleichen beruflichen<br />
Tätigkeit, der gleichen Altersgruppe u.a..<br />
Gemäß amerikanischer Untersuchungsergebnisse bleibt zu erwarten, dass beispielsweise die Bevorzugung<br />
bestimmter Trends mit der Studienrichtung oder der beruflichen Tätigkeit zusammenhängt .<br />
Wenn Sie Ihre Trendwerte gegeneinander aufrechnen (AE - RB und AB - KE) und in das zweite<br />
Koordinatendiagramm übertragen, zeigt Ihnen die bevorzugte Trendkombination in den entsprechenden<br />
Quadranten, welchem Typus ihr Auswertungsergebnis nahe kommt.<br />
Untersuchungen mit der ursprünglichen amerikanischen Fassung dieses Lernstilinventars von DavidKolb haben<br />
herausgefunden, dass die einzelnen Typen in bestimmten Berufsgruppen besonders häufig vorkommen.<br />
Hinweise finden sich in der Tabelle oben.<br />
Zur Erinnerung - dieses Lernstilinventar ist weder ein Intelligenztest noch ein Eignungstest für bestimmte Berufe.<br />
Ob und wie Lernstile sich verändern, manchmal vielleicht schon während des Studiums, und wovon Konstanz<br />
und Veränderung abhängen, muss noch untersucht werden.<br />
Lernen in der Gruppe<br />
Medizin- und Zahnmedizinstudenten lernen häufig in der Gruppe. Der Zusammenhalt innerhalb dieser<br />
Gruppen ist wichtig: er motiviert, man kann sich gegenseitig nicht Verstandenes erklären, kann sich<br />
bei Durchhängern aufrichten, vielleicht auch gelegentlich C2H5OH in mäßigen Dosen konsumieren.<br />
Das Lernen in der Gruppe eröffnet aber auch einen sehr effektiven spezifischen Lernweg: den, sich<br />
gegenseitig im Vortrag zu schulen. Das bietet sowohl für den Vortragenden wie auch für den<br />
Zuhörenden Lernvorteile: man kann das Wissen, die Schwerpunktbildung vergleichen, übt sich in der<br />
logischen Darstellung von Themen (besonders wichtig bei der Vorbereitung auf mündliche Prüfungen)<br />
und überprüft sein aktives Wissen.<br />
Achten Sie bei der Zusammenstellung der Lerngruppe auf Gleichgewichtigkeit – Gruppen mit<br />
Mitgliedern sehr unterschiedlicher Vorkenntnisse führen oft zu Schwierigkeiten; divergierende<br />
Lerntypen hingegen können sich durchaus als effektiv erweisen, hier sollten letztlich eigene<br />
Erfahrungen ausschlaggebend sein.<br />
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Sie beim Lernen in der Gruppe Ihre Teamfähigkeit schulen – eine<br />
im modernen Arztberuf unabdingbare Eigenschaft: Sie werden später in verschiedenen Teams Ihren<br />
Beruf ausüben – im Team der Fachärzte in Konferenzen und im Konsil, im Team mit Schwestern,<br />
Pflegern und Physiotherapeuten auf der Station. Die dazu notwendigen Kompetenzen können Sie<br />
schon während des Lernens in der Vorklinik trainieren.<br />
Funktion von <strong>uni</strong>versitären Veranstaltungen und Medien<br />
(vgl. auch den Exkurs: <strong>Uni</strong>versitäre Organisation: Unterrichtsformen, Studiengänge, Prüfungen und Lehrende)<br />
Die an der <strong>Uni</strong>versität angebotenen unterschiedlichen Veranstaltungsformen haben jeweils<br />
spezifische Eigenschaften und eine spezielle Funktion in der Wissensvermittlung:<br />
Medium Didaktische Funktion Rolle der Teilnehmer<br />
Vorlesungen<br />
stellen ein Gebiet vor, strukturieren es, geben<br />
einen Überblick, erläutern an ausgewählten<br />
Beispielen wichtige Vorgehensweisen und<br />
Tatsachen und geben Hinweise, wo beim<br />
Lernen in die Tiefe gegangen werden muss. Sie<br />
sind kein Medium zum Lernen (weniger als 5%<br />
des Vorlesungsstoffes werden abgespeichert !),<br />
sondern sollen zum Lernen motivieren und den<br />
Lernvorgang strukturieren helfen.<br />
Die Lernenden haben eine<br />
weitgehend passive Rolle, aktiv<br />
"lernen" sie erst bei der<br />
Nacharbeit (mit anderen Medien<br />
wie Lehrbüchern und<br />
Multimedia-Programmen).<br />
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Medium Didaktische Funktion Rolle der Teilnehmer<br />
Seminare<br />
Praktika<br />
Lehrbücher<br />
Fragensammlungen<br />
greifen einen Aspekt des Gebiets heraus und<br />
erläutern ihn im Detail. Die Durchführung von<br />
Seminaren kann sehr unterschiedlich sein - vom<br />
Unterrichtsgespräch (wie in der Schule) über die<br />
gemeinsame Besprechung von Aufgaben bis hin<br />
zu Vorträgen der Seminarteilnehmer.<br />
Wichtig ist hier, dass Sie möglichst frühzeitig<br />
das Halten von Vorträgen üben!<br />
greifen ein Problem aus dem Fach heraus und<br />
erläutern an diesem das grundsätzliche<br />
Vorgehen der wissenschaftlichen Disziplin.<br />
Neben dem Wissensstoff werden hier auch<br />
spezifische Fertigkeiten des Faches (etwa<br />
Mess- und Auswerteverfahren) trainiert.<br />
sind heute das zentrale Lernmedium für<br />
Studierende. Sie stellen ein Gebiet komplett vor,<br />
fassen den derzeitigen Stand des Wissens<br />
zusammen und erläutern ihn. Moderne<br />
Lehrbücher sind inhaltlich und grafisch<br />
hervorragend gestaltet und nutzen die<br />
Möglichkeiten des Mediums Buch vollständig<br />
aus. Ihre Begrenzungen liegen in der statischen<br />
Struktur des Inhalts und ihrem linearen Aufbau.<br />
Fragensammlungen, die insbesondere im<br />
Medizin-Studium von Bedeutung sind, fassen<br />
die in bisherigen Prüfungen gestellten (Multiple-<br />
Choice-)Fragen zusammen und veröffentlichen<br />
sie mit ihren Lösungen.<br />
Die Rolle der Teilnehmer ist bei<br />
Seminaren wesentlich aktiver als<br />
bei Vorlesungen - durch Lehrerfragen<br />
und Teilnahme an der<br />
Diskussion wird der Lernende<br />
ständig gefordert. Die Vorbereitung<br />
und Präsentation eines<br />
Seminarvortrags bietet eine sehr<br />
gute Möglichkeit des Selbsttests.<br />
Im Praktikum steht die eigene<br />
Tätigkeit der Studierenden im<br />
Vordergrund.<br />
Allerdings geht es hier nicht um<br />
(sinnlose) Durchführungen irgendwelcher<br />
Handgriffe – der Praktikumsversuch<br />
hat nur dann einen<br />
Sinn, wenn er<br />
• durch eine sinnvolle Vorbereitung<br />
in den Kontext des<br />
Wissens eingebunden wurde,<br />
• durch eine sinnvolle Protokollierung<br />
und die Beschäftigung<br />
mit den Daten die<br />
Einübung der Fertigkeiten<br />
gestattet,<br />
• durch eine gute Nachbereitung<br />
die Festigung des Erlernten<br />
gestattet.<br />
Auch Lehrbücher sind zunächst<br />
passive Medien. Ihre Bedeutung<br />
im Lernprozess erhalten sie erst<br />
bei der Bearbeitung durch den<br />
Lernenden - er muss den angebotenen<br />
Stoff aktiv umsetzen -<br />
durch Stellen von Fragen und<br />
Anwendung des angebotenen<br />
Wissens auf Problemlösungen.<br />
Alleiniges "Lesen" eines<br />
Lehrbuches führt nicht zum<br />
Lernen!<br />
Fragensammlungen sind nützlich<br />
(und unverzichtbar) als Vorbereitung<br />
auf Prüfungen – sie<br />
gestatten die Simulation der<br />
Prüfung (auch im Hinblick auf<br />
den Zeitverlauf) und die Überprüfung<br />
des eigenen Leistungsstands.<br />
Sie werden im Studium auf die<br />
Verwendung von Fragensammlungen<br />
nicht verzichten können –<br />
aber diese sollten am Ende einer<br />
Lernphase stehen, in der es<br />
zunächst um das Verständnis<br />
des Stoffes geht.<br />
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Medium Didaktische Funktion Rolle der Teilnehmer<br />
Computer-<br />
Lernprogramme<br />
Computerlernprogramme stellen den Inhalt in<br />
kleinen Wissensabschnitten, häufig kombiniert<br />
mit Kontrollfragen, dar und geben bei Bedarf<br />
wissensabhängig zusätzliche Informationen.<br />
Zusätzlich können sie durch bewegte Grafiken<br />
(Animationen) komplexe Inhalte besser<br />
vermitteln und deren Verständnis erleichtern.<br />
Von besonderer Bedeutung ist der Einsatz von<br />
Simulationen, mit denen der Lernende<br />
bestimmte Sachverhalte am Computer aktiv<br />
bearbeiten und untersuchen kann.<br />
Ob der programmierte Unterricht<br />
dem eigenen Lernstil angepasst<br />
ist, muss jeder Studierende<br />
selbst ausprobieren.<br />
Die Möglichkeit, durch aktives<br />
(„forschendes“) Lernen anhand<br />
„virtueller“ Experimente den Stoff<br />
aktiv nachzuarbeiten, ist allerdings<br />
für jeden Lernenden eine<br />
große Hilfe.<br />
Die Veranstaltungstypen und Medien sollten nicht isoliert gesehen werden, erst in ihrer Kombination<br />
ergänzen sie sich und erleichtern das Lernen:<br />
Vorle- Überblick,<br />
sungen Schwerpunkte<br />
punktuelle<br />
Seminare Vertiefung des<br />
Vorlesungsstoffs<br />
Anwendung des<br />
Praktika Fachwissens auf<br />
prakt. Probleme<br />
Erläuternde<br />
Lehr-<br />
Darstellung des<br />
buch<br />
Faches<br />
Fragen- Überprüfung des<br />
samm- aktuellen<br />
lung Lernstatus<br />
Vorlesungen Seminare Praktika Lehrbuch<br />
Hintergrundwissen<br />
für das Seminar<br />
Hintergrundwissen<br />
für den Praktikums-<br />
versuch<br />
Vor- und<br />
Nachbereitung der<br />
Vorlesung<br />
für das in der<br />
Vorlesung<br />
präsentierte Wissen<br />
Hintergrundwissen<br />
für den<br />
Praktikumsversuch<br />
Vor- und Nachbereitung<br />
des<br />
Seminars<br />
Vor- und Nachbereitung<br />
des<br />
Seminars<br />
Vor- und Nachbereitung<br />
des<br />
Praktikumsversuchs<br />
Nacharbeit nicht<br />
gelöster Fragen<br />
Beispiele:<br />
o Sie können sich ein Fach durch intensives Studium eines (dicken) Lehrbuchs „komplett<br />
reinziehen“ und dabei alle Gebiete gleich intensiv lernen –<br />
oder Sie lassen sich in der Vorlesung vermitteln, welche Gebiete besonders wichtig sind und<br />
deshalb bis in die Einzelheiten hinein gelernt werden müssen, während bei anderen Bereichen ein<br />
Überblick ausreicht,<br />
oder Sie informieren sich in einer Fragensammlung, welche Gebiete besonders häufig abgefragt<br />
werden (entsprechende Listen finden Sie auch im Internet, z.B. unter http://www.medilearn.de/) und konzentrieren<br />
sich in Ihrer Bearbeitung auf diese Gebiete.<br />
o Sie können bei der Konzeption eines Seminarvortrags das entsprechende Kapitel eines<br />
Lehrbuchs komplett umsetzen,<br />
oder Sie informieren sich in der Vorlesung, in einer Fragensammlung oder beim Dozenten, was<br />
ein sinnvoller Schwerpunkt für den Vortrag wäre.<br />
Heutzutage ist eine Schwerpunktbildung innerhalb des Studiums unerlässlich; niemand ist imstande,<br />
sich allen Fächern mit gleicher Intensität zu widmen. Wenn Sie den Eindruck haben, dass die<br />
Dozenten Ihnen bei der Auswahl der Schwerpunkte helfen sollten, scheuen Sie sich nicht, diese<br />
danach zu fragen!<br />
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Mitschreiben und Nutzen von Skripten<br />
Sollte man in Vorlesungen oder Seminaren mitschreiben ? (In Praktika ist man in der Regel<br />
gezwungen, ein Protokoll anzufertigen).<br />
Ja – aber richtig!<br />
Welche Rolle hat das Mitschreiben bei einer Lehrveranstaltung?<br />
Mitschreiben sollte man nicht (mehr), um zu versuchen, die Ausführungen des Lehrenden lückenlos<br />
zu erfassen, und sich so quasi ein "eigenes Lehrbuch" zu erstellen.<br />
Das war früher sinnvoll, als es noch kein ausreichendes Angebot an Lehrmitteln gab. Heute aber sind<br />
so viele – zum Teil hervorragend gestaltete - Lehr- und Lernbücher auf dem Markt, dass es sinnvoller<br />
ist, diese zur Nach- (und auch zur Vor-!)arbeit der Lehrveranstaltung heranzuziehen.<br />
Dennoch ist es sinnvoll, bei Vorlesungen oder Vorträgen mitzuschreiben. Es geht aber dabei nicht<br />
darum, ein "Protokoll" der Präsentation zu erstellen. Vielmehr sollte eine Mitschrift eine Art<br />
"Arbeitsanweisung" für die Nacharbeit sein.<br />
Denn - ein Mitschreiben ohne Nacharbeit ist sinnlos!<br />
Dabei ist unter Nacharbeit keineswegs zu verstehen, dass stundenlang der Mitschrieb sauber<br />
abgeschrieben (oder in einen Computer getippt) wird.<br />
Nacharbeit bedeutet vielmehr,<br />
• dass man versucht, die Logik der Vorlesung oder des Vortrags nachzuvollziehen,<br />
• die vom Vortragenden gegebenen Informationen zu bewerten - in wichtige und unwichtige<br />
Aspekte zu differenzieren,<br />
• festzustellen, wo man etwas nicht verstanden hat und sich dieses dann zu erarbeiten,<br />
• und schließlich - den Stoff zu "lernen".<br />
Bei der Nacharbeit sollte man auch die Möglichkeiten der Gruppenarbeit nutzen (s.S. 24).<br />
Denn - beim (weitgehend passiven) Zuhören in einer Vorlesung oder einem Vortrag "lernt" man den<br />
dargebotenen Stoff nicht! Dazu ist eine intensive, aktive Beschäftigung mit den Fakten und<br />
Zusammenhängen notwendig.<br />
Aus diesen Überlegungen ergeben sich folgende Regeln (http://hitchhiker.fachschaft.informatik.<strong>uni</strong>kl.de/hhonline/hhnode42.html<br />
