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RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE

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48 Wiener Jahre<br />

1883: Schiller<br />

Im Alter von 22 Jahren bewegt sich Steiner einen großen<br />

Schritt auf seine spätere Lehre von den «Erkenntnissen höherer<br />

Welten» zu. Das geschieht infolge der Lektüre von Friedrich<br />

Schillers «Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschengeschlechts».<br />

Schiller unterscheidet drei Zustände des Bewußtseins: Der<br />

erste Bewußtseinszustand ist der sinnliche - er steht unter der<br />

Nötigung der Natur. Der zweite Bewußtseinszustand ist der<br />

geistige - er steht unter der Gesetzmäßigkeit der Vernunft. Der<br />

dritte Bewußtseinszustand aber - der ästhetische - verbindet<br />

Vernunft und Natur, Geist und Sinnlichkeit, etwa im Erleben<br />

und Hervorbringen des Schönen.<br />

Steiner fragt: «Schiller hat von dem Bewußtseinszustand gesprochen,<br />

der da sein muß, um die Schönheit der Welt zu erleben.<br />

Konnte man da nicht auch an einen solchen Bewußtseinszustand<br />

denken, der die Wahrheit im Wesen der Dinge vermittelt?»<br />

Ausgehend von dieser Frage, sucht Steiner nach einem<br />

Weg, nicht nur äußere Dinge und Vorgänge in Gedanken abzubilden,<br />

sondern die Gedanken selbst zu erleben. «Geht man immer<br />

weiter in dem Gedanken-Erleben, so findet man, daß diesem<br />

Erleben die geistige Wirklichkeit entgegenkommt. Man<br />

nimmt den Seelenweg zu dem Geiste hin.» Mit dem Bestreben,<br />

«die erwachte Geistigkeit im Menschen zum Denken» zu bringen<br />

und eine geistige Betätigung zu entwickeln, «die an Durchsichtigkeit<br />

dem mathematischen Denken sich voll vergleichen»<br />

läßt, glaubt Steiner endlich eine Möglichkeit zu finden, um «die<br />

Anschauung von der Geisterwelt», die er in sich trägt, «auch<br />

vor dem Forum des naturwissenschaftlichen Denkens für gerechtfertigt»<br />

zu halten (636,52ff.).<br />

Während es sich bei Schillers Behauptung dreier unterschiedlicher<br />

Bewußtseinszustände um eine rein gedankliche<br />

Konstruktion handelt, über die sich lange diskutieren ließe,<br />

beansprucht Steiner mathematische Exaktheit für seinen Erkenntnisweg<br />

in die übersinnlichen Welten hinein. Die Anknüpfung<br />

Steiners an Schiller ist eine rein formale Analogie

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