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Teil 5

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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

5. Grundschaltungen und Schaltungsintegration<br />

5.1 Allgemeines<br />

Man unterscheidet grundsätzlich zwei Grundtypen elektronischer Schaltungen: In analogen<br />

Schaltungen ist die Größe einer Spannung oder eines Stromes der direkte Träger der Information.<br />

Deshalb wird man in der Analogtechnik fast immer versuchen, ein lineares Verhältnis zwischen einer<br />

Spannung am Eingang und am Ausgang z. B. eines Verstärkers zu erzielen von der Art:<br />

Uout = a * Uin<br />

herzustellen. In der Digitaltechnik ist dagegen der Absolutwert einer Spannung nicht interessant.<br />

Wenn eine Spannung eine obere Schranke überschreitet, wird sie als logisch "high" gewertet,<br />

unterschreitet sie eine untere Schranke, so wird die als "low" bezeichnet. Die Digitaltechnik hat eine<br />

2-wertige Logik, die Analogtechnik eine Logik mit theoretisch unendlich vielen verschiedenen<br />

Werten<br />

u (t)<br />

u (t)<br />

Abb. 5.1: Digitale und analoge Signale<br />

1<br />

t<br />

high (1)<br />

low (0)<br />

Wir haben im Kapitel 3 kennengelernt, dass Halbleiter-Bauelemente typischerweise ein nichtlineares<br />

Verhältnis zwischen angelegter Spannung und durchfließenden Strom aufweisen.<br />

In der Analogtechnik wird man versuchen, die aktiven Bauelemente, also bipolare Transistoren oder<br />

FETs, jeweils unabhängig voneinander in einem konstanten Arbeitspunkt zu betreiben. Das bedingt<br />

wiederum kleine Signalgrößen im Vergleich zur Versorgungsspannung. Hilfreich ist auch die in der<br />

diskreten (im Gegensatz zur monolithisch integrierten) Technik praktizierte Trennung der einzelnen<br />

Stufen durch Kondensatoren. Natürlich kann eine solche Konstruktion auch keine Gleichspannung<br />

übertragen. Sie hat eine untere und obere Grenzfrequenz für die übertragbaren Signale. Abb. 5.2<br />

zeigt eine solche Schaltung, wie sie z. B. in einem Verstärker für tonfrequente Signale<br />

(Audiobereich, ca. 15 Hz bis 20 kHz) oft verwendet wurde. Signale unter etwa 15 Hz sind für<br />

Menschen nicht hörbar und müssen deshalb auch nicht übertragen werden.<br />

t


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

I<br />

St. 1 St. 2 St. 3 St. 4<br />

U<br />

Abschnittsweise lineare Näherung<br />

der Diodenkennlinie<br />

Abb. 5.2: Mehrstufige analoge Verstärkerschaltung<br />

Auf integrierten Schaltungen sind solche Konstrukte kaum verwendbar: Man kann dort die<br />

notwendigen großen Werte der Kopplungskapazitäten (100 Mikrofarad und mehr) nicht realisieren,<br />

auch schwebende (also nicht einseitig an Masse angeschlossene) Kapazitäten sind schwer zu<br />

realisieren.<br />

Deshalb sind mehrstufige Schaltungen, wenn sie auf dem IC realisiert werden, fast immer direkt<br />

gekoppelt und können auch Gleichspannungen übertragen.<br />

Generell wird der einzelne Transistor in der Analogtechnik aber ein möglichst linearer Verstärker<br />

sein sollen<br />

Diese Linearität ist in der Digitaltechnik weder erwünscht noch günstig. Dort kommt es vielmehr<br />

darauf an, dass stets definierte High- bzw. Low-Pegel vorhanden sind und die Übergänge dazwischen<br />

möglichst schnell stattfinden. Eine digitale Verstärkerstufe soll außerdem in der Lage sein, Signale zu<br />

regenerieren, also aus einem langsamen high/low oder low/high-Zustandsübergang einen schnelleren<br />

mit steileren Flanken zu erzeugen. Dazu benötigt auch die digitale Schaltstufe eine hohe<br />

Verstärkung. Hat z. B. das Gatter G3 eine Spannungsverstärkung von 10, so wird es bereits<br />

Ausgangssignale von 0,5 V des Gatters G1 auf einen Ausgangswert von 5V verstärken und<br />

dementsprechend eine steile Übergangsflanke erzeugen.<br />

Bei einer Verstärkung von 10, einer Versorgungsspannung von 5 V und einer Eingangsspannung<br />

über 0,5 V wird aber bereits eine Zustand der Sättigung erreicht, das Gatter wird in seinem<br />

Ausgangspegel begrenzt, seine aktiven Transistoren geraten in den Zustand der "Sättigung".<br />

u (t)<br />

G1<br />

G2<br />

G3<br />

Ausgangssignal<br />

G3<br />

regeneriertes<br />

Signal<br />

Abb. 5.3: Mehrstufige Digitalschaltung und Signalregenerierung<br />

2<br />

G5<br />

t


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Im Idealfall hat ein digitales Signal senkrechte Flanken. Lässt man den Aspekt der Regenerierung<br />

außer Betracht, dann kann ein Transistor in einer Digitalschaltung als Schalter idealisiert werden, der<br />

nur die Zustände "on" (leitend) und "off" (nicht leitend) kennt.<br />

Diese Abstraktion ist in der Digitaltechnik durchaus gebräuchlich. Allerdings sind Transistoren nur<br />

als spezielle Schalter verwendbar:<br />

Ein pnp- oder ein p-Kanal-MOS-Transistor eignet sich dazu, einen internen Schaltungsknoten mit<br />

der Betriebsspannung zu verbinden, während ein n-Kanal MOS-Transistor oder eine npn-Transistor<br />

einen Schaltungsknoten mit dem Masse-Anschluss verbindet.<br />

Ansteuerung<br />

Ansteuerung<br />

Ausgang<br />

Ausgang<br />

VDD<br />

GND<br />

VDD<br />

GND<br />

Abb. 5.4a: Transistoren in einer Digitalschaltung als aktive Schalter<br />

Idealerweise arbeitet eine digitale Schaltungstechnik mit solchen aktiven Schaltern, wie es die heute<br />

absolut dominierende CMOS-Technik tut.<br />

Ältere MOS-Techniken und alle bipolaren Logiken arbeiten mit nur eine Art aktiver Schalter. Dann<br />

werden zusätzlich auch Transistoren verwendet, die durch entsprechende Beschaltung als<br />

Widerstände wirken.<br />

R<br />

Ansteuerung<br />

Ausgang<br />

VDD<br />

3<br />

GND<br />

Abb. 5.4b: Digitalschaltung mit passivem Pull-up-Element und einseitigem aktiven Schalter<br />

Technologien mit passivem "Pull-up-Element" gegen VDD haben den Nachteil, dass im "low"-<br />

Zustand (und bei manchen Technologien sogar im high- und im low-Zustand) selbst bei Ruhe der<br />

Schaltung ein Querstrom fließt.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Wegen des Leistungsverbrauchs und damit verbundener Probleme der höheren Wärmebelastung im<br />

Schaltkreis eignen sich nur Technologien mit zwei aktiven Schaltern für die Großintegration.<br />

Man kann aber auch Transistoren als nicht-ideale Schalter in einem Modus einsetzen, in dem sie<br />

Signale entweder sperren oder weiterleiten.<br />

Man spricht dann von "Pass-Transistoren" oder, wenn ein p.Kanal und ein n-Kanal-Transistor<br />

parallelgeschaltet werden, von "transmission gates". Solche Schalter sind zwar platzsparend<br />

implementierbar, sie leisten aber keine Regenerierung der Signale, sondern bewirken eine<br />

Abschwächung. Der Grund liegt darin, dass die auf Durchlass geschalteten Transistoren natürlich<br />

immer noch einen endlichen Restwiderstand aufweisen. Zusammen mit der kapazitiven Belastung<br />

ergibt sich daraus ein Tiefpass. Nach einigen solcher Stufen (meistens mx. 2 bis 3) muss ein Signal<br />

deshalb stets wieder durch eine "aktive" Gatterschaltung regeneriert werden<br />

Quelle /<br />

Eingang<br />

Pass-Transistor<br />

GND<br />

Steuersignal<br />

Ausgang<br />

Quelle /<br />

Eingang<br />

Transmission Gate<br />

GND<br />

Abb. 5.5: Pass-Transistor und Transmission Gate<br />

4<br />

Steuersignal<br />

Steuersignal<br />

Ausgang<br />

Insbesondere die Pass-Transistor-Schaltung ist recht hochohmig bzw. schaltet nur recht langsam<br />

vom sperrenden in den leitenden Zustand um. Wesentlich besser in dieser Beziehung ist das<br />

Transmission Gate, bei dem jeweils ein p-Kanal- und ein n-Kanal-Transistor parallelgeschaltet<br />

werden. Diese beiden Transistoren benötigen dann komplementäre Signale zur Ansteuerung.<br />

5.2 Eigenschaften monolithisch integrierter Schaltungen<br />

Digitale Schaltungen, die aus einzelnen diskreten Transistoren aufgebaut waren, wurden vorwiegend<br />

in den 60er Jahren in Rechnern verwendet. Seitdem haben monolithisch integrierte Schaltungen<br />

Einzug gehalten, bei denen mehrere Transistoren (in den ersten Technologien) bis zu Millionen von<br />

Transistoren (seit den 80er Jahren) gemeinsam gefertigt werden. Wir haben im letzten Kapitel bereits<br />

einzelne so gefertigte Transistoren betrachtet.<br />

N-well CMOS Technology<br />

n-channel p-channel<br />

GND VDD<br />

n+ n+ p+ p+<br />

p- bulk silicon<br />

n-well<br />

n-diffusion<br />

p-diffusion<br />

metal<br />

gate-oxide<br />

field-oxide<br />

p - bulk<br />

poly-silicon<br />

n-well<br />

Abb. 5.6: Monolithisch integrierter Schaltkreis (Schnitt durch einen Inverter in CMOS-<br />

Technologie)


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Auch die Schaltungstechnik, die für monolithisch integrierte Schaltkreise verwendet wird, ist speziell<br />

auf deren Fertigungsmöglichkeiten abgestimmt.<br />

Vorab ist wichtig, dass bei der Fertigung von ICs stets gewisse Toleranzen auftreten. Man wird also<br />

z. B. kaum einen Widerstand von genau 100 Ohm fertigen können, sondern muss stets Streuungen<br />

etwa zwischen 90 und 110 Ohm tolerieren. Der Entwurf muss also stets darauf ausgelegt sein, dass<br />

eine Schaltung auch bei solchen Toleranzen noch funktioniert. Schaltungen, deren Funktion nur bei<br />

Einhaltung absoluter Werte von Bauelementen gewährleistet ist, werden auf dem IC nicht oder<br />

allenfalls mit geringster Ausbeute bei der Fertigung funktionieren. Zulässig und weit verbreitet sind<br />

dagegen Techniken, bei denen die Funktion auf einem festen Verhältnis zwischen zwei Widerständen<br />

oder zwei Kapazitäten beruht. Die Kunst, trotz absolut schwankender Parameter sicher<br />

funktionierende Schaltungen mit stabilen Eigenschaften zu entwerfen, ist insbesondere für analoge<br />

integrierte Schaltungen perfektioniert worden.<br />

Günstig und flächensparend realisieren lassen sich:<br />

- p-n-Dioden gegen das Grundsubstrat, wobei für die Polung eine Vorzugsrichtung existiert, die<br />

durch die Art des Grundsubstrats (p- oder n-) bestimmt ist. Ansonsten werden Dioden oft mittels<br />

Transistoren gebaut.<br />

- Transistoren, wobei in der bipolaren IC-Technologie vorwiegend npn-Transistoren als aktive<br />

Schalter zum Einsatz kommen. pnp-Transistoren sind möglich, sind aber vergleichsweise viel<br />

langsamer und werden aber eher als passive Widerstandselemente verwendet. In MOS-<br />

Technologien werden sowohl n-Kanal als auch p-Kanal-Transistoren als aktive Schalter benutzt.<br />

- Widerstände etwa im Bereich zwischen 1 kOhm und 100 kOhm durch Verwendung von<br />

Transistoren, wobei aber die Widerstandswerte nicht konstant sind. Widerstandswerte bis ca.<br />

100 kOhm sind durch widerstandsbehaftete Leitungen realisierbar.<br />

- Kondensatoren gegen Masse (Grundsubstrat) von unter 0,1 pF.<br />

Transistor mit Substratanschluß<br />

an Masse<br />

(n-Kanal)<br />

GND<br />

Signalleitung<br />

oder<br />

Transistor mit Substratanschluß<br />

an VDD<br />

(p-Kanal)<br />

R<br />

=<br />

Signalleitung<br />

Abb. 5.7a: Gut realisierbare integrierte Bauelemente (MOS)<br />

npn-Transistor pnp-Transistor<br />

(aktiver Schalter)(passiv, NF)<br />

Multi-Emitter-Transistor<br />

Abb. 5.7b: Integrierte Bauelemente (bipolar)<br />

5<br />

VDD


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Nur schwer realisierbar sind:<br />

- "Schwebende" Dioden zwischen Leitungen<br />

- "Schwebende" Kondensatoren<br />

- präzise Widerstandswerte<br />

- Widerstände unter 100 Ohm (ungenau) und über ca. 100 kOhm<br />

GND<br />

nur<br />

als:<br />

Abb. 5.8: In IC-Technologie bedingt realisierbare Bauelemente<br />

Kaum zu realisieren sind:<br />

- Spulen (Induktivitäten)<br />

- Transformatoren<br />

- große Kapazitäten über ca. 10 pF<br />

- Relais und elektromechanische Komponenten<br />

Induktivität<br />

große Kapazitäten<br />

Elektromechanische<br />

Bauelemente<br />

6<br />

über 1 kOhm<br />

Übertrager / Transformator<br />

Abb. 5.9: In IC-Technologie nicht realisierbare Komponenten<br />

(Induktivitäten sind bedingt möglich)<br />

Große Widerstände,<br />

Präzisionswiderstände<br />

Zudem existiert für alle integrierten Bauelemente ein gemeinsamer Masse (GND)-Anschluss. Damit<br />

sind Entkopplungen für Gleichspannung, wie man sie in diskret aufgebauten Schaltungen mittels<br />

Kondensatoren oder Spulen (Übertragern) bauen kann, problematisch. Einzelne einer größeren<br />

Schaltung sind nahezu immer galvanisch gekoppelt.<br />

In den meisten Technologien sind auch entweder nur bipolare Transistoren oder nur MOS-<br />

Transistoren verfügbar. Mischtechnologien existieren aber. Bei den bipolaren Transistoren ist für die<br />

(schnelle) Signalverarbeitung fast ausschließlich der npn-Transistor verfügbar, pnp-Transistoren<br />

dienen nur als quasi-statische Bauelemente z. B. als Lastelemente , für Stromquellen etc.<br />

Diese Einschränkungen erscheinen für den Elektroniker, der Schaltungen auf dem "Brett" mit<br />

Komponenten aus der Schublade zu bauen gewohnt ist, schwerwiegend.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Dem gegenüber stehen handfeste Vorteile:<br />

- geringe Kosten pro aktivem Bauelement<br />

(ein diskret aufgebauter Transistor kostet ca. 0,1 DM, eine Transistorfunktion in einem<br />

hochintegrierten IC ist für 10**-4 DM entsprechend 0,01 Pfg. und weniger zu bekommen)<br />

- ICs haben im Vergleich zu diskreten Schaltungen eine mehrfach höhere Zuverlässigkeit und<br />

