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Teil 3

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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

3. Halbleiter-Bauelemente<br />

3.1 Vorbemerkung<br />

Der homogene, dotierte Halbleiter ist kein besonders brauchbares Medium für den Stromtransport.<br />

Dazu ist er auch gar nicht vorgesehen, man möchte mit Halbleitern komplexere Effekte wie nichtlineare<br />

Kennlinien und Verstärkungen realisieren.<br />

Brauchbare Halbleiter-Bauelemente erhält man stets dann, wenn unterschiedliche Bereiche<br />

aneinanderstoßen.<br />

Man unterscheidet heute:<br />

- Übergänge zwischen unterschiedlich dotierten Materialien im selben Halbleiter<br />

("Homojunctions")<br />

- Übergänge zwischen unterschiedlich zusammengesetzten Halbleiter-Materialien<br />

("Heterojunctions")<br />

- Übergänge zwischen Metall und Halbleiter<br />

("Schottky-Junctions")<br />

Homojunctions und Heterojunctions setzen in der Regel (nicht immer) den Aufbau innerhalb eines<br />

einzigen Kristalls voraus.<br />

Darüber hinaus spielen, insbesondere in MOS-Bauelementen (Metall-Oxid-Semiconductor),<br />

Isolierschichten eine wesentliche Rolle. Extrem dünne Isolierschichten werden in Transistoren für die<br />

Steuerelektroden benötigt. Dickere Isolierschichten trennen Signale und Ströme voneinander.<br />

3.2 Halbleiter-Dioden<br />

3.2.1 Der p-n-Übergang<br />

Durchlaßrichtung:<br />

p-dotiert n-dotiert<br />

Verarmungsschicht<br />

Spannungsquelle<br />

+ -<br />

Sperrichtung: - +<br />

Abb. 3.1: Schema des p-n-Übergangs mit äußerer Beschaltung<br />

Zunächst sei der p-n-Übergang im Gleichgewicht, d. h. ohne ein äußere Beschaltung betrachtet.<br />

Wir nehmen an, dass innerhalb eines Einkristalls ein p- und ein n-dotierter Bereich aneinanderstoßen.<br />

Damit ergibt sich ein in integrierten Halbleiterschaltungen allgegenwärtiges passives Bauelement.<br />

An der Grenzfläche zwischen dem p- und dem n-dotierten Bereich werden zunächst die im n-Bereich<br />

vorhandenen Elektronen in den p-Bereich hinein diffundieren, wo sie die dort vorhandenen Löcher<br />

"auffüllen", also rekombinieren.<br />

Dadurch entsteht um den Übergang herum eine von freien Ladungsträgern verarmte sogenannte<br />

"Sperrschicht".<br />

1<br />

R


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Sowohl der n-dotierte Bereich des Kristalls als auch der p-dotierte <strong>Teil</strong> waren für sich isoliert<br />

betrachtet elektrisch neutral, weil sich die ortsfesten positiven Ladungen der Atomkerne und die<br />

negativen Ladungen der Elektronen gegenseitig jeweils ausglichen. Nun gilt dies nicht mehr: Nach<br />

Abfluss der Elektronen bleibt im n-<strong>Teil</strong> eine positive Ladung übrig, im p-<strong>Teil</strong> erzeugen die<br />

rekombinierten Elektronen eine negative Überschuss-Ladung. Damit entsteht in der Sperrschicht ein<br />

elektrisches Feld, das der weiteren Diffusion der Elektronen entgegenwirkt und diese stoppt.<br />

E<br />

p- HL n - HL<br />

Sperrschicht<br />

q ²V0<br />

Abb. 3.2: Energieband-Modell des p-n-Übergangs im Gleichgewicht<br />

Wir erhalten als Folge der Diffusion im Kristall eine Spannung, wenn wir das Wegintegral über die<br />

elektrische Feldstärke bilden. Diese „Diffusionsspannung“ ist:<br />

ΔV0 = k T/q * ln (Na Nd/ni 2 )<br />

Darin ist k die Boltzmann-Konstante, T die Temperatur in Kelvin, q die Elementarladung, Na und Nd<br />

sind die Dotierungsdichten mit Donatoren bzw. Akzeptoren auf beiden Seiten der Sperrschicht, ni ist<br />

die Eigenleitungsdichte.<br />

Abb. 3.2 zeigt die Energiebänder bei einem p-n-Übergang im Gleichgewicht. Es tritt ein Ausgleich<br />

auf, bei dem ein einheitliches Fermi-Niveau im gesamten Kristall wirksam wird. Dies ist nach den<br />

Gesetzen der Thermodynamik notwendig.<br />

Die Diffusionsspannung ist bestimmt durch die Größe der Bandlücke bzw. die Lage der Femi-<br />

Niveaus im p- und im n-dotierten Bereich.<br />

Die Sperrschicht im p-n-Übergang hat verschiedene bemerkenswerte Eigenschaften. Sie wirkt<br />

sowohl als Widerstand wie auch als Kondensator. Die Sperrschicht dehnt sich um eine Länge ln in<br />

den n-dotierten Bereich und eine Länge lp in den p-dotierten Bereich hinein aus. Diese Weite der<br />

Sperrschicht zu beiden ist nicht in beide Richtungen symmetrisch, sondern die Sperrschicht dehnt<br />

sich stets proportional stärker in den niedriger dotierten Bereich hinein aus.<br />

Es gilt: ln / lp = Na / Nd .<br />

Das Verhalten dieses p-n-Übergangs ist nun durch eine von außen angelegte Beschaltung,<br />

insbesondere durch eine externe Spannungsquelle, beeinflussbar.<br />

Dabei sind der Widerstandswert wie auch die Kapazität durch die von außen angelegte Spannung<br />

steuerbar. Legt man eine äußere Spannung an diese Sperrschicht an, so sind verschiedene Effekte<br />

beobachtbar:<br />

Ist die äußere Spannung in derselben Richtung wie die innere "Diffusionsspannung" der Sperrschicht<br />

gepolt, so addieren sich beide Spannungen an der Sperrschicht. Die Weite der Sperrschicht nimmt<br />

entsprechend zu. Dadurch sinkt proportional die Kapazität der Sperrschicht. Bis auf ganz wenige<br />

durch thermische Effekte erzeugte Ladungsträger findet kein Stromfluss statt.<br />

2<br />

EF


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Diese wenigen Ladungsträger bilden den sogenannten „Sperrstrom“ I0, der im Bereich von wenigen<br />

Nano-Ampere liegt. (Das gilt aber nur dann, wenn der Kristall im Dunkeln liegt, bei Lichteinwirkung<br />

nimmt der Stromfluss stark zu.)<br />

Der umgekehrte Fall tritt auf, wenn die äußere Spannung die innere Spannung reduziert. Zunächst<br />

wird die Sperrschicht dünner, die Kapazität steigt an. Ab der Spannung, bei der die äußere Spannung<br />

die innere Spannung Diffusionsspannung ausgleicht, tritt ein erheblicher Stromfluss in<br />

Vorwärtsrichtung auf.<br />

Der p-n-Übergang ist in Vorwärtsrichtung oder Durchlassrichtung gepolt.<br />

Der Strom durch den p-n-Übergang ist gegeben durch die Formel:<br />

I = q A ( Dp /(LpNd) + Dn / (LnNa) * ni 2 (e**(qU/kT) - 1)<br />

Anders geschrieben:<br />

I = I0 * (e**(qU/kT) - 1)<br />

I0 ist dabei der Sperrstrom in Rückwärtsrichtung.<br />

A ist die Fläche des p-n-Übergangs, Dp und Dn sind die Diffusionskonstanten der Löcher bzw.<br />

Elektronen, Lp und Ln sind die jeweiligen "Diffusionslängen" im Halbleiter, d. h. die Abstände von<br />

der Grenzschicht, bei der die Konzentrationen von Löchern und Elektronen auf 1/e des jeweiligen<br />

Ausgangswertes abgefallen sind.<br />

Die Strom-Spannungs-Kennlinie des p-n-Übergangs ist durch eine Exponentialfunktion gekennzeichnet.<br />

Io<br />

Sperrstrom<br />

Id<br />

Abb. 3.3: Strom-Spannungs-Kennlinie des p-n-Übergangs<br />

U0<br />

Damit lässt sich die p-n-Diode als Ventil benutzen:<br />

In Vorwärtsrichtung fließt zunächst nur ein geringer Strom. Ein starker Anstieg ist dann zu<br />

verzeichnen, wenn die von außen angelegte Fluss-Spannung die Diffusionsspannung ausgleicht oder<br />

übertrifft.<br />

In einer Richtung tritt ein starker Stromfluss auf, in Rückwärtsrichtung wird der Strom bis auf einen<br />

meistens sehr geringen Reststrom (I0) gesperrt.<br />

3<br />

Ud


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In Rückwärtsrichtung zeigt diese Kennlinie das Verhalten realer Dioden nur unvollständig. Natürlich<br />

lässt keine Diode in Sperr-Richtung eine beliebig hohe Spannung zu. Ab einer genügend großen<br />

Spannung in Rückwärtsrichtung wird die Diode "durchbrechen", d. h. leitend werden. Wenn dann<br />

durch andere Maßnahmen im Stromkreis der auftretende Rückwärtsstrom begrenzt wird, dann kann<br />

dieser Durchbruch reversibel sein und lässt sich sogar ausnutzen, z. B. zur Stabilisierung von<br />

Gleichspannungen. Bei zu hohen Rückwärtsströmen wird allerdings eine starke Erwärmung mit<br />

nachfolgender Zerstörung des Bauelementes auftreten. Dioden, welche speziell auf Durchbruch bei<br />

bestimmten Spannungen in Rückwärtsrichtung hin gezüchtet sind, heißen Zener-Dioden oder<br />

Z-Dioden. Sie werden in der Elektronik in zur Stabilisierung von Gleichspannungen, z. B. in<br />

Netzgeräten, verwendet.<br />

Uz<br />

Sperrstrom<br />

Io<br />

Durchbruch<br />

Id<br />

Abb. 3.4: Kennlinie einer Z-Diode<br />

U0<br />

Man nutzt hier die nicht-lineare Kennlinie des p-n-Übergangs in bestimmter Weise aus. In<br />

Niederfrequenz-Gleichrichtern (z. B. für die 50 Hz des technischen Wechselstroms) ist das kapazitive<br />

Verhalten des p-n-Übergangs kaum von Bedeutung. Bei allen Anwendungen von Dioden in<br />

Hochfrequenz-Schaltungen spielt dagegen die Kapazität eine sehr wichtige Rolle.<br />

Dabei unterscheidet man einmal die Sperrschicht-Kapazität des als Platten-Kondensator wirkenden<br />

p-n-Übergangs und eine sogenannte „Diffusionskapazität“. Letztere wird gebildet durch die in der<br />

Sperrschicht gespeicherte Ladung, die ja bei einer Voll-Aussteuerung der Diode stets hinein- und<br />

hinaus bewegt werden muss.<br />

3.2.2 Gleichrichter<br />

Damit ist der erste Anwendungsbereich für Halbleiter-Dioden gegeben:<br />

Sie sind geeignet, in sogenannten Gleichrichter-Schaltungen Wechselströme gleichzurichten oder,<br />

anders herum, aus Wechselspannungsquellen Gleichströme abzuleiten.<br />

4<br />

Ud


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u (t)<br />

u (t)<br />

Diode<br />

Abb. 3.5: Einweg-Gleichrichter<br />

t<br />

i (t)<br />

i (t)<br />

R<br />

Abb. 3.5 zeigt den Gleichrichter-Effekt. Von einer sinusförmigen Eingangsspannung wird nur die<br />

positive Halbwelle durchgelassen, der Strom i(t) fließt also nur in eine Richtung. Da die negative<br />

Halbwelle nicht ausgenutzt wird, ist der entstehende Gleichstrom äußerst wellig. Eine bessere<br />

Ausnutzung liefert die Gleichrichterschaltung mit einer Diodenbrücke. Sie setzt sowohl die positive<br />

als auch die negative Halbwelle der Wechselspannung in einen Gleichstrom um.<br />

Dies ist die bei weitem technisch wichtigste Gleichrichterschaltung, die in leicht modifizierter Form<br />

auch in Drehstrom-Schaltungen verwendet wird.<br />

u(t)<br />

_<br />

Abb. 3.6: Gleichrichter in Brückenschaltung<br />

+<br />

Hier haben wir Dioden in Anwendungen der Leistungselektronik. Leistungsdioden sollen aufweisen:<br />

- eine niedrige Schwellenspannung in Vorwärtsrichtung<br />

- eine hohe zulässige Spannung in Rückwärtsrichtung<br />

- einen geringen Durchlasswiderstand in Vorwärtsrichtung<br />

- eine gute Ableitung der entstehenden Verlustwärme.<br />

Dies deutet schon an, dass Dioden je nach Anwendung speziell gezüchtet und gefertigt werden. Eine<br />

Diode der Leistungselektronik hat auch äußerlich mit einer Hochfrequenz-Gleichrichterdiode oder<br />

einer Mischer-Diode nicht mehr viel gemeinsam.<br />

3.2.3 P-N-Dioden in IC-Schaltungen<br />

In integrierten Schaltkreisen werden p-n-Übergänge in großer Häufigkeit verwendet, allerdings fast<br />

ausschließlich mit negativer Vorspannung als isolierende Sperrschichten.<br />

5<br />

R


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N-well CMOS Technology<br />

n-channel p-channel<br />

GND VDD<br />

n+ n+ p+ p+<br />

p- bulk silicon<br />

n-well<br />

6<br />

metal<br />

n-diffusion<br />

p-diffusion<br />

Abb. 3.7: Aufbau eines CMOS-Inverters (Schnitt)<br />

gate-oxide<br />

field-oxide<br />

p - bulk<br />

poly-silicon<br />

Abb. 3.7 zeigt den schematischen Schnitt durch einen aus zwei Transistoren gebildeten Inverter in<br />

