konzerte04-pressemappe.pdf - Berliner Festspiele
konzerte04-pressemappe.pdf - Berliner Festspiele
konzerte04-pressemappe.pdf - Berliner Festspiele
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Magnus Lindbergs Mano a mano<br />
Der fi nnische Komponist Magnus Lindberg, der 1958 in Helsinki geboren wurde und 1976-81 an der<br />
Sibelius-Akademie studierte, ist in erster Linie durch seine Orchesterwerke bekannt, die von bedeutenden<br />
Orchestern in Auftrag gegeben wurden – aufgeführt u.a. vom BBC Symphony Orchestra,<br />
Chicago Symphony, dem City of Birmingham Symphony Orchestra, dem Cleveland Orchestra, der<br />
London Sinfonietta, dem Los Angeles Philharmonic und dem Orchestre de Paris. Zur Zeit arbeitet er<br />
an einem Werk für die <strong>Berliner</strong> Philharmoniker, in Auftrag gegeben durch Sir Simon Rattle, der über<br />
Magnus Lindberg äußerte, er sei „der lebende Beweis, dass die Orchestermusik nicht tot ist».<br />
Lindberg hat aber auch viel Kammermusik für unterschiedliche Besetzungen und ein Dutzend Stücke<br />
für Soloinstrumente geschrieben, die meisten davon für Klavier (u.a. Jubilees 1-6, 2000) oder Cello<br />
(u.a. Partita, 2001). Einzelne Stücke für Violine (Espressione II, 1980), Cembalo (Ground, 1983) und<br />
Akkordeon (Jeux d’anches, 1990) runden das Bild ab.<br />
Kammermusik und Solostücke haben oft – abgesehen davon, dass sie als Kunstwerke für sich stehen<br />
– als eine Art Laboratorium gedient, in dem Ideen für große Orchesterwerke ausgearbeitet und<br />
erprobt werden konnten. Das Klavierstück Twine (1988) stellt einen Meilenstein in Lindbergs Entwicklung<br />
dar, weil der junge Komponist, der bis dahin vom Rhythmischen besessen war (Kraft, 1985), hier<br />
das Harmonische entdeckte, das seither die Grundlage seiner Tonsprache bildet. In Steamboat Bill jr<br />
für Klarinette und Cello (1990) simuliert er mit zwei Instrumenten ein komplettes Orchester. Dieses<br />
Unterfangen rief ihm die Erinnerung an einen Buster Keaton Film wach, in dem die Hauptfi gur sich<br />
hoffnungslos bemüht, einen antriebslosen Kahn durch einen fl inken Strom zu steuern.<br />
Mano a mano ist Lindbergs erstes Stück für Gitarre solo. Das Instrument ist ihm aber nicht ganz<br />
unbekannt, denn er setzte es in verschiedenen Kammermusikwerken wie Linea d’ombra für Flöte,<br />
Altsaxophon (oder Klarinette), Gitarre und Schlagzeug (1981), Decorrente für Klarinette, Gitarre,<br />
Vibraphon, Klavier und Cello (1992), Duo concertante für Klarinette, Cello und Kammerensemble mit<br />
Gitarre (1992) und Kiri für Klarinette, Cello, Gitarre, Schlagzeug und Elektronik (1993) ein. Für Gitarre<br />
solo zu schreiben ist jedoch wegen des besonderen Charakters des Instruments eine viel komplexere<br />
Aufgabe: Die Herausforderung besteht darin, ihm einen guten Klang zu entlocken und die Saiten in<br />
Schwingung zu halten.<br />
Mano a mano ist ein symphonisches Stück, dessen drei Sätze ungefähr den Sätzen eines klassischen<br />
Konzerts entsprechen; sie werden allerdings ohne Unterbrechung gespielt. Der erste Satz besteht<br />
aus einer doppelten Exposition, der sich anstelle einer Durchführung Strukturvariationen anschließen.<br />
Der zweite Satz beschwört ein großes Beethovensches Adagio mit einigen eingeschobenen<br />
Abschnitten in schnellerem Tempo herauf. Der erste Teil des dritten Satzes ist ein perpetuum mobile<br />
(mit den für Lindberg charakteristischen „come una macchina“-, Toccata- und Scherzo-Abschnitten),<br />
der mit einem lauten, rasselnden Höhepunkt endet. Der zweite, langsamere Teil weckt Assoziationen<br />
an Skrjabins Poème de l’extase und mündet in eine Coda.<br />
Die harmonische Anlage folgt dem Prinzip der Chaconne: Eine Kette von sechs Akkorden, die an die<br />
Stimmung der Gitarre anknüpfen, wird durch das ganze Stück hindurch wiederholt.<br />
Ilkka Oramo