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Juli/August 2010 (PDF) - an.schläge

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<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l l<br />

das feministische monatsmagazin. juli august <strong>2010</strong><br />

Happy Birthday, Ladyfest!<br />

Das queer-feministische D.I.Y.-Festival wird 10<br />

Ruth Klüger<br />

Was Frauen schreiben<br />

Kriechend zum M<strong>an</strong>n werden<br />

Militarismus und Männlichkeit in der Türkei<br />

Plus: Gewerkschaftsarbeit in Südafrika >> 50 Jahre Pille >> „Women without Men“ >><br />

Österreichischer Frauenbericht <strong>2010</strong> >> Bike Culture >> United States of Tara >> und vieles mehr


Der Kampf<br />

ums Gewicht<br />

Körper & Gewicht im Sp<strong>an</strong>nungsfeld von Wirtschaftsinteressen,<br />

Gesellschaftsnormen, Public Health und Lebensstil<br />

28. September <strong>2010</strong> Wiener Rathaus<br />

9-18 Uhr Details & Anmeldung unter www.frauengesundheit-wien.at


Politik<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />

<strong>an</strong>.riss politik >>> 06<br />

Risiken und Nebenwirkungen<br />

Das Wissen über hormonelle Verhütung ist noch immer unzureichend >>> 08<br />

Lust in kleinen Dosen<br />

Wen hat die Antibabypille eigentlich befreit? >>> 10<br />

Saubere Kleidung im Stundenpl<strong>an</strong><br />

Interview: Gewerkschafterin Beauty N. Zibula spricht über die Textilbr<strong>an</strong>che in Südafrika >>> 12<br />

<strong>an</strong>.riss international >>> 14<br />

Thema: Ladyfeste<br />

Some Grrrls are Ladies<br />

Ein Reisebericht vom ersten Ladyfest in Olympia, Washington, 2000 >>> 17<br />

Von der Lady zur Lady*<br />

München <strong>2010</strong>: Hat Lady*fest neuerdings ein Label-Problem? >>> 19<br />

Guerilla-Strategie: Lady<br />

Interview: Mel<strong>an</strong>ie Groß reflektiert die Entwicklung der Ladyfest-Bewegung in Deutschl<strong>an</strong>d >>> 20<br />

Ladyspace: Aktiv Räume schaffen >>> 21<br />

Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste >>> 22<br />

Ladyfest hits Europe >>> 23<br />

Gesellschaft<br />

<strong>an</strong>.riss arbeit wissenschaft >>> 26<br />

Fakten zertrümmern Mythen<br />

Der österreichische Frauenbericht <strong>2010</strong> demontiert Scheinargumente gegen Frauenförderung >>> 28<br />

Kriechend zum M<strong>an</strong>n werden<br />

Interview: Pınar Selek hat das Männlichkeitslaboratorium Militär in der Türkei erforscht >>> 30<br />

Kultur<br />

<strong>an</strong>.riss kultur >>> 32<br />

Die Farben der Freiheit<br />

„Women without Men” erzählt von der Em<strong>an</strong>zipation ir<strong>an</strong>ischer Frauen in den 1950ern >>> 34<br />

Der Augenöffner<br />

Interview: Ruth Klüger liest und bespricht, „was Frauen schreiben” >>> 35<br />

Rubriken<br />

<strong>an</strong>.sage: Keep it wheel!<br />

sprechblase: Sager des Monats<br />

plusminus: USA vs. „Österreich”<br />

<strong>an</strong>.frage: Die Unbeirrbare<br />

medienmix: biberica, Journalistinnenbund &<br />

Radio Frauenzimmer<br />

<strong>an</strong>.sprüche: pro & pro Körperarbeit<br />

<strong>an</strong>.lesen: Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n, Gina Mayer,<br />

