8. Ausgabe 02/11 - Fachschaft Chemie
8. Ausgabe 02/11 - Fachschaft Chemie
8. Ausgabe 02/11 - Fachschaft Chemie
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Editorial Inhalt<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
während viele von euch die ersten Sonnenstrahlen<br />
in Englischen Garten genossen<br />
und die ersten Grillpartys der Saison<br />
feierten, waren wir fleißig. Der neue<br />
„Chemist“ ist nun pünktlich zum Semesterstart<br />
da und informiert euch über das<br />
Neueste aus dem Uni-Leben.<br />
Denn zum Semesterbeginn ist Einiges<br />
los. Endlich wird wieder auf dem Campus<br />
Garching gefeiert. Und zwar am<br />
19. Mai bei „Unity“, der neuen Party der<br />
<strong>Fachschaft</strong>en Mathe/Informatik/Physik<br />
und <strong>Chemie</strong>. Lasst euch die Premiere<br />
nicht entgehen!<br />
Außerdem solltet ihr euch den 5. Juli<br />
vormerken. An diesem Tag finden Hochschulwahlen<br />
statt. Wer dort gewählt<br />
werden kann und warum die Wahl so<br />
wichtig ist, darüber informiert euch unsere<br />
Expertin in Sachen Hochschulpolitik,<br />
Franziska Traube.<br />
Die Titelgeschichte dieser <strong>Ausgabe</strong> wid-<br />
Federhalter<br />
Ein Neuzugang erfreut den Chemisten:<br />
Verena Fink, Studentin der Biochemie<br />
im 4. Semester, ist seit ein paar Wochen<br />
Mitglied in dieser Zeitung. Verena<br />
zeigt Mut, denn hier wird sie das Schreiben<br />
von Artikeln oder andere journalistische<br />
Arbeit zum ersten Mai ausprobieren.<br />
Überhaupt ist sie ein Mensch, der<br />
offen in die Welt geht. So war sie für einige<br />
Zeit in Neuseeland und konnte dort<br />
sicher dem ein oder anderen Kiwi begegnen,<br />
denen sie in dieser <strong>Ausgabe</strong> einen<br />
Artikel gewidmet hat. Mal schauen,<br />
mit welchem exotischen Wissen Verena<br />
noch aufwarten wird.<br />
met sich der zweithäufigsten Todesursache<br />
in Deutschland: Krebs. Wie die<br />
Krankheit überhaupt entsteht und wie<br />
zurzeit die neuesten Therapieansätze<br />
aussehen – darüber informiert euch Simon<br />
Nadal im Dossier.<br />
Für diese <strong>Ausgabe</strong> hat unsere Redakteurin<br />
Angela Ibler die Forschung des<br />
biophysikalischen Lehrstuhls um Prof.<br />
Kiefhaber „ins Visier“ genommen. Darüber,<br />
was es dort hinter den Labortüren<br />
zu entdecken gibt, berichtet sie in unserer<br />
neuen Rubrik.<br />
Für alle Erst- und Zweitsemester hat<br />
Steffen Georg noch einen wichtigen Veranstaltungstipp<br />
– die Einführungstage<br />
am 1<strong>8.</strong> und 19. Juni. Warum er das Projekt<br />
auf die Beine gestellt hat und weshalb<br />
jeder daran unbedingt teilnehmen<br />
sollte, erfahrt ihr in seinem Artikel.<br />
Nicht nur den Inhalt, sondern auch das<br />
Layout haben wir ein wenig überarbeitet.<br />
Wie gefällt euch das? Schreibt uns an<br />
chemist@stud.ch.tum.de<br />
Viel Freunde mit dem neuen Heft!<br />
Eure Chemist-Redaktion<br />
3<br />
Unity – Die Erste, Seite 5.<br />
Was macht eigentlich… das Info-<br />
Referat? Seite 6.<br />
Im Visier: Jetzt kommt Bewegung<br />
ins Spiel, Seite <strong>8.</strong><br />
Dossier: Krebs – Ursachen und Lösungsansätze,<br />
Seite 9.<br />
Leben – ein Rätsel mit quantenmechanischen<br />
Lösungen, Seite 13.<br />
Aufdestilliert: Fest oder flüssig, das<br />
ist die Frage, Seite 15.<br />
Ein chemisches Märchen, Seite 16.
Eine neue Party erblickt das Licht der<br />
Welt - Das studentische Leben in Garchosibirsk<br />
lebt wieder ein bisschen auf.<br />
Nachdem die berühmte Chemiker Semester<br />
Party aus brandschutztechnischen<br />
Gründen nicht mehr stattfi nden<br />
darf, haben sich die <strong>Fachschaft</strong>en<br />
MPI und <strong>Chemie</strong> zusammengeschlossen,<br />
um das Ereigniss des Sommersemesters<br />
schlechthin auf die Beine<br />
zu stellen. Über die Feier sprach ich<br />
mit Benjamin Hofmann, stellvertretender<br />
Vorstand der <strong>Fachschaft</strong> <strong>Chemie</strong><br />
und einer der Hauptorganisatoren<br />
der Unity.<br />
chemist: Unity — der Name der Party<br />
ist ungewöhnlich. Wie ist er entstanden?<br />
ben: Wir wollten vom xSP-Namensschema<br />
wegkommen, da es bei den Garchinger<br />
Partys einfach zu oft verwendet<br />
wird. Unser Designer hatte dann kurz<br />
vor dem ersten Orga-Treffen die Idee,<br />
ein Stück vom Campus zu falten, sodass<br />
<strong>Chemie</strong> und MI näher zusammen sind.<br />
Das zeigt einerseits, dass die Party von<br />
den beiden Fakultäten veranstaltet wird,<br />
andererseits war der besagte Designer es<br />
sich leid, dauernd zwischen den Gebäuden<br />
hin- und herzulaufen, da er an beiden<br />
Fakultäten studiert – so ist zumindest<br />
die Luftlinie kürzer. Als das U als<br />
Form feststand, kam als erster Namensvorschlag<br />
gleich „Unity“. Danach haben<br />
wir noch längere Zeit über Alternativen<br />
diskutiert, sind aber letztendlich wieder<br />
beim ersten Vorschlag gelandet.<br />
chemist: Welche Musikrichtungen<br />
bietet ihr an?<br />
ben: Wir wollen eine Feier für ein breites<br />
Spektrum an Studenten ausrichten,<br />
weswegen wir auch drei unterschiedliche<br />
Areale haben. Ob auf der großen Haupttanzfl<br />
äche mit Mainstream Musik von DJ<br />
Domske, im kleineren Elektrobunker mit<br />
for_mad, oder in der Shisha-Area im Außenbereich,<br />
wo DJridoo aufl egt – für jeden<br />
Geschmack ist etwas dabei.<br />
chemist: Ein Außenbereich mit<br />
Shishas und ruhiger Musik bietet sich<br />
zum Entspannen an – außer es regnet.<br />
ben: Dagegen haben wir vorgesorgt.<br />
Wir werden die Tanzfl äche unter einem<br />
kurzen Vordach unterbringen, sodass niemand<br />
unbedingt nass werden muss. Natürlich<br />
können besonders hartgesottene<br />
Gäste gerne auch im Regen tanzen…<br />
chemist: Dass der Pizzastand in eurer<br />
Vorplanung auch unter diesem Vordach<br />
gedacht ist, ist selbstverständlich. Wie<br />
kann man sich den Rest des Aufbaus vorstellen?<br />
ben: Es gibt viele<br />
Stellen in dem Gebäude,<br />
wo ein Stand<br />
oder eine Bar gut hinpassen.<br />
Wir haben<br />
uns zum Beispiel für<br />
den Ort der Mainarea<br />
gedacht, dass es<br />
doch nichts Besseres<br />
gibt als unter einem<br />
Glasdach zu feiern.<br />
Dabei kommt uns<br />
der außen verspiegelte<br />
Hörsaal 1 für unsere<br />
Lichttechnik in<br />
die Hände, was sehr<br />
interessante Effekte<br />
ergeben wird. Mit<br />
dem DJ auf der Brücke<br />
und einer großen<br />
Diskokugel in der Mitte wird das einfach<br />
genial werden. Außerdem wird im hinteren<br />
Bereich der Elektrobunker sein, vor<br />
welchem sich noch einige Sitzgelegenheiten<br />
zum Ausruhen bieten werden. Natürlich<br />
wird es auch wie immer einen<br />
Longdrink-, Bier- und Cocktailstand geben.<br />
chemist: Dabei ist die große Frage:<br />
Werden die Cocktails vorgemischt oder<br />
live gemixt werden?<br />
ben: Bei uns werden keine gepanschten<br />
Cocktails ausgegeben, alles wird exzellente<br />
Ware sein. Damit das jeder selbst<br />
sieht, werden die Cocktails erst bei Bestellung<br />
zusammengemischt. [lacht]<br />
chemist: Habt ihr euch Besonderheiten<br />
wie die Galerie-Tänzerinnen auf der<br />
ESP ausgedacht?<br />
5<br />
Benjamin Hofmann, einer der Hauptorganisatoren<br />
der Unity.<br />
<strong>Fachschaft</strong><br />
ben: Also hübsche Tänzerinnen direkt<br />
wird es bei uns nicht geben, dafür aber<br />
hübsche Barkeeperinnen! [lacht] Auch<br />
kann man bis 22 Uhr Augustiner von<br />
Fass für 1,50 € bekommen und im Laufe<br />
des Abends werden weitere besondere<br />
Angebote per Beamer auf eine große<br />
Leinwand geworfen werden – die genauen<br />