Lebensdauer<br />

- Gewicht, Platzbedarf und Leistungsverbrauch pro Transistorfunktion sind um Größenordnungen<br />

niedriger.<br />

Überraschend für den Anfänger ist vielleicht die Tatsache, dass die Zuverlässigkeit einer Schaltung<br />

viel mehr durch die Verbindungsleitungen und Kontakte zwischen aktiven Bauelementen bestimmt<br />

ist als durch diese selbst.<br />

Die Fertigung von ICs ist ein aufwendiger Prozess, der bei modernen Technologien aus hunderten<br />

von Einzelschritten besteht, die wiederum detailliert aufeinander abgestimmt sein müssen. Damit sind<br />

ICs grundsätzlich kostengünstig nur bei Stückzahlen von Tausenden bis Millionen herstellbar.<br />

Einmal gefertigte ICs kann man, falls ein Entwurfsfehler vorliegt, kaum jemals reparieren. Sie<br />

verlangen also eine ganz neue Entwurfstechnologie (siehe Spezialvorlesung ab 6. Semester).<br />

Da das Innere von ICs von außen kaum zugänglich ist , kann man auch nur sehr beschränkt in der<br />

Schaltung messen und prüfen. Deshalb verlangen ICs eine eigene, sehr spezielle Test-Technologie<br />

(Spezialvorlesung gibt es auch).<br />

5.3 Die Silizium-Planartechnik<br />

Seit den 60er Jahren hat sich ein grundlegendes Fertigungsverfahren für integrierte Halbleiterschaltungen<br />

entwickelt, auf dem die gesamt Mikroelektronik beruht. Man nennt dies die<br />

"Planartechik". Sie ist gekennzeichnet dadurch, dass Halbleiter-Bauelemente massenweise<br />

gleichzeitig mit Hilfe fotomechanischer Abbildungsverfahren gefertigt werde.<br />

Das Ausgangsmaterial ist stets eine Scheibe einkristallinen, hochreinen, an den Oberflächen polierten<br />

Siliziums. Bei einer Dicke von ca. 0,7 mm hat ein solcher "Wafer" einen Durchmesser von bis zu ca.<br />

30 cm. Das Grundmaterial ist, je nach Typ der zu fertigenden Schaltung, entweder schwach p- oder<br />

n-dotiert.<br />

Die verschiedenen Fertigungsschritte benutzen zumeist eine in etwa ähnliche Prozessfolge.<br />

1. Wafer (nicht maßstäblich)<br />

2. Oxidation<br />

3. Beschichtung mit Fotolack<br />

4. Selektive Belichtung<br />

5. Selektives Entfernen der<br />

der belichteten Lackstellen<br />

6. Entfernen der Oxidschicht<br />

an den belichteten Stellen<br />

7. Strippen der Lackreste<br />

8. Selektive Dotierung der<br />

geöffneten Bereiche<br />

Abb. 5.10: Grundlegende Prozess-Schritte der Silizium-Planartechnik<br />

7


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Am Anfang der Prozessfolge steht stets die Oxidierung der Silizium-Oberflächen. Das Oxid dient als<br />

Maskierungsschicht für eine Anzahl von Prozess-Schritten, weil z. B. bei Behandlung der Oberfläche<br />

des Halbleiters mit einem Dotierstoff (z. B. PH3-Gas, Phosphin) der Dotierstoff in eine Silizium-<br />

Oberfläche wesentlich schneller eindiffundiert als in eine SiO2-Oberfläche. Effektiv geschieht die<br />

Diffusion ins SiO2 so langsam, dass eine solche Schicht das darunter liegende Silizium effektiv<br />

abschirmt. Bei einem Dotierungsprozess, der in der Regel bei etwa 1000 Grad Celsius im<br />

sogenannten Diffusionsofen stattfindet, wird als der Dotierstoff zur Bildung p- oder n-leitender<br />

Bereiche gezielt an vorher "geöffneten" Stellen in den Halbleiter eingebracht.<br />

Das selektive Öffnen selbst erfordert einen mehrstufigen Prozess:<br />

Im ersten Schritt wird die Silizium-Oberfläche durch Oxidation mit Sauerstoff der Wasserdampf (bei<br />

1000 Grad C. im Ofen) oxidiert. Man unterscheidet dabei die Trockenoxidation, bei der sich langsam<br />

ein sehr homogenes, hochwertiges Oxid bildet (z. B. auch für Transistor-Gates geeignet) Danach<br />

erfolgt eine Abdeckung mit einem lichtempfindlichen Kunststoff, meistens als "Fotoresist"<br />

bezeichnet.<br />

Die Übertragung von Strukturmustern für z. B. zu diffundierende Bereiche geschieht nun mittels<br />

einer selektiven Belichtung der Oberfläche z. B. durch eine Maske hindurch. Eine Quarzlampe sendet<br />

UV-Strahlung aus, die von einer als Maske wirkenden teilweise geschwärzten Glasplatte nur an den<br />

zu belichtenden Stellen durchgelassen wird. In den meisten Fällen ist der Resist an den belichteten<br />

Stellen anschließend in einem Lösungsmittel leichter löslich als die unbelichteten <strong>Teil</strong>e (Positivlack).<br />

Es gibt aber auch Resist-Sorten, die nur an den belichteten Stellen unlöslich werden. (Negativlack).<br />

Nachdem so zunächst die Oberfläche des Oxids selektiv geöffnet wurde, wird anschließend ein<br />

Ätzmittel verwendet, das nur das Oxid, nicht aber den stehengebliebenen Resist angreift. Meistens<br />

wird zum Ätzen Fluss-Säure (HF) verwendet. Damit wird nun seinerseits das Oxid an den belichteten<br />

Stellen geöffnet. Damit existiert nun das für eine selektive Diffusion benötigte Fenster. Vor der<br />

Diffusion werden aber die stehengebliebenen Lackreste entfernt (gestrippt). Nach dem<br />

Diffusionsvorgang wird sofort wieder oxidiert, damit die behandelte Stelle für weitere Prozess-<br />

Schritte maskiert ist.<br />

Im Verlauf der Herstellung eines ICs ist es einerseits notwendig, p- und n-Dotierungen an<br />

verschiedenen Stellen aufzubringen. Aber auch die Umdotierung eines schwach p-dotierten Bereichs<br />

in ein n-dotiertes Gebiet (und umgekehrt) kann notwendig werden. Besonders kompliziert sind die<br />

Verhältnisse beim integrierten bipolaren Transistor (Abb. 5.11).<br />

E B C<br />

n++<br />

P +<br />

n+<br />

n - (epitaktisch)<br />

n++<br />

Grundsubstrat<br />

Abb. 5.11: Integrierter bipolarer Transistor<br />

8<br />

Isolator<br />

Dort muss auf ein schwach leitendes Grundsubstrat zunächst die gut leitende "vergrabene Schicht"<br />

aufgebracht werden. Dieser folgt für den Kollektor eine niedriger leitende epitaktische Schicht. Da<br />

man in eine gut leitende Schicht keine schwach leitende derselben Polarität eindotieren kann, muss<br />

auf der Oberfläche eine schwach leitende monokristalline Schicht "aufgewachsen" werden. Diesen<br />

Prozess nennt man Epitaxie. In die Epitaxie-Schicht werden dann die mittelhoch dotierte Basis und<br />

die hoch dotierten Emitter- und Kollektor-Anschlüsse eindiffundiert.<br />

Schließlich ist noch Trennschicht zwischen verschiedenen Transistoren vorzusehen, die entweder aus<br />

einer tiefen p-Diffusion oder einer echten Isolierschicht bestehen kann.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

5.4 Grundschaltungen<br />

5.4.1 Dioden und Transistoren als Bauelemente in ICs<br />

In integrierten Schaltungen werden vorwiegend bipolare npn-Transistoren oder selbstsperrende<br />

MOS-Fets verwendet.<br />

Deren Eingangs-Ausgangs-Verhalten lässt sich etwa so beschreiben:<br />

IC = IS * e (UBE/UT) (1 + UCE/UA) , IB = IC / B<br />

für den bipolaren Transistor.<br />

ID = K/2 (UGS-Uth )2 * (1 + UDS / UA) , IG = 0<br />

für den MOSFET im Abschnürbereich oder Sättigungsbereich.<br />

Dabei ist K der sogenannte Transduktanz-Koeffizient, der als Maß für die Steigung der<br />

Übertragungskennlinie gelten kann. Mit:<br />

K = μn C’ox *W / L<br />

Es gehen also ein: Die Beweglichkeit der Ladungsträger (hier für den n-Kanal), die Oxid-Kapazität<br />

am Gate, die Weite und die Länge der Kanal-Zone.<br />

In beiden Strom-Spannungs-Gleichungen kommt jetzt die Early-Spannung UA vor, die man auch<br />

beim MOSFET in Analogie zum Bipolaren Transistor definiert und die hier wie dort den Einfluss der<br />

variablen Sperrschicht-Weiten mit der Spannung abdeckt. Diese Konstante liegt beim MOSFET bei<br />

ca. 20 bis 100 V.<br />

Natürlich sind diese recht groben Gleichungen viel zu ungenau, um beim tatsächlichen<br />

Schaltungsentwurf die Transistoren genau zu dimensionieren. Die in den Simulationsprogrammen<br />

wie SPICE oder PSPICE verwendeten Parameter müssen viel genauer sein.<br />

Beim Entwurf von Bauelementen und Baugruppen in integrierten Schaltungen kann man nicht<br />

beliebige Größen z. B. der Kanallänge angeben, sondern man ist an Vorgaben des Schaltungsherstellers<br />

gebunden. Meistens ist eine minimale Transistor-Größe bezüglich z. B. effektiver Kanal-<br />

Länge und Kanal-Breite vorgegeben, die man fast beliebig überschreiten, aber nicht unterschreiten<br />

darf. Oft werden auch die Simulationsparameter auf eine solchen Einheits-Transistor bezogen.<br />

Typischerweise sind für den Entwurf verfügbar:<br />

a) in bipolaren Technologien: npn-Transistoren für die Signalverarbeitung<br />

pnp-Transistoren nur für statischen Einsatz in Stromquellen etc.<br />

b) in MOS-Technologien: selbstsperrende n-Kanal-Transistoren<br />

selbstsperrende p-Kanal-Transistoren.<br />

MOS-Technologien, die auch selbstleitende p-Kanal-Transistoren<br />

anbieten,<br />

waren früher üblich, sind heute aber eher die Ausnahme.<br />

Beim Entwurf ist stets davon auszugehen, dass die Fertigungsparameter wie Kanallängen,<br />

Schichtdicken usw. und damit auch die elektrischen Parameter wie z. B. die Steilheit zwischen 2<br />

Fertigungsläufen um 10-20% schwanken können. Dagegen sind sie Schwankungen zwischen in<br />

einem „run“ oder gar auf einem Chip nominal mit gleichen Eigenschaften gefertigten Bauelementen<br />

9


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

recht gering. Man kann beim Entwurf z. B. davon ausgehen, dass ein als „doppelt breit“ entworfener<br />

Transistor auch ziemlich genau doppelt so breit ist wie der Standard-Transistor.<br />

Zunächst überraschend ist, dass man in integrierter Schaltungstechnik auch die Dioden oft über<br />

Transistoren realisiert.<br />

A<br />

K<br />

normale Diode<br />

A<br />

K<br />

npn-Diode<br />

A<br />

K<br />

pnp-Diode<br />

Abb. 5.12: Dioden in integrierten bipolaren Schaltungen<br />

A<br />

K<br />

normale Diode<br />

A<br />

K<br />

n-Kanal-Diode<br />

A<br />

K<br />

p-Kanal-Diode<br />

Abb. 5.13: Dioden in integrierten MOS-Schaltungen<br />

Die bipolare Diode, die aus einem Transistor mit kurzgeschlossener Basis-Kollektor-Strecke besteht,<br />

wird auch als „Transdiode“ bezeichnet. Die npn- und die pnp-Transdiode haben nochmals<br />

unterschiedliche Eigenschaften. Man benötigt solche Dioden speziell für Strom-Spannungs-<br />

Wandlung und Strom-Skalierung. Man kann damit, entsprechend den Transistoren, auch<br />

Transdioden mit skalierter Größe bauen. Solche Dioden werden häufig in Schaltungen zur Strom-<br />

Spannungs-Wandlung eingesetzt: Die eigentliche Mess-Größe ist ein Strom, benötigt wird aber eine<br />

Strom-proportionale Spannung, ohne (wie bei einem Mess-Widerstand) den Kreis, in dem die<br />

Messgröße auftritt, massiv zu beeinflussen.<br />

A<br />

I<br />

I C<br />

I<br />

IB = 0<br />

K<br />

U<br />

I G = 0<br />

Abb. 5.14: Strom-Spannungs-Wandlung mit Skalierung<br />

A<br />

K<br />

U<br />

In der Schaltung mit bipolaren Transistoren fließt zunächst durch den rechten Transistor der Strom I.<br />

Nach der Dioden-Gleichung gilt dafür:<br />

10<br />

I D


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I = I S,D (e **U/UT - 1) und U = UT ln (I/I S,D + 1)<br />

Und näherungsweise gilt: U = UT ln (I /I S,D)<br />

I S,D ist der Sättigungs-Sperrstrom der Diode. Entsprechend habe der Transistor (links) den<br />

Sperrstrom I S,T.<br />

Für den Kollektorstrom des Transistors gilt näherungsweise:<br />

IC = I S,T e** (UBE/UT) = I S,T e**ln (I/I S,D) = I * (I S,T / I S,D)<br />

Der Strom wird also entsprechend dem Verhältnis der Sättigungs-Sperrströme skaliert. Eine<br />

definierte Skalierung erreicht man aber nur dann, wenn man zwei gleiche Transistor-Typen<br />

kombiniert. Dann wird das Verhältnis der Sättigungs-Sperrströme über die Transistor-Größe<br />

festgelegt.<br />

Bei MOS-Schaltungen setzt man entsprechend die FET-Dioden ein. Hier gilt dann für die Strom-<br />

Spannungs-Wandlung:<br />

I = KD/2 (UGS-Uth)**2 und folglich: U = Uth + √ (2I / KD)<br />

KD ist der Steilheits-Koeffizient der FET-Diode. Der zweite MOS-FET habe den Steilheits-<br />

Koeffizienten KM. Dann gilt näherungsweise:<br />

ID = KM/2 (UGS-Uth)**2 = I KM / KD . (bei UGS = U)<br />

Auch hier erfordert die Skalierbarkeit die Verwendung gleichartiger Transistoren.<br />

5.4.2 Stromquellen und Stromspiegel<br />

In diskreter Schaltungstechnik werden zur Arbeitspunkt-Einstellung Widerstände verwendet. Diese<br />

Methode ist bei integrierten Schaltungen kaum noch praktikabel. Man behilft sich mit Schaltungen,<br />

die definierte Ströme liefern, sogenannten Stromquellen. Dabei handelt es sich stets um<br />

Gleichströme.<br />

Stromspiegel sind fast noch häufiger und wichtiger:<br />

Ein Stromspiegel ist eine Schaltung, welche am Ausgang eine definiert abgeschwächte oder<br />

verstärkte Kopie eines anderen Stromes liefert.<br />

Bereits einzelne Transistoren können als Stromquellen betrachtet und behandelt werden.<br />

11


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

U 0<br />

U BE<br />

U b<br />

R E<br />

GND<br />

I a<br />

U R<br />

R L<br />

U a<br />

U GS<br />

U 0<br />

U b<br />

R S<br />

GND<br />

I a<br />

Abb. 5.15: Bipolarer Transistor und n-Kanal-MOSFET als Stromquelle<br />

Das Ausgangs-Kennlinienfeld des bipolaren Transistors wie auch das des MOS-Transistors zeigen<br />

bei konstantem Basis-Strom bzw. konstanter Basis-Spannung eine bemerkenswertes Verhalten:<br />

