Dezember 2005/Jänner 2006 (PDF) - an.schläge
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20. Oktober als „radikale Abtreibungsgegnerin“<br />
und von Monika V<strong>an</strong>a als<br />
„religiös-fundamentalische ‚Pro-Life’-<br />
Aktivistin“ bezeichnet wird. Kugler-<br />
L<strong>an</strong>g selbst dist<strong>an</strong>zierte sich von „unterstützenden“<br />
Postwurfsendungen<br />
und von „milit<strong>an</strong>ten oder unadäquaten<br />
Texten“, die, so eine Stellungnahme<br />
auf der VP-Wien-Homepage, ohne<br />
ihr Wissen ausges<strong>an</strong>dt wurden. Den<br />
Forderungen von SP und Grünen, die<br />
Frau von der Liste zu streichen, kam<br />
Gio Hahn, der Chef der Wiener<br />
Schwarzen nicht nach. Erst der WählerInnenwille<br />
führte dazu, dass sie<br />
m<strong>an</strong>gels Stimmen – ca. dreißig Prozent<br />
für die ÖVP wären nötig gewesen<br />
– nun nicht in den Gemeinderat<br />
einzog. „Das heißt aber nicht, dass damit<br />
auch ihr Ged<strong>an</strong>kengut aus dem<br />
Gemeinderat fern bleiben wird“,<br />
warnt die Stadträtin Monika V<strong>an</strong>a,<br />
Frauensprecherin der Wiener Grünen.<br />
Eine Warnung, die uns gut in Erinnerung<br />
bleiben sollte, denn auch<br />
Maria Rauch-Kallat, Ministerin für Gesundheit<br />
und „Frauen“, wollte schon<br />
im <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Interview im März nicht<br />
eindeutig für das Recht auf Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
eintreten: „Ich<br />
spreche da ungern von einem Frauenrecht.“<br />
Und meinte damals: „Wir haben<br />
in Österreich eine geltende<br />
Rechtslage, die wird nicht in Frage<br />
gestellt – von niem<strong>an</strong>dem in diesem<br />
L<strong>an</strong>d.“ So „deutliche“ Worte f<strong>an</strong>d sie<br />
in der Kugler-L<strong>an</strong>g-Debatte gegenüber<br />
der VP-K<strong>an</strong>didatin nicht. Stattdessen<br />
meinte Rauch-Kallat in einer<br />
Aussendung am 21. Oktober nur, dass<br />
von den Unterstützungsaufrufen einzelner<br />
Gruppen für Kugler-L<strong>an</strong>g nicht<br />
auf die Haltung der ÖVP zur Fristenlösung<br />
geschlossen werden könne.<br />
Wie diese allerdings genau aussieht,<br />
weiß frau nun auch nicht, denn der<br />
folgende Satz: „Auf Basis der geltenden<br />
Rechtslage trete m<strong>an</strong> für eine<br />
Stärkung des Rechts der Frau auf<br />
Information über Möglichkeiten, Folgen<br />
und Alternativen eines Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruches<br />
ein“. lässt Raum<br />
für diverse Interpretationsmöglichkeiten.<br />
Da die Interpretation in der öffentlichen<br />
Diskussion zu oft den AbtreibungsgegnerInnen<br />
überlassen<br />
wird, sollen hier nun einige Punkte<br />
für Klarheit sorgen.<br />
AbtreibungsgegnerInnen. Dass der Kampf<br />
noch l<strong>an</strong>ge kein Ende hat, wird Frauen<br />
mit jedem Weg vorbei <strong>an</strong> den Klinikeingängen<br />
deutlich. Davor stehen<br />
Frauen und Männer mit Rosenkränzen<br />
oder Plastikembryonen in Händen,<br />
mit Plakaten, die blutige Bilder,<br />
Embryonen und ähnliches zeigen. D<strong>an</strong>eben<br />
gibt es sogen<strong>an</strong>nte „Lebenszentren“<br />
und Personen, die vorübergehende<br />
Frauen mit „Infomaterial“<br />
wie z.B. „Miriam ... warum weinst<br />
Du?“ versorgen, einem Schriftstück, in<br />
dem Abtreibung u.a. „als die grösste<br />
(sic!) Tragödie der Menschheitsgeschichte“<br />
bezeichnet wird. Darin sind<br />
Sätze wie „Die Liberalisierung der Abtreibung<br />
hat dazu geführt, dass m<strong>an</strong><br />
zur ‚Endlösung’ schreitet, welche darin<br />
besteht, dass der Schwache, der Invalide<br />
und derjenige, der nichts nützt,<br />
eliminiert werden“ veröffentlicht und<br />
ein sogen<strong>an</strong>ntes „Post-Abortion-Syndrom“<br />
beschrieben. Barbara Laschalt,<br />
Psychologin und Mitarbeiterin des<br />
Gynmed-Ambulatoriums ist es deshalb<br />
wichtig aufzuklären, dass es kein<br />
solches Syndrom gibt: „Es gibt keinen<br />
wissenschaftlichen Nachweis. Es gibt<br />
g<strong>an</strong>z viele Studien, die alle zu keinem<br />
Ergebnis geführt haben.“ Auch die<br />
tatsächliche Größe der Schw<strong>an</strong>gerschaft<br />
