Sprechzettel für Herrn Minister Dr. Althusmann ... - Bildungsklick
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<strong>Sprechzettel</strong> <strong>für</strong> <strong>Herrn</strong> <strong>Minister</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Althusmann</strong><br />
anlässlich der PK zur Schulstruktur<br />
am 26. Oktober 2010 um 16:30 Uhr im LPK Raum<br />
- es gilt das gesprochene Wort -<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
mit den heute vorgestellten Eckpunkten <strong>für</strong> langfristig tragfähige<br />
Schulstrukturen bereiten wir uns auf die in erster Linie demographisch<br />
bedingten Herausforderungen <strong>für</strong> unser Schulwesen vor. Wir richten<br />
die Schulstruktur neu aus und werden unser Schulwesen behutsam<br />
weiterentwickeln.<br />
Niedersachsen beschreitet damit mittel- bis langfristig den Weg in die<br />
Zweigliedrigkeit. Wir bieten mit einem neuen Angebot insbesondere <strong>für</strong><br />
den Sekundarbereich I neue Optionen:<br />
1. Es ermöglicht den Schulträgern, Standortprobleme zu lösen,<br />
2. Es entspricht dem Wunsch vieler Eltern nach einem weiteren<br />
gymnasialen Angebot und<br />
3. unterscheidet sich durch ein hohes Differenzierungsangebot von einer<br />
reinen Schulzusammenfassung.<br />
Niedersachsen ist damit der Zukunft ein stückweit voraus, wir stellen<br />
die Weichen richtig. Es wäre wünschenswert, wenn dieses Angebot<br />
ernsthaft mit seinen Möglichkeiten debattiert wird und eine Chance<br />
erhält.
Zur Ausgangslage:<br />
Für Niedersachsen wird ein Rückgang der Schülerzahlen bis zum<br />
Jahr 2020 um rund 25 Prozent bei regional sehr unterschiedlicher<br />
Entwicklung prognostiziert – in einigen Regionen sogar bis 40 Prozent.<br />
Entsprechend der schulgesetzlichen Aufgabenverteilung haben die<br />
Schulträger das notwendige Schulangebot und die erforderlichen<br />
Schulanlagen vorzuhalten. Die veränderten demografischen<br />
Rahmenbedingungen stellen daher nicht nur das Land, sondern auch<br />
die Kommunen vor zentrale Herausforderungen. Dies umso mehr, weil<br />
Niedersachsen eine Vielzahl unterschiedlicher Regionen aufweist: Harz,<br />
Heide, Küste, Inseln, kleine Dörfer und Großstädte.<br />
Sowohl politische Entscheidungsträger verschiedenster Parteien als<br />
auch kommunale Schulträger sind in den letzten Monaten an das<br />
Niedersächsische Kultusministerium herangetreten, da § 106 NSchG nur<br />
noch bedingt einzuhalten ist.<br />
Aufgrund der demografischen Entwicklung ist es vielerorts kaum noch<br />
möglich, die bestehenden Schulstrukturen weiter vorzuhalten. Es wird<br />
bereits über Schulschließungen diskutiert.<br />
Fakten zur demographischen Entwicklung:<br />
•An den allgemein bildenden Schulen sind die Schülerzahlen in diesem<br />
Schuljahr bereits zum sechsten Jahr in Folge zurückgegangen (auf rund<br />
928.000 Schülerinnen und Schüler).<br />
•Seit 2004 ist ein Rückgang von über 64.000 Schülerinnen und Schülern<br />
zu verzeichnen.<br />
•Gab es in 2006 an den allgemein bildenden Schulen noch über 930.000<br />
Schüler und Schülerinnen, so werden es im Jahr 2020 wahrscheinlich<br />
nur noch gut 700.000 Schüler und Schülerinnen sein.<br />
•In den 1. Klassen an Grundschulen und Förderschulen wurden zum<br />
Schuljahresbeginn rund 80.000 Schülerinnen und Schüler eingeschult.<br />
•Rund 70 Prozent der Hauptschulen unterschreiten bereits die<br />
vorgeschriebene Zügigkeit.
