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Herrn Florian Leuthner Büro Niels Annen, MdB Deutscher ...

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„Das Neue Indien“<br />

<strong>Herrn</strong><br />

<strong>Florian</strong> <strong>Leuthner</strong><br />

<strong>Büro</strong> Mit <strong>Niels</strong> Maria <strong>Annen</strong>, Lanzeni <strong>MdB</strong> Economist und Head of Emerging Markets, DB Research<br />

<strong>Deutscher</strong> Bundestag<br />

und Heimo Richter, Botschafter a. D.<br />

Fax: (030) 227-76282<br />

Atlantic Lunch Club<br />

22. Mai 2007<br />

Maria Lanzeni, Economist und Head of Emerging Markets bei der Deutsche Bank<br />

Research und Heimo Richter, Botschafter a. D. mit Station in Indien von 2000 bis<br />

2005, diskutierten im Rahmen des Atlantic Lunch Club am 22. Mai 2007 bei der<br />

Atlantischen Initiative e.V. zum Thema „Das neue Indien“.<br />

Indien verzeichnete in den letzten Jahren mit 7-9% kontinuierlich eine der weltweit<br />

höchsten Wirtschaftswachstumsraten. Der Subkontinent gilt noch vor China als die<br />

international am stärksten wachsende Wirtschaftsnation und ist folglich in den<br />

Fokus vieler Wirtschaftsanalysten gerückt. Manche Prognosen gehen davon aus,<br />

dass Indien bis 2020 bei Berücksichtigung der Kaufkraftparität nach den USA und<br />

China die drittgrößte Volkswirtschaft sein wird. Indien ist im Begriff sich vom<br />

globalen Dienstleister zu einer echten regionalen Wirtschaftsmacht zu entwickeln.<br />

Maria Lanzeni verdeutlichte die positiven Entwicklungen, die der indischen<br />

Wirtschaft in den letzten Jahren zu stabilem Wachstum verholfen haben. Dieses<br />

Wachstum ist für den Bereich der emerging markets eher untypisch. Indien zeichnet<br />

sich im Vergleich zu China nicht durch „boom and bust“, sondern durch stabiles und<br />

kontinuierliches Wirtschaftswachstum aus. Vier Faktoren spielen dabei eine<br />

herausragende Rolle und sichern dem Land ein fortwährende wirtschaftliche<br />

Entwicklung: die Öffnung des indischen Wirtschaftsraums für den Welthandel,<br />

ökonomische und strukturelle Reformen seit Beginn der 1990er Jahre, ein<br />

boomender IT-Sektor und eine junge, talentierte und wachsende Bevölkerung.<br />

Während Indien den Kampf gegen die Armut aufgenommen und bisher relativ<br />

erfolgreich bestritten hat – die Armutsquote ist seit über 20 Jahren im Rückgang<br />

begriffen – wies Lanzeni auf die Gefahren und Unzulänglichkeiten des indischen<br />

Wirtschaftsraums hin, dem Inflation und ein immens hohes Staatsdefizit zusetzen.<br />

Der boomende Immobilien- und Aktienmarkt birgt zudem die Gefahr der<br />

Spekulationsblase. Andererseits sind die gestiegenen Bankreserven und Zinssätze<br />

ein gutes Zeichen für die Finanzmärkte.<br />

Um ein stabiles Wachstum langfristig zu sichern bemüht sich Indien um eine<br />

Diversifikation seiner tragenden Wirtschaftssektoren. Nach wie vor ist Indien das<br />

globale „back office“ im IT-Bereich, mit Erträgen die sich in den letzten acht Jahren<br />

auf 40 Milliarden US-Dollar verdoppelt haben. IT-Service ist der tragende Pfeiler<br />

und die führende Exportware der indischen Wirtschaft, dessen Qualität sich in den<br />

letzten Jahren zudem bedeutend erhöht hat. Die Tatsache dass die Anzahl<br />

indischer multinationals jedoch auch in anderen Sektoren (Maschinenbau, Kfz-<br />

Zulieferer, Nahrungsmittelindustrie) signifikant gestiegen ist, kann als Zeichen, dass<br />

sich Indien der Globalisierung stellt und sich ihrer angenommen hat, gesehen<br />

werden.<br />

Schon vor 2 Jahren hat DB Research Indien als die am schnellsten wachsende<br />

Weltwirtschaft identifiziert. Mittlerweile ist Indien ein attraktiver Rezeptor für<br />

ausländische Direktinvestition (FDI) geworden. Das FDI ist in den letzten beiden<br />

Jahren um 40% gestiegen, beträgt aber nach wie vor nur 0,8% des BIP. Dies zeigt,<br />

dass Indien auch im Vergleich zu anderen emerging markets noch großes<br />

Wachstumspotenzial hat, und sich dafür einsetzt, ausländische Investoren<br />

Atlantische Initiative e. V.<br />

Wilhelmstraße 67<br />

10117 Berlin<br />

Germany<br />

Tel: +49.30.206 337 88<br />

Fax: +49.30.206 337 90<br />

www.atlantische-initiative.org<br />

info@atlantische-initiative.org<br />

Vorstand<br />

Dr. Johannes Bohnen<br />

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Beirat<br />

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Dr. Klaus-Dieter Frankenberger<br />

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Dr. Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg<br />

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Lord Wallace<br />

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Atlantische Initiative e. V.<br />

Bankhaus Löbbecke AG<br />

Bankleitzahl: 100 30 500<br />

Kontonummer: 12 57 95 00<br />

Registergericht<br />

Amtsgericht Berlin Charlottenburg<br />

Registernummer: VR 23583Nz<br />

UST-IDNR: 27/660/59701


anzuziehen. Fortschritte gibt es auch im Bereich der Finanzdienstleister. Das inländische<br />

