Dezember 2005/Jänner 2006 (PDF) - an.schläge

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Fo t o : E l f r i e d e M a r x , Archiv: STICHWORT. Archiv der Frauen- und Lesbenbewegung themaabtreibung Ein Thema zwischen 14 und 44 1984 demonstrierten Egalita- Frauen vor dem Parlament, 2005 ist es nach wie vor notwendig für Abtreibung als Selbstbestimmungsrecht von Frauen einzutreten. 16 an.schlägedezember jänner 2005 2006 Der Kampf um ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch muss auch 2005 weitergeführt werden. Und nach wie vor ist es notwendig über viele Details aufzuklären. Von Martina Madner „Der Schutz des ungeborenen Lebens liegt denen am meisten am Herzen, die über das geborene verfügen wollen“. Margret Gottliebs Zitat stand bereits in den 1970ern als Leitsatz auf den Flugblättern des Aktionskomitees für das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Ein Zitat, das auch ein Jahr nach dem dreißigjährigen „Jubiläum“ der Fristenlösung immer noch aktuell ist. Denn auch vor dem Jahreswechsel zeigt sich, dass wieder vermehrt Zeichen gegen Abtreibung gesetzt werden. Im Fernsehen laufen Werbespots mit dem Slogan „Baby wir schaffen das“ der „Österreichischen Lebensbewegung“, einer „Pro-Life“-Gruppe, die ausgerechnet vom Ministerium für Gesundheit und „Frauen“ cofinanziert wurden. In einem Kalender des Mittelschülerkartellverbands und der Schüler-Union wird mittels „Abtreibung tötet“-Inserat und Embryonen- bildern für die Organisation „Jugend für das Leben“ geworben. Der Kalender werde an den Schulen verteilt und damit diese Art von Ideen unter Jugendlichen verbreitet, weiß Sonja Grusch, die Vorsitzende der SLP: „Und das ist kein Zufall. Sie hatten auch schon in einem der letzten Kalender ähnliche Inserate drinnen.“ Mit Gudrun Kugler-Lang setzte die Wiener VP eine Frau auf ihre KandidatInnenliste, die von Sonja Wehsely in einer OTS-Aussendung vom

