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September 2000 (PDF) - an.schläge

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Barbara Albert hat sich beim Drehen in<br />

die Rolle der Jasmin verliebt. Die Situation<br />

zog mich privat runter, eine schwere<br />

Zeit mit komischen Zufällen, ähnlich<br />

wie im Film, folgte.“ Die strahlende,<br />

lebenslustige Edita f<strong>an</strong>d die Rolle der introvertierten<br />

Tamara als unauffällige<br />

Außenseiterin „ein bißchen undefiniert“.<br />

Barbara Albert erklärte in einem<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Interview, daß sie eine<br />

Hauptfigur haben wollte, die nicht<br />

primär Österreicherin ist und etwas<br />

über Jugoslawien „weil sie sich den<br />

Krieg nicht erklären konnte. Das war<br />

eigentlich alles, denn ich hatte keine<br />

jugoslawische Freundin.“ Die Gewichtung<br />

der zwei Frauenrollen verschob<br />

sich, bis schließlich in der öffentlichen<br />

Meinung Nina Proll als alleinige<br />

„Hauptdarstellerin“ übrig blieb. Um auf<br />

Festivals einen Achtungspreis zu erzielen,<br />

hätte es interess<strong>an</strong>terer Szenen für<br />

Tamara bedurft. Die Leute waren nur interessiert,<br />

wenn sie hörten, daß Edita<br />

zum ersten Mal spielte. „Es war eine<br />

kleine Sensation, daß ich überhaupt in<br />

dieser Kategorie mithalten konnte, doch<br />

ich hatte ständig das Gefühl, daß ich<br />

mehr aus mir herausholen hätte können“,<br />

meint sie dazu. M<strong>an</strong> bremste sie<br />

m<strong>an</strong>chmal mit „zu schnippisch, zu frech,<br />

zu aggressiv“ ein, doch im Film spürt die<br />

Zuschauerin sehr wohl die unterdrückte<br />

Energie der Tamara. Als Anfängerin – „Ich<br />

habe vorher noch nie in meinem Leben<br />

gespielt gehabt“ – hatte sie zwar keine<br />

Schwierigkeiten, in ihre Rolle zu schlüpfen,<br />

doch wieder „auf die Erde zurückzukehren“<br />

gestaltete sich mühsamer:„Meine<br />

Familie klatschte vor meiner Nase in<br />

die Hände und rief: He Edita, aufwachen,<br />

wir sind nicht im Film!“<br />

Klischees und Integration. Gelassen<br />

lächelt Edita Malovcic auf der Pressekonferenz<br />

im Cafe L<strong>an</strong>dm<strong>an</strong>n. Der Verein<br />

Echo lädt zur T<strong>an</strong>znacht in das Technische<br />

Museum. Die 21jährige Schauspielerin,<br />

deren Mutter serbisch, der Vater<br />

ein bosnischer Muslim ist, setzt sich<br />

für Mädchen der zweiten Generation<br />

ein:„Wichtig ist, ob m<strong>an</strong> es schafft, in<br />

die Gesellschaft integriert zu werden<br />

oder nicht. Schon das Wort „Integration“<br />

ist so eine Geschichte: Ich will da<br />

kein Schema vorgeben, wie sich wer integriert.<br />

Jeder findet seinen eigenen<br />

Weg. Doch ich finde, schon aufgrund<br />

der Kommunikationsmöglichkeiten sollte<br />

m<strong>an</strong> die Sprache lernen, sonst ist<br />

gleich schon eine Barriere vorh<strong>an</strong>den.<br />

Sprache ist ein wichtiges Medium – das<br />

muß nicht unbedingt Deutsch sein,<br />

m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n Alternativen finden.“ Die junge,<br />

