RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
RUDOLF STEINER UND DIE ANTHROPOSOPHIE
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102 Generalsekretär der Theosophischen Gesellschaft<br />
R(euß) ist auch der Gründer des Theosophical Publishing House<br />
der Adyar-T(heosophischen) G(esellschaft). An Rudolf Steiner<br />
verkaufte R(euß) ein selbstgemachtes (daher also wertloses)<br />
Patent zur Gründung eines Großrates 'Mystica Aeterna'<br />
für 1500 Mark» (Miers 1986,343). Mit dem letzten Satz stimmt<br />
sehr gut Gerhard Wehrs Information überein, daß Steiner «das<br />
1906 erworbene Zertifikat zerrissen» habe (Wehr 1993,206).<br />
Versucht man, die dunklen und verworrenen Informationen<br />
über Steiners Verhältnis zur Freimaurerei zu sortieren, dann ergibt<br />
sich folgendes Bild: Nach der Jahrhundertwende sucht Rudolf<br />
Steiner zu freimaurerischen Gruppen Kontakt. Diese Tatsache<br />
wird auch von ihm selber nicht bestritten. Er gerät offensichtlich<br />
an Theodor Reuß als deutschen Vertreter des englischen<br />
Hochgradfreimaurers und Ehrenmitglieds der Theosophischen<br />
Gesellschaft John Yarker (vgl. Miers 1986, 438f.).<br />
Den Namen Yarker erwähnt er im «Lebensgang», den Namen<br />
Reuß verschweigt er - vermutlich wegen dessen schlechtem<br />
Ruf und - falls die entsprechende Angabe stimmt - weil ihm<br />
dieser ein ungültiges Patent verkauft hat. Aber trotz solcher Abgrenzungen<br />
knüpft Steiner an freimaurerische Strukturen an<br />
und führt, wie Wehr erwähnt, mindestens bis 1914 zusammen<br />
mit Marie von Sivers «kultische Arbeit (...) am Altar der Loge»<br />
(wohl «Mystica Aeterna») aus (Miers 1993,206).<br />
Auch wenn es somit schwierig ist, Steiner einfach als «Freimaurer<br />
zu bezeichnen und ihn einer bestimmten freimaurerischen<br />
Richtung zuzuordnen, so ist seine Nähe zu freimaurerischem<br />
Denken zweifellos gegeben. Er will an gewisse Ideale<br />
und Rituale dieser Richtung anknüpfen, wird dabei von Vertretern<br />
wie Theodor Reuß jedoch enttäuscht. So führt er - zumindest<br />
eine Zeitlang - seinen eigenen freimaurerisch inspirierten<br />
Kultus durch. Das Ideal des Tempelbaus der Menschheitsbruderschaft,<br />
das sowohl in der Freimaurerei als auch in der Zielsetzung<br />
der von den Freimaurern (!) Oleott und Blavatsky initiierten<br />
«Theosophischen Gesellschaft» begegnet, dürfte übrigens<br />
für das spätere «Goetheanum» Pate gestanden haben. So<br />
erwähnt Wehr zu Recht: «Der Goetheanum-Bau, zunächst<br />
durchaus als Tempelbau aufgefaßt, kann als Manifestation die-