Trotz Änderung der Kollektor-Emitter-Spannung bzw. der Source-Drain-Spannung bleibt der<br />

Kollektor-Strom bzw. der Drain-Strom über einen weiten Bereich konstant (nahezu horizontale<br />

Kennlinie- bis auf den Early-Effekt). Zur Kompensation von Temperatur-Effekten wird man<br />

außerdem noch eine Strom-Gegenkopplung benötigen, die über den Widerstand RE bzw. RS bewirkt<br />

wird.<br />

Damit fließt nun über den „Verbraucher“, der hier durch den Widerstand RL dargestellt ist, ein<br />

nahezu konstanter Strom, auch dann, wenn sich die anliegende Spannung Ub in erheblichem Umfang<br />

ändert.<br />

Für den Fall des bipolaren Transistors kann man den Ausgangsstrom wie folgt angeben:<br />

Ia = U0 - UBE / RE<br />

Der Strom bleibt um so besser konstant, je größer U0 gegenüber UBE ist. Allerdings kann man U0<br />

nicht zu nahe an Ub herankommen lassen, sonst wird der Aussteuerbereich arg eingeschränkt.<br />

Wichtig ist auch der dynamische Ausgangswiderstand:<br />

Ra = dUa /dIa (U0 = const.)<br />

Dieser sollte eigentlich (bei waagerechter Ausgangskennlinie) unendlich groß sein, wird aber durch<br />

den Early-Effekt tatsächlich begrenzt:<br />

Näherungsweise gilt:<br />

ra = UA/ Ia + RE *Ua/UT<br />

ra = β UA/ Ia<br />

12<br />

U R<br />

für UR klein gegen β UT.<br />

für UR groß gegen β UT.<br />

Dabei ist β die dynamische (Kleinsignal-) Stromverstärkung des Transistors, die sich von der<br />

statischen Stromverstärkung B etwas unterscheidet.<br />

Man kann mit bipolaren Transistoren durchaus dynamische Innenwiderstände bis zu einigen 100<br />

kOhm realisieren.<br />

Die Stromquelle lässt sich entsprechend auch mit dem MOSFET realisieren. Allerdings ist wegen<br />

dessen geringerer Early-Spannung und seiner geringeren Steilheit (bei gleichem Strom) der<br />

Innenwiderstand nicht ganz so groß.<br />

R L<br />

U a


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Deshalb verwendet man in diskreten Schaltungen meistens Stromquellen mit bipolaren Transistoren.<br />

U b<br />

R 1<br />

R 2<br />

I a<br />

R E<br />

U b<br />

R 1<br />

R 2<br />

I a<br />

13<br />

U b<br />

R 1<br />

I a<br />

R E R E<br />

Abb. 5.16: Stromquellen-Schaltungen für diskreten Aufbau mit bipolaren Transistoren<br />

Die einfachste Stromquellen-Schaltung sieht fast wie eine normale Verstärker-Schaltung aus, an<br />

Stelle des Widerstandes RC steht aber hier die Schaltung, die mit einem konstanten Strom betrieben<br />

werden soll. Nachteilig ist hier die Abhängigkeit von UBE von der Temperatur.<br />

Der Ausgangsstrom wird hierbei näherungsweise: Ia = (UbR2/(R1 + R2) –UBE) /RE wobei UBE etwa<br />

0,7 V beträgt.<br />

Man kann diese Abhängigkeit durch Vergrößerung von RE verringern, aber alternativ auch , in dem<br />

man alternativ eine Diode in den Spannungsteiler einbaut. Dann gilt näherungsweise:<br />

Ia = (Ub-UD)*R2 /((R1 + R2)RE)<br />

Dabei kann man die Fluss-Spannung UD der Diode zu etwa =0,7 V ansetzen.<br />

Eine weitere Lösung ist die Verwendung einer Z-Diode an Stelle von R1, die im Durchbruch<br />

betrieben wird. Wenn man hier eine Z-Diode mit geringer Temperaturabhängigkeit der<br />

Durchbruchsspannung verwendet und zusätzlich noch eine normale Diode in Flussrichtung zur<br />

Kompensation der Schwankungen in Serie schaltet, so wird die Schaltung besonders stabil.<br />

Für die Schaltung mit einer Z-Diode für den Widerstand R2 gilt näherungsweise:<br />

Ia = (UZ – UBE)/RE (mit UBE etwa 0,7 V)<br />

UZ ist die Durchbruchsspannung der Z-Diode in Rückwärtsrichtung.<br />

Mit der zusätzlichen Kompensation von UBE durch eine vorgeschaltete Diode erhält man dann:<br />

Ia = UZ/ RE<br />

Stromspiegel-Schaltungen dienen dazu, einen in einem Schaltungsteil auftretenden Strom in einem<br />

zweiten <strong>Teil</strong> direkt oder in übersetzter Form zu reproduzieren.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

T 1<br />

U b<br />

R v<br />

I e<br />

R 1<br />

R 2<br />

I a<br />

T 2<br />

U a<br />

T 1<br />

Abb. 5.17: Einfache Stromspiegel-Schaltungen mit npn-Transistoren (links) und mit n-Kanal-<br />

MOSFets<br />

Die einfachsten Stromspiegel-Schaltungen bestehen, wie oben gezeigt, jeweils aus 2 TransistorenT1<br />

und T2, die jeweils mit 2 Widerständen R1 und R2 zur Strom-Gegenkopplung ausgestattet sind. Der<br />

zusätzliche Widerstand RV lässt jeweils die linke Seite der Schaltung zu einer Stromquelle werden.<br />

Betrachtet sei zunächst der Stromspiegel mit npn-Transistoren, auch als npn-Stromspiegel<br />

bezeichnet. Eine charakteristische Größe ist das Übersetzungsverhältnis:<br />

kI = Ia / Ie zwischen Eingangsstrom und Ausgangsstrom. Für den Fall, dass die Widerstände R1 und<br />

R2 zu 0 gemacht werden, ergibt sich der einfache Spezialfall:<br />

kI = Ia / Ie = 1/(Is1/Is2(1+1/B) +1/B)<br />

Wenn die Stromverstärkung B ausreichend hoch ist (üblicherweise ca. 100 – 500), so ist das<br />

Übersetzungsverhältnis nur durch die Sperrströme Is1 und Is2 bestimmt.<br />

Bei gleichartigen und gleich großen Transistoren ist dieses Verhältnis auch noch gleich 1, dann wird<br />

der Eingangsstrom in einen gleich großen Ausgangsstrom übersetzt.<br />

Die nachfolgende Abbildung zeigt die Ausgangskennlinie des Stromspiegels.<br />

I a /uA<br />

100<br />

20<br />

npn<br />

Arbeitsbereich<br />

bipolar<br />

n-Kanal MOS<br />

1<br />

Arbeitsbereich<br />

MOS<br />

2<br />

14<br />

U b<br />

R v<br />

n-Kanal MOS<br />

U a /V<br />

Abb. 5.18: Typische Ausgangskennlinien von Stromspiegel-Schaltungen<br />

npn<br />

T 2<br />

I a<br />

U a


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Wegen der größeren Steilheit und der größeren Early-Spannung ist der Arbeitsbereich des npn-<br />

Stromspiegel günstiger als der der MOS-Schaltung.<br />

Erhält der Stromspiegel eine Gegenkopplung durch die Widerstände R1 und R2, so beeinflussen diese<br />

das Übersetzungsverhältnis. Dann gilt näherungsweise:<br />

kI = Ia / Ie = R1/(R2 +(R1+R2)/B)) was für große Werte von B in R1 / R2 übergeht.<br />

Bei diskret aufgebauten Stromspiegeln wird man nie gleiche Transistoren haben und deshalb immer<br />

mit Widerständen zur Gegenkopplung arbeiten.<br />

Bei integrierten Stromspiegeln wird man dagegen das Verhältnis der Widerstände entsprechend den<br />

Größenverhältnissen der Transistoren wählen: IS2 / IS1 = R1 / R2.<br />

Dann wirken sich die Widerstände praktisch nicht auf das Übersetzungsverhältnis aus.<br />

In der Praxis wird man relativ häufig den Stromspiegel direkt als Stromquelle einsetzen.<br />

Bei Vernachlässigung der Basis-Ströme und mit einem Vorwiderstand RV erhält man<br />

näherungsweise:<br />

Ie = (Ub – UBE1) /(RV + R1) , wobei UBE1 wieder zu etwa 0,7 V angesetzt werden kann.<br />

Wenn es nicht mehr möglich ist, das Übersetzungsverhältnis des Stromspiegels über die Transistor-<br />

Größen einzustellen, weil der Transistor T2 zu klein wird bzw. die Größe von T1 unhandlich würde,<br />

dann setzt man in integrierten Schaltungen auch den sogenannten „Widlar-Stromspiegel“ ein, bei<br />

dem nur der Gegenkopplungswiderstand R2 vorhanden ist. Dann gilt näherungsweise:<br />

kI=IS2 / IS1 e**(-UR2/ UT)<br />

UR2 ist der Spannungsabfall am Gegenkopplungs-Widerstand R2, UT ist die Temperaturspannung.<br />

In manchen Fällen wird, insbesondere bei kleinen Stromverstärkungen oder bei großen<br />

Übersetzungsverhältnissen, der Basis-Strom des Ausgangstransistors nicht mehr zu vernachlässigen<br />

sein. Dann ist das Übersetzungsverhältnis nicht mehr einfach von den Transistor-Größen abhängig.<br />

Abhilfe schafft dann eine Spezialschaltung, bei der ein dritter Transistor zur Versorgung des Basis-<br />

Stroms eingesetzt wird, der sogenannte 3-Transistor-Stromspiegel.<br />

T 1<br />

I e<br />

R 1<br />

U b<br />

R v<br />

T 3<br />

R 2<br />

I a<br />

T 2<br />

U a<br />

Abb. 5.19: 3-Transistor-Stromspiegel<br />

15


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Der Fehler bei der Berechnung des Übersetzungsverhältnisses reduziert sich um den Faktor der<br />

Stromverstärkung des dritten Transistors. Verwendet wird eine solche Schaltung besonders in<br />

sogenannten Strom-Bänken: In manchen Typen von analogen und digital-analogen Schaltungen<br />

benötigt man eine Serie von fest eingestellten Strömen mit einen festen Verhältnis zueinander.<br />

Die kann ein Stromspiegel liefern, wenn man an Stelle des einen Transistors T2 eine Serie von<br />

unterschiedlich großen Transistoren anschließt.<br />

Noch nicht genauer betrachtet haben wir die Einstellung des Übersetzungsverhältnisses beim<br />

Stromspiegel mit n-Kanal-MOSFETs.<br />

Für die Drain-Ströme der beiden Transistoren kann man ansetzen:<br />

ID1 = K1/2 (UGS1 - Uth) 2 .<br />

ID2 = K2/2 (UGS2-Uth) 2 (1 + UDS2/UA) .<br />

(K1, K2 sind die Steilheits-Faktoren UA ist die Early-Spannung)<br />

Beim Transistor T1 (Abb. 5.20) kann man wegen UDS1 = UGS1


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Typischerweise müsste man, um eine Grenze des Aussteuerbereichs von ca. 0,1 bis 0,2 V wie bei<br />

bipolaren Transistoren zu erreichen, die MOSFETs um den Faktor 50 bis 100 größer machen.<br />

Die Praxis lässt das nur in Ausnahmefällen zu.<br />

Wenn der Stromspiegel mit Widerständen zur Gegenkopplung betrieben wird, so wird die<br />

Bestimmung des Übersetzungsverhältnisses für den allgemeinen Fall nicht mehr geschlossen möglich.<br />

Für den Sonderfall:<br />

K2 / K1 = R1 / R2<br />

erhält man allerdings eine Aufhebung des Substrateffekts, und das Übersetzungsverhältnis entspricht<br />

dem beim n-MOS-Stromspiegel ohne Gegenkopplung.<br />

Mit dem Vorwiderstand Rv kann man den n-Kanal-Stromspiegel auch als Stromquelle betreiben.<br />

Dann gilt:<br />

Ie = (Ub – UGS1) /(Rv + R1) und Ia = kI*Ie .<br />

Für manche Anwendungen sind hohe bis extrem hohe Ausgangswiderstände gefordert.<br />

Die sind mit einem einfachen Stromspiegel nur sehr hochohmige Widerstände für die Gegenkopplung<br />

zu realisieren. In integrierten Schaltungen stehen solche Widerstandswerte typischerweise nicht zur<br />

Verfügung. Deshalb ist es dann sinnvoll, eine sogenannte Kaskoden-Schaltung einzusetzen.<br />

in<br />

T 2<br />

T 1<br />

R C<br />

U b<br />

R 2<br />

R 1<br />

Abb. 5.21: Kaskode-Schaltung<br />

out<br />

C b<br />

R bV<br />

Die Kaskode-Schaltung ist eine spezielle Trick-Schaltung, um Transistor-Verstärker auf höhere<br />

Grenzfrequenzen zu „züchten“. Der Transistor T1 arbeitet in Emitter-Schaltung, allerdings auf eine<br />

sehr kleinen Eingangswiderstand, dargestellt durch den Transistor T2 in Basis-Schaltung . Der<br />

Arbeitspunkt der Basis-Schaltung wird durch die Widerstände R1 und R2 bestimmt. Der Kondensator<br />

Cb dient dazu, den Transistor T2 gleichspannungsmäßig an Masse zu legen. Der Widerstand Rbv wird<br />

manchmal notwendig, um Eigenschwingungen der Schaltung zu unterdrücken.<br />

Diese Schaltung weist in etwa dieselbe Verstärkung wie die Emitter-Schaltung auf, funktioniert aber<br />

über eine größere Bandbreite.<br />

17


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

T 1<br />

U b<br />

R v<br />

I e<br />

I a<br />

T 3<br />

T 2<br />

I a /B<br />

U 0<br />

T 1<br />

18<br />

U b<br />

R v<br />

GND GND<br />

Abb. 5.22: Stromspiegel mit Kaskode-Schaltung<br />

Man kann diese Schaltung ansehen als eine einfache Stromquelle in Emitter- bzw. Source-<br />

Grundschaltung, bei welcher der Gegenkopplungswiderstand durch einen Stromspiegel ersetzt ist.<br />

Nachteilig ist hierbei, dass man eine externe Spannungsquelle als Referenz benötigt. Deshalb hat es<br />

sich als praktischer herausgestellt, gleich den vollständigen „Kaskode-Stromspiegel“ zu bauen, bei<br />

dem diese Spannungsquelle entfällt.<br />

T 3<br />

T 1<br />

I e<br />

I e ‘<br />

GND<br />

I a ‘<br />

T 2<br />

I a<br />

T 4<br />

Abb. 5.23: Kaskode-Stromspiegel<br />

U a<br />

T 3<br />

I e ‘<br />

T 1<br />

I a<br />

T 3<br />

GND<br />

Diese Schaltung wird auch als Kaskode-Stromspiegel mit automatischer Arbeitspunkt-Einstellung<br />

bezeichnet.<br />

Das Übersetzungsverhältnis kI = Ia / Ie ist gegeben durch die Ruheströme der Transistoren Is2 zu Is1<br />

bei der bipolaren Schaltung und durch das Verhältnis der Steilheits-Faktoren K2 zu K1 bei der MOS-<br />