CMOS-Technologie. Einmal müssen die hoch n-dotierten Diffusionsgebiete des n-Kanal-Transistors<br />

bzw. die p-dotierten Gebiete des p-Kanal-Transistors elektrisch gegen die Umgebung isoliert sein.<br />

Bei einem leicht p-dotierten Grundsubstrat geht das durch eine „automatisch“ funktionierende p-n-<br />

Diode zwischen den Diffusionsgebieten des n-Kanal-Transistors (die eine Spannung von über 0 Volt<br />

annehmen und dem auf 0 V festgehaltenen Grundsubstrat.<br />

Der p-Kanal-Transistor liegt dagegen in einer sogenannten n-Wanne, die ihrerseits mit einer<br />

Vorspannung von z. B. +5 V beaufschlagt ist. Sie ist damit durch einen in Sperrichtung gepolten p-n-<br />

Übergang gegen das Substrat (0 V) und den p-Kanal-Transistor (mit Potentialen bei oder unter<br />

5 V) isoliert.<br />

Der Fall, dass diese Übergänge entweder durch falsche Vorspannung oder wegen eines Durchbruchs<br />

leitend werden bedeutet fast immer, dass die Digitalschaltung nicht mehr funktioniert oder gar<br />

zerstört wird. Effekte dieser Art in CMOS-Schaltungen sind in der Vergangenheit als "Latch-Up" zu<br />

einer gewissen negativen Berühmtheit gelangt.<br />

Der „Durchbruch“ wird aber auch auf den ICs nutzbringend eingesetzt: Man lässt von außen<br />

kommende Signale, die durch statische Elektrizität hohe Spannungsspitzen aufweisen können,<br />

zunächst über ein Stück Diffusionsleitung laufen. Hohe Spannungsspitzen sorgen für lokale<br />

Durchbrüche, aber wegen der geringen Stromstärken ohne bleibende Zerstörung. Am Ende der<br />

Leitung bekommen die "„Chip-Innereien“ ein von Spannungsspitzen befreites Signal.<br />

3.2.4 P-N-Dioden in Signalschaltungen<br />

In der analogen Nachrichtentechnik werden p-n-Dioden für unterschiedliche Zwecke ausgebildet und<br />

verwendet.<br />

Wegen ihrer exponentiellen Strom-Spannungs-Kennlinie ist die Diode als "Varistor", das ist ein<br />

durch die abgelegte Vorspannung gesteuerter Widerstand, verwendbar.<br />

Solche Bauelemente sind insbesondere geeignet, modulierte Signal durch Gleichrichtung zu<br />

"demodulieren". Für drahtlose Signalübertragung wird einer Hochfrequenz-Schwingung (z. B. bei<br />

100 MHz für UKW-Rundfunk) ein niederfrequentes Signal (z. B. Sprachinformation) aufmoduliert.<br />

Amplitude oder Phase oder Frequenz der HF-Schwingung ändern sich im Takt der niederfrequenten<br />

Schwingung. An einer nicht-linearen Kennlinie wie die einer Diode wird aus diesem „gemischten“<br />

HF-Signal die Niederfrequenz-Schwingung, also z. B. die Sprach- oder Ton-Information,<br />

zurückgewonnen. Ein einem hochfrequenten Träger aufmoduliertes Signal wird also mittel einer<br />

Diode in eine niederfrequente Wechselspannung umgesetzt ( z. B. schon in Rundfunkempfängern der<br />

20er Jahre).<br />

n-well


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Für diesen Zweck werden Signaldioden seit langem in Mischern und in Empfängern eingesetzt.<br />

Von ebenso großer Bedeutung ist die Verwendung von Signaldioden als spannungsgesteuerte<br />

Kapazitäten, also als variable Kondensatoren. Einen von der Spannung abhängigen Kondensator<br />

nennt man einen „Varaktor“ und spricht entsprechend auch von „Varaktor-Dioden“.<br />

Kapazitäts-Variationsdioden (kurz „Varicaps“) sorgen z. B. für die Abstimmung der Eingangs-<br />

Schwingkreise (Bandpassfilter) in UHF- und VHF-Fernsehempfängern.<br />

u (t)<br />

Ck<br />

C<br />

L<br />

Ck<br />

7<br />

Cvar<br />

Uvar<br />

Abb. 3.8: Hochfrequenz-Eingangsschaltung mit Varicap-Diode<br />

Sowohl Varicaps als auch Varistoren werden dort verwendet, wo ein Nutzsignal zwischen<br />

verschiedenen hochfrequenten Trägerfrequenzen umgesetzt werden muss.<br />

Ein Beispiel ist das Satellitenfernsehen:<br />

Dort wird zunächst eine Eingangssignal im Frequenzbereich von 12 GHz in den UHF-Bereich (um<br />

800 MHz) umgesetzt oder auch „heruntergemischt“. Dann erfolgt die weitere Kanalwahl und<br />

Decodierung im Fernsehempfänger.<br />

Die Umsetzung eines Signals von einem niedrigeren auf einen höherfrequenten Träger besorgt man<br />

meistens mit einem Varaktor, das Heruntermischen auf niedrigere Frequenzen dagegen eher mit<br />

einem Varistor. Das sind meistens jeweils speziell gezüchtete Dioden (neben p-n-Dioden auf auch<br />

Metall-Halbleiter-Dioden).<br />

Als Schalter in Hochfrequenz-Schaltkreisen werden häufig sogenannte p-i-n-Dioden eingesetzt, die<br />

zwischen den höher dotierten p- und n-Bereichen noch einen sehr gering dotierten Bereich besitzen,<br />

der quasi-eigenleitend (intrinsic) ist. Durch eine angelegte Gleichspannung kann man diese Dioden<br />

dann für ein HF-Signal auf einen niedrigen oder hohen Widerstand schalten. Dann hat man einen sehr<br />

schnellen und kleinen Hochfrequenz-Schalter.<br />

3.2.5 Solarzellen<br />

Eine ganz spezielle Anwendung von p-n-Dioden und ähnlicher Halbleiter-Bauelementen sind aktive<br />

Energieerzeuger.<br />

Setzt man die von Ladungsträgern verarmte Sperrschicht einer Beleuchtung mit geeigneter<br />

Wellenlänge (z. B. Sonnenlicht) aus, so werden Elektron-Loch-Paare generiert. Wegen der in der<br />

Sperrschicht vorhandenen Diffusionsspannung werden dann Elektronen in den n-Bereich (wegen der<br />

ortsfesten positiven Ladungen) bzw. Löcher in den p-Bereich (wegen der ortsfesten negativen<br />

Ladungen) transportiert.<br />

Werden nun der p- und der n-Bereich extern über einen Arbeitswiderstand verbunden, so fließt<br />

darüber ein Ausgleichsstrom. Die maximal verfügbare Spannung einer solchen Zelle entspricht der<br />

Diffusionsspannung.<br />

Natürlich sind auch p-n-Dioden, die als Solarzellen arbeiten sollen, ganz speziell auszulegen:<br />

Insbesondere soll der Weg von der Sperrschicht bis zum äußeren Anschluss möglichst kurz sein,<br />

damit möglichst wenig Rekombination auftritt.


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Solarzellen aus einkristallinem Silizium werden heute schon großtechisch hergestellt und erreichen<br />

Wirkungsgrade von ca. 15%. Sie sind aber für die meisten Anwendungen noch zu teuer. Es ist auch<br />

möglich, Solarzellen aus amorphem, also polikristallinem Silizium herzustellen. Diese sind wesentlich<br />

billiger, haben aber typische Wirkungsgrade unter 10%.<br />

3.2.6 Heterojunction-Dioden<br />

Technisch ist es möglich, eine spezielle Art von Diode dadurch zu konstruieren, dass innerhalb eines<br />

Kristalls Bereiche unterschiedlicher Zusammensetzung und damit auch mit unterschiedlichem<br />

Bandabstand aneinanderstoßen, also z. B. Gallium-Arsenid und Gallium-Aluminium-Arsenid. Als<br />

Sperr-Diode eignen sich diese Konstruktionen weniger.<br />

E<br />

Ef<br />

wide bandgap<br />

semiconductor<br />

Leitungsband<br />

"Sperrschicht"<br />

Valenzband<br />

Abb. 3.9a: Bändermodell beim Heterojunction<br />

narrow bandgap<br />

semiconductor<br />

Wenn man sie aber in Flussrichtung betreibt, so kann damit in einem der beiden Kristallbereiche das<br />

Leitungsband so stark mit Ladungsträgern versorgt werden, dass eine Rekombination mit<br />

Aussendung von Strahlung auftritt (bei direkten Halbleitern).<br />

Ist diese Strahlung nicht kohärent, sind also die Lichtquanten "unabhängig", so spricht man von einer<br />

Leuchtdiode.<br />

Halbleiter-Laser dagegen erzeugen kohärente Strahlung auf einer Spektrallinie.<br />

Eine genauere Betrachtung sollte Gegenstand von Vorlesungen über optische Nachrichtentechnik<br />

sein.<br />

3.2.7 Metall-Halbleiter-Kontakt<br />

Eine technisch und praktisch bedeutende Diodentype wurde noch nicht behandelt. Es ist die<br />

Schottky-Diode. Den grundlegenden Effekt zeigt Abb. 3.9b.<br />

8<br />

k


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Version 1:<br />

n- Si<br />

Elektronen fließen vom Metall in den Halbleiter:<br />

Ohmscher Kontakt<br />

Version 2:<br />

n- Si<br />

Elektronen fließen vom Halbleiter ins Metall:<br />

Sperrschicht, Schottky-Diode<br />

Abb. 3.9b: Metall-Halbleiter-Kontakt<br />

9<br />

Metall<br />

Metall<br />

Sperrschicht<br />

Bringt man einen Halbleiter (in der Praxis n-dotiert) in Verbindung mit einem Metall, das z. B. an<br />

seiner Oberfläche aufgedampft oder (Technik des Volksempfängers!) als Nadelspitze mit hohem<br />

Flächendruck aufgepresst sein kann, so entsteht ein Metall-Halbleiter-Kontakt.<br />

Je nach der Wert der Austrittsarbeit im Metall bzw. Halbleiter, das ist die Energie, die benötigt<br />

würde, um ein Elektron aus dem Leitungsband aus dem Kristallverbund heraus zu befördern, fließen<br />

entweder Elektronen vom Metall zum Halbleiter oder vom Halbleiter zum Metall.<br />

Im ersten Fall entsteht ein ohmscher Kontakt, wie ihn die Halbleitertechnik milliardenfach in der<br />

Form benötigt, im zweiten Fall eine sogenannte Schottky-Diode. Auch dieses Bauelement hat eine<br />

Sperrschicht, die allerdings in der Regel dünner und kapazitätsärmer als die von p-n-Dioden ist.<br />

Sowohl die Fluss-Spannung in Vorwärtsrichtung (ca. 0,2 V gegen 0,5 V bei der p-n-Diode) als auch<br />

(und erst recht) die zulässige Sperr-Spannung in Rückwärtsrichtung sind geringer (ca. –2 V<br />

gegenüber –10 V und mehr).<br />

Diese Diode taugt (auch wegen niedriger Sperrspannungen in Rückwärtsrichtung) nicht für die<br />

Anwendung in der Leistungselektronik. Schottky-Dioden sind aber hervorragende Varistoren in<br />

Hochfrequenz-Mischerstufen, weil sie sehr kleine Kapazitäten haben.<br />

In Techniken, in denen p-n-Übergänge oder Isolieroxide nicht oder nur schwer herstellbar sind,<br />

werden sie auch an den Gate-Anschlüssen von Transistoren verwendet (z. B. in GaAs). Sie stellen<br />

dort die einzige technologisch relativ "billige" Variante der Sperrschichten dar, auch die kleine<br />

Eingangskapazität ist für Hochfrequenz-Anwendungen günstig.<br />

3.2.8 Ersatzschaltbilder von Dioden<br />

Für die Berechnung von Schaltungen benötigt man Modelle von Dioden, die das Verhalten in der<br />

Schaltung möglichst genau wiedergeben.<br />

Wir haben schon gelernt, dass die Diode selbst sowohl Eigenschaften eines Widerstandes als auch<br />

eine Kapazität hat.<br />

Schon für alle passiven Bauelemente der Elektronik gilt, dass sie selten ein „lupenreines“ Verhalten<br />

haben.<br />

„Widerstände“ haben in der Regel nicht nur die Eigenschaft des elektrischen Widerstandes, sondern<br />

verhalten sich auch wie Spulen.