Therese Roth, Lena Correll, Alex<strong>an</strong>dra Weiss/Verena<br />

Simetzberger, Leah C. Czollek u.a., Torsten<br />

Heinem<strong>an</strong>n/Christine Resch<br />

<strong>an</strong>.kl<strong>an</strong>g: Ideale Stimmen in Hörbüchern<br />

<strong>an</strong>.sehen: United States of Tara<br />

<strong>an</strong>.künden: Termine & Tipps<br />

05<br />

06<br />

06<br />

07<br />

15<br />

25<br />

38<br />

41<br />

42<br />

43<br />

Kolumnen<br />

neul<strong>an</strong>d<br />

zeitausgleich<br />

heimspiel<br />

lebenslauf<br />

lesbennest<br />

bonustrack: clara luzia<br />

katzenpost<br />

zappho des monats<br />

Impressum<br />

11<br />

26<br />

29<br />

33<br />

37<br />

40<br />

43<br />

46<br />

24


04 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

editorial<br />

Betrifft: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Relaunch<br />

Für das aktuelle Heftcover gab’s diesmal ein eigenes<br />

Foto-Shooting: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>’s next Topmodel hat nämlich<br />

die Muckis <strong>an</strong> den richtigen Stellen. Nicht nur Muskelkraft<br />

gekostet hat uns wiederum der l<strong>an</strong>ge vorbereitete<br />

Relaunch und seine Umsetzung, während sich gleichzeitig<br />

ein neues Koordinierenden-Team zusammenfinden<br />

musste. Erschöpft, aber glücklich haben wir bisher<br />

überwiegend positive Rückmeldungen erhalten und die<br />

konstruktive Kritik zur Kenntnis genommen. Anf<strong>an</strong>g Juni<br />

feierten wir d<strong>an</strong>n endlich die verdiente Relaunch-Party<br />

mit Leser_innen, Freund_innen und dem DJ-Kollektiv<br />

Quote.<br />

Wie immer liegt der aktuellen Sommer-Ausgabe der<br />

„Weiberdiw<strong>an</strong>” bei. Wir wünschen uns und euch, dass<br />

aus diesem Sommer auch wirklich noch einer wird, den<br />

wir alle schmökernd <strong>an</strong> Stränden, auf Wiesen oder in<br />

Wäldern verbringen können. Anf<strong>an</strong>g September lesen wir<br />

uns wieder!<br />

Spät aber doch möchte ich euch zum neuen<br />

Format des Heftes gratulieren! Vor allem<br />

möchte ich euch dafür d<strong>an</strong>ken, dass das Papier<br />

nicht mehr jede Lichtquelle reflektiert und ich<br />

nun ohne Sonnenbrille die Beiträge lesen k<strong>an</strong>n.<br />

Liebe Grüße,<br />

D<strong>an</strong>iela Jov<strong>an</strong>ovic, Wien<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> werden gefördert von:<br />

leserinnenbriefe<br />

Betrifft: „Reif für die freie Liebe”<br />

in <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 05/<strong>2010</strong><br />

Vielen D<strong>an</strong>k für das Interview mit Elfriede<br />

Vavrik. Mir scheint, das Thema ist aber<br />

noch l<strong>an</strong>ge nicht zu Ende gedacht. Es fallen<br />

wichtige Stichworte, auch Kritik klingt <strong>an</strong>,<br />

doch insgesamt endet auch dieses Gespräch in<br />

einem oberflächlichen Freie-Liebe-Lob. Ohne<br />

Überlegung, was Freie Liebe bedeuten könnte<br />

oder – historisch gesehen – bedeuten sollte,<br />

als Emma Goldm<strong>an</strong> dafür plädierte. Geradezu<br />

geschüttelt hat es mich bei der Annahme der<br />

Gesprächspartnerin, Vavrik habe „ein weises<br />

Buch” geschrieben. Da wäre die Überschrift<br />

„80 und kein bisschen weise” schon passender<br />

gewesen. Insgesamt hätte ich mir etwas<br />

fundierteres erwartet und nicht nur die<br />

Masche „Frau spricht frei über ihre sexuellen<br />

Bedürfnisse = prima!”.<br />

Herzlichen Gruß nach Wien,<br />

Heike Friauf, Berlin<br />

Feminist Superheroines<br />

Louise Joséphine Bourgeois (1911–<strong>2010</strong>), fr<strong>an</strong>zösischamerik<strong>an</strong>ische<br />

