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Sand im Getriebe 25 - Attac Berlin

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Der Handel soll <strong>im</strong> Dienste der<br />

nachhaltigen Entwicklung stehen - nicht<br />

umgekehrt!<br />

Appell von mehreren belgischen Organisationen<br />

Die 5. Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation<br />

(WTO) wird vom 10. bis 14. September in Cancún (Mexiko)<br />

stattfinden. Unter diesem Aspekt haben sich<br />

Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen, Vereine<br />

und Bewegungen der Zivilbevölkerung getroffen, um einen<br />

Appell zu lancieren, der die Rolle der WTO in der<br />

Weltordnung bewusst machen soll. Es scheint, dass diese<br />

Institution den mächtigsten Vektor in einer ungerechten<br />

Globalisierung repräsentiert und zu einer Verschärfung der<br />

Ungleichheiten beiträgt.<br />

Deshalb ist es dringend notwendig, die WTO in ihre<br />

Schranken zu verweisen. Der Handel n<strong>im</strong>mt zweifelsohne<br />

eine wichtige D<strong>im</strong>ension <strong>im</strong> Zuge der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung ein, jedoch ist er - neben der sozialen und<br />

ökologischen Entwicklung - nur einer der drei Pfeiler der<br />

Nachhaltigkeit. Die Regeln des Handels dürfen daher auf<br />

keinen Fall die Umsetzung sozialer und ökologischer<br />

Normen in den Hintergrund drängen.<br />

Zwei Punkte dominieren die Tagesordnung der nächsten<br />

Ministerkonferenz der WTO:<br />

Die Beschleunigung des 2001 in Doha in Gang<br />

gebrachten Verhandlungsprozesses, der<br />

fälschlicherweise “Entwicklungsrunde” getauft wurde,<br />

jedoch noch keine Früchte getragen hat – vor allem<br />

nicht für jene Länder, die gerade dabei sind, sich zu<br />

entwickeln.<br />

Die Entscheidung, die Verhandlungen auf neue<br />

Bereiche (“new issues”) wie Investitionen, öffentliche<br />

Aufträge, Wettbewerbsregeln und Erleichterung des<br />

Handels auszuweiten.<br />

Die Unterzeichnerorganisationen appellieren an die<br />

belgische Regierung, alles zu tun, um <strong>im</strong> Laufe dieser<br />

Konferenz dem ultraliberalen Charakter der gegenwärtigen<br />

Globalisierung ein Ende zu setzen. Das Dogma einer<br />

uneingeschränkten Liberalisierung führt nicht etwa zu<br />

geteiltem Wachstum und Wohlstand. Der<br />

Liberalisierungsprozess der Wirtschaft begründet sich auf<br />

unbarmherzigen Prinzipien des Wettbewerbs: Staaten,<br />

Regierungen, Bevölkerungen und Arbeiter werden<br />

gegeneinander aufgewiegelt. Und dieser Wettbewerb geht zu<br />

Lasten des sozialen Schutzes, der Lohnbedingungen, der<br />

Arbeitsbedingungen, der Lebensqualität aller Menschen,<br />

ökologischer und öffentlicher Interessen, der<br />

Handlungsspielräume in der Gesundheits- und<br />

Bildungspolitik und des Tierschutzes. Man erbaut kein<br />

wirtschaftliches Paradies auf einem sozialen, ökologischen,<br />

kulturellen und politischen Friedhof.<br />

Die WTO fördert das soziale und ökologische Dumping,<br />

indem sie einzig die Frage der Handelshindernisse<br />

berücksichtigt. Die Entwicklung von “Disziplinen”, in welche<br />

die nationalen Gesetzgebungen schrittweise integriert werden<br />

sollen, stellt die Regierungen unter die Vormundschaft der<br />

WTO.<br />

Unter dem Deckmantel der Demokratie (ein Land, eine<br />

St<strong>im</strong>me) wird die Welthandelsorganisation in der Realität von<br />

den reichen Ländern regiert. Diese zwingen mit ihrer Hilfe<br />

den Entwicklungsländern ein Modell auf, das weder geeignet<br />

noch nachhaltig ist. Regeln, die für entwickelte<br />

Volkswirtschaften gültig sein mögen, können in den nicht<br />

entwickelten Ländern mitnichten die gleichen Effekte<br />

erzielen. Diese Tatsache führt zum Abschluss von<br />

Abkommen, die hauptsächlich die Industrien des Nordens<br />

schützen, zum Nachteil der Interessen einer Mehrheit der<br />

WTO-Mitglieder. Das ist weder vernünftig, noch nachhaltig,<br />

noch demokratisch.<br />

Es ist also unerlässlich, die Entscheidungsprozesse zu<br />

überarbeiten, um sie transparenter zu gestalten und eine reelle<br />

Teilnahme aller Mitgliedsländer zu ermöglichen. Die<br />

Eingliederung der WTO in das System der Vereinten<br />

Nationen würde einen Fortschritt in diesem Bereich darstellen.<br />

Außerdem ist es unbedingt notwendig, eine gründliche<br />

Evaluierung der wirtschaftlichen, sozialen (auch <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern),<br />

kulturellen und ökologischen Auswirkungen der Politik der<br />

WTO vorzunehmen. Die Ergebnisse dieser Evaluierung<br />

müssen bei einer Neuorientierung der WTO-Politik ebenso<br />

berücksichtigt werden, wie die Gefahren eines sozialen und<br />

ökologischen Dumpings.<br />

In Anbetracht der internationalen Krise rufen die<br />

Unterzeichnerorganisationen also zu einer Verstärkung der<br />

multilateralen Verträge <strong>im</strong> Rahmen der UNO auf. Die<br />

Verwaltung der neuen Weltordnung muss in der Tat der UNO<br />

und ihren Einrichtungen (WHO, FAO,<br />

Entwicklungsprogramm der UN, Umweltprogramm der UN)<br />

anvertraut werden. Desgleichen darf die ILO (Internationale<br />

Arbeitsorganisation) nicht der arme Verwandte der WTO, des<br />

IWF oder der Weltbank bleiben. Für die ökonomische<br />

Entwicklung muss ein globaler, sozialer und ökologischer<br />

Rahmen definiert werden.<br />

Für die belgische Regierung sollte die Konferenz in Cancún<br />

außerdem die Gelegenheit bieten, diverse Fakten deutlich zu<br />

machen:<br />

Soziale Aspekte fehlen auf der Tagesordnung von Doha<br />

und Cancún. Dabei kann der internationale Handel nicht<br />

von den grundlegenden sozialen Normen abgekoppelt<br />

werden. Es ist dringend notwendig, weltweit gültige<br />

soziale Mindestnormen zu definieren, die nicht durch<br />

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<strong>Sand</strong> <strong>im</strong> <strong>Getriebe</strong> Nr. <strong>25</strong>, 24. August 2003 - <strong>25</strong> -

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