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konzerte04-pressemappe.pdf - Berliner Festspiele

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Je sens un deuxième cœur<br />

(Ich spüre ein zweites Herz)<br />

Ursprünglich hatte ich die Idee, musikalische Porträts der vier Charaktere einer Oper zu komponieren.<br />

Aber als ich begann, das musikalische Material für ein Kammerensemble umzuarbeiten und mir<br />

überlegt habe, wie ich meine Ideen in einem Trio umsetzen könnte, entfernte sich das Stück immer<br />

weiter von der Oper.<br />

Kompositorisch ging ich von konkreten, deutlich konturierten Ideen aus und gelangte zu abstrakten,<br />

rein musikalischen Formen. So wurde beispielsweise der Titel des ersten Abschnitts, „Je dévoile ma<br />

peau“ (Ich enthülle meine Haut), eine Metapher: Das zu Anfang exponierte musikalische Material<br />

wurde orchestriert, um den jeweils individuellen Charakter der drei Instrumente und ihre Beziehungen<br />

untereinander aufzudecken. Der zweite und vierte Teil geht vom Gedanken an physische Gewalt aus.<br />

Im Zusammenhang mit diesem Trio verwandelte sich die Gewalt in zwei Studien über die Energie von<br />

Instrumenten. Teil drei ist eine Farbstudie, in der die drei Identitäten zu einem komplexen Klanggebilde<br />

verschmolzen werden.<br />

Der letzte Abschnitt führt uns zum thematischen, physisch geprägten Ausgangspunkt meiner Oper<br />

zurück: Zwei Herzen schlagen im Leib einer schwangeren Frau. Ich bin fasziniert von der geheimnisvollen<br />

Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem ungeborenen Kind. Schon die ständig wechselnde<br />

Polyphonie, die sich aus den beiden Herzrhythmen ergibt, hatte mir bereits als Inspiration für die Musik<br />

gedient – die Verbindungen zwischen den beiden Seelen eröffneten mir eine weitere Ausdrucksebene<br />

für die Kommunikation zwischen Mutter und Kind.<br />

Diese Überlegungen lieferten die Orientierungspunkte für die Anpassung des deutlich dualistisch<br />

konzipierten musikalischen Materials an die drei Instrumente und seine Entfaltung im Rahmen ihrer<br />

besonderen Charaktere. Schließlich wurde der Titel auch zur Metapher des Musizierens: Wollen wir<br />

durch unsere Musik nicht immer mit dem anderen kommunizieren? Der letzte Satz ist überschrieben<br />

mit: „Doloroso, sempre con amore“.<br />

Kaija Saariaho (Übersetzung: Georg Rudiger)

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