Bildhauerin. Schon ihre ersten Skulpturen<br />

waren eine Flucht vor dem herrschsüchtigen Vater, eine ihrer<br />

berühmtesten Skulpturen ist „The Destruction of the<br />

Father“. Die Mutter war die Beschützerin, dargestellt in<br />

ihren riesigen Spinnenskulpturen („Mam<strong>an</strong>“). Als Bildhauerin<br />

leistete sie Pionierarbeit und arr<strong>an</strong>gierte Skulpturen<br />

als zusammenhängende Teile in einem räumlichen Kontext.<br />

Die teuerste Künstlerin der Gegenwart starb Ende Mai<br />

98-jährig in New York.<br />

Illustration: Lina Walde<br />

Betrifft: „I love my muff”<br />

in <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 06/<strong>2010</strong><br />

D<strong>an</strong>ke für die vielen <strong>an</strong>regenden Beiträge, nicht<br />

zuletzt für den Artikel zur Burka-Debatte! Nur<br />

eines hat mich irritiert: Ausgerechnet in dem<br />

Artikel „I love my muff” wird das weibliche<br />

Genital mehrmals fehlben<strong>an</strong>nt. Die Scheide<br />

oder Vagina ist der eben nicht zu sehende Muskelschlauch,<br />

der zur Gebärmutter führt. Das äußere,<br />

sichtbare Genital ist die Vulva. In diesem<br />

Sinne bezeichnen sich die fröhlichen Vagina-<br />

Ladys leider auch fehl, was die Aussage eures<br />

Artikels nur bestätigt – dass frau sich nicht<br />

auskennt bzw. nicht auskennen soll. Undenkbar,<br />

dass Männer in der Konfusion erzogen würden,<br />

Hoden und Penis ständig zu verwechseln ...<br />

In diesem Sinne empfehle ich das wunderbare<br />

Buch „Vulva” von Mithu S<strong>an</strong>yal: www.s<strong>an</strong>yal.de<br />

Herzliche Grüße,<br />

Mel<strong>an</strong>ie Stitz, Duisburg<br />

(Wir Frauen - www.wirfrauen.de)


Keep it wheel!<br />

Ein Kommentar von Vina Yun<br />

Ein Trend geht um: Fixies (kurz für „Fixed Gear”) und Singlespeeds<br />

sind das neue Lifestyle-Accessoire urb<strong>an</strong>er Biker_innen.<br />

Ohne technischen „Schnickschnack” (auch bek<strong>an</strong>nt als Bremse,<br />

Licht und G<strong>an</strong>gschaltung) versprechen die neuen Bikes vor<br />

allem eines – Distinktion. Pur, authentisch und „straight forward”<br />

soll das Fahrerlebnis mit Fixie & Co. sein, die in den<br />

1980ern in der Fahrradkurier-Szene<br />

New York Citys zum Kult erhoben<br />

wurden. Wie auch bei den „exzentrischen”<br />

metropolit<strong>an</strong>en Messengers<br />

schwingt bei den hippen Fahrrädern<br />

der Generation 2.0 ein Hauch Rebellion<br />

mit: Von der „Ein-G<strong>an</strong>g-G<strong>an</strong>g” ist<br />

in Medienberichten zur Fixom<strong>an</strong>ia die<br />

Rede, „wilder als die Polizei erlaubt”<br />

und „im täglichen Kampf durch den<br />

Asphaltdschungel”.<br />

Das klingt nicht nur nach ordentlich<br />

strammen Wadeln, sondern auch nach<br />

jeder Menge Männerschweiß. Nicht<br />

selten geriert sich männlicher Bike-<br />

Nerdism als Alternativkultur. Ein<br />

Schweizer Bike-Shop etwa definiert<br />

den Fixie-Coolness-Faktor mit den<br />

Worten: „Etwas für harte Mädels<br />

und Kerle. Und solche, die es werden<br />

wollen.”<br />

Übrigens: Olle Sp<strong>an</strong>dex-Radlerhosen<br />

und hässliche Kunststoffschüsseln<br />

am Kopf sind passé, seit einiger Zeit<br />

setzen Designer-Bike-Wear und -Helme auf die Kaufkraft von<br />

Bobos und Lohas. Vor zwei Jahren zerbrachen sich Studierende<br />

der Köln International School of Design darüber den<br />

Kopf, wie Fahrradhelme für Frauen aussehen könnten: Der<br />

gemeine „Helm zerstöre die Frisur, lasse sich schlecht mit<br />

der Kleidung kombinieren, verhunze die Gesichtszüge und sei<br />

schlecht fürs Make-up”, wurden die Ergebnisse ihrer – nicht<br />

repräsentativen – Umfrage in der „FAZ” zitiert.<br />

Ziemlich stereotyp mutet zunächst auch der Titel einer länderübergreifenden<br />

