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September 2000 (PDF) - an.schläge

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themapatriotismus<br />

Ursula Herm<strong>an</strong>n und Cornelia Kogoj<br />

sind Mitarbeiterinnen der Initiative<br />

Minderheiten<br />

18 <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>september <strong>2000</strong><br />

<strong>an</strong>gesprochen werden. Die einzige Rolle,<br />

die Frauen innerhalb der Nation geboten<br />

wird, ist die der „Bürgerlichen“. Die<br />

Familie wird wieder zur „Keimzelle des<br />

Staates“ erklärt, die Räume weiblicher<br />

Zuständigkeiten auf Familie und Kinder<br />

reduziert. Und genau so wird Politik gemacht:„Kinderscheck“,<br />

Auflösung des<br />

Frauenministeriums, massive Kürzungen<br />

und das Schreckgespenst einer<br />

Bevorzugung von „kinderlosen Singles“<br />

wird <strong>an</strong> die W<strong>an</strong>d gemalt. – „As a<br />

wom<strong>an</strong> I have no nation“ lautet ein<br />

Slog<strong>an</strong> der Frauenbewegung.<br />

Seit dem Nationalismus des 19.<br />

Jahrhunderts suchen Frauen und die<br />

erst durch Nationalstaaten entst<strong>an</strong>denen<br />

autochthonen „Minderheiten“<br />

ihren „Ort“ in der Nation. Bei Frauen<br />

setzte das Angebot nationaler Gemeinsamkeit<br />

die Annahme des bürgerlichen<br />

Frauenideals voraus.<br />

Kontrolle der Gebärfähigkeit, der<br />

Sexualität der Frau und die teilweise<br />

Verfügung über weibliche Arbeitskraft<br />

durch den „pater familias“ sind zentrale<br />

Voraussetzungen für die Ausdifferenzierung<br />

von „privater“ Wirtschafts- und<br />

Familiensphäre und „politischer“ staatlicher<br />

Macht. Von Frauen wird (neben<br />

den ökonomischen Funktionen) die Zivilisierung<br />

männlicher Triebhaftigkeit<br />

und die Herstellung des „guten“ und<br />

„moralischen“ Lebens im häuslichen<br />

Kreise erwartet. Der so gar<strong>an</strong>tierte<br />

häusliche „Friede“ einerseits und das<br />

staatliche Gewaltmonopol <strong>an</strong>dererseits<br />

sind die beiden Fundamente für den innerstaatlichen<br />

„sozialen Frieden“, für<br />

die vertragsförmig geregelten gesellschaftlichen<br />

Austauschbeziehungen in<br />

der Konsolidierungsphase bürgerlicher<br />

Gesellschaft. 2 Forderungen der Frauenbewegung<br />

werden von dieser Regierung<br />

erneut negiert und selbstbestimmtes<br />

Frauenleben hat in der Nation<br />

keinen Ort.<br />

Nationen sind ohne Ausgrenzung<br />

nach außen und Anpassungsdruck<br />

nach innen nicht denkbar. Das bedeutet<br />

Homogenisierung und Nivellierung<br />

von Gegensätzen – seien sie geschlechtsspezifischer,<br />

ethnischer oder<br />

sozialer Natur. „Dazugehören wollen“<br />

bedeutet für „Minderheiten“ das Bekenntnis<br />

zum „Vaterl<strong>an</strong>d“, zur „Mehrheit“<br />

und der Beweis „gute ÖsterreichER“<br />

sein zu wollen.<br />

Die „guten“ Minderheiten. Die gesetzlich<br />

<strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nten Volksgruppen – so scheint<br />

es – sind nun aufgenommen worden in<br />

die österreichische Nation. Sie sind die<br />

„guten“ Minderheiten, im Gegensatz zu<br />

den Migr<strong>an</strong>tInnen, die aufgrund ihrer<br />

nicht-österreichischen StaatsbürgerInnenschaft<br />

von vornherein ausgeschlossen<br />

sind. Die Volksgruppen werden nun<br />

umworben und mit symbolhaften Zugeständnissen,<br />

die der Imagekorrektur<br />

der Regierung dienen sollen, ruhig gestellt.<br />

Diese Taktik scheint aufzugehen.<br />

Die Happen werden gierig aufgeschnappt<br />

und d<strong>an</strong>kbar entgegenge-<br />

nommen, denn diese Aufmerksamkeit<br />

ist m<strong>an</strong> nicht gewohnt.<br />

Nach 45 Jahren wird das im<br />

Staatsvertrag verbriefte Recht auf<br />

zweisprachige Ortstafeln im Burgenl<strong>an</strong>d<br />

endlich eingelöst. Doch noch<br />

während sich der Bundesk<strong>an</strong>zler und<br />

die VertretER der Burgenländischen<br />

L<strong>an</strong>desregierung im internationalen<br />

Presserummel sonnen, der rund um<br />

die Aufstellung der zweisprachigen<br />

Ortstafeln stattgefunden hat, und sich<br />

plötzlich ihrer kroatischen Wurzeln bewußt<br />

sind, wird die Volksgruppenförderung<br />

für das mehrsprachige offene<br />

Radio MORA im Burgenl<strong>an</strong>d und für<br />

AGORA in Kärnten gestrichen.<br />

Das „Wesen“ der Regierung. Radio MORA<br />

mußte seinen mehrsprachigen Sendebetrieb<br />

Ende Juli einstellen. Zusammen<br />

mit den burgenländischen Volksgruppenvereinen<br />

der Roma, UngarInnen<br />

und KroatInnen hatte m<strong>an</strong> sich <strong>an</strong><br />

den Bundesk<strong>an</strong>zler gew<strong>an</strong>dt und um<br />

Auskunft gebeten. Die Antwort:„Die gewährten<br />

Subventionen müssen als<br />

‚Starthilfe’ verst<strong>an</strong>den werden, in künftigen<br />

Budgets sind keine Posten mehr<br />

dafür vorgesehen.“ Radio AGORA rechnet<br />

ebenfalls damit, seinen Sendebetrieb<br />

einstellen zu müssen.<br />

Auch <strong>an</strong> der Schulfrage, einer der<br />

Kärntner Zündstoffe der verg<strong>an</strong>genen<br />

Jahre, scheint sich das „Wesen“ dieser<br />

Regierung sehr genau herauszukristallisieren.<br />

Eigentlich müßte ein zwei

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