Kapitel 5
Kapitel 5
Kapitel 5
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5 Wechselwegschaltung<br />
Übungsziele:<br />
• Schalten von Wechselspannungskreisen mit ohmscher Last und induktiver<br />
Glättung<br />
• Steuern von Wechselspannungskreisen mit ohmscher Last und induktiver Glä ttung<br />
• Grenzfall rein ohmscher Last R<br />
• Grenzfall bei idealem Speicher L<br />
• Leistungsübertragung<br />
• Grundschwingungsgehalt, Verschiebungs- und Leistungsfaktor<br />
• Leistungsmittelwerte<br />
Übungsdateien: MATHCAD: w1.mcd; w1s.mcd; 4fourier.mcd<br />
SIMPLORER: w1rl.ssh; w1rl_m.ssh<br />
5.1 Wechselstromschalter<br />
Fügt man antiparallel zum M1-Einpulsgleichrichter ein zweites steuerbares Ventil<br />
hinzu, liegt zusätzlich die negative Halbwelle der speisenden Spannung uS an der<br />
Last an. Die Ausgangsspannung ist jetzt eine Wechselspannung, die allgemein als<br />
Lastspannung uL bezeichnet wird. Bei der M1-Schaltung lag dagegen die Gleichspannung<br />
ud an der Reihenschaltung aus Widerstand und induktivem Speicher.<br />
Bild 5.1: W1-Wechselschaltung<br />
Das neue Netzwerk heißt jetzt Wechselwegschaltung W1. Durch die Steuerwinkel<br />
α1 und α2, die gegeneinander um 180° elektrisch versetzt sind, werden die Ventile<br />
gesteuert. Die Zündwinkel sind jeweils auf die positive und die negative Halb welle<br />
der Eingangsspannung synchronisiert. Durch verzögertes Schalten gegenüber<br />
dem Nulldurchgang der Spannungen kann die Lastspannung uL verändert werden.
5.1 Wechselstromschalter 69<br />
Die Gleichung für den Ventilstrom iv folgt aus der Spannungsgleichgewichtsbedingung<br />
entsprechend der Ventilstromberechnung der M1-Gleichrichterschaltung<br />
im Definitionsbereich α ≤ x ≤ α+τd:<br />
⎡<br />
i ( x)<br />
= Iˆ<br />
⎢sin(<br />
x −ϕ)<br />
− sin(<br />
α−ϕ)<br />
e<br />
⎢<br />
⎣<br />
⎤<br />
⎥<br />
⎥<br />
⎦<br />
x−α<br />
−<br />
ωτ<br />
(5.1)<br />
V<br />
Beim Einschalten ohmsch-induktiver Kreise überlagert sich [s. Gleichung (5.1)]<br />
einer Sinusfunktion mit der Phasenverschiebung ϕ = arctan (L/R) eine e-Funktion,<br />
die mit der Zeitkonstanten τ = L/R des induktiven Spe ichers abklingt. Nicht nur in<br />
der Stromrichtertechnik, sondern auch beim Schalten von Lasten mit starken induktivem<br />
Anteil treten Stromüberhöhungen auf. Hohe Scheitelwerte des transienten<br />
Stromes, also des vorübergehenden Stromanteils, können über seine Kraftwirkungen<br />
unmittelbar die Leiterbahnen zerstören, falls sie nicht mechanisch entsprechend<br />
stark ausgelegt sind. Eine zu hohe Wärmeentwicklung wird durch rechtzeitiges<br />
Abschalten von Sicherungen meist rechtzeitig vermieden.<br />
Die Wechselwegschaltung wird auch als elektronischer Schalter benutzt. Bei kleineren<br />
Leistungen wird ein Triac als Chip mit integrierter Steuerschaltung verwendet.<br />
Elektronische Schalter arbeiten verschleißfrei ohne mechanische Trägheit. Elektrische<br />
Leitungen werden nicht galvanisch getrennt. Deswegen ist immer ein<br />
zusätzlicher mechanischer Trennschalter aus Sicherheitsgründen erforderlich, wenn<br />
an abgeschalteten Geräten gearbeitet wird.<br />
u<br />
i<br />
ϕ<br />
α<br />
ie<br />
uS<br />
i0<br />
iL<br />
Bild 5.2: Einschaltvorgang
70<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
Es wird ein Einschaltvorgang mit beiden Programmen simuliert. Die Eingabedaten<br />
für MATHCAD und SIMPLORER sind R = 10 Ω und L = 100 mH. Die mathematische<br />
