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Dezember 2005/Jänner 2006 (PDF) - an.schläge

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Schwester ein eigenes Unternehmen auf<br />

die Beine. D.J.:„War ich ein Unfall?“ Rose<strong>an</strong>ne:„Nein,<br />

D.J., du warst eine Überraschung.“<br />

[...] D.J.:„Oh. Und war Darlene<br />

ein Unfall?“ Rose<strong>an</strong>ne:„Nein. Darlene<br />

war ein Desaster.“<br />

Und was eine selbstbewusste Frau<br />

wie Rose<strong>an</strong>ne von Männern hält, bringt<br />

sie selbst am besten zum Ausdruck:<br />

Chrystal:„Und wie magst du deine<br />

Marshmallows, Rose<strong>an</strong>ne?“ Rose<strong>an</strong>ne:<br />

„Wie Männer, außen knusprig und am<br />

Ende einer Gabel aufgespießt.“<br />

These zwei: Lesben sind Fußballerinnen,<br />

die abends gern ein kleines Kind (vorzugsweise<br />

männlichen Geschlechts) essen<br />

und dazu Bier direkt aus der Flasche<br />

trinken.<br />

Das Leben in einer heterosexuell dominierten<br />

Gesellschaft ist <strong>an</strong> sich<br />

schon kein Zuckerschlecken. Noch viel<br />

schwieriger hat es Ellen erwischt, die<br />

sich in der „Puppy Episode“ endlich<br />

als lesbisch outet – in der Serie genauso<br />

wie im wahren Leben. Doch Ellen<br />

wäre nicht Ellen, wenn sich nicht<br />

das große mediale Echo, das dem mutigen<br />

und bemerkenswerten Outing<br />

entgegen schlägt, in ihre Serie ironisch<br />

umdeuten würde:<br />

Audrey:„Also, wie sollen wir dich<br />

jetzt nennen – homosexuell oder lesbisch?“<br />

Ellen:„Nenn mich einfach Ellen.“<br />

Wie es des weiteren um Ellens Essgewohnheiten<br />

bestellt ist, k<strong>an</strong>n <strong>an</strong> dieser<br />

Stelle leider nicht be<strong>an</strong>twortet werden,<br />

für eine Frauenfußballm<strong>an</strong>nschaft<br />

(sic!) hätte sie sich aber auf jeden Fall<br />

schon qualifiziert: Paige:„Ich k<strong>an</strong>n immer<br />

noch nicht glauben, dass Ellen lesbisch<br />

ist.“ Spence:„Naja, ich habs schon<br />

vor einer Weile vermutet. Ich meine, sie<br />

konnte immer schneller rennen als ich,<br />

weitere Bälle werfen, schneller auf einen<br />

Baum klettern...“ Joe: „Ist dir vielleicht<br />

schon mal der Ged<strong>an</strong>ke gekommen,<br />

dass du schwul bist?“<br />

Witzig, pointiert und selbstironisch<br />

sieht Ellen selbst ihr Schicksal<br />

und lässt sich auch durch gesellschaftliche<br />

Vorurteile und Schwierigkeiten<br />

nicht aus dem Tritt bringen.<br />

Vielmehr schafft sie es, sich selbst<br />

nicht so ernst zu nehmen und dennoch<br />

ihre Ziele zu verwirklichen.<br />

Durch ihren Witz schafft sie genau jene<br />

Identifikationsflächen, die Frauen,<br />

ob homo- oder heterosexuell, bisl<strong>an</strong>g<br />

im Fernsehen vorenthalten wurden.<br />

These drei: Alte Frauen haben keinen<br />

Sex, keine Freunde und keinen Job. Ihr einziges<br />

Vergnügen ist ihr Haustier.<br />

Vorweg sei eines gleich gesagt: Das<br />

einzige Haustier, das die Golden Girls in<br />

der Blüte ihres Lebens bei sich beherbergen,<br />

ist der „alte Affe“ Sophia, die Mutter<br />

von Dorothy. Dafür aber bringen die goldenen<br />

Klassiker, die seit Jahrzehnten<br />

den Bildschirm bevölkern, etwas <strong>an</strong>deres<br />

sehr genau auf den Punkt:Weibliche Solidarität<br />

und Unterstützung hilft. Wirklich.<br />

Bl<strong>an</strong>che:„Sophia, ich brauche dich“.<br />

Sophia:„Bl<strong>an</strong>che, du warst schon eine<br />

starke und unabhängige Frau, l<strong>an</strong>ge bevor<br />

ich hierher kam.“ Rose:„Ich brauche<br />

dich auch, Sophia.“ Sophia:„Rose, du<br />

brauchst nicht mich, sondern den Zauberer<br />

von Oz.“<br />

Auch wenn die „Girls“ es in Wirklichkeit<br />

insgesamt auf locker 200 Jahre bringen,<br />

so lassen sie sich durch Vorschriften,<br />

wie „alte“ Frauen zu sein haben,<br />

nicht durchein<strong>an</strong>der bringen. Zumindest<br />

Dorothy arbeitet mit großem Engagement<br />

als Lehrerin, und auch die etwas<br />

dusselige, aber liebenswürdige Rose versieht<br />

ihren Dienst zumindest einige Folgen<br />

l<strong>an</strong>g in einer Fernsehstation. Auch<br />