, http://www.ph-freiburg.de/deutsch/vademec/vmitschre.htm):<br />
• Lose Blätter anstatt fest gebundener Hefte benutzen.<br />
Korrekturen, Streichungen, Nachträge etc. lassen sich dadurch wesentlich einfacher vornehmen und<br />
zusätzliche Blätter, wie Kopien, Zeichnungen und Schmierblätter, lassen sich leicht einfügen. Die Blätter<br />
sollten (zusammen mit weiteren Unterlagen – z.B. kopierter Literatur) in einem nach Fachgebieten<br />
organisierten Ordner abgelegt werden.<br />
• Ausschließlich ein Papierformat, am besten DIN A4, benutzen.<br />
Die meisten Ordnungssysteme und Kopierer sind auf dieses Format eingestellt.<br />
• Blätter nur einseitig beschriften.<br />
Die Blattrückseite steht dadurch für Änderungen und Ergänzungen bei der Nacharbeitung zur Verfügung.<br />
• Das Blatt gedanklich oder tatsächlich aufteilen.<br />
Zum Beispiel in<br />
• Kopfzeile für Name und Typ der Veranstaltung, Datum und laufende Seitenzahl<br />
• Fußzeile für Ergänzungen und Querverweise<br />
• Heftrand fürs Abheften<br />
• Rand für Anmerkungen, Korrekturen, Schlüsselworte, Kommentare.<br />
• Das Gehörte sinnvoll strukturiert zu Papier bringen – und nicht einen linearen Fließtext<br />
produzieren wollen.<br />
• Erst schreiben, wenn ein Sinnabschnitt zu Ende ist – und nicht wild drauf los schreiben.<br />
• Die Hauptgedanken des Vorgetragenen stichwortartig zusammenfassen – keinesfalls ganze<br />
Sätze mitschreiben.<br />
• Sinnvolle Abkürzungen verwenden.<br />
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• Namen und Begriffe möglichst vollständig und korrekt notieren, damit diese später eventuell rasch<br />
nachgeschlagen werden können.<br />
• Stichwörter nicht linear anordnen, sondern so, dass Zusammenhänge deutlich werden.<br />
Ein (selbstentwickeltes) System von Pfeilen, Symbolen o.ä. leistet hier gute Hilfe, um bestimmte<br />
Zusammenhänge zu verdeutlichen (Begriffsdefinitionen, logische, temporale, kausale,<br />
Folgezusammenhänge usw.).<br />
• Literaturbelege sorgfältig notieren.<br />
• Alle Blätter sorgfältig nummerieren und jedes Blatt mit dem Titel der Vorlesung versehen (auch<br />
zum Zweck einer späteren Verwendung in anderen Kontexten).<br />
• Eine Vorlesungsmitschrift ist nur sinnvoll, wenn diese möglichst rasch nach der Vorlesung selbst<br />
be- und überarbeitet wird. Vergleichen Sie Ihr Manuskript mit dem von Kommilitonen und<br />
Kommilitoninnen.<br />
In vielen Fällen geben Ihnen die Dozenten eigene Übersichten – etwa indem sie ihre Präsentation in<br />
das Internet stellen. Diese Übersichten sind eine Hilfe und können die Grundlage für Ihre Mitschrift<br />
sein (vorher ausdrucken) oder diese ergänzen; die eigene, aktive Bearbeitung des Stoffes und das<br />
Nachvollziehen der Gedankengänge des Dozenten aber können diese Übersichten nicht ersetzen!<br />
Insbesondere der Punkt „Stichwörter nicht linear anordnen, sondern so, dass Zusammenhänge<br />
deutlich werden“ ist mit dem klassischen Mitschreiben nur schwer zu erfüllen: in vielen Fällen ist der<br />
Vortrag des Unterrichtenden nicht linear – er gibt zunächst eine Übersicht, geht dann die aufgeführten<br />
Themen Punkt für Punkt durch, verweist auf bereits Gesagtes, gibt Beispiele, springt im Text.<br />
Daher sollte man erproben, ob einem persönlich die Verwendung von MindMaps, die schon bei der<br />
Erstellung eine Ordnung in die Aufzeichnung bringen, helfen kann (Anleitungen und Hinweise siehe<br />
unten). Zusätzlich ergibt sich so ein auch das grafische Gedächtnis aktivierendes Schema, das das<br />
Lernen des Stoffs und den Überblick über diesen erleichtert.<br />
Missense-Mut.<br />
Nonsense-Mut.<br />
Leseraster-Mut.<br />
Ausgangskonstruktion<br />
Energiebilanz<br />
Prinzipien<br />
Unterschiede zum Darwinismus<br />
Synonyme (stille) Mutationen<br />
Nicht-Synonyme Mutationen<br />
Konserevative Mutationen<br />
Frankfurter Evolutionstheorie<br />
Punktmutationen<br />
Deletionen / Insertionen<br />
Transposon-Insertionen<br />
Gen-Duplikationen<br />
Chromosomale Inversionen und<br />
Translokationen<br />
Suppressor-Mutationen<br />
Positive Mutationen<br />
Negative Mutationen<br />
Neutrale Mutationen<br />
Arten<br />
in der Evolution<br />
Neo-darwinistische Evolutionstheorie =<br />
Selektionismus<br />
Neutrale Evolutionstheorie (Kimura 1968)<br />
Mutation<br />
Selektion<br />
Mutationen<br />
Evolutionstheorien<br />
09.07.04 - v5<br />
Theorien:<br />
Modus der Evolution<br />
Aussterben<br />
Darwinismus (Neodarwinismus)<br />
Lamarkismus<br />
Creatinismus<br />
"Artenexplosion" im Kambrium<br />
Kontinuierlich<br />
Sprunghaft<br />
Beispiel einer MindMap-Mitschrift: Teil einer Evolutionsvorlesung<br />
Katastrophe durch externes Ereignis Bsp: Aussterben der Dinosaurier durch<br />
Meteoriteneinschlag<br />
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Schematisch ergibt sich so folgender „idealer“ Ablaufplan für den Besuch einer Vorlesung:<br />
Vor der Vorlesung<br />
Überblick über das Gebiet gewinnen (z.B. durch Bearbeitung der wichtigsten<br />
Begriffe in einem Lexikon)<br />
Grundinformationen über das Thema sammeln (z.B. aus einem Kurzlehr- oder<br />
Schulbuch)<br />
In der Vorlesung Mitschreiben in Form einer MindMap<br />
Nach der Vorlesung<br />
in größeren<br />
Abständen:<br />
Skripte<br />
Unklare Begriffe im Lexikon klären,<br />
exakte Definitionen wichtiger Begriffe nachschlagen<br />
Begriffsnetz (Concept Map) der Vorlesung bzw. des Vorlesungsabschnitts<br />
erstellen bzw. das der vorherigen Vorlesung überarbeiten und ergänzen<br />
Stoff im Lehrbuch lesen, um eine andere Darstellungsweise kennen zu lernen<br />
Sofern sinnvoll: Stoff mit Multimedia-Programmen aktiv erarbeiten (s.u.)<br />
Aufgaben zum Vorlesungsthema bearbeiten<br />
Stoff anhand der MindMaps, Unterlagen und Konzeptkarten wiederholen,<br />
evtl. in neuen Konzeptkarten zusammenfassen.<br />
Viele Hochschullehrer erleichtern Ihnen die Arbeit, indem sie Skripte herausgeben.<br />
In einem Skript werden wesentliche Aspekte der Vorlesung oder des Seminars zusammengefasst. Die<br />
Form der Skripte variiert dabei extrem – von einer Stichwortliste zum Inhalt über ausgearbeitete Texte<br />
bis hin zum multimedialen Skript mit eingearbeiteten Experimenten etc.<br />
Da heute viele Vorlesungen und Seminare mit Hilfe von Präsentationsprogrammen gehalten werden,<br />
finden Sie im Intra- und im Internet häufig auch Kopien der in der Vorlesung gezeigten Folien.<br />
Skripte<br />
o erleichtern das Mitschreiben,<br />
o geben eine Rohfassung für Ihre eigene Nacharbeit,<br />
o präsentieren Ihnen häufig die in der Vorlesung anhand von Grafiken oder Tabellen<br />
gezeigten Beispiele in hervorragender Qualität.<br />
Aber:<br />
Skripte ersetzen nicht das eigene Mitschreiben und schon gar nicht die Nacharbeit!<br />
"Aktive" Nacharbeit<br />
Stoff, den man in einer Vorlesung oder in einem Seminarvortrag gehört hat, befindet sich zunächst<br />
noch nicht fest im Langzeitgedächtnis. Er muss dort in den Zusammenhang des bereits Gelernten<br />
eingebunden und damit verknüpft werden, um dauerhaft gespeichert zu werden. Dies ist ein aktiver<br />
Prozess.<br />
Um diesen Vorgang durchzuführen, muss man den Stoff durchdenken, ihn analysieren. Das geht am<br />
besten durch Zerlegung in Einzelprobleme und deren<br />
Lösung, durch die Bearbeitung von (selbst-gestellten oder vorgegebenen) Aufgaben. Je mehr<br />
Eingangskanäle (Sehen, Hören, Riechen, manuelle Tätigkeiten) man dabei nutzt, desto einfacher wird<br />
der Stoff aufgenommen, und desto besser wird er gelernt (die Dokumentation der Wichtigkeit für das<br />
Gedächtnissystem nimmt zu):<br />
o Schemata (MindMaps, Konzeptkarten) der Begriffe und Formeln zu erstellen ist besser, als sie nur<br />
zu lesen,<br />
o die Bedeutung von Begriffen und Formeln, ihre Aussage zu hinterfragen, ist effektiver, als sie<br />
auswendig zu lernen; (dass Sie die Formel dennoch können {d.h. auswendig gelernt haben}<br />
müssen, ist eine andere Sache),<br />
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o die Ergebnisse der Formeln (auf Papier oder im Computer) zu berechnen und zu analysieren, ist<br />
noch effektiver,<br />
o die Begriffe und Formeln schließlich anzuwenden, sie bei der Lösung von Aufgaben<br />
unterschiedlicher Schwierigkeits- und Komplexitätsgrade einzusetzen, ist die effektivste Methode.<br />
Beispiel: Mechanik<br />
In dem für das Medizinstudium relevanten Abschnitt der Mechanik ist es sinnvoll, sich folgende<br />
Begriffe / Techniken durch aktive Übung klar zu machen und einzuprägen:<br />
Begriff des Vektors Definition<br />
Vektorrechnung: Addition<br />
Kräftezerlegung<br />
Verfahren (grafisch, mathematisch)<br />
Schwerpunkt, Gleichgewicht<br />
lineare Bewegungen<br />
Definition, Anwendungen im Sport<br />
Impuls, Kraft, Stoß<br />
Kreisbewegungen<br />
Definitionen, Einheiten<br />
Drehmomente Definition, Hebelgesetz<br />
Energie, Arbeit, Leistung Definitionen, Einheiten<br />
Untersuchung von<br />
o Armmodellen<br />
o Physik der Wirbelsäule<br />
o Streckverband<br />
Dies kann „klassisch“ erfolgen, indem man Aufgaben mit Papier und Bleistift bearbeitet und die<br />
Lösungen kontrolliert. Man kann aber heute eine wesentliche Verbesserung des aktiven Lernens<br />
durch Einsatz des Computers erreichen.<br />
Die Möglichkeiten des Computers zur Unterstützung des Lernens werden weder von den Lehrenden<br />
noch von den Lernenden ausreichend genutzt. Insbesondere in Verbindung mit dem Informationsangebot<br />
des Internet ergeben sich vielfältige Möglichkeiten, sich das Lernen zu erleichtern. Das soll<br />
hier an vier Beispielen gezeigt werden:<br />
1. Mathematische Funktionen<br />
Um mathematische Funktionen wirklich zu verstehen, muss man mit ihnen „spielen“,<br />
“experimentieren“ – ihre Parameter verändern, sie kombinieren, die Ergebnisse betrachten.<br />
Dies ist mit Papier, Taschenrechner und Bleistift sehr mühsam – man muss immer wieder<br />
Funktionswerte für Parameterkombinationen berechnen, die Ergebnisse grafisch darstellen, die<br />
Kurven vergleichen und analysieren.<br />
Hier kann die Tabellenkalkulation helfen: Stellt man sich einmal ein passendes Arbeitsblatt<br />
zusammen, kann man durch Änderung des Inhalts einzelner Zellen die Parameter der Funktion<br />
ändern; das Programm ändert dann sofort die Werte der Kurve und passt die grafische<br />
Darstellung entsprechend an.<br />
Ein Beispiel dazu ist das Arbeitsblatt “Funktionen“ zum gleichnamigen Exkurs, das wichtige<br />
Grundfunktionen darstellt.<br />
2. Physikalische Sachverhalte<br />
Physikalische Sachverhalte werden oft in Formeln und Merksätzen dargestellt – beides sind eher<br />
unanschauliche Formen, die zum Lernen nur bedingt geeignet sind.<br />
Man kann natürlich die Eigenschaften der ausgezeichneten<br />
Strahlen (Mittelpunkt-, Brennpunkt- und<br />
Parallelstrahl) bei der Linse und auch die Linsengleichung<br />
1/f = 1/g + 1/b auswendig lernen, dann möglichst viele<br />
Altfragen studieren und die Prüfung bestehen.<br />
Wird man dann zwei Wochen nach der Prüfung auf das<br />
Thema „Linse“ angesprochen, wird man rot (oder bleibt<br />
ganz cool) und erläutert wortreich den Begriff der<br />
Hülsenfrüchte.<br />
Man kann aber alternativ einen optischen Baukasten aus dem Internet herunterladen (Adresse<br />
und Beispiel siehe Seminar Physik V – Optik) und auf dem Rechner installieren. Und dann kann<br />
man mit einem Mausklick Linsen, Gegenstände, Spiegel anordnen, mit weiteren Mausklicks deren<br />
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Eigenschaften (Brennweite, Lage, Abstand) ändern und sich die Ergebnisse zeigen lassen. Die<br />
ausgezeichneten Strahlen liefert das Programm gleich mit.<br />
Durch virtuelles Experimentieren kann man so die Optik interaktiv „begreifen“, den Formeln<br />
Bedeutung geben, ihre Eigenschaften erfahren. Man muss zwar noch lernen, dass 1/f gleich 1/g<br />
+ 1/b ist, aber diese Formel ist nicht mehr inhaltsleer. Und sollte das IMPP (das Institut, das die<br />
Physika zusammenstellt) einmal eine andere Linsenkombination abfragen, kann man mit dieser<br />
Frage umgehen.<br />
2. Beispiel:<br />
In der Physik sollen Sie lernen, dass Widerstände anders auf Wechselstrom reagieren als<br />
Kondensatoren: während ein Widerstand frequenzunabhängig immer den gleichen<br />
Widerstandwert aufweist, ist der Wechselstromwiderstand eines Kondensators nach der Formel<br />
R~ = 1/2 π f C von der Frequenz f der Spannung und der Kapazität C des Kondensators<br />
abhängig.<br />