Lösung zeigt Bild 5.2 in MATHCAD. Dort sind die Bestandteile der Gleichung<br />
(5.1) separat gezeic hnet. Aus der Summe ergibt sich der einschwingende<br />
Gesamtstrom, der nach einigen Perioden auf den Dauerstrom abgeklungen ist. Der<br />
Einschaltzeitpunkt ist wesentlich für den maximalen Scheitelwert des Ein schaltstromes.<br />
Bild 5.3 zeigt die Lösung im QuickView des SIMPLORERS. Bei allen Simulationsergebnissen<br />
muss auf den Maßstab geachtet werden, da alle Simulationsergebnisse<br />
nur gemeinsam in einer Grafik mit einheitlicher Koordinatenbezifferung<br />
ausgegeben werden. Die Kurven müssen meist skaliert werden, um alle Kanäle<br />
gut sichtbar zu erhalten. Wenn das nicht beachtet wird, erscheinen kleine<br />
Größen bei sehr unterschiedlichen Zahlenwerten nicht in der Grafik.<br />
Bild 5.3: Strom und Spannung beim Schaltvorgang<br />
5.2 Wechselstromsteller<br />
Beim Wechselstromsteller wird die Ausgangsspannung uL stetig durch die Anschnittsteuerung<br />
über α verstellt. Im Stromnulldurchgang sperren die Ventile bei<br />
τδ. Wechselstromsteller werden z.B. im Haushalt als Dimmer und in der Industrie<br />
zum Steuern von Werkzeugmaschinen verwendet. Durch Variation der Eingabedaten,<br />
wie des Steuerwinkels α, des Widerstandes R und des Speichers L, können<br />
verschiedene Betriebszustände simuliert werden. Um eine wirksame Steuerung zu<br />
erreichen, muss der Steuerwinkel α immer größer als der aus R und L berechnete<br />
Phasenwinkel ϕ sein. Wird diese Bedingung nicht eingehalten, arbeitet der Wechselrichter<br />
in Vollsteuerung, d.h., am Ausgang liegt die volle Wechselspannung an.
5.2 Wechselstromsteller 71<br />
α τd<br />
x<br />
Bild 5.4: Strom und Spannung bei ohmsch-induktiver Last<br />
Damit bei großer induktiver Belastung die Steuerfähigkeit beider Halbleiter im<br />
Bereich α < ϕ gewährleistet ist, dürfen die Thyristoren bei dieser Last nicht durch<br />
Kurzimpulse gesteuert werden. Da ein Ventil durch den induktiven Strom lange<br />
nach Beenden des Impulses leitend ist, kann mit einem kurzzeitigen Impuls das<br />
antiparallele Ventil nicht gezündet werden, da durch den Kurzschluss des paralle -<br />
len leitenden Thyristors die Ventilspannung Null bleibt. Wenn nach dem Stromnulldurchgang<br />
das zweite Ventil zünden könnte, ist der Zündsignal als Kurzzeitimpuls<br />
schon erloschen. Um dieses Problem zu lösen, muss der Thyristor durch<br />
einen Dauerimpuls gesteuert werden. Er liegt bis zum Nulldurchgang der Spannung<br />
an.<br />
Leider wird durch einen Dauerimpuls die Zündverlustleistung beträchtlich erhöht.<br />
Deswegen ersetzt man den kontinuierlichen Impuls durch viele separate Einzelimpulse,<br />
was die Verlustleistung etwas senkt. Das Beispiel in Bild 5.5 zeigt diesen<br />
Sachverhalt. Dort sind bei einem starken induktivem Anteil (ϕ = 72°) und der<br />
Steuerung mit α = 45° die Impulsfolgen gezeigt. Sie setzen um α versetzt ein und<br />
enden bei dem Zeitwinkel von 180°. Dort führt das Ventil weiterhin Strom, so<br />
dass das antiparallele Ventil erst zünden kann, wenn der Strom Null geworden ist.<br />
Das zweite Ventil wird nach Einsetzen der Impulskette le itend, statt bei 45° schaltet<br />
das Ventil erst bei ca. 80° durch.<br />
Übersteigt der Steuerwinkel den Lastwinkel nach Bild 5.7 ist bei gleicher Belastung<br />
α = 90°. Der sinusförmige Lastspannung bekommt Lücken. Damit wird ihr<br />
Effektivwert kleiner.