Details dazu sollen aber Überraschungen<br />
werden. Und natürlich wird es<br />
wieder das allseits beliebte „Chemikergift“<br />
geben.<br />
chemist: Aber irgendwann<br />
steht, obwohl<br />
es vielleicht<br />
gerade sehr gemütlich<br />
bei euch ist, der<br />
Heimweg an. Wie<br />
kommt man nachts<br />
aus Garching nach<br />
Hause?<br />
ben: Mit unseren<br />
Sonderbussen! Diese<br />
fahren stündlich<br />
zu guten Verkehrsknotenpunkten<br />
wie<br />
der Studentenstadt<br />
und dem Kurfürstenplatz<br />
fahren, wo gute<br />
Nachttram-Verbindungen<br />
durch ganz<br />
München verfügbar sind.<br />
chemist: Möchtest du den kommenden<br />
Erstsemestern, wie zum Beispiel den<br />
TUM2in1lern – deren erste Uniparty die<br />
Unity schließlich sein wird – noch etwas<br />
sagen?<br />
ben: Na klar, das ist ganz einfach: Wer<br />
seine erste Uniparty verpasst, verpasst<br />
Einiges!<br />
chemist: Danke Dir für das Gespräch.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.unity-20<strong>11</strong>.de<br />
SG
<strong>Fachschaft</strong><br />
Seminarwochenende im Juni<br />
Worauf achten die Arbeitgeber der Zukunft?<br />
Nun, mittlerweile richten sich<br />
die Ansprüche vieler Arbeitgeber immer<br />
mehr nach den außerfachlichen Qualifikationen<br />
der Bewerber aus. Deswegen<br />
finden erstmals am Wochenende vom 1<strong>8.</strong><br />
und 19. Juni in den Seminarräumen unserer<br />
<strong>Chemie</strong>fakultät die Einführungstage<br />
für Zweitsemester statt.<br />
Ziel des Seminars sind die Vermittlung<br />
von Fähigkeiten in Sachen Präsentationstechniken,<br />
Lerntechniken, Zusammenarbeit<br />
in der Gruppe, sowie Selbst-<br />
und Zeitmanagement. Die Kurse werden<br />
jedoch weniger in der gewohnten Schulklassenatmosphäre<br />
stattfinden, sondern<br />
in kleinen Gruppen von ca. 15 Teilnehmern<br />
und einer familiären Atmosphäre.<br />
Dort wird im lockeren Zusammenspiel<br />
von Gesprächen und Techniken zunächst<br />
eine Bestandsaufnahme der eigenen Fähigkeiten<br />
zusammengestellt. Danach<br />
werden einfache Tricks gezeigt, welche<br />
die persönlichen Schwächen zu umgehen<br />
helfen, oder diese gar in Stärken<br />
umwandeln. Dabei gibt der Trainer den<br />
Was ist eigentlich… das Info-Referat?<br />
Wann sind die Einführungstage für<br />
Chemiker? Wo bekomme ich meinen<br />
Stundenplan her? Wie richte ich meinen<br />
<strong>Fachschaft</strong>saccount ein? Wozu<br />
brauche ich eine Laborversicherung?<br />
Auf all diese Fragen hat das Info-Referat<br />
der <strong>Fachschaft</strong> <strong>Chemie</strong> stets eine<br />
Antwort parat.<br />
Die Beantwortung solcher Fragen gehört<br />
zu den Hauptaufgaben des Info-Referats.<br />
„Wir bekommen täglich eine Flut<br />
an Mails, insbesondere am Semesterbeginn“,<br />
erzählt Conrad Steiling, Leiter des<br />
Referats und Chemiker im 4. Semester.<br />
Conrad hat Verständnis für typische Studienanfänger-Fragen:<br />
„ Zur Beginn des<br />
Studiums sind für Erstis viele Sachen<br />
verwirrend, deshalb ist es wichtig, einen<br />
Ansprechpartner zu haben. Am Anfang<br />
ging es mir genauso.“<br />
Neben der Beantwortung der Mails von<br />
TeilnehmerInnen eher unterstützende<br />
Denkanstöße als genaue Vorgaben, wie<br />
man sich selbst behandeln muss, da sich<br />
diese von TeilnehmerIn zu TeilnehmerIn<br />
teils stark unterscheiden.<br />
Zu der normalen Ausbildung werden zusätzlich<br />
auch Aspiranten geschult, die zusätzlich<br />
zu der normalen Ausbildung in<br />
einem Kurs noch speziell in Pädagogik<br />
und Didaktik unterwiesen werden. Diese<br />
Aspiranten sollen dann zur nächsten Saison<br />
einige der Trainer ersetzen, wobei sie<br />
immer einen Trainer als Ansprechpartner<br />
behalten werden.<br />
Für manchen mag diese Art der Ausbildung<br />
an Zeitverschwendung anmuten,<br />
Fakt ist aber, dass dieses Seminarwochenende<br />
den TeilnehmerInnen Vorteile<br />
verschafft, die sie ihr ganzes Leben lang<br />
nutzen können. Beispielsweise ist der<br />
Bereich „Präsentationstechniken“ wichtig,<br />
wenn mit zukünftigen Präsentationen<br />
mehr als nur Fragen zu Unklarheiten,<br />
sondern die Antworten zu dem vorgetragenen<br />
Forschungsthema wieder mehr ins<br />
Licht rücken sollen. Auch wird, wer sich<br />
Conrad Steiling (Mitte), Info-Referatsleiter.<br />
Studieninteressierten und Studenten<br />
sorgt Conrad zusammen mit fünf weiteren<br />
Referatsmitgliedern dafür, dass wichtige<br />
Informationen Studenten erreichen.<br />
Ob eine Meldung von Professoren, eine<br />
Messe für Masterstudenten oder die Ankündigung<br />
einer neuen Uniparty – Informationsverbreitung<br />
gehört ebenso zu den<br />
Aufgaben des Info-Referats. So aktualisieren<br />
die Referatsmitglieder die Homepage<br />
der <strong>Fachschaft</strong> und die Pinnwand<br />
6<br />
SG<br />
nicht unbedingt selbstständig machen<br />
möchte, bei Bewerbungsgesprächen einen<br />
besseren Eindruck dank Soft-Skill<br />
Ausbildung machen, da schon heute immer<br />
mehr Arbeitgeber aus Universität<br />
und Wirtschaft auf die außerfachliche<br />
Entwicklung der Bewerber achten.<br />
Da bei der ersten Anmeldewelle noch<br />
nicht alle Plätze vergeben wurden, ist die<br />
Anmeldung für das Seminarwochenende<br />
noch möglich. Wer sich noch nicht angemeldet<br />
hat und das gerne nachholen<br />
möchte, sollte eine Email an einfuehrungstage_fs_ch_tum@yahoo.deschreiben<br />
und den Eigenbeitrag von 20 € auf<br />
das <strong>Fachschaft</strong>skonto mit folgendem Verwendungszweck<br />
überweisen:<br />
<strong>Fachschaft</strong> <strong>Chemie</strong> der TU München e.V.<br />
Kto.-Nr.: 173 838 86<br />
BLZ: 7<strong>02</strong> 501 50<br />
Verwendungszweck: ET [Name Vorname]<br />
[Studiengangskürzel]<br />
Nutzt diese einmalige Gelegenheit –<br />
denn Spaß und Lernen fallen an der<br />
Uni sonst selten zusammen.<br />
YD<br />
im Aufenthaltsraum, plakatieren und verteilen<br />
Flyer.<br />
Seit dem letzten Semester erfreut sich<br />
das Referat über die Unterstützung von<br />
engagierten Erstsemestern. Denn auch<br />
als Studienanfänger kann man Conrad<br />
und sein Team unterstützen. „Die Mitarbeit<br />
beim Info-Referat eignet sich sehr<br />
gut, um in die <strong>Fachschaft</strong>sarbeit einzusteigen“,<br />
so der Referatsleiter. So lernen<br />
Studienanfänger schnell, wie der ganze<br />
Uni-Betrieb funktioniert. Und wenn eine<br />
der Mail-Fragen doch zu spezifisch wird<br />
– die Referatsmitglieder helfen dabei. „In<br />
unserem Referat herrscht ein sehr gutes<br />
Klima“, lobt Conrad sein Team. Und<br />
über neue Mitglieder freut sich der Referatsleiter<br />
immer: „Denn weitere Unterstützung<br />
kann nie schaden.“
Step-by-Step: Hochschulwahlen<br />
Die Hochschulwahlen finden am<br />
Dienstag, den 05. Juli 20<strong>11</strong> in der Zeit<br />
von 9 bis 16 Uhr statt. Wählen könnt<br />
ihr nur im Hauptgebäude eurer Fakultät,<br />
d.h. <strong>Chemie</strong>, Lebensmittelchemie,<br />
<strong>Chemie</strong>-Ingenieurswesen und Biochemie<br />
wählt einfach im wunderschönen<br />
<strong>Chemie</strong>gebäude.<br />
Für den Fall, dass du am Wahltag nicht<br />
ins <strong>Chemie</strong>gebäude kommst, kannst du<br />
per Briefwahl wählen. In TUM-online<br />
findest du seit kurzem unter „Ausdrucke<br />
für Studierende“ eine Wahlbenachrichtigung<br />
und einen Briefwahlantrag. Um per<br />
Briefwahl wählen zu können, muss der<br />
Antrag bis spätestens 21. Juni im Wahlamt<br />
der TUM (Wahlamt der TU München,<br />
Arcisstr. 21, 80333 München) sein.<br />
Wenn du die Unterlagen für die Briefwahl<br />
