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Wellington Hospital - bvmd

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vmd-Austausch-Bericht: PJ in <strong>Wellington</strong>, Neuseeland<br />

Erfahrungsbericht Dezember 2008 bis Januar 2009<br />

Motivation<br />

In einem Erasmus-Austausch im 7. Semester hatte ich gemerkt, dass man als AustauschstudentIn oft mehr<br />

Freiraum hat als man an der eigenen Hochschule gewährt bekommt. Ein PJ-Tertial im Ausland zu machen, gab<br />

mir die Möglichkeit, genau die Innere-Abteilung zu wählen, die mich interessierte (in meinem Fall<br />

Endokrinologie und Notaufnahme) und auch vor Ort selber zu entscheiden, wann ich wo genau arbeite. Wenn<br />

man Glück mit seinem Lehrkrankenhaus hat, gibt es das ja auch in Deutschland.<br />

Da in Deutschland nicht grundlos viele Ärzte abwandern, fand ich auch die Chance, noch als Studentin ein<br />

anderes Gesundheitssystem kennenzulernen, sehr attraktiv. Außerdem wollte ich sehen, wie ich mich sprachlich<br />

zurechtfinde, ohne dabei bereits volle Verantwortung tragen zu müssen.<br />

Für Neuseeland hatte ich mich aus persönlichen Grünen entschlossen: bei einem 9monatigen Schüleraustausch<br />

hatten mich Land und Leute so beeindruckt, dass ich schon immer mal wieder für eine zumindest kurze Weile<br />

dort leben wollte. Dass ich diesen Wunsch mit dem Studium verbinden konnte, fand ich einmalig.<br />

Wie oben bereits erwähnt, hatte ich mir erwartet, im Ausland mehr Freiraum gewährt zu bekommen als in<br />

meinem Lehrkrankenhaus (und damit auch mehr Freude am Lernen), einen Einblick in das dortige<br />

Gesundheitssystem zu bekommen und meine Sprachkenntnisse zu erweitern.<br />

Vorbereitung<br />

Als Vorbereitung auf das Auslands-Tertial habe ich (wie Du) ein paar Neuseeland-PJ-Berichte gelesen, um<br />

herauszufinden, wo es den vorigen PJ-Studenten am besten gefallen hat. Letztendlich denke ich allerdings, dass<br />

die Erfahrungen so sehr von den Stationen und Ärzten abhängt, mit denen man arbeitet, dass es schwierig ist,<br />

sich daran zu orientieren. Dennoch waren die Berichte hilfreich, um einen Eindruck zu bekommen und auf<br />

Sachen aufmerksam gemacht zu werden, an die ich vielleicht nicht gedacht hätte.<br />

Als nächstes habe ich das world wide web nach Ansprechpartnern durchsucht, und da gleich in meiner<br />

Wunschstadt <strong>Wellington</strong> eine Person offensichtlich genau für meinen Fall zuständig war, war die Organisation<br />

nach einem kurzen Telefonat sehr schnell über die Bühne gelaufen. Einfach kurz anrufen führt oft schneller zum<br />

Ziel als über 10 Tage auf die Email-Antwort zu warten!<br />

Um einen PJ-Platz (final year elective period) in <strong>Wellington</strong> zu organisieren, geht einfach auf die Homepage der<br />

<strong>Wellington</strong> School of Medicine -> Electives Info, alles andere ist dort aufgelistet. Ich musste neben der<br />

Bewerbung (application form kann man runterladen) einen Lebenslauf, eine Empfehlung vom Dekan (einfache<br />

Bestätigung, dass man ordentlicher Student ist, gibt’s normalerweise problemlos beim Studiendekanat) und einen<br />