Studie <strong>an</strong>, die 2008 von der britischen Darlington<br />

Media Group initiiert wurde: „Beauty <strong>an</strong>d the Bike”. Das<br />

Projekt untersuchte die Mobilitätskulturen von Mädchen und<br />

jungen Frauen in Bremen und Darlington und ihre soziokulturellen<br />

Implikationen: Wie bewegen sich Mädchen und Frauen<br />

durch die Stadt, und unter welchen Bedingungen ist Radfahren<br />

für sie attraktiv?<br />

Während die Bremerinnen das Fahrrad vor allem dazu nutzen,<br />

um ihre Wege zu erledigen, fahren die Mädchen in Darlington mit<br />

dem Bus, gehen zu Fuß oder sind auf ihre mit dem Auto fahrenden<br />

Eltern <strong>an</strong>gewiesen. Einer der Gründe: Das Rad ist in Großbrit<strong>an</strong>nien<br />

weniger Teil der Alltags- und Freizeitkultur als beispielsweise<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d und wird als reines (männliches) Sportgerät<br />

identifiziert. Radler_innen im Verkehrsalltag<br />

gelten als „Weirdos”. Gegenüber<br />

Autos muss mit entsprechend<br />

mehr Selbstbewusstsein aufgetreten<br />

werden, „nahezu machohaft”, wie es<br />

in der Projektbeschreibung heißt.<br />

Paradoxerweise lag in den Anfängen<br />

der modernen Fahrradkultur die Beteiligung<br />

von Frauen in Großbrit<strong>an</strong>nien<br />

wesentlich höher als in Deutschl<strong>an</strong>d. Als<br />

das Fahrrad Ende des 19. Jahrhunderts<br />

zum Massenprodukt wurde und hier wie<br />

dort immer mehr Frauen – entgegen<br />

allen Schicklichkeitsgeboten – auf’s<br />

Rad stiegen, wurde heftig um die „<strong>an</strong>ständige<br />

Bekleidung” der Damenwelt<br />

gestritten, die zum Fahren Korsett und<br />

bodenl<strong>an</strong>ge Röcke ab- und stattdessen<br />

Hosen <strong>an</strong>legten. „Das Bicycle hat<br />

zur Em<strong>an</strong>zipation der Frauen aus den<br />

höheren Gesellschaftsschichten mehr<br />

beigetragen als alle Bestrebungen der<br />

Frauenbewegung zusammengenommen”,<br />

konstatierte Rosa Mayreder zu<br />

Anf<strong>an</strong>g des 20. Jahrhunderts.<br />

Doch zurück zu „Beauty <strong>an</strong>d the Bike”: „It’s the infrastructure,<br />

stupid!”, kommt die Studie zum Schluss. Die Entwicklung des<br />

Radverkehrs sei nämlich nicht nur <strong>an</strong> die im jeweiligen L<strong>an</strong>d herrschende<br />

Verkehrskultur gebunden, sondern vor allem von konkreten<br />

lokalen Maßnahmen und Angeboten abhängig – und beginne<br />

schon bei der Pl<strong>an</strong>ung und Gestaltung der Verkehrswege.<br />

Gendersensible Mobilitätserhebungen und Gender-Budgeting<br />

im Verkehrsbereich fordert hierzul<strong>an</strong>de neben <strong>an</strong>deren auch<br />

der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Allein in Wien sind laut<br />

Statistiken 72 Prozent der Frauen mit Öffis, per Rad oder zu<br />

Fuß unterwegs (Männer: 59 Prozent).<br />

Indes entstehen – neben überteuerten stylishen Bike-Shops,<br />

Special-Interest-Medien und Großevents – immer mehr<br />

selbstorg<strong>an</strong>isierte, aktivistische Zusammenschlüsse von Radfahrer_innen.<br />