persönlich beim Wahlamt abholst<br />
anstatt sie dir schicken zu lassen, kann<br />
der Antrag auf Briefwahl noch bis 2<strong>8.</strong><br />
Juni 20<strong>11</strong>, 16 Uhr beim Wahlamt persönlich<br />
eingereicht werden.<br />
Am einfachsten aber ist, falls du per<br />
Briefwahl wählen willst, ein kurzer Besuch<br />
im <strong>Fachschaft</strong>sbüro der FS <strong>Chemie</strong>.<br />
Dort kannst du einfach das Formular<br />
ausdrucken, ausfüllen und alles weitere<br />
der <strong>Fachschaft</strong> überlassen. Wir senden<br />
den Antrag dann per Hauspost an das<br />
Wahlamt weiter. Hast du die Wahlunterlagen<br />
bekommen, kannst du sie wieder<br />
ausgefüllt in der <strong>Fachschaft</strong> abgeben.<br />
Wen wähle ich und wie?<br />
Im Senat und im Hochschulrat (die beiden<br />
höchsten Entscheidungsgremien,<br />
die die Uni hat) der TUM gibt es eine/n<br />
studentische/n VertreterIn mit Stimmrecht.<br />
Diese/r wird direkt bei den Hochschulwahlen<br />
von den Studierenden für<br />
beide Gremien gewählt. Dafür gibst du<br />
eine deiner Stimmen.<br />
Des Weiteren sitzen im Fakultätsrat der<br />
Fakultät <strong>Chemie</strong> zwei studentische Vertreter/innen.<br />
Bei der Wahl der studentischen<br />
Vertretung für den Fakultätsrat<br />
hast du deshalb zwei Stimmen, die<br />
du aber auch nur an eine Person auf der<br />
Wahlliste abgegeben kannst. Da es sich<br />
um eine Listenwahl handelt, findet sich<br />
außerdem auf dem Wahlbogen für beide<br />
Listen ein sogenanntes Listenkreuz, das<br />
du, anstatt die Stimmen direkt an Personen<br />
zu geben, ankreuzen kannst. Damit<br />
wählst du einfach den/die Listenerste/n<br />
auf der Liste für den Senat und bei der<br />
Liste für die studentische Vertretung die<br />
ersten zwei auf der Liste.<br />
Neben der studentischen Vertretung im<br />
Fakultätsrat wählt man ganz automatisch<br />
seine <strong>Fachschaft</strong>svertretung. Die zwei<br />
KandidatInnen auf der Liste mit den<br />
meisten Stimmen sind die Vertretung<br />
für den Fakultätsrat, die nächsten 14 mit<br />
den meisten Stimmen bilden zusammen<br />
mit den zwei studentischen VertreterInnen<br />
die <strong>Fachschaft</strong>svertretung.<br />
Und schließlich die wichtigste aller Fragen:<br />
Warum sich überhaupt die Mühe<br />
machen und wählen?<br />
Mit eurer Wahl legitimiert ihr das Handeln<br />
eurer Studierenden- und <strong>Fachschaft</strong>svertretung<br />
und gebt ihnen mehr<br />
Verhandlungsmacht in den Gremien.<br />
Bei durchschnittlichen Wahlbeteiligungen<br />
von 20% oder noch weniger zeigen<br />
wir Studierenden der Hochschulleitung,<br />
aber auch der bayerischen Regierung regelmäßig,<br />
dass es uns eigentlich kaum interessiert,<br />
was gerade hochschulpolitisch<br />
läuft. Die Auswirkungen sind zunächst<br />
für die Studierenden- und <strong>Fachschaft</strong>svertretungen<br />
fatal, denn sie werden in<br />
den Gremien weniger ernst genommen,<br />
da ja objektiv betrachtet ohnehin nur<br />
etwa ein Fünftel der Studierenden hinter<br />
ihnen steht. Hauptsächlich schadet eine<br />
Nichtteilnahme an der Wahl aber jedem<br />
selbst: Wenn es ohnehin niemanden interessiert,<br />
dann ist es den Regierenden<br />
und Leitenden auch ziemlich egal, ob<br />
Entscheidungen, die sie fällen, in unserem<br />
Interesse sind oder nicht. Eine hohe<br />
Wahlbeteiligung signalisiert hingegen,<br />
dass es den Studierenden alles andere als<br />
egal ist. Eine Hochschulleitung und eine<br />
Regierung, die merken, dass ihr Handeln<br />
kritisch und aufmerksam verfolgt wird,<br />
werden von Anfang an den Belangen der<br />
Studierenden mehr Gehör schenken.<br />
Außerdem verpflichten sich die Mitglieder<br />
der <strong>Fachschaft</strong> <strong>Chemie</strong> die Meinung<br />
ihrer Studierenden und nicht ihre persönliche<br />
Meinung zu vertreten. Um diesem<br />
Anspruch gerecht werden zu können,<br />
7<br />
<strong>Fachschaft</strong><br />
FT<br />
müssen sie Rückmeldung bekommen, ob<br />
die Studierenden hinter ihrem Handeln<br />
stehen. Am einfachsten lässt sich das<br />
bei der Hochschulwahl zeigen. Wenn<br />
du mit KandidatenInnen nicht zufrieden<br />
bist, kannst du jemand anderen wählen.<br />
Falls du mit niemandem zufrieden bist,<br />
solltest du selbst im nächsten Jahr kandidieren!<br />
Glaub auch nicht, dass deine<br />
Stimme keinen Wert hat. Im letzten Jahr<br />
waren in der <strong>Chemie</strong> 1287 Studierende<br />
wahlberechtigt. Da das nicht viele sind,<br />
zählt wirklich jede Stimme!<br />
Abgesehen von den Hochschulwahlen<br />
bemühen sich die Studierenden- und<br />
<strong>Fachschaft</strong>svertretungen stets die Meinung<br />
ihrer Studierenden einzuholen: Bei<br />
<strong>Fachschaft</strong>svollversammlungen, Studentischen<br />
Vollversammlungen und auch<br />
sonst sind wir immer für Kritik und Anregungen<br />
offen! Unsere Dozenten nehmen<br />
diese Veranstaltungen oft wenig<br />
ernst und halten in diesen Zeiten dennoch<br />
ihre Vorlesung, aber eben nur, weil<br />
die Veranstaltungen oft schlecht besucht<br />
sind. Gingen (fast) alle Studierende dorthin,<br />
dann bekämen diese Veranstaltungen<br />
und damit auch eure Stimmen wieder<br />
mehr Gewicht.<br />
Bei kaum einer Wahl hat der/die Einzelne<br />
so großen Einfluss auf das Ergebnis.<br />
Nutze diese Chance und geh am 05. Juli<br />
wählen!<br />
Quelle: http://www.xabierpita.es
Im Visier<br />
<strong>Fachschaft</strong><br />
Jetzt kommt Bewegung ins Spiel AI<br />
Jeder von uns kennt sich mehr oder<br />
weniger gut im 2. Flur des <strong>Chemie</strong>gebäudes<br />
aus. Im Keller weiß man spätestens<br />
nach dem OC-Praktikum, wo<br />
die Glasbläserei zu finden ist. Hat man<br />
als Student ausnahmsweise in den<br />
oberen Stockwerken mal ein Tutorium,<br />
so läuft man an Räumen vorbei, aus<br />
denen es nach E.colis duftet, an denen<br />
vor Laserlicht gewarnt wird oder wo<br />
angeregte Telefonate aus Türen dringen.<br />
Leider wissen wir oft nicht, an<br />
was für aktuellen Themen in ebendiesen<br />
Räumen jetzt wo man gerade vorbeiläuft<br />
geforscht wird. Um euch auch<br />
diese Bereiche der Uni bekannter zu<br />
machen, wird deshalb nun eine Tür<br />
ein bisschen weiter geöffnet …<br />
… und wir gelangen zu Professor Thomas<br />
Kiefhaber in der Biophysikalischen<br />
<strong>Chemie</strong>. Hier wird die Dynamik von Proteinen<br />
und Peptiden untersucht. Hier<br />
stellen sich den Mitarbeitern der Arbeitsgruppe<br />
zum Beispiel solche Fragen: Wie<br />
schnell bewegt sich ein Peptid im ungefalteten<br />
Zustand? Welche Aminosäuren<br />
wirken als Stabilisator in einem Peptid?<br />
Und welche Faktoren können alles dazwischen<br />
funken und die soeben gewonnenen<br />
Theorien ins Wanken bringen, bis<br />
man auch hinter ihr Geheimnis gekommen<br />
ist? Ihre Messobjekte erhalten die<br />
Forscher nicht nur durch gezielte Synthesen<br />
von Modellpeptiden, sondern lassen<br />
auch von Bakterien ihre Proteine produzieren<br />
– deshalb duftet es auch hinter<br />
diesen Türen ab und zu leicht süßlich.<br />
Ein Augenmerk wird auch auf Proteine<br />
geworfen, die erst zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt ihre wahre Gestalt annehmen<br />
dürfen, wenn sie zum Beispiel aus der<br />
Zelle sekretiert werden sollen. Nachdem<br />
man nun Proteinen beim Falten und Entfalten<br />
nicht so leicht zuschauen kann wie<br />
einem japanischen Künstler beim Origami,<br />
muss man sich verschiedener spektroskopischer<br />
Methoden bedienen. Die<br />
bekannte Fluoreszenzspektroskopie ist<br />
eine davon. Ein nicht so häufiges Mittel<br />
