Studienergebnisse SpaceBed
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Broschüre zum Vertiefungskurs Baurealisierung<br />
Lehrstuhl für Baurealisierung und Bauinformatik<br />
Prof. Dr.-Ing. Thomas Bock<br />
WS 1998/1999 - SoSe 1999<br />
<strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit
Lehrstuhl für Baurealisierung und Bauinformatik, Prof. Dr. T. Bock<br />
microarchitecture space studies<br />
Projekt: <strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit<br />
Entwurf: Thomas Dirlich<br />
0.1.1 Inhaltsverzeichnis<br />
0. Intro<br />
0.1 Inhaltsverzeichnis<br />
0.2 Einleitung<br />
0.3 Projektbeschreibung<br />
1. Stage 1: Crew Quarter Concepts<br />
1.1 Anforderungen Crew Quarter<br />
1.2 Space-Architecture-Design Grundlagen<br />
1.3 Crew Quarter Konzept mit seinen Funktionen<br />
1.4 Volumenuntersuchung<br />
2. Stage 2: Sleep Restraint Concepts<br />
2.1 Aufgabe Sleep Restraint<br />
2.2 Medizinisch-Physiologische Grundlagen<br />
2.3 Sleep-Restraint-Design Grundlagen<br />
2.4 Design Entwicklung<br />
3. Stage 3: Ergonomic Testing<br />
3.1 Versuchsbeschreibung<br />
3.2 Versuchsauswertung<br />
4. Stage 4: Prototyping <strong>SpaceBed</strong><br />
4.1 Prototypen Herstellung und Materialien<br />
4.2 Entwicklung des Prototypen
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microarchitecture space studies<br />
Projekt: <strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit<br />
Entwurf: Thomas Dirlich<br />
0.1.2 Inhaltsverzeichnis<br />
5. Stage 5: Parabular Flight Campaign<br />
5.1 Parabelflug Grundlagen<br />
5.2 Parabelflug Testablauf<br />
5.3 Auswertung der Befragung der Testpersonen<br />
5.4 Auswertung des Bildmaterials<br />
6. Stage 6: Project Evaluation<br />
6.1 Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
7. Extro<br />
7.1 Ausblick<br />
7.2 Danksagung
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microarchitecture space studies<br />
Projekt: <strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit<br />
Entwurf: Thomas Dirlich<br />
0.2 Einleitung<br />
In der vorliegenden Arbeit wird der Entstehungsprozeß des Produkts<br />
„<strong>SpaceBed</strong>, Schlafkomfort in Schwerelosigkeit“ beschrieben.<br />
Es handelt es sich um eine neuartige Schlafeinrichtung für die Internationale<br />
Raumstation (ISS).<br />
Das Projekt durchlief sechs Phasen (Stages 1-6 ):<br />
Stage 1:<br />
Stage 2:<br />
Stage 3:<br />
Stage 4:<br />
Stage 5:<br />
Stage 6:<br />
Crew Quarter Concepts<br />
Beschreibung des hier entwickelten Entwurfs für die<br />
„Privatkabine“ der Astronauten, Crew Quarter<br />
Sleep Restraint Concepts<br />
Konzeptionelle Entwicklung der Schlafeinrichtung im<br />
Rahmen des Crew Quarter Konzepts<br />
Ergonomic Testing<br />
Ergonomische Tests zur Schlafeinrichtung anhand von<br />
1:1 Modellen (Mockups)<br />
Prototyping <strong>SpaceBed</strong><br />
Entwicklung der Prototypen des Produkts „<strong>SpaceBed</strong>“<br />
Parabular Flight Campaign<br />
Vorbereitung und Durchführung der Parabelflug Kampagne<br />
mit dem <strong>SpaceBed</strong><br />
Projekt Evaluation<br />
Auswertung des gesamten Projekts<br />
Die Munich Space Design Group bildete sich im WS 1998-1999 am<br />
Lehrstuhl für Gebäudelehre und Produktentwicklung unter der Leitung<br />
von Prof. Ing. Richard Horden.<br />
Mit Unterstützung eines interdisziplinären Teams von Professoren und<br />
Assistenten beschäftigten sich die Architekturstudenten mit dem Design<br />
von ALLtagsgegenständen. In enger Zusammenarbeit mit dem Johnson<br />
Space Center der NASA wurden die Entwürfe zur Produktreife weiterentwickelt<br />
und schließlich im Oktober 1999 auf einem Parabelflugzeug<br />
der NASA in Houston, Texas, in simulierter Schwerelosigkeit getestet.
