September 2000 (PDF) - an.schläge
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kultur<strong>an</strong>.riss<br />
auszeichnung<br />
Elfriede Jelinek<br />
Die Schriftstellerin Elfriede Jelinek hat den diesjährigen „m<strong>an</strong>uskripte”-<br />
Preis des L<strong>an</strong>des Steiermark, der mit ats 150.000,– dotiert ist, erhalten.<br />
Der Autorin wurde in Anerkennung ihrer drei Jahrzehnte <strong>an</strong>haltenden<br />
Verbindung zu der Literaturzeitschrift des Grazer Forum Stadtpark<br />
„m<strong>an</strong>uskripte“ ausgezeichnet, in der viele ihrer Theaterstücke erstmals<br />
erschienen sind. In der Steiermark gilt die Auszeichnung neben dem<br />
Literaturpreis des L<strong>an</strong>des als die wichtigste öffentliche Anerkennung im<br />
literarischen Bereich. Zu den Preisträgerinnen der verg<strong>an</strong>genen Jahre<br />
zählen u.a. Barbara Frischmuth und Friederike Mayröcker.<br />
Im Februar dieses Jahres hat Elfriede Jelinek ein Aufführungsverbot<br />
ihrer Stücke in Österreich ausgesprochen, das allerdings nicht für alternative<br />
Theatergruppen gilt. So wurde in Österreich zuletzt ihre Haider-<br />
Paraphrase „Das Lebewohl“am Wiener Heldenplatz uraufgeführt. Jelinek<br />
zur Rolle, welche die Regierung nun den Frauen zuschreibt:„Für uns<br />
scheint, außer Schönheit, noch die Mutterschaft übrig zu bleiben,<br />
,familienfreundlich’ nennt sich die neue Politik.” is<br />
frauenmuseum<br />
Mythos und Alltag<br />
Das erste österreichische Frauenmuseum wurde am 7. Juli in Vorarlberg<br />
eröffnet: Im neuen Feuerwehr- und Kulturhaus in Hittisau. Die zuständige<br />
L<strong>an</strong>desrätin Eva Maria Weibel war „mit Stolz und Freude erfüllt“: Auf<br />
Grund seiner Einzigartigkeit werde das Frauenmuseum „nicht nur regionale<br />
Bedeutung haben, sondern auch über die Grenzen hinweg großes<br />
Interesse finden.” Ein Aufgabenschwerpunkt soll die Aufarbeitung<br />
sozial- und kulturgeschichtlicher Frauenthemen sein, wobei das<br />
Museum auch aktuelle Themen aufgreifen und vor allem Künstlerinnen<br />
eine Plattform bieten soll. Die derzeit laufende Ausstellung heißt<br />
„Mythos und Alltag. Eine sozialgeschichtliche Installation”. Der Eintritt<br />
kostet nur ats 20,–, für Kinder und Jugendliche gar nichts. Fin<strong>an</strong>ziert<br />
wird das Museum von der Gemeinde und vom L<strong>an</strong>d Vorarlberg. is<br />
Österreichisches Frauenmuseum, Platz 501, 6952 Hittisau, T. 055 13/65 26, Öffnungszeiten: Do 19–21 Uhr, Fr/Sa 16–18 Uhr und So<br />
15–18 Uhr , für Gruppen auch nach Vereinbarung<br />
28 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>september <strong>2000</strong><br />
Angela Heissenberger<br />
Kain und Abel<br />
heim.spiel<br />
Seit 8. Juli lautet J<strong>an</strong>s erste Frage nach dem Aufwachen nicht mehr<br />
„Woisda Papa?“, sondern „Woisda Baby?“ „Der Baby“ heißt Nils und<br />
verhält sich bisher weitgehend unauffällig, was J<strong>an</strong> nicht dar<strong>an</strong> hindert,<br />
ihm seine überschäumende Liebe (m<strong>an</strong>chmal auch eher das Gegenteil<br />
davon) <strong>an</strong>gedeihen zu lassen. Das s<strong>an</strong>fte Schaukeln der Hängematte<br />
steigert sich beispielsweise völlig unerwartet zum drohenden<br />
Überschlag. Das weinende Kind wird mit Stofftieren, Playmobilmännchen<br />
und Autos aller Art getröstet oder beworfen. Oder J<strong>an</strong><br />
fordert <strong>an</strong>gesichts des störenden Bruders die sofortige Kindesweglegung:<br />
„Weiter, Bett!“ Wenn in seinen Augen das gefährliche Glitzern<br />
einsetzt, ist höchste Vorsicht geboten. Harmloses Streicheln k<strong>an</strong>n<br />
in Sekundenbruchteilen in heimtückische Gewaltakte umschlagen.<br />
Und so kommt es, daß ich mittags noch immer mit ungeputzten<br />
Zähnen herumwusle, die fertig geschleuderte Wäsche in der Maschine<br />
vergammelt und das Frühstück zwar noch nicht abgeschlossen,<br />
zeitlich aber längst vom <strong>an</strong>stehenden Mittagessen überholt ist. Vormittagstermine<br />
nehme ich deshalb nur noch ungefrühstückt wahr,<br />
J<strong>an</strong> bekommt beim Bäcker ein trockenes Kipferl in die H<strong>an</strong>d gedrückt.<br />
Ich weiß nicht, wie <strong>an</strong>dere Mütter diesen Hardcore-Job bewältigen.<br />
Mir reicht die Doppeldosis Kinder auch schon ohne Haushalt.<br />
Immerhin gilt es das Überleben beider Kids zu sichern, was bedeutet,<br />
daß ich zumindest eines der kleinen Monster perm<strong>an</strong>ent bei mir<br />
haben muß. Meine Fertigkeiten mit Säugling am Arm haben sich<br />
deshalb seit Nils‚ Geburt beträchtlich erweitert. Klo gehen, bügeln,<br />
Wäsche aufhängen – alles kein Problem, von ein paar Br<strong>an</strong>dwunden<br />
abgesehen. Trotzdem hatte Nils schon nach zwei Wochen sein erstes<br />
Cut im Gesicht. Ich hatte nur mal schnell mein <strong>an</strong>gekotztes T-Shirt<br />
gewechselt, da war‘s auch schon passiert.<br />
J<strong>an</strong> scheint meine Befürchtungen, er könne seinen Bruder nachhaltig<br />
beschädigen, nicht zu teilen. Ein kleiner Heissenberger muß<br />
schon was aushalten können. Mit sich selbst geht er ja auch nicht<br />
gerade zimperlich um, die Liste seiner Selbstverstümmelungsversuche<br />
ist legendär. Und für den Fall des Falles schlägt J<strong>an</strong> seine Universallösung<br />
vor: „Billa, neue kaufen!“