20. Oktober als „radikale Abtreibungsgegnerin“ und von Monika Vana als „religiös-fundamentalische ‚Pro-Life’- Aktivistin“ bezeichnet wird. Kugler- Lang selbst distanzierte sich von „unterstützenden“ Postwurfsendungen und von „militanten oder unadäquaten Texten“, die, so eine Stellungnahme auf der VP-Wien-Homepage, ohne ihr Wissen ausgesandt wurden. Den Forderungen von SP und Grünen, die Frau von der Liste zu streichen, kam Gio Hahn, der Chef der Wiener Schwarzen nicht nach. Erst der WählerInnenwille führte dazu, dass sie mangels Stimmen – ca. dreißig Prozent für die ÖVP wären nötig gewesen – nun nicht in den Gemeinderat einzog. „Das heißt aber nicht, dass damit auch ihr Gedankengut aus dem Gemeinderat fern bleiben wird“, warnt die Stadträtin Monika Vana, Frauensprecherin der Wiener Grünen. Eine Warnung, die uns gut in Erinnerung bleiben sollte, denn auch Maria Rauch-Kallat, Ministerin für Gesundheit und „Frauen“, wollte schon im an.schläge-Interview im März nicht eindeutig für das Recht auf Schwangerschaftsabbruch eintreten: „Ich spreche da ungern von einem Frauenrecht.“ Und meinte damals: „Wir haben in Österreich eine geltende Rechtslage, die wird nicht in Frage gestellt – von niemandem in diesem Land.“ So „deutliche“ Worte fand sie in der Kugler-Lang-Debatte gegenüber der VP-Kandidatin nicht. Stattdessen meinte Rauch-Kallat in einer Aussendung am 21. Oktober nur, dass von den Unterstützungsaufrufen einzelner Gruppen für Kugler-Lang nicht auf die Haltung der ÖVP zur Fristenlösung geschlossen werden könne. Wie diese allerdings genau aussieht, weiß frau nun auch nicht, denn der folgende Satz: „Auf Basis der geltenden Rechtslage trete man für eine Stärkung des Rechts der Frau auf Information über Möglichkeiten, Folgen und Alternativen eines Schwangerschaftsabbruches ein“. lässt Raum für diverse Interpretationsmöglichkeiten. Da die Interpretation in der öffentlichen Diskussion zu oft den AbtreibungsgegnerInnen überlassen wird, sollen hier nun einige Punkte für Klarheit sorgen. AbtreibungsgegnerInnen. Dass der Kampf noch lange kein Ende hat, wird Frauen mit jedem Weg vorbei an den Klinikeingängen deutlich. Davor stehen Frauen und Männer mit Rosenkränzen oder Plastikembryonen in Händen, mit Plakaten, die blutige Bilder, Embryonen und ähnliches zeigen. Daneben gibt es sogenannte „Lebenszentren“ und Personen, die vorübergehende Frauen mit „Infomaterial“ wie z.B. „Miriam ... warum weinst Du?“ versorgen, einem Schriftstück, in dem Abtreibung u.a. „als die grösste (sic!) Tragödie der Menschheitsgeschichte“ bezeichnet wird. Darin sind Sätze wie „Die Liberalisierung der Abtreibung hat dazu geführt, dass man zur ‚Endlösung’ schreitet, welche darin besteht, dass der Schwache, der Invalide und derjenige, der nichts nützt, eliminiert werden“ veröffentlicht und ein sogenanntes „Post-Abortion-Syndrom“ beschrieben. Barbara Laschalt, Psychologin und Mitarbeiterin des Gynmed-Ambulatoriums ist es deshalb wichtig aufzuklären, dass es kein solches Syndrom gibt: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Nachweis. Es gibt ganz viele Studien, die alle zu keinem Ergebnis geführt haben.“ Auch die tatsächliche Größe der Schwangerschaft habe meist nichts mit den gezeigten Bildern zu tun. In der fünften Woche sehe man z.B. nur einen dunklen Punkt am Ultraschall, erklärt Krankenschwester Margot Schaschl, die ebenfalls bei Gynmed arbeitet. Elke Graf, Geschäftsführerin des Ambulatoriums am Fleischmarkt, meint, dass sich die Situation vor der Klinik verändert habe: „Früher gabs eher punktuelle Aktionen von Einzelpersonen. Jetzt steht HLI organisiert vor der Tür, während der gesamten Öffnungszeiten. Frauen fühlen sich durch die Bilder belästigt und werden auch nach wie vor angesprochen, Worte wie ‚Mörderin’ fallen immer noch.“ Direkt mit den AktivistInnen auseinandersetzen möchte sie sich allerdings dennoch nicht: „Die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch liegt bei der Frau und es ist legal.“ Darüber wolle sie auch keine Diskussionen führen, sie respektiere Meinungen pro und contra Schwangerschaftsabbruch, auch jene der AbtreibungsgegnerInnen, „was ich nicht respektiere, ist, dass diese ihre Meinung anderen aufzwingen wollen“. Der Prozess. Dass Vorsicht – zumindest bei der Kritik an AbtreibungsgegnerInnen angebracht ist, zeigte ein Medienrechtsprozess, den Dietmar Fischer von Human Life International gegen Claudia Sorger wegen einiger Aussagen ihres in der Volksstimme 10/2002 erschienenen Artikels „Terror vor der Klinik“ anstrebte. Die SLP- Frauensprecherin versuchte in ihrem Text nicht nur politische Verbindungen der AktivistInnen zu FPÖ und ÖVP aufzudecken, es sollte auch ein Artikel sein, „in dem die Methoden der radikalen Abtreibungsgegner beschrieben wurden“, steht in der SLP- Broschüre. „Volles Selbstbestimmungsrecht für Frauen. Gegen den Terror der Abtreibungsgegner“ vermerkt. „Morddrohungen, Beschimpfungen, Behinderungen beim Betreten des Arbeitsplatzes – die Beschäftigten der Abtreibungsklinik haben Angst, ihnen wird vorgeworfen, ‚unschuldige Kinder zu töten’“, mit diesen Worten leitete Sorger ihren Artikel ein und behauptete u.a.: „In ihrem Kampf gegen die Abtreibung nutzen sie die Einflusssphären auf konservative Parteien und Regierungen und betreiben Psychoterror gegen Frauen und Klinikpersonal“ und wurde laut §111 StGB und §6 Mediengesetz wegen übler Nachrede geklagt. Im Prozess versuchte die damals Beschuldigte den Wahrheitsbeweis anzutreten, zahlreiche ZeugInnen, darunter PatientInnen und KlinikmitarbeiterInnen der Mairo- bzw. Lucina- Klinik waren geladen. Eine der Zeuginnen schilderte in diesem Verfahren plastisch, dass sie auch anonyme, telefonische „Morddrohungen“ erhalten habe: „Es wurde mir mein Grabstein vorgelesen,in welcher Reihe er am Zentralfriedhof stehen wird, nur das Todesdatum hat gefehlt“, wird in der SLP-Broschüre eine der Aussagen zitiert. Vor Gericht wurden diese Aussagen zwar nicht als „wahr“ bestätigt, das Bild, das sich aus den ZeugInnenaussagen insgesamt ergab, die zum Teil weit umfassender als Claudia Sorgers Artikel waren, reichte der Richterin allerdings, abtreibungthema Ein Faksimile des „Abtreibung tötet“-Inserats des Kalenders des Mittelschülerkartellverbands und Schüler-Union Infos: Abtreibung ist Frauenrecht www.die-abtreibung.at.tf Sozialistischen LinksPartei (SLP) www.slp.at Download der Broschüre „Volles Selbstbestimmungsrecht für Frauen. Gegen den Terror der Abtreibungsgegner“ unter slp.at/index.php/abtreibung Grüne; www.gruene-wien.at dezember jänner 2005 2006an.schläge 17

