September 2000 (PDF) - an.schläge
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Fo t o s : M a g d a l e n a B l a s zc z u k<br />
diffamierte Medien, darunter übrigens<br />
auch die <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>.<br />
Bereits das bestehende Förderungssystem<br />
Allgemeine und Besondere<br />
Presseförderung für Tageszeitungen<br />
und Wochenmagazine und eine weitaus<br />
geringere Publizistikförderung für<br />
alle <strong>an</strong>deren periodisch erscheinenden<br />
Zeitschriften, benachteiligt alternative<br />
Medien, die keine werbewirksamen<br />
Kaufblätter sein wollen, sondern denen<br />
LeserInnenorientierte kritische Berichterstattung<br />
am Herzen liegt. 1999 wurden<br />
acht Tageszeitungen mit einer Gesamtsumme<br />
von 165 Mio Schilling<br />
durch die Besondere Presseförderung<br />
gefördert. Zum Vergleich: Die Publizistikförderung<br />
für drei feministische<br />
Medien betrug gerade einmal <strong>an</strong> die<br />
140.000 Schilling.<br />
Post ade. Bisher wurden Printmedien<br />
auch über den begünstigten Postervers<strong>an</strong>dtarif<br />
indirekt subventioniert. Ab<br />
2002 wird es dafür keine Förderungen<br />
von Seiten des Staates mehr geben. Die<br />
Post reagiert mit einer 15%igen Erhöhung<br />
(voraussichtlich) ab <strong>September</strong><br />
<strong>2000</strong>, im Jänner 2001 folgen d<strong>an</strong>n weitere<br />
15% Verteuerung. Im Jahr 2002<br />
wird es laut Aussagen des Post-Sprecher,<br />
Michaele Homula,„keinen Postzeitungsdienst<br />
mehr geben.“<br />
Was als Strukturmaßnahme im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />
mit der Privatisierung der<br />
Post verkauft wird, könnte vielen Medien<br />
das Genick brechen: Allein die österreichischen<br />
Tageszeitungen müssen<br />
d<strong>an</strong>n nach den Berechnungen des Verb<strong>an</strong>des<br />
Österreichischer Zeitungen <strong>an</strong><br />
die 400 Millionen Schilling mehr <strong>an</strong> die<br />
Post überweisen. Hochauflagige, kommerzielle<br />
Zeitungen und Zeitschriften<br />
können sich allerdings eventuell eigene<br />
Vertriebssysteme aufbauen oder bestehende<br />
Vertriebssyteme der Mediaprint<br />
nutzen – zumindest im städtischen Bereich.<br />
Anders ist die Situation für Alternativmedien.<br />
Für viele k<strong>an</strong>n die Streichung<br />
des begünstigten Postvers<strong>an</strong>dtarifs<br />
den Todestoß bedeuten.<br />
Einsparungspotential für die Regierung<br />
ist hier übrigens kaum vorh<strong>an</strong>den:<br />
Die Zahl der beförderten Exemplare von<br />
Alternativzeitungen beträgt nach Berechnungen<br />
der Vereinigung alternativer<br />
Zeitungen etwa 1,67 Promille (!) der insgesamt<br />
beförderten Zeitungen und<br />
Zeitschriften (geschätzte 1,5 Millionen<br />
von 900 Millionen Exemplaren).<br />
Feminismus hallo. „Das flickt kein Budgetloch,<br />
löscht aber eine feministische Gegenöffentlichkeit<br />
aus – und diese zuerst,<br />
da sie am ungeschütztesten ist!“<br />
betonen die AUF-Frauen im diest<strong>an</strong>dard-Interview.<br />
Für Medien, die unter<br />
1000 Stück versenden, fällt der begünstigte<br />
Vers<strong>an</strong>dtarif schon ab <strong>September</strong><br />
gänzlich weg. Zeitschriften mit einem<br />
spezifischen Leserinnenkreis wie zum<br />
Beispiel „Der Apfel. Rundbrief des Österreichischen<br />
Frauenforums Feministische<br />
Theologie“ haben jedoch eine geringere<br />
Auflage. „Die Situation der kleinen<br />
und vor allem auch der feministischen<br />
Medien geht in der öffentlichen<br />
Diskussion völlig unter“, sagt APFEL-Redakteurin<br />
Maria Moser.<br />
Die Org<strong>an</strong>isatorInnen (Radio FRO)<br />
des Free Speech-Camp im Rahmen der<br />
ArsElectronica <strong>2000</strong> zum Internationalen<br />
Aktionstag der Freien Medien am 7.<br />
<strong>September</strong> jedenfalls haben sich keine<br />
Ged<strong>an</strong>ken über feministische Medien<br />
gemacht. „Es ist über feministische Inhalte<br />
nicht diskutiert worden“, gibt<br />
Alex<strong>an</strong>der Baratsits von Radio FRO zu.<br />
Die freien Radios sind übrigens selbst<br />