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Projekt: <strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit<br />
Entwurf: Thomas Dirlich<br />
0.3 Projektbeschreibung<br />
Die Aufgabe der Munich Space Design Group umfaßte die komplette<br />
Einrichtung des Habitation Module für die Internationale Raumstation<br />
ISS. Das Habitation Module war von der NASA als zentrale Wohneinheit<br />
für die 6 Personen starke Besatzung geplant. Es sollte die drei<br />
unterschiedlichen Funktionen Essen/Aufenthalt, Körperhygiene und<br />
Schlafen/Privatbereich in sich vereinen. Die Studenten bildeten drei<br />
Teams, welche die drei Aufgabengebiete übernahmen.<br />
Das „Galley Team“ beschäftigte sich mit der Planung des Küchenbereichs<br />
und des zentralen Eßplatzes; das „ Hygene Area Team“ befaßte<br />
sich mit dem Design einer Naßzelle; das „Crew Quarter Team“, bestehend<br />
aus Julia Habel und mir, Thomas Dirlich, entwarf den Privatbereich<br />
der Crewmitglieder.<br />
Ergebnisse dieser Projekte waren die Produkte:<br />
FLOW - Flexible Onorbit Workstation - ein Arbeitstisch (Galley Team)<br />
PHA - Personal Hygene Assistent . eine Dusche (Hygene Team)<br />
BOCS - Builtin Onorbit Container System - ein Schrank (Julia Habel)<br />
<strong>SpaceBed</strong> - ein neuartiges Bett (Thomas Dirlich)
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Entwurf: Thomas Dirlich<br />
1.1 Anforderung: Crew Quarter<br />
Ein Crew Quarter besteht aus einem persönlichen Arbeitsplatz mit Datenanschluss,<br />
Schlafplatz, Lagermöglichkeit für persönliche Gegenstände<br />
und Kleidung, sowie der Möglichkeit sich umzuziehen. Es sollte ein Rückzugsraum<br />
mit maximaler regenerativer Effektivität auf minimalem Raum<br />
für Menschen in extrem belastenden Arbeitssituationen entstehen.<br />
Als Grundlage für den Entwurf wurde die modulare Einheit des International<br />
Standard Payload Racks (ISPR) gewählt. Das ISPR stellt das<br />
Grundmodul für die Einrichtung der amerikanischen Teile der ISS dar,<br />
und nimmt alle Einrichtungen (Technik, Lagerung, etc.) auf.<br />
Pro Achse sind jeweils vier ISPR auf den Querschnitt der zylindrischen<br />
Raummodule verteilt. Sie bilden die beiden „Seitenwände“, sowie<br />
„Decke“ und „Boden“ des quadratischen Mittelraums. Alle ISPRs können<br />
aus ihrer Halterung rotiert, aus ihrem Platz entnommen und überall<br />
modular in der Station eingesetzt werden. Sämtliche Versorgungsleitungen<br />
befinden sich in den „Ecken“ des Querschnitts.<br />
Mit seinen Dimensionen von 110/200/90 (B/H/T in cm) bietet jedes ISPR<br />
ein Volumen von ca. 2,00 cbm. Pro Crewmitglied stand jeweils nur eine<br />
solche Einheit zur Verfügung. Ein Raumvolumen von nur 2 cbm mußte<br />
also die komplette Privatkabine aufnehmen.
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1.2 Space-Architecture-Design Kriterien, Teil 1<br />
Für die Planungen von sogenanntem Habitability Equipment (Wohnlichkeitsausrüstung)<br />
sind verschiedene Kriterien zu beachten.<br />
Warum Wohnlichkeit<br />
Die Struktur von Raumfahrtmissionen hat sich im Laufe der letzten Jahre<br />
stark gewandelt. Statt kurzfristiger Missionen von wenigen Tagen (bis<br />
zu 11 Tage auf dem Shuttle) wird die Missionsdauer stetig größer. Die<br />
Belastungen für die Mannschaft bei diesen sog. Longtime Space Missions<br />
(Langzeitmissionen) sind wesentlich höher.<br />
Auch die Zusammensetzung des Astronauten Corps hat sich verändert.<br />
Die Generation von Astronauten aus dem direkten Militärdienst<br />
(vornehmlich Piloten von Kampfjets) wird zunehmend abgelöst durch<br />
Wissenschaftler und Forscher. Diese sind nur dann bereit, die volle<br />
Leistung in den sehr intensiven Missionen zu bringen, wenn ihnen ein<br />
gewisses Maß an Komfort geboten wird. Dieser Komfort ist erforderlich,<br />
um den physischen und psychischen Streß zu lindern und eine hohe<br />
Effektivität der Mission zu ermöglichen.<br />
Umweltfaktoren<br />
Der bedeutendste Umweltfaktor in der Raumfahrt ist die Schwerelosigkeit.<br />
Sie bewirkt einen gewissen Anpassungsdruck auf sämtliche<br />
Körperfunktionen. Die neutrale Körperhaltung - auf der Erde entspanntes<br />
Stehen - ändert sich und wird zur sog. Zero-G Haltung. Bei fast allen<br />
Aufgaben muß der Astronaut sich fixieren. In der Schwerelosigkeit gibt<br />
es keine Konvektion an Bord der Station, so daß eine ständige mechanische<br />
Lüftung vorhanden sein muß.<br />
Masse und Volumen<br />
Jedes Kilogramm Masse, das mit einer bemannten Mission in den<br />
erdnahen Orbit transportiert wird, kostet ca. 35 000 EUR. Daher ist die<br />
Minimierung der Masse von für die Raumfahrt bestimmten Produkten<br />
ist ein vordringliches Ziel. Auch eine Minimierung des Packvolumens<br />
ist ein wichtiges Ziel. Diese Forderung ergibt sich aus der Tatsache,<br />
daß mehr Volumen mehr Masse bedeutet und daß mehr Volumen eine<br />
größere Hüllfläche erfordert, was wiederum größere Dichtungsprobleme<br />
(Nahezu-Vakuum im erdnahen Orbit) bedingt.
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1.2 Space-Architecture-Design Kriterien, Teil 2<br />
Reliability und Redundancy<br />
Die Zuverlässigkeit und Sicherheit von Produkten für die Raumfahrt<br />
ist das wichtigste Kriterium. Da die Start- und Transportkapazitäten<br />
gering und sehr teuer sind, muß jedes einzelne Produkt mit höchster<br />
Zuverlässigkeit arbeiten. Critical Systems (wie das Lebenserhaltungssystem)<br />
müssen außerdem Redundanzen aufweisen, die im Notfall<br />
unterbrechungsfrei ausgefallene Funktionen übernehmen können.<br />
Sämtliche Gefährdungen für die Mannschaft und die Mission sind zu<br />
minimieren.<br />
Kejko und Sven<br />
Alle Produkte, die von den Mitgliedern der Mannschaft gemeinsam<br />
genutzt werden (Laborstationen, Arbeitsplätze, Werkzeug) müssen auf<br />
alle Körpergrößen angepaßt werden können. Von der NASA wird als<br />
Untergrenze eine „55-percentile female“ (eine 155 cm große Japanerin:<br />
Kejko) und als Obergrenze ein „95-percentile male“ (ein 195 cm großer<br />
Schwede: Sven) angegeben.<br />
KISS<br />
Als Motto für das Design muß stets gelten: Keep It Simple Stupid<br />
(KISS). Ein Produkt ist nur dann gut, wenn es einfach zu benutzen und<br />
zu warten ist.
