Text der Predigt von P. Dr. Joachim Schmiedl - Schönstatt-Bewegung
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<strong>Predigt</strong><br />
40jähriges Priesterjubiläum P. Rudolf Chrysostomus Grill<br />
Anbetungskirche, 01. November 2008<br />
Lieber P. Chrysostomus, liebe Geschwister und Angehörige unseres Jubilars, liebe<br />
Mitbrü<strong>der</strong>, liebe Schwestern und Brü<strong>der</strong>,<br />
in Deiner Gemeinschaft bist Du bekannt als ein Mitbru<strong>der</strong>, <strong>der</strong> technisch sehr<br />
interessiert und immer auf dem neuesten Stand ist, was die Entwicklung <strong>der</strong><br />
Computer angeht. Speicherkapazitäten zu erweitern sind für Dich kein Problem.<br />
Auch die Nutzung des Internets ist für Dich selbstverständlich. So habe ich in <strong>der</strong><br />
Vorbereitung dieser <strong>Predigt</strong> ebenfalls diesen Weg eingeschlagen und gegoogelt,<br />
Deiner Weisung folgend, nach <strong>der</strong> es sich dabei um einen schwäbischen Landsmann,<br />
den Großunternehmer Google handle. Unter dem Stichwort „Osten“ bin ich bei<br />
Wikipedia fündig geworden. Dort heißt es:<br />
„Der Osten (vom althochdt. ostan "östlich") ist die in Richtung <strong>der</strong> Erdrotation<br />
verlaufende Himmelsrichtung und wird kulturhistorisch mit dem Sonnenaufgang<br />
assoziiert. Der Begriff ist wurzelverwandt mit griechisch eos und lateinisch aurora.<br />
Beides bedeutet "Morgenröte". Interessant ist, dass die frühen Landkarten nicht<br />
genordet, son<strong>der</strong>n geostet = orientiert (!) waren (<strong>von</strong> oriens = Osten). Der Ausdruck<br />
„Osten“ (bzw. sein Adjektiv „östlich“) wird im Deutschen seit dem 15. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
gebraucht. Ursprünglich wurde die Himmelsrichtung (dichterisch bis heute) auch mit<br />
„gen Sonnenaufgang“ bezeichnet (lat. oriens) und die Län<strong>der</strong> im Osten unter dem<br />
Begriff Morgenland zusammengefasst - dem Land, in dem die „Sonne aufgeht“.<br />
Heute werden diese Gebiete Naher Osten, Mittlerer Osten und Ferner Osten genannt.<br />
Im christlichen Glauben ist <strong>der</strong> Osten u.a. die Richtung, die mit <strong>der</strong> einstigen<br />
Wie<strong>der</strong>kehr des auferstandenen Christus assoziiert wird. Auch aus diesem Grund<br />
(nicht nur wegen <strong>der</strong> morgendlich erleuchteten Altarfenster) sind fast alle Kirchen<br />
genau nach Osten orientiert.“
In <strong>der</strong> <strong>Schönstatt</strong>familie steht Dein Name für die Ostsendung. Unserem Grün<strong>der</strong><br />
war es ein zentrales Anliegen, alles, was sich in <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> Kirche als gut,<br />
richtig und schön herauskristallisiert hat, in seiner <strong>Bewegung</strong> zu beheimaten. Und so<br />
hast Du schon früh ein Interesse und eine Zuneigung zum Osten und zur Orthodoxie<br />
entwickelt. Der Wikipedia-Artikel spricht vom Nahen, Mittleren und Fernen Osten.<br />
In Deinem Leben haben diese geographischen Koordinaten eine etwas an<strong>der</strong>e<br />
Bedeutung:<br />
Der „Nahe Osten“ ist Deine Heimat. Der Böhmerwald hat Dich und Deine<br />
Geschwister in jungen Kin<strong>der</strong>jahren geprägt. Die Liebe zu Deiner Heimat ist auch<br />
nach <strong>der</strong> Vertreibung geblieben. Es ist Dir hoch anzurechnen, dass Du die Brücken in<br />
die damalige Tschechoslowakei nie abgebrochen hast, ja sogar viel für eine<br />
Verständigung unserer beiden Völker getan hast. Mit Deinem „Nahen Osten“ ist<br />
neben <strong>der</strong> Vertreibung, die Du im Alter <strong>von</strong> knapp sechs Jahren erleiden musstest,<br />
auch eine Haftzeit <strong>von</strong> zwei Wochen im kommunistischen Gefängnis verbunden.<br />
Trotzdem: viele Besuche und Hilfe zur Eigenhilfe sind Deiner Initiative entsprungen.<br />
Unter dem Mittleren Osten lässt sich in Deinem priesterlichen Leben <strong>der</strong> Balkan<br />
fassen. Immer wie<strong>der</strong> bist Du nach Jugoslawien gefahren und hast mitgeholfen, dort<br />
die <strong>Schönstatt</strong>-<strong>Bewegung</strong> aufzubauen. Slowenien, Kroatien, Serbien und Bosnien-<br />
Herzegowina sind Dir keine unbekannten Regionen, wobei Dich weniger die<br />
Feriengebiete angezogen haben als die Kontakte mit Priestern und Familien.<br />
<strong>Schönstatt</strong> auf dem Balkan verdankt Dir viel. Und was beson<strong>der</strong>s wichtig ist: Du hast<br />
es verstanden, Dich rechtzeitig zurück zu ziehen und das Feld an<strong>der</strong>en zu überlassen.<br />
P. Christoph Horn ist ein begeisterter Nachfolger in Kroatien geworden.<br />
Und schließlich <strong>der</strong> „Ferne Osten“. Nach Indien, China und Japan hat es Dich noch<br />
nicht gezogen, dafür umso mehr ins Heilige Land. Auch wenn Du ein guter Kenner<br />
<strong>der</strong> heiligen Stätten bist, interessieren Dich doch mehr die Begegnungen mit<br />
Menschen. Deine Apostolatsreisen nach Betlehem und Nazaret haben wesentlich mit<br />
geholfen, dass <strong>Schönstatt</strong> unter den christlichen Bewohnern des Landes Jesu einen<br />
Platz gefunden hat. Die Hauskirche <strong>von</strong> Nazaret hat durch Dich ihre Fortsetzung in<br />
vielen Hausheiligtümern und Pilgerheiligtümern gefunden.
