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Dezember 2005/Jänner 2006 (PDF) - an.schläge

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Petra Öllinger<br />

Verflixt<br />

„Es gibt nicht Juden und Griechen, nicht Sklaven und<br />

Freie, nicht M<strong>an</strong>n und Frau, denn ihr alle seid ‚einer’ in<br />

Christus Jesus“, Galater, 3,28. Beim Blättern im Buch<br />

der Bücher stößt frau durchaus hin und wieder auf<br />

Kapitel und Verse, die der römisch-katholischen Kirchenobrigkeitsmeinung,<br />

Gleichheit von Weiblein und Männlein<br />

sei nicht gottgewollt, widersprechen. Verflixt, wie geht<br />

das aber nun zusammen: feministische Einstellung und römisch-katholische<br />

Kirche? Wie passt das zusammen: Frauen<br />

und der Verbleib innerhalb verkrusteter (Macht-)Strukturen<br />

inklusive systematischer Diskriminierung von „R<strong>an</strong>d“gruppen<br />

wie Frauen, Lesben, Schwule, Geschiedene,Wiederverheiratete.<br />

Da muss frau doch aus diesem „Verein“ ausbrechen, austreten.<br />

Oder? Selbst viele Jahre aktiv mit der römisch-katholischen<br />

Kirche verbunden, räumte ich nach der Matura das Feld.<br />

Verflixt, so einfach jedoch lassen sich Erfahrungen in der Katholischen<br />

Jungschar, in der Firmgruppe, im „Reli“-Unterricht<br />

inklusive sp<strong>an</strong>nender Diskussionen gefolgt vom Wunsch,<br />

Theologie zu studieren, nicht abstreifen. Oft tauchte die Frage<br />

in mir auf:Wie k<strong>an</strong>n das katholische Korsett überhaupt gesprengt<br />

werden, wenn das Weite gesucht wird? Also bleiben<br />

oder gehen? Jede Frau, die einigermaßen bei Sinnen ist, sollte<br />

gehen. Verflixt, ich kenne viele Frauen, die mehr als bei Sinnen<br />

und trotzdem geblieben sind; zumeist als aktive Gestalterinnen<br />

des kirchlich-religiösen Geschehens. Sie widerlegen viele<br />

Vorurteile, die häufig gegen sie gehegt werden: Konservatismus,<br />

Obrigkeitsgläubigkeit, Kritiklosigkeit. Sie sind keine<br />

Schäfchen, die einem Hirten blindlings hinterhertaumeln.<br />

Apropos Hirte: Die Wahl Josef Ratzingers zum Papst stößt bei<br />

vielen Katholikinnen auf geringe Begeisterung. Die wenigsten<br />

geben sich der Illusion hin, dass jetzt ein Vorwärtskommen<br />

oder überhaupt ein Reinkommen von Frauen in Entscheidungspositionen<br />

in Aussicht ist – die gläserne Decke unter<br />

der Kirchenkuppel.<br />

Frauen leisten den Hauptteil <strong>an</strong> – oft unbezahlter – Arbeit,<br />

und auch wenn sie in Laienorg<strong>an</strong>isationen und als kirchliche<br />

Angestellte arbeiten dürfen ist klar: Männer diktieren und,<br />

was häufig schlimmer ist, interpretieren die Regeln. „Männer<br />

haben in der katholischen Kirche das Monopol, den Glauben<br />

auszulegen. Fallen Frauen vom rechten Glauben ab, wenn sie<br />

nicht mehr alles glauben, was ihnen von Männern vorgesetzt<br />

wird?“, so Eva Rossm<strong>an</strong>n in der Einleitung ihres Buches<br />

„Die Angst der Kirche vor den Frauen“. Verflixt, wahrscheinlich<br />

sind d<strong>an</strong>n alle, die das männliche Wort im Buch umdrehen,<br />

in Ewigkeit verdammt? Elizabeth Cady-St<strong>an</strong>ton hilf uns!<br />

Auf dass deine „Wom<strong>an</strong>’s Bible“, eine Darstellung und kritische<br />

Kommentierung von frauenbezogenen Bibelstellen, vor<br />

allem im deutschsprachigen Raum wieder vermehrt aufgelegt<br />

werden und für Diskussions-Zündstoff sorgen möge<br />

(auch wenn m<strong>an</strong>chen feministischen Theologinnen das Bibel-Zitieren<br />

als „Waffe“ im verbalen „Kreuzzug“ mittlerweile<br />

auf den Geist geht). Dass von den M<strong>an</strong>nen „oben“ keine<br />

Änderung gewünscht ist, liegt auf der H<strong>an</strong>d. Wer lässt sich<br />

schon gerne seiner Privilegien berauben? Verflixt. Aber<br />

„Raubversuche“ seitens der Jüngerinnen sind durchaus im<br />

G<strong>an</strong>g: m<strong>an</strong>chmal öffentlich „aufrührend“ wie die Weihe von<br />

sieben Frauen zu Priesterinnen im Jahr 2002, häufiger jedoch<br />

als stilles Vorgehen nach dem Motto „steter Tropfen höhlt die<br />

Kruste“. Beispiel Religionsunterreicht: Hier sehen Religionspädagoginnnen<br />

eine Möglichkeit, Spiritualität zu vermitteln<br />

und zu fördern, die die g<strong>an</strong>ze Schöpfung umfasst – ohne Diskriminierung<br />

von Menschen – sowie Wissen und Erkenntnisse<br />

aus der feministischen Theologie einfließen zu lassen.<br />

Beispiel Katholische Frauenbewegung: Viele Aktive agieren<br />

auf einer kritisch-feministischen Ebene speziell im Bereich<br />

Frauen-Entwicklungspolitik und sind weit entfernt von missionarisch-eifrigen<br />

Heilbringerinnen. Eines der „Gebote“: die<br />

Kompetenzen der Frauen zu stärken. Beispiel Ordensfrauen:<br />

Unter <strong>an</strong>derem bieten die Barmherzigen Schwestern in Wien<br />

sogen<strong>an</strong>nte Orientierungstage für Frauen, eine Möglichkeit,<br />

in Stille und/oder Gebet die eigene Lebenssituation zu reflektieren.<br />

Offen sind diese Rückzugstage für alle Interessentinnen,<br />

unabhängig von deren (Nicht-) Konfession, und ohne Bekehrungszw<strong>an</strong>g.<br />

Weltfremdheit, Verklemmtheit und Igitt-Haltung<br />

gegenüber Sexualität, keine Ahnung vom „wirklichen“<br />

Leben da „draußen“; althergebrachte Meinungen über Klosterschwestern,<br />

die hier sehr rasch auf eine erstaunlich offene<br />

und, frau glaubt es kaum, humorvolle Art „bekehrt“ werden.<br />

Feminismus und Katholizismus – scheinbar zwei verflixte Gegensätze,<br />

die durchaus zusammenpassen können. ❚<br />

<strong>an</strong>.spruch<br />

dezember jänner <strong>2005</strong> <strong>2006</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 05

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