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Dezember 2005/Jänner 2006 (PDF) - an.schläge

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Sexismus und Gegenstrategien; sowie<br />

Schwarze Frauen und Gesundheit.<br />

Ergebnis der Tagung war ein<br />

österreichweiter Forderungskatalog<br />

<strong>an</strong> Gesellschaft, Politik, Wirtschaft,<br />

Bildungseinrichtungen und das Gesundheitssystem.<br />

Der Alltag. Im Bereich Gesundheit wurde<br />

schnell klar, dass Schwarze Frauen<br />

in Österreich oftmals keine optimale<br />

Gesundheitsversorgung erfahren.<br />

M<strong>an</strong>gelndes Wissen über interkulturellen<br />

Umg<strong>an</strong>g mit Patientinnen<br />

schafft Berührungsängste und sprachliche<br />

Barrieren führen zu Missverständnissen.<br />

Die Frauen sind mit unzureichender<br />

Information, geringem<br />

Einfühlungsvermögen und rassistischem<br />

Verhalten konfrontiert. Um all<br />

diese Punkte sollte es auch im GesundheitsT<strong>an</strong>dem<br />

gehen, das auf<br />

zwei Säulen aufgebaut ist: Erstens<br />

geht es um Information für Schwarze<br />

Frauen. Es gab Seminare zum österreichischen<br />

Gesundheitssystem, wobei<br />

zum Beispiel die neue e-card und<br />

ihre Verwendung ein wichtiges Thema<br />

war, zur Frauenheilkunde und zur<br />

Stressbewältigung. Zweitens soll ein<br />

Austausch zwischen Schwarzen Frauen<br />

und Gesundheits- und Pflegepersonal<br />

stattfinden. Dafür wurde die<br />

sog. T<strong>an</strong>dem-Methode gewählt, die<br />

ursprünglich für das paarweise Sprachenlernen<br />

entwickelt worden war. So<br />

wie sich auf einem T<strong>an</strong>dem zwei Menschen<br />

<strong>an</strong>strengen müssen, um vorwärts<br />

zu kommen, sollten in den Gesprächt<strong>an</strong>dems<br />

zwei Frauen gleichberechtigt<br />

von und mitein<strong>an</strong>der lernen.<br />

Im EGA geht der Abend mit D<strong>an</strong>ksagungen<br />

<strong>an</strong> die Sponsorinnen weiter.<br />

Fin<strong>an</strong>ziert wurde das Projekt von<br />

der MA 17 (Integrations- und Diversitäts<strong>an</strong>gelegenheiten),<br />

von der MA<br />

57 (Frauenbüro) und dem Bundesministerium<br />

für Gesundheit und Frauen.<br />

Wichtig war auch die Kooperation mit<br />

dem Wiener Kr<strong>an</strong>ken<strong>an</strong>staltenverbund<br />

(KAV). Zum Erfolg wurde das<br />

Projekt aber erst durch das Engagement<br />

der beteiligten Frauen. Die Projektleiterin<br />

Jennifer Imhoff berichtet<br />

in ihrem Resümee über die verschiedenen<br />

Phasen des Projekts: von der<br />

Org<strong>an</strong>isationsphase, in der sie alle<br />

noch nicht wussten, was sie erwarten<br />

würde, bis zur T<strong>an</strong>dem-Phase, wo die<br />

Arbeit erst richtig <strong>an</strong>fing, die Motivation<br />

m<strong>an</strong>chmal schwer war, weil lebenserhaltende<br />

Gründe, wie neue<br />

Jobs, einige Teilnehmerinnen ausscheiden<br />

ließen. Aber das Echo war<br />

enorm positiv, beide Seiten hatten<br />

viel vonein<strong>an</strong>der gelernt. Gerade auch<br />

die Seminare erfreuten sich großer<br />

Nachfrage. Die Open Space-Methode<br />

ermöglichte eine individuell auf die<br />

Gruppenbedürfnisse abgestimmte<br />

Diskussion. Die Stimmung in den Seminaren<br />

und Workshops vermittelt<br />

d<strong>an</strong>n eine Powerpoint-Präsentation<br />

mit vielen Fotos. Konzentriertes Arbeiten<br />

und lachende Gesichter untermauern<br />

die Berichte von Achaleke und Imhoff<br />

über die Produktivität der Gruppen<br />

und die neuen Freundinnenschaften,<br />

die hier geschlossen wurden.<br />

Die T<strong>an</strong>dems. Auch die T<strong>an</strong>demgruppen<br />

kommen <strong>an</strong> diesem Abend zu Wort.<br />

Eine Vierert<strong>an</strong>demgruppe hatte sich<br />

mit dem Thema Kaiserschnitt ausein<strong>an</strong>dergesetzt.<br />

Ausg<strong>an</strong>gspunkt war,<br />

dass Hebammen, ÄrztInnen und<br />

Schwarze Frauen den Eindruck haben,<br />

dass die Kaiserschnittrate bei Schwarzen<br />

Frauen besonders hoch ist, was<br />

aber m<strong>an</strong>gels Studien nicht empirisch<br />

bewiesen ist. Die T<strong>an</strong>demfrauen fingen<br />

– ohne wissenschaftlichen Anspruch<br />