Auch der Mensch ist ein Kondensator. Das stellt man fest, wenn man sich beim Gang über einen Teppich auf<br />
eine Spannung von >10 000 V auf- und an einem anderen Menschen (oder der Türklinke) wieder entlädt.<br />
Auch die Kapazität des Menschen ist frequenzabhängig. Diese Eigenschaft kann zu starken Messfehlern bei<br />
elektrophysiologischen Messungen führen.<br />
Sie können diesen Zusammenhang auswendig lernen.<br />
Sie können aber auch im Internet das Programm<br />
Circuitbuilder von Toon Van HOECKE von der<br />
<strong>Uni</strong>versität Gent<br />
(http://webphysics.davidson.edu/Applets/circuitbuil<br />
der/default.htm ) herunterladen, das es Ihnen<br />
gestattet, auf einem virtuellen Steckbrett<br />
elektronische Schaltungen zusammenzustellen<br />
und mit Volt- und Amperemeter sowie Oszilloskop<br />
zu untersuchen.<br />
Wenn Sie sich eine kleine Schaltung aus einer<br />
Wechselspannungsquelle, einem Widerstand und<br />
einem Kondensator aufbauen, die Spannungen<br />
an Widerstand und Kondensator mit je einem<br />
Voltmeter messen und die Frequenz der<br />
Sinusspannung verändern, „erfahren“ Sie die<br />
physikalische Aussage ganz anders.<br />
Sie finden im Internet (z.B. auf den Seiten http://webphysics.davidson.edu/Applets/Applets.html )<br />
eine Vielzahl solcher (in der Regel einfach zu bedienender, kurzer) Programme zur Visualisierung<br />
physikalischer Begriffe, Formeln und Gesetze. Nutzen Sie diese Möglichkeiten!<br />
3. Physiologische Sachverhalte<br />
In der Physiologie erklärt man die Entstehung des Aktionspotentials durch die Aktivität<br />
verschiedener Ionenkanäle in der Membran der Nervenzelle. Diese Kanäle haben<br />
unterschiedliche Eigenschaften, die mathematisch formuliert und als System von<br />
Differenzialgleichungen beschrieben werden können.<br />
Im Internetangebot zum Vorkurs finden Sie drei Beispiele für Videos, die das Zustandekommen<br />
von Aktionspotentialen erklären.<br />
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Vergleichen Sie die Videos! Sie werden feststellen, wie unterschiedlich (in der Darstellung, aber<br />
auch in der Zielsetzung und in der Schwerpunktbildung) man den gleichen Sachverhalt darstellen<br />
kann. Sie können hier auch die unterschiedliche Wirkung verschiedener Eingangskanäle<br />
betrachten: das mittlere Video nutzt keinen gesprochenen Kommentar.<br />
Gleichzeitig können Sie hier Ihre Englischkenntnisse (s.S. 37) testen. Der größte Teil der im<br />
Internet zu findenden Materialien liegt in dieser Sprache vor.<br />
Einen anderen Weg zur Erarbeitung des Themas „Entstehung von Aktionspotentialen“ nutzt eine<br />
Computersimulation:<br />
Eine Suche im Internet führt zum Programm HHSim (http://www-2.cs.cmu.edu/~dst/HHsim/ ), das<br />
man sich kostenlos herunterladen kann.<br />
Dieses Programm gestattet nun genau das<br />
„Spielen“/“Experimentieren“ mit dem System, das<br />
man – ohne aufwendige mathematische Berechnungen<br />
anzustellen – nutzen kann, um sich den<br />
Inhalt der „Erklärung des Aktionspotentials durch<br />
das Hodgkin-Huxley-Modell“ (so die offizielle<br />
Bezeichnung) aktiv zu erarbeiten:<br />
man kann einzelne Kanäle mit bestimmten<br />
Eigenschaften aus dem Modell entfernen oder<br />
hinzufügen, man kann die Art der Reize ändern<br />
usw.<br />
Wenn man sich hier definierte Aufgaben stellt,<br />
diese dann mit dem Simulationsprogramm be-<br />
arbeitet und die Ergebnisse analysiert, erarbeitet man sich das Aktionspotential besser (da aktiv)<br />
als durch das Lesen eines Lehrbuchkapitels: man nutzt verschiedene Kanäle und zwingt sich, das<br />
Modell kritisch zu durchdenken, statt es (oder einige der Formeln) sinnlos auswendig zu lernen.<br />
Unter Nutzung der üblichen Suchmaschinen (z.B. Google) findet man im Internet zu sehr vielen<br />
Problemen aus dem Unterricht solche Simulationen. Nicht alle sind gleich gut – deshalb ist es<br />
wichtig, dass die Hochschullehrer solche Beispiele empfehlen (fragen Sie nach!) oder die<br />
Studierenden die Links guter Programme austauschen.<br />
Ein Ausgangspunkt können auch die Programme sein, die wir im Internetmaterial zum<br />
Vorbereitungskurs zur Verfügung stellen.<br />
Wichtig ist hierbei allerdings, dass Sie nicht sinnlos sammeln: Sie sollten den Zeitbedarf für das<br />
Finden der Simulationsprogramme und auch für die Beschäftigung mit selbigen realistisch<br />
einschätzen. Eine Ansammlung faszinierender Simulationsprogramme mag Ihnen ein gutes<br />
Gefühl geben, alles zu besitzen – ohne Beschäftigung mit den Programmen werden diese Ihnen<br />
nicht helfen.<br />
Setzen Sie Schwerpunkte, überlegen Sie (oder lassen sich vom Dozenten sagen), welche<br />
Probleme oder Formeln besonders wichtig sind. An dieser Stelle ist auch die Möglichkeit für die<br />
Zusammenarbeit mit Ihren Kommilitonen gegeben – sowohl bei der Sammlung und dem<br />
Austausch der Programme als auch bei der gemeinsamen Arbeit mit ihnen.<br />
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4. Chemische und biochemische Moleküle<br />
Chemische Moleküle werden in einer eigenen Sprache, der<br />
Strukturformel, beschrieben. Diese stellt einerseits das Molekül<br />
übersichtlich dar, enthält aber andererseits auch Informationen zur<br />
dreidimensionalen Gestalt des Moleküls. Um die Beteiligung des<br />
Moleküls an chemischen Reaktionen zu verstehen, benötigt man oft<br />
ein 3D-Modell der Struktur, das erfahrene Chemiker aus der 2D-<br />
Formel ableiten können.<br />
Aus der Strukturformel des Alkaloids Aconitin (s. links oben) die tatsächliche<br />
Struktur des Moleküls (unten) abzuleiten, setzt allerdings große Erfahrung in<br />
der Interpretation von Strukturformeln voraus.<br />
Hier kann der Computer helfen:<br />
Laden Sie sich aus dem Internet z.B. das (kostenlose) Programm<br />
ChemSketch der Firma ACD (http://www.acdlabs.com/ ) herunter.<br />
Sie haben nun ein chemisches Zeichenprogramm, mit dem Sie z.B.<br />
die Strukturformeln chemischer und biochemischer Verbindungen für<br />
Seminarvorträge professionell erstellen können.<br />
Das Programm besitzt aber zusätzlich eine<br />
eingebaute Routine, mit der aus der Strukturformel<br />
die (energetisch günstigste, wahrscheinlichste)<br />
dreidimensionale Struktur des Moleküls<br />
berechnet werden kann. Dieses Molekülmodell<br />
kann dann in einem Hilfsprogramm gedreht und<br />
gewendet werden und vermittelt eine gute<br />
Vorstellung von der tatsächlichen Struktur des<br />
Moleküls.<br />
Wenn Sie bei stereochemischen Fragestellungen<br />
(konjugierte Doppelbindungen, Aromaten,<br />
cyclische organische Moleküle) dieses (oder ein<br />
ähnliches) Programm anwenden, werden Ihnen<br />
viele chemisch- biochemische Aussagen deutlicher erscheinen.<br />
Inzwischen sind sehr viele Protein- und Nukleinsäurestrukturen experimentell bestimmt und in<br />
Form von Koordinatenlisten im Internet (http://www.rcsb.org/pdb/ ) veröffentlicht worden. Diese<br />
können mit passenden Darstellungsprogrammen (Molekülviewern, z.B. Rasmol, Show3D, spdbv)<br />
analysiert werden.<br />
An diesem Beispiel kann man gut die verschiedenen Ebenen des Lernens und Verstehens<br />
demonstrieren:<br />
o die Grundinformationen zu einem Molekül, den Namen und die Strukturformel müssen Sie<br />
(auswendig) lernen<br />
o den systematischen Namen (Grundverbindung und<br />
funktionelle Gruppen) sollten sie aus der Strukturformel<br />
ableiten können<br />
o Grundlage für das „Lernen“ (zum Bestehen der<br />
Prüfungen) bleiben die Textversion und die 2D-<br />
Strukturformel der chemischen Verbindung (3D-<br />
Darstellungen sind zum Lernen völlig ungeeignet)<br />
o die Beschäftigung mit der 3D-Struktur der Moleküle<br />
erleichtert aber in vielen Fällen das Verständnis für<br />
Eigenschaften und Reaktionen der Substanzen<br />
und hilft dabei, die 2D-Strukturformel in ein 3D-Bild<br />
umzusetzen.<br />
Das oben erwähnte Programm<br />
Chemsketch besitzt die Funktion<br />
„Generate Name from Structure“, die zu einer<br />
Strukturformel den systematischen Namen<br />
bestimmt – eine hervorragende Möglichkeit, sich<br />
selbst zu testen und die Aussagefähigkeit der<br />
Strukturformeln praktisch einzuüben<br />
Beispiel: Anwendung auf Glutaminsäure<br />
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Im Internet finden Sie viele Lernprogramme zu biochemischen Themen.<br />
So können Sie sich z.B. von der Internetseite http://www.rwg-bayreuth.de/chemie/chime/hemoglob/<br />
(auch von der Internetseite des Vorkurses) das Programm „Hämoglobin“ herunterladen.<br />
HÄMOGLOBIN<br />
Proteinstruktur<br />
• Glycin<br />
• Peptide und zentrale Ketten<br />
Hämoglobin<br />
• Hämoglobin & Häm<br />
• Hämoglobin: Sekundärstrukturen<br />
• Alpha-Helix: Wechselwirkungen<br />
• Hydrophobizität, Polarität & Ladungen<br />
Sichelzellen-Hb<br />
Das Programm erfordert die Installierung eines<br />
speziellen Programms zur Darstellung biochemischer<br />
Strukturen im Browser (CHIME-Plugin). Das Programm<br />
und nähere Informationen zur Installation finden Sie auf<br />
den Internetseiten des Vorkurses.<br />
Das Programm erläutert am Beispiel des Hämoglobins die Biochemie der<br />
Proteine. Ausgehend von einer Aminosäure wird die Struktur von Peptiden<br />
und Peptidketten erarbeitet. Dieses Wissen wird dann auf die Struktur des<br />
Hämoglobins angewendet.<br />
Durch Einsatz eines modernen Visualisierungsprogramms, bei dem der<br />
Lernende die Darstellungsart bestimmt (links das Hämoglobin mit<br />
unterschiedlich gefärbten Ketten als Kalottenmodell dargestellt, um die<br />
Moleküloberfläche sichtbar werden zu lassen), und das Molekül drehen<br />
und wenden kann, wird der komplexe Sachverhalt „begreifbar“.<br />
Das gewonnene Wissen wird dann genutzt, um die molekulare Ursache<br />
einer bekannten Erbkrankheit, der Sichelzellenanämie, zu erläutern.<br />
In einer virtuellen „Fahrt“ durch das Molekül wird eines der Bauprinzipien von Proteinen, die<br />
unterschiedliche Verteilung von hydrophilen (grün bzw. hell) und hydrophoben (grau) Aminosäuren<br />
deutlich:<br />
Hydrophile Aminosäuren besetzen vorzugsweise die Oberfläche des Proteins und vermitteln den<br />
Kontakt zur wässrigen Umgebung und zu Nachbarmolekülen, hydrophobe Aminosäuren bilden einen<br />
Kern- oder Corebereich im Molekül und stabilisieren durch eine spezielle Bindung, die hydrophobe<br />
Wechselwirkung, die 3D-Struktur des Moleküls.<br />
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Wie wichtig dies ist, wird am Beispiel einer Erbkrankheit gezeigt:<br />
Blutprobe eines Patienten mit<br />
Sichelzellenanämie mit Sichel- (S)<br />
und Boot-(B)-zellen.<br />
Bei dieser Erkrankung ist nur<br />
eine Aminosäure im Hämoglobinmolekül<br />
durch eine<br />
Mutation ausgetauscht. Da aber<br />
die ausgetauschte Aminosäure<br />
hydrophob ist, entsteht auf der<br />
Moleküloberfläche ein<br />
hydrophober Fleck, der mit<br />
anderen hydrophoben Stellen<br />
auf der Proteinoberfläche bindet<br />
und auf diese Weise lange<br />
Proteinketten erzeugt, die zu<br />
den typischen<br />
Sichelzellen (mit verminderter Sauerstofftransportkapazität) führen.<br />
Nähere Informationen zu den medizinischen Folgen können Sie dem Artikel „Anomale Hämoglobine: Erscheinungsbilder und<br />
Abklärung“ von Andreas R. Huber et al., Schweiz Med Forum 2004;4:921–926 entnehmen, den Sie im Internet unter<br />
http://www.medicalforum.ch/pdf/pdfhist_d/2004/2004-37/2004-37-078.pdf finden.<br />
Ein anderes Beispiel verknüpft physiologische mit<br />
biochemischen Fragestellungen:<br />
Die Struktur der Kanalproteine, die für die Entstehung der<br />
Aktionspotentiale verantwortlich sind (s. oben), ist<br />
inzwischen weitgehend aufgeklärt.<br />
Analysiert man mit Hilfe eines Molekülviewers die Struktur<br />
dieses Moleküls in offenem und geschlossenem Zustand,<br />
so unterstützt man durch die zusätzliche optische<br />
Information das Verständnis (und damit auch das Lernen)<br />
der für die Entstehung von Aktionspotentialen notwendigen<br />
Informationen.<br />
5. Modellbildung und Computersimulation<br />
Die oben gezeigten Beispiele von Simulationsprogrammen dienen der Veranschaulichung letztlich<br />
mathematischer Gesetzmäßigkeiten oder der Darstellung komplexer Strukturen (Moleküle,<br />
Kanalproteine). Sie helfen bei deren Visualisierung und unterstützen so das Lernen.<br />
Es gibt aber einen Bereich der Biowissenschaften, in denen Simulationsprogramme eine zentrale<br />
Rolle spielen. Dieser Bereich hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen<br />
