Verfassungsschutzbericht 2004 - Brights - Die Natur des Zweifels

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34 Prägende rechtsextremistische Skinhead-Musik Gewandeltes Verhältnis der Neonazi-Szene zur NPD Erheblicher Bedeutungszuwachs für die NPD R E CHTSE X TREMI S TI SCHE B E S TREBUNGEN Anhaltspunkte für terroristische Absichten weiterer Rechtsextremisten lagen 2004 nicht vor, allerdings beschlagnahmten die Sicherheitsbehörden wiederholt Waffen und Sprengstoff. In rechtsextremistischen Internetforen finden sich zudem zunehmend Gewaltaufrufe. Eine intensiv geführte Gewaltdiskussion ist in der Szene jedoch nicht feststellbar. Terroristische Gewalttaten zur Durchsetzung politischer Ziele lehnt die überwiegende Zahl der Rechtsextremisten aus taktischen Gründen derzeit ab (vgl. Kap. III, Nr. 2). Die Skinhead-Musik ist nach wie vor für viele Jugendliche attraktiv. Über sie erhalten diese Jugendlichen Kontakt zur rechtsextremistischen Szene. Skinhead-Musik hat damit eine bedeutende Funktion bei der Entstehung und Verfestigung von Gruppen rechtsextremistischer gewaltbereiter Jugendlicher. Durch die von Rechtsextremisten unter der Bezeichnung „Projekt Schulhof“ geplante bundesweite Verteilung von CDs mit rechtsextremistischen Inhalten versucht die Szene, Jugendliche für sich zu gewinnen. Die subkulturell geprägte Skinhead-Szene ist weiterhin insbesondere mit ihren Musikveranstaltungen aktiv. Die Anzahl der Konzerte hat im Jahr 2004 deutlich zugenommen. Auch die Zahl der Skinhead-Bands ist ähnlich wie die Zahl der Vertriebe und der rechtsextremistischen Fanzines angestiegen. Die Skinhead-Szene steht einer organisatorischen Einbindung durch rechtsextremistische Parteien eher ablehnend gegenüber. Gleichwohl nahmen zahlreiche Skinheads an Großveranstaltungen der NPD teil (vgl. Kap. III, Nr. 3). Das überwiegend in rund 160 Kameradschaften organisierte neonazistische Personenpotenzial hat 2004 weiter zugenommen. Die auf Aktionismus ausgerichtete Strategie der Neonazis, möglichst viele Demonstrationen zu organisieren, lässt die Szene für junge Leute attraktiv erscheinen. Durch die Gründung von „Aktionsbüros“ oder „Aktionsbündnissen“ versuchen die Neonazis, einer Zersplitterung der Szene entgegenzuwirken. Themenschwerpunkte neonazistischer Agitation im Jahr 2004 waren die Sozialreformen der Bundesregierung. Die NPD hat durch die von ihr propagierte „deutsche Volksfront“ aus Sicht bedeutender Teile der Neonazi-Szene erheblich an Attraktivität gewonnen. Führende Neonazis haben sich so von der Partei organisatorisch einbinden lassen (vgl. Kap. IV). Die NPD hat 2004 durch ihren Einzug in den Landtag von Sachsen innerhalb des Rechtsextremismus erheblich an Bedeutung gewonnen. Durch das von ihr propagierte Konzept einer „deutschen Volksfront“ wurde sie zum Mittelpunkt von Versuchen zur Einigung des rechtsextremistischen Lagers. Ihr ist es gelungen, Wahlabsprachen mit der

R E CHTSE X TREMI S TI SCHE B E S TREBUNGEN DVU für die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen sowie für die in den nächsten Jahren anstehenden Wahlen zu vereinbaren. Die Partei hat sich zunehmend der neonazistischen Szene geöffnet. Führende Neonazis traten der Partei bei, einer wurde in den Bundesvorstand gewählt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete die NPD in ihrem Mitgliederbestand einen Aufwärtstrend. Das strategische „Drei-Säulen-Konzept“ („Kampf um die Straße“, „Kampf um die Köpfe“, „Kampf um die Parlamente“) wurde um die Säule „Kampf um den organisierten Willen“ erweitert. Die Partei hielt unverändert an ihrer aggressiv-kämpferischen Feindschaft gegenüber der freiheitlichen demokratischen Grundordnung fest. Der Parteivorsitzende Udo VOIGT äußerte offen seine Sympathie für Elemente der nationalsozialistischen Ideologie (vgl. Kap. V, Nr. 1). Die DVU blieb mit einer nahezu konstanten Mitgliederzahl die mitglieder- und finanzstärkste Organisation im parteipolitischen Rechtsextremismus. Die innerparteiliche Machtposition des Vorsitzenden Dr. Gerhard FREY war unangefochten. DVU und NPD vereinbarten für die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, sich nicht durch konkurrierende Wahlantritte zu behindern. Der DVU gelang bei der Landtagswahl in Brandenburg am 19. September mit sechs Abgeordneten der Wiedereinzug in den Landtag. Die Parteivorsitzenden von DVU und NPD kamen überein, ihre Bündnisstrategie auch bei künftigen Wahlen auf Landes-, Bundes- und Europaebene fortzusetzen (vgl. Kap. V, Nr. 2). Bei den REP liegen weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen vor. Wie in den Vorjahren war das Erscheinungsbild der von Dr. Rolf SCHLIERER geführten Partei 2004 von innerparteilichen Streitigkeiten um den Kurs der Partei und von Mitgliederverlusten geprägt. Auch aus Unzufriedenheit mit der Parteiführung suchten zahlreiche Mitglieder Kontakte zu anderen Rechtsextremisten. Dennoch gelang es der Partei, bei den Wahlen zum Europäischen Parlament und bei der Landtagswahl in Thüringen mehr Stimmen zu erzielen als ihre Konkurrenzparteien aus dem rechtsextremistischen Spektrum. Punktuelle Wahlerfolge konnten die REP auch bei einzelnen Kommunalwahlen erzielen. SCHLIERER wurde bei der Neuwahl des REP-Bundesvorstandes mit lediglich rund 60 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt (vgl. Kap. V, Nr. 3). Die Intellektualisierungsbemühungen im Rechtsextremismus, insbesondere in Richtung einer „kulturellen Hegemonie“, blieben auch im Jahr 2004 ohne Erfolg. Die NPD hat den „Kampf um die Köpfe“ zugunsten des „Kampfes um die Parlamente“ und des „Kampfes um den organisierten Willen“ zurückgestellt. Auch von anderen rechts- DVU gelingt der Wiedereinzug in den Landtag von Brandenburg REP von innerparteilichen Querelen gekennzeichnet 35 Intellektualisierungsbemühungen erfolglos BERICHT 2004