für Dynamikmessungen dagegen ist Triplett-Triplett-Energie-Transfer<br />
(TTET).<br />
Hierbei wird ein Donormolekül durch einen<br />
Laserblitz in einen energetisch höheren<br />
Triplett-Zustand versetzt. In diesem<br />
angeregten Zustand absorbiert der „Farb-<br />
stoff“ Licht einer bestimmten Wellenlänge.<br />
Doch die Energie kann auf ein Akzeptormolekül<br />
übertragen werden, das nun<br />
anstelle des ersten Moleküls in den Triplettzustand<br />
angehoben wird. Dadurch<br />
fällt der Donor wieder in den Grundzustand<br />
zurück und absorbiert kein Messlicht<br />
mehr. Die veränderte Absorption<br />
von Messlicht gibt dann Auskunft darüber,<br />
ob ein Energietransfer stattgefunden<br />
hat. Nachdem Van-der-Waals-<br />
Kontakt für diese Energieübertragung<br />
herrschen muss, weiß man, dass während<br />
der Absorption die Markermoleküle<br />
sich berührt haben. Die Forscher in der<br />
Biophysikalischen <strong>Chemie</strong> bauen unter<br />
anderem solche Elemente in Peptide ein<br />
und können damit die Geschwindigkeit<br />
von Loopbildungen messen.<br />
Diese Tür ist jetzt schon nicht mehr so<br />
unbekannt – doch wer wissen will, wo<br />
sie sich befindet, muss sich selbst auf die<br />
Suche machen und dabei vielleicht noch<br />
andere unbekannte Türen öffnen.<br />
Type I<br />
Type II<br />
Type III<br />
Schematic representation of type I, type<br />
II and type III loop formation reactions.<br />
8<br />
*Nachricht<br />
Am 4. April 20<strong>11</strong> fand erstmalig<br />
TUM: dies legendi – Tag der Lehre<br />
statt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung<br />
stand insbesondere das Lehrengagement<br />
des wissenschaftlichen<br />
Personals der TU. Die Preisträger<br />
wurden von ihren jeweiligen Fakultäten<br />
für den „Preis für die gute Lehre“<br />
des bayerischen Wissenschaftsministeriums<br />
vorgeschlagen. Von der<br />
Fakultät <strong>Chemie</strong> wurde Professor Dr.<br />
Klaus Köhler auf die exzellente Lehre<br />
ausgezeichnet. Die Idee für diesen<br />
Preis stammt von ProLehre, einem<br />
Teil der Carl von Linde-Akademie,<br />
die sich mit der Verbesserung der<br />
Lehrqualität beschäftigt.<br />
Impressum<br />
<strong>Ausgabe</strong> 2/20<strong>11</strong>,<br />
200 Exemplare<br />
Der „Chemist“ ist kein Erzeugnis<br />
im Sinne des Presserechts,<br />
sondern ein Rundbrief an alle<br />
Studenten der TUM und sonstig<br />
interessierten Personen. Mit Namen<br />
gekennzeichnete Artikel geben<br />
nur die Meinung des Verfassers<br />
wieder.<br />
Redaktion:<br />
Yuliya Dubianok (YD)<br />
Verena Fink (VF)<br />
Steffen Georg (SG)<br />
Angela Ibler (AI)<br />
Simon Nadal (SN)<br />
Dimitry Tegunov<br />
Freie Mitarbeiter:<br />
Franziska Traube (FT)<br />
Fotos/Zeichnung:<br />
Angela Ibler<br />
Kontakt:<br />
chemist@stud.ch.tum.de
Dossier:<br />
Krebs — Ursachen<br />
und Lösungsansätze<br />
Laut der International Agency for Research on Cancer<br />
(IARC), eine Abteilung der Weltgesundheitsorganisation, ist<br />
Krebs mit 9% der Todesfälle nach Herz- und Kreislaufstörungen<br />
die häufi gste Todesursache in den Industriestaaten.<br />
Statistisch gesehen stehen die Chancen, dass ein Mensch<br />
in Europa irgendwann im Laufe seines Lebens an Krebs erkrankt<br />
eins zu drei. In der Dritten Welt liegt die Zahl bei<br />
20% der Todesfälle. Die IARC schätzte 2008, dass Krebs in<br />
den nächsten Jahren zur häufi gsten Todesursache weltweit<br />
werden wird.<br />
Trotz diesen erschütternden Zahlen und Vorraussichten gibt<br />
es auch Grund für Optimismus. Die EUROCARE-4 Working<br />
Group berichtete im März 2009, dass der geschätzte<br />
Anteil echter Heilungen in Europa gestiegen ist. Dank<br />
verbesserter Früherkennung und neuartigen Behandlungsmöglichkeiten<br />
wächst die Überlebensrate beispielsweise für<br />
Brustkrebs in Nordamerika und in Europa stetig.
Wissenschaft<br />
Die Krankheit<br />
In vielen Sprachen ist das Wort für die<br />
Krankheit Krebs dem Wort für das Sternzeichen<br />
gleich. So liest man in der Wikipedia<br />
folgendes zur Konstellation:<br />
„ Der Krebs ist ein unauffälliges Sternbild,<br />
(...) das Sternbild ist daher etwas schwierig<br />
zu entdecken.“ Analog verhält es sich<br />
anfangs auch mit der Krankheit.<br />
Krebs ist eine Krankheit, bei welcher<br />
eine unserer 1014 Zellen beginnt, sich<br />
abnorm zu verhalten, unkontrolliert zu<br />
wachsen und sich immer wieder zu teilen.<br />
Durch diese Fehlregulation entsteht<br />
ein neues Körpergewebe, ein Tumor.<br />
Tumoren treten bei allen höheren Lebewesen,<br />
auch bei Pflanzen, auf. Je nach<br />
Eigenschaften unterscheidet man hierbei<br />
benigne („gutartige“) und maligne<br />
(„bösartige“) Tumoren. Erstere sind klar<br />
abzugrenzen:<br />
Sie sind in dieser<br />
Form nicht<br />
gefährlich und<br />
vergleichsweise gut heilbar. Dennoch<br />
werden auch sie entfernt, da die Gefahr<br />
besteht, dass sie sich zum zweiten Typus,<br />
den malignen Tumoren, weiterentwickeln.<br />
Diese bilden ein heterogenes, unüberschaubares<br />
Zelldurcheinander und sind<br />
tödlich. Vor allem können diese Tumoren<br />
Metastasen bilden, welche das be-<br />
vorzugte Kriterium zur Einteilung der<br />
Krebsklassen darstellen.<br />
Metastasen sind Krebszellen, die sich<br />
von dem Haupt-Tumorgewebe ablösen<br />
und sich an anderen Orten des Körpers,<br />
wie z. B. Hohlräumen, wieder ansiedeln<br />
» Metastasen sind Krebszellen, die sich<br />
von dem Haupt-Tumorgewebe ablösen «<br />
und neue Tumore bilden. Dazu wandern<br />
sie nach dem Ablösen vom Hauptgewebe<br />
mit dem Blut oder der Lymphflüssigkeit,<br />
bis sie erneut Halt finden und sich weiter<br />
vermehren können. Diese Tochtergeschwülste<br />
sind wiederum gefährlich, da<br />
auch sie Zellen abspalten können. Somit<br />
verbreitet sich der Tumor an verschiedenen<br />
Orten des Körpers, was eine Be-<br />
Die Entstehung — Karzinogenese<br />
Entstehung eines Krebsherdes<br />
– Die Stammzellhypothese<br />
Etwa 5000 Gene der insgesamt 25–<br />
30 000 Gene in unseren Zellen sind für<br />
die Zellteilung sowie die sichere Erhaltung<br />
des Genoms von einer Zellgeneration<br />
zur nächsten zuständig. Sie werden<br />
Protoonkogene oder Tumorsupressorgene<br />
genannt. Sie regulieren Zellteilung<br />
und Zellzyklus, überwachen Reparaturvorgänge<br />
u. v. m.<br />
Nach allgemeiner Vorstellung entsteht<br />
Krebs dann, wenn sich in diesen „Wäch-<br />
Bildung von Metastasen durch Tumorzellentransport<br />
durch Körperflüssigkeiten<br />
tergenen“ Mutationen anhäufen, welche<br />
sie zu unkontrolliertem Wachstum anregen<br />
und in eine Tumorzelle verwandeln.<br />
Bereits in den 1960er Jahren entdeckten<br />
Wissenschaftler beim Blutkrebs, dass es<br />
in demselben Tumor unterschiedliche<br />
Zellen mit verschiedenem Teilungsvermögen<br />
gibt. Krebszellen haben also nicht<br />
alle das gleiche Potential sich zu vermehren<br />
und die Krankheit zu verschlimmern.<br />
In den folgenden Jahren wurden die verschiedenen<br />
Zellen insbesondere auf ihr<br />
Teilungsvermögen untersucht. Forscher<br />
stellten fest, dass nur eine kleine Gruppe<br />
von Zellen in der Lage war, in einer neuen<br />
Umgebung den Originaltumor wie-<br />
10<br />
handlung zusätzlich verkompliziert.<br />
Dossier<br />
Die biochemischen Mechanismen, welche<br />
malignen Krebszellen erlauben in<br />
Blutgefäße einzudringen und physiologische<br />
Sperren im Körper, wie z. B. die<br />
Blut-Hirn-Schranke zu überwinden,<br />
sind bisher nicht geklärt. Es konnten jedoch<br />
Gene isoliert werden, welche die<br />
