RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Weimarer Zeit 77<br />
de, die Wurzel des Verderbens. Der Mensch, der die Stelle<br />
Gottes einnehmen möchte, stürzt aus seiner scheinbaren Selbsterhöhung<br />
unmittelbar in den Abgrund - so wie die Engel, die<br />
vor der Erschaffung des Menschen bereits Gottgleichheit erstrebten<br />
und zu Dämonen wurden: «Gott hat selbst die Engel,<br />
die gesündigt haben, nicht verschont, sondern hat sie mit<br />
Ketten der Finsternis in die Hölle gestoßen und übergeben, damit<br />
sie für das Gericht festgehalten werden» (2. Petr. 2,4; vgl.<br />
Hes. 28,llff.; Jes. 14,12ff.; Jud. 6).<br />
Die vierte Lüge verspricht dem Menschen Bewußtseinserweiterung:<br />
«Eure Augen werden aufgetan (...) und ihr werdet<br />
wissen, was gut und böse ist.» Nietzsche suchte diesen Weg<br />
in Drogen. Steiner versucht später, durch einen methodisch erlernbaren<br />
Erkenntnisweg in die übersinnlichen Bereiche einzudringen.<br />
Und doch gelangen beide nur zu einer dämonisch<br />
inspirierten Scheinwelt, wie ich weiter unten zeigen werde.<br />
An dieser Stelle möchte ich im Blick auf Nietzsche ein persönliches<br />
Erlebnis wiedergeben. Vor einigen Jahren besuchte<br />
ich das Nietzsche-Haus in Sils Maria inmitten der traumhaft<br />
schönen Landschaft des Oberengadins. Erschüttert stand ich<br />
vor den Fotografien, die Nietzsche in seiner über zehn Jahre bis<br />
zu seinem Tode währenden geistigen Umnachtung zeigen. Am<br />
Morgen hatte ich am Silser See auf dem dort befindlichen<br />
Nietzsche-Felsen das «trunkne Lied» aus dem «Zarathustra»<br />
gelesen:<br />
«O Mensch! Gib acht!/ Was spricht die tiefe Mitternacht?/<br />
'Ich schlief, ich schlief-/ Aus tiefem Traum bin ich erwacht:<br />
- / Die Welt ist tief,/ und tiefer als der Tag gedacht./ Tief ist ihr<br />
Weh - / Lust - tiefer noch als Herzeleid: / Weh spricht: Vergeh!<br />
/ Doch alle Lust will Ewigkeit - / will tiefe, tiefe Ewigkeit'»<br />
(Nietzsche 1985,312).<br />
Unter dem Eindruck dieser Erlebnisse und dieses Gedichts<br />
schrieb ich in das im Nietzsche-Haus aufliegende Gästebuch:<br />
«O Mensch! Gib acht!/ Er starb in tiefer Nacht. / Welche Tragik,<br />
daß Nietzsche inmitten der Herrlichkeit dieser Schöpfung<br />
den Schöpfer nicht fand.»<br />
Nach allem Gesagten kann man nur staunen, wenn man hört,