72<br />
Tabelle 5.1: Charakteristische Größe<br />
Z = R<br />
L = 0<br />
Z = ωL<br />
R = 0<br />
U<br />
U<br />
U<br />
U<br />
Lá<br />
L<br />
Lá<br />
L<br />
=<br />
Bild 5.5: Zündimpulse bei α = 45° und ϕ = 72°<br />
gültig für den Steuerbereich 0 ≤ α ≤ π<br />
α 1<br />
1−<br />
+ sin 2α<br />
ð 2ð<br />
I<br />
I<br />
Lá<br />
L<br />
=<br />
α 1<br />
1−<br />
+ sin 2α<br />
ð 2ð<br />
gültig für den Steuerbereich π/2 ≤ α ≤ π<br />
⎛ α 1 ⎞<br />
= 2⎜1−<br />
+ sin2α<br />
⎟<br />
⎝ ð 2ð<br />
⎠<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
ILá<br />
⎛ α⎞<br />
⎛ 2 1⎞<br />
6<br />
= 4⎜1−<br />
⎟ ⎜cos<br />
α+<br />
⎟+<br />
sin αcos<br />
α<br />
IL<br />
⎝ ð⎠<br />
⎝ 2⎠<br />
ð<br />
Die Ergebnisse der Gleichungen aus Tabelle 5.1 wurden in Bild 5.6 als Steuerkennlinie<br />
aufgetragen. Eine Steuerkennlinie stellt mindestens eine Ausgangsgröße<br />
als Funktion der steuernden Größe dar. Die Steuerkennlinien sind nichtlinear. Die<br />
Spannungs- und Stromkennlinien decken sich bei reiner Wirklast, da ihre Kur venform<br />
bei Z = R und L = 0 gleich sind. Die Kennlinien für gemischt ohmsch-induktive<br />
Last liegen zwischen der Grenzkennlinie für L = 0, falls nur der ohmsche<br />
Widerstand angeschlossen ist, und der Grenzkennlinie für R = 0, falls nur die Induktivität<br />
angeschlossen ist.
5.3 Kennwerte verzerrter Wechselgrößen 73<br />
ULα ILα<br />
UL<br />
IL<br />
ULα<br />
UL<br />
L = 0<br />
R = 0<br />
α in Grad<br />
Bild 5.6: Steuerkennlinien des Wechselstromstellers<br />
Bild 5.7: Strom und Spannung bei α = 90° und hohem induktivem Anteil von α = 72°<br />
5.3 Kennwerte verzerrter Wechselgrößen<br />
ILα<br />
IL<br />
Durch die Schaltvorgänge weichen sowohl die Ströme als auch die Spannungen<br />
von der idealen Sinusform ab. Bei der Leistungsberechnung aus den Momentanwerten<br />
p = u i wird meistens die Spannung vereinfachend rein sinusförmig vorausgesetzt.<br />
Da die folgenden Gleichungen allgemein gelten, wird y als Momentanwert<br />
und Yd als Mittelwert verwendet. Mit Y wird allgemein der Effektivwert bezeichnet.<br />
ILα<br />
IL<br />
ULα<br />
UL
74<br />
( x)<br />
= Y + Yˆ<br />
sin(<br />
x + ϕ ) + Yˆ<br />
sin(<br />
2x<br />
+ ϕ ) + Yˆ<br />
sin(<br />
3x<br />
+ ϕ ) + ...<br />
d<br />
1<br />
1<br />
2<br />
2<br />
3<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
y (5.2)<br />
Durch Gleichung (5.2) wird eine verzerrte periodische Wechselgröße beschrieben.<br />
Sie kann mit der Fourier-Analyse in ihre sinusförmigen Komponenten zerlegt<br />
werden. Die verzerrte Originalfunktion y ist aus den sinusförmigen Komponenten<br />
durch Addition nach Betrag und Phase zusammengesetzt.<br />
Der arithmetische Mittelwert Yd, wie er sich als Gleichanteil der Fourier-Analyse<br />
ergibt, berechnet sich nach:<br />
2ð<br />