Dyke-Bike-G<strong>an</strong>g, bitte kommen! l<br />

<strong>an</strong>.sage<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 05


<strong>an</strong>.riss politik<br />

Demonstration des Bündnisses „Good Night Daddy’s Pride” am 12. Juni <strong>2010</strong>, Wien<br />

prekäre situation<br />

Drohender Hebammen-Notst<strong>an</strong>d<br />

3.689 Euro pro Jahr – so viel müssen Hebammen in Deutschl<strong>an</strong>d ab<br />

1. <strong>Juli</strong> <strong>an</strong> Jahresprämien für die Haftpflichtversicherung zahlen. Im<br />

Vergleich dazu: 2007 waren es nur 1.218 Euro. Gleichzeitig stagnieren<br />

die Einnahmen, wodurch viele Hebammen in ihrer Existenz bedroht sind.<br />

Die freiberufliche Ausübung dieser Tätigkeit können sich viele kaum<br />

mehr leisten, daher gibt es in abgelegenen Gebieten bereits jetzt einen<br />

M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Geburtshelfer_innen. Bei einem Treffen Ende Mai zwischen<br />

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und Martina Klenk, Präsidentin<br />

des Deutschen Hebammenverb<strong>an</strong>des, konnte m<strong>an</strong> sich nicht auf eine<br />

sofortige Lösung einigen. Rösler sagte jedoch Verh<strong>an</strong>dlungen zu. Ab <strong>Juli</strong><br />

ist eine Lösung auch dringend nötig, da d<strong>an</strong>n bereits zehn Prozent der<br />

Geburtshäuser keine Geburten mehr betreuen können. Die Hebammen<br />

fordern höhere Löhne oder als Zwischenlösung einen Fonds zur Fin<strong>an</strong>zierung<br />

der Haftpflichtprämie. trude<br />

www.hebammenverb<strong>an</strong>d.de, www.hebammen-protest.de<br />

„Dich<br />

kriegen wir<br />

auch noch“<br />

warnt uns der aktuelle Werbespot der<br />

Drogeriemarktkette BIPA, der unter dem<br />

Titel „Deadhead“ in TV und Web läuft.<br />

Gefesselt und geknebelt am Friseurstuhl<br />

b<strong>an</strong>gt eine junge Frau um Kopf und Kragen.<br />

Das Rasiermesser wird gewetzt, eine<br />

scharfe Schere blitzt auf, Gemetzel. Cut.<br />

Eine Schönheitsprinzessin bewundert sich<br />

nach dem blutigen Make-over im Spiegel:<br />

Beauty ist ein Folterkeller. Nach Protesten<br />

wurde der Werbespot vorzeitig aus dem<br />

Programm genommen. viyu<br />

06 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Passabel (+)<br />

<strong>an</strong>tifeministen<br />

Achtzig stolze Väter<br />

Für den 12. Juni hatte die rechtskonservative Väterrechtsbewegung in Wien<br />

zu einer europaweiten Daddy’s Pride aufgerufen, <strong>an</strong> der sich schlussendlich<br />

ca. achtzig Väter beteiligten. Bereits in den verg<strong>an</strong>genen Jahren f<strong>an</strong>den sich<br />

in verschiedenen Städten Vertreter dieser zutiefst frauen- und auch kinderfeindlichen<br />

Gruppierungen zusammen, um als stolze Väter ihre <strong>an</strong>tifeministischen<br />

Forderungen kundzutun. Dennoch st<strong>an</strong>d die Väterbewegung bisl<strong>an</strong>g<br />

kaum im Fokus der Kritik (vgl. <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 06/<strong>2010</strong> und 10/2009). Auch das<br />

Bündnis „Good Night Daddy’s Pride”, das erstmals breit gegen „partiarchale<br />

Väter, Familienfundamentalisten und heterosexistische Zustände” mobilisiert<br />

hatte und bei der Gegendemonstration mit massiver Polizeirepression konfrontiert<br />

wurde (ein Aktivist bef<strong>an</strong>d sich zu Redaktionsschluss noch immer in<br />

Haft), f<strong>an</strong>d nicht die erwünschte Unterstützung. Obwohl sich nur <strong>an</strong> die 100<br />