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Widerstand R L<br />

Kondensator<br />

C L<br />

Spule L R<br />

Abb. 3.10: Ersatzschaltungen passiver Bauelemente<br />

C<br />

R<br />

Schon die Anschlussdrähte realer Bauelemente haben stets induktive Eigenschaften, die sich bei<br />

höheren Frequenzen bemerkbar machen. Bestimmte Typen von Kondensatoren, insbesondere<br />

sogenannte Elektrolyt-Kondensatoren, wirken darüber hinaus schon bei Frequenzen um 10 MHz als<br />

Induktivitäten. Spulen weisen immer einen Widerstand der Draht-Windungen auf, darüber hinaus<br />

aber auch sogar Kapazitäten wischen den Drähten der einzelnen Windungen.<br />

Will man ein einigermaßen vollständiges Ersatzschaltbild einer Diode angeben, so wird dieses neben<br />

der „idealen“ Diode mehrere parasitäre Elemente unterhalten.<br />

U D<br />

I DD<br />

I DR<br />

I D,BR<br />

R B<br />

C DD<br />

Abb. 3.11: Ersatzschaltbild einer realen Diode<br />

Im Ersatzschaltbild ist UD die Diffusionsspannung, IDD der Diffusionsstrom, IDR der<br />

Rekombinationsstrom, IDBR der Durchbruchstrom. RB ist der Bahnwiderstand der Diode, Cs steht für<br />

die Sperrschicht-Kapazität, CDD für die Diffusions-Kapazität.<br />

Für spezielle Anwendungen und Bauformen wird man dieses Modell noch erweitern müssen oder<br />

auch vereinfachen können. Für die elektrische Simulation mittels eines Programms wie SPICE oder<br />

PSPICE werden zur Modellierung bis zu 14 Parameter benötigt, die z. B. auch das dynamische<br />

Verhalten und die Temperatur-Abhängigkeit beschreiben.<br />

10<br />

C S


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Meistens kann man dort, wo mit Spannungen von nur bis ca. 100 mV gearbeitet wird, die nichtlinearen<br />

Eigenschaften in erster Näherung vernachlässigen und sogenannte „lineare“ Ersatzschaltungen<br />

angeben.<br />

NF- Ersatzschaltbild<br />

R B rD<br />

C D<br />

L G<br />

11<br />

HF- Ersatzschaltbild<br />

Abb. 3.12: Niederfrequenz- und Hochfrequenz-Kleinsignalersatzschaltbild einer Diode<br />

Das Kleinsignal-Ersatzschaltbild enthält neben dem Bahnwiderstand den eigentlichen (variablen)<br />

Dioden-Widerstand rD und eine Dioden-Kapazität. Das Hochfrequenz-Ersatzschaltbild berücksichtigt<br />

außerdem noch die Anschlussdrähte der Zuleitungen als Induktivität und eine Gehäuse-<br />

Kapazität zwischen den Anschlüssen.<br />

Ersatzschaltbilder dieser Art gelten zunächst nur für Dioden, die sich wie passive Zweipole verhalten.<br />

In der Hochfrequenztechnik werden aber Dioden-Bauelement ganz anderer Art verwendet, die<br />

selbständig Schwingungen erzeugen oder verstärken können. Dazu gehören Gunn-Effekt-Dioden,<br />

außerdem sogenannte Impatt- oder Trapatt-Dioden. Mit aktiven Oszillatoren für Mikrowellen-<br />

Schaltungen wird sich eine andere Vorlesung beschäftigen.<br />

3.2.9 Vierschicht-Dioden und Thyristoren<br />

Eine normale p-n-Diode hat nur zwei Zonen. Für bestimmte Anwendungen hat es sich aber als<br />

sinnvoll erwiesen, mit Vierschicht-Dioden zu arbeiten. Im Ruhezustand sperrt dann eine solche<br />

Diode in beiden Richtungen, allerdings in einer Richtung mit 2 p-n-Übergängen, in der anderen<br />

Richtung nur mit einem.<br />

P n p n<br />

- Flußrichtung +<br />

+ Sperrichtung -<br />

Zünd-Elektrode<br />

Abb. 3.13:Vierschicht-Diode (Thyristor)<br />

R B<br />

CG<br />

r D<br />

C D


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Wird man nun über eine zusätzliche Diode an geeigneter Stelle Landungsträger injizieren, also z. B.<br />

eine Menge von Elektronen in ein p-Gebiet, so kann dadurch ein gezielter Durchbruch eines p-n-<br />

Übergangs erzeugt werden. Man sagt, der Thyristor zündet.<br />

Sperrbereich<br />

Durchbruch<br />

Abb. 3.14: Thyristor-Kennlinie<br />

I<br />

nach Zündung<br />

Durchlaßbereich<br />

ohne Zündung<br />

Mittels solcher Thyristoren kann man nun gesteuerte Gleichrichter bauen:<br />

Dabei lässt der Gleichrichter, hier oft auch als Stromrichter bezeichnet, in Flussrichtung nur weniger<br />

als eine Halbwelle des Wechselstroms passieren. Man sagt, die Phase wird „angeschnitten“.<br />

Je nachdem, wann während einer Halbwelle der Thyristor gezündet wird, ergibt sich am Ausgang der<br />

Schaltung eine pulsierende Gleichspannung unterschiedlicher Höhe. Man hat damit eine einfache<br />

Möglichkeit zur Leistungssteuerung. Der Strom durch den Thyristor wird üblicherweise erst dadurch<br />

„gelöscht“, dass die anliegende Wechselspannung ihre Richtung ändert.<br />

Neuerdings gibt es aber auch Tyristoren, die auch über die Steuer-Elektrode eine Abschaltung zu<br />

beliebigen Zeiten erlauben. Diese „gate-turnoff-Transistoren“ gehören zu den beliebtesten<br />

Bauelementen der Leistungselektronik.<br />

Mittels zweier antiparallel geschalteter Thyristoren kann man auch Wechselströme steuern.<br />

Ein solches Bauelement findet sich als „Triac“ in fast allen „Dimmern“ zur Steuerung von Licht-<br />

Anlagen.<br />

3.3 Der bipolare Transistor<br />

3.3.1 Grundlagen<br />

Um die Funktionsweise eines bipolaren Transistors verstehen zu können, ist eine etwas eingehendere<br />

Betrachtung der p-n-Diode notwendig.<br />

n0<br />

n p<br />

Konzentration<br />

lp<br />

Sperrschicht<br />

n (x)<br />

12<br />

p (x)<br />

ln<br />

U<br />

p0<br />

x


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Abb. 3.15: Ladungsträger-Konzentration im p-n-Übergang<br />

Abb. 3.15 zeigt den Verlauf der Ladungsträger-Konzentration im Halbleiter.<br />

Zunächst dehnt sich die Sperrschicht proportional stärker in den niedriger dotierten <strong>Teil</strong> des<br />

Halbleiters hinein aus, hier sei eine überwiegende n-Dotierung angenommen. Die Konzentration der<br />

Ladungsträger, die im ungestörten dotierten Halbleiter die Werte n0 bzw. p0 hat, fällt in der<br />

Sperrschicht und darüber hinaus im jeweils "anderen" Halbleiter stark ab. Wenn man nun eine solche<br />

Diode in Flussrichtung betreibt, so wird trotzdem insbesondere vom "überwiegenden" Typ<br />

Ladungsträger eine immer noch beträchtliche Menge von Ladungsträgern in den jeweils anderen <strong>Teil</strong><br />

des Halbleiters "injiziert" und rekombiniert erst dort nach einer mittleren Laufstrecke Lp bzw. Ln mit<br />

den Majoritätsträgern des jeweils anderen Bereichs. Für die Länge dieser Laufstrecke ist gerade die<br />

mittlere Lebensdauer der Ladungsträger vor der Rekombination von erheblicher Bedeutung.<br />

Die Anzahl der hier z. B. in den p-Bereich injizierten Elektronen ist natürlich stark vom Wert der<br />

steuernden Spannung abhängig.<br />

Wir betrachten nun einen p-n-Übergang in Sperrichtung.<br />

p n<br />

Sperrschicht<br />

Abb. 3.16: P-N-Übergang in Sperr-Richtung<br />

Der Sperreffekt bewirkt, dass keine Majoritätsträger (Elektronen im n-Bereich und Löcher im p-<br />

Bereich) durch die Sperrschicht gelangen können.<br />

Sollten dagegen Elektronen, also Minoritätsträger, im p-Bereich vorhanden sein, so werden diese<br />

abgesaugt und gelangen durch die Sperrschicht in den anderen Bereich. In unserem Beispiel würden<br />

also Elektronen, die im p-Bereich nicht rekombiniert sind, durch die Sperrschicht in den n-Bereich<br />

und zu dessen Anschluss gelangen.<br />

3.3.2 Aufbau des bipolaren Transistors<br />

Ein bipolarer Transistor entsteht dann, wenn man zwei p-n-Übergänge entsprechend kombiniert:<br />

n p n<br />

E B C<br />

E-B-Sperrschicht B--C-Sperrschicht<br />

Abb. 3.17: Schematischer Aufbau eines bipolaren Transistors<br />

Der erste, in Abb. 3.17 linke p-n-Übergang ist in Durchlassrichtung gepolt, der rechte in<br />

Sperrichtung. Außerdem liegen beide Übergänge so nahe beieinander, dass von den von der linken n-<br />

Zone, "Emitter" genannt, in die mittlere p-Zone, Basis genannt, injizierten Elektronen ein großer <strong>Teil</strong><br />

die rechte Sperrschicht erreicht, ohne vorher zu rekombinieren (Abb. 3. 15). Diese Elektronen<br />

werden als Minoritätsträger durch die rechte Sperrschicht gesaugt und erreichen die rechte n-Zone,<br />

auch "Kollektor" genannt. Wenn nun auch noch der Emitter eine hoch dotierte Zone darstellt, die<br />

Basis nur 1/10 so stark dotiert ist und der Kollektor nochmals etwa um den Faktor 10 geringer, dann<br />

weist der Transistor eine hohe Stromverstärkung auf:<br />

13


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Mit einem kleinen Strom zwischen Emitter und Basis (Ib), das sind gerade die Elektronen, die in der<br />

Basis rekombinieren, wird die passende Vorspannung zwischen Emitter und Basis eingestellt. Damit<br />

kann ein viel stärkerer Strom zwischen Emitter und Kollektor gesteuert werden. Das Bauelement<br />

arbeitet also potentiell als Strom-Verstärker.<br />

I e Emitter Basis Kollektor Ic<br />

n p n<br />

E B C<br />

E-B-Sperrschicht B--C-Sperrschicht<br />

- + - +<br />

Rbe<br />

Ib<br />

Rce<br />

Abb. 3.18a: Bipolarer Transistor mit Strömen und äußerer Beschaltung<br />

Überlagert man dem Strom Ib, der den p-n-Übergang in Flussrichtung hält, einen schwachen<br />

Wechselstrom, so wird auch dieser erheblich verstärkt und erzeugt entsprechend viel stärkere<br />

Änderungen des Stromes zwischen Emitter und Kollektor. Stromverstärkungen von ca. 100 sind<br />

üblich, Werte bis zu 1000 sind möglich. Mit einem Widerstand Rc im Kollektorkreis lässt sich dort<br />

auch eine entsprechend „verstärkte“ Spannung abgreifen.<br />

Im Transistor dieser Art kommen sowohl Elektronen als auch Löcher als Ladungsträger vor, auch<br />

wenn nur eine Art die dominierende Rolle spielt.<br />

n=Nd<br />

n (x)<br />

n p n<br />

E B C<br />

E-B-Sperrschicht B--C-Sperrschicht<br />

np0<br />

Abb. 3.18b: Verlauf der Ladungsträger-Konzentration im bipolaren Transistor<br />

Im nach seiner Schichtfolge genannten npn-Transistor sind die Elektronen dominierend, im pnp-<br />

Transistor die Löcher.<br />

npn-Transistor pnp-Transistor<br />

Abb. 3.19: Schaltzeichen des bipolaren Transistors<br />

14<br />

Nd


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Da im Silizium die Beweglichkeit der Elektronen etwa dreifach höher ist als die der Löcher, werden<br />

in der Praxis npn-Transistoren bevorzugt. In bipolaren digitalen integrierten Schaltungen kommen sie<br />

fast ausschließlich vor. bei nicht zu hohen Frequenzen kann man allerdings auch komplementäre<br />

Schaltungen bauen, bei denen npn- und pnp-Transistoren ein „spiegelverkehrtes“ Verhalten zeigen.<br />

In Niederfrequenz-Leistungsverstärkern hat man das oft ausgenutzt.<br />

3.3.3 Eigenschaften des bipolaren Transistors<br />

Der bipolare Transistor ist ein ausgezeichneter Verstärker und dieser Beziehung bei gleicher<br />

Strukturgröße und gleichem Strom dem MOS-Transistor, dem derzeitigen "Arbeitspferd" der<br />

Mikroelektronik, überlegen. Er erreicht bei gleichen Strukturgrößen auch höhere Grenzfrequenzen.<br />

Bipolare Transistoren mit bis zu 20 GHz Grenzfrequenz existieren heute als „diskrete“<br />

Hochfrequenz-Bauelemente.<br />

Die Eingangs-Kennlinie eines bipolaren Transistors bezeichnet die Abhängigkeit des<br />

Eingangsstromes von der Eingangsspannung. Wenn das Eingangssignal an der Basis-Emitter-Diode<br />

anliegt (was häufig der Fall ist), dann ist (vereinfachend) die Kennlinie der Basis-Emitter-Diode auch<br />

die des Transistors. Und diese Kennlinie verläuft exponentiell !<br />

I E<br />

U CB steigt<br />

I C = 0<br />

15<br />

U BE<br />

Abb. 3.20: Eingangs- / Ausgangs-Kennlinie des bipolaren Transistors<br />

Tatsächlich ist die Strom-Spannungs-Abhängigkeit des Transistor-Eingangs etwas unterschiedlich<br />

von der zwischen Eingangsspannung und Ausgangsstrom. Zunächst ist natürlich der Ausgangsstrom<br />

am Emitter gegenüber dem Basis-Strom um den Stromverstärkunngsfaktor B höher.<br />

Dieser Faktor selbst ist allerdings keine Konstante. Mit zunehmender Spannung Ucb wird nämlich<br />

die Ausdehnung der Kollektor-Basis-Diode in den Basis-Bereich hinein größer. Eine dünnere Basis<br />

bewirkt aber auch, dass weniger Elektronen aus dem Emitter vor Erreichen der B-C-Sperrschicht<br />

rekombinieren. Damit steigt wieder die Stromverstärkung an, was sich in einer Verschiebung der<br />

Kennlinie nach links äußert. Derselbe Effekt zeigt sich bei Erwärmung des Transistors:<br />

Auch dann verschiebt sich die Kennlinie hin zu höheren Strömen. Eine thermisch hoch belastete<br />

bipolare Schaltung wird sich deshalb nur noch so verhalten, dass sich der Strom nochmals an den<br />

ohnehin schon heißesten Stellen konzentriert. Dieser Effekt führt zur Zerstörung, wenn man die<br />

Schaltung nicht durch Gegenkopplung stabilisiert.<br />

Man kann bei bipolaren Transistoren auch mit kleinen Spannungs-Hüben schon gute Verstärkungen<br />

erreichen. Manche digitalen Bipolar-Schaltungen hatten intern Pegel-Unterschiede zwischen „high“<br />

und „low“ von nur ca. 0,5 V und funktionierten damit einwandfrei.<br />

Andererseits verhält sich ein solches Bauelement hochgradig nicht-linear: Will man mit Transistoren<br />

größere Signale „proportional“ linear verstärken, so geht das nur mit speziellen Trick-Schaltungen.


