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RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE

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20 Kindheit und Jugend<br />

1869-1871: Neudörfl. Übersinnliches im<br />

katholischen Kultus und in der Geometrie<br />

Rudolf Steiner sucht nach dem hellseherischen Erlebnis im<br />

Pottschacher Bahnhof nach Bestätigungen für die neuentdeckte<br />

Welt des Übersinnlichen. Diese findet er in seiner Auffassung<br />

des katholischen Kultus und der Geometrie, die er sich in<br />

den Jahren um 1869 erringt.<br />

Bereits 1868 ist die Familie nach Neudörfl an die Grenze zwischen<br />

Ungarn und Niederösterreich umgezogen. Rudolfs Vater<br />

schickt ihn in die dortige Dorfschule. Dem Hilfslehrer Heinrich<br />

Gangl verdankt er nach seinen eigenen Worten «viel» -<br />

weniger wegen des Unterrichts als vielmehr wegen eines Geometriebuches<br />

von Franz Mocnik, das ihm Gangl für einige Wochen<br />

leiht. Rückblickend führt Steiner aus:<br />

«Wochenlang war meine Seele ganz erfüllt von der Kongruenz,<br />

der Ähnlichkeit von Dreiecken, Vierecken, Vielecken; ich<br />

zergrübelte mein Denken mit der Frage, wo sich eigentlich die<br />

Parallelen schneiden; der pythagoreische Lehrsatz bezauberte<br />

mich (...) daß man seelisch in der Ausbildung rein innerlich angeschauter<br />

Formen leben könne, ohne Eindrücke der äußeren<br />

Sinne, das gereichte mir zur höchsten Befriedigung...<br />

Ich sagte mir als Bund natürlich nicht deutlich, aber ich fühlte,<br />

so wie Geometrie muß man das Wissen der geistigen Welt<br />

in sich tragen. Denn die Wirklichkeit der geistigen Welt war mir<br />

so gewiß wie die der sinnlichen (...) Ich unterschied Dinge und<br />

Wesenheiten, 'die man sieht', und solche, 'die man nicht<br />

sieht'(...) Der Hilfslehrer in Neudörfl lieferte mir mit seinem<br />

Geometriebuch die Rechtfertigung der geistigen Welt, die ich<br />

damals brauchte» (636,17f.).<br />

Kritisch ist hier anzumerken, daß die «geistige Welt» keineswegs<br />

ein einheitliches, neutrales Gefüge ist. Naturgesetze, die<br />

gedanklich-geistig erfaßt werden können, sind etwas anderes<br />

als eine Geisterwelt gefallener Engel, in die der Mensch hellseherisch<br />

eindringen möchte. Der anthroposophische Erkenntnisweg,<br />

welcher - wie sich noch zeigen wird - der Selbsterhe-

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