Menschen <strong>an</strong> den Protesten beteiligten, war die Gegenmobilisierung dennoch<br />

ein wichtiger Schritt, um die Kritik vor<strong>an</strong>zutreiben, da das Unwissen um die<br />

reaktionären Inhalte dieser Väter ihre eigentliche Gefahr darstellt. leela<br />

preisverleihung<br />

„Spitze Feder“ <strong>an</strong> Ina Freudenschuß<br />

Die diesjährigen Gewinnerinnen des Journalistinnenpreises „Spitze Feder”<br />

sind Ina Freudenschuß von diest<strong>an</strong>dard.at und Tatj<strong>an</strong>a Duffek von „News”.<br />

Der von Monika V<strong>an</strong>a, Wiener Grüne, gestiftete Preis würdigt die journalistischen<br />

Leistungen von Frauen und soll außerdem Mut machen, gegen<br />

den Meinungsmale- und -mainstream <strong>an</strong>zuschreiben. Die Jury wurde vom<br />

unabhängigen „Frauennetzwerk Medien” gebildet, das im Juni übrigens<br />

seinen zehnten Geburtstag feierte. Für Ina Freudenschuß entschied sich<br />

die Jury, weil sie „seit Jahren die Em<strong>an</strong>zipationsfahne hochhält”, Duffek<br />

schaffe es, „Hintergrundwissen gezielt einzusetzen und politisch Ver<strong>an</strong>twortliche<br />

vor den Vorh<strong>an</strong>g zu ziehen”. Wir gratulieren! pix/trude<br />

www.diest<strong>an</strong>dard.at, www.frauennetzwerk.at<br />

plus<br />

Seit Juni können tr<strong>an</strong>sgender US-Bürger_innen<br />

ihren Reisepass im gelebten Geschlecht<br />

ausstellen lassen, ohne eine geschlechts<strong>an</strong>passende<br />

OP vorweisen zu müssen. Zukünftig<br />

reicht „nur” eine ärztliche Bestätigung, dass<br />

der_die Antragsteller_in eine entsprechende<br />

medizinische Beh<strong>an</strong>dlung für die „gender<br />

tr<strong>an</strong>sition” erhalten hat. Mit dieser neuen<br />

Richtlinie folgt das US-Außenministerium<br />

den Empfehlungen der World ProfesProfessional Association for Tr<strong>an</strong>sgender Health<br />

(WPATH). viyu<br />

Blamabel (–)<br />

„Ihre große Ch<strong>an</strong>ce auf eine Gratis-<br />

Schönheits-OP” verspricht die Tageszeitung<br />

„Österreich” in seiner jüngsten Werbekampagne<br />

(retuschiertes Nacktmodell inklusive).<br />

Ob ein „perfektes Gesicht”, „ideale Brüste”,<br />

ein „straffer Bauch” oder „schl<strong>an</strong>ke Schenkeln”<br />

– „Österreich” verlost unter seinen<br />

Leserinnen (von männlichen Hängebäuchen<br />

freilich keine Rede) zehn maßgeschneiderte<br />

Schönheitsoperationen. Hässlich sexistische<br />

Boulevard-PR, die wir sicher nicht geschenkt<br />

wollen. viyu


frauenfeuer<br />

Dreißig Jahre Frauenzentrum Linz<br />

Das autonome Frauenzentrum Linz feierte seinen dreißigsten Geburtstag<br />

Mitte Juni mit einem großen Frauen(freuden)feuer. Seit 1980 bietet der<br />

autonome Verein Frauen zum einen psychosoziale Hilfe – beispielsweise<br />

bei Trennung bzw. Scheidung oder Gewalterfahrung – und rechtliche<br />

Prozessbegleitung, zum <strong>an</strong>deren beherbergt er eine feministische Bibliothek<br />

und Videothek sowie einen geschützten Frauenraum zur Vernetzung<br />

und Kommunikation. Kurse, wie z.B. Selbstverteidigung für Frauen, und<br />

Workshops zu den Themen sexualisierte Gewalt und Selbstbehauptung<br />

runden das Angebot ab. Wir hoffen auf viele weitere Jahre! trude<br />

www.frauenzentrum.at<br />

bericht<br />

„Schwarze Menschen in Österreich“<br />

Im Juni wurde erstmals für Österreich ein Lagebericht zur Situation<br />

Schwarzer Menschen im L<strong>an</strong>d vorgestellt. Der 64-seitige Bericht basiert<br />

auf den Erfahrungen von Menschen aus den Schwarzen Communitys in den<br />

letzten zehn Jahren und beh<strong>an</strong>delt speziell die Bereiche Wirtschaft, Medien,<br />