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1.3 Crew Quarter Konzept<br />
Planung:<br />
Konzept:<br />
Konstruktion:<br />
Lokalisation:<br />
Entwicklung:<br />
Oktober 1998-März 1999<br />
Weitgehende Belassung des zur Verfügung stehenden<br />
Volumens als freie nicht verbaute Aktivitätszone. Aus<br />
diesem Grund sind alle Gebrauchsgegenstände (und<br />
Möbel) faltbar und werden in den ca. 6 cm starken<br />
Wänden des ISPR verstaut.<br />
Standard ISPR ausgerüstet mit einem Wassertank auf<br />
der Außenseite (Strahlenschutz). Einbauten in Form<br />
eines modular austauschbaren Schranksystems in<br />
den statischen Rahmen des ISPR unter Ausnützung<br />
der vorhandenen Freiräume in den statischen Elementen.<br />
Der Arbeitsplatz befindet sich direkt gegenüber dem<br />
Eingang in die Kabine, mit der Blickrichtung nach<br />
vorne zum Wassertank hin. Der Schlafplatz ist an der<br />
einen Seitenwand angeordnet und bietet den Eindruck<br />
eines Fensters durch einen Flachbildschirm auf der<br />
gegenüberliegenden Wand.<br />
Das Volumen des ISPR wurde durch eine von der<br />
NASA genehmigte faltbare Erweiterung in den Durchgangsbereich<br />
ergänzt. Nach Modellstudien und ergonomischen<br />
Untersuchungen hatte sich herausgestellt,<br />
daß das Crew Quarter nur mit einer solchen Erweiterung<br />
für „Sven“ benutzbar ist.<br />
Die folgenden Grafiken und Bilder zeigen die Entwicklung des Konzepts<br />
auf. Das endgültige Kabinendesign wurde dann in drei verschiedenen<br />
1:1 Mockups gebaut und getestet.
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1.4 Volumenuntersuchungen<br />
Crew Quarter Mockup 1:<br />
Konstruktion:<br />
Einrichtung:<br />
Tests:<br />
Crew Quarter Mockup 2:<br />
Konstruktion:<br />
Einrichtung:<br />
Tests:<br />
Björn Bertheau, Alu-Meier GmbH, München<br />
Julia Habel, Thomas Dirlich<br />
Grundsätzliche Volumen- und Aktivitätstests<br />
Einfaches Innenlayout und Positionierung des Sleep<br />
Restraints, grundsätzliche Überlegung zu Materialien.<br />
Holger Bombosch, Vontana Industrie GmbH,<br />
Oer-Erkenschwick<br />
Thomas Dirlich<br />
Crew Quarter Mockup 3:<br />
Konstruktion:<br />
Einrichtung:<br />
Tests:<br />
Genauere Untersuchungen zur Lage und Größe des<br />
Sleep Restraints. Versuche zu Tätigkeiten (An/Ausziehen,<br />
Arbeiten ect.)<br />
wie bei Mockup 2<br />
wie bei Mockup 2<br />
End-Mockup mit Beleuchtung. Lichtuntersuchungen,<br />
Tests mit <strong>SpaceBed</strong> Designmodell.<br />
Die Test mit den verschiedenen Mockups des Crew Quarter haben<br />
ergeben, dass die zur Verfügung stehenden Volumina für alle Personen<br />
bis 190 cm Körpergrösse ausreichend sind.<br />
Daraus folgt, daß für Sven (195 cm) eine Möglichkeit zur Erweiterung des<br />
Crew Quarters (besonders in vertikaler Richtung) gegeben sein sollte;<br />
andernfalls könnte Sven nur in Zero-G Haltung, also nicht vollständig<br />
ausgestreckt, schlafen.<br />
Die Position des <strong>SpaceBed</strong> an der Seitenwand kann fest sein, da in<br />
Schwerelosigkeit auch eine kleinere Person ein für einen grossen Nutzer<br />
positioniertes Bett benutzen kann.
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2.1 Aufgabe Sleep Restraint<br />
Bis jetzt hat die NASA Planung für Raumfahrtmissionen die Schlafzeiten<br />
als kostspielige, für die Arbeits- und Experimentierzeiten verlorene,<br />
Zeitabschnitte angesehen. Die Qualität des Schlafens war nicht von<br />
großem Interesse, solange das Crew Mitglied nach möglichst kurzer<br />
Regeneration seine Aufgaben wieder zufriedenstellend bewältigen<br />
konnte. Bei Langzeitmissionen kommt jedoch gerade Schlafzeit eine<br />
sehr große psychologische und pysiologische Bedeutung zu.<br />
Die Neuentwicklung eines komfortablen Schlafsystems, das eine effektive<br />
Regeneration auf engstem Raum ermöglicht, ist Ziel der folgenden<br />
Produktentwicklung. Nach einer Analyse vorhandener Systeme und<br />
unter Einbeziehung von Erkenntnissen der Schlafforschung wurde das<br />
<strong>SpaceBed</strong> Konzept entwickelt.<br />
Auch beim Schlafen, wie bei vielen anderen Tätigkeiten in der Schwerelosigkeit,<br />
muß man sich fest machen um nicht davon zu schweben<br />
und sich zu verletzen.<br />
Dazu wird ein Haltegurtsystem verwendet. Anders als bei den bisher<br />
verwendeten Systemen, muß die Geometrie des Sleep Restraints an die<br />
anatomischen Gegebenheiten des menschlichen Körpers angepaßt<br />
sein. Desweiteren müssem Gurte entwickelt werden, die unangenehme<br />
und schmerzhafte Druckstellen vermeiden. Das Layout des Restraints<br />
soll außerdem eine gute Körperatmung und Belüftung zulassen. Darüber<br />
hinaus ist die Problematik des anfallenden Schweißes besonders<br />
zu behandeln. Schließlich muß das System ein Höchstmaß an Hygiene<br />
garantieren.
