29.06.2013 Aufrufe

Arbeitshilfen und Trainings- materialien zum Lehrbuch

Arbeitshilfen und Trainings- materialien zum Lehrbuch

Arbeitshilfen und Trainings- materialien zum Lehrbuch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3.8 Fall Frau Müller „Änderungsmotivation auf einer Reha-Station“<br />

Fallkontext <strong>und</strong> Geschichte<br />

Die Psychiatrische Klinik <strong>und</strong> das Rehazentrum von A. nimmt alkoholabhängige Patienten auf, die<br />

dort einen Entzug absolvieren können. Die Klinik bietet eine breite ärztliche, psychotherapeutische<br />

<strong>und</strong> sozialtherapeutische Behandlung an. Ziel ist es, Patienten in die soziale Gemeinschaft <strong>und</strong> wenn<br />

möglich in die Arbeitswelt einzugliedern. Die Klinik arbeitet mit Arbeitsstätten, Sozialdiensten <strong>und</strong> begleiteten<br />

Wohngruppen zusammen.<br />

Frau Müller lebte vor dem Eintritt mit ihrem Mann <strong>und</strong> den Kindern, Ramona (6) <strong>und</strong> Jan (4) in einer<br />

Wohnung in A. Die Eheleute haben sich vor 9 Jahren in Ägypten, dem Heimatland von Frau Müller,<br />

kennen gelernt, wo sie auch einige Jahre gelebt haben. Frau Müller war Dozentin an einer Kunsthochschule<br />

in Kairo. Ihr Universitätsabschluss wird in der Schweiz nicht anerkannt, sie kann nicht in<br />

ihrem Beruf arbeiten. Mit der Geburt von Jan zog Familie Müller in die Schweiz, kurz darauf bekam<br />

sie eine schwere Depression <strong>und</strong> musste sich in ambulante psychiatrische Behandlung begeben. Sie<br />

fühlte sich in der Schweiz nie wohl <strong>und</strong> hatte lange großes Heimweh nach ihrer Familie. Herr Müller<br />

arbeitet im Außendienst bei einer Versicherung <strong>und</strong> war bis vor 6 Monaten viel unterwegs.<br />

Nach dem Tod ihrer Mutter vor einem Jahr hat ihr ihr Hausarzt Antidepressiva verschrieben. Um die<br />

Einsamkeit zu vergessen <strong>und</strong> über den Verlust der Mutter hinwegzukommen, hat Frau Müller begonnen,<br />

in großen Mengen Alkohol zu konsumieren. Nach kurzer Zeit war ihr jede Arbeit zu viel <strong>und</strong> sie<br />

versorgte den Haushalt <strong>und</strong> die Kinder nicht mehr. Die Kinder waren oft auf der Strasse <strong>und</strong> bettelten<br />

um Essen, weil die Mutter nicht mehr kochte. Nach kurzer Zeit waren sie abgemagert. Nach einer Gefährdungsmeldung<br />

wegen der familiären Verhältnisse durch Nachbarn wurde Frau Müller in kritischem<br />

Zustand in die Klinik eingewiesen. Herr Müller konnte sich mit seinem Arbeitgeber arrangieren<br />

<strong>und</strong> von zu Hause aus arbeiten, die Kinder leben bei ihm. Nach dem Entzug wurde sie auf die Rehaabteilung<br />

überwiesen, wo sie seit 3 Monaten lebt.<br />

Frau Müller nimmt neben Antabus noch Antidepressiva. Letztere erzeugen teilweise Nebenwirkungen,<br />

welche Teilnahmslosigkeit <strong>und</strong> Mattigkeit zur Folge haben. Die medikamentöse Behandlung ist<br />

noch nicht optimal, <strong>und</strong> Frau Müller wirkt öfters apathisch, verhält sich passiv <strong>und</strong> weigert sich teils,<br />

am Tagesprogramm teilzunehmen. Abends geht es ihr meist besser.<br />

Aktuelle Situation<br />

Insgesamt wirkt Frau Müller unentschlossen, ihren Alkoholkonsum wirklich zu verändern. Sie hatte<br />

auf der Station kürzlich einen schwereren Rückfall. Auch sonst scheint sie in Bezug auf Veränderungswünsche<br />

sehr unklar zu sein. Im Gespräch mit der sie begleitenden Sozialarbeiterin gilt es nun<br />

zu eruieren, welche Bedürfnisse <strong>und</strong> Anliegen für sie eigentlich bedeutsam sind, welche Veränderungsperspektiven<br />

sie entwickeln könnte <strong>und</strong> für welche Veränderungen sie sich motivieren könnte.<br />

Rollen<br />

– Frau Müller, Patientin <strong>und</strong> die begleitende Sozialarbeiterin<br />

Wolfgang Widulle - Gesprächsführung in der Sozialen Arbeit - <strong>Trainings</strong><strong>materialien</strong> - 1. Aufl. 2011 29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!