RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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26 Kindheit und Jugend<br />
dann in der befestigten Ideenwelt zu einer über die Sinneswelt<br />
hinausliegenden Erfahrung zu schreiten» (625,44).<br />
Im «Lebensgang» bezeichnet Steiner es als «unerträglich»,<br />
an Erkenntnisgrenzen stehenzubleiben: «Ein 'Stoff', der außerhalb<br />
des Denkens liegen bleibt, über den bloß 'nachgedacht'<br />
wird, war mir ein unerträglicher Gedanke. Was in den Dingen<br />
ist, das muß in die Gedanken des Menschen herein, das sagte<br />
ich mir immer wieder. An dieser Empfindung stieß aber auch<br />
immer wieder das an, was ich bei Kant las (...) Ich verhielt mich<br />
zu Kant damals ganz unkritisch; aber ich kam durch ihn nicht<br />
weiteD> (636,31).<br />
Ähnlich bemerkt der Steiner-Schüler Friedrich Rittelmeyer<br />
einmal im Blick auf Kant: «Im Denken üben konnte er, im wesenhaften<br />
Wissen fördern kaum (...) wenn ich in dieser Weise<br />
denke, fühle ich förmlich, wie ich dabei verkalke (...) Man gewinnt<br />
ein Denkgerüst, aber man wird zum Denkskelett» (Rittelmeyer<br />
1937,61).<br />
Im Gegensatz zu solchen Aussagen stellt sich die Frage, ob<br />
nicht Kant - trotz aller auch an seiner Konzeption nötigen Kritik<br />
- dem biblisch-christlichen Denken näher steht als Steiner.<br />
Dadurch, daß er-übrigens auch gegenüber seinem Zeitgenossen,<br />
dem «Geisterseher» Emanuel Swedenborg - gewisse<br />
Grenzen der Erkenntnis postuliert, befindet er sich faktisch in<br />
Übereinstimmung mit den biblischen Warnungen, nicht eigenmächtig<br />
in übersinnliche Bereiche einzudringen, die Gott dem<br />
Menschen verwehrt hat. Die Problematik des Spiritismus wurde<br />
bereits angeprochen. Ferner gibt es für die menschliche Vernunft<br />
deutliche Grenzen, über die sie ohne Erleuchtung durch<br />
den Geist Gottes nicht hinauskommt. Und selbst dann kann sie<br />
nur erkennen, was ihr Gott in seiner Freiheit und Souveränität<br />
offenbart, nicht was sie in eigenmächtigem Streben erzwingen<br />
möchte.<br />
So heißt es im 1. Korintherbrief: «WelcherMensch weiß, was<br />
im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm<br />
ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist<br />
Gottes. Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt,<br />
sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns