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RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE

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50 Wiener Jahre<br />

1885-1887: Inthronisation des autonomen<br />

Menschen<br />

Steiners Eltern und Geschwister sind nach der Pensionierung<br />

des Vaters nach Brunn am Gebirge in der Nähe von Wien gezogen.<br />

Dort hält sich Rudolf gelegentlich auf, wie eine Reihe<br />

von Briefen aus der Zeit ab 1882 zeigen. Doch zumeist ist er in<br />

Wien und hat in Kaffeehäusern und Privatwohnungen eine<br />

Vielzahl von Begegnungen mit Künstlern, Literaten, Philosophen,<br />

Theologen und anderen interessanten Persönlichkeiten<br />

mit ganz unterschiedlichen Gedankenwelten. Einige für ihn<br />

wesentliche Beispiele seien genannt.<br />

Da ist zum ersten die junge Dichterin Marie Eugenie delle<br />

Grazie. «Delle Grazies Haus war eine Stätte, in der der Pessimismus<br />

mit unmittelbarer Leidenschaft sich offenbarte, eine<br />

Stätte des Anti-Goetheanismus (...) ich fühlte mich da in einer<br />

geistigen Atmosphäre, die mir wahrhaft wohltat (...) Ich fühlte<br />

mich nun hineingestellt zwischen dieses Haus, in dem ich so<br />

gerne verkehrte, und meinen Lehrer und väterlichen Freund<br />

Karl Julius Schröer, der nach den ersten Besuchen niemals wiederkam»<br />

(636,97).<br />

Wie kann der Goethe-Forscher und -Freund Rudolf Steiner<br />

solches schreiben? Handelt er inkonsequent? Nach seiner eigenen<br />

Ansicht ganz und gar nicht! Denn es ist geradezu Steiners<br />

Weg, Gegensätze aufzusuchen und eine Vereinigung zwischen<br />

ihnen anzustreben. In den folgenden Sätzen zeichnet sich<br />

sein - vielleicht sogar auf Goethes Metamorphose-Vorstellung<br />

zurückgehender - Relativismus ab: «... ich war niemals geneigt,<br />

dem, was mir als groß erschien, meine Bewunderung und<br />

mein Interesse zu versagen, auch wenn es mir inhaltlich ganz<br />

widerstrebte. Ja, ich sagte mir: solche Gegensätze in der Welt<br />

müssen irgendwo doch ihre Harmonie finden. Und das machte<br />

mir möglich, verständnisvoll dem Widerstrebenden so zu folgen,<br />

als ob es in der Richtung meiner eigenen Seelenverfassung<br />

läge» (636,92).<br />

Man muß bedenken, daß Steiner solche Aussagen im Blick<br />

auf den dichterischen Plan delle Grazies macht, eine «Sata-

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