Sprachnachweis schicken. In dem Bewerbungsformular sind auch alle Abteilungen aufgelistet, in denen man als<br />

elective student arbeiten kann.<br />

Die beiden neuseeländischen Medizin-Unis sind in Dunedin und Auckland, wo man die Vorklinik machen<br />

kann. Für den klinischen Abschnitt wird man von Dunedin aus evtl. nach Christchurch oder <strong>Wellington</strong><br />

geschickt.<br />

Finanzielle Unterstützung gibt es mit einer einfachen Bewerbung beim <strong>bvmd</strong>, die Allianz Versicherung bietet<br />

auch immer wieder Fahrtkostenzuschüsse an, die unter www.stethosglobe.de ausgeschrieben werden. Ansonsten<br />

lohnt es sich auch oft, die Homepage des Auslandsamtes der eigenen Uni zu durchsuchen oder direkt<br />

nachzufragen, ob die Uni eigene Fördermittel bereitstellt.<br />

Um sprachlich im Krankenhaus nicht gleich frustriert zu werden, habe ich versucht, mein medizinisches<br />

Englisch-Vokabular zu erweitern. Das Büchlein „Medical English“ im Thieme-Verlag finde ich empfehlenswert<br />

(u.a. wegen der Abkürzungen!). An der Uni wird ja oft auch ein Kurs für medical English angeboten, den ich auf<br />

jeden Fall besuchen würde, falls Du Dich mit der Sprache allgemein unsicher fühlst und die Zeit dazu hast.<br />

Natürlich geht’s immer auch ohne, aber so manche (Sprach-)Hemmung muss man nicht erst im Land selbst<br />

abbauen.<br />

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vmd-Austausch-Bericht: PJ in <strong>Wellington</strong>, Neuseeland<br />

Visum<br />

Bis zu 3 Monaten kann man sich als Deutscher ohne Visum in Neuseeland aufhalten. Da ich einen etwas<br />

längeren Urlaub angeschlossen habe, habe ich ein Besucher-Visum beantragt, das ist etwas günstiger als das<br />

Studenten-Visum und für bis zu 3 Monate studieren völlig ausreichend. Man kann es direkt bei der<br />

neuseeländischen Botschaft (www.nzembassy.com) beantragen oder die VisumCentrale beauftragen (www.visumcentrale.de).<br />

Vorteil: man kann sicher sein, dass es rechtzeitig da ist (dauert etwa 4 Wochen), Nachteil: kostet 50€<br />

Bearbeitung plus Rückversand. Das Visum selber kostete bei mir 60€ (siehe www.immigration.govt.nz/fees je<br />

nachdem, was für ein Visum Du willst).<br />

Neben Passfoto und natürlich Pass muss man noch einen finanziellen Nachweis mitschicken, der zeigt, dass man<br />

1000NZ$ pro Monat zur Verfügung hat (oder 400NZ$ und bereits gezahlte Unterkunft). Ich hatte<br />

Kontoauszüge der letzten beiden Monate mitgeschickt und mein monatliches Einkommen markiert, das hat<br />

gereicht.<br />

Gesundheit<br />

Für Neuseeland braucht man keine besonderen Impfungen; die überaus lästigen Mücken („sandflies“), die am<br />

Wasser (v.a. auf der Südinsel) ihr Unwesen treiben, übertragen außer extremem Juckreiz keine Krankheiten.<br />

Für die Klinik brauchte ich allerdings einen MRSA-Abstrich und Tb-Test, die Hepatitis-Impfung sollte auch<br />

im Impfbüchlein sein.<br />

Meist wird empfohlen, das Wasser aus den Flüssen nicht zu trinken, da Überträger einer Durchfallerkrankung<br />

weit verbreitet sind. Also falls Du auf Nummer sicher gehen, aber trotzdem das Wasser aus dem Fluss trinken<br />

möchtest, kannst Du evtl. micro-pur Tabletten (oder andere) oder einen Kocher mitnehmen (gibt’s aber auch<br />

beides dort, vielleicht sogar billiger). Ich habe überall von fließendem Wasser getrunken ohne jemals Probleme<br />

zu bekommen, aber das kann man ja nicht verallgemeinern.<br />

Neben Deiner üblichen Reiseapotheke ist natürlich Sonnencreme !! das A und O - auch noch nach 2 Monaten<br />

