Sand im Getriebe 38 - Attac Berlin
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entstehen, könnte ein Teil dieser Einnahmen einen<br />
Stabilisierungsfonds für Rohstoffe finanzieren, der<br />
bestehende Projekte wieder aufn<strong>im</strong>mt und durch die<br />
Festsetzung oberer Preisgrenzen einen vernünftigen Verlauf der<br />
Rohstoffkurse sicherstellt.<br />
3. WELCHE STRATEGIE?<br />
Ein ideales institutionelles System zu beschreiben, reicht<br />
selbstverständlich nicht aus. Wir müssen uns Etappenziele<br />
stecken, anhand derer wir vorankommen, indem wir die<br />
Hindernisse und die Gegner einer neuen Weltwirtschaftsordnung<br />
identifizieren, und dürfen nicht den Fehler machen, ein<br />
ideales System aufbauen zu wollen und dabei die Hindernisse<br />
auf unserem Weg zu vergessen.<br />
Der Internationale Währungsfonds und die Weltbank haben in<br />
dieser Hinsicht versagt und werden überall angeprangert,<br />
kritisiert und bekämpft. Sie sind auf breiter Ebene in Verruf<br />
geraten, und man sollte daher ihre Auflösung oder eine<br />
Reduzierung ihres Einflusses anstreben. Walden Bello von<br />
Focus on the Global South verwendet <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />
Atomkraftwerken den Begriff Dekommissionierung. Mit<br />
anderen Worten, wir müssen aus den Bretton-Woods-<br />
Institutionen herauskommen und sie durch neue ersetzen, die<br />
für eine andere Auffassung von Globalisierung geeignet sind.<br />
Selbstverständlich soll die Notwendigkeit des Vorhandenseins<br />
von Institutionen nicht in Abrede gestellt werden; es kommt<br />
auch nicht in Frage, der ultraliberalen Logik des Meltzer-<br />
Berichts zu folgen, der auf einem schmalen Grat die<br />
gegenwärtige Logik der Arbeitsweise der internationalen<br />
Finanzinstitutionen aufrechterhalten möchte. Diese Haltung<br />
<strong>im</strong>pliziert auch kein Desinteresse am institutionellen Bereich.<br />
Tatsächlich wird durch den wachsenden Erfolg unserer<br />
Aktionskampagnen eine Ausarbeitung dieses Bereichs <strong>im</strong>mer<br />
dringlicher.<br />
Wenn es tatsächlich eine Debatte zwischen den<br />
„Abolitionisten“ – die die gegenwärtigen Finanzinstitutionen<br />
durch neue ersetzen wollen – und den ”Reformern”, die die<br />
gegenwärtigen Finanzinstitutionen in neue umwandeln wollen,<br />
gibt, so sollte die Diskussion ohne Vorbedingungen geführt<br />
werden. Die einen wie die anderen sind sich über das Ziel<br />
einig: die Einrichtung von demokratischeren und auf die<br />
Interessen der WeltbürgerInnen ausgerichteten<br />
Institutionen.<br />
Wie sollen die beiden Konzepte also miteinander in Einklang<br />
gebracht werden: dass wir zwar eine recht genaue Vorstellung<br />
davon haben, wie ein gutes System internationaler Institutionen<br />
aussehen könnte, aber dass wir nicht der Illusion verfallen, wir<br />
bräuchten die Worte nur auszusprechen, um alle Widerstände<br />
hinwegzuwischen.<br />
Wie können wir außerdem verhindern, dass alles künstliche<br />
Flickwerk als eine ausreichende Antwort auf unsere<br />
Forderungen betrachtet wird und der Weltbank die erneute<br />
Vereinnahmung gelingt, zu der sie anscheinend mit viel<br />
Energie ansetzen will?<br />
4. FORDERUNGEN AN DIE REAL EXISTIERENDEN<br />
INTERNATIONALEN FINANZINSTITUTIONEN<br />
Forderungen, die ihre mangelnde Eignung enthüllen und die<br />
Notwendigkeit einer globalen Reform unterstreichen.<br />
4.1. Schuldenerlass und Abbau der Strukturanpassungspläne<br />
