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September 2000 (PDF) - an.schläge

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Dieser L<strong>an</strong>d ist ein schöner<br />

L<strong>an</strong>d! Oder ist er etwa kein<br />

schöner L<strong>an</strong>d?<br />

sprachiger Unterricht laut einem Urteil<br />

des Verfassungsgerichtshofes nicht<br />

mehr nur in den ersten drei Schulstufen<br />

unterrichtet werden, sondern auch in<br />

der vierten. Doch <strong>an</strong>statt diese Verfassungsentscheidung<br />

umzusetzen, geht<br />

es den Regierungsparteien plötzlich<br />

darum, die nicht für den zweisprachigen<br />

Unterricht qualifizierten, einsprachigen<br />

deutschen LehrerInnen fin<strong>an</strong>ziell<br />

besser zu stellen. Hinzu kommt,<br />

daß L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n Jörg Haider verfügte,<br />

daß in Ausschreibungen für DirektorInnenposten<br />

<strong>an</strong> zweisprachigen<br />

Schulen die zweisprachige Qualifikation<br />

ab sofort nicht mehr als Kriterium <strong>an</strong>geführt<br />

wird. Die SlowenenvertretER<br />

stimmten diesem Vorschlag mit dem<br />

Argument „entweder mitmachen oder<br />

draußen bleiben“ zu.<br />

Eine extra Portion Patriotismus. Nichts<br />

desto trotz fordert der Kärntner Heimatdienst<br />

(KHD), der vom Dokumentationsarchiv<br />

des Österreichischen Widerst<strong>an</strong>des<br />

als „große, etablierte Org<strong>an</strong>isation<br />

im Vorfeld des österreichischen<br />

Rechtsextremismus mit starkem Einfluß<br />

auf die Kärntner L<strong>an</strong>despolitik und<br />

auf die Minderheitenpolitik auf Bundesebene“<br />

bezeichnet wurde, in einer Presseaussendung<br />

vom 2. August von den<br />

Slowenenverbänden „nun das Forderungskarussel<br />

zum Stillst<strong>an</strong>d zu bringen“.<br />

Denn es seien „die größten Zugeständnisse<br />

seit dem Staatsvertrag 1955<br />

gemacht“ worden. Außerdem erwarte<br />

sich der Kärntner Heimatdienst von der<br />

slowenischen Volksgruppe, wenn diese<br />

<strong>an</strong> der heurigen 80-Jahr-Feier des 10.<br />

Oktobers teilnehmen möchte,„ein gemeinsames<br />

Bekenntnis zu Kärnten und<br />

Österreich“.<br />

Es ist kein Zufall, daß gerade den<br />

autochthonen Minderheiten ein besonderes<br />

Bekenntnis zum Nationalstaat<br />

abverl<strong>an</strong>gt wird. Sind diese es doch, die<br />

sich aufgrund einer <strong>an</strong>deren Muttersprache<br />

verdächtigt gemacht haben,<br />

keine „echten“ ÖsterreichER zu sein. Eine<br />

extra Portion Patriotismus wird von<br />

jenen verl<strong>an</strong>gt, denen m<strong>an</strong> keinen zugetraut.<br />

Und die MinderheitenpolitikER<br />

– eine durch und durch männliche<br />

Domäne – stimmen dem zu, um „nicht<br />

draußen zu bleiben.“ Den Volksgruppen<br />

wird erstmals in der Zweiten Republik<br />

suggeriert, sie könnten „mit dabei“ sein,<br />

bei der Einschwörung auf die „gemeinsamen“<br />

Ziele. Während die Volksgruppen<br />

als österreichische StaatsbürgER instrumentalisiert<br />

werden und für eine<br />

Imagekorrektur der Bundesregierung<br />

herhalten, können Migr<strong>an</strong>tInnen – wie<br />

übrigens auch <strong>an</strong>dere „Minderheiten“ –<br />

davon nicht „profitieren“. Im Modell der<br />

österreichisch-bürgerlichen Nation ist<br />

Pluralismus nicht vorgesehen. „... denn<br />

wir führen einen heiligen Verteilungskrieg<br />

...“ 3 läßt Karl Kraus seinen<br />

patri(di)otischen Wiener ausrufen und<br />

bringt damit auf dem Punkt, was heute<br />

hinter der nationalstaatlichen Gemeinsamkeit<br />

steht. ❚<br />

patriotismusthema<br />

2) Vgl.: Mechthild Rumpf: Staatsgewalt,<br />

Nationalismus und<br />

Geschlechterverhältnis. In: Frauen<br />

und Geschichte Baden-Württemberg<br />

(Hg): Frauen und Nation. Tübingen,<br />

1996, ats 218. S. 16f.<br />

3) Karl Kraus: Die letzten Tage der<br />

Menschheit. S45f.<br />

september <strong>2000</strong><strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 19

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