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Eine wesentliche Eigenschaft des bipolaren Transistors kann man ihm "direkt ansehen". Er benötigt<br />

stets einen Eingangsstrom, um zu funktionieren. Eine Signalsteuerung ohne Bereitstellung eines<br />

Eingangsstromes funktioniert nicht, man hat also keine "leistungslose" Steuerung. Die Elektriker<br />

sagen, dass der bipolare Transistor eine "stromgesteuerte Stromquelle" ist.<br />

Für manche Anwendungen, insbesondere dort, wo Transistoren als Schalter eingesetzt werden, ist<br />

dies ein Nachteil.<br />

Dies ist ein Grund, weshalb die bis in die 80er Jahre auch bei integrierten Schaltungen leistungsmäßig<br />

dominierenden bipolaren Schaltkreise (die vor allem in Großrechnern verwendet wurden), an<br />

Bedeutung verloren haben.<br />

Sie werden aber auch heute noch in sogenannten "Bi-CMOS-Technologien" mit den heute<br />

vorherrschenden CMOS- Schaltungen verwendet. Der bipolare Transistor kann nämlich viel besser<br />

als ein MOS-Transistor den für längere Leitungen notwendigen Eingangsstrom bereitstellen.<br />

Den weiteren prinzipiellen Nachteil bipolarer Schaltungen zeigt der Blick auf eine reale<br />

Transistorstruktur, wie sie in bipolaren integrierten Schaltungen verwendet wurde.<br />

Emitter<br />

p+<br />

n++<br />

n-<br />

burried layer<br />

Basis<br />

Basis<br />

n++<br />

(vergrabene Schicht)<br />

Kollektor<br />

Abb. 3.21: Aufbau eines integrierten bipolaren Transistors<br />

16<br />

n+<br />

Isolator<br />

Zunächst einmal ist der Aufbau nicht gerade einfach, verglichen z. B. mit einem MOS-Transistor.<br />

Insbesondere der Kollektor ist ein Sorgenkind. Er muss zwecks guter Stromverstärkung zwar niedrig<br />

dotiert sein, niedrig dotierte Zonen im Halbleiter sind aber auch nur schlecht leitend, deshalb<br />

bewirken sie "langsame" Bauelemente. Hier hilft man sich damit, dass für den Stromtransport<br />

zwischen Basis und Kollektor-Anschluss zusätzlich eine gut leitende sogenannte "vergrabene<br />

Schicht" eingebaut wird.<br />

Viel wichtiger ist aber, dass jeder bipolare Transistor durch spezielle Isolationsschichten zu den<br />

Seiten hin (im Schnitt) bzw. rundum (in der Fläche) isoliert werden muss. Solche Isolatoren kosten<br />

Platz. Der integrierte MOS-Transistor, die große Konkurrent, isoliert sich automatisch selbst und<br />

benötigt deshalb viel weniger Platz.<br />

Dies und der Stromverbrauch haben dazu geführt, dass bipolare Bauelemente in der Digitaltechnik<br />

heute eher ein Schattendasein führen.<br />

Es gibt noch einen weiteren Grund. Der bipolare Transistor ist in seiner Funktion viel komplizierter<br />

als MOS-Transistoren, wie wir noch sehen werden. Auch für die Simulation integrierter Schaltkreise<br />

benötigt er ein wesentlich komplexeres Modell als ein MOS-Transistor mit mehr Parametern. Im<br />

Gegensatz zum MOS-Transistor hat nämlich der Ausgangskreis einer bipolaren Verstärkerstufe<br />

(meistens geschaltet zwischen Kollektor und Emitter) eine erhebliche Rückwirkung auf den<br />

Eingangskreis (zwischen Basis und Emitter). Er macht also mehr Aufwand auch für die Simulation<br />

komplexer Netzwerke.<br />

3.3.4 Arbeitspunkt und Kleinsignalbetrieb<br />

In allen herkömmlichen Lehrbüchern der Elektronik wird der Transistor als aktives Verstärkerelement<br />

ausführlich beschrieben.<br />

Unter der Voraussetzung, dass ein bipolarer Transistor bei nahezu festen Werten für die anliegende<br />

Spannung und den durch Basis, Kollektor und Emitter fließenden Strom betrieben wird, spricht man


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

vom „Kleinsignalbetrieb“. Dioden und Transistoren sind dank exponentieller Kennlinien (siehe<br />

Dioden-Eingangskennlinie) stark nicht-lineare Bauelemente. Nur für den sogenannten<br />

Kleinsignalbetrieb kann man in guter Näherung eine Linearisierung durchführen.<br />

Die bedeutet dann, dass die Höhe eines Signals am Ein- und / oder Ausgang maximal nur ca. 5% der<br />

Betriebsspannung betragen darf, also z. B. nur 50 mV bei 10 V Betriebsspannung. Dann und nur<br />

dann besteht ein Transistor-Modell näherungsweise aus Widerständen, Kondensatoren und<br />

gesteuerten Stromquellen.<br />

Den Kleinsignalbetrieb zeigt Abb. 3.22.<br />

R1<br />

in<br />

R2<br />

Vcc<br />

B<br />

GND<br />

C<br />

Rc<br />

out<br />

E<br />

Re<br />

Ic<br />

Ausgangs-Kennlinienfeld<br />

Arbeitsgerade<br />

Abb. 3.22: Bipolarer Transistor im Kleinsignalbetrieb<br />

17<br />

Arbeitspunkt<br />

Die Beschaltung wird zunächst zur Einstellung des Arbeitspunktes benötigt:<br />

Für die Einstellung der Vorspannung zwischen Basis und Emitter, welche die Emitter-Basis-Diode<br />

„schwach leitend“ hält, wird der Spannungsteiler R1 - R2 benötigt. Für einen Silizium-Transistor stellt<br />

man hier ca. 0,65 V ein. Der Spannungsteiler wird außerdem meistens so gewählt, dass der<br />

Querstrom durch R1 und R2 etwa 10-fach höher ist als der Basis-Strom. Der Basis-Strom ergibt sich<br />

wieder aus: IB = IC / B, wobei IC der eingestellte Kollektor-Strom für den Arbeitspunkt ist,<br />

B = IC / IB ist die Stromverstärkung des Transistors. Damit fließt nun durch R1 ein Strom von 11 IB,<br />

durch R2 fließt 10 IB.<br />

Strom und Spannung zwischen Kollektor und Emitter werden mit den Widerständen Rc und Re<br />

eingestellt. Der vorgegebene Arbeitspunkt des Transistors sei z. B. Uce = 5V, IC = 2 mA. Eigentlich<br />

gilt: IE = IC + IB, aber da der Basis-Strom um den Betrag der Stromverstärkung geringer als der<br />

Kollektorstrom ist, kann man in guter Näherung IC und IE dem Betrag nach gleich setzen.<br />

(Transistor-Ströme werden übrigens typischerweise der Richtung nach positiv gerechnet, wenn sie in<br />

den Transistor hineinfließen. Deshalb gilt näherungsweise IC = - IE).<br />

Wenn dann die Versorgungsspannung Vcc = 10 V gewählt wird, so ergibt sich: Ic* (Rc + Re) = Vcc<br />

Rc + Re = 5 kOhm<br />

Der Widerstand Re soll im Normalfall einen Spannungsabfall von 1 V erzeugen (Faustregel). Wenn<br />

nun durch thermische Effekte die Stromverstärkung B ansteigt, so erhöht sich auch der Kollektorund<br />

der Emitter-Strom. Hat man aber nun über einen Spannungsteiler R1, R2 die Basis-Spannung<br />

fest eingestellt, so erniedrigt sich mit steigendem Spannungsabfall an Re die Spannung UBE, also wird<br />

die Verstärkung wieder reduziert und die Schaltung bleibt stabil.<br />

Mit dieser Dimensionierung haben wir nun den Transistor nur mit den für den Betrieb passenden<br />

Gleichströmen und -spannungen beaufschlagt. Wie wir ein zu verstärkendes Signal anlegen und<br />

abgreifen, ist eine andere Frage.<br />

Zunächst kann man für das Signalverhalten 3 Grundschaltungen des Transistors unterscheiden, die<br />

Emitter-, die Basis-, und die Kollektor-Grundschaltung.<br />

Ib<br />

Uce


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Basis-Schaltung<br />

E C<br />

signal signal<br />

in B out<br />

GND<br />

Emitter-Schaltung<br />

in<br />

B<br />

E<br />

GND<br />

C<br />

out<br />

18<br />

Kollektor-Schaltung<br />

E<br />

B<br />

Eigenschaften Basis-Schaltg. Em.-Sch. Koll.-Sch.<br />

Eingangs-Widerstd.<br />

Ausg.-Widerstand<br />

Strom-Verstärkg.<br />

Spann.-Verstärkg.<br />

Leistgs-Verstärkg.<br />

Anwendung<br />

in<br />

C<br />

out<br />

niedrig (100 Ohm) mittel (5 kOhm) mittel (5 kOhm)<br />

hoch (10 kOhm) mittel (5 kOhm) niedrig (100 Ohm)<br />

niedrig ( < 1) hoch (200) hoch (200)<br />

hoch (100) hoch (200) niedrig (


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

h 11<br />

I in<br />

h 21I Iin<br />

19<br />

1 / h 22<br />

Abb. 3.25: Kleinsignal-Ersatzschaltbild des bipolaren Transistors mit h-Parametern für<br />

niedrige Frequenzen<br />

Im einfachsten Fall (bis maximal ca. 10 KHz) kann man sogar ohne Berücksichtigung der Transistor-<br />

Kapazitäten auskommen. Dann wird der Transistor charakterisiert durch einen Eingangswiderstand<br />

(h11), eine gesteuerte Stromquelle mit der Stromverstärkung h21 und einen Ausgangs-Leitwert h22.<br />

Meistens hängt man diesen Parametern jeweils noch einen Index e, b, oder c an, da diese Parameter<br />

für die Emitter-, Basis-, und Kollektorschaltung jeweils unterschiedliche Werte haben.<br />

Für Frequenzen über einigen kHz wird eine komplexere Ersatzschaltung benötigt, welche auch die<br />

wichtigsten Kapazitäten des Transistors selbst berücksichtigt. Die Kapazitäten und Widerstände im<br />

Wechselstrom-Ersatzschaltbild werden jeweils mit kleinen Buchstaben bezeichnet, große Buchstaben<br />

gelten für Gleichspannung.<br />

b<br />

r bb’<br />

g b’e<br />

b’<br />

c b’c<br />

c b’e<br />

e GND S21 u b’e<br />

e<br />

c<br />

g ce c ce<br />

Abb. 3.26: Transistor-Ersatzschaltung für höhere Frequenzen nach Giacoletto<br />

(Emitterschaltung)<br />

In der häufig verwendeten Giacoletto-Ersatzschaltung, die bis ca. 100 MHz brauchbar ist, findet<br />

man:<br />

- den Basis-Bahnwiderstand rbb zwischen der äußeren Basis b und der inneren Basis b‘<br />

- den Eingangsleitwert g b’e und die Eingangskapazität c b‘e<br />

- die Rückwirkungskapazität c b’c zwischen Eingang und Ausgang<br />

- die Vorwärts-Steilheit S, oft auch mit gm bezeichnet<br />

- den Ausgangsleitwert gce<br />

- die Ausgangskapazität cce.<br />

Auch hier wird man jeweils einen unterschiedlichen Parameter-Satz für Basis-, Emitter-, und<br />

Kollektor-Schaltung angeben müssen.<br />

Ein solcher Parameter-Satz gilt stets nur für einen bestimmten Arbeitspunkt (also z. B. Ic = 2 mA,<br />

UCE = 5 V). Die Steilheit S ist das Maß für die Verstärkung der Schaltung. Sie ist direkt proportional<br />

zum Transistor-Strom: S = IC / Ut. Dabei ist Ut die sogenannte Temperatur-Spannung q/kT mit Q als<br />

Elementarladung, k als Boltzmann-Konstante und T als Temperatur in Kelvin. Für<br />

Zimmertemperatur beträgt die Temperaturspannung 26 mV.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Die Verstärkerstufe insgesamt wird dann durch die Kombination der Ersatzschaltung mit den<br />

Elementen für die Arbeitspunkt-Einstellung beschrieben. Dabei lässt man die recht großen<br />