Der Wikipedia-Artikel beginnt damit, dass <strong>der</strong> Osten die „in Richtung <strong>der</strong><br />
Erdrotation verlaufende Himmelsrichtung“ sei. Du bist <strong>Schönstatt</strong>-Pater und als<br />
solcher Mitglied eines Säkularinstituts mit einem Obern. In den Jahren Deines<br />
Studiums und den 40 Jahren Deines Priestertums hast Du es immer wie<strong>der</strong><br />
verstanden, die Rotationsrichtung <strong>der</strong> Gemeinschaft, wie sie sich in den Wünschen<br />
<strong>der</strong> Obern zeigt, mit den eigenen Seelenstimmen zu verbinden. Als jüngerer<br />
Mitbru<strong>der</strong> bewun<strong>der</strong>e ich Deine Verfügbarkeit für die vielfältigen Aufgaben in <strong>der</strong><br />
Mädchenjugend, <strong>der</strong> Frauenliga, <strong>der</strong> Wallfahrt, als Rektor in verschiedenen Filialen –<br />
als ich vor über sieben Jahren ins Provinzhaus kam, hast Du mich aufgenommen -,<br />
als Geistlicher Assistent im <strong>Schönstatt</strong>-Familienbund und jetzt auch als<br />
Krankenhausseelsorger im Krankenhaus <strong>der</strong> Barmherzigen Brü<strong>der</strong> in Montabaur.<br />
Was wäre wohl geworden, wenn <strong>der</strong> in Burgsteinfurt erfolgreiche Jugendkaplan in<br />
<strong>der</strong> <strong>Schönstatt</strong>-Mannesjugend hätte arbeiten können (und dürfen)?<br />
Doch gleichzeitig haben für Dich Deine Seelenstimmen immer die Richtung<br />
angegeben. Deine Hobbies – vor allem die Ostsendung – hast Du nie aufgegeben. Ich<br />
erinnere mich noch, wie ich Dich während einer Romfahrt in Deinem Sabbatikum<br />
besuchte. Damals warst Du im Russicum und hast an Deiner Doktorarbeit<br />
geschrieben. Es war das zweite Sabbatikum Deines Lebens. Diese Zeit reichte aus,<br />
um die Arbeit, die Du zehn Jahre zuvor begonnen hattest, einigermaßen Ihrem<br />
Abschluss entgegen zu führen. Verfügbarkeit und eigene Planung – dazu gehört auch<br />
eine gewisse Dickköpfigkeit, die Dir geschenkt ist und die sicher auch ein gutes<br />
Erbstück Deiner Familie darstellt.<br />
Man könnte nach dem bisher Gesagten meinen, Du wärest vor allem ein sehr<br />
geschäftiger Priester, <strong>der</strong> in seiner Freizeit dem Jäger-und-Sammler-Hobby nachgeht,<br />
alte Bücher zu sammeln, zu ordnen und gegen eine kleine Spende wie<strong>der</strong> abzugeben.<br />
Wenn Du noch dazu als weiteres Hobby angibst, <strong>von</strong> Montabaur aus mit dem ICE<br />
vor allem Richtung Süden und Osten zu rasen, scheint <strong>von</strong> Beschaulichkeit nicht<br />
mehr viel übrig zu bleiben. Dass dem nicht so ist, kann ein dritter Blick auf den<br />
Wikipedia-Artikel veranschaulichen: „Im christlichen Glauben ist <strong>der</strong> Osten u.a. die
Richtung, die mit <strong>der</strong> einstigen Wie<strong>der</strong>kehr des auferstandenen Christus assoziiert<br />
wird.“<br />
Schon während Deines Studiums hat Dich die Theologie und Spiritualität <strong>der</strong><br />
Ostkirche fasziniert. Du gehörst zu denen, die im Joseph-Kentenich-Kolleg in<br />
Münster eine Ostecke eingerichtet haben, in <strong>der</strong> jede Woche für die christlichen<br />
Kirchen im kommunistischen Machtbereich und vor allem für die Christen <strong>der</strong><br />
orthodoxen Kirchen gebetet wurde. Du hast am Russicum in Rom studiert und Dich<br />
für den byzantinischen Ritus zum Diakon weihen lassen. Auf Anraten unseres Vaters<br />
und Grün<strong>der</strong>s bist Du dann für die Priesterweihe doch wie<strong>der</strong> zum lateinischen Ritus<br />