1<br />
Y d = ∫ y(<br />
x)<br />
dx<br />
(5.3)<br />
2ð<br />
0<br />
Der Effektivwert oder quadratische Mittelwert Y ist:<br />
2ð<br />
1 2<br />
Y = y(<br />
x)<br />
dx<br />
2ð<br />
∫<br />
(5.4)<br />
0<br />
Er errechnet sich auch aus den Komponenten der Fourier-Analyse:<br />
) ) )<br />
2 2 2<br />
2 Y1<br />
Y2<br />
Y3<br />
Y = Yd<br />
+ + + + ...<br />
2 2 2<br />
3<br />
(5.5)<br />
Die Qualität einer Wechselgröße wird durch ihren Grundschwingungsgehalt g<br />
oder den Oberschwingungsgehalt k bestimmt:<br />
Effektivwert<br />
der Grundschwingung<br />
Y<br />
g =<br />
=<br />
(5.6)<br />
Effektivwert<br />
der Gesamtschwingung<br />
2<br />
Y<br />
∑ ∞<br />
1<br />
υ = 1<br />
ν<br />
∞ 2<br />
∑υ= 2<br />
∞<br />
∑υ<br />
= 1<br />
ν<br />
Effektivwert<br />
der Oberschwingungen<br />
Yν<br />
k =<br />
=<br />
(5.7)<br />
Effektivwert<br />
der Gesamtschwingung<br />
2<br />
Y<br />
Die Kurvenform einer periodischen Funktion wird durch die Kenngrößen des<br />
Scheitelfaktors kS oder des Formfaktors kF beschrieben:<br />
Scheitelwert<br />
k S =<br />
für ideale Sinusform ist S 2<br />
Effektivwert<br />
= k<br />
Effektivwert<br />
k F =<br />
für ideale Sinusform ist F 1,<br />
11<br />
arithmetischerMittelwert<br />
= k
5.4 Leistung verzerrter Wechselströme 75<br />
Gleichgrößen Yd sind oft durch Wechselanteile überlagert. Ihr Anteil wird durch<br />
die Welligkeit w angegeben.<br />
w =<br />
∑<br />
1<br />
∞<br />
õ=<br />
Y<br />
d<br />
Y<br />
2<br />
õ<br />
=<br />
2<br />
⎛ Y ⎞<br />
⎜ ⎟<br />
⎜ ⎟<br />
−1<br />
⎝ Yd<br />
⎠<br />
(5.8)<br />
Weitere Kennwerte, die zusätzlich im Auswerteprogramm DAY des SIMPLORERS<br />
ermittelt werden, können sind:<br />
Wechselanteil des Effektivwertes:<br />
Schwingungsgehalt: s −<br />
2<br />
Riffelfaktor:<br />
Crestfaktor:<br />
eff<br />
2<br />
eff<br />
2<br />
d<br />
Y = Y − Y<br />
(5.9)<br />
r<br />
1<br />
= 1 (5.10)<br />
w<br />
Y<br />
− Y<br />
max min<br />
= (5.11)<br />
Yd<br />
( Y Y )<br />
5.4 Leistung verzerrter Wechselströme<br />
5.4.1 Momentanwerte<br />
Max max , min<br />
c = (5.12)<br />
Y<br />
Der Laststrom einer Wechselwegschaltung mit rein ohmscher Last (Bild 5.8) wird<br />
durch die Fourier-Analyse in seine Komponenten zerlegt. Die Spannung uS soll<br />
ideal sinusförmig sein. In diesem Fall sind nur Oberschwingungen der Ordnung<br />
ν = n ± 1 für n = 2,3... vorhanden. Fourier-Analysen lassen sich leicht mit MATH-<br />
CAD durchführen. In der Beispieldatei 1fourier.mcd ist die Zerlegung einer Funktion<br />
durch die Fourier-Analyse mit MATHCAD gezeigt.<br />
Bild 5.8: W1 mit ohmscher Last
76<br />
i<br />
ϕ1<br />
α<br />
x<br />
Bild 5.9: Ergebnis der Fourier-Analyse des Laststroms<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
