Dezember 2005/Jänner 2006 (PDF) - an.schläge
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Präsidenten und Exzellenzen stach heraus. Dass ihre Stelle am<br />
RednerInnenpult am zweiten Tag der Konferenz allerdings durch einen<br />
M<strong>an</strong>nbesetzt wurde, lässt sich hoffentlich auf eine Terminkollision<br />
zurückführen und nicht auf ihre Rede am Montag, in der sie sowohl<br />
einzelne Staaten als auch <strong>an</strong>dere Religionen nicht ungeschoren davonkommen<br />
ließ. Wer d<strong>an</strong>n aber „deutlich“ auf die Rolle der Frau einging<br />
war der Irakische Präsident Jalal Talab<strong>an</strong>i. Die voller Stolz gefertigte<br />
Verfassung des Irak stellt Frauen und Männer gleich. Das Parlament<br />
beherbergt 25 Prozent Frauen – es sind sechs Ministerinnen im Amt.<br />
Das wars d<strong>an</strong>n aber auch schon wieder mit einem der Hauptthemen.<br />
Durch die g<strong>an</strong>ze Konferenz zog sich allerdings ein ständiges Bekenntnis<br />
zum Pluralismus, zum Respekt und zum Dialog zwischen den VertreterInnen<br />
der einzelnen Staaten und Religionen. „Es gilt, endlich die Gemeinsamkeiten<br />
der Religionen hervorzukehren und nicht immer nur die<br />
Unterschiede zu betrachten“, wie schon Shirin Ebad betonte. nina<br />
gemeinderatswahl<br />
Wahlen <strong>an</strong>dersrum<br />
„Das erklärte Ziel der Initiative „Grüne <strong>an</strong>dersrum“ ist laut Homepage:<br />
„eine offene Gesellschaft, in der jeder frei entscheiden k<strong>an</strong>n, wen<br />
er/sie lieben will und mit wem er/sie sein Leben teilen will. Ohne<br />
Angst und Verachtung, ohne Benachteiligung und Einschränkung“.<br />
Ein Schritt weiter in Richtung Erfüllung dieses Wunsches führte der<br />
23.Oktober. Marco Schreuder k<strong>an</strong>n sich, nach Auswertung der Wahlresultate,<br />
über eine Angelobung als erster offen schwuler L<strong>an</strong>dtagsm<strong>an</strong>datar<br />
Österreichs freuen. Seine Kollegin Jennifer Kickert hat einen<br />
ebenso großen Erfolg zu verbuchen und wird zur ersten lesbischen<br />
Stellvertretenden Bezirksvorsteherin Wiens. Das Erzielen sol–<br />
cher Resultate ist wohl zu großen Teilen immer auch auf einen erfolgreichen<br />
Wahlkampf zurückzuführen. Nach diesem befragt, meinte<br />
Frau Kickert: „Es gab eigene Folder, in denen die K<strong>an</strong>didatInnen vorgestellt<br />
wurden, sowie Wahlkampfaktionen in der Szene.“ Doch das<br />
Wichtigste zum Schluss. Frau Kickert betonte ausdrücklich, dass die<br />
sexuelle Orientierung zwar einen wichtigen Stellenwert in der von<br />
ihr und ihren KollegInnen gemachten Politik einnehme, aber dass<br />
diese nicht nur auf diesen Aspekt reduziert werden dürfe. pix<br />
im parlament<br />
Ehe für alle<br />
Der Entscheid des Verfassungsgerichtshofes über die Mitversicherung<br />
gleichgeschlechtlicher PartnerInnen hat im November kurzfristig<br />
für Aufsehen gesorgt. Schnell wurde auch klar, dass die ÖVP die<br />
Mitversicherung lieber nur für Ehepaare reservieren würde, als sie für<br />
homosexuelle Paare zu ermöglichen. Dessen ungeachtet setzen die<br />
Grünen ihren Weg durch die parlamentarischen Inst<strong>an</strong>zen fort. Sowohl<br />
ein Antrag für die Einführung eines Zivilpaktes als auch für die<br />
Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wurden im Nationalrat<br />
eingebracht und werden nach erster Lesung demnächst <strong>an</strong> den<br />
Justizausschuss weitergehen. Die Ehe für Homosexuelle lehnen beide<br />
Regierungsparteien ab. Einen Vorschlag für die Einführung von „eingetragenen<br />
Partnerschaften“ gibt es allerdings von Justizministerin<br />
Gastinger. Bleibt also abzuwarten, aber das Signal des VfGH war nicht<br />