südlicher Hemisphäre und bei grauem Himmel mit Regen.<br />

Sicherheit<br />

Obwohl ich Neuseeland nach wie vor als sehr sicheres Reiseland einschätze, war ich ein wenig verunsichert<br />

durch zahlreiche Warnschilder, z.B. keine Wertsachen im Auto liegen zu lassen. Aber das lässt sich ja an den<br />

beliebtesten Touristenorten einrichten. In <strong>Wellington</strong> wurde uns einmal ein Reifen zerstochen, und ein Bekannter<br />

hatte eine eingeschlagene Windschutzscheibe, ohne etwas geklaut zu haben.<br />

Geld<br />

In Neuseeland bezahlt man mit neuseeländischem Dollar, der grob 1:2 (€ : NZD) steht. Mit Visa-Karte<br />

konnte ich überall Geld abheben und in den allermeisten Läden auch zahlen. Da es bei verschiedenen Banken<br />

immer wieder Kreditkarten umsonst gibt, mit denen man teilweise auch umsonst Geld abheben kann, finde ich<br />

das die einfachste Zahlungsart. So musste ich mich vor Reiseantritt auch nicht um NZD oder Traveller Cheques<br />

kümmern, sondern hab bequem am Flughafen etwas Geld abgehoben.<br />

Die Lebenshaltungskosten schätze ich insgesamt als etwas geringer ein im Vergleich zu Deutschland.<br />

Sprache<br />

Der Kiwi-Akzent ist vielleicht gewöhnungsbedürftig, und natürlich gibt es eigene Kiwi-Ausdrücke, die in anderen<br />

englischsprachigen Ländern nicht gebraucht werden, aber mit einem guten Schulenglisch hat man eine gute<br />

Grundlage. Wie bereits erwähnt fand ich das Medical English-Büchlein (Thieme-Verlag) sehr hilfreich und<br />

würde auch einen Kurs an der Uni empfehlen, wenn man Bedenken hat, ob man überhaupt Englisch sprechen<br />

kann.<br />

Zweite Amtssprache ist Maori, die ich allerdings nicht beherrsche und nur sehr wenig gehört habe.<br />

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vmd-Austausch-Bericht: PJ in <strong>Wellington</strong>, Neuseeland<br />

Verkehrsverbindungen<br />

Die drei internationalen Flughäfen liegen in Auckland, <strong>Wellington</strong> und Christchurch. Dorthin fliegt man<br />

z.B. mit Qantas oder AirNewZealand (gehört zur StarAlliance), normalerweise über Singapore bzw. Los Angeles<br />

oder San Francisco.<br />

Im Land selbst sind die öffentlichen Verkehrsmittel mitunter rar. Größere Städte haben einen Flughafen, der<br />

selbstverständlich von AirNewZealand angeflogen wird. Günstige Angebote gibt’s auf der Homepage von<br />

AirNewZealand unter „grabaseat“ (www.airnewzealand.co.nz). (Schnell zuschlagen, wenn der gesuchte Flug<br />

dabei ist, die sind manchmal in Minuten weg!)<br />

Die Fähre zwischen Nord- und Südinsel dauert 3 bis 3½ Stunden und fährt mehrmals am Tag von<br />

<strong>Wellington</strong> nach Picton und zurück. Es gibt zwei verschiedene Anbieter: beim Interislander<br />

(www.interislander.co.nz) gibt es oft online-Angebote, ansonsten fand ich die bluebridge-Fähre<br />

(www.bluebridge.co.nz) praktischer, da sie oft günstiger war und in <strong>Wellington</strong> vom Stadtzentrum losfährt (für<br />

den Interislander gibt’s nen kostenlosen shuttle vom Bahnhof, also auch nicht wild, dauert nur ein bisschen<br />

länger). Kosten: 50-60 NZD pro Person, Auto etwa 160NZD.<br />

Züge sind mehr für Touristen sind, glaub ich, da z.B. eine Fahrt Auckland-<strong>Wellington</strong> 12 Stunden dauert und viel<br />

teurer ist als das Flugzeug. Aber natürlich auch umweltfreundlicher und sehr viel reizvoller! Weniger<br />

umweltfreundlich, aber einfach am praktischsten ist natürlich das Auto, das deshalb auch jeder 2. Kiwi selbst<br />

besitzt. Suchen kann man z.B. bei www.trademe.co.nz (wie ebay). Benzin war vergleichsweise spottbillig.<br />