massiv von den Sparmaßnahmen der<br />
Regierung betroffen und müssen mit<br />
Budgetkürzungen von 75% ums Überleben<br />
kämpfen. „Früher gab es im NGO-<br />
Bereich zumindest noch im Bund Ansprechpartner,<br />
jetzt fällt das auch weg“,<br />
klagt Angelika Hödll vom Kärntner<br />
Volksgruppenradio AGORA (vgl zur Situation<br />
de Volksgruppenradios S. 16ff in<br />
dieser Nummer).<br />
SP-Bundesrätin Melitta Trunk<br />
bemerkt in ihrer Anfrage <strong>an</strong> den Infrastrukturminister<br />
richtig:„Die nun gepl<strong>an</strong>te<br />
Änderung stellt einen eklat<strong>an</strong>ten<br />
Angriff auf die demokratische<br />
Artikulationsmöglichkeit aller Fraueninitiativen,<br />
-projekte und vereine dar.<br />
G<strong>an</strong>z besonders ist zu befürchten, auf<br />
Grund der Äußerungen von VP- Klubobm<strong>an</strong>n<br />
Dr. Khol, daß von der Existenzbedrohung<br />
durch die Abschaffung der<br />
Subventionierung des Postvers<strong>an</strong>des<br />
vor allem jene Gruppen betroffen sind,<br />
die einen moderne offensive Frauenpolitik<br />
betreiben.“<br />
Kein Dividieren. Die Bedrohung unserer<br />
feministischen medialen Gegenöffentlichkeit<br />
ver<strong>an</strong>laßte einige in Wien erscheinende<br />
feministische Printmedien<br />
zu einem gemeinsamen Vorgehen. Seit<br />
April <strong>2000</strong> treffen sich acht feministische<br />
Medien ein bis dreimal monatlich,<br />
um die Vernetzung vor<strong>an</strong>zutreiben, gemeinsame<br />
Strategien gegen die Rechtsentwicklung<br />
in Österreich zu überlegen<br />
und ein Weiterbestehen der feministischen<br />
Medien in Österreich zu sichern.<br />
Als direkte Reaktion auf die stufenweise<br />
Abschaffung des begünstigten<br />
Postvers<strong>an</strong>dtarifs protestierten die<br />
feministischen Medien mit einem<br />
Aufkleber unter dem Motto „Post it!<br />
Frauen (k)leben <strong>an</strong>ders“ gegen die als<br />
Einsparung verkaufte Maßnahme.<br />
Parallel dazu wurden Frauen via<br />
Mailing-Listen beziehungsweise in den<br />
Zeitschriften aufgefordert, einen von<br />
den feministischen Medien formulierten<br />
Protestbrief <strong>an</strong> die Regierung zu<br />
schicken (vgl <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 5/00) In einem gemeinsamen<br />
Folder sind acht Medien<br />
vertreten, um die Vielfältigkeit der feministischen<br />
Medienl<strong>an</strong>dschaft darzustellen:„Wir<br />
machen viele feministische<br />
Zeitschriften weil (...) wir die einseitige,<br />
heterosexistische Norm aufbrechen,<br />
weil wir uns gegen die Gewalt, die Frauen<br />
und Mädchen tagtäglich <strong>an</strong>get<strong>an</strong><br />
wird, wehren, weil Lesben sich und ihre<br />
vielfältigen Lebensweisen darstellen<br />
(...), weil wir die globalen Machtverhältnisse<br />
hinterfragen.“<br />
Der Folder wurde auf einem Fest<br />
präsentiert.„Frauen kleben FEST“ lautete<br />
die Botschaft. Frauen werden sich auch<br />
in Zukunft kein Blatt vor den feministischen<br />
Mund nehmen. Und vor allem<br />
werden sich die feministischen Medien<br />
nicht von einer divide et impera-Politik,<br />
wie sie die derzeitige Regierung betreibt,<br />
ausein<strong>an</strong>der dividieren lassen. Für die<br />
Zukunft ist <strong>an</strong> eine österreichweite Vernetzung<br />
gedacht, <strong>an</strong> der nicht nur Printmedien,<br />
sondern auch elektronische<br />
Medien teilnehmen sollen. Wir werden<br />
bestimmt nicht Voltaire zitieren, stattdessen<br />
dafür kämpfen, daß wir unsere<br />
Meinung veröffentlichen können. ❚<br />
medienösterreichpolitik<br />
Infos zum Internationalen<br />
Aktionstag der Freien Medien<br />
http://www.fro.at<br />
Infos zur Vereinigung<br />
alternativer Zeitungen und<br />
Zeitungen<br />
http://vaz.mediaweb.at<br />
Verb<strong>an</strong>d der feministischen<br />
Medien:<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />
AUF<br />
Der Apfel<br />
Female Sequences<br />
Frauensolidarität<br />
LILA Schriften<br />
LesbenFrauenNachrichten<br />
nylon<br />
september <strong>2000</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 09