R E CHTSE X TREMI S TI SCHE B E S TREBUNGEN<br />

DVU für die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen sowie für<br />

die in den nächsten Jahren anstehenden Wahlen zu vereinbaren.<br />

<strong>Die</strong> Partei hat sich zunehmend der neonazistischen Szene geöffnet.<br />

Führende Neonazis traten der Partei bei, einer wurde in den Bun<strong>des</strong>vorstand<br />

gewählt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete die NPD in<br />

ihrem Mitgliederbestand einen Aufwärtstrend. Das strategische<br />

„Drei-Säulen-Konzept“ („Kampf um die Straße“, „Kampf um die<br />

Köpfe“, „Kampf um die Parlamente“) wurde um die Säule „Kampf um<br />

den organisierten Willen“ erweitert. <strong>Die</strong> Partei hielt unverändert an<br />

ihrer aggressiv-kämpferischen Feindschaft gegenüber der freiheitlichen<br />

demokratischen Grundordnung fest. Der Parteivorsitzende<br />

Udo VOIGT äußerte offen seine Sympathie für Elemente der nationalsozialistischen<br />

Ideologie (vgl. Kap. V, Nr. 1).<br />

<strong>Die</strong> DVU blieb mit einer nahezu konstanten Mitgliederzahl die mitglieder-<br />

und finanzstärkste Organisation im parteipolitischen<br />

Rechtsextremismus. <strong>Die</strong> innerparteiliche Machtposition <strong>des</strong> Vorsitzenden<br />

Dr. Gerhard FREY war unangefochten. DVU und NPD vereinbarten<br />

für die Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg, sich<br />

nicht durch konkurrierende Wahlantritte zu behindern. Der DVU<br />

gelang bei der Landtagswahl in Brandenburg am 19. September mit<br />

sechs Abgeordneten der Wiedereinzug in den Landtag. <strong>Die</strong> Parteivorsitzenden<br />

von DVU und NPD kamen überein, ihre Bündnisstrategie<br />

auch bei künftigen Wahlen auf Lan<strong>des</strong>-, Bun<strong>des</strong>- und Europaebene<br />

fortzusetzen (vgl. Kap. V, Nr. 2).<br />

Bei den REP liegen weiterhin tatsächliche Anhaltspunkte für rechtsextremistische<br />

Bestrebungen vor. Wie in den Vorjahren war das Erscheinungsbild<br />

der von Dr. Rolf SCHLIERER geführten Partei <strong>2004</strong><br />

von innerparteilichen Streitigkeiten um den Kurs der Partei und von<br />

Mitgliederverlusten geprägt. Auch aus Unzufriedenheit mit der<br />

Parteiführung suchten zahlreiche Mitglieder Kontakte zu anderen<br />

Rechtsextremisten. Dennoch gelang es der Partei, bei den Wahlen<br />

zum Europäischen Parlament und bei der Landtagswahl in Thüringen<br />

mehr Stimmen zu erzielen als ihre Konkurrenzparteien aus dem<br />

rechtsextremistischen Spektrum. Punktuelle Wahlerfolge konnten<br />

die REP auch bei einzelnen Kommunalwahlen erzielen.<br />

SCHLIERER wurde bei der Neuwahl <strong>des</strong> REP-Bun<strong>des</strong>vorstan<strong>des</strong> mit lediglich<br />

rund 60 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt (vgl.<br />

Kap. V, Nr. 3).<br />

<strong>Die</strong> Intellektualisierungsbemühungen im Rechtsextremismus, insbesondere<br />

in Richtung einer „kulturellen Hegemonie“, blieben auch<br />

im Jahr <strong>2004</strong> ohne Erfolg. <strong>Die</strong> NPD hat den „Kampf um die Köpfe“ zugunsten<br />

<strong>des</strong> „Kampfes um die Parlamente“ und <strong>des</strong> „Kampfes um<br />

den organisierten Willen“ zurückgestellt. Auch von anderen rechts-<br />

DVU gelingt der<br />

Wiedereinzug in<br />

den Landtag von<br />

Brandenburg<br />

REP von<br />

innerparteilichen<br />

Querelen<br />

gekennzeichnet<br />

35<br />

Intellektualisierungsbemühungen<br />

erfolglos<br />

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