Sparvermögen hat sich in den letzen 15 Jahren von 23% auf 30% erhöht. Diese<br />

Rücklagen werden dringend für weitere Investitionen im infrastrukturellen Bereich<br />

benötigt.<br />

Auch wenn Indien für ein in der Entwicklung begriffenes Land über eine große Zahl<br />

qualifizierter Arbeitskräfte verfügt, sind Schätzungen zufolge nur 25% der ausgebildeten<br />

Ingenieure qualifiziert, um auf internationalem Niveau arbeiten zu können. Indien wird<br />

sich demnach in absehbarer Zeit mit der Nachfrage von Arbeitskräften beschäftigen<br />

müssen. Auf dem Weg von einer Agrar- zur Industrienation hat Indien noch einen weiten<br />

Weg vor sich. Landwirtschaft macht immer noch 60% der wirtschaftlichen Aktivitäten,<br />

aber mittlerweile nur noch 20% des BIP aus. Viel wird in den nächsten Jahren vom<br />

weiteren Aufbau des verarbeitenden Sektors abhängen.<br />

Botschafter Heimo Richter verglich Indien mit China und stellte somit zwei der<br />

Hauptakteure der emerging markets gegeneinander. Investitionen und<br />

Haushaltsüberschüsse sind laut Richter zwei Komponenten, die China nach wie vor<br />

wirtschaftliche Vorteile gegenüber Indien garantieren. Die demografische Entwicklung<br />

Indiens kann gleichermaßen als Chance und Herausforderung bezeichnet werden.<br />

Einerseits drohe die Gefahr der Massenarbeitslosigkeit, sobald die geburtenstarke junge<br />

Generation auf den Arbeitsmarkt drängt. Andererseits ist die Ressource Arbeitskraft<br />

Grundlage für Wirtschaftswachstum.<br />

Im Gegenteil zu Europa spielt Indien in den USA eine weitaus wichtigere Rolle in der<br />

politischen Debatte. Richter vermutet dahinter den Weltmachtanspruch der USA, der sich<br />

der Herausforderung aufstrebender Wirtschaftsnationen wie Indien und China stellen<br />

muss. Amerikaner befürchten eine asiatische Alternative in globalen Organisationen wie<br />

IMF und UN.<br />

Ob Indien sein Potenzial abrufen kann, hängt maßgeblich davon ab, wie es interne und<br />

externe Herausforderungen meistern wird. Intern dominiert der Kampf gegen Armut die<br />

politische Agenda. Jede Regierung wird sich daran messen lassen müssen, wie<br />

erfolgreich sie den 28% der indischen Bevölkerung hilft, die unterhalb der Armutsgrenze<br />

leben und mit weniger als 1 US-Dollar pro Tag auskommen müssen. Arbeitslosigkeit –<br />

zurzeit bei knapp 9% - wird ein großes Thema der Zukunft sein, sobald die große Masse<br />

junger Inder auf den Arbeitsmarkt trifft. Selbst der boomende IT-Sektor hat bisher nur<br />

1,3% an neuen Jobs kreiert. Regionale Unterschiede könnten eine interne Migration hin<br />

zu reicheren Regionen auslösen. Dies könnte wiederum Konsequenzen für die politische<br />

Stabilität haben. Die Mehrparteien-Regierung, der zurzeit elf Parteien angehören, verliert<br />

zunehmend Wählerstimmen an aufstrebende regionale Wählerbündnisse.<br />

Nichtsdestotrotz ist die Demokratie in Indien fest verwurzelt und kulturell akzeptiert.<br />

Themen wie Umweltverschmutzung, mangelnde Infrastruktur (es fehlt besonders an<br />

großen Häfen), die importabhängige Energieversorgung und die Frage der muslimischen<br />

Minderheit in Indien (140 Millionen), die sich bisher dem Fundamentalismus verwehrt hat,<br />

stellen sich als weitere Problemfelder für die indische Nation dar.<br />

In Bezug auf externe Herausforderungen steht die Lösung des Konflikts mit Pakistan an<br />

erster Stelle. Im Jahr 2001 standen die beiden Atommächte kurz vor einem Krieg.<br />

Seitdem hat sich die Gefahr eines Konflikts verringert und man kann davon ausgehen,<br />

dass unter der Herrschaft einer rationalen pakistanischen Regierung nicht mit einem<br />

erneuten Säbelrasseln beider Nationen zu rechnen ist. Da China und Indien vornehmlich<br />

auf wirtschaftlicher Ebene konkurrieren und sich Indien bisher gegen die Rolle einer<br />

regionalen Ordnungsmacht, in der die Vereinigten Staaten das Land gerne sehen<br />

würden, verwehrt, ist auch hier mit keinem offenen Konflikt zu rechnen. Indien ist nach<br />

Richters Ansicht aufgrund der massiven internen Probleme noch nicht bereit oder gewillt<br />

eine größere Rolle auf der internationalen Bühne zu spielen.<br />

Lanzeni und Richter stimmen in der Schlussfolgerung überein, dass Indien trotz<br />

vorhandener interner und externer Herausforderungen und Probleme von Europa<br />

beachtet und eingebunden werden müsse. Wenn Indien den Kampf gegen Armut,<br />

Korruption und übertriebene <strong>Büro</strong>kratie erfolgreich gestalten kann, dann eröffnen sich<br />

dem Westen neue Märkte und Investitionsmöglichkeiten, die nicht ungenutzt bleiben<br />

sollten.

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