Schaltung.<br />

Wenn β die Kleinsignal-Stromverstärkung des Transistors ist, so wird bei der bipolaren Schaltung<br />

der Ausgangswiderstand der Kaskode-Schaltung um den Faktor β / (1 + kI) größer als der des<br />

einfachen Stromspiegels.<br />

I e<br />

T 2<br />

I a ‘<br />

T 4<br />

T 2<br />

I a<br />

U 0<br />

U a


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

T 3<br />

T 1<br />

I e<br />

Vcc = 5V<br />

35k<br />

I e ‘<br />

GND<br />

I a ‘<br />

T 2<br />

I a = 100 uA<br />

T 4<br />

U a<br />

Vdd = 5V<br />

T 3<br />

I e ‘<br />

Abb. 5.24: Kaskode-Stromspiegel als Stromquelle<br />

T 1<br />

19<br />

15 k<br />

I e<br />

GND<br />

I a ‘<br />

T 4<br />

T 2<br />

I a = 100 uA<br />

Mittels solcher Schaltungen kann man in der Praxis Innenwiderstände der Stromquellen von ca.<br />

30-70 Mohm erreichen. Dabei ist die bipolare Schaltung typischerweise um den Faktor 2-3 „besser“,<br />

bzw. hat einen größeren nutzbaren Aussteuerbereich.<br />

5.4.3 Differenzverstärker<br />

Die vorstehend betrachteten Schaltungen für Kleinsignalverstärker sind so für integrierte<br />

Schaltungen nicht brauchbar. Es ist schlicht und einfach unmöglich, die galvanische Trennung<br />

benötigten Kondensatoren unterzubringen. Benötigt werden Verstärker, welche auch mit<br />

galvanischer Kopplung der einzelnen Stufen und ohne separate Einstellung von Arbeitspunkten<br />

funktionieren. Dabei ergibt sich ein grundlegendes Problem:<br />

Der Arbeitspunkt eines Transistors ändert sich mehr oder weniger mit der Temperatur, auch beim<br />

Einsatz stabilisierender Schaltungstricks. Und wenn man z. B. n=5 Schaltungsstufen hat, von denen<br />

jede eine Verstärkung von B= 10 aufweist, dann werden die Drift-Effekte der ersten Stufe ganz wie<br />

ein Nutz-Signal von den folgenden Stufen mit verstärkt. Variiert also die Spannung der Stufe 1 um 1<br />

mV, so wird diese Änderung bis zum Ausgang noch 10**4 mal verstärkt und würde am Ausgang die<br />

Spannung um 10 V verschieben. Dieser Effekt wird durch den Einsatz von Differenzverstärkern<br />

vermieden.<br />

U a


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Vcc<br />

U a1<br />

U e1<br />

R C1<br />

Vss<br />

R C2<br />

U e2<br />

U e2<br />

Vdd<br />

U a1<br />

U e1<br />

20<br />

R D1<br />

T1 T2 T1<br />

Vss<br />

R D2<br />

Abb. 5.25: Differenzverstärker mit npn- und mit n-Kanal-MOS-Transistoren<br />

Der Differenzverstärker ist ein symmetrischer Verstärker mit zwei Eingängen und zwei Ausgängen.<br />

Die beiden aktiven Transistoren werden in Emitter- oder in Source-Schaltung betrieben.<br />

Neben der normalen Versorgungsspannung wird eine weitere negative Versorgungsspannung<br />

benötigt. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Konstant-Stromquelle: Sie sorgt im Idealfall dafür, dass<br />

die Summe der Ströme durch die beiden Transistoren stets gleich bleibt.<br />

Im Normalfall werden die beiden Zweige auch symmetrisch ausgeführt, also mit RC1 = RC2 bzw. RD1<br />

= RD2. Für die Eingangsspannungen Ue1 und Ue2 führt man allerdings eine andere Notation ein. Man<br />

unterscheidet nämlich zwischen einer Differenzspannung UD=Ue1–Ue2 und einer Gleichtakt-spannung<br />

UGL = (Ue1 + Ue2) / 2.<br />

Also gilt auch:<br />

Ue1 = UGL + UD / 2, Ue2 = UGL – UD / 2.<br />

U D /2<br />

Vcc<br />

R C1<br />

Vss<br />

T1 T2<br />

U GL<br />

R C2<br />

U D /2<br />

T2<br />

U a2<br />

U e2


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Abb. 5.26: Differenzverstärker mit Gleich- und Gegentaktspannung<br />

Bei gleichen Eingangsspannungen Ue1 und Ue2 teilt sich der Gesamtstrom der Stromquelle<br />

gleichmäßig auf beide Zweige auf. Dann gilt also:<br />

IC1 = IC2 bzw. ID1 = ID2 (für den npn- bzw. den n-Kanal-Verstärker).<br />

Entsprechend sind auch die Ausgangsspannungen Ua1 und Ua2 gleich mit:<br />

Ua1 = Ua2 = Vcc – I0 * RC bzw.<br />

Ua1 = Ua2 = VDD – I0*RD. (I0 = konstanter Strom der Stromquelle)<br />

Bemerkenswert ist nun, dass eine Änderung der Gleichtaktspannung UGL im idealen Fall (und real<br />

innerhalb gewisser Grenzen der Aussteuerung) die Stromverteilung nicht beeinflusst. Die<br />

Ausgangsspannung bleibt also trotz Änderungen am Eingang konstant.<br />

Die Gleichtaktverstärkung AGL ist eine typische Größe solcher Verstärker. Sie ist definiert als:<br />

AGL = dUa1/dUGL = dUa2/dUGL für UD= 0.<br />

Im Idealfall sollte diese Größe immer 0 sein. Tatsächlich hat sie real einen Wert von ca. –10**(-4)<br />

bis –1. Das liegt vor allem am endlichen Innenwiderstand realer Stromquellen.<br />

Liegt dagegen am Eingang eine Differenzspannung an, so ändert sich dadurch auch die<br />

Ausgangsspannung. Man definiert die Differenzverstärkung zu:<br />

AD = dUa1/dUD = - dUa2/dUD (jeweils für UGL= const.)<br />

Diese Differenz-Verstärkung ist ebenfalls negativ. Man erreicht Werte zwischen etwa –10 und – 100<br />

dann, wenn RC und RD echte Widerstände sind und etwa – 100 bis – 1000 dann, wenn an Stelle der<br />

Widerstände Stromquellen verwendet werden.<br />

Das Verhältnis von Differenz- und Gleichtaktverstärkung wird auch als Gleichtakt-Unterdrückung<br />

(common mode rejection ration, CMRR) bezeichnet.<br />

Typisch sind hier Werte zwischen 10**3 und 10**5.<br />

Dies bedeutet praktisch, dass ein zwischen den beiden Eingängen als Differenz eingespeistes Signal<br />

etwa 1000 mal stärker verstärkt wird als eine Spannungsverschiebung am Eingang durch z. B. eine<br />

Temperaturdrift, die sich ja auf beide Eingänge gleichermaßen auswirkt.<br />

In der Praxis wird man den Differenzverstärker nicht nur symmetrisch auslegen und betreiben, es gibt<br />

auch unsymmetrische Auslegungen und Betriebsarten, die durchaus Sinn machen:<br />

Man kann wahlweise einen Ein- und/oder Ausgang auf Masse legen.<br />

Nehmen wir an, es existiert nur ein Masse-bezogenes Eingangssignal (wie sehr häufig).<br />

Es ist dann möglich, mit einem Differenzverstärker, bei dem ein Eingang auf Masse-Potential<br />

„festgeklemmt“ wird, eine Umsetzung in ein symmetrisches Ausgangssignal zu erreichen.<br />

Solche Schaltungen kommen sowohl in der Analogtechnik (als Vorstufe zu Gegentakt-Verstärkern)<br />

wie auch in abgewandelter Form in der Digitaltechnik vor.<br />

Entsprechend kann man eine Differenzverstärker-Schaltung, bei der einer der beiden Widerstände im<br />

Kollektor-Kreis entfällt, zur Umsetzung eines „schwebenden“ in ein Masse-bezogenes Signal<br />

verwenden.<br />

Sogar die Variante, die einen auf Masse gelegten Eingang und einen Ausgang ohne Lastwiderstand<br />

verwendet, macht Sinn: Sie wirkt wie eine Reihenschaltung eines Transistors in Kollektror-Schaltung<br />

21


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

mit einem Transistor in Basis-Schaltung. Damit kann man wegen des nicht mehr auftretenden Miller-<br />

Effekts (wird im nächsten Kapitel behandelt) eine hohe Grenzfrequenz der Schaltung erreichen.<br />

Vcc<br />

R C1<br />

U a1<br />

U e1<br />

T1 T2<br />

Eingang<br />

unsymmetrisch<br />

Vss<br />

R C2<br />

U e2<br />

Vcc<br />

U e1<br />

T1 T2<br />

Vss<br />

Ausgang<br />

unsymmetrisch<br />

22<br />

R C2<br />

Abb. 5.27: Unsymmetrisch aufgebauter Differenzverstärker<br />

U e2<br />

U e2<br />

Vcc<br />

U e1<br />

T1 T2<br />

Vss<br />

Ein- und Ausgang<br />

unsymmetrisch<br />

Die mit Differenzverstärkern erreichbaren Verstärkungen sind dann sehr hoch, wenn die Widerstände<br />

im Kollektor- bzw. Drain-Kreis sehr hoch sind. In ICs kann man Widerstände im kOhm-Bereich nur<br />

sehr schlecht realisieren: Sie werden durch Stromquellen ersetzt. Damit steigt aber als erwünschter<br />

Nebeneffekt sogar die Verstärkung erheblich an. Tatsächlich setzt man Stromspiegel oder Kaskode-<br />

Stromspiegel ein.<br />

Vcc<br />

U e1<br />

T 3<br />

I C1<br />

2I 0<br />

T1 T2<br />

Vss<br />

I C2<br />

T 4<br />

I a<br />

U a<br />

U e2<br />

R C2<br />

U e2


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Abb. 5.28: Differenzverstärker mit pnp-Stromspiegel als Stromquelle<br />

Die Wahl der Stromquelle oder des Stromspiegels hat keinen wesentlichen Einfluss auf das<br />

Kleinsignal-Verhalten der Schaltung. Da der Stromspiegel selbst an der Signalverstärkung nicht<br />

teilnimmt, können hier auch die (potentiell langsameren) pnp-Transistoren verwendet werden.<br />

Differenzverstärker gehören zu den wichtigsten Kern-Bestandteilen aller hochintegrierten Verstärker.<br />

Wie wir aber nachfolgend sehen werden, spielen sie selbst bei digitalen integrierten Bipolar-<br />

Schaltungen eine wichtige Rolle.<br />

Wichtig ist es sicher noch, festzustellen, in welchen Grenzen ein solcher Differenzverstärker<br />

aussteuerbar ist. Für die Schaltung nach Abb. 5.26 kann man ableiten:<br />

Ua1 = Vcc - I0 *RC ( 1 + tanh(UD/2UT)<br />

Ua2 = Vcc - I0*RC ( 1 - tanhUD/2UT)<br />

T 1 sperrt<br />

5 U T<br />

U a1<br />

-2U T<br />

aktiver Bereich<br />

-U T<br />

0<br />

Betrieb als<br />

Verstärker<br />

U a1 , U a2<br />

U T<br />

2U T<br />

U a2<br />

aktiver Bereich<br />

23<br />

U D<br />

5 U T<br />

T 2 sperrt<br />

Abb. 5.29: Verlauf der Übertragungskennlinie für den npn-Differenzverstärker<br />

Der Verstärker ist praktisch über einen Spannungsbereich von + /- 5 UT aussteuerbar. Jenseits davon<br />

wird ein Transistor vollständig abgeschaltet. Für einen Betrieb als Kleinsignal-Verstärker kommt<br />

sogar nur der zwischen + / - UT in Betracht, jenseits davon nehmen die auftretenden Nichtlinearitäten<br />

erheblich zu. Damit kann man schon feststellen, dass diese Schaltung vorwiegend in den<br />

Eingangsstufen integrierter Verstärker benutzt wird.<br />

Betreibt man den Differenzverstärker mit zusätzlicher Strom-Gegenkopplung im Emitter-Kreis, so<br />

werden die Übertragungskennlinien wesentlich flacher, aber gleichzeitig steigt die Größe des linearen<br />

Bereichs proportional an.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Vcc<br />

U a1<br />

U e1<br />

R C1<br />

R E<br />

T1 T2<br />

R E<br />

R C2<br />

U e2<br />

U e2<br />

Abb. 5.30: Differenzverstärker mit Strom-Gegenkopplung<br />

Unter der Annahme starker Gegenkopplung, d. h. nahezu konstanter Basis-Emitter-Spannungen,<br />

kann man Näherungsformeln für die Abhängigkeit des Ausgangsspannungen von der Differenzspannung<br />

UD angeben:<br />

Ua1 = Ucc –IC1* RC ≈ Ucc – I0 RC – RC UD/2RE .<br />

Ua2 = Ucc –IC2* RC ≈ Ucc – I0 RC +RC UD/2RE .<br />

Baut man den Differenzverstärker mit MOSFETs auf, so erhält man einige erstaunliche Effekte.<br />

Zunächst sind für den linearen Verstärkungsbereich die Abhängigkeiten zwischen Spannungen und<br />

Strömen wie folgt beschreibbar:<br />

Ua1 = Udd – I0 RD – UDRD/2 (2K I0 – (KUD/2) 2 ) 1/2 .<br />

Ua2 = Udd – I0 RD + UDRD/2 (2K I0 – (KUD/2) 2 ) 1/2 .<br />

Die Kennlinien sind über den Steilheitsfaktor K auch von der Größe der MOS-Fets abhängig. Damit<br />

kann man die Eigenschaften durch Skalieren des MOSFETS einstellen, also durch deren Breite.<br />

Kleine MOSFETs erzeugen eine flachere Kennlinie bei geringerer Verstärkung und einen größeren<br />

linearen Bereich, während breitere MOSFETs eine höhere Differenzverstärkung und eine steilere<br />

Übertragungskennlinie zur Folge haben, aber auch einen eingeschränkten Dynamikbereich. Damit<br />

kann man hier die Eigenschaften über die Transistorgrößen einstellen wie beim bipolaren<br />

Differenzverstärker über die Strom-Gegenkopplung.<br />

Die Strom-Gegenkopplung kann man auch hier anwenden, aber für eine ausreichende Verstärkung<br />

braucht man dann recht große Transistoren. Diese und die Fläche für die Widerstände zur<br />

Gegenkopplung kosten aber Platz und verringern durch größere Kapazitäten auch die obere<br />

Grenzfrequenz. Damit ist diese Lösung eher unbeliebt.<br />

5.5 Integrierte digitale bipolare Schaltungen<br />

Die ersten digitalen ICs wurden in den 60er Jahren in verschiedenen bipolaren Technologien<br />

entwickelt und gefertigt.<br />

24


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Von einer gewissen praktischen Bedeutung ist sind heute davon nur noch die Transistor-Transistor-<br />

Logik (TTL) und die Emitter-Coupled-Logic (ECL).<br />

Alle digitalen integrierten Schaltungen haben, was den eigentlichen Betrieb betrifft, gemeinsame<br />

Eigenschaften:<br />

Die aktiven Bauelemente werden nicht mehr im Kleinsignal-Betrieb betrieben. Die Arbeitspunkt-<br />

Einstellung entfällt deshalb. Der verwendete nicht-lineare Großsignalbetrieb hat ganz andere<br />

