RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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32 Wiener Jahre<br />
eine große Thema der Menschheit des 19. und 20. Jahrhunderts»:<br />
die Frage «nach der 'Bestimmung des Menschen', nach<br />
seiner Autonomie und Abhängigkeit im Weltall» (Hemleben<br />
1983,22). Steiner, der «in der Tätigkeit des menschlichen 'Ich*<br />
den einzig möglichen Ausgangspunkt für eine wahre Erkenntnis»<br />
erblickt, findet die Begrifflichkeit hierfür bei Fichte (636,<br />
39). Worin der Unterschied zu Fichte liegt, bringt Steiner in seiner<br />
«Philosophie der Freiheit» so zum Ausdruck: «Er (sc. Fichte)<br />
versuchte, das ganze Weltgebäude aus dem 'Ich' abzuleiten.<br />
Was ihm dabei wirklich gelungen ist, ist ein großartiges Gedankenbild<br />
der Welt, ohne allen Erfahrungsinhalt» (627, 26).<br />
Oder an anderer Stelle: Fichte «war mit seiner Wahrheitsforderung<br />
bis zum seelischen Zentrum des Menschen gelangt, bis<br />
zum 'Ich'. Wenn dieses der Quellpunkt sein soll für die Weltanschauung,<br />
so muß derjenige, der auf diesem Standpunkte<br />
steht, auch in der Lage sein, vom Ich aus zu inhaltvollen Gedanken<br />
über die Welt und das Leben zu gelangen. Das kann nur<br />
mit Hilfe der Einbildungskraft geschehen. Sie stand Fichte<br />
nicht zu Gebote» (610/611,212).<br />
Über Fichte, der im erkenntnistheoretischen Dualismus verharrt,<br />
geht Friedrich Wilhelm Joseph Schelling hinaus. Dieser<br />
nähert sich - beeinflußt z.B. von Baruch de Spinoza - in seiner<br />
frühen Phase der Identitätsphilosophie einer monistischen<br />
Weltsicht an, die auch Steiner zunehmend teilt. So zitiert Steiner<br />
in den «Rätseln der Philosophie» aus Schellings «Ideen zu<br />
einer Philosophie der Natur» von 1797: «Die Natur soll der<br />
sichtbare Geist, der Geist die unsichtbare Natur sein. Hier also,<br />
in der absoluten Identität des Geistes in uns und der Natur<br />
außer uns, muß sich das Problem, wie eine Natur außer uns<br />
möglich sei, auflösen.» Und Steiner folgert: «Natur und Geist<br />
sind also überhaupt nicht zwei verschiedene Wesenheiten, sondern<br />
eine und dieselbe Wesenheit in zwei verschiedenen Formen»<br />
(610/611, 213f.). Und in Anknüpfung an Johann Wolfgang<br />
von Goethe führt er in seiner «Philosophie der Freiheit»<br />
aus: «Wir können die Natur außer uns nur finden, wenn wir sie<br />
in uns erst kennen. Das ihr Gleiche in unserem eigenen Innern<br />
wird uns der Führer sein» (627,27). Dieser innere Führer ist das