Metastaseaktivität steigern.<br />
Die Folgen malignen Tumorwachstums<br />
für den Organismus sind sehr vielfältig<br />
und bei jedem Patienten individuell lokal<br />
und global ausgeprägt. Verdrängt z.B.<br />
das kranke Gewebe sein Nachbargewebe<br />
oder wächst in dieses hinein, führt dies<br />
auch im gesunden Gewebe zu Komplikationen.<br />
Es können hierdurch Blutgefäße<br />
komprimiert bzw. verstopft oder Hohlorgane<br />
wie der Darm durch das Durchbrechen<br />
des Gewebes zerstört werden. Neben<br />
diesen möglichen Schädigungen von<br />
lebenswichtigen Organen bewirken bösartige<br />
Tumoren auch eine Blutvergiftung,<br />
hormonelle Störungen, aber auch Störungen<br />
im Wasserhaushalt.<br />
Prinzipiell kann jedes Organ von Krebs<br />
befallen werden, es gibt jedoch erhebliche<br />
Häufigkeitsunterschiede nach Alter,<br />
Geschlecht, Ernährungsgewohnheit<br />
u. v. a. Tabakkonsum zum Beispiel fördert<br />
wie bekannt in hohem Maße Lungenkrebs. <br />
derherzustellen. Aufgrund ihrer Fähigkeit<br />
zur Selbsterneuerung wie auch ihr<br />
breites Spektrum an Nachkommen taufte<br />
man sie „Krebsstammzellen“.<br />
Nicht nur die Schlüsselmerkmale der besagten<br />
Zellen, sondern auch die Hierarchie<br />
zwischen ihren Nachkommen deuten<br />
auf Stammzellen als Krebsauslöser<br />
hin. Das Prinzip nach dem Stammzellen<br />
überall im Körper arbeiten ist universell:<br />
aus einer pluripotenten Stammzelle<br />
entstehen zwei Tochterzellen, eine<br />
behält ihre Identität als Stammzelle bei<br />
während die zweite zu einer differenzierteren<br />
multipotenten Vorläuferzelle wird.<br />
Letztere teilt sich weiter in festgelegte
Querschnitt durch ein Tumorgewebe.<br />
Glossar:<br />
Blut-Hirn-Schranke: Physiologische<br />
Barriere zwischen dem<br />
Blutkreislauf und dem Gehirn.<br />
Sie besteht aus bestimmten Zellen,<br />
welche das Hirn vor Toxinen,<br />
Krankheitserregern und Botenstoffen<br />
abschirmen.<br />
Mutationen: Veränderung des<br />
Erbgutes, sprich der DNA. Genmutationen<br />
ereignen sich, wenn<br />
z. B. Strahlung oder Chemikalien<br />
das Erbgut direkt schädigen oder<br />
wenn es vor einer Zellteilung fehlerhaft<br />
kopiert wird. Sie können<br />
auch angeboren sein.<br />
Angeborenes Immunsystem: Das<br />
menschliche Immunsystem wird<br />
historisch in zwei Immunsysteme<br />
unterteilt: dem angeborenem Immunsystem,<br />
auch Komplementsystem<br />
genannt, und dem adaptiven<br />
System, welches im Laufe des Lebens<br />
angeeignet wird.<br />
Die Zellen des Komplementsystems<br />
bilden eine erste Abwehrfront<br />
gegen Krankheitserreger. In einer<br />
zweiten Welle greifen die Komponenten<br />
des adaptiven Immunsystems<br />
die Eindringlinge dann gezielter<br />
an.<br />
Die wohl bekanntesten Zellen des<br />
angeborenen Systems sind die Makrophagen,<br />
Fresszellen, welche eingedrungene<br />
Krankheitserreger umschließen<br />
und verdauen.<br />
Entzündungsreaktion: Lokale<br />
Antwort der Immunabwehr auf einen<br />
Reiz, z. B. einer Wunde. Die<br />
Zellen versuchen hierbei verursachte<br />
Schäden aufzuheben sowie<br />
die Ursache zu neutralisieren.<br />
Vorläuferzellen, welche sich wiederum in<br />
spezialisiertere Zellen teilen und so fort<br />
bis sie in dem Stadium der ausdifferenzierten<br />
Zellen enden, wie z. B roten Blutkörperchen<br />
und Nervenzellen.<br />
Meist geht diese Ausdifferenzierung mit<br />
einem progressiven Verlust des Teilungspotentials<br />
einher. Dieses Teilungsmuster<br />
wurde in etwas chaotischerer Form auch<br />
in Tumoren gefunden.<br />
Doch wie können wir unsere Vorstellung<br />
der Entstehung eines Tumors im gesunden<br />
Gewebe, welches von Mutationen<br />
in Protoonkogenen ausgeht, mit diesen<br />
Feststellungen vereinbaren?<br />
Stammzellen sind im Körper höherer Lebewesen<br />
in jedem krebsanfälligen Organ<br />
als kleines Reservoir enthalten, sie sorgen<br />
dort für den Erhalt einer konstanten<br />
Anzahl funktionstüchtiger spezialisierter<br />
Zellen. Der Nachwuchs entsteht hierbei<br />
in streng regulierten Schritten. Dies<br />
ist auf molekularer Ebene in den Protoonkogenen<br />
kodiert. Da Stammzellen<br />
durch ihre Selbsterneuerung sehr langlebig<br />
sind, sammeln sich die genetischen<br />
Schäden in ihrem Genom kumulativ an.<br />
Diese Reihe an Mutationen kann bei Verlust<br />
von Informationen über die Regulation<br />
der Selbsterneuerung schließlich zu<br />
einem Krebsherd führen – man nennt<br />
diese gesamte Zeitphase auch Initiation.<br />
Dieses Modell erklärt unter anderem,<br />
weshalb Krebs immer häufi ger mit<br />
dem Alter und warum ein Tumor manchmal<br />
erst Jahre nach einer Strahlenexposition<br />
auftritt.<br />
<strong>11</strong><br />
Wissenschaft<br />
Ein ausgenutztes Immunsystem<br />
– der Tumor wächst<br />
Die Weichen für die Bildung eines Tumors<br />
sind gelegt, doch damit das Zellagglomerat,<br />
welches von einer mutierten<br />
Stammzelle ausgeht, binnen Monaten zu<br />
einem chaotischen Pseudoorgan mit einer<br />
Blutversorgung und einem eigenen<br />
physiologischen Umfeld wächst, muss es<br />
sich stark pushen.<br />
Neuere Erkenntnisse zeigen, dass das<br />
angeborene Immunsystem, besonders<br />
die Makrophagen, eine wesentliche Rolle<br />
beim Wachstumsstimulus der entarteten<br />
Zellen spielen.<br />
Wenn ein Geschwulst sich vergrößert,<br />
drohen irgendwann die Zellen im Innern<br />
an Sauerstoffmangel einzugehen<br />
und senden deshalb Notsignale aus. Dies<br />
lockt Immunzellen an, die somit Teil des<br />
Mikroumfeldes des Tumors werden. Allerdings<br />
bekämpfen diese den Tumor<br />
nicht, sondern werden durch die hormonellen<br />
Botschaften der mit Sauerstoff<br />
unterversorgten Krebszellen zu Tumor-<br />
Handlangern. Diese Signale bewirken lokal<br />
eine Entzündungsreaktion. Dabei<br />
senden die Fresszellen unter anderem<br />
Hormone (sog. Wound-Heal-Hormone)<br />
und Signalmoleküle aus, welche die Zellen<br />
lokal zum Wachstum fördern (siehe<br />
Kasten). Bei Verletzungen wird hierdurch<br />
die Wunde geschlossen, bei Krebs führt<br />
dieser Schritt, auch Propagation genannt,<br />
zum Anschwellen des Gewebes – ein benigner<br />
Tumor entsteht.<br />
Der Tumor wird böse<br />
Auch das Tumorgewebe benötigt eine<br />
Blutversorgung, damit Sauerstoff zu allen<br />
Zellen gelangt. Deswegen senden die unterversorgten<br />
Zellen Hormone aus, welche<br />
für ein normales Aussprossen von<br />
Blutgefäßen – fachlich Angiogenese genannt<br />
– verantwortlich sind. Das wichtigste<br />
Hormon dabei ist VEGF (vascular<br />
endothelial growth factor): Es fördert das<br />
Überleben und die Vermehrung von Endothelzellen,<br />
die als innerste Zellschicht<br />
Blutgefäße auskleiden. In Überdosis erhöht<br />
das Protein aber die Durchlässigkeit<br />
der Gefäßwände.<br />
Blutgefäße besitzen Poren, welche für<br />
den Stoffaustausch mit der Umgebung<br />
verantwortlich sind. Ihre Größe, und somit<br />
ihre Permeabilität, wird im gesunden<br />
Gewebe durch ein Gegenspiel zwischen
Wissenschaft<br />
VEGF, das die Angiogenese fördert, und<br />
Thrombospondin, welches es hemmt, reguliert.<br />
Wird eine bessere Blutversorgung<br />
benötigt, steigern die Zellen die Produktion<br />
von VEGF und drosseln die von<br />
Thrombospondin. Dadurch verschiebt<br />
sich das Gleichgewicht in Richtung Gefäßneubildung.<br />
Sobald eine ausreichende<br />
Versorgung etabliert ist stellt sich das<br />
Gleichgewicht zwischen pro- und antiangiogener<br />
Einfl üsse im gesunden Gewebe<br />
wieder ein – bei einem Tumor ist dies aus<br />
ungeklärten Gründen nicht der Fall, das<br />