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2.2 Medizinisch-Physiologische Grundlagen<br />
Um seine Leistungsfähigkeit zu erhalten, sollte der Mensch ca. 7 bis<br />
7,5 Stunden täglich schlafen können. Dabei ist ein hoher Tiefschlafanteil<br />
wichtig, da hier der Körper am effektivsten regeneriert.<br />
Um möglichst lange, zusammenhängende Tiefschlafphasen zu erreichen,<br />
muß der Körper so gelagert sein, daß keine ermüdenden oder<br />
schmerzenden Druckpunkte entstehen. Dies kann auf der Erde nur durch<br />
die flächige Lagerung des Körpers auf einer verformbaren Unterlage<br />
garantiert werden. Die Unterlage muß die Wirbelsäule in ihrer gesunden<br />
natürlichen S-Form (stehende Position) unterstützen und so den ungehinderten<br />
Flüssigkeitstransport durch das Rückenmark ermöglichen. In<br />
dieser Position sind auch die Muskeln des Rückens am entspanntesten.<br />
Eine stabile und druckfreie Lagerung des Kopfes ist von besonderer<br />
Bedeutung, da schon kleine Bewegungen (plötzliches Absacken des<br />
Kopfes) zu einer Störung der Tiefschlafphasen führen können.<br />
Versuche in der Schwerelosigkeit zeigen, daß die Probleme der Rükkenverspannung<br />
und des schlechten Flüssigkeitstransports durch das<br />
Rückenmark bedeutend sind. Die entspannte Zero-G Körperhaltung in<br />
Schwerelosigkeit hat eine für den Körper ungewohnte Biegung der Wirbelsäule<br />
zur Folge. Diese Krümmung erschwert den Flüssigkeitstransport<br />
im Rückenmark und vermindert dadurch die Leistungsfähigkeit der<br />
Crew Mitglieder. Daher ist zu fordern, daß sich der Benutzer auf seinem<br />
„Bett“ aufrecht und ausgestreckt (unter Erdgravitation aufrecht stehend)<br />
fixieren kann.<br />
Um auch in Schwerelosigkeit ein druckpunktfreies Schlafen zu<br />
garantieren, ist es wichtig, daß die Haltegurte ihre Kräfte flächig<br />
aufbringen und der Schlafende auf eine verformbare Unterlage<br />
gedrückt wird. Auch muß darauf geachtet werden, daß die Gurte an<br />
den anatomisch richtigen Stellen (mit Knochenunterbau) aufliegen.<br />
Andererseits ergibt sich die Forderung einer Minimierung der Gurtauflagefläche<br />
aus dem Problem des „Schwitzens“. Die durchschnittliche<br />
Temperatur auf der ISS beträgt ca. 30°C, Konvektion ist als Wärmetransportmechanismus<br />
nur im Bereich eines mechanischen erzeugten<br />
Luftstroms möglich. Der Anfall von Schweiß in der Privatkabine, besonders<br />
beim Schlafen, stellt ein wesentliches Thema dar.
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2.3 Sleep Restraint Design Grundlagen<br />
Layout<br />
Das Schlafsystem „<strong>SpaceBed</strong>“ besteht aus folgenden Grundelementen:<br />
Kopfstütze (collar), Haltegurte (restraints), Rückenauflage (back<br />
rest), Fuß-/Beingurt (lower body restraint) und integrietem Schlafsack<br />
(sleepliner).<br />
Benutzung<br />
Der sleepliner ist fest, aber austauschbar, mit den Halteelementen des<br />
<strong>SpaceBed</strong> verbunden. Er bildet die innerste Schicht der Konstruktion<br />
und nimmt den Schlafenden auf. Es ist angedacht, daß der Schlafende,<br />
ähnlich wie auf der Erde, nur mit Unterwäsche bekleidet das Bett benutzt.<br />
Aus diesem Grund ist der komplette sleepliner alle 2 Monate auszutauschen<br />
und zu entsorgen. Die Haltekonstruktion wird von jedem<br />
Crewmitglied mitgebracht und modular in die Kabine eingepasst.<br />
Um in das Bett einzusteigen, schwebt der Nutzer in den bereitstehenden<br />
lower body restraint und fixiert seinen Unterkörper. Dann „zieht“ er<br />
die restraints wie eine Weste an und schließt sie auf seiner Brust. Die<br />
weichen restraints drücken ihn sanft auf die sich dem Körper anpassende<br />
back rest und lagern seine Wirbelsäule in der idealen S-Form.<br />
Mit dem Schließen der restraints wird auch der Kopf durch das collar<br />
gestützt.<br />
Materialien<br />
Sämtliche Halteelemente, das collar, die restraints, die back rest<br />
und der lower body restraint, sind aus leichtem, aufblasbaren und<br />
abwaschbarem Material. Sie sind mit einem weichen Stoff überzogen,<br />
der den Schweiß aufnimmt und abtransportiert. Sämtliche Materialien<br />
werden auf ihre Hautverträglichkeit hin getestet.<br />
Kejko und Sven<br />
Idealerweise soll ein Satz Halteelemente für jede Körpergrösse anpassbar<br />
sein. Die Anpassung soll rein über das Verschließen der Restraints<br />
erreicht werden. Die passend geschneiderten sleepliner können dann<br />
von jedem Crewmitglied selbst montiert werden.<br />
System<br />
Die Halteelemente stellen ein aufblasbares System gewählt. Die dazu<br />
erfoderliche Luft wird durch mechanisch Arbeit zugeführt. So wird Packvolumen<br />
und Masse eingespart. Das System wird nach Benutzung in<br />
der Kabinenwand verstaut.
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2.4 Designentwicklung<br />
Die folgenden Grafiken zeigen die designerische Durcharbeitung des<br />
Sleep Restraint zum <strong>SpaceBed</strong> auf.
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3.1 Versuchsbeschreibung<br />
Es wurden Versuche mit verschiedenen ergonomischen Modellen des<br />
Sleep Restraint durchgeführt. Diese befaßten sich ausschließlich mit<br />
dem Tragekomfort, der Benutzung und dem Stützverhalten des Kragens.<br />
Mit Hilfe des Crew Quarter Mockups 1 wurden auch Ein- und Ausstiegsprozeduren<br />
entwickelt.<br />
Die Versuche wurden mit einer grossen Zahl unterschiedlicher Testpersonen,<br />
Frauen und Männern, von 158 cm bis 190 cm Körpergröße<br />
durchgeführt um die Anpassbarkeit des Systems auf die Bandbreite der<br />
Nutzer zu testen.
