RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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Weimarer Zeit<br />
der Sünde gekennzeichnet wird. In diesem Sinne kann Nietzsche<br />
- gegen Jesus Christus gerichtet - fortfahren: «Das Böseste<br />
ist nötig zu des Übermenschen Bestem. Das mochte gut sein<br />
für jenen Prediger der kleinen Leute, daß er litt und trug an des<br />
Menschen Sünde. Ich aber erfreue mich der großen Sünde als<br />
meines großen Trostes» (a.a.O., 274+276).<br />
Im «trunknen Lied» Zarathustras klingt der Gedanke von der<br />
«Wiederkehr des Gleichen» an: «Weh spricht: 'Vergeh! Weg,<br />
du Wehe!' Aber alles, was leidet, will leben, daß es reif werde<br />
und lustig und sehnsüchtig, - sehnsüchtig nach Fernerem,<br />
Höherem, Hellerem. 'Ich will Erben', spricht alles, was leidet,<br />
'ich will Kinder, ich will nicht mich' - Lust aber will nicht Erben,<br />
nicht Kinder - Lust will sich selber, will Ewigkeit, will<br />
Wiederkunft, will Alles-sich-ewig-gleich» (a.a.O., 310).<br />
Steiner erwähnt im «Lebensgang», wie er auf die vermutliche<br />
Quelle der Nietzscheschen Gedanken von der ewigen Wiederkehr<br />
gestoßen ist: Er entdeckt in Nietzsches Bibliothek das<br />
1875 veröffentlichte Werk «Kursus der Philosophie als streng<br />
wissenschaftlicher Weltanschauung und Lebensgestaltung»<br />
des Positivisten Eugen Dühring. Dühring stellt den Gedanken<br />
dar, daß das Weltall in einem Augenblick eine Kombination<br />
von Elementarteilchen sei. «Dann wäre das Weltgeschehen der<br />
Ablauf aller möglichen Kombinationen. Wären diese erschöpft,<br />
dann müßte die allererste wiederkehren und der ganze<br />
Ablauf sich wiederholen.» Dühring verwirft diesen Gedanken.<br />
Nietzsche aber greift ihn auf, wie aus seinen handschriftlichen<br />
Randbemerkungen in Dührings Buch deutlich wird (636,190).<br />
Auch für Steiners Kosmologie - etwa in seiner 1909 verfaßten<br />
«Geheimwissenschaft im Umriß» - wird dieser Gedanke eine<br />
grundlegende Bedeutung gewinnen.<br />
Und doch sieht Steiner auch bei Nietzsche Grenzen, über die<br />
er selber hinausgehen will: «Den in der Materie waltenden<br />
Geist fand er. Bis zur Anschauung des in sich selbst lebenden<br />
und waltenden Geistes wollte er nicht gehen.» Apollo und<br />
Dionysos waren für Nietzsche Geistgestalten in mythischer<br />
Form. Demgegenüber will Steiner bis zur «Anschauung wirklicher<br />
geistiger Wesenheit» vordringen. Und was den «Über-