•Die Eltern entscheiden selbst, auf welche weiterführende Schulform<br />
ihr Kind wechselt. Auffällig ist seit Jahren, dass deutlich mehr Eltern<br />
ihre Kinder auf das Gymnasium schicken, obwohl eine entsprechende<br />
Empfehlung nicht vorliegt. Ebenfalls ist seit mehreren Jahren zu<br />
beobachten, dass nicht alle Eltern der Hauptschulempfehlung folgen.<br />
•Eltern wollen die gymnasiale Option <strong>für</strong> ihre Kinder so lange wie möglich<br />
offen halten.
Eckpunkte <strong>für</strong> Schulkonsens, LER – Gespräch am 30.09.2010:<br />
I.Der freie Elternwille bleibt erhalten.<br />
Der freie Elternwille <strong>für</strong> die Wahl der weiterführenden Schule<br />
bleibt nach Abschluss der Grundschule erhalten.<br />
II. Alle weiterführenden Schulen des Niedersächsischen<br />
Schulgesetzes können fortgeführt werden, dabei ist Inklusion<br />
Aufgabe aller Schulformen.<br />
Alle tragfähigen Schulstrukturen können weitergeführt werden,<br />
sofern die Schülerzahl dies hergibt und sich die Schulträger<br />
dazu entschließen.<br />
Beginnend in 2012 und dann in den folgenden Jahren<br />
aufsteigend wird Inklusion in allen Schulformen umgesetzt.<br />
Hier<strong>für</strong> werden demnächst die gesetzlichen Grundlagen<br />
geschaffen.<br />
III. Mehr Flexibilität <strong>für</strong> Schulträgerentscheidungen vor Ort.<br />
Die Schulträger haben mit der zukünftigen Schulstruktur mehr<br />
Möglichkeiten, nach § 106 NSchG ihre Entscheidungen über die<br />
Schullandschaft vor Ort zu treffen.<br />
IV.Senkung der Hürden <strong>für</strong> die Neueinrichtung von Gesamtschulen<br />
und eine Lockerung der Verpflichtung <strong>für</strong> die Schulträger sämtliche<br />
Schulformen vor Ort anbieten zu müssen.<br />
Eine Senkung der Hürden <strong>für</strong> die Neueinrichtung einer IGS ist<br />
mit Blick auf die langfristige Entwicklung in Niedersachsen nicht<br />
zwingend notwendig.<br />
V. Herabsetzung der Mindestzügigkeit neuer Gesamtschulen und<br />
Wegfall der 14-Jahre-Prognose <strong>für</strong> die Schülerzahlen.<br />
Daraus ergibt sich <strong>für</strong> mich folgende Empfehlung:<br />
Zukünftige Schulstruktur <strong>für</strong> Niedersachsen<br />
I.Es soll eine Oberschule eingeführt werden, zu deren Errichtung die<br />
Schulträger grundsätzlich berechtigt (nicht verpflichtet) sind. Unter<br />
Berücksichtigung des demografischen Wandels und der regionalen
Struktur ist geplant, sie in zwei Formen zu ermöglichen:<br />
• als Oberschule mit Gymnasialangebot, mindestens dreizügig<br />
und<br />
• als Oberschule ohne Gymnasialangebot, mindestens<br />
zweizügig.<br />
Die Oberschule mit gymnasialem Angebot kann bei ausreichenden<br />
Schülerzahlen eine gymnasiale Oberstufe führen.<br />
II. Die Oberschule wird als Ganztagsschule mit teilweise<br />
verpflichtendem, im Übrigen freiwilligem Ganztagsangebot<br />
(teilgebundene Ganztagsschule) geführt. Jede Oberschule erhält<br />
sozialpädagogisches Fachpersonal.<br />
III. Die Oberschule soll künftig anstelle organisatorisch<br />
zusammengefasster Haupt- und Realschulen und Kooperativer<br />
Gesamtschulen geführt werden. Bestehende Kooperative<br />
Gesamtschulen dürfen weitergeführt werden. Bestehende<br />
Kooperative Gesamtschulen können auf Wunsch des Schulträgers<br />
in eine Oberschule überführt werden.<br />
IV.Schulträger können weiterhin selbstständige Hauptschulen und<br />
selbstständige Realschulen führen.<br />
V. Gesamtschulen werden als Integrierte Gesamtschulen fünfzügig<br />
geführt. Schulträger können diese ausnahmsweise auch vierzügig<br />
führen.<br />
VI.Die Schulträger können die Oberschule an einem Schulstandort<br />
auch als alleinige Schulform führen, soweit gewährleistet ist,<br />
dass Schülerinnen und Schüler ein Gymnasium unter zumutbaren<br />
Bedingungen erreichen können.