Beispielhaft ist die Fourier-Analyse mit der MATHCAD-Datei w1.mcd durchgeführt.<br />
Bild 5.9 zeigt den angeschnittenen Strom mit den Fourier-Komponenten.<br />
Die Phasenverschiebung ϕ1 der Grundschwingung des Stromes und der Spannung<br />
ist zur der Berechnung der Wirkleistung wichtig. Wegen der sinusförmig angenommenen<br />
Netzspannung trägt nur die Grundschwingung des Stromes zur Wirkleistung<br />
bei. Die Oberschwingungen bilden die Blindle istungskomponenten. Von<br />
den existierenden ungeradzahligen Oberschwingungen sind nur diejenigen für<br />
ν = 3; 5 und 7 gezeichnet. Der Effektivwert der Grundschwingung ist der Bezugswert.<br />
Oberschwingungsspektrum für α = 60°<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19<br />
Bild 5.10: Amplitudenspektrum des Laststromes<br />
ν
5.4 Leistung verzerrter Wechselströme 77<br />
Mit MATHCAD kann sowohl die Fourier-Analyse als auch deren Rekonstruktion<br />
durchgeführt werden. Sie ist in der Datei w1.mcd durch den Ausdruck<br />
∑<br />
( Re( C ) cos( υ x)<br />
+ Im( C ) sin( υx)<br />
)<br />
i x)<br />
: = C +<br />
(5.13)<br />
rec ( 0<br />
υ<br />
υ<br />
formuliert. Bei der Rekonstruktion wurden die Fourier-Koeffizienten bis zur 19.<br />
Oberschwingung addiert. Dabei ist zu beachten, dass die Angabe des Amplitudenspektrums<br />
allein zu einer Rekonstruktion nicht ausreicht. Es müssen zusätzlich die<br />
Phasenverschiebungen der Oberschwingungen zur Bezugsfunktion berücksichtigt<br />
werden.<br />
0<br />
Bild 5.11: Rekonstruktion des verzerrten Stromes<br />
Die Wirkleistung P ist der arithmetischer Mittelwert des Produktes aus Strom und<br />
Spannung p = u⋅ i.<br />
2ð<br />
1<br />
P = ∫u(<br />
x)<br />
i(<br />
x)<br />
dx<br />
(5.14)<br />
2ð<br />
0<br />
Sind sowohl der Strom als auch die Spannung verzerrt, ergibt sich die Wirkleistung<br />
aus dem Produkt der Oberschwingungen gleicher Ordnung ν. Dieser Sachverhalt<br />
muss gegenwärtig mehr Beachtung finden, da von einer idealen sinus förmigen<br />
Versorgungsspannung heutzutage nicht mehr ausgegangen werden kann.<br />
Die Spannung wird zunehmend durch nichtlineare Verbraucher verzerrt. Es können<br />
daher gleiche Oberschwingungsanteile sowohl in der Spannung als auch im<br />
Strom vorhanden sein.<br />
∑ ∑<br />
∞<br />
∞<br />
Pí<br />
=<br />
ν = 1 ν = 1<br />
P =<br />
U I cos( ϕ )<br />
(5.15)<br />
í<br />
í<br />
í<br />
υ<br />
i(x) Rekonstruktion aus<br />
Oberschwingungen bis zur 19.<br />
x
78<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
Im Falle sinusförmiger Netzspannung kann nur die Grundschwingung des Stromes<br />
i1 zur Wirkle istungsbildung beitragen. Aus Gleichung (5.15) folgt:<br />
P = P = UI ϕ )<br />
(5.16)<br />
1<br />
1 cos( 1<br />
Die Momentanwerte der Grundschwingungsleistung haben doppelte Netzfrequenz.<br />