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3.2 Versuchsauswertung<br />
Die Versuche mit den verschiedenen ergonomischen Modellen des<br />
<strong>SpaceBed</strong> haben folgendes ergeben:<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Für Benutzer verschiedenster Körpergrössen (158-190 cm) reicht<br />
ein <strong>SpaceBed</strong> Modell aus.<br />
Die Anpassung an die jeweilige Körpergröße wird durch das<br />
Veschließen der Restraints auf verschiedenen Längen erreicht.<br />
Ein gewisses Problem stellt die Unterstützung in der Lendenwirbelbereich<br />
dar. Diese sollte individuell in der Lage angepasst<br />
werden können.<br />
Es zeigte sich, daß ein Schließen des Knierestraints ist nicht mehr<br />
möglich ist, sobald sich der Nutzer in den restraints festgemacht<br />
hat. Daher wurde auf eine Fixierung der Knie zu Gunsten eines<br />
fixierten Fußsacks verzichtet.<br />
Um Stabilität und Paßgenauigkeit zu erreichen und den Liegekomfort<br />
zu verbessern, muß der Luftdruck in den aufblasbaren Elementen<br />
des <strong>SpaceBed</strong>s individuell angepasst werden können.<br />
Obwohl im Prinzip eine einzige Größe <strong>SpaceBed</strong> für alle Nuter<br />
ausreicht, erscheint es vorteilhaft das Endprodukt in drei Größen<br />
(small, medium, large) zu produzieren.<br />
Dadurch kann erstens der individuelle Paßkomfort verbessert werden<br />
und zweitens kann von einer Maßanfertigung abgesehen werden.<br />
Dies hat dann wiederum eine Verbesserung der Redundanz und Austaschbarkeit<br />
der Crew Quarter Ausrüstung zur Folge.<br />
Für den Test auf dem Parabelflug wurde jedoch nur eine Größe <strong>SpaceBed</strong><br />
verwendet. Dieser eine Prototyp um wesentliche Aspekte der<br />
Funktionalität des Systems untersuchen zu können.
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4.1 Prototypen Herstellung und Materialien<br />
Die Weiterentwicklung des <strong>SpaceBed</strong> Konzepts wurde in enger Zusammenarbeit<br />
mit der Vontana Industrie, Oer-Erkenschwick, und dem Institut<br />
für Interdisziplinäre Schlafforschung (ISIS), Münster, durchgeführt.<br />
Der Hersteller<br />
Die Vontana Industrie ist größter heimischer Hersteller von Wassebetten.<br />
Ihr Produkt, das „Tassobett“, ist weltweiter Marktführer und wird auch<br />
wissenschaftlich in seiner Wirkungsweise anerkannt. Zusammen mit<br />
der Entwicklungsabteilung der Vontana Industrie wurde das <strong>SpaceBed</strong><br />
Konzept zu einem Prototypen weiterentwickelt.<br />
Prototyp Materialien<br />
Als Material für die aufblasbaren Elemente des <strong>SpaceBed</strong> wurde ein<br />
Spezialvinyl gewählt, daß die Vontana für ihre Wassermatrazen verwendet.<br />
Es ist ungiftig, weich und anschmiegsam, sowie luftdicht und relativ<br />
leicht. In die Vinylelemente wurde noch ein sehr leichter, formfähiger<br />
Schaumstoff gegeben, der auch bei einem möglicherweise auftretenden<br />
Leck die Benutzbarkeit des Systems garantieren soll.<br />
Der Bezug der Vinylelemente war ein spezieller Stoff der Firma Odlo<br />
International, Schwiz. Dieses Material wird in der Herstellung von High-<br />
Tech Sportunterwäsche verwendet. Es nimmt Schweiß leicht auf und<br />
führt ihn zu den Nähten ab. Dadurch wird erreicht, daß der Benutzer<br />
nicht das Gefühl hat, „im eigenen Saft zu schmoren“.<br />
Um die Gesamtkosten möglichst gering zu halten wurden nur Standardmaterialien<br />
und -Produktionsverfahren verwendet. Sich daraus<br />
ergebende Einschränkung im Designbereich wurde für den Parabelflugprototypen<br />
in Kauf genommen.
29<br />
80 6<br />
5<br />
18<br />
9<br />
4<br />
8<br />
31<br />
3<br />
5<br />
9<br />
93<br />
5 4 1<br />
37 37 37<br />
50 8<br />
8<br />
50<br />
2<br />
56<br />
2<br />
56<br />
40<br />
Lehrstuhl für Baurealisierung und Bauinformatik, Prof. Dr. T. Bock<br />
microarchitecture space studies<br />
Projekt: <strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit<br />
Entwurf: Thomas Dirlich<br />
4.2 Entwicklung des Prototypen<br />
Im Laufe der Herstellung verschiedener Prototypen des <strong>SpaceBed</strong><br />
wurden folgende Veränderungen vorgenommen:<br />
-<br />
-<br />
-<br />
-<br />
Zur Verbesserung der Stützwirkung des Kragens wurden die<br />
Luftöffnungen reduziert und verlagert.<br />
Um die Dichtigkeit des Systems zu garantieren wurde von dreidimensionalen<br />
Schweißungen der restraints abgesehen und einfache<br />
zweidimensionale Schnittmuster mit Randverschweißung<br />
verwendet.<br />
Um die beim Parabelflug auftretenden Lasten aufnehmen zu<br />
können wurde, das weiche Vinylmaterial der aufblasbaren Elemente<br />
durch ein gewebeverstärktes Vinyl ersetzt.<br />
Aus Gründen der Wartung wurde das Back Piece modular<br />
als System aus aufblaseren Kissen und davon unabhängigen<br />
Schaumstoffmatten ausgeführt.<br />
Für den Test auf dem Parabelflugzeug der NASA wurde eine Experimentierplattform<br />
entwickelt, die das <strong>SpaceBed</strong>, sowie alle benötigte<br />
Technik und Lagerung aufnahm.