Kommunikation<br />

Obwohl ich daheim mein Handy nur für Notfälle bei mir habe, konnte ich mir ein soziales Leben dort nicht<br />

ohne dieses kleine Gerät vorstellen. Mit der Internetseite „Peter zahlt“ (www.peterzahlt.de) kann man von<br />

Deutschland aus umsonst in Neuseeland anrufen, ansonsten gibt’s natürlich Skype oder voip-Buster<br />

(www.voipbuster.com).<br />

Unterkunft<br />

Für Austauschstudenten in <strong>Wellington</strong> bietet Anne Woodhouse (Anne.Woodhouse@ccdhb.org.nz) ein Zimmer<br />

im Hostel neben dem Krankenhaus an, von dem ich wenn irgend möglich abraten würde, wenn man sich nach<br />

einem hygienischen, gemütlichen Rückzugsort sehnt. Ich hatte das Glück, in einer WG zu wohnen, die im<br />

gleichen Stadtteil (Newtown) lag (suche bei www.trademe.co.nz, unter „Flatmates wanted“ kann man auch den<br />

Stadtteil eingeben (z.B. Newtown, wenn man in der Nähe von der Klinik wohnen möchte).<br />

In der Regel wird wochenweise vermietet, und die meisten Zimmer scheinen recht kurzfristig ausgeschrieben zu<br />

werden. Natürlich kann man auch in das Hostel ziehen (da lernt man auch gleich viele Leute kennen) und von<br />

dort aus nach einem Zimmer suchen, man muss ja nicht gleich für 2 Monate zahlen und Anne hat damit auch<br />

kein Problem.<br />

Literatur<br />

Reiseführer gibt’s natürlich en masse, vom Lonely Planet (mit dem Du garantiert nicht lonely bist) bis zum<br />

Baedeker, da liegt ja Jedem ein Anderer. Wirklich interessant fand ich den „Reiseführer Natur“ im BLV Verlag<br />

(München), der nicht nur über Flora und Fauna berichtet, sondern auch ein paar Wanderwege vorschlägt.<br />

Mitzunehmen<br />

Für die Klinik: Stethoskop etc., Anzug für die Herren, etwas Schickes ohne Ausschnitt für die Damen. Weiße<br />

Kleidung braucht man nicht. Eine kleine Tasche zum Umhängen im Krankenhaus ist auch praktisch, dann kann<br />

man auch das Medical English Büchlein einstecken. In mein eigenes Lehrbuch hab ich selten reingeschaut. Die<br />

englischen Bücher aus der Bibliothek fand ich praktischer, da man dann gleich die englischen Bezeichnungen<br />

liest.<br />

Sonst: warme Kleidung (Neuseeland ist nicht Australien), Bergschuhe, falls Du gerne wandern gehst,<br />

Pumpernickel, falls Du das deutsche Brot vermisst, Adapter, evtl. Mehrfachsteckdose, Passbilder kann man<br />

immer mal brauchen.<br />

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vmd-Austausch-Bericht: PJ in <strong>Wellington</strong>, Neuseeland<br />

Reise und Ankunft<br />

Meine An- und Ausreise lief problemlos. Am Flughafen in <strong>Wellington</strong> gibt’s einen shuttle-Bus für 15-20 NZD,<br />

der einen direkt zu Dir nach Hause in die Stadt fährt. Deutlich billiger als das Taxi!<br />

Tätigkeitsbeschreibung und fachliche Eindrücke<br />

Mein erster Tag war sehr gemütlich, da ich erst eine Einführung in Bibliothek, Computerraum, Kaffeemaschine<br />

etc. bekam und die Formalitäten und Ausweis organisiert wurden, bevor ich in die Klinik kam.<br />