In Gleichung (5.17) ist der erste Summand eine pulsierende Gleichgröße, deren<br />
Momentanwerte immer größer als Null sind. Der arithmetische Mittelwert entspricht<br />
der Wirkleistung P. Der zweite Summand ist eine reine Wechselgröße mit<br />
dem arithmetischen Mittelwert Null. Er gibt die Blindleistungsmomentanwerte der<br />
Grundschwingung wieder, deren absoluter Mittelwert der Grundschwingungsblindleistung<br />
Q1 entspricht.<br />
p ( x)<br />
= UI sin( x)<br />
cos( x + ϕ )<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
p ( x)<br />
= UI<br />
1<br />
p ( x)<br />
= UI<br />
1<br />
1<br />
[ cos( ϕ1<br />
) − cos( 2x<br />
+ ϕ1)<br />
]<br />
cos( ϕ ) − UI [ cos( 2x)<br />
cos( ϕ ) − sin( 2x)<br />
sin( ϕ ) ]<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
p ( x)<br />
= UI cos( ϕ )( 1−<br />
cos( 2x))<br />
+ UI sin( ϕ ) sin 2x)<br />
p<br />
p<br />
0<br />
0<br />
α = 60°<br />
α = 60°<br />
Bild 5.12: Leistungen der W1-Schaltung<br />
1<br />
1<br />
Aufteilung in Blind- und Wirkleistung<br />
1<br />
Aufteilung in Grundschwingungsleistung p1<br />
und Verzerrungsleistung pv<br />
1<br />
x<br />
x<br />
(5.17)
5.4 Leistung verzerrter Wechselströme 79<br />
Die Aufteilung der Leistung p in reine Wirkleistung pW und reine Blindleistung pB<br />
erfolgt in Bild 5.12. Subtrahiert man von der Leistung p, die nur aus der Grundschwingung<br />
des Stromes gebildete Momentanwert der Grundschwingungsleistung<br />
p1, bleibt eine Restleistung pv übrig. Sie ergibt sich aus der Verzerrung des Laststroms.<br />
Da der Mittelwert der Funktion pv = 0 ist, handelt es sich um eine reine<br />
Blindleistung, die Verzerrungsblindleistung heißt.<br />
5.4.2 Leistungsmittelwerte<br />
Berechnet man die Leistungen aus den Effektivwerten der Spannungen und Ströme,<br />
ergeben sich folgende Zusammenhänge:<br />
2 2 2<br />
• Scheinleistung: S = UI = U I + I + I + ... (5.18)<br />
Die Scheinleistung ist S = U I. Da der Effektivwert I aus einer verzerrten Größe<br />
gebildet wird, ergibt sich S aus einer Summe gemäß Gleichung (5.18).<br />
• Grundschwingungsscheinleistung:<br />
• Grundschwingungsblindleistung:<br />
1<br />
2<br />
3<br />
2 2<br />
1 = UI 1 = P Q1<br />
(5.19)<br />
S +<br />
2 2<br />
1 = UI 1 sin( ϕ 1)<br />
= S1<br />
P<br />
(5.20)<br />
Q −<br />
• Wirkleistung ( ) UI P = (5.21)<br />
• Gesamtblindleistung<br />
1 1 cosϕ<br />
Q −<br />
2 2<br />
= S P<br />
(5.22)<br />
2 2 2 2<br />
• Verzerrungsleistung: D = Q − Q = U I + I + ... (5.23)<br />
Weil die Zeiger von P und Q1; sowie Q und D senkrecht aufeinander stehen, ergeben<br />
sich die Gleichungen (5.20), (5.21), (5.22) und (5.23). Die Leistungen lassen<br />
sich als Kanten eines Tetraeders in Bild 5.13 zeichnen.<br />
Im Falle eines unverzerrten Stroms wird die Verzerrungsleistung D = 0. S wird zu<br />