Eigenschaften.<br />

Da Halbleiter-Bauelemente die unangenehme Eigenschaft besitzen, exponentielle (bipolar) bzw.<br />

quadratische (MOS) Eingangskennline zu besitzen, ist die Übertragungscharakteristik formal nur<br />

schwer beschreibbar. Man hilft sich mit graphischen Mitteln.<br />

Gegeben sei das Ausgangs-Kennlinienfeld eines bipolaren Transistors. Wir nehmen an, dass er mit<br />

einem ohmschen Widerstand RC an die Versorgungsspannung angeschlossen ist. Die Strom-<br />

Spannungs-Kennlinie ist dann eine Gerade. Diese wird „rückwärts“ in das Ausgangs-Kennlinienfeld<br />

des Transistors eingetragen.<br />

Ic<br />

3<br />

Stufe n Stufe (n+1)<br />

Eingangs-<br />

Kennlinie<br />

Arbeitsgerade<br />

2<br />

U CE<br />

1<br />

I B<br />

1<br />

2<br />

25<br />

Trans.-Eingang<br />

3<br />

Widerstand<br />

Abb. 5.31: Umschaltverhalten mit Eingangs- und Ausgangskennlinie<br />

Für IC = 0 ist der Strom durch den Widerstand 0, der Transistor wird bei UCE = UCC<br />

(Versorgungsspannung) betrieben. Im anderen Extremfall, wenn der Transistor extrem gut leitend<br />

sein soll (UCE = 0), ist der Strom auf IC = UCC/ RC begrenzt. Damit sind die Endpunkte der<br />

„Arbeitsgeraden“ im Ausgangs-Kennlinienfeld definiert.<br />

In bipolaren digitalen Schaltungen ist die Last der Stufe n durch die Eingangskennlinie der Stufe<br />

(n+1) gegeben, die z. B. durch eine Dioden-Kennlinie gegeben sein kann. Dann wird entsprechend<br />

auch diese Kennlinie „rückwärts“, also vom Punkt UCE = UCC aus auftragen und erhält damit die<br />

möglichen Punkte im Ausgangs-Kennlinienfeld der treibenden Stufe.<br />

Wir nehmen an, eine digitale Schaltung vollführt am Ausgang einen Signalwechsel von logisch „0“<br />

auf logisch „1“. Die Betriebsspannung betrage z. B. 5 V, und die Spannungsverstärkung einer<br />

logischen Stufe betrage 10.<br />

Die angeschlossene nächste Stufe wird zunächst nur wenig auf den Signal-Anstieg reagieren, bis die<br />

dortigen Transistoren so weit ausgesteuert sind, dass sie aktiv verstärkend werden. In bipolaren<br />

Schaltungen wird das ab ca. 0,7 V wirksam. Dann erfolgt eine Verstärkung des Signals um den<br />

Verstärkungsfaktor der treibenden Stufe, der seinerseits vom „momentanen“ Arbeitspunkt abhängt.<br />

Lange bevor das ansteuernde Signal seinen Endwert erreicht hat, erreicht das Produkt:<br />

U BE


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Uaus * Au (Ausgangsspannung mal Spannungsverstärkung) einen Wert, der über der Betriebsspannung<br />

liegt. Damit wird die zweite Stufe übersteuert, trotz möglicherweise noch ansteigender<br />

Eingangsspannung steigt die Ausgangsspannung der zweiten Stufe nicht mehr an.<br />

Die angesteuerte Stufe wird also in eine Art Sättigungszustand gebracht.<br />

Je größer die dynamische Verstärkung der (n+1)-ten Stufe ist, um so steiler wird die an deren<br />

Ausgang auftretende Flanke des digitalen Signals. Eine hohe Verstärkung ist also auch in digitalen<br />

Schaltungen erwünscht, und zwar zur Erzeugung definierter Zustandsübergänge.<br />

In bipolaren Schaltungen unterscheidet man noch zwei Grundtypen:<br />

Bei sogenannter „gesättigter“ Logik werden Transistoren des angesteuerten Gatters in den Zustand<br />

der Sättigung getrieben (bei p-n-Übergänge leitend). Das führt zu geringen Restspannungen Uce am<br />

Transistor, aber auch zu erheblichen Effekten der Ladungsspeicherung.<br />

Um die in der Sättigung gespeicherten Ladungen in der Basis-Zone wieder zu entfernen, wird beim<br />

nächsten Umschalten zusätzlich Zeit benötigt. Bei sogenannter „ungesättigter“ Logik wird deshalb<br />

der Zustand der Sättigung auf Kosten einer erhöhten Verlustleistung gezielt vermieden.<br />

u (t)<br />

u (t)<br />

Gatter n, Ausgang<br />

Gatter (n+1), Ausgang<br />

Abb. 5.32: Übertragungsverhalten zwischen digitalen Schaltungen<br />

t<br />

t<br />

Die meisten digitalen Schaltkreis-Typen haben die Eigenschaft, dass sich bestimmte Gatter-<br />

Funktionen bevorzugt fertigen lassen (meistens NAND oder NOR). Andere logische Funktionen<br />

werden dann indirekt z. B. über NANDs oder NORs realisiert.<br />

Je nach grundlegendem Schaltungsaufbau wurden die digitalen integrierten Schaltungen in<br />

„Familien“ aufgeteilt. Frühe Typen waren die RTL (Resistor-Transistor-Logik) und die DTL<br />

(Dioden-Transistor-Logik), jeweils benannt nach den in den logischen Grund-Bauelementen<br />

vorwiegend verwendeten elektronischen Bauelementen. Von praktischer Bedeutung sind heute (mit<br />

stark abnehmender Tendenz gegenüber MOS-Logiken) nur noch die TTL-Logik (Transistor-<br />

Transistor-Logik) und die ECL (Emitter Coupled Logic).<br />

5.5.1 Transistor-Transistor-Logik (TTL)<br />

Das wesentliche und typische Bauelement der TTL-Logik ist der Multi-Emitter-Transistor.<br />

26


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E1 E2 B C<br />

n++ n++<br />

P +<br />

n+<br />

n - (epitaktisch)<br />

n++<br />

Grundsubstrat<br />

Abb. 5.33: Multi-Emitter-Transistor<br />

27<br />

Isolator<br />

Wie Abb. 5.33 zeigt, ist es technologisch einfach, dem integrierten bipolaren Transistor weitere<br />

Emitter-Anschlüsse hinzuzufügen und damit eine "Multi-Emitter-Struktur" zu erzeugen. Ein solcher<br />

npn-Multi-Emitter-Transistor ist dann auch charakteristisch für die bipolare Transistor-Transistor-<br />

Logik (TTL), die wichtigste Logikfamilie für diskrete Logik-Bausteine der 60er und 70er Jahre.<br />

Abb. 5.34 zeigt vereinfacht ein Grundgatter in TTL-Logik. Charakteristisch ist der Multi-Emitter-<br />

Transistor am Eingang.<br />

T1<br />

Eingänge<br />

Rb<br />

Ausgang<br />

T2<br />

GND<br />

VDD<br />

Abb. 5.34: NAND-Grundgatter der TTL-Logik mit Open Collector-Ausgang<br />

Ist mindestens einer der Eingänge auf "low", so ist der Transistor T1 niederohmig leitend (kann in<br />

Sättigung sein). Die folgende Stufe mit T2 erhält eine Eingangsspannung nahe dem GND-Potential,<br />

zieht damit keinen nennenswerten Basisstrom und sperrt. Werden dagegen beide Eingänge auf "high"<br />

gelegt, so gerät der Transistor T1 in den aktiv inversen Betrieb, es fließt ein Strom durch die<br />

Kollektor-Basis-Diode zum Eingang von T2. Damit erhält der Ausgangstransistor T2 einen<br />

Basisstrom und wird niederohmig leitend. Da in diesem Fall die Basis-Emitter-Spannung des<br />

Ausgangstransistors höher als die Kollektor-Emitter-Spannung werden kann, gerät dieser Transistor<br />

in den Zustand der Sättigung und wird sehr niederohmig. In der "Open Collector"-Konfiguration<br />

benötigt die Schaltung einen externen Widerstand am Ausgang gegen Vdd um zu funktionieren.<br />

Eine erweiterte, ohne externen Widerstand verwendbare TTL-Stufe zeigt Abb. 5.35.


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Eingänge<br />

Rb<br />

T1<br />

GND<br />

T2<br />

28<br />

T4<br />

T3<br />

VDD<br />

Q<br />

Ausgang<br />

Abb. 5.35: TTL-NAND-Schaltung mit Gegentakt-Ausgang<br />

Die Schutzdioden am Schaltungseingang bewirken, dass die Spannungen am Schaltungseingang<br />

begrenzt bleiben (Schutzdioden). Die Gegentaktschaltung kann relative hohe Ströme und<br />

Stromspitzen am Ausgang liefert, ein externer Widerstand ist nicht notwendig.<br />

TTL-Gatter mit diesem Aufbau sind relativ langsam, weil die Transistoren in den Zustand der<br />

Sättigung geraten. Dabei wird jeweils, bedingt durch die große Diffusionskapazität der Dioden in<br />

Flussrichtung, eine relativ große Ladungsmenge in der Basis gespeichert. Da beim Umschalten des<br />

Transistors diese Diffusionskapazität umgeladen werden muss, schalten Schottky-Gates in<br />

sogenannter "gesättigter Logik" relativ langsam. Will man sie schneller machen, so muss man den<br />

Zustand der Sättigung vermeiden. Den Schaltungstrick zeigt Abb. 5.36.<br />

in<br />

VDD<br />

RL<br />

Verstärkerstufe<br />

out<br />

E1 E2<br />

Schottky-Transistor<br />

B<br />

C<br />

Multi-Emitter-Transistor<br />

Abb. 5.36: Transistor mit Schottky-Diode zur Vermeidung der Sättigung<br />

Die Schottky-Diode hat jeweils eine geringere Fluss-Spannung als die p-n-Diode des Transistors und<br />

wirkt deshalb als effizienter Nebenschluss.<br />

Da eine solche Schottky-Diode auch günstig und ohne großen Flächenverlust in die integrierte TTL-<br />

Schaltung einbezogen werden kann, haben heute verwendete TTL-Schaltungen praktisch nur noch in<br />

sogenannter "Schottky-Logik" praktische Bedeutung, bei der alle Transistoren, die in den Zustand<br />

der Sättigung laufen könnten, eine zum B-C-Übergang parallele Schottky-Diode besitzen.<br />

Der logische Hub, das ist der Unterschied zwischen "high"- und "low"-Pegel beträgt in TTL etwa<br />

2 V.<br />

Auffällig ist, dass die TTL-Logik weitestgehend ohne pnp-Transistoren auskommt.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Man kann in integrierter bipolarer Technologie auch pnp-Transistoren implementieren, aber nicht mit<br />

ähnlicher Leistungsfähigkeit wie npn-Transistoren.<br />

Sie werden aufgebaut entweder als "vertikale" oder als "laterale" pnp-Transistoren.<br />

Isolator<br />

C<br />

B<br />

n++<br />

P -<br />

n -<br />

E<br />

p +<br />

Grundsubstrat<br />

Abb. 5.37: Vertikaler pnp-Transistor (Schnitt)<br />

Isolator<br />

B<br />

n+<br />

P -<br />

n +<br />

Abb. 5.38: Lateraler pnp-Transistor<br />

C<br />

p<br />

E<br />

p +<br />

Grundsubstrat<br />

29<br />

Isolator<br />

C<br />

p<br />

n -<br />

Isolator<br />

Im vertikalen pnp-Transistor bildet das Grundsubstrat den Kollektor, was für die Schaltungstechnik<br />

ungünstig ist.<br />

Im lateralen pnp-Transistor hat man den Kollektor "frei" verfügbar, aber weder die Geometrie noch<br />

die Dotierungsdichten sind sehr günstig. Aus diesem Grunde existieren keine digitalen integrierten<br />

Technologien, die komplementäre npn- und pnp-Transistoren verwenden.<br />

5.5.2 Emitter Coupled Logic (ECL-Logik)<br />

Die schnellste bipolare Logik ist die ECL-Logik. Abb. 5.39 zeigt das Grundgatter.<br />

GND<br />

U1 Uq1 Uq2 Uref<br />

Is<br />

Vss (-5V)<br />

Abb. 5.39: Prinzip der ECL-Logik<br />

Charakteristisch ist der Aufbau des ECL-Gatters mittels einer Konstantstromquelle, die mit den<br />

Emittern der Schalttransistoren und einer negativen Versorgungsspannung verbunden ist. Es fließt<br />

also kontinuierlich ein Strom durch die Schaltung, der über die Eingangsspannungen U1 und Uref<br />

zwischen den beiden Zweigen der Schaltung hin und her geschaltet werden kann.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Keiner der Transistoren erreicht dabei den Zustand der Sättigung. Auf diese Weise erhält man<br />

schnelle Schaltungen, die allerdings eine hohe Verlustleistung aufweisen. Die Ausgangsspannung<br />

wird an den Kollektor-Anschlüssen der Transistoren abgenommen. Während einer der beiden<br />

Transistoren durch ein Signal angesteuert wird, verbindet man den Eingang des zweiten parallelen<br />

Transistors mit einer auf dem Chip erzeugten Referenzspannung (Uref). Es stehen jeweils 2<br />

zueinander invertierte Ausgangssignale (Uq1, Uq2) zur Verfügung. Sie sind allerdings in dieser<br />

vereinfachten Schaltung noch nicht zur Ansteuerung nachfolgender Gatter geeignet.<br />

Die ECL-Logik verwendet eine negative Versorgungsspannung (-5 V) und ist deshalb mit anderen<br />

Logiken (CMOS, TTL) nicht direkt kombinierbar. Der externe Spannungshub bei ECL-Bausteinen<br />

beträgt etwa 0,8 V, der innere Hub nur 0,4 V.<br />

Sollen ECL.-Bausteine auf einer Platine mit CMOS- oder TTL-ICs kombiniert werden, so sind<br />

spezielle Wandler-Bausteine notwendig. Auf Platinen, die sowohl ECL- als auch TTL- und/oder<br />

MOS-ICs besitzen, wird man jeweils neben dem Masse-Anschluss Versorgungsspannungen von +<br />

5V und - 5 V bereitstellen müssen.<br />

ECL-Bausteine können auf Platinen direkt Verbindungsleitungen mit einem Wellenwiderstand von<br />

50 Ohm treiben (ganz im Gegensatz zu CMOS !)<br />

Ein realistisches ECL-Grundgatter zeigt Abb. 5.40.<br />

GND<br />

Ui1 Ui2<br />

Uref<br />

Abb. 5.40: ECL-Gatter<br />

Is<br />

Vss (-5V)<br />

30<br />

Q' Q<br />

Ref1 Ref2<br />

(extern) (extern)<br />

Emitterfolger<br />

Das Gatter erzeugt eine OR/NOR-Verknüpfung zwischen den Eingangssignalen Ui1 und Ui2. Wenn<br />

einer der leiden linken Transistoren leitend ist, so fließt der Konstantstrom durch diesen Zweig.<br />

Zusätzlich besitzt die Schaltung zwei weitere Transistoren, die als Emitterfolger geschaltet (kein<br />

Widerstand im Kollektorkreis) als reine Stromverstärker arbeiten.<br />

Die externen Lastwiderstände Ref1 und Ref2 können z. B. durch die Eingänge nachfolgender Gatter<br />

gebildet werden.<br />

ECL-Schaltkreise haben über mehr als ein Jahrzehnt (ca. 1970 bis 1990) als Basistechnologie für den<br />

Aufbau von Großrechnern (auch "Mainframes" genannt) gedient. ECL ist die "Mainframe-<br />

Technolgie" schlechthin. Dazu wurden mittelhoch integrierte ECL-Bausteine mit bis zu ca. 10 000<br />