zu übersehen. ESt<br />
<strong>an</strong>.ruf<br />
Saskya Rudigier sprach mit Elisabeth Cinatl<br />
Freigeboren<br />
<strong>an</strong>.rissösterreich<br />
Courage, die Beratungsstelle mit dem Schwerpunkt für gleichgeschlechtliche<br />
und tr<strong>an</strong>sGender Lebensweisen, feiert ihr fünfjähriges Bestehen am 10.12.<br />
mit dem Festakt „Freigeboren“ im Palais Eschenbach.Wie frei ist die Lebensweise<br />
von Les/Bi/Schwulen und Tr<strong>an</strong>sgenderpersonen in Österreich wirklich?<br />
Das gesellschaftliche Klima in Österreich ist in den letzten Jahren offener<br />
und freier geworden. Diese Entwicklung darf allerdings nicht über die Tatsache<br />
hinwegtäuschen, dass nach wie vor Lesben, Schwule, Bisexuelle und<br />
Tr<strong>an</strong>sGender-Personen Diskriminierungen und Ausgrenzung erfahren. Das<br />
Selbstmordrisiko ist bei Homosexuellen etwa sieben Mal so hoch wie bei<br />
Heterosexuellen, d.h. dass fast jeder dritte Selbstmordversuch in Österreich<br />
von einem gleichgeschlechtlich empfindenden Menschen beg<strong>an</strong>gen<br />
wird. Hauptursache hierfür ist die oft m<strong>an</strong>gelnde soziale und familiäre Unterstützung.<br />
Die derzeitige politische und mediale Diskussion zum Thema<br />
Anerkennung gleichgeschlechtlicher PartnerInnenschaften macht deutlich,<br />
wie bris<strong>an</strong>t dieses Thema auch heute noch ist. Das „Nicht-Wahrnehmen-Wollen“<br />
einzelner PolitikerInnen etc. zeigt, wie groß die Homophobie<br />
in Österreich und wie viel Aufklärungs- und Bildungsarbeit noch zu leisten<br />
ist. Das Beispiel der Umsetzung der EU-Gleichbeh<strong>an</strong>dlungsrichtlinie macht<br />
dies deutlich. Österreich hat diese Richtlinie – verspätet – im geringsten<br />
Maße umgesetzt, <strong>an</strong>statt ein g<strong>an</strong>zheitliches Antidiskriminierungsgesetz<br />
zu verabschieden. Homo- und Heterosexualität sind Entwicklungsvari<strong>an</strong>ten<br />
menschlicher Sexualität und daher ist es nicht eine Sache von Almosen,<br />
hier Rechte zu gewähren, sondern eine Frage der Menschenrechte.<br />
Wo seht ihr noch „ausbaufähiges“ Potential?<br />
Ausbaufähiges Potential sehe ich in der Aufklärungs- und Bildungsarbeit,<br />
v.a. im schulischen und außerschulischen Jugendbereich, in der MultiplikatorInnenaus-<br />
und -fortbildung. Eine Frage, die immer deutlicher auf uns zukommt,<br />
ist das Thema Alter(n). Es lebt die erste Generationen von Lesben,<br />
Schwulen und Tr<strong>an</strong>sGender-Personen, die einen Gutteil ihres Lebens nicht<br />
mehr im Totalverbot verbracht haben. Sie haben sich ein lebensl<strong>an</strong>ges Coming-Out<br />
erarbeitet und stehen im Alter wieder vor der Frage des Outings.<br />
Vor allem, wenn gleichgeschlechtlich empfindende Menschen in SeniorInnenheimen<br />
leben. Die Gefahr ist groß, die sexuelle Orientierung bzw. geschlechtliche<br />
Identität wieder verheimlichen zu müssen, wenn keine geeigneten<br />
Rahmenbedingungen aufgebaut werden. Es geht um die Schaffung<br />
von befriedigenden Lebensperspektiven, auch im Alter.<br />
Die Forschung im Bereich gleichgeschlechtliche und tr<strong>an</strong>sGender Lebensweisen<br />
liegt in Österreich so gut wie brach. Hier bedarf es der Bereitstellung<br />
fin<strong>an</strong>zieller Mittel von Seiten des Bundes bzw. der Länder, um die Lebensrealität<br />
von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Tr<strong>an</strong>sGender-Personen<br />
sichtbar zu machen und geeignete Maßnahmen zu setzten.<br />
Elisabeth Cinatl ist Koordinatorin von Courage, www.courage-beratung.at<br />
dezember jänner <strong>2005</strong> <strong>2006</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 07