habe meist nichts mit den gezeigten<br />
Bildern zu tun. In der fünften<br />
Woche sehe m<strong>an</strong> z.B. nur einen dunklen<br />
Punkt am Ultraschall, erklärt<br />
Kr<strong>an</strong>kenschwester Margot Schaschl,<br />
die ebenfalls bei Gynmed arbeitet.<br />
Elke Graf, Geschäftsführerin des<br />
Ambulatoriums am Fleischmarkt,<br />
meint, dass sich die Situation vor der<br />
Klinik verändert habe: „Früher gabs<br />
eher punktuelle Aktionen von Einzelpersonen.<br />
Jetzt steht HLI org<strong>an</strong>isiert<br />
vor der Tür, während der gesamten<br />
Öffnungszeiten. Frauen fühlen sich<br />
durch die Bilder belästigt und werden<br />
auch nach wie vor <strong>an</strong>gesprochen,<br />
Worte wie ‚Mörderin’ fallen immer<br />
noch.“ Direkt mit den AktivistInnen<br />
ausein<strong>an</strong>dersetzen möchte sie sich<br />
allerdings dennoch nicht: „Die Entscheidung<br />
über einen Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
liegt bei der Frau und<br />
es ist legal.“ Darüber wolle sie auch<br />
keine Diskussionen führen, sie respektiere<br />
Meinungen pro und contra<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch, auch jene<br />
der AbtreibungsgegnerInnen, „was<br />
ich nicht respektiere, ist, dass diese<br />
ihre Meinung <strong>an</strong>deren aufzwingen<br />
wollen“.<br />
Der Prozess. Dass Vorsicht – zumindest<br />
bei der Kritik <strong>an</strong> AbtreibungsgegnerInnen<br />
<strong>an</strong>gebracht ist, zeigte ein Medienrechtsprozess,<br />
den Dietmar Fischer<br />
von Hum<strong>an</strong> Life International<br />
gegen Claudia Sorger wegen einiger<br />
Aussagen ihres in der Volksstimme<br />
10/2002 erschienenen Artikels „Terror<br />
vor der Klinik“ <strong>an</strong>strebte. Die SLP-<br />
Frauensprecherin versuchte in ihrem<br />
Text nicht nur politische Verbindungen<br />
der AktivistInnen zu FPÖ und<br />
ÖVP aufzudecken, es sollte auch ein<br />
Artikel sein, „in dem die Methoden<br />
der radikalen Abtreibungsgegner beschrieben<br />
wurden“, steht in der SLP-<br />
Broschüre. „Volles Selbstbestimmungsrecht<br />
für Frauen. Gegen den<br />
Terror der Abtreibungsgegner“ vermerkt.<br />
„Morddrohungen, Beschimpfungen,<br />
Behinderungen beim Betreten<br />
des Arbeitsplatzes – die Beschäftigten<br />
der Abtreibungsklinik haben<br />
Angst, ihnen wird vorgeworfen, ‚unschuldige<br />
Kinder zu töten’“, mit diesen<br />
Worten leitete Sorger ihren Artikel<br />
ein und behauptete u.a.: „In ihrem<br />
Kampf gegen die Abtreibung nutzen<br />
sie die Einflusssphären auf konservative<br />
Parteien und Regierungen<br />
und betreiben Psychoterror gegen<br />
Frauen und Klinikpersonal“ und wurde<br />
laut §111 StGB und §6 Mediengesetz<br />
wegen übler Nachrede geklagt.<br />
Im Prozess versuchte die damals Beschuldigte<br />
den Wahrheitsbeweis <strong>an</strong>zutreten,<br />
zahlreiche ZeugInnen, darunter<br />
PatientInnen und KlinikmitarbeiterInnen<br />
der Mairo- bzw. Lucina-<br />
Klinik waren geladen.<br />
Eine der Zeuginnen schilderte in<br />
diesem Verfahren plastisch, dass sie<br />
auch <strong>an</strong>onyme, telefonische „Morddrohungen“<br />
erhalten habe: „Es wurde<br />
mir mein Grabstein vorgelesen,in<br />
welcher Reihe er am Zentralfriedhof<br />
stehen wird, nur das Todesdatum hat<br />
gefehlt“, wird in der SLP-Broschüre eine<br />
der Aussagen zitiert. Vor Gericht<br />
wurden diese Aussagen zwar nicht<br />
als „wahr“ bestätigt, das Bild, das sich<br />
aus den ZeugInnenaussagen insgesamt<br />
ergab, die zum Teil weit umfassender<br />
als Claudia Sorgers Artikel waren,<br />
reichte der Richterin allerdings,<br />
abtreibungthema<br />
Ein Faksimile des „Abtreibung<br />
tötet“-Inserats des Kalenders des<br />
Mittelschülerkartellverb<strong>an</strong>ds<br />
und Schüler-Union<br />
Infos:<br />
Abtreibung ist Frauenrecht<br />
www.die-abtreibung.at.tf<br />
Sozialistischen LinksPartei (SLP)<br />
www.slp.at<br />
Download der Broschüre<br />
„Volles Selbstbestimmungsrecht für<br />
Frauen. Gegen den Terror der Abtreibungsgegner“<br />
unter<br />
slp.at/index.php/abtreibung<br />
Grüne; www.gruene-wien.at<br />
dezember jänner <strong>2005</strong> <strong>2006</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 17