RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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Kindheit und Jugend<br />
Verstandes sind von immanentem Gebrauch; zu der Erkenntnis<br />
eines höchsten Wesens aber wird ein transzendenter Gebrauch<br />
derselben gefordert, wozu unser Verstand gar nicht ausgerüstet<br />
ist. Soll das empirisch-gültige Gesetz der Kausalität zu dem Urwesen<br />
führen, so müßte dieses in die Kette der Gegenstände der<br />
Erfahrung mitgehören; alsdann wäre es aber, wie alle Erscheinungen,<br />
selbst wiederum bedingt (...) Man sieht also hieraus<br />
wohl, daß transzendentale Fragen nur transzendentale Antworten,<br />
d.i. aus lauter Begriffen a priori ohne die mindeste empirische<br />
Beimischung, erlauben (...) Das höchste Wesen bleibt<br />
also für den bloß spekulativen Gebrauch der Vernunft ein<br />
bloßes, aber doch fehlerfreies Ideal, ein Begriff, welcher die<br />
ganze menschliche Erkenntnis schließt und krönet, dessen objektive<br />
Realität auf diesem Wege zwar nicht bewiesen, aber<br />
auch nicht widerlegt werden kann...»(Kant 1985,668ff.).<br />
Den anthropozentrischen, bei der Vernunft des Menschen anknüpfenden<br />
Ansatz kann Steiner durchaus übernehmen. So<br />
schreibt er: «Ich strebte auf meine knabenhafte Art danach, zu<br />
verstehen, was menschliche Vernunft für einen wirklichen Einblick<br />
in das Wesen der Dinge zu leisten vermag» (636,29).<br />
Größer jedoch ist der - spätere - Widerspruch zu Kant, den<br />
Steiner - seinerseits an Goethe anknüpfend - zum Ausdruck<br />
bringt: «Kant verneinte die Möglichkeit, über die Wirklichkeit<br />
der Ideenwelt aus deren Verhältnis zur Sinneswahrnehmung etwas<br />
wissen zu können. Aus dieser Voraussetzung heraus ergab<br />
sich für ihn als wissenschaftliches Ergebnis dasjenige, was, ihm<br />
unbewußt, von seiner religiösen Empfindungsrichtung gefordert<br />
wurde: daß das wissenschaftliche Erkennen Halt machen<br />
müsse vor solchen Fragen, welche die Freiheit, die Unsterblichkeit,<br />
die göttliche Weltordnung betreffen. Ihm ergab sich,<br />
daß das menschliche Erkennen nur bis an die Grenzen gehen<br />
könne, die den Sinnesbereich umschließen, und daß für alles,<br />
was darüber hinausliegt, nur ein Glaube möglich sei. Er wollte<br />
das Wissen eingrenzen, um für den Glauben Platz zu erhalten.<br />
Im Sinne der Goetheschen Weltanschauung liegt es, das Wissen<br />
erst dadurch mit einer festen Grundlage zu versehen, daß<br />
die Ideenwelt in ihrem Wesen an der Natur geschaut wird, um