zurückgekehrt. Aber Dein Interesse für die Ostkirche ist bis heute geblieben. Du hast<br />
Dich zu einem guten Kenner vor allem <strong>der</strong> serbischen Theologie entwickelt. Deine<br />
Doktorarbeit „Serbischer Messianismus und Europa bei Bischof Velimirovic“ kam<br />
gerade heraus, als <strong>der</strong> serbische Nationalismus wie<strong>der</strong> am Blühen war. Doch es ist die<br />
Liturgie <strong>der</strong> Ostkirche, die Dich immer wie<strong>der</strong> anzieht. Die Mischung aus mystischer<br />
Tiefe und wortreicher Bil<strong>der</strong>sprache, aus klaren Ritualen und sinnlicher Erspürbarkeit<br />
macht Dir die orthodoxe Liturgie vertraut und lieb. Das kennzeichnet auch Deinen<br />
Liturgiestil und Deinen Zugang zu unserem christlichen Glauben. Auch wenn wir<br />
theologisch bei weitem nicht immer auf einer Linie liegen, ist Dein nüchterner<br />
Realismus, <strong>der</strong> mehr ein Erbe des westlichen, lateinischen Christentums ist, doch<br />
nicht denkbar ohne die reichhaltige Bil<strong>der</strong>welt des Ostens. Unser Glaube bedarf <strong>der</strong><br />
Bil<strong>der</strong>, doch die Ikonen brauchen auch eine theologische Aufschließung ihrer<br />
Symbolwelt.<br />
40 Jahre bist Du nun schon als Priester tätig. Im Sommer habt Ihr Euch als Kurs in<br />
<strong>der</strong> Schweiz getroffen, um Euch neu auf das Sionsideal zu besinnen, das seit <strong>der</strong><br />
Studienzeit für Euch wichtig geworden. Die einende Aufgabe des Sion und <strong>der</strong><br />
Sionsgemeinschaft im Dienst <strong>der</strong> <strong>Schönstatt</strong>-<strong>Bewegung</strong> ist Euch ein wichtiges<br />
Anliegen. Es ist die ökumenische Dimension Deines Lebens, wohl weniger in<br />
Richtung evangelische als vielmehr orthodoxe Kirche. Diese ökumenische<br />
Dimension wird für Dich immer ergänzt durch den internationalen Blick, „Pater<br />
gentium“, Vater <strong>der</strong> Völker zu sein. Dass Ost- und Westkirche, dass Abendland und
Morgenland sich ergänzen und gegenseitig befruchten und dass dabei <strong>der</strong> hl. Vinzenz<br />
Pallotti, dessen Katholisches Apostolat in einer Hilfsaktion für chaldäische Christen<br />
im Irak seinen Ursprung hat, als Patron und Vorbild eine wichtige Rolle spielt,<br />
kennzeichnet Euren Kurs und Dich als Person. Die Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong><br />
Deines Kurses bringt dabei etwas <strong>von</strong> <strong>der</strong> Universalität <strong>der</strong> Kirche zum Ausdruck.<br />
So darf ich Dir zu Deinem heutigen Festtag den reichen und überfließenden Segen<br />
Marias, <strong>der</strong> Königin vom Berg Sion, wünschen. Aktion und Kontemplation gingen in<br />
ihrem Leben Hand in Hand. Ihr Ja-Wort zur Botschaft des Engels fand seine prompte<br />
Umsetzung im Gang über das Gebirge zu Elisabet. Dass auch Dir diese Verbindung<br />
<strong>von</strong> Menschen- und Gottgebundenheit, diese Synthese <strong>von</strong> westlichem und östlichem<br />
Denken, dieses Zueinan<strong>der</strong> <strong>von</strong> marianischer Offenheit für das Wirken des Geistes<br />
und aktiver Verfügbarkeit immer gelingen möge, das sei mein Wunsch für Dich an<br />
diesem Festtag aller Heiligen, für dessen Begehen am Oktavtag <strong>von</strong> Pfingsten Dein<br />
Namenspatron Johannes Chrysostomus im 4. Jahrhun<strong>der</strong>t den ersten Beleg geliefert<br />
hat. Amen.