Kondensatoren für die Kopplung oft als Kurzschlusse gelten, auch den Kondensator parallel zum<br />

Emitter-Widerstand. Weiterhin wird angenommen, dass über die Spannungsversorgung auch die Vcc<br />

(Betriebsspannung) und Masse-Leitung kurzgeschlossen sind.<br />

Dann stellt sich die erweiterte Ersatzschaltung für die ganze Stufe für mittlere Frequenzen wie folgt<br />

dar:<br />

b<br />

r bb’<br />

b’<br />

c b’c<br />

R1 R2 g g ce<br />

b’e<br />

c RC ce<br />

c b’e<br />

e GND S21 u b’e<br />

e<br />

Abb 3.27: Kleinsignal-Ersatzschaltung einer Transistor-Verstärkerstufe (Abb. 3.24) für<br />

mittlere Frequenzen<br />

Anhand dieser Schaltungsbeschreibung kann man nun das Verhalten der Stufe wie Verstärkung.<br />

Frequenzgang, Ein- und Ausgangswiderstand recht gut berechnen. Bei sehr hohen Frequenzen spielt<br />

der Basis-Bahnwiderstand eine entscheidende Rolle für die tatsächliche obere Grenzfrequenz der<br />

Schaltung. Aber auch die Bahnwiderstände im Kollektor-Bereich sind nicht mehr zu vernachlässigen.<br />

Damit ist dann auch das Giacoletto-Ersatzschaltbild nicht mehr ausreichend.<br />

Für den praktischen Schaltungsentwurf wird man jeweils einen brauchbaren Schaltkreis-Simulator<br />

benötigen, der dann mit dem jeweils benötigten Transistor-Modell ausgestattet wird. So kann man<br />

z. B. in SPICE wahlweise mehrere alternative Modelle für bipolare oder MOS-Transistoren<br />

verwenden, aber zur Not auch noch eigene erfinden.<br />

3.3.5 Großsignalbetrieb<br />

Für die Simulation gilt die Kleinsignal-Näherung dann sicher nicht, wenn der Transistor als Schalter<br />

im on/off-Betrieb gefahren wird, also über den gesamten möglichen Bereich von Strömen und<br />

Spannungen betrieben wird. Generell ist dies in der Digitaltechnik der Fall. Dort werden Transistoren<br />

durchaus auch in ungewöhnlichen Betriebszuständen betrieben. Dies kann zum Beispiel der Zustand<br />

der Sättigung sein (Ube > Uce, beide p-n-Übergänge leitend), in dem der Transistor sehr<br />

niederohmig wird, aber auch eine größere Menge von Ladung speichert.<br />

Arbeitsmodus des<br />

Transistors<br />

BE-Diode<br />

CB-Diode gesp. leitend<br />

gesp.<br />

leitend<br />

inaktiv<br />

invers<br />

aktiv<br />

normal<br />

aktiv<br />

Sättigung<br />

Ic<br />

Inversbetrieb<br />

"Sättigung"<br />

Abb. 3.28: Bipolarer Transistor im Großsignalbetrieb<br />

20<br />

Ausgangs-Kennlinienfeld<br />

Lastkennlinie<br />

Ib<br />

Uce<br />

c


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

In manchen Schaltungen wird der Sättigungsbetrieb sogar absichtlich verwendet, weil dann der<br />

Transistor, als leitender (geschlossener) Schalter betrieben, besonders niederohmig ist. Es gibt sogar<br />

den invers-aktiven Betrieb, bei dem die Basis-Kollektor-Diode leitend ist, dagegen sperrt die Basis-<br />

Emitter-Diode. Dann kann man natürlich keine hohe Verstärkungen erwarten.<br />

Für einen Großsignal-Betrieb wird natürlich ein relativ aufwendiges Großsignal-Modell des bipolaren<br />

Transistors benötigt.<br />

Ein einfaches Großsignal-Ersatzschaltbild ist das von Ebers und Moll.<br />

E C<br />

I EB0<br />

a F I E<br />

a R I C<br />

B<br />

I CB0<br />

Abb. 3.29: Ebers-Moll-Ersatzschaltung für den bipolaren Transistor im Grossignal-Betrieb<br />

bei niedrigen Frequenzen<br />

Es beschreibt in seiner einfachsten Form den bipolaren Transistor bei niedrigen Frequenzen und<br />

Signalen, die nicht mehr als „klein“ gelten können, sondern den Arbeitspunkt merkbar verschieben.<br />

E C<br />

a R I C<br />

I EB0<br />

C EB<br />

C CE<br />

B<br />

a F I E<br />

C CB<br />

I CB0<br />

Abb. 3.30: Erweitertes Ebers-Moll-Ersatzschaltbild für den bipolaren Transistor im<br />

Großsignal-Betrieb bei höheren Frequenzen<br />

Praktisch ist es fast nicht möglich, „von Hand“ mit solchen Ersatzschaltungen zu rechnen, da sich<br />

Differentialgleichungen mit exponentiellen Termen ergeben.<br />

Aber auch und gerade numerische Rechenverfahren verwenden spezielle Modelle für die<br />

Schaltungsberechnung.<br />

Die bisher betrachteten Modelle sind insgesamt noch unzureichend, um das Verhalten eines realen<br />

Transistors z. B. bei großen Signalen und hohen Frequenzen zu beschreiben.<br />

Wichtige und kritische Einfluss-Größen sind:<br />

- Leckströme<br />

- Widerstände der Diffusionszonen im Transistor<br />

- Kapazitäten durch Ladungsspeicherung in Sperrschichten (Diffusionskapazitäten)<br />

- Schwankung der effektiven Basis-Weite durch Änderungen der Sperrschicht-Breiten (Early-<br />

Effekt)<br />

- Hochstrom-Effekte: Bei hohen Stromdichten verhält sich die E-B-Diode anders als im<br />

Normalfall, es tritt sogenannte „starke Injektion“ auf.<br />

- Bahnwiderstände.<br />

21


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Transistor-Modelle, welche solche Effekte einschließen, sind seit Jahrzehnten Gegenstand der<br />

Forschung. In allen fortschrittlichen Modellen für den bipolaren Transistor geht man von sogenannter<br />

„Ladungssteuerung“ aus. Der Stromfluss ist dort im wesentlichen abhängig von der in der Basis<br />

gespeicherten Ladung.<br />

C<br />

B<br />

C S,Ce C S,Ci C D,N<br />

22<br />

C‘<br />

R B B‘ I B,C I B,I<br />

C S,E<br />

C D,N<br />

I B,E<br />

E‘<br />

I B,N<br />

E<br />

Abb. 3.31: Gummel-Poon-Modell eines npn-Transistors<br />

Das bekannteste Modell dieser ist das Gummel-Poon-Modell der Ladungssteuerung, für das bis zu<br />

mehr als 30 Parameter aus der Technologie notwendig sind. Es enthält sowohl die wichtigen<br />

Bahnwiderstände (an allen Anschluss-Klemmen) als auch insgesamt 4 Dioden-Zweige zur<br />

Berücksichtigung der normalen Transistor-Ströme und der Leckströme. Zusätzlich wird als<br />

tatsächlich bei integrierten Transistoren auftretender vierter Anschluss das Grundsubstrat (S)<br />

berücksichtigt. Für die Beschreibung des Transistors nach dem Gummel-Poon-Modell werden im<br />

üblichen Modell für den Simulator SPICE 35 Kenngrößen aus der Technologie berücksichtigt.<br />

Dabei sind:<br />

I B,N<br />

I B,I<br />

I B,E<br />

I B,C<br />

I T<br />

I D,S<br />

R B<br />

R C<br />

R E<br />

R C<br />

R E<br />

der ideale Basis-Strom der Emitter-Diode<br />

der ideale Kollektor-Strom der Kollektor-Diode<br />

der Basis-Leckstrom der Emitter-Diode<br />

der Basis-Leckstrom der Kollektor-Diode<br />

der Kollektor-Emitter-Transportstrom<br />

der Strom der Substrat-Diode<br />

der Basis-Bahnwiderstand<br />

der Kollektor-Bahnwiderstand<br />

der Emitter-Bahnwiderstand<br />

CS,E die Sperrschicht-Kapazität der Emitter-Diode<br />

C S,Ci die interne Sperrschicht-Kapazität der Kollektor-Diode<br />

C Sce die externe Sperrschicht-Kapazität der Kollektor-Diode<br />

C S,S die Sperrschicht-Kapazität der Substrat-Diode<br />

C D,N die Diffusionskapazität der Emitter-Diode<br />

die Diffusionskapazität der Kollektor-Diode<br />

C D,J<br />

Für einen elektrischen Simulator wie PSPICE wird meistens ein nochmals erweitertes Gummel-<br />

Poon-Modell angegeben. Dabei ist es möglich, auch Parameter auszulassen.<br />

I T<br />

C S,S<br />

I D,S<br />

S


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Dann verwendet das Programm bei einigen Parametern Standard-Werte, bei anderen werden die<br />

nicht definierten Parameter zu 0 oder zu „unendlich“ gesetzt und verlieren ihre jeweilige Wirkung.<br />

Transistoren werden in analogen Schaltungen, z. B. in Audio-Verstärkern, manchmal im sogenannten<br />

„linearen Großsignal-Betrieb“ gefahren. Das hört sich wie ein Widerspruch „in sich“ an und erfordert<br />

dann spezielle Schaltungstechniken.<br />

In der Digitaltechnik geht man stets von einem hochgradig nicht-linearen Großsignal-Betrieb aus.<br />

Dort unterscheidet man noch zwei Arten von Logik-Schaltungen:<br />

Bipolare Logiken, bei denen die Transistoren in den Bereich der Sättigung gefahren werden, nennt<br />

man "gesättigte Logiken" im Gegensatz zu "ungesättigten Logiken", wo dieser Zustand gezielt<br />

vermieden wird.<br />

Bipolare Logiken sind heute vorwiegend von historischem Interesse. In hochintegrierten Schaltungen<br />

herrscht MOS eindeutig vor. Allerdings werden in sogenannten BICMOS-Schaltungen bipolare<br />

Transistoren als Leistungsverstärker in integrierter Form mit verwendet, um z. B. Ausgangsleitungen<br />

eines Mikrochips oder größere interne Leitungsnetze zu treiben.<br />

Für analoge Kleinsignal-Schaltungen kann es auch von erheblichem Interesse sein, in welchem Maße<br />

ein Bauelement selbst Störsignale in Form des „elektronischen Rauschens“ erzeugt. Rauschen kennt<br />

man vom Radio-Empfänger, der auf keinen Sender eingestellt ist. Rauscheigenschaften interessieren<br />

den Entwerfer analoger Schaltungen sehr, in der Digitaltechnik hat man sie lange Zeit „vergessen“.<br />

Abschließend ein Tip aus der Praxis:<br />

Ein immerwährendes Problem ist aber das der Simulation mit falschen Modellen.<br />

Wer als Informatiker oder Elektriker eine digitale Schaltung an der Transistorebene entwirft und zur<br />

Validierung eine Simulation (z. B. mit SPICE) einsetzt, wird ohne die richtigen Simulationsmodelle<br />

zwar hübsche Kurven als Ergebnis bekommen, die aber mit der Realität der Schaltung nicht zu tun<br />

haben !<br />

3.3.6 Charakteristische Daten des bipolaren Transistors<br />

Bipolare Transistoren gibt es zunächst als „diskrete“ Einzel-Bauelemente in unterschiedlichen<br />

Bauformen als Kleinsignal- oder als Leistungstransistoren, als Niederfrequenz- oder Hochfrequenz-<br />

Transistoren (jeweils für kleine Leistungen oder für große Leistungen) und als spezielle Schalt-<br />

Transistoren.<br />

Dazu werden sie noch mannifaltig in analogen oder digitalen integrierten Schaltungen eingesetzt.<br />

Neben den Parametern für die Simulation, mit denen seine Eigenschaften beschrieben werden, gibt es<br />

aber bestimmte statische und dynamische Kenndaten, die beim Entwurf einer Schaltung unbedingt zu<br />

berücksichtigen sind.<br />

Jeder bipolare Transistor hat Grenzwerte der zulässigen statischen Basis-Emitter- bzw. Kollektor-<br />

Emitter-Spannung UBE bzw. UCE, , die nicht überschritten werden dürfen. Es existiert auch ein<br />

größter zulässiger Emitter-Strom IE, der nicht überschritten werden darf.<br />

Die größte maximale Verlustleitung Pvmax ist fast immer wesentlich kleiner als das Produkt aus UCEmax<br />

und IEmax. Ein weiterer typischer Parameter ist die sogenannte Kurzschluss-Stromverstärkung B.<br />

Ein dynamischer Parameter ist die sogenannte 3-db-Grenzfrequenz: Das ist die Frequenz, bei der die<br />

Spannungsverstärkung um den Betrag der Quadratwurzel von 2 gegenüber dem Wert bei niedrigen<br />

Frequenzen abgefallen ist. Dagegen ist die sogenannte Transitfrequenz näherungsweise die Frequenz,<br />

bei der die Spannungsverstärkung 1 wird.<br />

3.4 Feldeffekt-Transistoren<br />

23


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

3.4.1 Grundlagen<br />

Ganz zu Anfang dieser Vorlesung wurde berichtet, dass es bereits in den 30er Jahren erste<br />

theoretische Arbeiten zu sogenannten Feldeffekt-Transistoren gegeben hat. Die grundlegende Idee<br />

dazu konnte man sich von den Elektronenröhren ausleihen:<br />

Us<br />

gate<br />

Abb. 3.32: Schema eines Feldeffekt-Transistors<br />

drain<br />

24<br />

source<br />

Eine Signalquelle (Us) steuert über eine Steuerelektrode (gate) den Stromfluss durch eine Lastkreis.<br />