In der endokrinologischen Abteilung war ich zunächst sehr überrascht, da es keine Station gab, sondern nur<br />

„outpatients“, also ausschließlich Sprechstunde. Dementsprechend konnte ich anfangs nicht viel selber machen,<br />

außer mit drin sitzen und zuhören, was dafür den Vorteil hatte, dass ich mich gemütlich mit dem Englisch und<br />

den medizinischen Ausdrücken vertraut machen konnte. Ein weiterer Vorteil lag darin, dass ich mit Arzt und<br />

Patient alleine war, und die Ärzte auch voll auf mich eingegangen sind, was in einem größeren Team auf Station<br />

vielleicht nicht so schnell passiert. Ich war auch die einzige Studentin dort.<br />

Nach einer Weile konnte ich die Patienten (zumindest in der Diabetessprechstunde) auch in mein eigenes<br />

Sprechzimmer holen, sie befragen, untersuchen und mir Gedanken machen, ob und wie die Therapie geändert<br />

werden muss. Der zuständige Arzt kam danach jeweils dazu, dem ich die Patienten vorstellen und meine<br />

Therapie vorschlagen konnte.<br />

Die meiste Zeit war ich mit Dr. John Delahunt, dem Chef unterwegs (ein älterer, sehr erfahrener englischer Arzt,<br />

der den Gentleman definiert). Von ihm konnte ich sehr viel lernen, z.B. fand ich es ausgesprochen hilfreich, dass<br />

er mich (am Anfang) genau beobachtete, wie ich die Patienten untersuchte und mir viele Tipps zur Verbesserung<br />

gab. Aber auch die anderen Ärzte und Schwestern waren sehr nett und nahmen sich viel Zeit, wenn ich mit ihnen<br />

dabei war. In der Diabetesklinik ging ich außerdem mit der Ernährungsberaterin mit, mit der „diabetes-nurse“,<br />

die die Diabetespatienten auf Station abklappert und deren Therapie betrachtet und evtl. umstellt, zur Kinder-<br />

Diabetessprechstunde und in die Sprechstunde für Gestationsdiabetikerinnen.<br />

Abgesehen davon fand ich die übrige Endokrinologie total spannend: viele Schilddrüsenpatienten natürlich,<br />

Osteoporose, Prolaktinome, Akromegalie, Transvestiten und Transsexuelle (die ihre Hormone abholen), manche<br />

Syndrome und Pubertätsstörungen waren die häufigsten Krankheitsbilder. Die Therapie unterscheidet sich dabei<br />

nicht wesentlich von der unserigen, außer dass der Polynesierin, die mit dem Boot extra für 2 Tage nach<br />

<strong>Wellington</strong> anreist, um den Arzttermin wahrnehmen zu können, eine größere Packung Hormone verschrieben<br />

werden, damit sie nicht so oft kommen muss und da auf ihrer Insel keine Notfallversorgung gewährleistet ist.<br />

Die zweite Hälfte meines Auslandstertials war ich im Emergency Department, wo ich eindeutig mehr selber<br />

tun konnte. Die Schwestern führen dort eine Triage der Patienten durch, was am Computer mit einer Farbe und<br />

Nummer angezeigt wird. Als Student („intern“) kann man sich dann am Computer gleich eintragen, wenn man<br />

den Patienten sehen möchte, einem Oberarzt („consultant“) Bescheid sagen, und die Patienten eigenständig<br />

versorgen soweit man sich das zutraut. Dann wird der Patient dem consultant vorgestellt, die bisher angeordnete<br />

Diagnostik und Therapie besprochen und evtl. ergänzt, und man geht zusammen nochmal zum Patienten, um<br />

alles gemeinsam zu besprechen.<br />

Allerdings habe ich hier eine Weile gebraucht, um mich zurecht zu finden. Auf den ersten Blick scheint alles eher<br />

undurchsichtig, und ich musste erst herausfinden, wer wofür zuständig ist, an wen ich mich wenden kann, wie<br />

das System überhaupt funktioniert, wo ich was finde etc. (V.a. im Gegensatz zur kleinen Endokrinologie war die<br />

