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Sand im Getriebe 25 - Attac Berlin

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wirtschaftliche Entwicklung behindert und für gewalttätige<br />

Unterdrückung verantwortlich ist. Das Bemerkenswerte am<br />

indonesischen Militärapparat ist, dass durch Bestechung von<br />

Oberbefehlshabern nur ein Viertel des Etats seitens der<br />

indonesischen Regierung bereit gestellt wird; der Rest<br />

stammt aus eigener Geschäftstätigkeit und externen<br />

Zahlungen von Geldgebern wie Freeport. Das Militär<br />

betreibt die verschiedensten Geschäfte <strong>im</strong> ganzen Land, die<br />

den Status der Steuerfreiheit genießen und zu denen auch<br />

hochgradig zerstörerische Abholzungsunternehmen gehören.<br />

All das stellt eine erhebliche wirtschaftliche<br />

Beeinträchtigung dar, ganz abgesehen davon, dass das<br />

Militär auf diese Weise keinerlei demokratischer Kontrolle<br />

unterworfen ist. Einer der Gründe für den fortwährenden<br />

Krieg in Aceh ist, dass das Militär ein starkes persönliches<br />

Interesse daran hat, seine Präsenz in dieser Region zu<br />

rechtfertigen, da es dort viele einträgliche<br />

Wirtschaftsunternehmen betreibt.<br />

Weltwirtschaft<br />

Was in diesen und anderen Ländern auf lokaler Ebene gilt,<br />

gilt auch für die weltweite politisch geprägte Wirtschaft.<br />

Militärische Macht unterstützt eine Weltwirtschaftsordnung,<br />

die den Interessen der Reichen und Mächtigen dient,<br />

während sie gleichzeitig Milliarden Menschen in Armut und<br />

Abhängigkeit hält und die Welt in die totale<br />

Lateinamerikanische Staatsoberhäupter nennen es “die<br />

schl<strong>im</strong>mste Krise der letzten 100 Jahre”. Durch das<br />

katastrophale Versagen des unregulierten globalen Marktes<br />

findet sich die Welt vor einer weiteren Krise der<br />

Überproduktion und des zerstörten Lebens.<br />

Der unmittelbare Grund ist eine Schwemme von<br />

Kaffeebohnen auf dem Weltmarkt, die die Preise gedrückt<br />

hat. Exportpreise sind auf den niedrigsten Stand seit einem<br />

Jahrhundert gefallen, unter Berücksichtigung der Inflation.<br />

Als Ergebnis verkaufen Kaffeebauern - in der Mehrheit<br />

arme Teilpächter - ihre Bohnen weit unter den<br />

Produktionskosten. Oxfam International schätzt, dass der<br />

Lebensunterhalt von <strong>25</strong> Millionen kleinen Kaffeebauern auf<br />

dem Spiel steht. “Familien, deren Einkommen von Kaffee<br />

abhängen, ziehen ihre Kinder (besonders Mädchen) aus den<br />

Schulen, können sich keine Grundmedikamente mehr<br />

leisten und reduzieren ihre Ernährung.” Aber wenige<br />

Menschen, die ihren Milchkaffee oder Espresso schlürfen,<br />

werden sich der Krise bewusst. Wie sollten wir es auch<br />

merken? In der Verbraucherwelt hat sich wenig geändert.<br />

Preise von Maxwell House, Nescafé, Folgers und French<br />

Roast sind nur geringfügig oder überhaupt nicht gesunken.<br />

“Die großen transnationalen Konzerne machen einen<br />

Haufen Geld,” sagt Blanca Rosa Molina, eine<br />

Kaffeebäuerin aus Nicaragua, die Oxfam nach Kanada<br />

gebracht hat. “Aber wir bekommen weniger als jemals<br />

zuvor.” Vor fünf Jahren erbrachte der Kaffee aus der<br />

Kaffeegenossenschaft von Molina US$ 1,80 pro Pfund.<br />

Jetzt ist das Pfund Bohnen nur noch 50 Cent wert.<br />