Der Dritten Welt müssen die Auslandsschulden erlassen<br />
werden, weil sie diese bereits mehrfach zurückgezahlt hat und<br />
weil diese einen beträchtlichen Hemmschuh für die<br />
Entwicklung darstellen. In der Fachsprache wird von<br />
„Rückbau“ gesprochen, wenn man die Maßnahmen nach der<br />
endgültigen Stilllegung eines Reaktors bezeichnen will, wobei<br />
die „Demontage“ der letzten Phase des Rückbaus, also der<br />
Herabstufung der ärmsten Länder entspricht. Der<br />
Schuldenerlass sollte Gegenstand einer internationalen<br />
Konferenz und regionaler Konferenzen sein, deren Aufgabe es<br />
wäre:<br />
- die Schulden zu erlassen;<br />
- die Verantwortlichkeiten der Banken und Regierungen der<br />
reichen Länder deutlich zu machen;<br />
- den Bürgern die beträchtlichen, von Regierenden und lokalen<br />
Kapitalisten rechtswidrig angehäuften und in den industrialisiertesten<br />
Ländern mit aktiver Komplizenschaft privater<br />
Finanzinstitutionen und dem Einverständnis der Regierungen<br />
des Nordens sicher angelegten Reichtümer wieder<br />
zurückzugeben;<br />
- die Strukturanpassungspläne in Co-Development-Abkommen<br />
für eine gemeinsame Entwicklung umzuwandeln.<br />
4.2. Demokratie und Transparenz<br />
Die Bretton-Woods-Institutionen sind ihrem Wesen nach<br />
antidemokratisch: Gehe<strong>im</strong>haltung von Untersuchungen und<br />
Beschlüssen, Machtkonzentration in den Händen der reichsten<br />
Länder. Die Demokratisierung des St<strong>im</strong>mrechts und der Modalitäten<br />
der Beschlussfassung gemäß dem Prinzip der Vereinten<br />
Nationen (ein Staat, eine St<strong>im</strong>me) oder mit einer Form der<br />
Gewichtung gemäß dem Bevölkerungsanteil muss ein<br />
Schwerpunkt der Reform der internationalen Finanzinstitutionen<br />
sein.<br />
Anschließend muss eine echte parlamentarische Kontrolle der<br />
nationalen Verwaltungsbeamten in den internationalen Finanzinstitutionen<br />
durch die nationalen Parlamente eingeführt<br />
werden, mit Vertretern der „Akteure der Zivilgesellschaft“<br />
(Nichtregierungsorganisationen des Nordens und des Südens),<br />
der Organisation öffentlicher Debatten mit unterschiedlichen<br />
Standpunkten und der Veröffentlichung von Informationsberichten.<br />
Demokratie und Transparenz müssen auch auf der<br />
Ebene der lokalen, von den Maßnahmen der internationalen<br />
Finanzinstitutionen betroffenen Bevölkerung umgesetzt<br />
werden. Die Information muss systematisch erfolgen. Die<br />
Maßnahmen der internationalen Finanzinstitutionen müssen in<br />
den lokalen Parlamenten debattiert werden und zust<strong>im</strong>mungspflichtig<br />
sein.<br />
Zumindest der Vertreter Frankreichs <strong>im</strong> Vorstand des<br />
Internationalen Währungsfonds sollte wirklich Rechenschaft<br />
ablegen und eine parlamentarische Kontrolle ermöglichen.<br />
4.3. Bewertungs- und Rechtsmittelinstanzen, effektive<br />
Anbindung an die UNO<br />
Die Neugestaltung der internationalen Finanzinstitutionen sollte<br />
Die Ansprüche, die wir hinsichtlich der internationalen unabhängige Evaluationsstellen außerhalb dieser<br />
Finanzinstitutionen stellen müssen, dürfen nicht als Grundlage Institutionen vorsehen, die an das System der Vereinten<br />
einer allmählichen Reform präsentiert werden, sondern als Nationen angebunden sind. Die Möglichkeit für die betroffenen<br />
<strong>Sand</strong> <strong>im</strong> <strong>Getriebe</strong> Nr.<strong>38</strong> Seite 25