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RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE

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68 Weimarer Zeit<br />

und der Wille des personalen Gottes gleichgültig, ja sogar ein<br />

Hindernis für die Selbstverwirklichung des autonomen Menschen.<br />

So nennt er am 8.2.1892 auf einem Fragebogen unter<br />

seinen Lieblingsschriftstellern den Autor des «Zarathustra»<br />

und «Antichrist», Friedrich Nietzsche, und setzt als sein eigenes<br />

Motto darüber: «An Gottes Stelle den freien Menschen!»<br />

(Wehr 1993, 99). Und an Ernst Haeckel schreibt er: «Mir gelten<br />

die Resultate der Wissenschaft (gemeint ist der Haeckelsche<br />

atheistische Evolutionismus und Monismus; L. G.) als die<br />

einzig berechtigten Bestandteile einer Weltanschauung. Neben<br />

ihnen kann ich keine andere Religion anerkennen» (39,166).<br />

1894: Monismus und Freiheitsphilosophie.<br />

Nietzsches «Antichrist»<br />

Am 16.2.1894 lernt Steiner Ernst Haeckel persönlich kennen.<br />

Er ist zu dessen 60. Geburtstag nach Jena eingeladen. Und er<br />

entdeckt «zwei Wesen in Haeckel»: «Ein Mensch mit mildem,<br />

liebeerfülltem Natursinn, und dahinter etwas wie ein Schattenwesen<br />

mit unvollendet gedachten, engumgrenzten Ideen, die<br />

Fanatismus atmeten» (636, 165). Steiner fühlt sich berufen,<br />

Haeckels Ideen - genauso wie diejenigen Goethes - zu Ende zu<br />

denken: den Evolutionismus und den Monismus. Und das bedeutet<br />

für Steiner: diese Gedanken aus ihrer materialistischen<br />

Vereinseitigung zur spirituellen Höhe zu erheben.<br />

Doch was lehrt Haeckel eigentlich? Keimhaft ist in seinen<br />

Schriften und Briefen um 1894 bereits angelegt, was er in seinem<br />

Werk «Die Welträtsel» 1899 der Öffentlichkeit vorlegen<br />

wird und was zu erbitterten Diskussionen führt: daß es keinen<br />

außerhalb der Natur existierenden Gott und keine von ihm gegebene<br />

Offenbarung gibt (Dualismus), sondern daß Gott und<br />

Welt, Geist und Natur eins sind (Monismus). Dabei ist Geist<br />

(Denken, Bewußtsein) ein Produkt der Natur bzw. der in dieser<br />

wirkenden Evolutionsmechanismen Mutation und Selektion.<br />

Haeckel geht in seiner philosophischen Lehre und Radikalität<br />

weit über Charles Darwin hinaus, der sich weitgehend auf den

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