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Sand im Getriebe 38 - Attac Berlin

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vorzustehen. John Kerry verfolgt die gleiche „Reichsidee“ wie<br />

George Bush.<br />

Das politische System der USA ist so sorgfältig konstruiert,<br />

sodass niemand, der die grundlegende Richtigkeit der<br />

militärisch-industriellen-korporativen Machtstruktur anzweifelt,<br />

durch die Tore der Macht schreiten kann.<br />

Bedenkt man dies, ist es kein Wunder, dass man in dieser Wahl<br />

vor zwei Absolventen der Yale Universität steht, welche beide<br />

Mitglieder von Skull and Bones sind, der gleichen<br />

Gehe<strong>im</strong>gesellschaft; beide sind Millionäre, beide geben sich<br />

gerne als Soldaten, beide reden groß über den Krieg und<br />

argumentieren fast kindisch darüber, wer den Krieg gegen den<br />

Terrorismus besser führen wird.<br />

Wie Präsident Bill Clinton vor ihm, wird Kerry die<br />

expansive wirtschaftliche und militärische Durchdringung<br />

der Welt weiterführen. Er sagt, dass er mit seiner St<strong>im</strong>me<br />

Bush autorisiert hätte, gegen den Irak in den Krieg zu ziehen,<br />

auch wenn er gewusst hätte, dass der Irak keine<br />

Massenvernichtungswaffen besitzt. Er verspricht mehr Truppen<br />

in den Irak zu entsenden. Er sagte kürzlich, dass er Bushs<br />

Politik gegenüber Israel und Ariel Sharon hundertprozentig<br />

unterstütze. Er sagt, dass er 98% der Steuernachlässe Bushs<br />

beibehalten will.<br />

So liegt unter dem schrillen Austausch von Beleidigungen fast<br />

absoluter Konsens. Es sieht so aus, als würden die<br />

AmerikanerInnen auch dann Bush bekommen, wenn sie Kerry<br />

wählen. Präsident John Kerbush oder Präsident George Berry.<br />

Es ist keine echte Wahl. Es ist eine Scheinwahl. Es ist als wähle<br />

man eine Waschmittelmarke. Egal ob man Ariel oder Lenor<br />

kauft, sie gehören beide Procter & Gamble.<br />

Das bedeutet nicht, dass man keine Meinung vertritt, es gibt<br />

feine Nuancen, dass die Kongresspartei und die BJP, New<br />

Labour und die Tories, die Demokraten und die Republikaner<br />

nicht zu unterscheiden wären. Das ist natürlich nicht so. Auch<br />

nicht bei Ariel und Lenor. Ariel bringt „sprudelstarke Reinheit“<br />

während Lenor „die Weichheit der Natur“ bringt.<br />

In Indien gibt es den Unterschied zwischen einer offen<br />

faschistischen Partei (die BJP), und einer Partei, welche schlau<br />

eine Gruppe gegen die andere ausspielt (Kongress) und den<br />

Samen für eine Kirchturmpolitik sät, welche dann von der BJP<br />

geschickt geerntet wird.<br />

Bei den heurigen Kandidaten für die U.S. Präsidentschaft gibt<br />

es Unterschiede in den Intelligenzquotienten und <strong>im</strong> Ausmaß<br />

ihrer Rücksichtslosigkeit. Die Antikriegsbewegung in den<br />

Vereinigten Staaten hat bei der Aufzeigung der Lügen und der<br />

Käuflichkeit die zur Invasion <strong>im</strong> Iraks geführt haben,<br />

phänomenale Arbeit geleistet, trotz der Propaganda und der<br />

Einschüchterungsversuche.<br />

Kerry: „Sensibler“ Imperialismus?<br />

Das war nicht nur ein Dienst für die Menschen hier in den<br />

USA, sondern auch für die ganze Welt. Aber wenn die<br />

Antikriegsbewegung jetzt offen für Kerry wirbt, glaubt der Rest<br />

der Welt, dass sie seinen „sensiblen” Imperialismus unterstützt.<br />

Ist der Imperialismus der USA besser, wenn er von den<br />

Vereinten Nationen und den europäischen Staaten unterstützt<br />

wird? Ist es besser, wenn die UNO indische und pakistanische<br />

Soldaten dazu auffordert, das Töten und Sterben <strong>im</strong> Irak zu<br />