Dieser Stärkere Strom fließt zwischen den Elektroden Source (Quelle) und Drain (Abfluss).<br />

Idealerweise ist dazu, ganz im Gegensatz zum bipolaren Transistor, kein Eingangsstrom Gate-Drain<br />

notwendig. Im Gegensatz zum ziemlich komplex aufgebauten und funktionierenden bipolaren<br />

Transistor ist die Funktionsweise zunächst mal viel einfacher. Bei der Elektronenröhre kann man den<br />

Strom dadurch steuern, dass man eine Gitter-Elektrode mehr oder weniger stark negativ auflädt. Das<br />

elektrische Feld zwischen Gate und Source und nicht ein Steuerstrom sollen den Verstärkereffekt<br />

bewirken, deshalb auch "Feldeffekt-Transistor" (abgekürzt FET). Im Prinzip kommt man bei einem<br />

solchen Bauelement mit nur einer Sorte von Ladungsträgern aus, in den meisten Fällen werden das in<br />

der Praxis Elektronen sein, obwohl auch FETs mit Löcher-Leitung eine Rolle spielen.<br />

Der FET ist also ein unipolarer Transistor<br />

Dass diese einfachen FETs nicht viel eher als die komplizierten bipolaren Transistoren technisch<br />

gebaut wurden liegt daran, dass bei den meisten Bauformen der Stromfluss nahe an der Oberfläche<br />

des Kristalls stattfindet, statt, wie beim bipolaren Transistoren, im Inneren. Halbleiter-Oberflächen<br />

sind aber technologisch viel schwieriger zu beherrschen als ein homogenes Material.<br />

Die aus den 60er Jahren stammenden ersten FETs hatten dann auch eine Leitung mehr im Inneren,<br />

erst in den 70er Jahren wurden FETs mit Oberflächen-Leitung zur Serienreife entwickelt.<br />

+<br />

-<br />

RD


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Si-MOSFET<br />

n-Kanal p-Kanal<br />

normalon<br />

nMOS<br />

normalnormaloffoff CMOS<br />

BICMOS<br />

IGATE-FET<br />

FET<br />

J-FET<br />

(Si)<br />

25<br />

MESFET<br />

GaAs-IGATE-SI-MESFET<br />

FET<br />

normalon<br />

pMOS<br />

bipolar<br />

normalon<br />

GaAs-MESFET<br />

normaloff<br />

GaAs-FET-ICs<br />

GaAs-MODFET<br />

Abb. 3.33: Stammbaum der FETs und resultierende Schaltkreis-Technologien<br />

Die unterschiedlichen Typen von FETs, die technische verwendet wurden und werden, unterscheiden<br />

sich im wesentlichen bezüglich der Art der Steuerelektrode und der Art des Grundmaterials. Man<br />

kann quasi einen "Stammbaum der FETs" angeben:<br />

Die ersten in den 60er Jahren verfügbaren FETs waren aus Silizium und hatten p-n-Übergänge an der<br />

Steuerelektronen.<br />

Bei dieser Bauform ist der p-n-Übergang mehr oder weniger immer in Sperrichtung vorgespannt. Die<br />

Steuerwirkung ergibt sich durch die mit der Sperrspannung zu- oder abnehmende Weite der<br />

Sperrschicht, die sich weit in den Kristall hinein ausdehnt.<br />

Der Nachteil dieser Bauform ist der begrenzte Bereich der Eingangsspannung. Wird der p-n-<br />

Übergang an der Steuerdiode leitend, so ist das Bauelement praktisch nicht mehr verwendbar. In ICs<br />

haben solche FETs nie Anwendung gefunden, wohl aber als rauscharme Hochfrequenz-Verstärker.<br />

Die zweite Bauform verwendet statt eines p-n-Übergangs einen Metall-Halbleiter-Übergang. Diese<br />

Bauform wird oft auch als MESFET (Metall-Semiconductor-FET) bezeichnet. In Silizium-Technik<br />

hat es Anwendungen als rauscharme Verstärker in Hochfrequenz-Schaltungen gegeben. Der<br />

MESFET auf der Basis von Gallium-Arsenid ist dagegen das wichtigste Verstärkerbauelement der<br />

Mikrowellentechnik, also für Frequenzen von über 1 GHz geworden. Man kann damit heute Signale<br />

bis über 20 GHz verstärken. Kombiniert man den MESFET mit den "Tricks" der Hetero-Junctions,<br />

so lassen sich sogenannte "modulationsdotierte FETs" (MODFETs) herstellen, die als<br />

Einzelbauelemente bis über 100 GHz funktionieren.<br />

GaAs-MESFETS sind aber auch die Grundlage von GaAs-IC-Technlogien, die in den 80er Jahren<br />

entstanden. GaAs gegen Beeinflussung von außen störfester als Silizium und wurde deshalb von den<br />

Militär-Elektronikern favorisiert.<br />

Man kann mit einigen Tricks sowohl selbstleitende als auch selbstsperrende Transistoren bauen und<br />

sogar integrieren, aber nur für einen kleinen Spannungsbereich (meistens weniger als 1 Volt). In<br />

Vorwärtsrichtung werden Schottky-Übergänge bei ca. 0,2 V leitend, in Rückwärtsrichtung brechen<br />

sie bei geringen Spannungen durch.<br />

GaAS-Schaltkreise sind schnell, aber aufgrund des problematischen Materials (nicht bruchfest,<br />

Komponenten sind giftig) auch schlecht zu handhaben und sehr teuer. Heute verwendet sie kaum<br />

jemand außerhalb der Mikrowellentechnik.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Die dritte Form des Gates ist das durch eine Isolierschicht gebildete Gate. Technisch kann man<br />

Silizium-Dioxid (SiO2) oder Silizium-Nitrid (Si3N4) verwenden. Im ersten Fall spricht man vom<br />

MOS-FET, dem zweifellos wichtigsten Bauelement der derzeitigen IC-Technologie. IG-FETs mit<br />

Silizium-Nitrid sind auf GaAs-Basis versucht worden.<br />

IG-FETs haben den großen Vorteil, dass, ausgenommen den Fall der Zerstörung durch hohe<br />

Überspannungen, die Gates bei keiner Eingangsspannung leitend werden. Man kann sie auch deshalb<br />

hervorragend in Digitalschaltungen einsetzen.<br />

MOS-Transistoren sind als selbstleitende oder selbstsperrende Bauelemente und entweder mit p-<br />

Kanal oder n-Kanal fertigbar. Durch geschickte Kombination solcher Transistortypen hat man die<br />

verschiedenen MOS-Technologien erhalten (p-Mos, n-MOS, CMOS). Durch die Kombination der<br />

CMOS-Technik mit bipolaren Technologien ist in den 70er Jahren die BICMOS-Technologie<br />

entwickelt worden.<br />

3.4.2 Der MOS-Transistor<br />

MOS-Transistoren können als p- oder n-Kanal-Bauelemente gefertigt werden.<br />

gate gate<br />

poly-silicon poly-silicon<br />

n+ oxide<br />

n+<br />

source drain<br />

bulk (p-) silicon<br />

n-channel enhancement MOS<br />

transistor<br />

Abb. 3.34: MOS-Transistoren in p- und n-Kanal-Version<br />

26<br />

p+ p+<br />

oxide<br />

source drain<br />

bulk (n-) silicon<br />

p-channel enhancement<br />

transistor<br />

Der n-Kanal-MOSFET wird auf der Basis eines schwach p-leitenden Grundsubstrats gefertigt. Wenn<br />

das Grundsubstrat ("bulk") stets auf 0 V-Potential gehalten wird und die n-diffundierten Bereiche nie<br />

negative Spannungen annehmen, so ist der aktive (n-dotierte) Bereich stets "automatisch" gegen das<br />

Grundsubstrat durch einen p-n-Übergang isoliert. Die bei bipolaren Techniken notwendige<br />

Trenndiffusion kann entfallen.<br />

Beim p-Kanal-MOSFET muss dagegen der Bulk-Bereich auf Betriebsspannung (z. B. 5V) gelegt<br />

werden, die p-dotierten Kanalbereiche sind auf negativerer Spannung. Damit ergibt sich auch hier<br />

eine "Isolierung" durch einen p-n-Übergang.<br />

Zur Erklärung der Funktion gehen wir zunächst von einem n-Kanal-Transistor aus, bei dem der<br />

Raum unterhalb des Gates nicht n-diffundiert ist. Das Bauelement ist also bei einer (positiven)<br />

Spannung des Drain-Anschlusses (rechts) gegenüber der Source (links) und einem auf null Volt<br />

liegenden Gate-Anschluss selbstsperrend.<br />

Man spricht dann von einem "Anreicherungstyp" (enhancement). Durch das Anlegen einer positiven<br />

Spannung an das Gate werden nun negative Ladungsträger aus dem Bulk-Gebiet angezogen und<br />

bilden einen leitenden sogenannten "Kanal" unter der Gate-Elektrode. Dieser Effekt bedingt ein sehr<br />

dünnes Gate-Oxid (bis unter 0,1 Mikrometer bei heutigen Technologien), das entsprechend hohe<br />

Anforderungen an die Qualität der IC-Fertigung stellt.<br />

Nimmt man zunächst eine kleine Spannung Uds zwischen Source und Drain an, so wird der Kanal bei<br />

einer sogenannten Schwellenspannung Uth leitend. Der Gate-Anschluss muss dazu also um den Wert<br />

Uth gegenüber dem Substrat sowie Source und Drain vorgespannt sein.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

leitender<br />

Kanal<br />

gate<br />

poly-silicon<br />

n+<br />

n+<br />

source drain<br />

bulk (p-) silicon<br />

n+<br />

n+<br />

leitender<br />

source drain<br />

Kanal bulk (p-) silicon<br />

Abb. 3.35: MOS-Transistor mit Abschnüreffekt des Kanals<br />

27<br />

oxide<br />

Ugs >> Uds<br />

Ugs = Uds<br />

Nimmt man an, dass die Drain-Source-Spannung Uds klein gegenüber der Vorspannung des Kanals<br />

ist, so nimmt mit zunehmender positiver Gate-Vorspannung der Widerstand im Kanal ab und<br />

entsprechend der Stromfluss zu.<br />

Der MOS-Transistor verhält sich in diesem sogenannten "Anlaufbereich" wie ein etwa linearer<br />

gesteuerter Widerstand.<br />

Ids<br />

Anlauf-<br />

bereich<br />

Sättigungsbereich<br />

Abb. 3.36: Ausgangskennlinienfeld eines MOS-Transistors<br />

Uds<br />

Ugs als<br />

Parameter<br />

Bei höheren Spannungen zwischen Source (O V) und Drain (z. B. 5 V) fällt diese Spannung entlang<br />

des Kanals ab. Dadurch wird dieser inhomogen:<br />

In der Nähe des Source-Anschlusses ist die Spannung zwischen Source und Gate am höchsten, der<br />

Kanal am breitesten. Zum Drain hin wird die Spannung zwischen Kanal und Gate-Anschluss<br />

geringer. Dort, wo sie einen Wert von nur noch Uth erreicht, wird der Kanal "abgeschnürt". Das<br />

bedeutet einen nahezu konstanten Strom, auch bei höherer Source-Drain-Spannung. Man nennt<br />

diesen waagerechten <strong>Teil</strong> im Kennlinienfeld den "Sättigungsbereich".


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Source<br />

n + n+<br />

Sperrschicht<br />

p - Substrat<br />

Lkeff<br />

Lk<br />

Gate<br />

Poly-Si<br />

Sperrschicht<br />

28<br />

Drain<br />

Abb. 3.37: Struktur und Maße des MOS-Transistors<br />

W<br />

Die wichtigsten Abmessungen des MOS-Transistors sind die Kanallänge, wobei man die<br />

geometrische Lk von der effektiven Länge Lkeff unterscheidet, die Breite W des Gate-Bereichs und<br />

die Dicke der Gateoxid-Schicht dox.<br />

Für die Strom-Spannungskennlinie des MOS-Transistors gilt:<br />

ε0 εr μ W<br />

Ids = ------------ [ (Ugs - Uth) Uds - 1/2 Uds 2 ]<br />

lk dox<br />

Dabei ist ?0 die sogenannte "Dielektrizitätskonstante" im Vakuum (8,854 *10**-12 As / Vm),<br />

?r ist die relative Dielektrizitätskonstante des jeweiligen Stoffes, für das Gate-Oxid hier für Silizium-<br />

Dioxid (SiO2), ? ?ist die relative Beweglichkeit der Ladungsträger (hier die relative Beweglichkeit<br />

der Elektronen im Kanal an der Halbleiter-Oberfläche). Man kann diese Gleichung auch anders<br />

schreiben, wenn man Cox als Kapazität des Gate-Oxids einführt mit:<br />

ε0 εr lk W<br />

Cox = --------<br />

dox<br />

Für den Sättigungsbereich gilt eine vereinfachte Strom-Spannungsgleichung.<br />

Cox μ<br />

Ids = --------- (Ugs -Uth) 2<br />

2 lk 2<br />

Demnach hat der MOS-Transistor eine quadratische Strom-Spannungskennlinie.<br />

Im Sättigungsbereich ist der Ausgangsstrom von der Source-Drain-Spannung nahezu unabhängig<br />

(siehe auch das Kennlinienfeld).<br />

Im Anlaufbereich kann man für kleine Source-Drain-Spannungen näherungsweise angeben:<br />

Uds 2


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Dann hat der Anlaufbereich eine nahezu lineare Strom-Spannungskennlinie:<br />