In den letzten Jahren und Jahrzehnten hat sich in der Biowissenschaft eine Änderung (oder<br />
Erweiterung) ihres grundsätzlichen Ansatzes vollzogen.<br />
Ursprünglich versuchte man, von der Ebene einzelner Elemente biologischer Systeme (der<br />
Moleküle, Organellen, Zellen, Organe, Organismen) auf deren jeweils übergeordnete Einheiten zu<br />
schließen. Dies geschah im Einzelfall derart, dass zunächst eine möglichst exakte Analyse der<br />
Eigenschaften einzelner Elemente durchgeführt wurde, um diese umfassend verstehen zu<br />
können. Daraus erwuchs ein besseres Verständnis derselben, was wiederum ermöglichte, die<br />
Eigenschaften der übergeordneten Einheiten zu erklären (z.B. die Zusammenlagerung der Zellen<br />
zu Geweben und Organen). Als typisch für diese Art der Naturbeschreibung erweist sich die<br />
Reduktion auf möglichst einfache Zusammenhänge, die quantitativ in der Regel durch lineare<br />
mathematische Funktionen beschrieben werden können. Diese Methode verfolgt den Grundgedanken,<br />
dass sich aus den Eigenschaften und Relationen der Einzelelemente das Verhalten<br />
des komplexen Systems jeweils (exakt) vorhersagen (berechnen) lässt.<br />
Ein Beispiel für diesen Ansatz ist das Bestreben der Biochemie, die Reaktionen des Zellstoffwechsels<br />
und ihre Partner (Metaboliten, Enzyme) möglichst genau zu beschreiben. In gleicher<br />
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Weise hat die Molekularbiologie möglichst viele Gene und ihre Regulation erforscht (z.B. im<br />
„Human Genome Project“ zur Sequenzierung des kompletten menschlichen Genoms).<br />
Beim Versuch, biologische Vorgänge auch<br />
quantitativ zu beschreiben, hat sich aber gezeigt,<br />
dass dies nicht ausreichend ist. Ein Grund dafür<br />
ist die starke Vernetzung der Reaktionen über<br />
Rückkopplungen: Viele biologische Systeme sind<br />
über positive und negative Rückkopplungen<br />
miteinander verbunden; Aktionen eines Systems<br />
beeinflussen die Reaktionen in einem anderen<br />
System.<br />
Das ist schematisch für den Stoffwechsel einer<br />
Zelle in der rechten Abbildung dargestellt. Viele<br />
Substanzen in der Zelle gehören verschiedenen<br />
metabolischen Systemen an, d.h. ihre<br />
Konzentration in der Zelle wird nicht nur von einer<br />
Reaktion (oder einer Folge von Reaktionen)<br />
bestimmt.<br />
Bei rückgekoppelten Systemen muss das<br />
System als ganzes untersucht werden; die<br />
Analyse der Einzelvorgänge erbringt keine<br />
Informationen über das Verhalten des<br />
Systems.<br />
Die Untersuchung solcher Rückkopplungsphänomene<br />
führt zu komplexen Modellen, die<br />
nicht mehr leicht zu überschauen sind. Für ihre<br />
Untersuchung müssen eigene Methoden (z.B.<br />
System Dynamics) und entsprechende<br />
Computerprogramme (z.B. Simulationssoftware<br />
wie VENSIM) herangezogen werden. Durch<br />
grafische Oberflächen und Eingabetools sind<br />
diese Programme leicht zu bedienen. Eine<br />
Vielzahl von veröffentlichten Modellen gestattet<br />
die eigene Untersuchung (aktives Lernen!)<br />
solcher Phänomene.<br />
Der Exkurs „Modellbildung, Modellierung, Simulation,<br />
System Dynamics“ gibt hier Hinweise zum Vorgehen.<br />
Ein zweiter Grund für eine wesentliche Änderung der<br />
Betrachtungsweise liegt darin, dass man erkannt hat, dass viele<br />
Abhängigkeiten in der Biologie nichtlinear sind, also die Änderung<br />
eines Parameters nicht zu einer proportionalen Änderung des<br />
Systems führt. Kleine Änderungen eines Partners können zu<br />
großen Änderungen des Systems führen, das zeigt insbesondere<br />
die „Chaos“forschung. Schon mit relativ einfachen Experimenten<br />
lässt sich zeigen, dass eigentlich komplett berechenbare<br />
Anordnungen einfacher physikalischer Geräte zu<br />
unvorhersagbarem Verhalten neigen (z.B. das nebenstehend<br />
gezeigte „Chaospendel“).<br />
System Dynamics Modell, das die Entstehung einer<br />
Epidemie beschreibt<br />
http://www.hardenberggymnasium.de/physik/experim/exp06.htm<br />
Nichtlineare Systeme sind sehr unanschaulich und nur schwer zu erlernen. Hier kommt dem<br />
Einsatz von Simulationen eine besondere Bedeutung zu.<br />
Im Augenblick entsteht (durch die Zusammenarbeit von Bioinformatikern, Biochemikern, Molekularbiologen,<br />
Physiologen, Anatomen und Klinikern) das neue Gebiet der „Strukturbiologie“. Es<br />
stellt sich die Aufgabe, .biologische Systeme in ihrer Komplexität zu untersuchen und zu verstehen<br />
und auch auf bisher schlecht verstandene medizinische Fragen anzuwenden.<br />
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Fähigkeiten und Fertigkeiten, die man trainieren (und möglichst bald beherrschen) sollte<br />
Wie bei jeder Ausbildung muss man auch beim Studium Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben (und<br />
durch häufige Anwendung schulen), die man bei der Arbeit (dem Lernen) immer wieder benötigt. Was<br />
dem Auto- und Feinmechanikerlehrling die (oft ungeliebte) obligatorische Beschäftigung mit dem<br />
Feilen zu Beginn der Lehre ist, sollte dem Studierenden der Erwerb von Fertigkeiten im Lesen, in der<br />
Informationszusammenstellung und deren Darstellung sein. Wenn Sie sich zu Beginn des Studiums<br />
mit den folgenden Techniken beschäftigen, und diese im Laufe der ersten Semester (in denen Sie -<br />
auch wenn es häufig nicht so aussehen mag - noch über mehr Zeit als in späteren Studienabschnitten<br />
verfügen ) routinemäßig einüben, können Sie auf diese Weise viel Zeit sparen und Ihr<br />
Studium sinnvoll organisieren.<br />
Unter den angegebenen Internet-Adressen finden Sie jeweils Einführungen und Erläuterungen zu den<br />
Methoden, zum Teil auch Beispiele. Wählen Sie Ihnen geeignet erscheinende Techniken aus, und<br />
üben Sie sie im täglichen Studium des ersten Semesters ein!<br />
Sprachkenntnisse<br />
Sie werden feststellen, dass heute ein Medizinstudium ohne englische<br />
Sprachkenntnisse kaum noch durchführbar ist.<br />
Früher stellte Latein die lingua franca der Wissenschaft dar – neue<br />
Erkenntnisse wurden in lateinischen Publikationen veröffentlicht, damit<br />
alle Gelehrten sie erfahren konnten. Dies hatte mit dem großen<br />
Einfluss der Kirche auf die <strong>Uni</strong>versitäten des Mittelalters zu tun.<br />
An die Stelle des Lateinischen ist heute die englische Sprache<br />
getreten. Für Humanbiologen ist eine gute Kenntnis der englischen<br />
Sprache Voraussetzung, da sie im Laufe ihres Studiums häufig<br />
Originalarbeiten lesen müssen, die heute in aller Regel in dieser Sprache veröffentlicht werden. Aber<br />
auch Medizin- und Zahnmedizinstudierende werden im Laufe ihres Studiums, spätestens bei der<br />
Anfertigung der Diplom-, Bachelor- und Masterarbeit in Humanbiologie oder Physiotherapie oder bei<br />
einer Promotion, englischsprachige Arbeiten lesen (und verstehen) müssen.<br />
Sinnvoll ist auch eine Beschäftigung mit englischen oder amerikanischen Lehrbüchern: diese sind<br />
häufig hervorragend geschrieben, sehr gut illustriert und zeigen teilweise erfrischend neue Ansätze in<br />
der Präsentation. Zudem sind sie häufig preiswerter als die deutschen Gegenstücke und lassen sich<br />
im Zeitalter von Internetbuchhandlungen leicht und billig besorgen.<br />
Tipps:<br />
• Seien Sie mutig - versuchen Sie einfach, eine<br />
Publikation zu lesen (und zu verstehen).<br />
Es ist gar nicht so schwer!<br />
• Übersetzen Sie eine Arbeit nicht Wort für Wort!<br />
Das kostet ungeheuer viel Zeit und bringt recht<br />
wenig.<br />
Versuchen Sie stattdessen lieber, die Aussagen zu<br />
verstehen.<br />
Das ist bei dem recht einfachen Englisch, in dem<br />
Publikationen in der Regel geschrieben sind,<br />
möglich.<br />
• Schlagen Sie wichtige Worte, deren Bedeutung Sie<br />
nicht (genau) kennen, im Wörterbuch nach, und<br />
notieren Sie das Ergebnis auf der Kopie der Arbeit.<br />
• Mehr als in anderen Bereichen gilt hier:<br />
Übung macht den Meister!<br />
Studierende der Humanmedizin müssen im ersten Studienabschnitt ein Wahlfach belegen. Am Fachbereich und<br />
im Sprachenzentrum der <strong>Uni</strong>versität werden immer wieder spezielle Sprachkurse „Englisch für Mediziner“<br />
angeboten, die Sie als Wahlfach belegen können.<br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 37
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Eine erste Einführung in Medical English erhalten Medizin- und Zahnmedizinstudierende zudem im Kurs der<br />
medizinischen Komm<strong>uni</strong>kation im ersten Semester.<br />
Lesetechniken<br />
Das Lesen wissenschaftlicher Literatur erfordert ein anderes Vorgehen als das Lesen eines<br />
Kriminalromans. Dazu haben Lernpsychologen Techniken entwickelt, die die aktive Beschäftigung mit<br />
dem Text fördern.<br />
Ein Beispiel ist die sogenannte SQ3R-Technik (Survey-Question-Read-Recite-Review). Die Schritte<br />
dieser Methode leiten zu einer intensiven, kritischen und aufmerksamen Auseinandersetzung mit dem<br />
Text hin.<br />
Informationen zu dieser Technik finden Sie im Internet unter anderem bei<br />
http://www.visionintoaction.de/THINKTANK/THINK-TANK-132.htm<br />
http://www.nonprofit-manager.de/Seminare_EFB/SQ3R_Methode.pdf<br />
http://fips.igl.<strong>uni</strong>-freiburg.de/auer/SEMSQ3R.html<br />
Schnelllesetechniken<br />
Die Geschwindigkeit des Lesens von Texten kann durch Übung und Anwendung spezieller Regeln<br />
stark erhöht werden. Während man bei Texten, deren Inhalt man lernen will, mit diesen Techniken<br />
eher nachteilige Erfolge erzielt, eignen sie sich hervorragend zur Gewinnung eines Überblicks über<br />
einen Artikel oder ein Buch oder zum Zusammentragen von Informationen aus verschiedenen<br />
Publikationen. Gleichzeitig erleichtern Sie die Erfassung des Inhalts, weil man diesen bei ihrer<br />
Anwendung analysieren muss.<br />
Die Mächtigkeit der Auswertungsalgorithmen unseres Gehirns zeigt folgender Text:<br />
Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät, ist es nchit witihcg in wlecehr Rneflogheie die<br />
Bstachuebn in eneim Wrot snid, das ezniige was wcthiig ist, ist daß der estre und der leztte<br />
Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm<br />
knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin leesn,<br />
snderon das Wrot als geatems.<br />
Ehct ksras! Das ghet wicklirh! ;-)<br />
Beispiele und weitere Informationen finden Sie unter<br />
http://www.vhs21.ac.at/2.bw/lerncoaching/lernen_lernen/KS_3u_ArbT.html<br />
http://www.coun.uvic.ca/learn/program/hndouts/rdgspeed.html<br />
Mnemotechniken<br />
Die Fähigkeit des Gehirns zum assoziativen Abspeichern von Informationen macht man sich bei<br />
Mnemotechniken zunutze. Mit etwas Übung kann man hier beeindruckende Ergebnisse erzielen.<br />
Informationen finden Sie etwa bei<br />
http://www.coun.uvic.ca/learn/program/hndouts/mnemon.html<br />
Informationen sammeln und organisieren<br />
Die Nutzung der ungeheuren Menge der im Internet verfügbaren Informationen setzt den Einsatz<br />
effektiver Suchstrategien voraus. Durch die in letzter Zeit zu beobachtende starke Kommerzialisierung<br />
dieses Mediums (die sich vor allem auch in der Manipulation der Ergebnisse von Internet-<br />
Suchmaschinen zeigt) ist der kritische Umgang mit den Tools zur Internetrecherche unbedingt<br />
notwendig geworden. Sie sollten hier insbesondere die Fähigkeit trainieren, den Qualitätsgrad der<br />
erhaltenen Informationen abzuschätzen.<br />
Sie werden im „Kurs der medizinischen Komm<strong>uni</strong>kation“ im ersten Semester lernen, wissenschaftliche<br />
Literatur zu suchen, zu finden und auszuwerten. Darin liegt eine Basistechnik für Ihren weiteren<br />
Berufsweg (s. „lebenslanges Lernen“).<br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 38
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Zur Organisation des gefundenen Wissens wurden eigene Techniken entwickelt („Mind Mapping“ bzw.<br />
„Concept Mapping“). Nutzt man diese Techniken konsequent, so entstehen ´automatisch´ grafische<br />
Zusammenfassungen des Lernstoffs, die eine hervorragende Grundlage für die Wiederholung vor<br />
Prüfungen darstellen.<br />
Eine Erläuterung beider Techniken finden Sie im folgenden Abschnitt.<br />
EDV-Fertigkeiten<br />
Die sinnvolle Benutzung des Computers gehört heute zu den<br />
Zivilisationstechniken wie Lesen und Schreiben . Spätestens zum Ende<br />
des ersten Semesters sollten Sie insbesondere in den Programmen für<br />
Office-Anwendungen (Textverarbeitung, Tabellenkalkulation,<br />