Rassismus, Kunst/Kultur und politische Repräsentation. Präsentiert<br />

wurde er von den Studienherausgeber_innen Beatrice Achaleke (AFRA)<br />

und Simon Inou (www.afrik<strong>an</strong>et.info), zusammen mit Chefredakteurin Clara<br />

Akinyosoye, Habiboulah Ndongo Bakhoum (Ausschuss der afrik<strong>an</strong>ischen<br />

Unternehmen in Österreich), Alexis Nshimyim<strong>an</strong>a Neuberg (Radio Afrika<br />

TV, Afrika-Vernetzungs-Plattform) und Kojo Taylor (P<strong>an</strong>afa). Zusammenfassend,<br />

so halten Achaleke und Inou fest, seien Schwarze Communitys ein<br />

dynamischer Best<strong>an</strong>dteil der österreichischen Gesellschaft. Gleichzeitig<br />

seien sie aber insbesondere von einem „Anti-Schwarze-Rassismus” betroffen.<br />

Der Bericht ist gegen einen Unkostenbeitrag von acht Euro im Verlag<br />

Black Europe<strong>an</strong> Publishers zu bestellen. trude/viyu<br />

Beatrice Achaleke, Simon Inou (Hg.): Schwarze Menschen in Österreich. Lagebericht.<br />

Bestellung: Black Europe<strong>an</strong> Publishers c/o AFRA – International Center for Black<br />

Women‘s Perspectives, 1150 Wien, Pelzgasse 7, www.blackwomencenter.org<br />

jüdisches wien<br />

Mahnmal für zerstörten Turnertempel<br />

Während der 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus als<br />

historischer Arbeiter_innenbezirk bek<strong>an</strong>nt ist, ist die starke jüdische<br />

Präsenz gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit<br />

geraten: Der 15. war damals Mittelpunkt der vorstädtischen jüdischen<br />

Gemeinde Wiens mit zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen,<br />

darunter die Synagoge in der Turnergasse 22, der Turnertempel. Im<br />

Novemberpogrom 1938 wurde der Turnertempel von den Nationalsozialisten<br />

in Br<strong>an</strong>d gesetzt und vollkommen zerstört. Anf<strong>an</strong>g <strong>2010</strong> schrieb<br />

die KÖR, die „Kunst im öffentlichen Raum GmbH” der Stadt Wien, einen<br />

Wettbewerb für die Gestaltung eines Mahnmals <strong>an</strong> dieser Stelle aus.<br />

Gewonnen haben nun die KünstlerInnen Iris Andraschek und Hubert Lobnig<br />

sowie das Atelier Auböck + Kárász. Das Siegerprojekt sieht ein Netz<br />

aus schwarzen Beton-Balken vor, das den eingestürzten, zerborstenen<br />

Dachstuhl des Tempels symbolisieren soll, in den Boden eingelassene Mosaiken<br />

fungieren als „archäologisches” Gegenstück. Laut der Initiative<br />

„Herklotzgasse 21” soll das Mahnmal jenen Ort symbolisch wiederbesetzen,<br />

der einst das sichtbare und selbstbewusste Zentrum dieser bedeutenden<br />

jüdischen Community darstellte. viyu<br />

www.herklotzgasse21.at, www.koer.or.at, www.millisegal.at<br />

Die Unbeirrbare<br />

Im Mai vergab der Presseclub Concordia den Preis in der Kategorie<br />

„Pressefreiheit” – und zwar <strong>an</strong> Antonia Gössinger von der<br />

„Kleinen Zeitung” in Kärnten. „Gegen alle und zum Teil massiven<br />

Versuche, sie einzuschüchtern, hat Antonia Gössinger ihre journalistische<br />

Ver<strong>an</strong>twortung unbeirrt wahrgenommen”, so die Begründung.<br />

Die Preisträgerin im E-Mail-Interview mit Claudia Amsler.<br />

Ist die Pressefreiheit in Kärnten gefährdet?<br />

Ja, immer wieder, wir müssen sehr wachsam sein. Vor allem wird<br />

versucht, wirtschaftlichen Druck auf die Medien auszuüben. Das<br />

geht zwar in erster Linie von der seit 1999 den L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n<br />

