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arbeitdiplom<br />

36 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>september <strong>2000</strong><br />

Der Prozeß der Umorg<strong>an</strong>isation<br />

wissenschaftlichen Arbeitens<br />

hat längst begonnen. Leistungen,<br />

die von den Universitäten<br />

erbracht werden sollten, wurden<br />

ausgelagert, insbesondere im<br />

feministischen Bereich –<br />

Profundus-Gründerin<br />

Gudrun Perko im Gespräch mit<br />

Gabi Horak. Foto oben<br />

Studierenden sehen sich die ProfessorInnen<br />

jedoch vielerorts einer Nachfrage<br />

<strong>an</strong> Betreuung gegenüber, die nur<br />

schwer zu decken ist. Es wird versucht<br />

den M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Zeit, um einzelne StudentInnen<br />

individuell zu beraten, durch<br />

das Hinzuziehen von NebenbetreuerInnen,<br />

externen LektorInnen und TutorInnen<br />

auszugleichen. Nun zeigt sich jedoch<br />

immer deutlicher, daß auch die<br />

NebenbetreuerInnen schon überlastet<br />

sind und fin<strong>an</strong>zielle Einsparungen treffen<br />

besonders die ohnehin unterbezahlten<br />

TutorInnen. „Wir leisten viel mehr<br />

Arbeit, als uns bezahlt wird“, stellt Margit<br />

Wolfsberger fest, die seit mehreren<br />

Jahren am Wiener Institut für Publizistik-<br />

und Kommunikationswissenschaft<br />

als Tutorin arbeitet. Natürlich leistet sie<br />

auch gerne Hilfe bei Abschlußarbeiten,<br />

„allerdings unbezahlt“, betont sie. Ihre<br />

Kollegin, Andrea Schaffar, bietet des öfteren<br />

private Hilfestellung für Studentinnen<br />

<strong>an</strong>, die <strong>an</strong> ihrer Diplomarbeit<br />

schreiben, muß sich nun aber <strong>an</strong>gesichts<br />

der eigenen freien wissenschaftlichen<br />

Tätigkeiten und erneuter fin<strong>an</strong>zieller<br />

Kürzungen der Tutorien „genauestens<br />

überlegen, ob ich mir das Tutorium-Halten<br />

überhaupt noch leisten<br />

k<strong>an</strong>n.“ Ihre Überlegungen gehen viel<br />

eher in die Richtung, das Diplomarbeitscoaching<br />

zu professionalisieren<br />

und im privaten Rahmen <strong>an</strong>zubieten:<br />

„Da ich das sowieso mache, könnt‚ ich<br />

es ja auch in Seminaren machen.“<br />

Alternative Strategien. Die immer mehr<br />

werdenden Angebote außeruniversitärer<br />

Betreuung sind ein unübersehbares<br />

Symptom für eine m<strong>an</strong>gelhafte universitäre<br />

Betreuung. Andrea Braidt vom<br />

Verb<strong>an</strong>d feministischer Wissenschafterinnen<br />

weist der Uni „theoretisch“ die<br />

Aufgabe der wissenschaftlichen Betreuung<br />

zu, aber „in der Praxis sind die Professorinnen<br />

und Professoren in diesem<br />

Bereich oft einfach nicht qualifiziert.“<br />

Besonders Studentinnen, die einen<br />

feministischen Anspruch haben, müssen<br />

oft mit Ignor<strong>an</strong>z seitens der ProfessorInnen<br />

rechnen.<br />

Es lassen sich zwei Strategien ausmachen,<br />

wie Studentinnen auf die<br />

m<strong>an</strong>gelhafte universitäre Betreuung<br />

reagieren. Zum einen ist eine zuneh-<br />

mende Vereinzelung zu beobachten.<br />

Die Studentinnen schreiben „zurückgezogen<br />

im kleinen Kämmerlein“, wie es<br />

Andrea Schaffar ausdrückt. „Vereinzelung<br />

feministischer Wissenschafterinnen<br />

<strong>an</strong> den Unis gibt es sicherlich“, bestätigt<br />

Andrea Braidt. Dies liege einerseits<br />

dar<strong>an</strong>, daß feministische Ansprüche<br />

immer neu gerechtfertigt<br />

werden müßten und <strong>an</strong>dererseits am<br />

M<strong>an</strong>gel eines eigenen Instituts für<br />

feministische Forschung,„um Erfahrungen<br />

auszutauschen, auch Erfahrungen<br />

als Lektorin.“ Die <strong>an</strong>dere Strategie ist<br />

das Bilden privater Arbeitsgemeinschaften,<br />

die sich sich oft in Diplom<strong>an</strong>dInnenseminaren<br />

ergeben. Andrea Schaffar<br />

und Margit Wolfsberger haben beide<br />

durchwegs positive Erfahrungen mit<br />

solchen Arbeitsgemeinschaften gemacht.<br />

Die Studierenden können mit<br />

KollegInnen diskutieren, Ansätze reflektieren<br />

und von <strong>an</strong>deren Ideen profitieren.<br />

Margit hat zusätzlich Kontakt zu<br />

<strong>an</strong>deren WissenschafterInnen gesucht,<br />

die zu ähnlichen Themen arbeiteten:<br />

„Dies geschah vollkommen außerhalb<br />

des Uni-Betriebes und ohne Unterstützung<br />

durch meinen Betreuer.“<br />

Professionelles Coaching. Auch Gudrun<br />

Perko, freie Wissenschafterin und externe<br />

Lektorin, hat Erfahrung mit privatem<br />

Austausch unter StudentInnen gemacht.<br />

Vor drei Jahren beschloß sie d<strong>an</strong>n, diese<br />

unentgeltliche Betreuung aus dem privaten<br />

Rahmen in ein offizielles Umfeld zu<br />

heben, und gründete<br />

gemeinsam mit einer Kollegin „Profundus“,<br />

das erste „Institut für wissenschaftliches<br />

Coaching und Wissenschaftslektorate“.<br />

Seit März 1998 bietet sie nun –<br />

mittlerweile allein – professionelle Betreuung<br />

für Diplom<strong>an</strong>dinnen und Dissert<strong>an</strong>tinnen<br />

<strong>an</strong>, aber auch für Absolventinnen<br />

der Sozialakademien oder Wissenschafterinnen,<br />

die schon längere Zeit<br />

nichts mehr mit universitären Strukturen<br />

zu tun haben. Das ausgelagerte Coaching<br />

sei jedoch keinesfalls als Ersatz für<br />

eine offizielle universitäre Betreuung zu<br />

verstehen, sondern läuft parallel dazu.<br />

Wenn Studentinnen sich dafür entscheiden,<br />

ist Gudrun Perko zu einem Austausch<br />

mit den betreuenden ProfessorInnen<br />

jederzeit bereit.

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