– <strong>an</strong>, Nachforschungen zu betreiben,<br />

indem sie u.a. ÄrztInnen und<br />

Hebammen zu ihrer Einschätzung befragten.<br />

Sie f<strong>an</strong>den zahlreiche Umstände,<br />

die eine mögliche höhere Kaiserschnittrate<br />

bei Schwarzen Frauen<br />

bedingen können. So gibt es psychosoziale<br />

Faktoren, wie un<strong>an</strong>genehme<br />

Kr<strong>an</strong>kenhausatmosphäre und unsensibles<br />

Personal, die Stress erzeugen<br />

und somit komplizierte Geburten erzeugen<br />

können. Kulturelle Gründe<br />

können unterschiedlicher Umg<strong>an</strong>g<br />

mit Schmerz oder Angst sein. Ein<br />

großes Problem sind auch Sprachbarrieren.<br />

Von m<strong>an</strong>chen wurde außerdem<br />

ein „becken<strong>an</strong>atomischer Unterschied“<br />

behauptet, der von <strong>an</strong>deren<br />

aber verneint wurde. Scheinbar würden<br />

m<strong>an</strong>che ÄrztInnen einen <strong>an</strong>geblichen<br />

Unterschied aber als Grund für<br />

einen Kaiserschnitt benutzen, obwohl<br />

eher die oben gen<strong>an</strong>nten Faktoren<br />

ausschlaggebend sind. Das Kaiserschnitt-T<strong>an</strong>dem<br />

leitete aus seinem<br />

Bericht eine Reihe von Maßnahmen-<br />

vor<strong>schläge</strong>n ab: <strong>an</strong>tirassistische Sensibilisierung,Personalentwicklungsmaßnahmen<br />

(Schulungen, Ausl<strong>an</strong>dserfahrungen),<br />

Einsatz von DolmetscherInnen,<br />

eine wissenschaftliche<br />

Studie zum Thema und Information<br />

für die betroffenen Frauen, in Sprachen,<br />

die diese gut verstehen.<br />

Eine weitere T<strong>an</strong>demgruppe fordert<br />

auf: „Suchen wir das Gemeinsame,<br />

nicht das Trennende“. Als Anschauungsmaterial<br />

halten die beiden<br />

Frauen zwei Röntgenaufnahmen des<br />

Brustkorbs ins Licht. Daraus lässt sich<br />

nicht erkennen, welche Hautfarbe die<br />

geröntgte Person hat, und dennoch<br />

machen Schwarze Frauen im Kr<strong>an</strong>kenhaus<br />

die Erfahrung, <strong>an</strong>ders gesehen<br />

zu werden, wegen der äußeren auch<br />

innere Unterschiede vermutet werden.<br />

Forderungen. Die Zeit ist schnell verg<strong>an</strong>gen<br />

<strong>an</strong> diesem Abend. Zum Schluss<br />

präsentiert Beatrice Achaleke noch<br />

den Forderungskatalog des SFC zur<br />

Gesundheit: Da ist zum wiederholten<br />

Mal die Forderung nach mehrsprachiger<br />

Information. Während es teilweise<br />

schon Infofolder in Türkisch oder Serbokroatisch<br />

gibt, gibt es keine Information<br />

auf Englisch oder Fr<strong>an</strong>zösisch,<br />

geschweige denn in afrik<strong>an</strong>ischen<br />

Sprachen. Weiters sollten die Patientinnen<br />

besser über ihre Rechte, zum<br />

Beispiel die PatientInnen<strong>an</strong>waltschaft,<br />

informiert werden. Ein zentraler Punkt<br />

ist auch die Forderung nach Fortbildungsmaßnahmen<br />

sowohl für medizinisches<br />

Personal als auch für Migr<strong>an</strong>tinnen.<br />

So besteht sowohl der Wunsch<br />

das GesundheitsT<strong>an</strong>dem in dieser oder<br />

ähnlicher Form zu wiederholen als<br />

auch der Wille zu neuen Kooperationen.<br />

Ein konkreter Ansatzpunkt ist inzwischen<br />

eine Zusammenarbeit mit<br />

F.E.M. Süd, dem FrauenElternMädchen<br />

Gesundheitszentrum im Wiener Kaiser<br />

Fr<strong>an</strong>z Joseph-Spital. Während Achaleke<br />

voll Tatendr<strong>an</strong>g in die Zukunft blickt,<br />

pirscht sich eines ihrer Kinder <strong>an</strong>. Also<br />

bal<strong>an</strong>ciert sie für den Rest der Präsentation<br />

auch noch ein Kind auf der Hüfte.<br />

Kein Problem bei einem Projekt, das,<br />

wie den g<strong>an</strong>zen Abend über eindrucksvoll<br />

bewiesen wurde, in der Lebenswirklichkeit<br />

der mitwirkenden Frauen<br />

stattfindet und nicht nur von außen<br />

reflektiert oder diskutiert wird. ❚<br />

t<strong>an</strong>demgesundheits<br />

Weitere Links:<br />

www.hebammenzentrum.at<br />

freie-hebammen@hebammenzentrum.at<br />

www.t<strong>an</strong>demcity.info<br />

www.fem.at<br />

dezember jänner <strong>2005</strong> <strong>2006</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 11

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