Fazit:<br />
Das heute vorgelegte Modell zur Entwicklung zukunftsfester<br />
Schulstrukturen in Niedersachsen ermöglicht meines Erachtens einen<br />
breiten politischen Konsens. Nicht die Schulstruktur, sondern vielmehr<br />
die Qualitativen Rahmenbedingungen am Lernort Schule entscheiden<br />
über den Bildungserfolg unserer Kinder.<br />
Angesichts des demografischen Wandels und des damit verbundenen<br />
Schülerrückgangs in den nächsten Jahren erwarten auf der<br />
einen Seite die kommunalen Schulträger einen ausreichenden<br />
Entscheidungsrahmen und die an Bildung Beteiligten, sowie auch die<br />
Schüler selbst, eine entsprechende Qualität der Inhalte von Bildung.<br />
Niedersachsen ist mit den vorgestellten Eckpunkten der Zukunft<br />
voraus. Wir erweitern einerseits das Angebot an die kommunalen<br />
Schulträger zur Sicherung einer wohnortnahen Schulversorgung und<br />
bieten andererseits eine attraktive neue Schulform, die auf Bestehendem<br />
aufbaut. Ziel muss es sein, über das vorgelegte Modell zur Stabilität und<br />
Kontinuität im Bildungswesen in Niedersachsen zu kommen und damit<br />
sicherzustellen, dass wir uns zumindest <strong>für</strong> die nächsten zehn Jahre,<br />
nicht in endlosen Schulstrukturdebatten verlieren.<br />
Das neue Oberschulmodell, mit gymnasialer oder ohne gymnasiale<br />
Option, mit integrativen und kooperativen Elementen, ermöglicht<br />
eine Zusammenfassung von Haupt- und Realschulen, das als<br />
ersetzendes Schulangebot den Schulträgern eine teilweise gebundene<br />
Ganztagsschule und eine entsprechende sozialpädagogische<br />
Ausstattung ermöglicht.<br />
In allen Regionen Niedersachsens sichern wir damit das Erreichen des<br />
jeweils höchstmöglichen Bildungsabschlusses in allen Schulformen und<br />
damit eine breite Angebots-Vielfalt.<br />
Zusammengefasst sprechen folgende Vorteile <strong>für</strong> die Einführung einer<br />
Oberschule in Niedersachsen<br />
• Die Oberschule erhöht die Gestaltungsmöglichkeiten der<br />
Schulträger, ein differenziertes Schulangebot auch bei
zurückgehenden Schülerzahlen zu gewährleisten.<br />
• Mit der Oberschule kann in der Fläche ein wohnortnahes, auch<br />
gymnasiales Angebot eingerichtet werden, das den Erwerb aller<br />
Schulabschlüsse ermöglicht.<br />
• Die Oberschule bereitet sowohl auf den Eintritt in eine betriebliche<br />
Ausbildung als auch auf den Eintritt in eine gymnasiale Oberstufe<br />
vor.<br />
• An der Oberschule unterstützen sozialpädagogische Fachkräfte die<br />
unterrichtliche und erzieherische Arbeit der Lehrkräfte.<br />
• Die Oberschule bietet als teilweise gebundene Ganztagsschule<br />
günstige Lernbedingungen.<br />
Ich bedanke mich <strong>für</strong> die Aufmerksamkeit und freue mich auf Ihre<br />
Fragen.