S1 und Q deckt sich mit Q1. Wegen der sinusförmig angenommenen Eingangsspannung<br />
gilt immer P = P1. Es ergibt sich dann das aus den Grundlagen der Elektrotechnik<br />
bekannte Zeigerbild der Leistungen.<br />
1<br />
2<br />
3
80<br />
Bild 5.13: Geometrische Darstellung der Leistungen<br />
5.4.3 Der Leistungs- und Verschiebungsfaktor<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
Der Leistungsfaktor ist durch Gleichung (5.24) definiert. Er stimmt nur bei sinusförmigen<br />
Wechselgrößen mit dem cos(ϕ) überein. In diesem Sonderfall ist<br />
cos(ϕ) = cos(ϕ1).<br />
P Wirkleistung<br />
λ = =<br />
(5.24)<br />
S Scheinleistung<br />
Allgemein berechnet sich der Leistungsfaktor aus dem Grundschwingungsgehalt<br />
und der Phasenverschiebung der Grundschwingung mit dem Verschiebungsfaktor<br />
cos(ϕ1).<br />
λ i g =<br />
cos( ϕ1<br />
)<br />
(5.25)<br />
Wenn verzerrte Ströme und Spannungen vorliegen, muss der Leistungsbegriff erweitert<br />
werden. Nur die Wirkleistung ist eindeutig bestimmt. Bei der Blindleistung<br />
gibt es unterschiedliche Definitionen. Obwohl wir es mit einem reinen ohmschen<br />
Verbraucher zu tun haben, wird von der Schaltung Blindleistung aufgenommen,<br />
sobald sie angesteuert wird. Man spricht von Steuerblindleistung Q1 und Verzerrungsblindleistung<br />
D. In Mehrphasensystemen kann zusätzlich durch Unsymmetrien<br />
Blindleistung entstehen, die Unsymmetrie-Blindleistung.<br />
5.4.4 Anwendungsbeispiel<br />
Die einphasige W1-Schaltung wird als Dimmerschaltung zur Reduzierung der<br />
Wirkleistung von Lampen eingesetzt. Allerdings wird der Effekt durch zusätzliche<br />
Erzeugung von Blindleistung erkauft. Man verwendet für die Schaltung Triacs. Sie<br />
werden durch Potentiometer gesteuert.
5.4 Leistung verzerrter Wechselströme 81<br />
Für die rein ohmsch belastete W1-Schaltung lassen sich der Grundschwingungsgehalt<br />
g sowie der Verschiebungsfaktor cos(ϕ1) und Leistungsfaktor λ nach folgenden<br />
Gleichungen ausrechnen. Die Funktionen sind aus Bild 5.15 ersichtlich.<br />
Grundschwingungsgehalt<br />
2 ( ð −α)<br />
+ ( ð −α)<br />
Bild 5.14: Dimmerschaltung<br />
2<br />
1<br />
sin 2α+<br />
sin α<br />
g i =<br />
(5.26)<br />
ð α 1<br />
1−<br />
+ sin 2α<br />
ð 2ð<br />
Phasenwinkel der Grundschwingung<br />
2<br />
− sin α<br />
ϕ1<br />
= arctan<br />
(5.27)<br />
1<br />
ð −α+<br />
sin 2α<br />
2<br />
Verschiebungsfaktor<br />
Leistungsfaktor<br />
1<br />
ð −α<br />
+ sin 2α<br />
cosϕ<br />
=<br />
2<br />
(5.28)<br />
1<br />
2<br />
2<br />
( ð −α)<br />
+ ( ð −α)<br />
sin 2α+<br />
sin α<br />
α 1<br />
λ = 1 − + sin 2α<br />
(5.29)<br />
ð 2ð
82<br />
gi<br />
cos ϕ1<br />
λ<br />
ϕ1<br />
Bild 5.15: Kenngrößen der W1-Schaltung bei ohmscher Last<br />
λ<br />
5 Wechselwegschaltung<br />
gi<br />
cos ϕ1<br />
α<br />
α