Gattern entwickelt (z. B. bei IBM, Siemens, Fujitsu).<br />

Das Problem war stets die Abführung der hohen Verlustleistung. In Mainframes hat man mit<br />

speziellen wasserdurchflossenen Träger-Modulen für ECL-Schaltkreise bis zu ca. 80 W Verlustleistung<br />

pro cm 2 abführen können.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

In erster Linie dieses Problem, darüber hinaus aber auch der im Vergleich zu MOS-Technologien<br />

hohe Platzbedarf haben schließlich dazu geführt, dass ECL-Schaltkreise den Integrationsgrad von<br />

MOS-ICs auch nicht annähernd erreichen konnten.<br />

Allerdings sind Schaltzeiten unter 0,1 ps für ECL-Gatter durchaus beeindruckend.<br />

5.6 MOS-Technologien<br />

5.6.1 Einleitung<br />

Wir haben im Kapitel 3 kennengelernt, dass MOS-Transistoren sich als n- und als p-Kanal-Typen<br />

entweder selbstleitend oder selbstsperrend realisieren lassen.<br />

Die ersten MOS-Technologien für ICs waren p-Kanal-Technologien, weil zu der Zeit (ca. bis Mitte<br />

der 70er Jahre) ein p-Kanal-Transistor in selbstsperrender Technik herstellbar war, während die n-<br />

Kanal-Techniken zunächst zu selbstleitenden Transistoren führten. Die Ursachen waren Oberflächen-<br />

Effekte.<br />

Als man ab ca. Mitte der 70er Jahre in n-Kanal-Technologie sowohl selbstleitende als auch<br />

selbstsperrende Transistoren fertigen konnte, wurde bis ca. Mitte der 80er Jahre die nMOS-<br />

Technologie das Arbeitspferd der VLSI (very large scale integration) Technik.<br />

In den 70er Jahren entstand zunächst nur als Exot für Low-Power-Anwendungen (das waren die auf<br />

minimalen Stromverbrauch getrimmten Schaltungen in elektronischen Armbanduhren) die<br />

Complementary MOS (CMOS-) Technologie, die in Kombination selbstsperrende n-Kanal und p-<br />

Kanal-Transistoren verwendet.<br />

Als sich ab ca. der Mitte der 80er Jahre das Problem der Wärmeableitung auch bei nMOS eine für<br />

den Fortschritt der Integrationstechnik wesentliche Rolle zu spielen begann, führte das zu einem<br />

schnellen allgemeinen Durchbruch der CMOS-Technologie.<br />

Seit ca.1990 werden alle hochintegrierten Prozessoren und Speicher in CMOS-Technologie gebaut.<br />

Das Problem der Wärmeabfuhr ist damit aber nicht endgültig gelöst:<br />

Bei hohen Taktraten ab ca. 100 MHz sind die statischen Verluste weniger bedeutend als die beim<br />

Umladen der Kapazitäten entstehenden dynamischen Verluste. Hier hilft bis zu einem gewissen<br />

Grade die Verringerung der logischen Hübe (wie bei ECL), um die dynamische Verlustleistung in<br />

Grenzen zu halten. Leider aber bewirken kleinere Hübe auch geringere Störabstände.<br />

Inzwischen (1997) sind die Taktraten von Prozessoren so hoch geworden, dass die dynamische<br />

Verlustleistung die wesentliche Rolle spielt.<br />

5.6.2 nMOS-Technologie<br />

Wir wollen an dieser Stelle zunächst das Schaltverhalten einfacher digitaler Schaltungen betrachten.<br />

Die einfachste digitale Schaltung ist dabei ein Inverter, der wiederum im einfachsten Fall aus einem<br />

aktiven Transistor und einem passiven Lastwiderstand aufgebaut ist (Abb. 5.41).<br />

I KS<br />

I DS<br />

U GS als Parameter<br />

Lastkennlinie R D<br />

U LL<br />

U DS<br />

U GS<br />

31<br />

R D<br />

VDD<br />

n-enh. out<br />

GND<br />

Abb. 5.41: Inverter mit Lastwiderstand und Ausgangs-Kennlinienfeld


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Das Betriebsverhalten dieser Schaltung lässt sich leicht erklären:<br />

Zunächst seien die Extremfälle betrachtet. Ist der Transistor ideal gesperrt (I DS = 0), so fällt am<br />

Widerstand R D keine Spannung ab. Die Spannung am Ausgang des Inverters ist dann die<br />

"Leerlaufspannung" ULL, und diese entspricht der Versorgungsspannung VDD (gilt nur dann, wenn<br />

keine zusätzlichen Belastungen am Ausgang out bestehen). Ist dagegen der Transistor ideal leitend<br />

(UDS = 0), so wird die Ausgangsspannung zu null, durch den Widerstand R D fließt ein Strom der<br />

Größe I KS = VDD / R D. Real wird der Transistor immer noch einen endlichen Widerstand<br />

aufweisen, so dass die minimale Ausgangsspannung nicht null sein kann.<br />

Für die Praxis der MOS-Technologie ist diese Schaltung nicht von wesentlicher Bedeutung, da die<br />

Realisierung eines Widerstandes von einigen kOhm auf einem IC nur schwer möglich ist.<br />

Die frühesten Realisierungen integrierter MOS-Schaltungen verwendeten als aktives Element einen<br />

p-Kanal-Transistor, man sprach deshalb von der pMOS-Technologie. Sie wurde aber bereits in den<br />

frühen 80er Jahren weitgehend durch die nMOS-Technologie angelöst.<br />

Die nMOS-Technologie verwendet als Grundelemente einen selbstsperrenden Transistor als aktiven<br />

Schalter und einen weitere Transistor als Lastelement.<br />

GND<br />

VDD<br />

n-enh. n-enh.<br />

n-enh.<br />

VDD2 VDD<br />

VDD1<br />

n-enh.<br />

32<br />

n-depl.<br />

n-enh.<br />

A B C<br />

Abb. 5.42: Grundtypen von nMOS-Invertern<br />

Wie in Kapitel 7 vorgestellt, kann man einen im Anlaufbereich betriebenen selbstsperrenden oder<br />

selbstleitenden MOS-Transistor als Widerstand verwenden.<br />

Die unterschiedlichen Möglichkeiten zeigt Abb. 5.42. Die ersten gefertigten nMOS-Schaltungen<br />

enthielten nur selbstsperrende n-Kanal-FETs. Das Lastelement besteht aus einem FET, dessen Gate<br />

z. B. mit der Betriebsspannung (5.42 A) verbunden ist. Dieser Transistor wird dann, wenn die<br />

Spannung am Ausgang von "low" auf "high" umschaltet, leitend, um die Ausgangslast umzuladen.<br />

Wenn die Spannung am Ausgang dabei auf Werte steigt, die höher liegen als Vdd-Uth, so wird<br />

dieser Transistor faktisch vom Durchlass- in den Sperrbereich umgeschaltet. Das Resultat ist eine<br />

sehr langsame Aufladung der Lastkapazität bis zum Wert Vdd der Ausgangsspannung.<br />

Der Umschaltvorgang ist wieder durch die Ausgangs-Kennlinien des aktiven Schalttransistors und<br />

passiven Lasttransistors bestimmt. Im Unterschied zum linearen Lastwiderstand ergeben sich aber<br />

jetzt andere Übertragungskennlinien (Abb. 5.43).


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

I KS<br />

I DS<br />

U GS als Parameter<br />

Lastkennlinie R D<br />

selbstsperrender<br />

Lasttransistor<br />

U LL<br />

U DS<br />

33<br />

U GS<br />

VDD<br />

n enh.<br />

n-enh.<br />

out<br />

GND<br />

Lasttransistor: U GS = U DS<br />

Abb. 5.43: Kennlinien des MOS-Inverters mit selbstsperrendem Last-Transistor<br />

Ein schnelleres Umladen erhält man, wenn für das Gate des Lasttransistors eine zweite, höhere<br />

Versorgungsspannung zur Verfügung steht. (5.42 B) Tatsächlich wurden in den 70er Jahren CMOS-<br />

ICs mit zwei verschiedenen Versorgungsspannungen gefertigt. Diese Lösung wird allerdings wegen<br />

des Bedarfs an zusätzlichen Leitungen und Netzgeräten die Systemkosten erheblich steigern.<br />

Die einzig befriedigende Lösung ist die Verwendung eines selbstleitenden FETs als Lastelement<br />

(5.42 C). Erst damit war für die nMOS-Technologie eine befriedigende Lösung gefunden.<br />

Voraussetzung ist hier, dass der Halbleiter-Hersteller die Schwellenspannungen der Transistoren<br />

nahezu frei einstellen kann.<br />

I KS<br />

I DS<br />

Lastkennlinie<br />

R D<br />

U GS als Parameter<br />

selbstleitender<br />

Last-Transistor<br />

U LL<br />

U DS<br />

U GS<br />

VDD<br />

n-depl.<br />

n-enh.<br />

out<br />

GND<br />

Lasttransistor: U GS = 0<br />

Abb. 5.44: Kennlinie des MOS-Inverters mit selbstleitendem Last-Transistor<br />

Möglich geworden ist dies mit Hilfe der Technik. der Ionen-Implantation. Man kann damit ortsfeste<br />

positive oder negative Ladungen unterhalb der Sperrschicht "einbauen".


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nMOS Technology<br />

n-channel<br />

n-channel<br />

enhancement depletion<br />

GND VDD<br />

p- bulk silicon<br />

Abb. 5.45: Schnitt durch einen Inverter in nMOS Technologie<br />

34<br />

n-diffusion<br />

p-diffusion<br />

metal<br />

gate-oxide<br />

field-oxide<br />

p - bulk<br />

poly-silicon<br />

Charakteristisch ist der Anschluss des Gates des selbstleitenden Transistors an dessen Source-<br />

Elektrode. Es gilt also immer UGS = 0. Wenn die Schwellenspannung Uth z. B. bei ca. -1,5 V liegt,<br />

ist dieser Lasttransistor auch bei UDS < 1.5 V noch ausreichend leitfähig. Die Übertragungskennlinien<br />

der drei betrachteten Inverter-Grundtypen zeigt Abb. 5.46.<br />

Lastwiderstand Selbstsperrender<br />

Lasttransistor<br />

U DS<br />

U GS<br />

U DS<br />

U GS<br />

U DS<br />

Selbstleitender<br />

Lasttransistor<br />

Abb. 5.46: Kennlinien zur Übertragung zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung bei<br />

nMOS-Invertern<br />

In allen Fällen wird bei steigender Eingangsspannung die Ausgangsspannung zunächst nur wenig,<br />

dann zunehmend beeinflusst (quadratische Eingangskennlinie). Zu hohen Eingangsspannungen hin<br />

treten dann Sättigungseffekte auf, welche die Verstärkung wieder abfallen lassen. Aus<br />

Übertragungsdiagrammen dieser Art kann man graphisch ableiten, welche Störabstände die<br />

Schaltung besitzt, d. h. welche Größen von Störsignalen logische Zustandsänderungen bewirken<br />

können.<br />

5.7 Analoge integrierte Schaltungen<br />

5.7.1 Einleitung<br />

Man könnte fast glauben, digitale Schaltungen und integrierte Schaltungen seien identisch.<br />

Tatsächlich ist der Großteil aller gefertigten Schaltungen heute digital, aber bereits in der Automobil-<br />

Elektronik begegnen uns auch analoge Baugruppen oder gemischt digital-analoge Schaltungen in<br />

Hülle und Fülle. Weshalb?<br />

U GS


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Zunächst muss ein Signal eine gewisse Höhe erreichen, bevor es als digitale Information weiter<br />

verarbeitet werden kann. Signale, die bei Spannungen von nur einigen Volt auftreten, müssen also<br />

zunächst verstärkt werden. Die Verstärkertechnik ist deshalb ein besonderes Kapitel in der<br />

Schaltungstechnik, wobei heute (bis auf die Hoch- und Höchstfrequenztechnik und die<br />

Leistungselektronik) Verstärker als integrierte Bausteine realisiert werden. Eine besondere Rolle<br />

spielen dabei sogenannte Operationsverstärker, das sind integrierte Verstärker-Bausteine mit<br />

speziellen Eigenschaften. Auch zur Wandlung von analogen in digitale Schaltungen werden<br />

bestimmte spezielle Baugruppen, sogenannte Analog-Digital-Wandler, benötigt. Anders herum<br />

eignen sich digitale Signale auch nicht direkt zur Ansteuerung von z. B. Motoren. Dort werden<br />

umgekehrt Digital-Analog-Wandler benötigt. Und diesen folgen dann meistens noch spezielle<br />

Leistungsverstärker. Wir können aber auch bei der Nachrichtentechnik im engeren Sinne bleiben.<br />

Wir haben bis jetzt eine Reihe von passiven Bauelementen der Nachrichtentechnik kennengelernt.<br />

Mit solchen Bauelementen ist der Elektrotechniker in der Lage, gegebene Signale auf zu<br />

manipulieren wie z. B. frequenzabhängig zu dämpfen oder auf andere Spannungsebenen umzusetzen.<br />

Was fehlt ist die Fähigkeit, Spannungen, Ströme oder Signale zu verstärken oder Schwingungen zu<br />

erzeugen. Dazu werden aktive Bauelemente benötigt. Baugruppen, die aus einem Eingangssignal am<br />

Eingang ein (möglichst gleichartiges) Ausgangssignal mit höherer Spannung erzeugen, werden als<br />

Verstärker bezeichnet. Bei Erzeugung eines höheren Stroms ohne Spannungsverstärkung spricht<br />

man dagegen von einem Impedanz-Wandler oder einem Stromverstärker.<br />

Es gibt in der Nachrichtentechnik weitere wichtige aktive Baugruppen.<br />

Oszillatoren sind selbstschwingende Schaltungen, wie sie z. B. auch als Taktgeber in digitalen<br />

Schaltungen Verwendung finden. Sie werden aber auch in der analogen Elektronik und<br />

Nachrichtentechnik verwendet.<br />

Mischer sind Baugruppen, welche ein Eingangssignal von einer Frequenzebene auf eine andere<br />

umsetzen. So wird z. B. das UKW-Rundfunk-Signal von 15 kHz Bandbreite einem Träger im 100<br />

MHz-Bereich aufgepackt und muss im Empfänger auf eine sogenannte Zwischenfrequenz von<br />

einigen MHz umgesetzt werden, bevor es verstärkt und schließlich demoduliert werden kann.<br />

Modulatoren sind Baugruppen, welche ein Signal in Abhängigkeit eines anderen Signals variieren. Z.<br />

B. wird ein Sender stets aus einem Hochfrequenz-Oszillator bestehen, auf den ein niederfrequentes<br />

Signal aufmoduliert wird, um von ihm "huckepack" übertragen zu werden.<br />

Demodulatoren sind Baugruppen, welche aus einem modulierten Signal die modulierende Spannung<br />

zurückgewinnen (auch als Detektoren bezeichnet).<br />

5.7.2 Verstärker-Grundlagen<br />

Die zweifellos wichtigsten aktiven Bausteine der Analogtechnik sind Verstärker. Sie werden immer<br />

dort benötigt, wo eine an einem Detektor auftretende kleine Signalspannung zu klein ist, um direkt<br />

verarbeitet werden zu können. In der Regel werden Verstärker-Baugruppen mit einer Versorgungs-<br />

Gleichspannung versorgt (meistens als Vdd oder Vcc gekennzeichnet), welche die Energie für den<br />