mit fünfzig, sechzig oder auch siebzig ist<br />

das Leben für Frauen noch l<strong>an</strong>ge nicht<br />

vorbei, sondern gewinnt erst in dieser<br />

Zeit <strong>an</strong> Reife und Süße, die vorher durch<br />

doppelte und dreifache Belastungen<br />

nicht spürbar war, leben die Damen<br />

größtenteils ohne Männer – bis auf<br />

Bl<strong>an</strong>che:„Sophia, wenn ich diese Perlenkette<br />

hier so in meinem Dekolleté drapiere,<br />

wirke ich d<strong>an</strong>n wie eine sexhungrige<br />

Schlampe, die dringend einen M<strong>an</strong>n<br />

ins Bett bekommen will?“ Sophia:„Ja.“<br />

Bl<strong>an</strong>che:„Gut!“<br />

These vier: Geschiedene Frauen sind<br />

psychische Wracks, die keinen Spaß mehr<br />

am Leben haben.<br />

Insgesamt bringt es das dynamische<br />

Duo Cybill und ihre beste Freundin<br />

Mary<strong>an</strong>ne auf drei Scheidungen, zwei<br />

Kinder und <strong>an</strong> die 50.000 versoffene<br />

Wodka-Flaschen. Dennoch würde ihnen<br />

im Leben nicht einfallen, bloß wegen<br />

einigen unfähigen und idiotischen Männern<br />

zu Hause zu sitzen und Trübsal zu<br />

blasen – her mit der Welt, was sie auch<br />

kosten mag! Und so lachen, trinken und<br />

schauspielern sich die zwei Freundinnen<br />

durch das Leben, mit all seinen – mitunter<br />

ärgerlichen – Konsequenzen: Mary<strong>an</strong>ne:„Ich<br />

hätte gerne einen Wodka<br />

Martini mit zwei Oliven.“ Kellnerin:„Wir<br />

haben leider keine Bar.“ Mary<strong>an</strong>ne:<br />

„Wir befinden uns doch hier auf der<br />

Erde, oder?“<br />

Aber Mary<strong>an</strong>ne und Cybill zimmern<br />

sich ihre Weltordnung selbst und lassen<br />

sich weder von unfähigen Barkeepern<br />

noch von pubertierenden Töchtern ins<br />

Boxhorn jagen. Da das Duo schon länger<br />

nicht mehr auf den Mattscheiben deutscher<br />

oder österreichischer Sender erschienen<br />

ist, werden sie wohl endlich<br />

geschafft haben, was sie sich schon l<strong>an</strong>ge<br />

vorgenommen haben: Cybill:„Hast du<br />

das gehört? Gratis Käsekuchen. Wir ziehen<br />

hier her.“<br />

These fünf: Frauen haben keinen Humor,<br />

können nicht über sich selbst lachen<br />

und werden auf jeden Fall von Männern<br />

überrundet.<br />

Falsch. G<strong>an</strong>z falsch. Auch wenn hier<br />

der Platz bei weitem nicht ausreicht, um<br />

all die schillernden, spaßigen, selbstbewussten<br />

und einfach großartigen Frauen,<br />

die die Fernsehwelt zu bieten hat, zu<br />

porträtieren, so soll hier nochmal mittels<br />

verstärktem Name-Dropping darauf hingewiesen<br />

werden, dass auch das reaktionäre<br />

Medium, dem sich feministisch<br />

bewusste Frauen immer und immer wieder<br />

gegenüber sehen, Platz und Nischen<br />

bietet, in denen Frauen sich austoben<br />

können: Ob Eddy und Patsy in „Absolutely<br />

Fabulous“ den Punk auch mit über<br />

vierzig noch hochleben lassen und sich<br />

jeden Tag ausgiebig selbst feiern, ob die<br />

moderne und kulturinteressierte N<strong>an</strong>a in<br />

„Suddenly Sus<strong>an</strong>“ eine Lebensweisheit<br />

<strong>an</strong> den Tag legt, von der sich nicht nur<br />

alle Männer, sondern auch viele Frauen<br />

noch etwas abschauen können, ob Carrie<br />

den „King of Queens“ bei ihrem<br />

Vorhaben, keine Kinder bekommen zu<br />

wollen, nicht einmal ignoriert oder die<br />

großartige Kirstie Alley in „Veronicas<br />

Closet“ zeigt, dass Frauen <strong>an</strong> der Spitze<br />

eines Unternehmens nicht zwingend<br />

verhärmt und frustriert sein müssen<br />

und sich Lois in „Malcolm mittendrin“<br />

kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn<br />

sie für ihre Rechte und Bedürfnisse<br />

eintritt.<br />

Sie alle zeigen, dass das Leben<br />

mehr zu bieten hat als die Aufopferung<br />

für eine Familie und die ewige Suche<br />

nach dem „Traumm<strong>an</strong>n“ nicht der einzige<br />

Lebensinhalt für Frauen sein muss.<br />

Sie nehmen sich frech einfach mehr<br />

vom Leben – so wie wir alle. ❚<br />

desasterthesen<br />

dezember jänner <strong>2005</strong> <strong>2006</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 35

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