Präsentationsprogramm) fit sein.<br />
Als Studierender der Philipps-<strong>Uni</strong>versität können Sie Programme zu besonders günstigen Konditionen<br />
erhalten http://www.<strong>uni</strong>-marburg.de/hrz/lizenzen/stud-liz.html . Wenn Sie die OFFICE-Programme des Marktführers<br />
Microsoft nicht besitzen oder sie nicht nutzen wollen, können Sie die (qualitativ identischen,<br />
nahezu vollständig kompatiblen) Produkte der OPEN OFFICE-Familie (http://www.<strong>uni</strong>marburg.de/hrz/lizenzen/openoffice.html<br />
) benutzen, die Sie kostenlos aus dem Internet herunterladen<br />
können.<br />
Das Hochschulrechenzentrum führt auch regelmäßig Workshops durch (http://www.<strong>uni</strong>marburg.de/hrz/ankuend.html<br />
).<br />
Schließlich können Sie sich im Hochschulrechenzentrum preiswerte Anleitungsbücher zu den<br />
Programmen besorgen (http://www.<strong>uni</strong>-marburg.de/hrz/druckschriften.html ). Folgende Handbücher könnten für<br />
Sie von Interesse sein:<br />
EXCEL 2000 - Grundlagen 09.00 5,00 €<br />
EXCEL 2002 - Grundlagen 09.03 6,00 €<br />
EXCEL 2003 - Grundlagen 02.04 5,50 €<br />
EXCEL 2002 - Fortschritte 10.01 6,00 €<br />
EXCEL 2002 - Automatisierung und Programmierung 01.02 5,50 €<br />
EXCEL 2003 – Fortgeschr. Anwendungen 05.04 5,50 €<br />
PowerPoint 2000 - Grundlagen 09.00 5,00 €<br />
PowerPoint 2002 - Grundlagen 10.01 6,00 €<br />
PowerPoint 2002 - Fortgeschr. Anwendungen 06.02 4,50 €<br />
StarOffice & OpenOffice 05.03 4,50 €<br />
Suchen und Finden im Internet 06.00 3,00 €<br />
Word 2000 - Grundlagen 03.01 4,50 €<br />
Word 2002 - Grundlagen 06.02 5,00 €<br />
Word 2000 - Fortgeschrittene 11.00 4,50 €<br />
Word 2002 - Fortgeschrittene 06.02 5,00 €<br />
WORD 2003 – Berichte + wiss. Arbeiten 04.04 4,00 €<br />
Handbücher zu den OPEN OFFICE-Produkten erhalten Sie auf der Internetseite<br />
http://support.openoffice.org/index.html .<br />
Folgende Fertigkeiten sollten Sie beherrschen:<br />
Textverarbeitung (Word bzw. Open Office Writer)<br />
Sie werden die Textverarbeitung vor allem zur Herstellung von Versuchsprotokollen und Hausarbeiten<br />
sowie zur Produktion von Vortragszusammenfassungen einsetzen. Zusätzlich kann man die<br />
Funktionalitäten von Textverarbeitungsprogramme nutzen, um sich Zusammenfassungen zum Lernen<br />
effektiv zu erarbeiten.<br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 39
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Sie sollten folgendes beherrschen:<br />
Eingabe von Text<br />
Formatierung von Text<br />
Rechtschreib- (und Grammatik-) prüfung<br />
Einbindung von Grafiken<br />
Einbindung von Tabellen (aus EXCEL oder CALC)<br />
Tabellenkalkulation (Excel bzw. Open Office Calc)<br />
Sie werden die Tabellenkalkulation vor allem zur Auswertung von Versuchen und zur grafischen<br />
Darstellung von Ergebnissen einsetzen (etwa bei der Vorbereitung von Seminarvorträgen). Im<br />
Vorbereitungskurs wird Ihnen (etwa bei den Aufgaben zur Evolution) demonstriert, wie man diese<br />
Programme zur Simulation von Naturereignissen einsetzen kann.<br />
Sie sollten folgendes beherrschen:<br />
Umgang mit Zellbezügen: relative, absolute, Namen Grafische Darstellungen von Daten und Ergebnissen<br />
Zahlendarstellung in Excel, Formate Einsatz der vordefinierten Grafiktypen<br />
Berechnungen in Excel Benutzerdefinierte Grafiken<br />
Funktionen in Excel, Arbeiten mit dem<br />
Funktionsassistenten (Funktionen aus Mathematik und<br />
Statistik)<br />
Berechnung einfacher statistischer Größen (Mittelwert,<br />
Standardabweichung, Min, Max ...)<br />
Sortieren von Daten<br />
Datenvergleiche in Excel<br />
Formatierung von Grafiken (Darstellung,<br />
Beschriftung)<br />
Schutzmöglichkeiten in Excel-Sheets<br />
Präsentationsprogramm (Powerpoint bzw. Open Office Impress)<br />
Sie werden Präsentationsprogramme vor allem zur Vorbereitung und zum Halten von Seminarvorträgen<br />
einsetzen.<br />
Sie sollten folgendes beherrschen:<br />
Anlegen von Folien Einfache Animationstechniken<br />
Verwendung geeigneter Schriftarten, Fontgröße Evtl. Einbindung zusätzlicher Programme (z.B.<br />
Strukturierung eines Vortrags, Gruppierung von Folien Molekülviewer zur 3D-Darstellung von Molekülen)<br />
Einfügen von Abbildungen aus Tabellenkalkulations- Umgang mit der Hardware (CD, Beamer)<br />
programmen, aus dem Internet oder durch Einscannen<br />
(Umgang mit Grafikdateien)<br />
Fähigkeiten zur Darstellung von Sachverhalten<br />
In diesem Bereich geht es vor allem um das Einüben folgender Fertigkeiten:<br />
o Aufbau einer logischen Darstellung komplexer Sachverhalte<br />
o Planung von Vorträgen (etwa für Seminare)<br />
o Reduktion und Kondensation von Datenmaterial<br />
o Herstellung Präsentations-geeigneter Grafiken<br />
Es handelt sich also zum einen um einen routinierten Umgang mit der EDV-Technologie, und zwar mit<br />
dem Ziel der Herstellung geeigneter Grafiken und der Konstruktion von Vorträgen mit<br />
Präsentationsprogrammen (Powerpoint, Impress). Zum anderen sind auch Fähigkeiten und<br />
Fertigkeiten aus den Bereichen Vortragstechnik, Rhetorik u.ä. gefordert. Hier bestehen Angebote der<br />
<strong>Uni</strong>versität und des Fachbereichs (z.B.im Rahmen des Wahlfachs „Lehren und Lernen in der<br />
Medizin“).<br />
Diese Fähigkeiten und Fertigkeiten werden Sie sowohl im Studium (Seminarvorträge) wie auch in<br />
Ihrem Beruf immer wieder benötigen – wenn Sie Patienten ihre Krankheiten erklären oder sie vor<br />
diagnostischen oder therapeutischen Eingriffen aufklären. Und schließlich benötigen Sie diese<br />
Fähigkeiten auch in jeder mündlichen Prüfung.<br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 40
Beschreibung<br />
Missense-Mut.<br />
Nonsense-Mut.<br />
Leseraster-Mut.<br />
Ausgangskonstruktion<br />
Energiebilanz<br />
Prinzipien<br />
Unterschiede zum Darwinismus<br />
Synonyme (stille) Mutationen<br />
Nicht-Synonyme Mutationen<br />
Konserevative Mutationen<br />
Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Frankfurter Evolutionstheorie<br />
Punktmutationen<br />
Deletionen / Insertionen<br />
Transposon-Insertionen<br />
Gen-Duplikationen<br />
Chromosomale Inversionen und<br />
Translokationen<br />
Suppressor-Mutationen<br />
Positive Mutationen<br />
Negative Mutationen<br />
Neutrale Mutationen<br />
Neo-darwinistische Evolutionstheorie =<br />
Selektionismus<br />
Arten<br />
in der Evolution<br />
Neutrale Evolutionstheorie (Kimura 1968)<br />
Mutation<br />
Selektion<br />
Mutationen<br />
Evolutionstheorien<br />
09.07.04 - v5<br />
Theorien:<br />
Modus der Evolution<br />
Aussterben<br />
Mind- und Concept-Mapping<br />
Darwinismus (Neodarwinismus)<br />
Lamarkismus<br />
Creatinismus<br />
"Artenexplosion" im Kambrium<br />
Kontinuierlich<br />
Sprunghaft<br />
Katastrophe durch externes Ereignis Bsp: Aussterben der Dinosaurier durch<br />
Meteoriteneinschlag<br />
Beispiel für eine MindMap zum Thema „Evolutionstheorien“<br />
In einer MindMap wird Wissen grafisch-baumförmig<br />
dargestellt.<br />
Entwicklung<br />
MindMaps wurden von dem englischen Psychologen<br />
Tony Buzzan entwickelt, der damit beide Hirnhälften<br />
(die „logische“ und die „emotionale“) an Denk- und<br />
Lernprozessen beteiligen wollte.<br />
Auch wenn man dieser Theorie kritisch gegenübersteht,<br />
sind MindMaps ein hervorragendes Mittel zur<br />
Strukturierung von Wissen.<br />
Unterschiede<br />
Mind Maps haben eine zentrale Hauptidee, die im<br />
Zentrum des Maps dargestellt ist.<br />
Bei Mind-Maps können durch die Struktur der Äste und<br />
Zweige auch Relationen zwischen den einzelnen<br />
Informationselementen dargestellt werden; diese sind<br />
jedoch „passiv", d.h. sie machen nur eine Aussage über<br />
„Was gehört zu was?".<br />
Die „Links" zwischen den Knoten können eine Richtung<br />
haben, z.B. kann ein Pfeil eine „Ursache-Wirkungs-<br />
Beziehung" darstellen.<br />
Einsatz<br />
Im Rahmen einer Lernstrategie (s.o.) schlagen wir<br />
Ihnen vor, MindMaps vornehmlich einzusetzen<br />
• zum Mitschreiben bei Vorlesungen,<br />
Seminaren und Vorträgen<br />
• zur Strukturierung von Fachgebieten, um z.B.<br />
eine Übersicht über ein Fach zu erhalten.<br />
Es gibt sogar ein Buch zur Prüfungsvorbereitung auf<br />
medizinische Prüfungen, das ausschließlich MindMaps<br />
verwendet:<br />
Mind Maps in Medicine, P. MacDermott, D.N. Clarke;<br />
Churchill Livingstone; Edinburgh, ISBN 0-443-05195 € 33,50<br />
Beispiel für eine Konzeptkarte zum Thema „Optik“<br />
In einer Konzeptkarte wird Wissen netzartig durch<br />
Begriffe („Konzepte“) und deren Verbindungen<br />
dargestellt.<br />
Konzeptkarten entwickelte der an der Cornell <strong>Uni</strong>versity<br />
arbeitende Psychologe Joseph D. Novak im Rahmen<br />
von Untersuchungen zum Lernverhalten von Kindern.<br />
Sie haben sich als ein sehr leistungsfähiges Mittel zum<br />
Lernen und zu dessen Überprüfung erwiesen.<br />
Concept Maps sind dagegen eher netzwerkartig<br />
aufgebaut – ohne eine zentrale Ausgangsidee.<br />
Ein Hauptvorteil bei Concept Maps liegt darin, dass die<br />
„Links" zwischen einzelnen Elementen kausale<br />
Beziehungen „Welche Ursache hat auf welches<br />
Element welche Auswirkung?" ausdrücken. Diese<br />
Ursache-Wirkungs-Beziehungen werden meist durch<br />
Verben ausgedrückt, mit denen die Verbindungslinien<br />
bezeichnet werden.<br />
Die „Links" in Concept Maps können non- („ohne<br />
Richtung"), mono- (in eine Richtung weisend) oder<br />
sogar bidirektional („in beide Richtungen weisend) sein.<br />
Konzeptkarten sollten Sie nutzen, um<br />
• bei der Nacharbeit einer Vorlesung oder<br />
eines Seminarvortrags die Beziehungen<br />
zwischen den Lernelementen zu<br />
demonstrieren und zu dokumentieren<br />
• zu überprüfen, ob Sie einen bestimmten Stoff<br />
„verstanden“ haben, also die Fakten strukturieren<br />
und in Verbindung bringen können.<br />
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Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Herstellung einer Karte<br />
Empfohlen wird die Verwendung von unliniertem DIN A4-Papier, das quer beschrieben werden sollte.<br />
Die Herstellung einer Mind Map erfolgt in folgenden<br />
sechs Schritten:<br />
Thema / zentralen Begriff der Karte in die Mitte des<br />
Blattes beschreiben, oft wird dieser umrahmt.<br />
Setzen Sie nun sternförmig Äste mit den<br />
Hauptgedanken um das Thema herum. Beschriften Sie<br />
die Äste mit einzelnen Schlüsselwörtern. Solche<br />
"Hauptäste" kann man auch später noch hinzufügen.<br />
Die Themen der Hauptäste werden nun durch die<br />
Anfügung von Zweigen detailliert. Auch hier sollten<br />
Schlüsselwörter zur Kennzeichnung angefügt und<br />
eventuell Farben verwendet werden.<br />
Soweit möglich sollten die Äste und Zweige mit Bildern<br />
oder Symbolen gekennzeichnet werden. Dies erleichtert<br />
es dem Gehirn, sich an einzelne Mind Maps zu<br />
erinnern.<br />
Die Zweige können in weiteren Ebenen detailliert<br />
werden.<br />
Beziehungen zwischen Zweigen und Ästen können<br />
durch Pfeile gekennzeichnet werden.<br />
Anleitungen<br />
Im Internet finden Sie u.a. folgende Anleitungen zum<br />
MindMapping:<br />
http://www.mathedu.de/Mind_Mapping/mind_mapping.html <br />
http://www.laum.<strong>uni</strong>hannover.de/ilr/lehre/Ptm/Ptm_KreaMindMap.htm<br />
http://www.peterussell.com/MindMaps/HowTo.html<br />
Die Herstellung einer Konzeptkarte (eines<br />
Begriffsnetzes) erfolgt in folgenden fünf Schritten:<br />
Listen Sie die wichtigsten Begriffe des Gebiets auf.<br />
Damit können Sie bereits während der Vorlesungen<br />
beginnen, in denen die Hochschullehrer häufig auf<br />
wichtige Begriffe besonders hinweisen. Sinnvoll kann<br />
hier auch sein, die Inhaltsverzeichnisse von<br />
Lehrbüchern auszuwerten.<br />
Sortieren Sie diese Begriffe („Konzepte“) vom<br />
Allgemeinen zum Speziellen. Fassen Sie Begriffe unter<br />
Oberbegriffen zusammen.<br />
Ordnen Sie die Begriffe in einer sinnvollen Ordnung an,<br />
und erstellen Sie eine vorläufige Karte.<br />
Dazu können Sie die Begriffe auf Karteikarten<br />
schreiben und verschieben, oder selbstklebende,<br />
wieder ablösbare Etiketten (Post-It) verwenden oder<br />
eines der unten erwähnten Computerprogramme<br />
nutzen.<br />
Die Begriffe sollten in einer sinnvollen hierarchischen<br />
Ordnung angeordnet werden; Begriffe können mehrfach<br />
auf der Karte auftauchen.<br />
Kennzeichnen Sie die Beziehungen zwischen den<br />
Begriffen, indem Sie zwei verbundene Konzepte durch<br />
eine Linie verbinden und an der Linie die Art der<br />