erledigen, anstelle der U.S. Soldaten? Ist die einzige<br />

Veränderung auf welche die IrakerInnen hoffen dürfen, dass<br />

<strong>Sand</strong> <strong>im</strong> <strong>Getriebe</strong> Nr.<strong>38</strong> Seite 5<br />

bald auch französische, deutsche und russische Firmen an der<br />

Ausbeutung ihres besetzten Landes Anteil haben dürfen?<br />

Wäre das wirklich besser oder schlechter für jemanden von uns,<br />

die wir in den unterworfenen Ländern leben? Ist es besser für<br />

die Welt einen intelligenten Herrscher an der Macht zu haben<br />

als einen dummen? Ist das unsere einzige Wahl?<br />

Es tut mir leid. Es ist mir klar, dass das unangenehme und sogar<br />

brutale Fragen sind, aber sie müssen gestellt werden.<br />

Tatsache ist, dass die Wahldemokratie ein Prozess zu zynischer<br />

Manipulation verkommen ist. Sie bietet uns heute nur einen<br />

sehr eingeengten politischen Spielraum. Zu glauben, dass<br />

dieser Spielraum eine echte Wahl darstellt wäre naiv.<br />

Die moderne Demokratie steckt in einer<br />

tiefen Krise.<br />

Auf weltweiter Ebene und unabhängig von der Gesetzgebung<br />

souveräner Staaten verfügen die internationalen Instrumente<br />

des Handels und der Finanzen über ein komplexes System von<br />

multilateralen Gesetzen und Verträgen. Dadurch werden<br />

Methoden der Ausbeutung festgeschrieben und ermöglicht, die<br />

den Kolonialismus weit in den Schatten stellen. Dieses<br />

System erlaubt den ungehinderten Transfer riesiger Mengen<br />

spekulativen Kapitals - heißen Geldes - in Drittweltländer<br />

hinein und heraus. Damit wird ihnen praktisch von außen die<br />

Wirtschaftspolitik diktiert. Mit der ständigen Drohung<br />

Kapital abzuziehen schlängelt sich das internationale Kapital<br />

tiefer und tiefer in diese Wirtschaften hinein. Riesige<br />

transnationale Konzerne übernehmen die Kontrolle über die<br />

lebenswichtige Infrastruktur und ihre bedeutendsten natürlichen<br />

Ressourcen, wie Bodenschätze, Wasser und Energie. Die<br />

Welthandelsorganisation, die Weltbank, der Internationale<br />

Währungsfond und andere Finanzinstitutionen wie die<br />

Asiatische Entwicklungsbank schreiben faktisch die<br />

Wirtschaftsprogramme und die Gesetze für das Parlament<br />

selber. Mit einer tödlichen Kombination aus Arroganz und<br />

Rücksichtslosigkeit nehmen Sie einen großen<br />

Vorschlaghammer, und zerschlagen damit fragile, eng<br />

verflochtene und historisch komplexe Gesellschaften.<br />

Über all diesem weht das Banner der<br />

„Reform”.<br />

Als Konsequenzen dieser Reformen haben in Afrika, Asien und<br />

Lateinamerika Tausende kleiner Unternehmen und Industrien<br />

geschlossen, Millionen von ArbeiterInnen und BäuerInnen<br />

haben ihre Beschäftigung und ihr Land verloren.<br />

Die Londoner Zeitung, „The Spectator“ versichert uns dass<br />

„wir in der glücklichsten, gesündesten und friedlichsten Ära der<br />

Menschheitsgeschichte leben”. Milliarden staunen verwundert:<br />

Wer ist „wir”? Wo lebt er? Was ist sein Taufname?<br />

Wir müssen verstehen, dass die moderne Demokratie stark auf<br />

einer nahezu religiösen Akzeptanz des Nationalstaates beruht.<br />

Aber die Globalisierung durch die Konzerne ist nicht daran<br />

gebunden. Und das fluktuierende Kapital auch nicht. Und so,<br />

obwohl das Kapital die Gewalt des Nationalstaates braucht um<br />

Aufstände seiner DienerInnen niederzuschlagen. Diese<br />

Konstellation macht es dem einzelnen Staat unmöglich, sich<br />

alleine gegen die globalen Konzerne zu stellen.

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