Ungleichgewicht bleibt bestehen, die<br />
Blutgefäße wachsen abnorm weiter.<br />
Dies hat weitreichende physiologische<br />
Folgen. Missgebildete Blutgefäße im Tumorinnern<br />
verschlimmern die ohnehin<br />
üble Situation. Überweite Poren in den<br />
Gefäßwänden lassen Flüssigkeit austreten<br />
und zerstören das Druckgefälle, was<br />
die Diffusion von Medikamenten und<br />
Sauerstoff in das Tumorgewebe behindert.<br />
Erweiterte Gefäße und chaotische<br />
Anordnung führen zu einem unregelmäßigen<br />
Blutfl uss, Sauerstoffmangel und<br />
einem sauren Milieu.<br />
Die Flüssigkeitsansammlung bewirkt<br />
nicht nur ein Anschwellen des Gewebes<br />
und Schmerzen, sie kann sich auch<br />
in Körperhöhlen sammeln. Der<br />
Überdruck transportiert vom Tumor<br />
produzierte Proteine und<br />
Zellen in Richtung gesundes Gewebe<br />
und in die Lymphbahn.<br />
So können sich Krebszellen<br />
in entlegene Regionen<br />
ausbreiten und dort MeMetastasen bilden.<br />
Darüber hinaus führen<br />
Sauerstoffmangel<br />
und ein saures Milieu<br />
zu einem veränderten<br />
Stoffwechsel der Tumorzellen:<br />
Sie werden<br />
aggressiver und neigen<br />
noch mehr zur Metastasierung.<br />
Somit entsteht<br />
ein maligner Tumor<br />
mit seinen Folgen – im<br />
Fachjargon wird diese<br />
Phase mit „Progression“<br />
bezeichnet.<br />
Vascular Endothelial<br />
Growth Factor (VEGF)<br />
Lösungsansätze<br />
Im Folgenden werden wir einige geläufi<br />
ge Heilungsverfahren wie auch vielversprechende<br />
Therapieansätze ansehen.<br />
Dies ist keine vollständige Aufl istung.<br />
Früherkennung und Prävention<br />
Je früher ein Tumor erkannt wird, desto<br />
besser stehen die Heilungschancen. Das<br />
Tumorgewebe kann dann leichter durch<br />
eine Behandlung entfernt werden, Chemotherapien<br />
sind wirkungsvoller und die<br />
Gefahr von Metastasen geringer. Insbesondere<br />
beim Brust-, Prostata- und Gebärmutterhalskrebs<br />
wurden in den letzten<br />
Jahren große Fortschritte gemacht.<br />
Doch eine gesunde Lebensweise ist die<br />
beste Vorbeugungsmethode, vor allem<br />
ein starkes Immunsystem hilft. Hier<br />
spielen nicht nur genetische Faktoren<br />
eine Rolle, sondern auch epigenetische<br />
und durch besonderes Verhalten beeinfl<br />
ussbare Elemente: Schlafmangel und<br />
sonstige Stressfaktoren schwächen das<br />
Immunsystem; Lebensfreude, ausreichende<br />
körperliche Bewegung und gutes<br />
Essen stärken es.<br />
Chemotherapie<br />
Die wohl bekannteste Therapiemethode<br />
ist die Chemotherapie.<br />
Dabei wird der<br />
Patient mit starken Medikamenten,<br />
die insbesondere<br />
Krebszellen angreifen, behandelt.<br />
Hier macht man sich<br />
Eigenschaften von Krebszellen,<br />
wie z. B. ihre hohe Teilungsrate<br />
zu Nutze, um zu versuchen diese<br />
Zellen zu schwächen. Das bekannte<br />
Medikament Cisplatin beispielsweise<br />
bindet an die DNA der<br />
Zellen und verhindert somit die Replikation.<br />
Diese Therapieform besitzt jedoch<br />
viele Nebenwirkungen.<br />
Meist wird die Therapie einer Operation<br />
voraus- oder nachgesetzt, und<br />
12<br />
Schlusswort<br />
Dossier<br />
durch verstärkende Medikamente unterstützt.<br />
Insbesondere an letzteren Substanzen<br />
wird viel geforscht.<br />
Allerdings ist eine Chemotherapie nur<br />
bei einigen Krebsarten erfolgreich, viele<br />
Formen sind hierdurch bisher noch<br />
nicht heilbar.<br />
Dass die Chemotherapie umstritten ist,<br />
zeigt der Titel des Buches von Lothar<br />
Hirneise, welches sich mit Heilungsverfahren<br />
für Krebs beschäftigt: „Chemotherapie<br />
heilt Krebs und die Erde ist eine<br />
Scheibe“.<br />
Virotherapie<br />
Dieser Ansatz wird von vielen Forschergruppen<br />
weltweit verfolgt. Die Idee ist<br />
vielversrechend: Man benutzt veränderte<br />
Viren, die nur Krebszellen befallen,<br />
um diese zu zerstören. Dabei versuchen<br />
die verschiedenen Teams die Zellerkennungsrezeptoren<br />
der Viren chemisch zu<br />
verändern, oder sie sorgen dafür, dass die<br />
Gene der Viren allein in Krebszellen aktiv<br />
werden können. Im Moment laufen<br />
bei den meisten Wirkstoffen noch klinische<br />
Studien, die Ergebnisse lassen<br />
jedoch auf ein baldiges Erscheinen auf<br />
dem Markt hoffen.<br />
Wir haben nun im Laufe des Dossiers die<br />
Entwicklung einer Krebserkrankung vom<br />
gesunden Gewebe zum malignen Tumor<br />
verfolgt, und uns anschließend die bisherigen<br />
und zukünftigen Heilungsmöglichkeiten<br />
angesehen. Allerdings sollte<br />
der Vollständigkeit halber erwähnt werden,<br />
dass Krebs selbstverständlich komplizierter<br />
ist als wir es geschildert haben;<br />
es spielen bei den verschiedenen Krebsarten<br />
lokale Faktoren mit ein und viele<br />
Zwischenschritte, insbesondere auf molekularer<br />
Ebene, haben wir bewusst weggelassen<br />
oder sind (noch) nicht geklärt.<br />
In diesem Dossier haben wir uns an breit<br />
anerkannte Modelle angelehnt und versucht,<br />
die neuesten Forschungsergebnisse<br />
mit einzubeziehen. Somit haben<br />
wir uns bei der Erklärung der Karzinogenese<br />
an das Dreistufenmodell mit den<br />
3 Phasen Initiation, Promotion und Pro-
gression, orientiert. Doch einige Experten<br />
kritisieren dies und gehen von einem<br />
Mehrstufenmodell aus.<br />
Krebsforschung ist ein sehr spannendes<br />
Feld, nicht zuletzt weil fast alle existenziellen<br />
Fragen in der Zellbiologie angeschnitten<br />
werden. Auf die Frage eines<br />
Leben — ein Rätsel<br />
mit quantenmechanischen Lösungen<br />
Die Frage, was Leben sei, ist immer noch<br />
umstritten, doch eines ist klar: es beruht<br />
mindestens auf drei großen Pfeilern:<br />
Energieversorgung, Fortpfl anzung und<br />
die Fähigkeit Stoffwechsel zu betreiben.<br />
Die molekularen Grundlagen dieser Lebensprozesse<br />
sind größtenteils erforscht,<br />
allerdings bleiben spannende Fragen offen:<br />
Was erklärt die hohe Energieausbeute<br />
von fast 100% des Lichtkollektors<br />
der Photosynthese, dem Photosystem I?<br />
Weshalb ist die enzymatische Katalyse so<br />
effi zient? Und schließlich: Wodurch lässt<br />
sich die Stabilität der DNA erklären?<br />
Bio und Physik stoßen sich ab, heißt es.<br />
Doch nach dem Scheitern klassischer<br />
Erklärungen weisen immer mehr Experimente<br />
darauf hin, dass auch die Quantenmechanik<br />
bei den grundlegenden<br />
Prozessen des Lebens ein Wörtchen zu<br />
sagen hat.<br />
Effi zienz der Photosynthese<br />
Ein System mit fast 100% Rendite - Der<br />
Traum eines jeden Ingenieurs! Was Maschinenbauer<br />
(noch) nicht können, betreiben<br />
lebende Organismen seit mehr<br />
als 3 Milliarden Jahren. Bei der Photosynthese<br />
wird in speziellen Organellen<br />
der Zelle, den Chloroplasten, das Licht<br />
durch eine Antenne aus photosensiblen<br />
Molekülen (Chlorophylle und Karotine)<br />
aufgefangen. Wenn ein Photon ein Molekül<br />
trifft, übergibt es ihm seine Energie,<br />
welche in Form einer elektrischen<br />
Anregung zum Reaktionszentrum geleitet<br />
wird, wo sie zur Bildung von Energieträgern<br />
genutzt wird. Doch wie erklärt man,<br />
Journalisten von Spektrum der Wissenschaft,<br />
Bernhard Epping, warum die<br />
Evolution Krebs überhaupt zulasse, antwortete<br />
der berühmte Krebsforscher Axel<br />
Ullrich: „Krebs ist Evolution“.<br />
dass fast die Gesamtheit der Energie des<br />
Photons an dem Reaktionszentrum ankommt,<br />
ohne einen Verlust in Form von<br />
Wärme, was aus dem Photosystem I den<br />
effi zientesten bekanntesten Energieumwandler<br />
macht?<br />
Ein aktueller Ansatz kommt aus der<br />