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Entwurf: Thomas Dirlich<br />
5.1 Parabelflug Grundlagen<br />
Die Tests im Rahmen sog. Parabelflug-Kampagnen sind eine der wichtigsten<br />
Hürden für Weltraumprodukte.<br />
Der Parabelflug<br />
Beim Parabelflug handelt es sich um ein spezielles Flugmanöver, bei<br />
dem Schwerelosigkeit simuliert wird. Das Flugzeug beschleunigt in<br />
einer Höhe von ca. 8000 m mit 1,8 g (Erdbeschleunigung 9,81 ms -2 )<br />
solange bis der Richtungsvektor gegenüber dem Horizont einen Steigwinkel<br />
von 45° hat. Dann nimmt der Pilot die Triebwerksleistung fast<br />
komplett zurück, gleicht nur noch den Luftwiderstand aus. Ab diesem<br />
Zeitpunkt wird das Flugzeug nur durch die Erdanziehung beschleunigt<br />
(es fällt) und beschreibt dabei eine parabolische Flugbahn. Während<br />
dieser herrscht im Inneren Schwerelosigkeit, die ca. 20-25 s anhält. Bei<br />
einem Sinkwinkel von 45° nach unten gegen den Horizont schaltet der<br />
Pilot die Triebwerke wieder zu und fängt die Maschine ab, im Flugzeug<br />
herrscht in dieser Flugphase eine Beschleunigung von ca. 1,8-2,0 g.<br />
Das Flugzeug<br />
Der Parabelflieger der NASA, Weightless Wonder Number five, ist eine<br />
umgebaute KC-135 (ursprünglich Tankflugzeuge). Es ist Innen komplett<br />
ausgepolstert und mit einem System von Halterungen für Experimente<br />
versehen.<br />
Das Protokoll<br />
Bei der Bewerbung für die Parabelflug Kampagne bei der NASA muß<br />
ein sog. „Test Data Package“ zu jedem Experiment angefertigt werden.<br />
Es enthält sämtliche relevanten Informationen über den Versuchshergang<br />
die nötigen Randbedingungen und mögliche Gefährdungen. Die<br />
Vollständigkeit und Genauigkeit dieses Dokuments ist Voraussetzung<br />
für den Flug auf der KC-135.
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Projekt: <strong>SpaceBed</strong>: Schlafkomfort in Schwerelosigkeit<br />
Entwurf: Thomas Dirlich<br />
5.2 Parabelflug Testablauf<br />
Die Liste der im Test Data Package vorgesehenen Versuche für den<br />
Parabelflug ist im Folgenden aufgeführt. Von größter Wichtigkeit waren<br />
die Versuche zur Benutzbarkeit und zum Komfort des Produkts.<br />
1. Ein-/Ausstieg<br />
Verschiedene Nutzer praktizieren hintereinander mehrere Ein- und Ausstiegsmanöver.<br />
Es wird dabei speziell auf die intuitive Benutzung des<br />
Prototypen geachtet., Dies gibt Aufschluß darüber, ob die Benutzung<br />
des Produkts selbsterklärend ist.<br />
2. Komfort<br />
Der Nutzer verweilt eine Parabel im <strong>SpaceBed</strong> und testet ausführlich<br />
die verschiedenen Komfortaspekte des Produkts:<br />
- Fixierung des Kopfes durch den collar (Kragen)<br />
- Anpaßbarkeit des back piece und der restraints<br />
- Tragekomfort des sleepliners<br />
- Erreichen und Einhalten der gewünschten Schlafposition<br />
3. One-fits-All<br />
Die Benutzung eines einheitlichen Prototypen für alle Benutzer verschiedenster<br />
Körpergrößen. Es werden keine Verstellungen am Prototypen<br />
vorgenommen. Die Anpassung erfolgt ausschließlich durch das engere<br />
Verschließen der Restraints.<br />
4. BIA-Datenerfassung<br />
Mit Hilfe des mitgeführten BIA-Gerätes wurden Bioimpedanzmessungen<br />
durchgeführt. Derartige Messungen werden zur Evaluation von Schlafsystem<br />
vom Institut ISIS standardmäßig durchgeführt. Diese Daten geben<br />
Auskunft über die Regenerationsfähigkeit der Testpersonen und damit<br />
über die Effektivität des Schlafsystems.<br />
Methoden der Datenerfassung<br />
- festinstallierte, digitale Videokamera, die während des gesamten<br />
Fluges den Versuchverlauf dokumentiert<br />
- handgehaltene digitale Videokamera für Detailaufnahmen<br />
- mehrere NASAkameraleute<br />
- Gerät zur Bio-Impedanz-Messung, um die Regenerationfähigkeit<br />
einer Testperson bestimmen.<br />
- Fragebogen zu den durchgeführten Versuchen
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5.3 Auswertung der Befragung der Testpersonen<br />
Zu dem Test auf dem Parabelflugzeug wurde ein Fragebogen entwickelt,<br />
der von den Testpersonen nach den praktischen Tests ausgeflüllt wurde.<br />
Der Fragebogen ist in sechs Hauptpositionen unterteilt: Haltesystem,<br />
Schlafposition, Anpassbarkeit, Handhabung, Benutzbarkeit und Komfort,<br />
Kommentare. Die mit * gekennzeichneten Fragen sind für die am<br />
Parabelflug durchgeführten Versuche ausschlaggebend. Die anderen<br />
Versuche sind nicht mit allen Testpersonen durchgeführt worden.<br />
13 Personen unterschiedler Körpergrössen (155 cm-190cm) haben an<br />
den Tests teilgenommen und den Prototypen wie folgt bewertet:<br />
Bewertung 1 bis 7:<br />
1: völlig unakzeptabel - 4: neutral - 7: völlig zufriedenstellend<br />
Restraint Mittel (n)<br />
* 1. Comfort level of restraint system 6,3 (13)<br />
* 2. Comfort of the collar‘s fixation mode 5,6 (11)<br />
3. Comfort of leg restraint 6,8 (11)<br />
* 4. Ability to breath freely when collar is inflated 5,5 (10)<br />
* 5. Effectiveness of the restraints in general terms 6,4 (13)<br />
Sleeping Position<br />
6. Comfort while assuming different sleeping positons 6,2 (09)<br />
* 7. What sleeping position did you prefer „on back“ (11)<br />
8. Should more positions be made possible, „no“ (09)<br />
which -<br />
Adjustability<br />
9. Adjustability of restraints 5,7 (09)<br />
10. Adjustability of back piece 5,8 (08)<br />
11. Adjustability of leg restraint 5,6 (08)<br />
Handling<br />