Beziehung darstellen (Einflüsse, Charakteristika,<br />
Beispiele). In der Regel sollte dazu ein Verb (oder eine<br />
Formel) ausreichen.<br />
Da in aller Regel alle Begriffe miteinander verbunden<br />
sind, ist es wichtig, die Relationen möglichst exakt und<br />
differenziert zu benennen. Sätze sind ungeeignet – sie<br />
deuten in der Regel darauf hin, dass hier eine eigene<br />
Untersektion der Karte mit zusätzlichen Begriffen<br />
erstellt werden muss.<br />
Überprüfen Sie, ob die entstandene Karte die Struktur<br />
des Wissensgebiets und die Relationen zwischen den<br />
Begriffen richtig darstellt. In aller Regel muss eine<br />
Konzeptkarte mehrfach umgeschrieben werden, bis<br />
eine zufriedenstellende Darstellung erreicht wird.<br />
Im Internet finden Sie u.a. folgende Anleitungen zum<br />
ConceptMapping:<br />
http://cmap.coginst.uwf.edu/info/<br />
http://users.edte.utwente.nl/lanzing/cm_home.htm<br />
http://www.coun.uvic.ca/learn/program/hndouts/map_ho<br />
.html<br />
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WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Beispiel für die Herstellung einer Mind Map:<br />
Dargestellt ist die Herstellung einer Mind Map mit Hilfe des Programms Free Mind.<br />
Schreiben Sie das Thema in die Mitte der Seite. In<br />
der Regel wird es eingerahmt.<br />
Geben Sie Unterthemen in Form von Ästen an<br />
(rechte Maustaste / New Child Node, Name eingeben).<br />
Die Äste werden zu beiden Seiten des Themas<br />
verteilt.<br />
Äste können durch Benutzung des Buttons „Cloud“ mit<br />
einem Rahmen versehen werden, die Farbe der Wolke kann<br />
mit dem daneben befindlichen Button „Cloud Color“ eingestellt<br />
werden.<br />
Die Äste können durch das Hinzufügen von<br />
Zweigen weiter detailliert werden.<br />
Zweige lassen sich mit Unterzweigen weiter<br />
differenzieren.<br />
Die Zweige lassen sich mit grafischen<br />
Markierungen („Icons“) versehen (rechte Maustaste<br />
/ Icons / Auswahl).<br />
Verknüpfungen zwischen zwei Zweigen können<br />
mit Pfeilen dargestellt werden (rechte Maustaste<br />
drücken, bei gedrückter Maustaste den zweiten Zweig<br />
ansteuern, erst dann die Maustaste lösen).<br />
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WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Beispiel für die Herstellung einer Konzept-Karte:<br />
Dargestellt ist die Herstellung einer Konzeptkarte mit Hilfe des Programms CMap Tools.<br />
Nach Öffnung des Programms und Wahl einer<br />
neuen Cmap öffnet sich ein Fenster.<br />
Doppelklicken auf irgendeine Stelle des Fensters<br />
erzeugt ein Konzeptsymbol. Dessen Format<br />
können Sie mit dem Format-Menu (rechte<br />
Maustaste – Format Style – Font) beeinflussen.<br />
Geben Sie die Bezeichnung des Konzepts<br />
ein.<br />
Klicken Sie mit der linken Maustaste das Symbol<br />
am oberen Rand des Symbolkastens an, und<br />
ziehen Sie bei gedrückter Maustaste die Maus zur<br />
Position des zweiten Konzepts. Wenn Sie die<br />
Maustaste loslassen, wird ein neuer Konzeptkasten<br />
und eine Verbindung gezeichnet, die in der<br />
Mitte Platz für eine charakterisierende<br />
Bezeichnung hat.<br />
Tragen Sie die Bezeichnung des neuen Konzepts<br />
ein, wechseln Sie dann in das Feld für die<br />
Charakterisierung, und geben Sie diese (in der<br />
Regel ein Verb) ein.<br />
Die beiden Verbindungshälften können<br />
unabhängig voneinander formatiert werden<br />
(Pfeile, Form {gerade, rund, Bezierkurven},<br />
Liniendicke, Linientyp, Linienfarbe). Auch<br />
geschwungene Linienführungen sind möglich.<br />
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WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Computerprogramme<br />
Zur Herstellung von Mind Maps gibt es das (kostenfreie)<br />
OpenSource-Programm Free Mind (= Programm,<br />
dessen Code offengelegt ist, und das unter best. Bed.<br />
kostenfrei kopiert werden darf), das Sie unter<br />
http://freemind.sourceforge.net/ (750 kB)<br />
herunterladen können.<br />
Vom kommerziellen Produkt „MindManager ® X5“<br />
können Sie sich zunächst eine Testversion (für 21<br />
Tage) unter<br />
http://www.mindjet.com/de/products/mindmanager_x5/i<br />
ndex.php?s=3<br />
herunterladen. Als Studierende(r) können Sie das<br />
Produkt zum Sonderpreis von 89 € erhalten.<br />
Fügen Sie so weitere Konzepte und<br />
Verknüpfungen hinzu. Auch von dem<br />
Doppelpfeilsymbol über dem Verknüpfungswort<br />
aus können Sie Verbindungen herstellen.<br />
Sie können zur Herstellung von Begriffsnetzen das<br />
kostenfreie Programm Cmap nutzen, das Sie unter<br />
http://cmap.ihmc.us/ (Vorsicht: 54Mb!) erhalten können.<br />
Wie prüft man, ob (und was) man gelernt hat ?<br />
Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen Schule und <strong>Uni</strong>versität ist die Kontrolle des Lernerfolgs:<br />
• In der Schule gibt der Lehrer die Termine der Lernzielüberprüfung vor; an der <strong>Uni</strong>versität<br />
müssen Sie sich diese Termine selbst setzen<br />
• Im Schulunterricht wird in jedem Fach in einem Schuljahr der Lernerfolg mehrfach<br />
überprüft; in <strong>uni</strong>versitären Veranstaltungen gibt es dagegen in der Regel nur eine<br />
einmalige Überprüfung (durch eine Klausur am Ende der Veranstaltung oder durch einen<br />
Vortrag oder eine Hausarbeit im Laufe der Veranstaltung).<br />
Damit entfällt im <strong>Uni</strong>versitätsunterricht weitgehend eine der wichtigsten Funktionen von Prüfungen: die<br />
Rückmeldung Ihres Lernerfolgs an Sie.<br />
Diese Rückmeldung benötigen Sie, um<br />
• sich sicher zu sein, dass Sie den Stoff tatsächlich gelernt haben<br />
• Lücken, die Sie noch nicht gelernt oder verstanden haben, zu identifizieren, und diese<br />
durch gezieltes Lernen zu füllen.<br />
Prüfungen werden daher im <strong>Uni</strong>versitätsunterricht – in der Realität und in Ihrem Gefühl – zu reinen<br />
„Bestehensprüfungen“ reduziert.<br />
Lernen funktioniert nur mit regelmäßigem Überprüfen des Lernerfolgs. Wenn die Institution <strong>Uni</strong>versität<br />
dies nicht anbietet, müssen Sie es selbst für sich organisieren. Dies ist im Medizinstudium besonders<br />
wichtig (und auch schwieriger als in anderen Fächern), da hier große Teile der wichtigen Abschlussprüfungen<br />
(Erstes und Zweites Staatsexamen) nur noch geringen Kontakt zum Studienablauf haben.<br />
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WS 2006/2007 02.10.2006 bis 09.10.2006<br />
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Bei der Organisation des Überprüfens Ihrer Lernfortschritte sollten Sie zwischen den drei<br />
Kompetenzebenen (s.o.) differenzieren:<br />
ob Sie<br />
das nötige Faktenwissen haben,<br />
den Lernstoff verstanden haben,<br />
Ihr Wissen auch anwenden können<br />
(Fakten)Wissen<br />
überprüfen Sie, indem Sie<br />
(einfache) Fragen bearbeiten oder<br />
ein Schema (MindMap) anlegen;<br />
z.B. auch eine Abbildung aus dem Lehrbuch<br />
aus dem Gedächtnis mit allen wichtigen<br />
Parametern zeichnen<br />
ein Begriffsnetz (Concept Map) der<br />
wichtigsten Begriffe und Ihrer<br />
Abhängigkeiten aufstellen<br />
(komplexe Transfer-)Aufgaben<br />
lösen<br />
Hier geht es für Sie darum, zu überprüfen, ob Sie<br />
• die Definitionen der wichtigsten Begriffe (und Ihrer Einheiten) beherrschen,<br />
• wichtige Zusammenhänge (in der Physik etwa Formeln zur Umrechnung der Größen ineinander)<br />
kennen.<br />
Dazu können Sie<br />
• sich selbst Fragen erarbeiten (bereits bei der Vorlesungsmitschrift markieren, dann z.B. auf<br />
Karteikarten übertragen), solche Fragensammlungen können Sie mit Ihren Kommilitonen<br />
austauschen<br />
• Fragensammlungen durcharbeiten, etwa die Fragensammlungen mit „Altfragen“ aus vergangenen<br />
Physika der „Schwarzen Reihe“ (Thieme Verlag), oder Sammlungen mit Physik- oder<br />
Chemiefragen für den Schulunterricht<br />
• sich Inhaltsverzeichnisse oder Stichwortregister von Schul- oder Hochschullehrbüchern<br />
vornehmen und prüfen, ob man die wichtigsten Informationen (Definitionen, Formeln) der<br />
Schlagworte beherrscht.<br />
Eine gute Möglichkeit zum Test ist auch die Aufstellung einer Mind Map aus dem Gedächtnis und des<br />
Vergleichs z.B. mit dem Inhaltsverzeichnis von Lehrbüchern.<br />
Verstehen<br />
Um zu prüfen, ob Sie den Stoff verstanden haben, müssen Sie testen, ob Sie Zusammenhänge<br />
zwischen den Fakten herstellen können, ob Sie sie vernetzen und Begriffshierarchien aufstellen<br />
können. Das dazu geeignete Mittel ist ein „Begriffsnetz“ oder eine „Concept Map“:<br />
Folgen Sie der oben genannten Anleitung zur Herstellung einer solchen Karte.<br />
Die Auswahl der Stichworte folgt den gleichen Regeln wie bei der Herstellung einer MindMap.<br />
Anwenden<br />
Ziel des Lernens ist es (oder sollte es sein), das (verstandene) Wissen anwenden zu können, es also<br />
auf andere Probleme zu übertragen (Transfer) oder zur Lösung komplexer Fragen Wissen<br />
verschiedener Bereiche zu kombinieren (dies stellt eine Grundaufgabe des späteren Arztberufs dar).<br />
Dies überprüft man mit komplexeren Aufgaben, in denen zunächst in einem kurzen Text eine<br />
Problemsituation geschildert und dann eine oder mehrere Fragen gestellt werden (bekannt sind<br />
solche Aufgaben vor allem aus dem Schul-Physikunterricht).<br />
Beschränkt man sich auf das Training von MC-Fragen, so ergeben sich vor allem zwei<br />
Probleme:<br />
o MC-Fragen fragen Wissen punktuell ab.<br />
Die Darstellung von Beziehungen und Verknüpfungen zwischen Wissensbestandteilen wird<br />
so nicht trainiert.<br />
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o Durch die Vorgabe spezifischer Antworten wird die Lösungsstrategie des Lernenden von<br />
vorneherein in bestimmte Richtungen gedrängt. Er kann seine assoziativ gespeicherten<br />
Informationen nur sehr begrenzt nach Hinweisen auf die Lösung durchsuchen. MC-Fragen<br />
wirken daher dem assoziativen Lernen (s.o.) eher entgegen.<br />
Hinweise zur Beantwortung komplexer Fragen finden Sie z.B. unter<br />
http://www.coun.uvic.ca/learn/problem.html<br />
Lernen zur Prüfungsvorbereitung, im Studium und „für das Leben“<br />
Ein Charakteristikum des Medizinstudiums ist, dass (große) Teile der Prüfungen im Studienablauf<br />
durch zentrale Multiple-Choice-Prüfungen (Prüfungen, bei denen eine Auswahl aus vorgegebenen<br />
Antworten gefordert wird) ersetzt wurden, die nicht von der <strong>Uni</strong>versität, sondern von einer eigenen<br />
Behörde, dem IMPP (Institut für Medizinische und Pharmazeutische Prüfungsfragen in Mainz),<br />
veranstaltet werden. Da sie bundeseinheitlich sind, können sie keine Rücksicht auf den vor Ort<br />
vermittelten Stoff nehmen.<br />
Dieses Studienschema hat spezifische Eigenschaften, die Sie bei Ihrer persönlichen Lernstrategie<br />
möglichst von Anfang an berücksichtigen sollten:<br />
• Das IMPP als Behörde möchte keine (Verwaltungsgerichts)Verfahren über Prüfungsinhalte<br />
verlieren. Es hat daher Gegenstandskataloge definiert (erhältlich unter www.impp.de ), die den<br />
gesamten in den Prüfungen abfragbaren Prüfungsstoff umfassen. Im Laufe der Zeit sind diese<br />
Gegenstandskataloge zu Sammlungen angewachsen, in denen alle Möglichkeiten, Fragen zu<br />
stellen, erwähnt sind. Sie sind zur Prüfungsvorbereitung ungeeignet.<br />
Diese Gegenstandskataloge werden häufig verwechselt mit Lehr- oder Lernzielkatalogen, die für<br />
den <strong>uni</strong>versitären Unterricht erstellt werden müssen. In einem Lehrzielkatalog definiert ein<br />
Fachbereich oder Dozent die Teilmenge des Gegenstandskatalogs, die er unterrichten will und<br />
kann. Heute geht man aber dazu über, Lernzielkataloge zu formulieren. In diesen wird nicht<br />
definiert, was den Studierenden als Unterrichtsstoff präsentiert wird, sondern festgelegt, was die<br />
Teilnehmer an einer bestimmten Lehrveranstaltung tatsächlich gelernt haben (und somit<br />
anwenden können müssen).<br />
Fragen Sie Ihre Dozenten nach den Lernzielen der Veranstaltungen!<br />
• MC-Prüfungen (unter den vom IMPP definierten Bedingungen {1,5 Minuten durchschnittliche<br />
Bearbeitungsdauer, nur 2 Fragentypen}) sind zunächst vor allem für das Abfragen von<br />
Sachwissen geeignet. Zwar versucht man bei der Formulierung der Fragen auch zusätzliche<br />
Kompetenzen zu erfassen - dies gestaltet sich jedoch als schwierig und artet leicht in Fragen aus,<br />
deren Analyse eher ein germanistisches als ein medizinisches Problem darstellt.<br />