Quantenmechanik: die Überlagerung<br />
von Zuständen. In der Welt der Quanten<br />
kann ein Teilchen sich in verschiedenen<br />
„Zuständen“ gleichzeitig befi nden. Dies<br />
ermöglicht ihm mehrere Wege gleichzeitig<br />
zu nehmen, als wäre es an mehreren<br />
Orten gleichzeitig vorhanden. Somit<br />
kann ein einzelnes Teilchen zum Beispiel<br />
gleichzeitig durch zwei Spalte gehen.<br />
Bei der Photosynthese würde dies den<br />
durch Licht angeregten Elektronen ermöglichen,<br />
alle möglichen Wege zum<br />
Reaktionszentrum zu nehmen und den<br />
Weg des geringsten Energieverlustes zu<br />
wählen.<br />
Das Team um Greg Scholes aus Toronto<br />
konnte dies bereits bei Proteinen aus einzelligen<br />
Algen nachweisen.<br />
Enzymatische Aktivität<br />
Was haben die Alkohol-Dehydrogenase<br />
(ADH), das Enzym, welches Alkohol in<br />
der Leber abbaut, und das Cytochrom<br />
C, ein Elektronentransportprotein in den<br />
Mitochondrien, gemeinsam? Beide benutzten<br />
den Tunnel-Effekt um ihre Aufgabe<br />
optimal zu erfüllen. In der Welt des<br />
unendlich Kleinen besitzt jedes Objekt<br />
eine doppelte Natur: Es existiert als Teilchen<br />
wie auch als Welle. Wenn sich nun<br />
13<br />
SN<br />
Wissenschaft<br />
+ Mehr wissen<br />
Spektrum der Wissenschaft, Dossier<br />
3/09: Neue Strategien gegen<br />
Krebs. Heidelberg, 2009<br />
Robert A. Weinberg: The biology<br />
of cancer. Garland Sciences, 2006<br />
SN<br />
ein Hindernis präsentiert, durchquert<br />
ihn das alter ego mit Welleneigenschaft<br />
mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit,<br />
als würde es nicht existieren.<br />
Enzyme benützten diese Eigenschaft um<br />
Austausche zwischen Moleküle ohne<br />
Hinderung zu ermöglichen. In der ADH<br />
würde zum Beispiel ein Proton über ein<br />
Tunnel-Effekt ausgetauscht, im Cytochrom<br />
C würde das Elektron über Tunneleffekte<br />
zur Häm-Gruppe des Proteins<br />
geführt, wo es zum Transport zwischengelagert<br />
wird.<br />
Die Stabilität der DNA<br />
Die Stabilität der genetischen Information<br />
ist entscheidend für das Funktionieren<br />
einer jeden Zelle. Nach einer<br />
Modellrechnung von Physikern aus Singapur<br />
könnte dies an einer merkwürdigen<br />
Eigenschaft liegen: der Quantenverschränkung.<br />
Verschränkte Teilchen<br />
können nicht mehr als einzelne Teilchen<br />
beschrieben werden, sondern nur noch<br />
als Gesamtsystem. Durch die Verschränkung<br />
werden ihre Quanteneigenschaften<br />
trotz der Distanz, die sie trennt, unzertrennlich.<br />
Im Falle der DNA sind alle<br />
Elemente (Basen wie Rückgrat) miteinander<br />
verschweißt für eine hohe Stabilität.<br />
Allerdings kann man daraus nicht sofort<br />
schließen, dass dies die Erklärung für die<br />
Stabilität sei, denn die Zelle besitzt viele<br />
chemische Schutzmechanismen. Daher<br />
wird diese Hypothese noch weiter<br />
erforscht.
Fest oder flüssig, das ist die Frage<br />
Was eine Flüssigkeit ist, das weiß jeder:<br />
Mancher denkt zuerst an das schwarze<br />
Gold, andere vielleicht an das bayrische<br />
Grundnahrungsmittel, das ebenfalls<br />
flüssig ist – ein newtonsches Fluid.<br />
Es gibt aber auch nicht-newtonsche Fluide,<br />
mit denen sich Herrliches anstellen<br />
lässt: Zum Ausprobieren löst man Maisstärke<br />
mit Wasser im Verhältnis 3:2 langsam<br />
auf. Rührt man nun langsam diesen<br />
Brei um, zeigt er das Verhalten einer<br />
ganz gewöhnlichen Flüssigkeit. Versucht<br />
man dagegen ruckartig einen Löffel aus<br />
dem Brei zu ziehen, so bleibt der Löffel<br />
kleben und man reißt die ganze Schüssel<br />
hoch.<br />
Der Grund für dieses veränderte Verhalten<br />
ist in den intermolekularen Wech-<br />
selwirkungen zu suchen: Bei einer ruckartigen<br />
Bewegung sind nur sehr wenige<br />
Moleküle dem hohen Druck und der<br />
schnellen Bewegung v ausgesetzt, beide<br />
nehmen aber mit der Entfernung y<br />
sehr schnell ab. Es liegt also eine hohe<br />
Schergeschwindigkeit ’=dv/dy vor. Mit<br />
der hohen Schwergeschwindigkeit wird<br />
für kurze Zeit das Wasser aus den Zwischenräumen<br />
der Stärkemoleküle verdrängt,<br />
sodass letztere in Kontakt miteinander<br />
kommen. Da Maisstärke eine<br />
rauhe Oberfläche hat, kommt es zu intermolekularen<br />
„Verhakungen“, die zu<br />
einer nicht linearen Steigerung Viskosität<br />
führen.<br />
Eine nützliche Anwendung finden nichtnewtonsche<br />
Fluide zum Beispiel in der<br />
Kiwis… sind klein, braun, pelzig —<br />
und haben Säugetiereigenschaften?<br />
Kiwi – bei diesem Namen werden die<br />
meisten zunächst an eine Frucht denken,<br />
die eigentlich „chinesische Stachelbeere“<br />
heißt und ihren Namen einem nur<br />
in Neuseeland vorkommendem Vogel<br />
verdankt. Der Kiwi ist ein nachtaktiver<br />
Laufvogel mit einer Körperlänge von 35<br />
bis 65 cm, der in einigen Eigenschaften<br />
eher Säugetieren als Vögeln ähnelt. Das<br />
Federkleid des Kiwis erinnert eher an ein<br />
zotteliges braunes Fell, die Schwanzfedern<br />
fehlen und die Flügel sind stark zurückgebildet.<br />
Beim Kiwi sind die Knochen nicht wie<br />
bei flugfähigen Vögeln mit Luft gefüllt,<br />
sondern enthalten wie bei Säugetieren<br />
Knochenmark. Das Skelett des Kiwis<br />
macht ein Drittel seiner gesamten Körpermasse<br />
aus.<br />
Die Körpertemperatur des Kiwis liegt wie<br />
bei Säugetieren bei 38 °C, bei den meisten<br />
Vögeln hingegen beträgt sie etwa<br />
42 °C.<br />
Im Gegensatz zu den meisten Vögeln<br />
sieht der Kiwi sehr schlecht. Er ist kurz-<br />
sichtig und hat unter den Vögeln das<br />
kleinste Sehfeld. Er kann nicht einmal<br />
seine eigene Schnabelspitze sehen. Obwohl<br />
der Kiwi nachtaktiv ist, hat er sehr<br />
kleine Augen und orientiert sich vorwiegend<br />
durch Hören, Riechen und Fühlen.<br />
Apteryx mantelli (aus Wikimedia Commons)<br />
15<br />
Wissenschaft<br />
Aufdestilliert<br />
AI<br />
Motoradbekleidung: Im Motoradanzug<br />
sind Pads aus einem solchen Material<br />
eingebaut, mit denen sich der Fahrer<br />
normalerweise ungehindert bewegen<br />
kann. Bei einem Sturz dagegen verhärtet<br />
sich das Material durch den abrupten<br />
Stoß und verteilt die einwirkende Kraft<br />
auf eine größere Körperfläche. Für die<br />
Menschheit von geringerer Bedeutung ist<br />
folgender Versuch: Den Brei kann man<br />
in der Schüssel auf einen Tieftonlautsprecher<br />
stellen. Schaltet man den Subwoofer<br />
nun an, werden die tiefen Frequenzen<br />
als geeignete Erschütterungen<br />
auf das Gemisch übertragen und wurmähnliche<br />
Skulpturen steigen aus dem<br />
Brei empor.<br />
Über den Kolbenrand<br />
VF<br />
An der Schnabelbasis besitzt der Kiwi<br />
Borsten zum Tasten, die den Schnurrhaaren<br />
einer Katze ähneln.<br />
Der Kiwi ist der einzige Vogel bei dem<br />
sich die Nasenlöcher am vorderen Ende<br />
des langen Schnabels befinden. Mit diesem<br />
Schnabel kann er ausgezeichnet riechen<br />
und im Boden nach Insekten und<br />
Würmern suchen. Manchmal gelangt<br />
beim Wühlen im Boden Schmutz in die<br />
Nasenlöcher, den der Kiwi dann mit einem<br />
heftigen Niesen herauspustet.<br />
Das Kiwiweibchen besitzt im Gegensatz<br />
zu anderen Vögeln zwei funktionsfähige<br />
Eierstöcke. Dennoch legt es immer nur<br />
ein Ei, das jedoch zwischen 18 und 25 %<br />
des Körpergewichts des Weibchens erreicht.<br />
Bei einer Frau mit 60 kg entspräche<br />
das einem Baby mit 13 bis 15 kg!<br />
Auf diesen außergewöhnlichen Sonderling<br />
sind die Neuseeländer so stolz, dass<br />
sie ihn zu ihrem National- und Wappentier<br />
gemacht haben und sie sich selbst<br />
gerne als „Kiwis“ bezeichnen.