Cox μ<br />

Ids = -------- (Ugs - Uth) Uds<br />

lk 2<br />

Diese Eigenschaft ist durchaus von erheblicher praktischer Bedeutung, weil der MOS-Transistor in<br />

integrierten Schaltungen durchaus auch als Widerstand verwendet wird.<br />

Man unterscheidet also beim FET:<br />

- einen Sperr-Bereich<br />

- einen ohmschen Bereich<br />

- einen Abschnürbereich oder Sättigungsbereich.<br />

Wichtig ist es für ICs, dass man technologisch durch Einstellung der Schwellen-Spannung sowohl<br />

selbstleitende als auch selbstsperrende MOS-Transistoren je nach Bedarf bauen kann, und zwar<br />

sowohl als n-Kanal oder als p-Kanal-Typen. Der n-Kanal-Typ hat dabei bei gleicher Breite und<br />

Kanallänge meistens eine etwa 3-fach höhere Leitfähigkeit und wird deshalb oft bevorzugt. Aber<br />

auch Kombinationen von n-Kanel- und p-Kanal-MOS-Transistoren lassen sich auf einem<br />

gemeinsamen Substrat verwirklichen, wie in der digitalen CMOS-Technik heute milliardenfach<br />

praktiziert.<br />

Ein wichtiges Maß für die Fähigkeit eines Bauelementes ist sogenannte Steilheit gm. Dieser<br />

Parameter bestimmt die Höhe der erreichbaren Signalverstärkung pro Stufe.<br />

Die Steilheit für den MOS-Transistor ist definiert als:<br />

Cox μ<br />

gm = d Ids / d Ugs = -------- (Uds)sat<br />

lk 2<br />

Die höchste für den aktiven Betrieb des Transistors erreichbare Betriebsfrequenz ist die sogenannte<br />

Transitfrequenz fT.<br />

Sie ist direkt abhängig von der Steilheit und vom Gate-Oxid:<br />

gm<br />

fT = -----------<br />

2π Cox<br />

Wir haben hier eine relativ einfache Abhängigkeit von Verstärkung und Transitfrequenz von der<br />

effektiven Kanallänge. Beide steigen umgekehrt proportional mit der Verkürzung der Kanallänge an.<br />

Eine sinkende Oxiddichte hat den gleichen Einfluss. Damit ist klar, weshalb die Halbleiter-<br />

Technologien seit 20 Jahren erfolgreich versuchen, immer kürzere Kanallängen und immer dünnere<br />

Gate-Oxid-Schichten herzustellen.<br />

Insgesamt ähnelt das Ausgangskennlinienfeld dem des bipolaren Transistors, allerdings versteht man<br />

unter "Sättigung" in beiden Fällen völlig unterschiedliche Effekte. Während der bipolare Transistor<br />

eine exponentielle Abhängigkeit zwischen Eingangsspannung und Ausgangsstrom hat, ist die hier<br />

quadratisch. Der bipolare Transistor ist also prinzipiell der bessere Verstärker.<br />

29


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Es sei darauf hingewiesen, dass alle für den Klein- bzw. Großsignalbetrieb beim bipolaren Transistor<br />

durchgeführten Betrachtungen entsprechend auch für den MOS gelten. Nur wird man diesen kaum<br />

als Kleinsignalverstärker einsetzen, sondern fast ausschließlich als Schalter in der Digitaltechnik.<br />

(Eine Ausnahme: Da man MOS-Transistoren mit mehreren Gates bauen kann, lassen sich damit<br />

einfache Schaltungen für Mischung und Modulation von Signalen in der Radio- und Fernsehtechnik<br />

bauen).<br />

Wird einem n-Kanal-Transistor bei der Fertigung ein leitender Kanal mit eingebaut, so entsteht ein<br />

MOS-Transistor vom Verarmungstyp. Um den Kanal zu sperren, wird eine negative Spannung am<br />

Gate benötigt. Ansonsten entsprechen Verhalten und Kennlinienfeld dem Anreicherungstyp.<br />

Sowohl der Anreicherungstyp als auch der Verarmungstyp sind auch als p-Kanal-Transistoren<br />

möglich, wobei die entsprechend anderen Polaritäten der Spannungen zu berücksichtigen sind.<br />

Abb. 3.38 zeigt eine Übersicht der verschiedenen MOS-Transistoren.<br />

n-Kanal-Typen<br />

selbstsperrend<br />

Uds > 0, Ugs > 0<br />

p-Substrat<br />

selbstleitend<br />

Uds > 0, Ugs < 0<br />

p-Substrat<br />

p-Kanal-Typen<br />

selbstsperrend<br />

Uds < 0, Ugs < 0<br />

n-Substrat<br />

30<br />

n-Diffusion<br />

p-Diffusion<br />

Polysilizium<br />

Gate-Oxid<br />

selbstleitend<br />

Feldoxid<br />

Uds < 0, Ugs > 0 Metall<br />

n-Substrat<br />

Abb. 3.38: Typen-Übersicht für MOS-Transistoren<br />

Praktische Bedeutung haben der selbstleitende und der selbstsperrende n-Kanal-MOS (in der nMOS-<br />

Technologie) und die Kombination von selbstsperrenden n- und p-Kanal-Typen in der CMOS-<br />

Technologie gewonnen. Da die Beweglichkeit von Elektronen etwa dreimal höher ist als die von<br />

Löchern, muss für gleiche Leitfähigkeit der p-Kanal-Transistor entsprechend ca. dreimal breiter als<br />

das n-Kanal-Pendant sein. Um Platz zu sparen wurden deshalb auch CMOS-Technologien<br />

entwickelt, bei denen als aktive logische Schalter nur n-Kanal-Transistoren zum Einsatz kommen.<br />

Eigentlich hat der MOS-Transistor eine weitere mögliche Steuerelektrode, nämlich den<br />

Substratanschluss (Bulk). In den meisten Anwendungen wird der Bulk-Anschluss auf 0 V-Potential<br />

liegen. Manchmal wird der Substratanschluss auch mit der Source verbunden. Jedenfalls kann ein<br />

fehlerhaft modellierter Substratanschluss beim Entwurf von analogen ICs zu bösen Simulationsfehlern<br />

führen!<br />

Wenn man für das Großsignalverhalten des FET den Einfluss der Kanallängen-Modulation mit<br />

einbezieht, so muss man auch hier die Strom-Spannungs-Gleichungen um den Einfluss einer fiktiven<br />

"Early-Spannung“ UA erweitern:<br />

ID = K UDS (UGS-Uth-UDS/2) ( 1 + UDS/ UA) gilt für den ohmschen Bereich (Anlaufbereich)<br />

ID = K/2 (UGS-Uth)**2 (1 + UDS/UA) gilt für den Abschnürbereich.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

K ist der Steilheitskoeffizient oder Transduktanz-Koeffizient. Er ist ein Maß für die Steigung der<br />

Übertragungskennlinie eines FETs. Es gilt:<br />

K = μn C’ox *W / L<br />

Es gehen also ein: Die Beweglichkeit der Ladungsträger (hier für den n-Kanal), die Oxid-Kapazität<br />

am Gate in der Form des Kapazitätsbelages , die Weite und die Länge der Kanal-Zone.<br />

Die eigentliche Gate-Kapazität ist: Cox = ε0 * εr * W / L / dox = Cox`W L.<br />

Beim MOS-FET ist der Eingangsstrom stets 0. Die Gleichungen gelten mit den entsprechenden<br />

Parametern grundsätzlich auch für den Sperrschicht-FET (nur K errechnet sich anders), jedoch ist<br />

der Eingangsstrom dann durch eine Dioden-Gleichung bestimmt-<br />

3.4.3 Ersatzschaltungen und Modelle<br />

Viele für den bipolaren Transistor schon besprochenen Eigenschaften gelten im übertragenen Sinne<br />

auch für den Feldeffekt-Transistor. Man benötigt ebenfalls Modelle und Ersatzschaltbilder, um<br />

Schaltungen simulieren und berechnen zu können.<br />

Im einfachsten Fall verhält sich der FET wie ein gesteuerter Widerstand.<br />

U GS<br />

i G = 0<br />

SU GS<br />

31<br />

i D<br />

r DS<br />

U DS<br />

Abb. 3.39: Einfachstes Kleinsignal-Ersatzschaltbild für den Feldeffekt-Transistor<br />

Für den ohmschen Bereich kann man den Wert der Parameter des Ersatzschaltbildes näherungsweise<br />

angeben zu:<br />

SOB = K UDS<br />

RDS = 1 / (K(UGS – Uth – UDS))<br />

Mit K = S 2 /2ID (näherungsweise).<br />

Für den Entwurf von Schaltungen mit MOS-Transistoren im Kleinsignal- und Großsignal-Betrieb<br />

muss deren elektrisches Verhalten simuliert werden. Zu diesem Zweck ist, wie auch für den bipolaren<br />

Transistor, ein brauchbares und ausreichend präzises Ersatzschaltbild notwendig.<br />

Auch hier gibt es wieder Unterschiede zwischen Kleinsignal- und Grossignal-Ersatzschaltbild sowie<br />

zwischen Niederfrequenz- und Hochfrequenz-Ersatzschaltung.<br />

Während man allerdings beim bipolaren Transistor eine Eingangs-Signalspannung von nur ca. 1mV<br />

als Grenze für den Kleinsignal-Betrieb zulassen kann, sind beim FET Werte von ca. 40-80 mV noch<br />

erträglich. Hier macht sich der Unterschied zwischen quadratischer und exponentieller Eingangskennlinie<br />

schon bemerkbar.


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Beim MOSFET, dem bei weitem häufigsten Bauelement, gibt es kein allgemein akzeptiertes und<br />

verwendetes Ersatzschaltbild, vergleichbar dem Gummel-Poon-Modell beim bipolaren Transistor,<br />

sondern eine ganze Serie unterschiedlicher Modelle. In SPICE und PSPICE werden als einfachste<br />

Modelle die sogenannten „Level 1-Modelle“ verwendet. Diese eignen sich aber nicht für<br />

hochintegrierte MOS-Transistoren mit kurzen Kanälen. Dazu werden in SPICE die Level 2- oder<br />

(noch besser) Level 3-Modelle verwendet, oder die derzeit besten, die BSIM-Modelle der University<br />

of California, Berkeley.<br />

Ein einfaches Großsignal-Ersatzschaltbild ist nachfolgend angegeben:<br />

G<br />

D<br />

S<br />

B<br />

G<br />

entspricht U GS<br />

Abb. 3.40: Großsignal-Ersatzschaltbild für den n-Kanal-MOSFET (Level-1)<br />

Zwischen Kanal und Bulk (Substrat-Anschluss) liegt jeweils eine Diode in Sperr-Richtung.<br />

Ansonsten funktioniert der MOS-Transistor als spannungsgesteuerte Stromquelle.<br />

D<br />

I D<br />

S<br />

U DS<br />

Hier kann schon ein wichtiger Effekt gezeigt werden: Typischerweise wird ein MOS-Transistor dann<br />

leitend, wenn die Spannung UGS den Schwellenwert Uth überschreitet. Eigentlich aber liegt diese<br />

Steuer-Spannung zwischen Gate und Substrat, der Source-Anschluss ist nicht notwendigerweise auf<br />

demselben Potential wie das Substrat. Insbesondere in integrierten Schaltungen und wenn mehrere<br />

Transistoren in Reihe geschaltet sind, wird die effektive Schwellenspannung Uth um so größer, je<br />

stärker die Substrat-Elektrode (Bulk) negativ gegen den Source-Anschluss vorgespannt ist. Man<br />

nennt diese Erscheinung den „Substrat-Effekt“.<br />

Für den Betrieb bei höheren Frequenzen benötigt man ein entsprechendes Ersatzschaltbild. Dieses<br />

enthält für linearen Kleinsignalbetrieb nur Widerstände, Kondensatoren und gesteuerte Stromund/oder<br />

Spannungsquellen.<br />

G<br />

S<br />

Cgb<br />

Rs<br />

Cgs Id Cgd<br />

Rd D<br />

B<br />

32<br />

Cdb<br />

Abb. 3.41: Ersatzschaltbild für den MOS-Transistor im Großsignal-Betrieb<br />

Abb. 3.41 zeigt ein elektrisches Ersatzschaltbild für einen MOS-Transistor im Großsignalbetrieb.<br />

Einschließlich des Grundsubstrats (Bulk) hat der Transistor vier Anschlusse. Die Werte der<br />

Widerstände und Kondensatoren können aus der Werten von Diffusionsdichten, Schichtdicken usw.<br />

für den Fertigungsprozess gewonnen werden.<br />

I DD<br />

I DS<br />

B


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Für ein Kleinsignal-Ersatzschaltbild kann man näherungsweise auch eine Version angeben, die dem<br />

eines bipolaren Transistors ähnelt. Voraussetzung ist allerdings, dass Source und Bulk<br />

zusammenfallen. Dies ist typischerweise bei diskreten MOS-Transistoren eher als bei integierten<br />

Schaltungen (Substrat-Effekt !).<br />

G<br />

R G<br />

C GS<br />

G‘<br />

C GD<br />

SU GS<br />

S S<br />

D<br />

r DS CDS<br />

Abb. 3.42: Vereinfachtes Kleinsignal-Ersatzschaltbild für den MOS-Transistor<br />

Entsprechend dem bipolaren Transistor kann man auch beim MOS-Transistor im Kleinsignal-betrieb<br />

ganz unterschiedliche Grundschaltungen definieren. Der Name gibt dann jeweils an, welcher<br />