Notaufnahme einfach nicht so übersichtlich.) Leider war auch mein Ansprechpartner im Urlaub (David – total<br />

nett und sehr hilfsbereit, immer zu sprechen und mit Spaß am „teaching“), und es gab zu der Zeit auch keine<br />

anderen Studenten, die ebenfalls eine kleine Einführung gebraucht hätten. Aber nach einer Weile findet man<br />

auch so heraus, wie der Hase läuft, und wenn man weiß, wer Spaß daran hat, einem etwas beizubringen, kann<br />

man unheimlich viel machen und lernen.<br />

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass in der neuseeländischen Ausbildung eine viel offenere Lehrkultur<br />

herrscht. Es ist selbstverständlich, dass man als jüngere Kollegin mitgehen kann, dass Fragen gestellt und<br />

ausführliche Antworten gegeben werden (ohne das Gefühl zu bekommen, dass man nerven muss). Auch<br />

differentialdiagnostisches Denken hat einen größeren Stellenwert als ich es in meinem Studium in Deutschland<br />

mitbekommen habe. Außerdem habe ich den Eindruck, dass die Ausbildung besser strukturiert und kontrolliert<br />

wird, so hatten Studenten immer einen Ansprechpartner, der für sie zuständig war und erklärte, was sie im<br />

jeweiligen Praktikum lernen sollten. (Mag auch lästig sein, aber kann auch viele Vorteile haben...)<br />

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vmd-Austausch-Bericht: PJ in <strong>Wellington</strong>, Neuseeland<br />

Land und Leute<br />

Da ich in einer WG gewohnt habe, habe ich auch schnell Anschluss gefunden. Aber auch die Studenten im<br />

Unterricht waren freundlich, haben mich gleich mit zu Barbecues eingeladen und waren offen für<br />

Unternehmungen und Treffen. In <strong>Wellington</strong> und Umgebung gibt´s Vieles zu entdecken: kostenlose Konzerte<br />

im Botanischen Garten, mit dem Fahrrad die Buchten abfahren, auch die Museen, v.a. das Nationalmuseum<br />

TePapa ist wirklich sehenswert! Auch in der Umgebung gibt´s schöne Ausflugsziele: Wandern im Tararua Forest<br />

(für organisierte Fahrgemeinschaften kann man dem Mountaineering Club beitreten), Cape Palliser, viele „walks<br />

and tramps“ in <strong>Wellington</strong> selber...<br />

Fazit<br />

Meine Erwartungen wurden auf jeder Ebene voll und ganz erfüllt: im Krankenhaus konnte ich mich selber<br />

organisieren und so genau das tun und lassen, was ich wollte, wodurch ich auch eine Menge gelernt habe. Ich<br />

hatte trotzdem genug Freizeit, um viel von Stadt und Land zu sehen und zu unternehmen und konnte auch<br />

einige nette Leute kennen lernen, mit denen sich tolle Freundschaften entwickelt haben. Ich würde das PJ-Tertial<br />

sofort wieder dort machen und auf jeden Fall wieder nach Neuseeland reisen, vielleicht auch um dort zu<br />

arbeiten.<br />

Für mich persönlich ziehe ich – was Lehre am Krankenhaus angeht – die Konsequenz, dass die Atmosphäre, in<br />

der gelernt wird, ausschlaggebend ist. Ich finde es wichtig, den Lernenden genug Freiraum zu geben, zu tun und<br />

lassen, was sie sich selbst zutrauen, ohne sich allein gelassen zu fühlen. Was das Leben im Ausland angeht, habe<br />

ich die Erfahrung gemacht, dass man – auch wenn man die Sprache gut beherrscht und die Kultur nicht<br />

komplett fremd ist, als Ausländer immer auf die Hilfe anderer angewiesen ist. Daraus ziehe ich für mich die<br />

Konsequenz, Ausländern im eigenen Land – soweit möglich - hilfsbereit gegenüberzutreten.<br />

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