Unterhaltung<br />
Ein chemisches Märchen<br />
„Es war einmal vor vielen Reaktionen,<br />
da lebte der rechtschaffene Wolfram<br />
Arsen im Land der Lanthanoiden als<br />
Quantenchemiker des reichen GebrauchtautoprotolysehändlersSalpeter<br />
Holmium, dessen Urahnen aus Indium<br />
eindiffundiert waren.<br />
Wolfram liebte mit seiner ganzen elektromotorischen<br />
Kraft die Tochter seines<br />
Elektronendonators Holmium: Hydronia!<br />
Sie war ein Mädchen acidanmutiger<br />
Konfiguration. Ihr Spin erregte ihn<br />
bis zur Luminiszenz, so dass er oft infrarot<br />
anlief und seine Augen<br />
einen leichten Bleiglanz bekamen.<br />
Leider hatte Salpeter Holmium<br />
für seine Tochter Hydronia<br />
den amorphen Molekulargewichtheber<br />
Titan<br />
Kieselgur zum Reaktionspartner<br />
auserwählt.<br />
Doch Hydronia vertraute ihrer<br />
Lewisbase Vitriola an, dass<br />
ihre Affinität zu Wolfram viel<br />
größer sei. Sie widersetzte sich<br />
deshalb dem Pauliverbot ihres<br />
Vaters und nahm die Einladung<br />
Wolframs zu Lackmus und Oxalat<br />
reaktionsfreudig an.<br />
Jedoch Vater Holmium bemerkte<br />
sofort die Absorptionsveränderung<br />
seiner Tochter und<br />
sperrte sie in eine galvanische<br />
Zelle. Auch benachrichtigte er Titan<br />
Kieselgur von dem Quantensprung<br />
seiner Tochter. Dieser eilte<br />
zu Wolfram und sagte: “Arsen,<br />
einer von uns muss gehen!”. Wolfram<br />
reagierte darauf mit erhöhtem<br />
osmotischem Druck, worauf Titan<br />
einen Komplex bekam. Daraufhin<br />
machten sie ein Dublett im Ligandenfeld<br />
für pH6 morgens aus. Als<br />
Waffen wählten sie sp 3 -Keulen. Um<br />
pH 6 morgens trafen sie ein und sogleich<br />
begann ein Kampf um Reduktion<br />
und Oxidation. Er wogte lange<br />
hin und her, und der Sieger war ungewiss.<br />
Doch dann gelang es Wolfram<br />
endlich nach einer langen Induktionspause<br />
durch eine geschickte Katalyse<br />
Titan mit einer Fällungsreaktion<br />
aus dem Isomeriegleichgewicht zu<br />
bringen. Titan musste ein Elektron nach<br />
dem anderen abgeben und verließ am<br />
Ende das Periodensystem.<br />
Der siegreiche Wolfram ging zurück und<br />
stieg mit einer Halbleiter in das Orbital<br />
des Holmium hinauf, fesselte diesen mit<br />
einem Energieband und entführte Hydronia<br />
auf einem Mikrofarad aus der galvanischen<br />
Zelle. Als sie auf ihrer Flucht<br />
über die Wasserstoffbrücke fuhren, bekam<br />
sein Mikrofarad einen Massendefekt,<br />
der nicht zu beheben war.<br />
16<br />
Autor unbekannt<br />
So mussten sie die Energiedifferenz zum<br />
Gleichrichter auf einem Photon zurücklegen.<br />
Dieser stabilisierte ihre Legierung<br />
und von nun an waren sie ein Redoxpaar,<br />
denn wenn sie nicht gestorben sind,<br />
dann reagieren sie noch heute.“
8 6 9 4<br />
2 5 7 1<br />
8 9 2 3<br />
8 1 7<br />
1 3 9<br />
7 5<br />
8 1<br />
7 5 3<br />
2 3 6 8 1 9<br />
V… wie Van’t Hoff-Gleichung.<br />
Die nach dem niederländischen Chemiker<br />
benannte Gleichung ist eindeutig<br />
eine der berühmtesten in der physikalischen<br />
<strong>Chemie</strong>. Sie beschreibt den<br />
Zusammenhang zwischen der Lage des<br />
Gleichgewichts einer Reaktion und der<br />
Temperatur. Sehr beliebte Frage in PC-<br />
Kolloquien.<br />
W… wie Wellenfunktion. Ein Begriff,<br />
der das Herz eines jeden Quantenchemikers<br />
höher schlagen und jeden<br />
schlechten Mathematiker in Agonie<br />
versinken lässt. Die Wellenfunktion beschreibt<br />
den Zustand eines Teilchens<br />
und ist die Lösung der Schrödinger-<br />
Gleichung. Das Betragsquadrat einer<br />
normierten Wellenfunktion ergibt die<br />
Wahrscheinlichkeitsdichte eines Teilchens<br />
an einem bestimmten Ort.<br />
X… wie Xanthogenat. Dabei handelt<br />
es um ein Kohlensäurederivat, bei<br />
dem zwei Sauerstoff-Atome durch<br />
Schwefel ersetzt sind. Um Xanthogenat<br />
herzustellen, sind Natriumhydrid, Alkohol<br />
und Methyliodid nötig. Als funktionelle<br />
Gruppe ermöglicht Xanthogenat<br />
eine Defunktionalisierungsreaktion bei<br />
Alkoholen, die Barton-McCombie-Reaktion.<br />
Sudoku<br />
Das kleine ABC Ionenlotto Wussten Sie<br />
eigentlich?<br />
Die letzte Ziehung des Ionenlottos hat<br />
folgendes ergeben: <strong>11</strong>Na, 30Zn, 82Pb, 47Ag,<br />
29Cu, 12Mg.<br />
Zusatzelement: 25Mn<br />
Superelement: 24Cr<br />
2- - Zusatzziehung der Anionen: SO , Cl , 4<br />
Br- , NO3- . Sämtliche Angaben ohne sauberes<br />
Soda, Gewinne sind mit dem Assistenten<br />
verhandelbar.<br />
Filmtipps<br />
Aus der „Garchinger“-Redaktion nun<br />
die Top 6 der Filme, die jeder Chemiker<br />
kennen muss:<br />
Ich weiß noch immer, was du letztes<br />
Sommersemester getan hast<br />
Was vom Ansatz übrig blieb<br />
Der sich den Wolff umlagert<br />
Säul‘ mir das Lied vom Tod<br />
Sied langsam III<br />
Der alte Mann und das Präp<br />
17<br />
Unterhaltung<br />
1 8<br />
6 3<br />
8 4 1<br />
5 9 8 7<br />
7 1 3<br />
2 5<br />
9 5 6<br />
2<br />
6 4 9 7<br />
Die knochige Gestalt im schwarzen Umhang<br />
mit der Sense, die Chemiker nach<br />
dem (oft überraschenden) Ableben auf<br />
der anderen Seite erwartet, ist nicht wie<br />
sonst üblich TOD, sondern AUSBEU-<br />
TEVERLUST. Anders als TOD, trägt er<br />
keine Sanduhr bei sich, sondern eine<br />
Präzisionswaage und bei genauer Betrachtung<br />
stellt sich sein Umhang als<br />
schwarzer Laborkittel heraus. Man sagt,<br />
er prüft die Glasgeräterechnung des Gewissens,<br />
und wenn der (Ex-) Chemiker<br />
seinen Pfusch aufrecht bereut, geleitet<br />
er den gerade Verschiedenen in<br />
ein Land, wo die Lösemittel wasserfrei<br />
sind, die Laboröffnungszeiten unendlich<br />
und die Reaktionen vollständig. (Und innerlich<br />
bereuen wir doch alle unseren<br />
Pfusch, gell?)<br />
Die Rührfi schfreunde Garching e.V.<br />
laden zum 2. Halbjährlichen Kanister-<br />
Fischen. Für Zweitsemester besteht<br />
die Möglichkeit, den Angelschein am<br />
Magnetrührer zu erwerben. Bis morgen<br />
leserliche Anmeldungen in den<br />
nächsten Papierkorb werfen.