• Da die Menge „guter“ Fragen endlich und die Verwendung von „Altfragen“ begrenzt ist, haben<br />
MC-Klausuren (bei der nicht verhinderbaren Veröffentlichung) die Tendenz, von Durchgang zu<br />
Durchgang immer spezieller zu werden. Das IMPP gibt sich zwar große Mühe bei der<br />
Fragestellung, dennoch sind viele der Fragen – neutral ausgedrückt – schon sehr speziell.<br />
• Hochschullehrer (und Fachbereiche) haben eigene Schwerpunkte. Da der Stoff jedes Fachs<br />
heute so umfangreich geworden ist, dass er in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mehr<br />
komplett unterrichtet werden kann, setzt jeder Dozent hier andere Schwerpunkte. Dies ist ein<br />
Vorgang, der dem Grundgedanken der <strong>Uni</strong>versität und des wissenschaftlichen Arbeitens<br />
entspricht (und der durch die Einführung von Wahlfächern auch seinen Niederschlag in der neuen<br />
Ärztlichen Approbationsordnung gefunden hat).<br />
Sie sollten sich deshalb darüber bewusst sein, dass es drei sehr unterschiedliche Lern- und<br />
Prüfungsbereiche mit unterschiedlichen Zielen im Grundstudium gibt, die ebenso verschiedene Lern-<br />
und Vorbereitungsstrategien erfordern:<br />
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Ziel der <strong>uni</strong>versitären Veranstaltungen mit ihren Prüfungen ist es,<br />
• Ihnen das notwendige Sachwissen der Grundlagen des Faches zu vermitteln,<br />
• Ihnen die Grundfertigkeiten dieser Fächer beizubringen,<br />
• in ausgewählten Spezialgebieten tiefer in den Stoff einzudringen, um Ihnen z.B. die<br />
wissenschaftliche Arbeitsweise zu vermitteln,<br />
• zu überprüfen, ob Sie diesen Stoff verstanden haben und ihn anwenden können.<br />
Ziel der schriftlichen Prüfung des Ersten<br />
Staatsexamens (Physikums) ist die Überprüfung,<br />
ob Sie die vorklinischen Grundfächer (Anatomie,<br />
Biochemie, Physiologie, Medizinische<br />
Psychologie und Soziologie) in Verbindung mit<br />
deren naturwissenschaftlichen Basisfächern<br />
(Biologie, Chemie, Physik) beherrschen.<br />
Ziel der mündlichen Prüfung des Ersten<br />
Staatsexamens (Physikums) ist der Nachweis,<br />
dass Sie die Grundsätze und Grundlagen der<br />
Fächer Anatomie, Physiologie und Biochemie<br />
beherrschen und deren Bedeutung für<br />
medizinische, insbesondere klinische,<br />
Zusammenhänge kennen.<br />
Dabei wird gefordert:<br />
Die Prüfung der naturwissenschaftlichen und theoretischen Grundlagen ist im schriftlichen und mündlich-<br />
praktischen Teil in Verbindung mit klinischen Fragestellungen auf die medizinisch relevanten Ausbildungsinhalte<br />
zu konzentrieren. (ÄAppO, §22(3))<br />
Das sollten Sie in Ihrer Lernstrategie berücksichtigen:<br />
Lernen im Studium<br />
Eigenschaften der Prüfung(en):<br />
In der Regel Klausuren und mündliche Prüfungen (Testate), auch Hausarbeiten und Seminarvorträge.<br />
In den Klausuren wird vor allem das benötigte Faktenwissen abgefragt, in den mündlichen Prüfungen<br />
und Hausarbeiten auch Ihre Fähigkeit, Wissensbestandteile zu verknüpfen und logisch darzustellen.<br />
In den Seminarvorträgen kommt hinzu, dass Sie die Inhalte Ihres Vortrags vermitteln können müssen.<br />
Sie sollten folgendes trainieren:<br />
In der Approbationsordnung ist festgelegt §2(4):<br />
„Eine erfolgreiche Teilnahme an einem Praktikum liegt vor, wenn der Studierende im Praktikum in einer dem<br />
betreffenden Fachgebiet angemessenen Weise gezeigt hat, dass er sich die erforderlichen Kenntnisse und<br />
Fertigkeiten angeeignet hat und sie in der Praxis anzuwenden weiß. Eine erfolgreiche Teilnahme an einem<br />
Seminar liegt vor, wenn der Studierende im Seminar gezeigt hat, dass er den Lehrstoff in seinen<br />
Zusammenhängen erfasst hat und dies darzustellen in der Lage ist.“<br />
Es kommt also nach der Zielsetzung der AO nicht nur auf das Faktenwissen, sondern auch auf<br />
dessen Anwendung und Darstellung an!<br />
Zielrichtung Ihrer Vorbereitung:<br />
• Sicheres Beherrschen der Fakten<br />
• Verständnis der Zusammenhänge<br />
• Darstellung Ihres Wissens<br />
• Anwendung Ihres Wissens auf neue Probleme<br />
Ablauf Ihrer Vorbereitung:<br />
• Überprüfung der Kenntnis der Fakten (z.B. durch Analyse Ihrer MindMaps),<br />
• Überprüfung, dass Sie den Stoff verstanden haben (z.B. durch Analyse Ihrer Konzeptkarten)<br />
• Übung der Übertragung Ihres Wissens auf neue Probleme („Transfer“; durch Bearbeitung<br />
komplexer Fragen und Aufgabenstellungen)<br />
• Üben von Vorträgen<br />
Lernen für den schriftlichen Teil<br />
Lernen für den mündlichen Teil<br />
des Ersten Examens („Physikum“)<br />
Eigenschaften der Prüfung:<br />
Schriftliche Prüfung mit festgelegten Zahlen von<br />
Auswahlantwortaufgaben (Multiple-Choice-<br />
Fragen) in Biologie-Anatomie, Chemie-Biochemie,<br />
Physik-Physiologie, Med. Psychologie-Med.<br />
Soziologie<br />
Von Ihnen sollte trainiert werden:<br />
Umgang mit MC-Prüfungen allgemein (z.B.<br />
http://www.coun.uvic.ca/learn/program/hndouts/m<br />
ulticho.html )<br />
und mit den MC-Prüfungen des IMPP im<br />
Speziellen (z.B. Profi-Tipps zur MC-Prüfung von<br />
http://www.medilearn.de/ )<br />
des Ersten Examens („Physikum“)<br />
Eigenschaften der Prüfung:<br />
Mündliche Prüfung in Anatomie, Physiologie und<br />
Biochemie, wobei auch praktische Aufgaben<br />
gestellt und deren Ergebnisse diskutiert werden<br />
sollen.<br />
Von Ihnen sollte trainiert werden:<br />
Neben der Beherrschung des Stoffes auch<br />
dessen Darstellung: knappe, logisch aufgebaute<br />
Darstellung von Sachverhalten.<br />
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Ablauf Ihrer Vorbereitung:<br />
• Überprüfung der Kenntnis der Fakten (z.B.<br />
durch Analyse Ihrer MindMaps)<br />
• Überprüfung, dass Sie den Stoff verstanden<br />
haben (z.B. durch Analyse Ihrer<br />
Konzeptkarten)<br />
• Übung der MC-Fragetechnik (durch<br />
„Kreuzen“ von Altfragen in Fragensammlungen,<br />
z.B. der „Schwarzen Reihe“)<br />
Ablauf Ihrer Vorbereitung:<br />
• Überprüfung der Kenntnis der Fakten (z.B.<br />
durch Analyse Ihrer MindMaps)<br />
• Überprüfung, dass Sie den Stoff verstanden<br />
haben (z.B. durch Analyse Ihrer Konzeptkarten)<br />
• Übung der Übertragung Ihres Wissens auf<br />
neue Probleme („Transfer“; durch Bearbeitung<br />
komplexer Fragen und Aufgabenstellungen)<br />
• Einübung professioneller Darstellung von<br />
Aufgabenlösungen durch Vortrag (etwa in der<br />
Lerngruppe, s.o.)<br />
Von Seiten des Fachbereichs wurde das vierte Semester des Medizinstudiums auf Kosten der<br />
anderen Semester entlastet (15 statt 32 Stunden pro Woche), um Ihnen mehr Zeit zur Vorbereitung zu<br />
geben.<br />
„Lebenslanges Lernen“<br />
Medizinisches Wissen hat heute eine Halbwertszeit, die in Jahren gemessen wird. Wenn Sie Ihr<br />
Studium beenden, wird ein Teil des von Ihnen gelernten (und in Prüfungen nachgewiesenen) Wissens<br />
bereits veraltet sein.<br />
Allerorten wird deshalb gefordert, bereits während des Studiums die Fähigkeiten zu lebenslangem<br />
Lernen zu schulen.<br />
In einem EU-Memorandum werden dazu fünf neue Basisqualifikationen gefordert:<br />
IT-Fertigkeiten, Fremdsprachen, Technologische Kultur, Unternehmergeist und soziale Fähigkeiten.<br />
Konkret bedeutet das, dass Sie im Verlauf Ihres Studiums<br />
o sich die Fähigkeiten aneignen sollten, effektiv Informationen zu suchen und auszuwerten, vor<br />
allem den Umgang mit medizinrelevanten Datenbanken (PubMed, Cochrane-Datenbank) zu<br />
erlernen und zu üben<br />
o lernen sollten, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden<br />
o Ihre Kritikfähigkeit schulen sollten und<br />
o sich ein persönliches System schaffen, Ihr Wissen zu ergänzen und veraltetes Wissen zu<br />
ersetzen.<br />
Dazu gibt es keine speziellen Werkzeuge oder Methoden. Es ist vorwiegend eine Frage der<br />
Konservierung der wissenschaftlichen Neugier aus dem Studium auch in einen zeitlich belastenden<br />
Berufsalltag hinein.<br />
Sie können sich diese Aufgabe erleichtern, indem Sie die Werkzeuge zur Wissensrepräsentation, die<br />
wir Ihnen vorgestellt haben (MindMaps, Konzeptkarten), einüben und konsequent einsetzen (oder sich<br />
äquivalente Methoden erarbeiten).<br />
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Literaturhinweise<br />
Lerntheorie, Gedächtnis, Grundlagen:<br />
M. Spitzer, Geist im Netz<br />
Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 3-8274-0109-7<br />
M. Spitzer, Lernen<br />
Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 3-8274-1396-6<br />
Praktische Lerntipps:<br />
W.F. Kugemann, Lerntechniken für Erwachsene<br />
Rororo sachbuch, ISBN 3-499-17123-6<br />
B. Chevalier, Effektiver Lernen<br />
Eichborn Verlag, ISBN 3-8218-1566-3<br />
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Exkurs: <strong>Uni</strong>versitäre Organisation:<br />
Unterrichtsformen, Studiengänge, Prüfungen und Lehrende<br />
Die <strong>Uni</strong>versitäten haben eine historisch begründete Selbständigkeit in organisatorischen Fragen<br />
(akademische Freiheit, Freiheit von Forschung und Lehre). Grundkenntnisse der sich daraus<br />
ergebenden Organisationsstrukturen, speziell zu den Fragen <strong>uni</strong>versitärer Unterrichtsformen, zu<br />
Studiengängen, Prüfungen und Lehrenden an der <strong>Uni</strong>versität sind für das Lernen an der <strong>Uni</strong>versität<br />
hilfreich. Sie sind deshalb im folgenden knapp zusammengefasst.<br />
Sie werden in Ihrem Studium drei Haupt-Unterrichtsformen<br />
erleben:<br />
Die Vorlesung ist die klassische Frontalunterrichtsform der<br />
<strong>Uni</strong>versität: ein Professor steht in einem Hörsaal vor einer<br />
großen Gruppe von Studierenden und "doziert" über ein<br />
Thema. Dazu hat er sich mit der neuesten wissenschaftlichen<br />
Literatur zum Thema beschäftigt und kann den<br />
Zuhörern somit das Fachgebiet auf dem neuesten Stand<br />
darstellen.<br />
Die Vorlesung ist das älteste <strong>uni</strong>versitäre Unterrichtsverfahren.<br />
In der Medizin wird in der Vorlesung im klinischen Unterricht<br />
in der Regel ein Patient vorgestellt<br />
Das 1594 von G.Fabrizio D'Acquapendente<br />
und Fra Paolo Scarpi gebaute TEATRO<br />
ANATOMICO der <strong>Uni</strong>versität von Padua gilt<br />
als der älteste medizinische Hörsaal. Er ist<br />
bis heute in Betrieb.<br />
Im Seminar steht dagegen die Eigenarbeit der Studierenden im Vordergrund. Seminare können in<br />
unterschiedlichsten Formen durchgeführt werden: von der gemeinsamen Lösung von Aufgaben über<br />
Vorträge der TeilnehmerInnen bis hin zu Sonderformen wie dem Problemorientierten Unterricht (POL).<br />
Tutorien sind Lehrveranstaltungen, in denen besonders qualifizierte Studentinnen und Studenten ihre<br />
Kommilitonen unterrichten. Sie werden in den naturwissenschaftlichen Fächern in der Regel als<br />
unterstützende Unterrichtsform eingesetzt, in geisteswissenschaftlichen Fächern bilden sie oft einen<br />
größeren Teil des Lehrangebotes.<br />
In den theoretischen Fächern (Anatomie, Biochemie, Physiologie, klinische Chemie, Pathologie usw.)<br />
ist die zentrale Unterrichtsform das Praktikum. Hier arbeiten die TeilnehmerInnen praktisch, d.h. sie<br />
lösen Aufgaben unter Einsatz von Händen (und Kopf !). Diese Aufgaben können z.B. in der<br />
Präparation bestimmter Organe, der Analyse eines mikroskopischen Präparats, der Messung des<br />
EKGs oder der Konzentrationsbestimmung eines Metaboliten bestehen.<br />
Die klinische Form des Praktikums ist der Unterricht am Krankenbett. Er wird in zwei Formen<br />
durchgeführt:<br />
Bei der Patientendemonstration wird einer kleinen Gruppe von sechs Studierenden durch einen Arzt<br />
ein Patient vorgestellt. Die Studierenden erarbeiten zusammen mit dem Arzt das Krankheitsbild dieses<br />
Patienten und diskutieren Ursachen, Diagnostik und Therapie der Erkrankung.<br />
Beim Kleingruppenunterricht untersuchen drei Studierende unter Überwachung durch einen Arzt einen<br />
Patienten. Sie erheben die Anamnese (medizinische Vorgeschichte), führen eine körperliche<br />
Untersuchung (visuelle Inspektion des Patienten, Abhorchen (Auskultation) und Abklopfen<br />
(Perkussion) durch und prüfen etwa die Beweglichkeit der Gelenke. Unter Hinzuziehung der<br />
Krankenakte und der Ergebnisse bildgebender Verfahren (Röntgenbilder, Computertomogramme) und<br />
der klinisch-chemischen Analytik erarbeiten sie eine Verdachtsdiagnose für die Erkrankung des<br />
Patienten, die dann mit dem Arzt diskutiert wird. Häufig stellen die Studierenden "ihren" Patienten<br />