* 12. Ingressing the <strong>SpaceBed</strong> 6,0 (13)<br />
* 13. Egressing the <strong>SpaceBed</strong> 6,2 (13)<br />
14. Attaching/Detaching sleepliner 5,6 (07)
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5.3 Auswertung der Befragung der Testpersonen<br />
Usability and Overall Comfort<br />
* 15. Opening/closing <strong>SpaceBed</strong> 6,8 (11)<br />
* 16. Comfort of pressure distribution all over your body 6,2 (10)<br />
17. Sweat absorbtion 5,0 (03)<br />
* 18. Comfort of restraint fabrics 6,6 (11)<br />
* 19. Comfort of sleepliner fabrics 6,7 (07)<br />
20. Air circulation 5,8 (06)<br />
21. Distribution of warmth and humidity 5,8 (06)<br />
Comments<br />
Folgende positive und negative Kommentare wurden von den Testpersonen<br />
gegeben:<br />
- das System ist einfach und intuitiv zu bedienen (+)<br />
- sehr angenehmes Liegegefühl, erdähnlich (+)<br />
- kurrierende Wirkung bei der auf dem Parabelflug auftretenden<br />
Übelkeit (+)<br />
- zu starke Unterstützung des Kopfes, zu enger Kragen (-)<br />
- weniger Velcro (Klettverschlüsse) in der Halsgegend (-)<br />
Die auf dem Parabelflug anwesende Astronautin schlug nach dem Test<br />
des Systems fogende Veränderung vor:<br />
Um die in Schwerelosigkeit auftretenden starken Rückenschmerzen<br />
zu lindern, sollte eine Möglichkeit bestehen, sich in Embryohaltung,<br />
mit angezogenen Beinen, im Bett zu fixieren. Diese Schmerzen lassen<br />
jedoch nach wenigen Tagen nach und der Astronaut kann eine normale<br />
Schlafposition einnehmen.
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5.4. Auswertung des Bildmaterials<br />
Bilder 1-6: Dr. Nigel Packam, NASA Engineer, demonstriert den<br />
Einstieg in das <strong>SpaceBed</strong>.<br />
Die einfache Benutzung des Systems geht klar aus<br />
den Bildern hervor. Die Testperson vollzieht intuitiv die<br />
richtigen Bewegungsabläufe.<br />
Dieser Versuch war besonders erfolgreich, da Dr.<br />
Packam als einziger angemessen für die Benutzung<br />
des Systems, d.h. nur in Unterwäsche, gekleidet war.<br />
Bilder 6+7: Der Übergang zwischen dem Oberteil des sleepliners,<br />
der Jacke und dem Fußsack schließt nicht.<br />
Bild 7: Die restraints sind zu klein für die Testperson, Noel<br />
Skinner, Head of Reduced Gravity Dept. Sie lassen<br />
sich nicht am Hals schließen.
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5.4.2 Auswertung des Bildmaterials<br />
Bild 1: Julia Habel versucht ein alternatives Einstiegsverfah<br />
ren. Die restraints werden dabei stark strapaziert.und<br />
die Kontrolle der Beine ist kraftaufwendig.<br />
Bild 2: Hans Huber stellt fest, daß das <strong>SpaceBed</strong> gegen die<br />
beim Parabelflug auftretende Übelkeit hilft.<br />
Bild 3: Thomas Dirlich beim Durchführen einer BIA-Messung.<br />
Bilder 4-7: Thomas Schlieke beim Ausstieg aus dem System.<br />
Er hatte das Bett in Zero-G Haltungmit nicht fixierten<br />
Beinen getestet.<br />
Probleme durch die Adhäsion des sleepliner Stoffe am<br />
Overall der Testperson.
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6. Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
In der folgenden Übersicht sind die Ergebnisse nach fünf Gesichtspunkten<br />
zusammengefaßt.<br />
1. Ein-/Ausstieg<br />
Von den 13 Versuchspersonen, die das <strong>SpaceBed</strong> auf dem Parabelflug<br />
getestet haben, fanden sich 12 Personen intuitiv mit dem System<br />
zurecht. Eine Testperson fand es schwierig in das System einzusteigen.<br />
An diesem Versuchstag war keiner der beiden Experimentatoren,<br />
Thomas Schielke und Thomas Dirlich, auf dem Parabelflug anwesend.<br />
Es trat eine Fehlfunktion ein, aufgrund derer die restraints nicht aufgeblasen<br />
werden konnten. Der Fehler konnte während des Flugs nicht<br />
behoben werden. Die Einstiegsprobleme der Testperson sind warscheinlich<br />
dadurch verursacht worden. Im Gegensatz dazu hatten aber die<br />
anderen Testpersonen an diesem Tag keine Schwierigkeiten bei der<br />
Benutzung des Prototypen. Trotz des Fehlers war der Liegekomfort<br />
nach Meinung aller Testpersonen nicht eingeschränkt, was für eine hohe<br />
Zuverlässsigkeit des Systems spricht.<br />
2. Komfort<br />
In den auf dem Fragebogen mit * gekennzeichneten ausschlaggebenden<br />
Fragen erhielt das System eine durchschnittliche Wertung von 6,23.<br />
Damit wurde der Benutzungs- und Liegekomfort bei diesem Prototypen<br />
als sehr zufriedenstellend beurteilt.<br />
Bei der Bewertung wurde besonders der Komfort der verwendeten<br />
Materialien und die einfache Benutzung des Systems hervorgehoben.<br />
Bei der Bewertung des Stützkragen spielte es eine Rolle, daß einige<br />
Testpersonen es ungewohnt fanden, den Kopf beim Schlafen zu stabilisieren.<br />
So ergab sich die Bewertung von „nur“ 5,8.<br />
Probleme mit der Enge des Kragens und daraus resultierende Einschränkungen<br />
beim Atmen traten nur bei sehr großen (größer 185<br />
cm) korpulenten Testpersonen auf. Die selben Personen hatten auch<br />
Schwierigkeiten, die restraints geschlossen zu halten. Aus diesem<br />
Grund wurde eine zusätzliche Verschlußlasche angebracht.<br />
Als gewünschte Schlafposition wurde von fast allen Nutzern (11) die<br />
„Rückenlage“ genannt. Die Möglichkeit zu anderen Schlafpositonen<br />
wurden nicht gewünscht und sogar als „in Schwerelosigket doch unnötig“<br />
bezeichnet. Der oben angesprochene Vorschlag der Astronautin für<br />
eine embryonale Schlafhaltung ist mit der Grundposition „Rückenlage“<br />
vereinbar.