wunderschöne Frau glaubt dar<strong>an</strong>,<br />

daß sich jede durchsetzen k<strong>an</strong>n:„Jeder,<br />

der sich ein Ziel in den Kopf setzt, seinen<br />

Traum leben will, wird seine Möglichkeit<br />

bekommen. Bei mir hat das<br />

funktioniert. Natürlich muß m<strong>an</strong> viel<br />

dafür tun, m<strong>an</strong> darf die Dinge nicht<br />

laufenlassen. Es hängt auch vom gesellschaftlichen<br />

Kollektiv ab, für Schauspielerinnen<br />

vom Rollen<strong>an</strong>gebot.“<br />

Seit „Nordr<strong>an</strong>d“ spielte sie ausnahmslos<br />

Migr<strong>an</strong>tinnen oder Frauen<br />

aus <strong>an</strong>deren Ländern. Im Herbst in<br />

Hamburg wird Edita Malovcic erstmalig<br />

eine Rolle spielen, in der nicht klar ist,<br />

woher die Figur kommt. Der Filmdreh<br />

„Berlin is in Germ<strong>an</strong>y“ ist gerade beendet.<br />

„In dem Film spiele ich eine heilige<br />

Hure, eine russische Frau, die in einem<br />

Stripperladen arbeitet und einen Typen<br />

nach dem Knast in die Realität zurückführt.<br />

Klischees über Migr<strong>an</strong>tinnen<br />

werden in Drehbüchern schon erfüllt,<br />

diese Russin gilt als männergeil und<br />

modisch. Doch sie ist stark. Tamara, die<br />

ich im Film Nordr<strong>an</strong>d spielte, könnte einem<br />

leid tun, aber auch sie ist sehr<br />

stark in ihrem Leiden. Migr<strong>an</strong>tinnen im<br />

Film haben quasi alle einen Pascher, verschiedene<br />

Klischees nach Verhaltensschemata<br />

oder Looks werden bedient –<br />

aber stark sind sie.“ In Nordr<strong>an</strong>d diskutierte<br />

Edita mit dem Team über den <strong>an</strong>geblichen<br />

Look von jungen Frauen jugoslawischer<br />

Herkunft, die in Österreich<br />

aufgewachsen sind. „G<strong>an</strong>z schlimm<br />

wurde es bei der ersten Kostüm- und<br />

Maskenprobe. Ich wehrte mich gegen<br />

pinkfarbenen Lippenstift, goldene Ohrringe<br />

oder straßbesetzte Pumps.“ Sie besprach<br />

die Jugo-Disco-Szene, machte<br />

„wirklich viel“ bei den Übersetzungen<br />

und bei dem Sprachgemisch von<br />

Deutsch und Jugoslawisch, das für die<br />

zweite Generation typisch ist.<br />

Ein Geben und Nehmen. In der Bundesrepublik<br />

Jugoslawien, oder „Serbien“, wie<br />

Malovcic sagt, wird inzwischen auch<br />

über „Nordr<strong>an</strong>d“ geschrieben. Da ihr<br />

Vater Kemal Malovcic früher ein sehr<br />

berühmter Sänger war, schrieben JournalistInnen<br />

auch über ihre „halbmuslimische“<br />

Herkunft, verhielten sich aber<br />

fair. „Im Film kommt meine serbische<br />

Familie aus Sarajewo. Das tat mir im ersten<br />

Moment weh, da hatte ich eine<br />

Aversion, obwohl es natürlich Serben<br />

aus Sarajewo gibt. Ich habe kein Problem<br />

mit den g<strong>an</strong>zen Nationalitäten,<br />

für mich ist Mensch Mensch, egal woher<br />

er kommt. Über den Krieg war ich<br />

fassungslos, wir fragten uns, was diese<br />

Regierung mit unserem schönen L<strong>an</strong>d<br />

gemacht hat.“ Die Migr<strong>an</strong>tin zweiter<br />

Generation macht sich auch Ged<strong>an</strong>ken<br />

über Leute, die nicht in ihrer Heimat leben:„Das<br />

sind oft mel<strong>an</strong>cholische Personen,<br />

die im Laufe ihres Lebens Komplexe<br />

entwickelt haben. Die Komplexe<br />

kommen von selber. Es muß gar nicht<br />

groß was passieren und Uuups denke<br />

ich schon, ich muß meinen Mund halten.<br />

Diese Personen streben ihre eigenen<br />

Ideale <strong>an</strong>. Diese Leute haben Lust<br />

zu leben, etwas zu schaffen, gerade,<br />

weil sie vorher nicht die Möglichkeit<br />

hatten. Vielleicht auch geflüchtet sind,<br />

weil sie in den Herkunftsländern nichts<br />

eigenes schaffen konnten.“ In „Nordr<strong>an</strong>d“<br />

sähe frau recht gut, wie die Liebe<br />

komme und gehe. „ Das Leben ist ein<br />

ständiges Kommen und Gehen, von<br />

Menschen, von Liebe. Ein hin und her,<br />

ein Geben, ein Nehmen, damit ein<br />

Gleichgewicht gehalten wird.“ Im<br />

Herbst wird Edita Malovcic in einem<br />

neuen TV-Spiel über Fr<strong>an</strong>z Fuchs, den<br />

Briefbombenattentäter, vor der Kamera<br />

stehen. Ab Februar 2001 spielt sie in der<br />

Serie „Medicopter“ Stella Kontini, die<br />

Schwester eines Helden. Außerdem<br />

singt sie bei „Cycles“, einer Studioformation<br />

in Sachen „Modern Elektro Pop“.<br />

Look out for her! ❚<br />

edita malovcickultur<br />

september <strong>2000</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 33

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