RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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Anthroposophische Gesellschaft 143<br />
tisch oder hellseherisch in Kontakt treten kann und die ihn bei<br />
seiner evolutionären Höherentwicklung fördern. So gab Steiner<br />
«am Michaeli-Tag, dem 29. September (...) eine bedeutsame<br />
Vorschau über die Notwendigkeit der neuen Einführung<br />
von Kultushandlungen, einer aus Geist-Erkenntnis vollzogenen<br />
Anrufung der im Kosmos wirkenden geistigen Mächte, wie<br />
sie dem Bewußtsein unserer Zeit entspricht und als reale geistige<br />
Kraft und Substanz in der Erdenstruktur die zukünftigen<br />
Evolutionsstufen vorbereiten soll» (Wachsmuth 1951,501 f.).<br />
Die Lehren und Rituale der Christengemeinschaft sind eine<br />
eigenartige Mischung aus katholischen, protestantischen, anthroposophischen<br />
und naturreligiösen Elementen. Äußerlich<br />
ähnelt die Christengemeinschaft dem Katholizismus (Priesterund<br />
Wandlungsgedanke, reiche Liturgie, Weihrauch usw.), innerlich<br />
eher einem liberalen Protestantismus (Freiheitsphilosophie,<br />
Dogmenfeindlichkeit, Evolutionismus, Frauenpriestertum),<br />
inhaltlich aber entspricht sie dem Denken der Anthroposophie<br />
in starker Betonung naturreligiöser Komponenten.<br />
So hat sie von Rudolf Steiner - um nur einige Beispiele zu<br />
nennen - die Anschauung von den vier Leibern sowie von Reinkarnation<br />
und Karma übernommen, weshalb etwa die Säuglingstaufe<br />
als Hilfe zur Inkarnation des physischen Leibes gedeutet<br />
wird. Ihr Verständnis der bei der «Menschenweihehandlung»<br />
erfolgenden «Kommunion» beruht auf der Steinerschen<br />
Lehre von der Erde als Leib des «Christus-Sonnengeistes», der<br />
zum «Erdgeist» geworden sei und als solcher in Brot und Wein<br />
empfangen werde, um den Menschen durch einen «Impuls» in<br />
der Evolution weiterzubringen. Und die «Gemeinschaft mit den<br />
Verstorbenen», wie sie die Christengemeinschaft versteht, beruht<br />
auf Steiners wissenschaftlich verbrämtem Spiritismus in<br />
seinen «Erkenntnissen höherer Welten».<br />
Als Beispiel für die anthroposophische Umdeutung biblischer<br />
Begriffe sei das von Steiner für die Christengemeinschaft<br />
formulierte «Neue Bekenntnis» betrachtet, das sich formal an<br />
das bekannte Apostolische Bekenntnis aus altkirchlicher Zeit<br />
anlehnt:<br />
«Ein allmächtiges, geistig-physisches Gotteswesen ist der