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6. Zusammenfassung der Ergebnisse<br />
3. One-fits-All<br />
Die Versuche haben gezeigt, daß das System für Benutzer unterschiedlichster<br />
Körpergrößen funktioniert. Die oben beschriebenen Probleme<br />
mit großen Nutzern führten jedoch nicht zu einer merklichen Verschlechterung<br />
des Nutzungskomforts.<br />
Um jedoch einen maximalen Komfort auch für Benutzer mit extremen<br />
Körpermaßen, besonders klein oder groß, zu garantieren, sollte das<br />
Produkt in den vorgeschlagenen Größen small, medium und large<br />
ausgeführt werden.<br />
4. BIA-Datenerfassung<br />
Wegen eines technischen Defekts des Gerätes konnten die Daten nur<br />
teilweise ausgewertet werden. Der Umfang der gesammelten Daten<br />
waren jedoch zu gering um verwertbare Ergebnisse aus diesem Versuch<br />
herleiten zu können.<br />
5. Aktivitätsvolumen<br />
Das in der Arbeit vorgeschlagene Einstiegsverfahren hat sich auf dem<br />
Parabelflug als optimal bewehrt. Einige Testpersonen, die versucht<br />
hatten alternative Verfahren zu entwickeln, verbrauchen mehr Volumen,<br />
hatten größere Kraftanstrengungen aufzuwenden und verursachten verstärkte<br />
Belastungen für das Gesamtsystem.<br />
Zusammenfassend hat sich das <strong>SpaceBed</strong> in der Parabelflug Kampagne<br />
bewährt. Obwohl nicht alle geplanten Versuche durchgeführt werden<br />
konnten, wurde das Funktionsprinzip und die Grundfunktionen von den<br />
Nutzern gut angenommen.
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7.1 Ausblick<br />
Die erfolgreich abgeschlossene Testphase eröffnet im Prinzip die<br />
Möglichkeit das <strong>SpaceBed</strong> zu einem Produkt weiter zu entwickeln. Die<br />
Entscheidung darüber liegt jedoch in erster Linie bei den Raumfahrtorganisationen.<br />
Ein Vordringliches Ziel sollte die Verbesserung des collars sein.<br />
Die grundlegenden Idee des <strong>SpaceBed</strong> lassen sich jedoch auch für<br />
Anwendungen auf der Erde umsetzen. Es ist geplant, zusammen mit der<br />
Vontana Industrie ein Schlafsystem für Reisen im Auto, Zug und im Flugzeug<br />
zu entwickeln, das sich am Konzept des <strong>SpaceBed</strong> orientiert.<br />
Das <strong>SpaceBed</strong> wurde auch als Schlafeinrichtung für den in der Entwicklung<br />
befindlichen Marsrover WOLF, Marssociety Österreich, vorgeschlagen<br />
und mit großem Interesse aufgenommen.
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Entwurf: Thomas Dirlich<br />
7.2 Danksagung<br />
Besonderer Dank an alle Projektbeteiligten und Unterstützer:<br />
An der TU München:<br />
Prof. Richard Horden - Prof. Eduard Igenbergs - Prof. Thomas Bock<br />
- Dipl. Ing. Claudia Pöppel - Dr. Peter Eckard - Dipl. Ing. Jürgen Hartung<br />
- Dipl. Ing. Armin Schulz - Dr. Rainold Ewald - den Angestellten<br />
des Lehrstuhls für Gebäudelehre und Prokutentwicklung, besonders<br />
Dipl. Ing. Andreas Vogler - den Mitarbeitern des Fachgebiets für<br />
Raumfahrttechnik - Julia Habel<br />
Externe Experten:<br />
Dipl. Ing. Hans Huber - Dr. Gerd Rosenberg - den Mitarbeitern des<br />
ISIS Schlafforschungsinstituts - Dipl. Ing. Jürgen Tomczak, BIA Com<br />
- Dr. Hanne Dirlich-Wilhelm - Dr. Gerhard Dirlich<br />
Aus der Industrie:<br />
Tasso Schielke - Thomas Schielke - Holger Bombosch - den Mitarbeitern<br />
der Vontana Wasserbetten GmbH - Viviane Stehrenberger<br />
- Odlo International, Switzerland - Julia Werner, JES Fashion - Dr.<br />
Martin Zell, DASA - Alumeier, München - allen Sponsoren und Unterstützern<br />
der Munich Space Design Group<br />
Bei der NASA:<br />
Dr. John Evanoff - Dipl. Ing. David Ray - Dipl. Ing. Constance Adams<br />
- Dr. Janis Conolly - Dr. Tommy Capps - Dr. Nathan Moore - Capt.<br />
Noel Skinner - Dr. Nigel Packham - den Mitarbeitern des JE Habitation<br />
Design Center - Grady und Tina und den anderen Mitarbeitern<br />
JE Sowing Lab - den Mitarbeitern des Reduced Gravity Office JSC<br />
- den Mitarbeitern der Mockup Facility Building 9 NW<br />
sowie:<br />
Tine Günther - Daniela Schröer - Daniela Hinz - Sascha Clement<br />
- Torsten Nyncke - und allen Testpersonen