Abschluss des Transistors signalmäßig gemeinsam für Eingang und Ausgang mit Masse (GND)<br />

verbunden ist.<br />

- die Source-Basis-Schaltung oder Source-Schaltung<br />

- die Gate-Basis-Schaltung oder Gate-Schaltung<br />

- die Drain-Basis-Schaltung oder Drain-Schaltung.<br />

G<br />

U e<br />

D<br />

S<br />

B<br />

U a<br />

S<br />

G B<br />

U e<br />

D<br />

U a U a<br />

U e<br />

33<br />

S D<br />

Source-Schaltung Drain-Schaltung Gate-Schaltung<br />

Abb. 3.43: Grundschaltungen des MOS-Transistors<br />

Dabei ist bemerkenswert, dass in hochintegrierten Schaltungen Source und Drain elektrisch völlig<br />

gleichartig sind, man also beliebig die Funktion von Source und Drain tauschen könnte. Das gilt nicht<br />

immer für diskret aufgebaute Transistoren.<br />

Für den Kleinsignal-Betrieb ist oft eine Arbeitspunkt-Einstellung notwendig:<br />

Mittels des schon vom bipolaren Transistor bekannten Spannungsteilers kann man dem Gate<br />

gegenüber dem Source-Anschluss eine definierte negative Vorspannung geben. Da beim MOS-<br />

Transistor kein Gate-Strom fließt, kann der Spannungsteiler sehr hochohmig sein.<br />

Wenn dagegen das Gate z. B. bei selbstleitenden MOS-Transistoren negativ gegenüber der Source<br />

vorgespannt sein soll, so geschieht dies über einen zusätzlichen Widerstand am Source-Anschluss.<br />

Der Widerstand R2 belastet nur den Eingangskreis und kann wieder sehr hochohmig sein.<br />

Der Widerstand im Source-Kreis wirkt sich allerdings auch auf das Signalverhalten aus: Die dort<br />

abfallende Signalspannung reduziert die Eingangsspannung und wirkt deshalb als Gegenkopplung.<br />

Eine solche Strom-Gegenkopplung reduziert zwar die Verstärkung der Stufe, stabilisiert sie aber<br />

gegenüber thermischen Effekten.<br />

G


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Denselben Effekt der Stabilisierung bewirkt auch die Spannungs-Gegenkopplung, bei der ein<br />

zusätzlicher Widerstand zwischen Gate und Drain geschaltet ist.<br />

Leider sind Widerstände zur Arbeitspunkt-Einstellung in integrierten Schaltungen nur in sehr<br />

begrenzten Werte-Bereichen verfügbar, deshalb werden dort Transistor-Schaltungen zur<br />

Arbeitspunkt-Einstellung herangezogen.<br />

R g<br />

U e<br />

G<br />

R 1<br />

R 2<br />

D<br />

V DD V DD V DD<br />

S<br />

B<br />

R S<br />

R D<br />

U a<br />

Positive Gate-Vorspannung Negative Gate-Vorspannung<br />

und Strom-Gegenkopplung<br />

R g<br />

Abb. 3.44: Arbeitspunkt-Einstellung und Gegenkopplung<br />

R 2<br />

G<br />

D<br />

U e<br />

S<br />

B<br />

Rs<br />

R D<br />

U a<br />

34<br />

R g<br />

U e<br />

D<br />

G<br />

R GD<br />

S<br />

B<br />

R D<br />

Spannungs-<br />

Gegenkopplung<br />

Die Schaltungen in der obigen Form würde man also nur bei diskret aufgebauten Verstärker-<br />

Schaltungen verwenden können.<br />

3.4.4 Grenzen des Betriebes<br />

MOS-Transistoren werden sowohl in hochintegrierten Schaltungen verwendet als auch als Leistungs-<br />

Bauelementen.<br />

Zunächst sind solche Bauelemente sehr empfindlich gegen zu hohe Spannungen zwischen dem Gate-<br />

Anschluss und den anderen Elektroden, also z. B. UGS. Ein Überschreiten der maximalen Spannung<br />

zwischen Gate und Source / Drain bzw. dem Kanal hat unwiederbringliche Zerstörungen zur Folge.<br />

Auch die Spannungen zwischen Source und Drain (UDS) sowie die maximalen Drain-Ströme IDS sind<br />

begrenzt.<br />

Die Verlustleistung ist das Produkt aus: Pv = UDS * ID .<br />

Auch hier ist die maximale (statische) Verlustleistung geringer als der maximal zulässige Strom in<br />

Verbindung mit der maximal zulässigen Spannung. Es kann aber häufig vorkommen, dass bei<br />

Umschaltprozessen der maximale statische Wert von Pv überschritten wird. Dieser ist beschränkt<br />

durch die Wärmeabfuhr vom Transistor.<br />

Hier sei noch vermerkt, dass man speziell bei integrierten MOS-Transistoren zwei sehr bösartige<br />

Effekte kennt:<br />

Beim „Punch-Through“ treffen sich bedingt durch zu hohe Spannungen zwischen Source und Drain<br />

die beiden Sperrzonen, die Kanallänge geht gegen null.<br />

Beim sogenannten „Latch-Up“, der nur in integrierten CMOS-Schaltungen mit n-Kanal und p-Kanal-<br />

Transistoren auftritt, tritt durch einen parasitären bipolaren Transistor der Fall auf, dass ein an sich<br />

gesperrter p-n-Übergang durchschlägt und nachfolgend ein sehr hoher Strom zwischen der<br />

Versorgungsspannung und der GND-Elektrode fließt. Das kann, aber muss nicht zur endgültigen<br />

Zerstörung der Schaltung führen.<br />

3.4.5 Großintegration und Kurzkanal-Effekte<br />

U a


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Ein wesentlicher Vorteil des MOS-Transistors gegenüber bipolaren Elementen ist, die vorstehend<br />

gezeigt, der geringere Platzverbrauch durch den Effekt der Selbstisolation der Source- und Drain-<br />

Bereiche. MOS-Transistoren haben aber darüber hinaus die Eigenschaft, durch Verkürzung der<br />

Kanallänge schneller und, was die Verstärkung eines einzelnen Transistors betrifft, in etwa linearer<br />

Weise mit fallender Kanallänge auch besser zu werden. Dies ist der wesentliche Grund, weshalb die<br />

Großintegration in den letzten 30 Jahren eine Entwicklung zu immer kürzeren Kanälen genommen<br />

hat. Heutige Speicher- und Prozessor-Technologien arbeiten mit Kanallängen von nur noch ca. 0,18<br />

Mikrometern. Ein wesentliches Problem wird die gleichzeitige Skalierung der Oxid-Dicken:<br />

Bei Gate-Oxid-Dicken von nur noch ca. 10 Nanometern hat man nur noch etwa 20 Atomlagen vor<br />

sich. Geringste Fertigungsfehler wirken sich also katastrophal aus.<br />

Die maximalen Schaltfrequenzen von MOS-Transistoren mit Kanallängen von 0,2 um und darunter<br />

liegen also bereits weit im Bereich der Mikrowellentechnik.<br />

Es gibt aber durchaus Effekte, welche eine beliebige Verkürzung der Kanäle unterbinden. Zunächst<br />

sorgt die Ausdehnung der Sperrschicht zwischen Drain und Substrat für eine Verkürzung der<br />

geometrischen Kanallänge auf einen kürzeren effektiven Wert. Für die Modellierung des Verhaltens<br />

der Schaltung muss dieser Wert berücksichtigt werden. Die Transistor-Modelle für Kurzkanal-FETs<br />

müssen also die Kanallängen-Modulation „können“.<br />

Es gibt auch einen Spezialeffekt für besonders schmale Kanäle: Bei abnehmender Kanalbreite machen<br />

sich Ladungen an den Rändern bemerkbar, welche ihrerseits Ladungen auf dem Gate induzieren.<br />

Diese bewirken eine Reduzierung der Schwellen-Spannung Uth.<br />

Und schließlich gibt es zwischen im Kanal-Gebiet immer noch freie Ladungen, welche einen<br />

„Unterschwellenstrom“ (sub-threshold-current) erzeugen.<br />

Tatsächlich sorgt dieser Effekt dafür, dass unterhalb der eigentlichen Schwellenspannung die Strom-<br />

Spannungs-Abhängigkeit exponential ist und erst beim Erreichen der Schwellenspannung in die<br />

bekannte quadratische Kennlinie übergeht.<br />

Die über eine Kanallänge von weniger als 1 um und auch an der Sperrschicht zwischen Kanal und<br />

Gate (von weniger als 0,1 um Dicke) abfallenden Spannungen sorgen für extrem hohe elektrische<br />

Feldstärken.<br />

Dann können einige Elektronen so hohe Energien erreichen, dass sie die Oxidschicht mittels des<br />

quantenmechanischen Tunneleffekts überwinden und im Gate erscheinen. Die wichtigsten Kurzkanal-<br />

Effekte sind in Abb. 3.45 zusammengefasst.<br />

Source<br />

n + n+<br />

Sperrschicht<br />

p - Substrat<br />

Tunnel-Effekt<br />

Lkeff<br />

Lk<br />

Poly-Si<br />

Kanalverkürzung<br />

Abb. 3.45: Kurzkanal-Effekte<br />

Gate<br />

Drain<br />

Sperrschicht<br />

35<br />

dox


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Bei Submikrom-Schaltungen muss man, um den Tunneleffekt kontrollieren zu können, mit<br />

Betriebsspannungen unter 5 V arbeiten. Die gegenwärtige Prozessor-Generation arbeitet z. B. mit<br />

3.3 V oder weniger statt der sonst üblichen 5V. ICs mit Versorgungsspannungen unter 2V werden in<br />

Zukunft eher die Regel als die Ausnahme sein.<br />

Diese Spannungsreduktion bringt gleichzeitig auch eine Reduktion der Verlustleistungen, was<br />

hocherwünscht ist.<br />

Es gibt aber auch einige sehr negative Aspekte:<br />

Mit sinkenden Versorgungsspannungen fallen auch die Störabstände, die Schaltungen werden also<br />

potentiell empfindlicher gegen eingestreute Störsignale von außen.<br />

Die Sperrwirkung von p-n-Übergängen wird mit steigender Sperrspannung exponentiell besser. Wird<br />

der Unterschied zwischen High- und Low-Spannung reduziert, so erhöht sich damit zwangsweise der<br />

Pegel der Leckströme im Schaltkreis.<br />

Selbst dann, wenn man beliebig kleine Strukturen im Halbleiter wirtschaftlich erzeugen könnte, ist<br />

also eine gewisse "Sättigung" der technologischen Entwicklung auf der Basis der "klassischen"<br />

Silizium-Technologie erkennbar.<br />

Damit sind einer weiteren unbegrenzten Reduzierung der Strukturgrößen im IC durchaus Grenzen<br />

gesetzt.<br />

Bis diese aber erreicht sind (mit Extrapolation der bisherigen Entwicklung ca. im Jahre 2015 mit 0,07<br />

Mikrometer-Strukturen) sind noch einige Generationen von Speichern und Prozessoren zu erwarten.<br />

3.4.5 MESFETs<br />

Die außerhalb der Silizium-Technologie, insbesondere auf Gallium-Arsenid verwendeten MESFETs<br />

seien hier vorwiegend der Vollständigkeit halber betrachtet.<br />

Source<br />

n - Diff.<br />

Gate Drain<br />

n- Diff.<br />

Grundsubstrat (semi-isolierend)<br />

Sperrschicht<br />

Abb. 3.46: Struktur eines MESFET<br />

In der Gallium-Arsenid-Technologie wird meistens mit einem semi-isolierenden weil nur sehr niedrig<br />

dotierten (meistens mit Chrom) Grundsubstrat gearbeitet. Die n-Kanal-MESFETs sind<br />

normalerweise selbstleitend.<br />

Für Anwendungen in der Digitaltechnik sind aber selbstsperrende MESFETs günstiger. Diese<br />

werden durch eine Technologie erzeugt, bei der das Gate ins Grundsubstrat zurückgezogen<br />

(recessed) ist.<br />

Wegen des geringen Spannungsbereichs in Vorwärts- und in Rückwärtsrichtung, über den der<br />

Schottky-Kontakt weder in Vorwärtsrichtung leitend wird noch in Rückwärtsrichtung durchbricht,<br />

muss in der digitalen GaAs-Technologie mit relativ niedrigen Spannungshüben unter 1 Volt<br />

gearbeitet werden.<br />

36


BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00<br />

Source Drain<br />

Gate<br />

Grundsubstrat<br />

Abb. 3.47: Recessed-Gate-MESFET<br />

Es hat sich auch erwiesen, dass für sehr kurze Kanallängen der prinzipielle Geschwindigkeitsvorteil<br />

des GaAs-MESFET gegenüber dem MOSFET auf Si-Basis abnimmt.<br />

Die höhere Beweglichkeit der Elektronen im GaAs wirkt sich besonders bei kleineren elektrischen<br />

Feldstärken aus. Im Kurzkanal erreichen aber wegen der hohen Feldstärke die Elektronen fast die<br />

sogenannte Sättigungs-Driftgeschwindigkeit. Und diese Größe ist in Si und GaAs fast gleich.<br />

Eine nochmalige Steigerung der Schaltgeschwindigkeit ist dann mit dem im vorherigen Abschnitt<br />

diskutierten "Trickstrukturen" unter Verwendung von Heterojunctions möglich.<br />

Während GaAs-FETs, die mit Heterojunctions aufgebaut sind, als sogenannte MODFETs seit einiger<br />

Zeit verwendet werden (als Verstärker in Mikrowellenschaltungen bis über 100 GHz), kommen<br />

Heterojunction-Bauelemente auf der Basis von Silizium und Germanium gerade aus den Labors.<br />

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