Verstärkungsvorgang liefert. Sie besitzen notwendigerweise auch einen Masse-Anschluss (GND),<br />

der oft mit dem Masse-Anschluss der Signalleitungen am Eingang und Ausgang der Schaltung<br />

zusammenfällt. Praktisch verwendete integrierte Verstärker-Bausteine benötigen teilweise auch eine<br />

positive und eine negative Betriebsspannung (z. B. + - 15 V).<br />

35


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Uin<br />

Vdd<br />

GND<br />

Abb. 5.47: Verstärker-Vierpol<br />

Uout<br />

Verstärker sind in der Regel als Vierpole darzustellen, im Ersatzschaltbild steuert eine<br />

Eingangsspannung oder ein Eingangsstrom eine interne Spannungs- oder Stromquelle.<br />

b rbb' b' c<br />

gb'e Cb'e<br />

e<br />

u b'e<br />

C b'c<br />

S u b'e<br />

cce<br />

Abb. 5.48: Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines Transistors als Verstärker in Emitterschaltung<br />

gce<br />

Das Ersatzschaltbild für einen Transistor als Kleinsignal-Verstärker ist in Abb. 5.48 dargestellt.<br />

Ein Verstärkerbaustein wird (bis auf ganz speziell Sonderfälle) mindestens einen Transistor als<br />

aktives Bauelement beinhalten, häufig aber auch eine ganze Anzahl von Transistoren als integrierte<br />

Baugruppe. Eine praktisch wichtige Untergruppe solcher integrierter Verstärkerbausteine sind<br />

sogenannte Operationsverstärker.<br />

Ui Ua<br />

Zi Za<br />

Ui<br />

Zi<br />

Y21 Ui<br />

1 / Za<br />

Abb. 5.49: Verstärker-Vierpol mit Kenngrößen und vereinfachter Ersatzschaltung<br />

Die wichtigsten Kenngrößen eines solchen Verstärker-Vierpols sind dann:<br />

- die Spannungsverstärkung Au = Ua / Ui zwischen Eingang und Ausgang, oft gemessen für den<br />

Fall des Leerlaufs am Ausgang<br />

36


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

- der Eingangswiderstand Ri bzw. die Eingangsimpedanz Zi<br />

- der Ausgangswiderstand Ra bzw. die Ausgangsimpedanz Za<br />

- die obere Grenzfrequenz, d. h. die Frequenz, bei der die Spannungsverstärkung um 3 dB oder<br />

Wurzel 2 gegenüber dem Standardwert abfällt.<br />

- die sogenannte Transitfrequenz, das ist die Frequenz, bei der der Verstärker auch noch eine<br />

Spannungsverstärkung von 1 besitzt.<br />

Dieser Wert wird oft auch als Bandbreite bezeichnet, weil er das obere Ende des<br />

Frequenzbereichs angibt, über den der Verstärker einsetzbar ist.<br />

- die maximale Spannung am Eingang und Ausgang<br />

- der maximale Strom am Ausgang<br />

- die maximale Ausgangsleistung (Produkt aus Ausgangsspannung und Ausgangsstrom).<br />

- die Rauscheigenschaften des Verstärkers: Das ist das Maß für die Eigenschaften des Verstärkers,<br />

einem Eingangssignal ein Störsignal hinzuzufügen.<br />

Soll z. B. ein Eingangssignal von 0,5 Millivolt verstärkt werden, so ist dies nicht möglich, wenn die<br />

Eingangsstufe des Verstärkers selbst ein Rauschsignal von 10 mV Mittelwert produziert.<br />

Weiterhin unterscheidet man zwischen linearen und nicht-linearen Verstärkern.<br />

Bei einem linearen Verstärker ist die Höhe der Verstärkung unabhängig von der Größe der<br />

Spannung am Eingang und Ausgang. Nehmen wir als Beispiel eine Spannungsverstärkung von 100<br />

und eine Versorgungsspannung von 10 V an, so wird ein solcher Verstärker eine Eingangsspannung<br />

von 1 mV sicher auf 100 mV verstärken können. Er wird aber keine Eingangsspannung von 1 V auf<br />

100 V verstärken können. Bei einer Ausgangsspannung von 10 V ist eine Grenze erreicht, der<br />

Verstärker gerät in den Zustand der "Sättigung" und ist dann ein "nicht-linear".<br />

Alle Gatter-Bausteine der Digitaltechnik sind so angelegt, dass sie vom Eingangssignal in die<br />

Sättigung getrieben werden, sind also hochgradig nicht-linear.<br />

Eine hohe Verstärkung wird trotzdem benötigt, um bei digitalen Signalen steile Flanken zu erhalten.<br />

Ia<br />

Ia<br />

Ra<br />

Ra<br />

Ua<br />

Abb. 5.50: Klein- und Großsignalbetrieb<br />

37


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

In der Analogtechnik unterscheidet man weiterhin:<br />

a. Kleinsignalbetrieb<br />

Die Spannungswerte der Signale am Eingang und Ausgang einer Schaltung sind klein gegen die<br />

Betriebsspannung (etwa Usignal < 0,1 Vdd). Dann kann man die eigentlich nicht-linearen<br />

Halbleiterschaltungen oft näherungsweise als linear betrachten, weil für den verwendeten kleinen<br />

Schwankungsbereich von Spannungen und Strömen die Eigenschaften der Schaltung<br />

(Eingangswiderstand, Verstärkung) nahezu konstant bleiben.<br />

b. Großsignalbetrieb<br />

Die Signalspannungen am Ein- oder Ausgang (meistens am Ausgang) sind etwa so groß wie die<br />

Signalspannungen. Dann sind lineare Näherungen meistens nicht mehr gültig, d. h. man muss die in<br />

Abhängigkeit von Eingangsspannung bzw. Ausgangsspannung unterschiedlichen Parameter<br />

(Widerstand, Verstärkung etc.) berücksichtigen. Weiterhin wird unterschieden zwischen linearem<br />

und nicht-linearem Großsignalbetrieb.<br />

Lineare Großsignalverstärker kommen typisch in den Endstufen von Audio-Geräten vor. Die<br />

Digitaltechnik ist als nicht-linearer Großsignalbetrieb anzusehen.<br />

Vorab sei hier schon bemerkt, dass man für die Berechnung von Schaltungen mit aktiven<br />

Bauelementen, also Verstärkern und Oszillatoren, gültige Modelle der Schaltung braucht. Man<br />

unterscheidet auch dort z. B. für Transistoren Kleinsignal- von Großsignal-Modelle.<br />

In der Praxis ist die Unterscheidung zwischen Gleichspannungs- und Wechselspannungsverstärkern<br />

von großer Wichtigkeit.<br />

Verstärker für tonfrequente Signale wurden in der Regel so gebaut, dass die einzelnen Stufen durch<br />

Kondensatoren getrennt waren.<br />

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3<br />

Eingang Ausgang<br />

Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3<br />

Eingang Ausgang<br />

Abb. 5.51: Gleichspannungs- und Wechselspannungsverstärker<br />

Oft wird man in der Praxis die gewünschte Verstärkung oder die benötigte Höhe von<br />

Ausgangsspannung oder Ausgangsstrom nicht mit einer Stufe erreichen können.<br />

Verstärkerschaltungen bestehen deshalb oft aus mehreren kaskadierten Stufen, von denen jede ihre<br />

eigene Arbeitspunkt-Einstellung hat. Leider ändern sich diese Einstellungen z. B. durch<br />

Temperatureffekte während des Betriebes. Bei einem mehrstufigen Verstärker würden dann die<br />

Schwankungen des Betriebspunktes, also der Werte der Ausgangsspannung ohne Nutzsignal, als<br />

Quasi-Signal an die nächste Stufe weitergegeben werden müssen. Das führt bei mehrstufigen<br />

Verstärkern aber zu bösen Schwankungen der Ruhespannung am Ausgang (Drift-Effekte). Praktisch<br />

hat man deshalb oft versucht, die einzelnen Stufen durch "schwebend" aufgehängte Kondensatoren<br />

zu trennen, wodurch die Übertragung von Gleichspannungseffekten zwischen den Stufen ausfällt.<br />

38


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Drift-Effekte sind dann auf die einzelnen Stufen beschränkt. Dann kann allerdings auch keine<br />

Übertragung beliebig geringer Frequenzen und von Gleichspannungswerten erfolgen.<br />

Leider ist eine solche Trennung bei integrierten analogen Bausteinen nicht möglich. Sie benötigen<br />

deshalb ganz spezielle Bauweisen, es ergibt sich eine Schaltungstechnik auf dem IC, die von der mit<br />

"diskreten" Bausteinen stark abweicht.<br />

5.7.3 Grundschaltungen und Eigenschaften<br />

Wir haben an anderer Stelle schon den Transistor in Emitter-Schaltung als Kleinsignal-Verstärker<br />

behandelt.<br />

Ug<br />

Ub<br />

Cm<br />

Ue<br />

Ua<br />

äquivalent:<br />

39<br />

Ug<br />

Ue<br />

Ub<br />

A = Spannungsverstärkung in Emitter-Schaltung<br />

Abb. 5.52: Miller-Effekt beim Transistor in Emitter-Schaltung<br />

Cm<br />

*(1 + |A|)<br />

Ein Blick in das Giacoletto-Ersatzschaltbild zeigt meistens direkt, dass schon der Transistor selbst<br />

eine nicht unerhebliche Rückkopplungs-Kapazität zwischen Kollektor und Basis enthält. Der Einfluss<br />

dieser Kapazität ist durch den Miller-Effekt gekennzeichnet: Sie wirkt sich aus, wie eine um den<br />

Wert (1 +|A|) erhöhte Kapazität zwischen Basis und Emitter, wenn A die Spannungsverstärkung der<br />

Stufe ist.<br />

Gleichzeitig gibt es meistens nicht nur einen Vorwiderstand im Eingangskreis, sondern auch noch<br />

einen nicht unerheblichen Basis-Bahnwiderstand. Diese bilden zusammen mit der Miller-Kapazität<br />

einen R-C-Tiefpass, der typischerweise für das Verhalten des Transistorverstärkers im<br />

Frequenzbereich bestimmend ist. Die Frequenz, bei der die Verstärkung um 3 dB abfällt, ist<br />

typischerweise gegeben durch die Grenzfrequenz dieses R C-Tiefpasses.<br />

Bei MOS-Transistoren ist dieser Effekt weit weniger ausgeprägt, weil deren interne Rückkopplungskapazität<br />

z. B. zwischen Drain und Gate kleiner ist.<br />

Bei bipolaren Transistoren kann man statt der Emitter-Schaltung die Basis-Schaltung verwenden, die<br />

eine höhere Grenzfrequenz aufweist, allerdings leider auch einen sehr geringen Eingangswiderstand<br />

und eine geringere Leistungsverstärkung. Abhilfe schafft eher die sogenannte Kaskode-Schaltung.<br />

Ua


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U O<br />

U e<br />

Rc<br />

T 2<br />

T 1<br />

Vcc Vdd<br />

U a<br />

U CE1<br />

U O<br />

U e<br />

Abb. 5.53: Kaskode-Schaltung mit npn-Transistoren und mit n-Kanal MOSFETs<br />

R D<br />

Der Transistor T1 arbeitet zwar in Emitter-Schaltung (und deshalb mit recht hohem Eingangswiderstand<br />

und Stromverstärkung), „sieht“ aber am Ausgang den Transistor T2 in Basis-Schaltung.<br />

Dessen Eingangswiderstand ist so gering, dass T1 mit einer Spannungsverstärkung von nur etwa 1<br />

arbeitet. Die Spannungsverstärkung übernimmt T2 mit seiner Basis-Schaltung. Damit wird am ersten<br />

Transistor der Miller-Effekt weitgehend vermieden. Die Kaskode-Schaltung erreicht im Vergleich<br />

zur einfachen Emitter-Schaltung eine wesentlich höhere Bandbreite. In integrierter Technik ist es<br />

notwendig, die Widerstände durch Stromquellen oder durch Stromspiegel-Schaltungen zu ersetzen.<br />

Vcc<br />

U O<br />

U e<br />

I 0<br />

T 2<br />

T 1<br />

T 3<br />

I 0<br />

U a<br />

U CE1<br />

Vdd<br />

Abb. 5.54: Transistorverstärker in Kaskode-Schaltung mit Stromspiegel<br />

U O<br />

I 0<br />

U e<br />

Auch die Spannungsquelle wird man durch eine geeignete Schaltung mit Dioden oder Transistoren<br />

ersetzen müssen.<br />

5.7.4 Operationsverstärker<br />

40<br />

T 2<br />

T 1<br />

T 2<br />

T 1<br />

U a<br />

I 0<br />

T 3<br />

U a


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Die eigentlichen aktiven Bauelemente sind heute in erster Linie Transistoren.<br />

In der analogen (und auch in der digitalen) Schaltungstechnik begegnen sie uns aber meistens in<br />

versteckter Form, d. h. als Bestandteile größerer mittelhoch bis hoch integrierter Bausteine.<br />

Der typische aktive Baustein der Analogtechnik ist der Operationsverstärker.<br />

-<br />

+<br />

+ VDD<br />

- VSS<br />

Abb. 5.55: Operationsverstärker<br />

Betrachten wir zunächst den Operationsverstärker in idealisierter Form:<br />

Der OP hat einen invertierenden und einen nicht-invertierenden Eingang. Darüber hinaus existieren<br />

meistens Anschlüsse sowohl für eine positive als auch eine negative Betriebsspannung. Der OP ist<br />

intern ein mehrstufiger, gleichspannungsgekoppelter Verstärker. Für den idealen OP wird<br />

angenommen:<br />

- er habe eine unendlich hohe Verstärkung<br />

- die Verstärkung geht bis zu beliebig hohen Frequenzen<br />

- der OP erzeugt keine (nicht-invertierend) oder 180 Grad (invertierender Betrieb) Phasenverschiebung<br />

zwischen Eingang und Ausgang<br />

- die Verstärkung erfolgt leistungslos, es fließen also keine Ströme in die Eingänge des OP hinein.<br />

Diese idealen Annahmen führen für die Schaltungstechnik des OPs zu bestimmten Konsequenzen:<br />

- die Spannung zwischen den Eingängen ist stets null<br />

- der OP wird stets in einer Schaltung so betrieben, dass eine Verbindung zwischen Ausgang und<br />

Eingang zur Einstellung der Verstärkung (Gegenkopplung) besteht.<br />

Die einfachsten Grundschaltungen mit einem OP zeigt Abb. 5.56.<br />

Uin<br />

R1<br />

-<br />

+<br />

R2<br />

41<br />

Uout<br />

Abb. 5.56: Invertierender Verstärker mit Operationsverstärker<br />

Wir nehmen an, dass der OP ideal ist. Dann liegen beide Eingänge auf Null-Potential.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Wenn über R1, getrieben durch Uin, ein Strom von Iin = Uin / R1 in die OP-Schaltung hineinfließt und<br />

der OP selbst einen unendlich hohen Eingangswiderstand hat, so fließt ein Strom gleicher Höhe auch<br />

zum Ausgang über R2.<br />

Also: Iin = Uin / R1<br />

I2 = Uout / R2<br />

Virtuelle Masse: Iin + I2 = 0<br />

Iin = - I2<br />

Uin / R1 = - Uout / R2<br />

Uout / Uin = Au = R2 / R1<br />

Die Spannungsverstärkung wird also durch das Verhältnis der beiden Widerstände eingestellt. Für<br />

R2 = R1 wird die Spannungsverstärkung eins, man hat dann einen sogenannten Spannungsfolger.<br />

Die Ausgangsspannung folgt der Eingangsspannung mit umgekehrtem Vorzeichen nach.<br />