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themaabtreibung<br />

Ein Thema zwischen 14 und 44<br />

1984 demonstrierten Egalita-<br />

Frauen vor dem Parlament,<br />

<strong>2005</strong> ist es nach wie vor notwendig<br />

für Abtreibung als<br />

Selbstbestimmungsrecht von<br />

Frauen einzutreten.<br />

16 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>dezember jänner <strong>2005</strong> <strong>2006</strong><br />

Der Kampf um ein Recht auf Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch muss auch <strong>2005</strong> weitergeführt<br />

werden. Und nach wie vor ist es notwendig über viele Details aufzuklären.<br />

Von Martina Madner<br />

„Der Schutz des ungeborenen<br />

Lebens liegt denen am meisten<br />

am Herzen, die über das<br />

geborene verfügen wollen“.<br />

Margret Gottliebs Zitat st<strong>an</strong>d<br />

bereits in den 1970ern als Leitsatz<br />

auf den Flugblättern des Aktionskomitees<br />

für das Selbstbestimmungsrecht<br />

der Frau. Ein Zitat, das auch ein<br />

Jahr nach dem dreißigjährigen „Jubiläum“<br />

der Fristenlösung immer<br />

noch aktuell ist. Denn auch vor dem<br />

Jahreswechsel zeigt sich, dass wieder<br />

vermehrt Zeichen gegen Abtreibung<br />

gesetzt werden.<br />

Im Fernsehen laufen Werbespots<br />

mit dem Slog<strong>an</strong> „Baby wir schaffen<br />

das“ der „Österreichischen Lebensbewegung“,<br />

einer „Pro-Life“-Gruppe, die<br />

ausgerechnet vom Ministerium für<br />

Gesundheit und „Frauen“ cofin<strong>an</strong>ziert<br />

wurden.<br />

In einem Kalender des<br />

Mittelschülerkartellverb<strong>an</strong>ds und der<br />

Schüler-Union wird mittels „Abtreibung<br />

tötet“-Inserat und Embryonen-<br />

bildern für die Org<strong>an</strong>isation „Jugend<br />

für das Leben“ geworben. Der Kalender<br />

werde <strong>an</strong> den Schulen verteilt<br />

und damit diese Art von Ideen unter<br />

Jugendlichen verbreitet, weiß Sonja<br />

Grusch, die Vorsitzende der SLP: „Und<br />

das ist kein Zufall. Sie hatten auch<br />

schon in einem der letzten Kalender<br />

ähnliche Inserate drinnen.“<br />

Mit Gudrun Kugler-L<strong>an</strong>g setzte<br />

die Wiener VP eine Frau auf ihre K<strong>an</strong>didatInnenliste,<br />

die von Sonja Wehsely<br />

in einer OTS-Aussendung vom

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