Kaffeekrise<br />

von Sarah Cox<br />

Umweltzerstörung hineintreibt. Nur gelegentlich muss die<br />

militärische Vorherrschaft des Westens tatsächlich in die<br />

Tat umgesetzt werden, wie <strong>im</strong> Irak, doch sie ist der<br />

höchste Garant für die wirtschaftliche Vorherrschaft des<br />

Westens. Das sagen nicht nur wir von der antikapitalistischen<br />

Bewegung – die Anhänger des weltweiten<br />

Kapitalismus verkünden es auch selbst. Der<br />

rechtsgerichtete US-amerikanische Kommentator Thomas<br />

Friedman schrieb vor einigen Jahren, dass die<br />

“unsichtbare Hand” des Marktes in einem eisernen<br />

Handschuh gehalten werden müsse – dass “McDonalds<br />

nicht ohne Lockheed Martin wachsen und gedeihen<br />

kann”.<br />

Letztlich bleibt eine Tatsache – zu welchen<br />

Schlussfolgerungen hinsichtlich der spezifischen<br />

wirtschaftlichen Folgen von Militärausgaben Ökonomen<br />

auch <strong>im</strong>mer kommen mögen: Echte wirtschaftliche<br />

Entwicklung, die der Mehrheit zugute kommt, kann in<br />

einer Welt, in der militärische Streitkräfte das Maß aller<br />

Dinge in wirtschaftlichen Beziehungen bilden, nicht<br />

stattfinden.<br />

Übersetzung: Stefan Geis, Marietta Winkler von<br />

Mohrenfels, Yan Christoph Pelz<br />

Ehrenamtliches Übersetzungs-Team, coorditrad@attac.org<br />

In der nord-nicaraguanischen Region Matagalpa, wo Molina<br />

zuhause ist, sind mehr als vierzig größere Kaffeefarmen<br />

pleite gegangen oder liegen brach. Schätzungsweise 6.000<br />

he<strong>im</strong>atlose Kaffeearbeiter und ihre Familien kampieren in<br />

Behelfsunterkünften entlang der Straßen und in städtischen<br />

Parks, betteln um Nahrung und Hilfe von Passanten. Fast die<br />

Hälfte der Kinder der Region, schwangere Frauen und ältere<br />

Menschen leiden unter Mangelernährung.<br />

Alleine <strong>im</strong> letzten August verhungerten nach Reuters zwölf<br />

arbeitslose Kaffeearbeiter und ihre Familien in der Gegend<br />

von Matagalpa. Bis Ende September ist die Todesrate laut<br />

Molina auf 120 gestiegen. “Man sieht Kinder am Rand der<br />

Autostraßen verhungern,” sagt Molina.<br />

In Guatemala hat die Krise 70.000 Menschen arbeitslos<br />

gemacht und die Arbeitslosigkeit auf 40% hochgetrieben.<br />

Das Kaffeedebakel hat die Wirtschaft einiger bereits<br />

verarmter Länder steil abfallen lassen. In Afrika stürzen<br />

Länder, die schon von Schulden, Dürren und Krankheiten<br />

geschlagen sind, in ein weiteres Desaster.<br />

Entwicklungsländer haben noch vor wenigen Jahren US$ 10<br />

Milliarden für Kaffee-Exporte eingenommen. Jetzt sind es<br />

wenig mehr als die Hälfte, so Néstor Osorio, der<br />

geschäftsführende Direktor der Internationalen<br />

Kaffeeorganisation (ICO). In Burundi beträgt der Kaffee-<br />

Export 80% des gesamten Exports, in Äthiopien fast 50%.<br />

Ohne das Einkommen durch Kaffee sind weniger Mittel für<br />

Schuldendienst, Aids-Bekämpfung oder Schulen verfügbar.<br />

“Es ist eine Krise mit sozialer D<strong>im</strong>ension, die politisch<br />

explosiv ist,” erklärt Osorio. Auf einer kürzlichen Reise<br />

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<strong>Sand</strong> <strong>im</strong> <strong>Getriebe</strong> Nr. <strong>25</strong>, 24. August 2003 - 36 -

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