Die Schaltung für einen nicht-invertierenden Verstärker sieht etwas komplizierter aus. Man<br />

bezeichnet sie auch als "Elektrometer-Verstärker".<br />

Uin<br />

R1<br />

+<br />

-<br />

Ra1<br />

Ra2<br />

42<br />

Uout<br />

Abb. 5.57: Nicht-invertierende Verstärkerschaltung mit OP<br />

In der obigen Schaltung wird die Verstärkung durch das Verhältnis der Widerstände Ra1 und Ra2<br />

eingestellt.<br />

Natürlich ist es auch möglich, mit dem OP andere Schaltungen als einfache Verstärker zu bauen.<br />

Betrachten wir die Schaltung in Abb. 5.58.<br />

Uin<br />

R1<br />

-<br />

+<br />

R2<br />

C2<br />

Uout<br />

Abb. 5.58: Aktiver RC-Tiefpass mit Operationsverstärker<br />

Nehmen wir vereinfachend an, dass zunächst R2 = unendlich gilt.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Bei Gleichspannung findet keine Gegenkopplung statt, im Idealfall wird die Verstärkung unendlich<br />

hoch. Bei realen Operationsverstärkern sind Spannungsverstärkungen von ca. 1000 bis 10 000<br />

möglich.<br />

Für hohe Frequenzen wird dagegen die Ausgangsspannung voll auf den Eingang zurückgekoppelt,<br />

die Verstärkung wird auf Werte unter 1 reduziert.<br />

Die Schalttung hat so aber noch eine andere Funktion: Der Kondensator wird über der Zeit den vom<br />

Eingang her eingeflossenen Strom "aufintegrieren" müssen.<br />

Die Schaltung kann also dazu dienen, instabile Eingangsspannungen aufzuintegrieren. Sie ist damit<br />

z. B. verwendbar, um das in der Praxis häufig vorkommende "Prellen" von Schaltern zu<br />

unterdrücken.<br />

Setzt man den zweiten Widerstand R2 ein, so kann man zunächst für f = 0 die gewünschte<br />

Verstärkung einstellen und durch das Verhältnis R2 zu ω C2 auch bestimmen, ab welcher Frequenz<br />

der Tiefpass wirksam werden soll.<br />

Natürlich kann man an Stelle von R1 und R2 jeweils beliebig komplexe RC-Netzwerke einsetzen.<br />

Damit erhält man nun aber keine "passiven" Filter, bei denen die Ausgangsspannung immer kleiner<br />

als die Eingangsspannung ist, sondern man erhält Verstärker mit vorprogrammiertem Frequenzgang,<br />

oder, anders ausgedrückt, aktive Filter mit Verstärkungen im Durchlassbereich.<br />

Eine weitere Anwendung solcher Schaltungen war die Analog-Rechentechnik.<br />

U1<br />

U2<br />

R1<br />

R2<br />

Abb. 5.59: Analoger Addierer<br />

-<br />

+<br />

R<br />

Uout<br />

Für die Ausgangsspannung bei dieser Schaltung gilt: Ua = - R (U1/R1 + U2/R2)<br />

Entsprechend kann man weitere Eingangssignale anschließen.<br />

Betreibt man den OP mit Anschluss von Signalen an beide Eingänge, so lässt sich ein<br />

Differenzverstärker realisieren, mit dem man natürlich auch analoge Spannungswerte voneinander<br />

subtrahieren kann.<br />

U1<br />

U2<br />

R1<br />

R3<br />

R4<br />

-<br />

+<br />

R2<br />

Abb. 5.60: Differenzverstärker<br />

Für die Ausgangsspannung des Differenzverstärkers gilt: Uout = U2 R4 / R3 - U1 R2 / R1<br />

43<br />

Uout


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Damit hat man für eine analoge Rechentechnik auch einen Subtrahierer verfügbar.<br />

Uin<br />

Uin<br />

R1<br />

-<br />

+<br />

-<br />

+<br />

R2<br />

Uout<br />

Uout<br />

Abb. 5.61: Logarithmierer (oben) und Exponentialverstärker (unten)<br />

Abschließend sei noch gezeigt, dass man mit analoger Rechentechnik einige Funktionen, deren<br />

Berechnung auf dem Digitalrechner sehr aufwendig sind, direkt implementieren kann.<br />

In der oberen Schaltung berechnet sich die Ausgangsspannung zu:<br />

Uout = - UT ln Uin /R1 Is<br />

Dabei sind UT und Is Parameter der exponentiellen Dioden-Kennlinie.<br />

Entsprechend gilt für den Exponentialverstärker:<br />

Uout = - R2 Is exp (Uin / UT)<br />

Beim Analogrechner sind die Widerstandswerte und die Spannungen einstellbar.<br />

Damit kann man hier sehr schnell sehr komplexe Rechenoperationen durchführen. Das Problem ist<br />

die sehr beschränkte Genauigkeit:<br />

In der Analogtechnik ist die Höhe einer Spannung gleichzeitig die Information, und deshalb wirkt<br />

sich jede Störung analoger Signale direkt verfälschend auf die Information aus. Genau das hat man<br />

mit der Digitaltechnik weitgehend ausschalten können.<br />

5.7.5 Interner Aufbau von Operationsverstärkern<br />

Für die meisten Anwendungen wird man Operationsverstärker benötigen, die einen hochohmigen<br />

Eingang und einen niederohmigen Ausgang aufweisen. Dem kommt im einfachsten fall eine<br />

Schaltung nahe, die aus folgenden Komponenten aufgebaut ist.<br />

- einem Differenzverstärker als Eingangsstufe für die Spannungsverstärkung<br />

- einer Leistungsverstärker-Stufe am Ausgang für die Stromverstärkung<br />

Dazwischen wird meistens noch eine Stufe für die Pegel-Verschiebung benötigt.<br />

44


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

UP<br />

0 V<br />

I0 + Iq<br />

Abb. 5.62: Einfacher Operationsverstärker<br />

Die erste Stufe liefert zunächst die notwendige Verstärkung der Eingangsspannung. Bis zu etwa<br />

1000-fache Verstärkungen kleiner Signale sind möglich. Von dieser Stufe bestimmt ist außerdem die<br />

Empfindlichkeit des Verstärkers: Wenn die Transistoren am Eingang selbst ein relativ großes<br />

Störsignal (Rauschen) erzeugen, so wird dies in folgenden Stufen weiter mitverstärkt und wirkt sich<br />

viel stärker aus als etwa das Rauschen einer Endstufe. Es gibt tatsächlich Operationsverstärker, die<br />

speziell auf eine rauscharme Vorstufe optimiert sind. Weiterhin muss die Eingangsstufe optimiert<br />

sein auf:<br />

- eine hohe Gleichtakt-Unterdrückung<br />

- eine möglichst große Bandbreite<br />

+<br />

T1<br />

- 15 V<br />

I0 - Iq<br />

Iq<br />

I0<br />

1 mA<br />

+ 15 V<br />

Letztere beeinflusst die maximale Betriebsfrequenz des Operationsverstärkers.<br />

T2<br />

RC<br />

7,5 kΩ<br />

Bei einer Eingangsspannung von z. B. 0V Differenz (UP - UN) ist die Ausgangsspannung der ersten<br />

Stufe z. B. bei 2 V. Entweder muss nun die Ausgangsstufe des Operationsverstärkers so aufgebaut<br />

werden, dass sie diesen Pegel auf 0 V verschiebt, oder es wird zwischen Vorverstärker und<br />

Ausgangsverstärker eine Pegelshift-Stufe eingeführt.<br />

Eine solche Pegelshift-Stufe kann man entweder mit Dioden oder mit Z-Dioden aufbauen.<br />

Da sich Dioden-Spannungen (und Spannungen im Transistor) mit der Temperatur ändern, muss die<br />

Pegelshift-Stufe auch den Temperatur-Drift mit ausgleichen.<br />

In der obigen Beispielschaltung wird der Pegelshift erst mittel einer Z-Diode am Ausgang der<br />

Leistungsstufe vorgenommen. Dies ist typisch für einfache Operationsverstärker mit relativ<br />

„schwachen“ Ausgangsstufen, also einem relativ hohem Innenwiderstand der Endstufe. Bei<br />

Leistungs-Operationsverstärkern ist die Pegelshift-Stufe „in der Mitte“ üblich.<br />

45<br />

0 V<br />

UN<br />

- -<br />

+<br />

T3<br />

3 mA<br />

RC<br />

5 kΩ<br />

6,9 V<br />

0 V<br />

Ua


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in 1<br />

in 2<br />

Vorverstärker<br />

VDD<br />

GND<br />

Endverstärker<br />

Abb. 5.63: Pegelshift-Stufe mit Dioden in Flussrichtung<br />

in 1<br />

in 2<br />

Vorverstärker<br />

VDD<br />

GND<br />

Endverstärker<br />

Abb. 5.64: Pegelshift-Stufe mit Z-Diode im Durchbruch<br />

Reale Operartionsverstärker werden als ICs in großer Arten-Vielfalt angeboten.<br />

Die wichtigsten Eigenschaften sind:<br />

- die Bandbreite (in MHz)<br />

- der Eingangswiderstand<br />

- die Rauscheigenschaften (Rauschzahl)<br />

- der maximale Ausgangsstrom<br />

- Ausgangsspannung, Ausgangsleistung<br />

- Versorgungsspannungen (z. B. + / - 15 V)<br />

- die Spannungs-Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate).<br />

Letztere ist wichtig für den Einsatz in Großsignal-Schaltungen und für den Betrieb als Schalter.<br />

out<br />

OPs sind natürlich auch als vorentworfene Bausteine für die Verwendung beim Entwurf komplexer<br />

digital-analoger ICs verfügbar.<br />

5.7.6 Eigenschaften realer Operationsverstärker<br />

Der ideale OP ist ein ziemlich grobes Modell, dem reale OPs nur unvollkommen entsprechen.<br />

Insbesondere weisen sie eine Phasendrehung zwischen Eingang und Ausgang auf.<br />

out<br />

46


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Für den OP kann man stets eine Spannungsverstärkung:<br />

Au = Uout / Uin angeben.<br />

Im Idealfall ist diese nur durch den Rückkopplungs-Widerstand, der eine Gegenkopplung bewirkt,<br />

und einen Vorwiderstand bestimmt.<br />

Der reale OP verhält sich leider etwas anders:<br />

Au ist, wenn die Schaltung neben Widerständen wenigstens auch Kapazitäten enthält, eine Funktion<br />

der Frequenz und im allgemeinen eine komplexe Funktion. Und leider enthalten nun reale OPs stets<br />

diverse Kapazitäten. Man kann die Übertragungsfunktion mit dem Bode-Diagramm getrennt nach<br />

Betrag und Phasengang darstellen, wobei der Amplitudengang typischerweise im doppelt<br />

logarithmischen Maßstab dargestellt wird.<br />

F<br />

90<br />

45<br />

- 45<br />

-90<br />

-135<br />

-180<br />

A/dB<br />

1.Pol<br />

(dominant)<br />

Amplitudengang<br />

-10dB / Dekade<br />

2. Pol<br />

0,1f f<br />

p1 p1 10 fp1 0,1fp2 fp2 Phasengang<br />

-20dB / Dekade<br />

10 f p2<br />

Abb. 5.65: Frequenz- und Phasengang eines realen Operationsverstärkers im doppelt<br />

logarithmischen Maßstab (Bode-Diagramm).<br />

Wir betrachten zunächst einen OP, der nicht rückgekoppelt ist. Dann spricht man von einer „open<br />

loop“-Verstärkung. Bei niedrigen Frequenzen hat der OP eine (meistens) sehr hohe Verstärkung.<br />

Ein Abfall tritt aber meistens schon bei einigen MHz auf, bedingt durch einen in der Schaltung<br />

„verborgenen“ RC-Tiefpass. Dessen Grenzfrequenz wird als fp1 bezeichnet. In der<br />

Übertragungsfunktion tritt an dieser Stelle ein sogenannter „Pol“ auf. An der Polstelle ist der Betrag<br />

der Verstärkung um 3 dB gegenüber dem Leerlaufwert abgesunken, gleichzeitig hat sich aber auch<br />

die Phase um 90 Grad gedreht. Man nimmt näherungsweise an:<br />

- dass die Verstärkungskurve (Betrag) ab der Polstelle mit –10db/ Dekade abfällt<br />

- dass die Kurve für den Phasengang bei einem Zehntel der Pol-Frequenz beginnt, die Phase mit<br />

-45 Grad / Dekade zu drehen,<br />

- dass die durch einen Pol insgesamt bewirkte Phasendrehung –90 Grad beträgt und beim<br />

Zehnfachen der Pol-Frequenz mit –90 Grad erreicht ist.<br />

Tatsächlich gibt es in der Schaltung nicht nur einen RC-Tiefpass, sondern immer mehrere. Der<br />

zweite Tiefpass wird die Phase wiederum um 90 Grad drehen.<br />

47<br />

lg (f/f0)<br />

lg (f/f0)


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 5, WS 99/00<br />

Und dann ist der kritische Punkt erreicht: Hat die Schaltung jetzt noch eine Verstärkung, die dem<br />

Betrag nach größer als 1 ist, und baut man nun einen Widerstand zur Gegenkopplung ein, so wird<br />

die Ausgangsspannung phasengleich auf die Eingangsspannung zurückgekoppelt.<br />

Und dies erfüllt möglicherweise die sogenannte „Schwingbedingung“, die einen Verstärker zu einer<br />

selbstschwingenden Schaltung, einem sogenannten Oszillator macht:<br />

-<br />

+<br />

R1<br />

Verstärker RK-Glied<br />

A u<br />

A rk<br />

Schleifenverstärkung: As = A u * A rk<br />

Abb. 5.66: Verstärker mit Rückkopplungsnetzwerk<br />

- Schleifenverstärkung größer als 1 ist<br />

- die Phasendrehung zwischen Eingang und Ausgang 0 Grad oder ein Vielfaches von 360 Grad<br />

beträgt.<br />

Operationsverstärker können also bei „passender“ Rückkopplung, die eigentlich zur Gegenkopplung<br />

vorgesehen war, durchaus durch parasitäre Effekte zum Oszillator werden.<br />

Dagegen gibt es zwei Mittel:<br />

Sogenannte „nicht kompensierte“ OPs besitzen einen internen Anschluß zwischen der Vorstufe und<br />

der Endstufe. Wird dieser extern mit einer Kapazität beschaltet, so ergibt sich damit ein neuer<br />

„dominierender“ Pol, der verhindert, dass bei einer Phasendrehung um insgesamt 0 oder 360 Grad<br />

die Schleifenverstärkung noch größer als 1 ist.<br />

Bei sogenannten „kompensierten OPs“ ist genau diese Maßnahme schon fest in den OP eingebaut.<br />

Man hat weniger Aufwand, aber für die praktische Nutzung sind Verstärkung und Bandbreite<br />

entsprechend geringer.<br />

5.8 Praktischer Einsatz<br />

Operationsverstärker kommen heute fast überall dort in analogen Schaltungen zum Einsatz, wo man<br />

früher Einzeltransistoren verwendet hat. Eine Ausnahme bietet der Bereich hoher bis sehr hoher<br />

Frequenzen über ca. 100 MHz. OPs sind kaum teurer als Einzeltransistoren, aber wesentlich<br />

einfacher zu berechnen und zu beschalten. Sie gehören deshalb zu den am weitesten verbreiteten<br />

Standaed-Bauelementen der analogen Schaltungstechnik. Man baut nicht nur Verstärker damit auf,<br />

sondern z. B. auch aktive Filterschaltungen, Spannungs- und Stromquellen, Abtast- und Halteglieder,<br />

Phasen-Regelkreise, und digital-analoge Wandler.<br />

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