dann im Rahmen einer Patientendemonstration ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen vor.<br />
Der Unterricht am Krankenbett ist eine sehr wichtige Unterrichtsform, die allerdings auch besondere<br />
Vorsicht und ethische Überlegungen erfordert: Dadurch, dass man den kranken Menschen (d.h. einen<br />
Menschen in einer ohnehin schon schwierigen Lebenssituation) im Unterricht vorstellt und ihn von<br />
Lernenden untersuchen lässt, kommt es naturgemäß zu besonderen Belastungen. Neben der<br />
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Beachtung medizinjuristischer Aspekte (z.B. des Verschwiegenheitsgebotes) wird daher von den<br />
Studierenden auch ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Patienten gefordert..<br />
Die Fachbereiche, in die die <strong>Uni</strong>versität eingeteilt ist, organisieren ihre Unterrichtsangebote in<br />
Studiengängen. Ein solcher Studiengang gliedert die Unterrichtsveranstaltungen, die notwendig sind,<br />
um zu einer entsprechenden Fachbereichs- oder Staatsprüfung zugelassen zu werden und diese<br />
bestehen zu können, in einer sinnvollen Form.<br />
Grundlage eines Studiengangs ist eine von Fachbereich und <strong>Uni</strong>versität beschlossene<br />
Prüfungsordnung. Diese definiert die formalen und inhaltlichen Bedingungen der Zwischen- und<br />
Abschlussprüfungen (oder der Studienbegleitenden Prüfungen).<br />
In Medizin und Zahnmedizin werden die Prüfungsordnungen nicht von den Fachbereichen, sondern<br />
vom Ministerium erlassen. Sie werden dann als Approbationsordnung bezeichnet und stehen im<br />
Rang eines Bundesgesetzes. Daher ist die Grundstruktur des Medizin- und Zahnmedizinstudiums an<br />
allen deutschen <strong>Uni</strong>versitäten weitgehend identisch.<br />
Auf der Grundlage der Prüfungsordnung stellt der Fachbereich dann eine Studienordnung auf, in der<br />
der Ablauf des Studiums (Wie erfolgt die Zulassung zu den Veranstaltungen? Wie oft darf gefehlt<br />
werden? ...) und eine sinnvolle Reihenfolge der zu besuchenden Veranstaltungen festgelegt wird<br />
(Curriculum).<br />
Veranstaltungen, die in die Studienordnung aufgenommen wurden, muss der Fachbereich anbieten.<br />
Man bezeichnet diese auch als curriculare Veranstaltungen.<br />
Viele Hochschullehrer bieten zusätzliche Lehrveranstaltungen an - um das curriculare Angebot zu<br />
vertiefen, um ihr Fachgebiet adäquat vorzustellen, oder um ihre Doktoranden zusätzlich auszubilden.<br />
Diese nichtcurricularen oder extracurricularen Veranstaltungen bilden einen wichtigen Bestandteil des<br />
<strong>uni</strong>versitären Angebots, denn sie gestatten es den Studierenden, sich über ein bestimmtes Gebiet<br />
aktuell zu informieren.<br />
Der klassische deutsche <strong>uni</strong>versitäre Studiengang ist in den Bereichen der Naturwissenschaften der<br />
Diplom-, in geisteswissenschaftlichen Fächern der Magisterstudiengang. Nach einem (in der Regel<br />
viersemestrigen) Grundstudium wird eine Zwischenprüfung (Vordiplom) abgelegt, dann folgt ein (in<br />
der Regel ebenfalls viersemestriges) Hauptstudium, das mit dem Diplom abschließt. Teil der Diplomprüfung<br />
ist die Anfertigung einer Diplomarbeit. Dieses Diplom bildet die berufsqualifizierende Prüfung<br />
und ist Grundlage für eine Beschäftigung (als Diplombiologe, Diplomchemiker etc.) oder für den<br />
Beginn einer Promotion.<br />
Am Fachbereich Medizin wird der Studiengang Humanbiologie (noch) in dieser Form angeboten.<br />
In der "Erklärung von Bologna" haben die europäischen Länder die Vereinheitlichung des Hochschulraums<br />
unter Übername des angloamerikanischen Bachelor/Master-Systems beschlossen:<br />
Hier nimmt der Studierende zunächst ein (i.d.R. sechssemestriges) Bachelorstudium auf. Dieses<br />
Studium endet nicht mit einer umfassenden Abschlussprüfung, sondern ist nach dem Prinzip<br />
studienbegleitender Prüfungen organisiert. Es stellt ein berufsqualifizierendes Studium dar, nach dem<br />
der Studierende die <strong>Uni</strong>versität mit einem akademischen Abschluss verlassen und ins Berufsleben<br />
eintreten kann.<br />
Ein (mehr oder weniger großer) Teil der Bachelor-Absolventen kann dann ein weiterführendes<br />
Masterstudium aufnehmen, das ihn (in der Regel nach weiteren 3 Semestern und der Anfertigung<br />
einer Masterarbeit) zum Masterabschluss (Master of Science, MSc) führt. Dieser akademische<br />
Abschluss berechtigt dann zur Promotion.<br />
Am Fachbereich Medizin ist der Studiengang Physiotherapie bereits als Bachelor-/Masterstudiengang<br />
organisiert; der Studiengang Humanbiologie wird demnächst auf dieses System umgestellt.<br />
Studiengänge, denen der Staat (als alleiniger oder prominenter Arbeitgeber oder wegen besonderer<br />
Qualitätsansprüche) eine besondere Bedeutung zumisst, sind als Staatsexamensstudiengang<br />
organisiert und schließen nicht mit einer Fachbereichs-, sondern mit einer Staatsprüfung, dem<br />
Staatsexamen, ab. Dies betrifft etwa das Jurastudium, die Lehramtsstudiengänge, das Pharmazie-,<br />
Medizin- und Zahnmedizinstudium. Hier übernimmt ein staatliches Prüfungsamt (im Bereich der<br />
Medizin und Zahnmedizin das Hessische Landesprüfungs- und Untersuchungsamt im<br />
Gesundheitswesen) die Organisation und Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfungen.<br />
Prüfungen an der <strong>Uni</strong>versität lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen:<br />
Veranstaltungsprüfungen liegen in der Verantwortung des jeweiligen Fachbereichs; sie bestätigen,<br />
dass der Teilnehmer die Veranstaltung regelmäßig und erfolgreich besucht hat.<br />
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Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Am Fachbereich werden solche Prüfungen in Praktika und Seminaren abgenommen; diese<br />
Veranstaltungen sind anwesenheitspflichtig, und die Scheine mit der Bestätigung der erfolgreichen<br />
Teilnahme müssen bei der Meldung zur entsprechenden Prüfung vorgelegt werden.<br />
Vorlesungen sind nicht anwesenheitspflichtig. Ihr Besuch wird zwar nachdrücklich empfohlen, aber<br />
nicht kontrolliert. Allerdings sind die Vorlesungen jeweils bestimmten anwesenheitspflichtigen<br />
Veranstaltungen zugeordnet, und in den Prüfungen dieser Seminare und Praktika kann dann das in<br />
den Vorlesungen vermittelte Wissen mit abgeprüft werden.<br />
Die beiden Bedingungen zum erfolgreichen Besuch einer Veranstaltung (regelmäßige Teilnahme und<br />
erfolgreiche Teilnahme) sind unabhängig voneinander; übermäßiges Fehlen kann nicht durch<br />
besonders gute Leistungen kompensiert werden und vice versa.<br />
In den Studiengängen Humanbiologie und Zahnmedizin sowie in der medizinischen Vorklinik wird als<br />
Ergebnis einer Veranstaltungsprüfung nur das Bestehen der Prüfung und die regelmäßige Teilnahme<br />
festgestellt. Im klinischen Abschnitt des Medizinstudiums dagegen werden die "Scheine" benotet und<br />
die Noten der besuchten Veranstaltungen im Abschlusszeugnis des Staatsexamens aufgeführt.<br />
In solchen Studiengängen werden die Studierenden einer (oder mehreren) Zwischen- und einer<br />
(umfangreichen) Abschlussprüfung unterzogen, in der der gesamte Stoff des Studienabschnitts<br />
abgefragt wird. Im Studiengang Humanmedizin waren dies früher vier, jetzt sind es noch zwei<br />
Prüfungen (früher: Ärztliche Vorprüfung {Physikum}, 1., 2. und 3. Staatsexamen, jetzt: Ärztliche<br />
Prüfung (1. und 2. Abschnitt)), in der Zahnmedizin drei (Naturwissenschaftliche und Zahnärztliche<br />
Vorprüfung und zahnärztliches Staatsexamen) und in der Humanbiologie zwei (Vordiplom und Diplom)<br />
Prüfungen.<br />
Insbesondere in den "modernen" Bachelor- und Masterstudiengängen verlässt man dieses Prinzip und<br />
geht zu Studienbegleitenden Prüfungen über.<br />
Der Studierende legt hier (benotete) Prüfungen nach kürzeren Studienabschnitten ab, deren<br />
Gesamtnote die Note für das Studium ergibt.<br />
Die Lehrenden, denen Sie an der <strong>Uni</strong>versität<br />
begegnen, werden verschiedenen Gruppen<br />
zugerechnet:<br />
Da sind zunächst die Professoren. Diese wurden<br />
entweder vom Wissenschaftsministerium auf<br />
Vorschlag von Fachbereich und <strong>Uni</strong>versität im<br />
Rahmen eines Berufungsverfahrens (berufene<br />
oder ´planmäßige´ Professoren) ernannt, oder<br />
ihnen wurde nach einer Bewährungszeit der Titel<br />
Professor verliehen (außerplanmäßige oder apl-<br />
Professoren).<br />
Der Biochemiker Siegfried Bär hat in seinem Buch<br />
Forschen auf Deutsch Parallelen zwischen dem<br />
Stoffwechsel einer eukaryotischen Zelle und dem<br />
akademischen Berufssystem aufgezeigt.<br />
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Vorbereitungskurs für Studierende der Medizin- und Zahnmedizin, Humanbiologe und Physiotherapie<br />
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Fachbereich Medizin der Philipps-<strong>Uni</strong>versität <strong>Marburg</strong><br />
Die Stelle eines berufenen Professors wird zunächst vom Fachbereich definiert und in Zeitschriften<br />
veröffentlicht. Interessierte Wissenschaftler bewerben sich, und aus den Bewerbungen wählt eine<br />
Kommission des Fachbereichs geeignete Bewerber aus, die in einem Vortrag (oder heute häufig zwei<br />
Vorträgen: in einem dokumentieren sie ihre Befähigung zur Durchführung von Forschung, in einem<br />
zweiten ihre Eignung zum Unterricht) ihre Eignung für die Stelle darbieten. Die besten drei oder vier<br />
Bewerber werden dann von je zwei (externen) Experten ihres Fachgebiets an anderen <strong>Uni</strong>versitäten<br />
begutachtet, und der Fachbereichsrat erstellt daraus eine Liste mit einer Reihenfolge der<br />
Wunschkandidaten. Der Erstplazierte erhält dann nach Bestätigung der Liste durch den Senat der<br />
<strong>Uni</strong>versität den "Ruf" auf die Professur vom zuständigen Ministerium. Bevor er diesen annimmt, führt<br />
er mit dem Präsidenten der <strong>Uni</strong>versität und dem Dekan des Fachbereichs "Berufungsverhandlungen",<br />
in denen es meist um Mitarbeiterstellen und Sachmittel für seine Forschung geht. Ist der Professor im<br />
klinischen Bereich tätig, verhandelt er parallel mit dem Vorstand des <strong>Uni</strong>versitätsklinikums über die<br />
Bedingungen seiner Arbeit in der Krankenversorgung.<br />
Grundlage für die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Professorenstelle ist heute in der Regel noch<br />
die Habilitation. Dies ist ein akademisches Verfahren, bei dem ein (promovierter) Wissenschaftler eine<br />
zusätzliche Habilitationsschrift mit den Ergebnissen seiner Forschungen zu einem bestimmten<br />
Teilbereich erstellt. Diese wird von einer Kommission des Fachbereichs unter Hinzuziehung externer<br />
Experten begutachtet; der Habilitand muss zusätzlich in einem Vortrag (dessen Thema nicht aus<br />
seinem Arbeitsgebiet stammen darf) vor dem Fachbereichsrat beweisen, dass er die Fähigkeiten zur<br />
selbständigen Forschung und Lehre erfüllt.<br />
Über die Notwendigkeit der Habilitation, die es in dieser Form nur im deutschsprachigen <strong>Uni</strong>versitätsbereich<br />
gibt, wird vehement gestritten. Die Anfertigung einer eigenständigen Habilitationsarbeit kann<br />
heute durch eine kommentierte Sammlung von eigenen Publikationen in wissenschaftlichen<br />
Veröffentlichungen ersetzt werden; politisch wurde mit der Schaffung von J<strong>uni</strong>orprofessoren ein<br />
alternativer Weg zur Berufung geschaffen.<br />
J<strong>uni</strong>orprofessoren sind besonders fähige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ohne<br />
Habilitation auf eine zunächst zeitlich befristete J<strong>uni</strong>orprofessur berufen wurden. Nach einer<br />
bestimmten Zeit wird überprüft, ob die Bewerberin oder der Bewerber tatsächlich geeignet ist, bevor<br />
sie oder er dann eine unbefristete Professur erhält.<br />
Zum Privatdozenten (PD) kann ein Wissenschaftler nach erfolgreicher Habilitation ernannt werden.<br />
Es handelt sich um einen akademischen Titel, der die Berechtigung (und Verpflichtung) zu<br />
eigenständiger Lehre dokumentiert. Privatdozenten erbringen diese Lehre zusätzlich zu einer anderen<br />
Tätigkeit (an der <strong>Uni</strong>versität oder in der Industrie).<br />
Wissenschaftliche Mitarbeiter haben ein Studium und häufig eine Promotion absolviert. Sie sind an<br />
der <strong>Uni</strong>versität beschäftigt, um sich weiter zu qualifizieren (in der Regel wollen sie die Habilitation<br />
erreichen). Sie werden vor allem in Praktika und Seminaren eingesetzt<br />
© GK, Studiendekanat, 2006, V 3.0 54