stellenden Partei aus – zuerst FPÖ, d<strong>an</strong>n BZÖ, jetzt FPK. Bedauerlicherweise<br />

dulden das aber die <strong>an</strong>deren L<strong>an</strong>dtagsparteien stillschweigend.<br />

In welcher Form wurden Sie selbst unter Druck gesetzt?<br />

Als Politik-Ressortleiterin der „Kleinen Zeitung” in Kärnten<br />

beobachte und kritisiere ich seit fast zwei Jahrzehnten die Entwicklung<br />

der L<strong>an</strong>despolitik. Jörg Haider stempelte mich deshalb zum<br />

Feindbild, was seine politischen Erben bis heute nachvollziehen.<br />

Weil meine Berichte nie widerlegt werden konnten, konzentrierte<br />

m<strong>an</strong> sich auf die persönliche Verunglimpfung. Ich wurde in Presseaussendungen<br />

sinngemäß als frustrierte alte Schachtel herabgewürdigt.<br />

Im L<strong>an</strong>dtagswahlkampf 2009 wurde ich von Uwe Scheuch und<br />

zuletzt auf dem FPK-Parteitag im Jänner von L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n<br />

Gerhard Dörfler in übler sexistischer Weise lächerlich zu machen<br />

versucht. M<strong>an</strong> belegte mich mit Informations- und Interviewverbot<br />

und hielt alle Parteifunktionäre <strong>an</strong>, nicht mehr mit mir zu reden.<br />

Außerdem wurden mehrseitige Inseratebeilagen in Gratiszeitungen<br />

geschalten, mit denen m<strong>an</strong> mich attackierte.<br />

Hatte das auch Folgen für die „Kleine Zeitung“?<br />

Weil ich nicht einzuschüchtern war und bin, wurde versucht, die<br />

Zeitung unter Druck zu setzen – etwa durch Abbestellungskampagnen.<br />

Seit einem Jahr hält zudem seitens der FPK (und teilweise der<br />

ÖVP) ein Inserateboykott <strong>an</strong>, der verhängt wurde, weil ich den Parteienförderungssk<strong>an</strong>dal<br />

aufgedeckt habe. Es wurde und wird auch<br />

versucht, mich innerhalb der Redaktion zu isolieren, indem <strong>an</strong>deren<br />

Kollegen wichtige Informationen zugespielt werden, die in meinen<br />

Ver<strong>an</strong>twortungsbereich fallen. Erfreulicher- und d<strong>an</strong>kenswerterweise<br />

verhalten sich aber hier alle solidarisch.<br />

Fühlen Sie sich durch den Concordia-Preis bestätigt?<br />

Ja, das ist sehr wichtig – wie auch der Kurt-Vorhofer-Preis 2006<br />

und der Journalisten-Sonderpreis für Mut 2007. Einerseits freuen<br />

mich die Auszeichnungen persönlich sehr, weil sie zeigen, dass<br />

außerhalb Kärntens wahrgenommen wird, dass es hier kritischen<br />

Journalismus gibt. Andererseits ist es bedenklich, dass es heute<br />

mitten in Europa und in einer Demokratie persönlichen Mut von<br />

JournalistInnen und St<strong>an</strong>dfestigkeit von Medien erfordert, um<br />

seiner journalistischen Aufgabe nachzukommen.<br />

www.kleinezeitung.at, www.concordia.at<br />

<strong>an</strong>.frage<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 07


verhütung<br />

Risiken und Nebenwirkungen<br />

Die Pille ist seit fünfzig Jahren Vorreiterin<br />

der hormonellen Verhütungsmittel.<br />

Grund genug für Irmi Wutscher und Bettina Enzenhofer,<br />

die Normalität der Pilleneinnahme genauer zu beleuchten.<br />

Fotos v.l.n.r.: UK Health Education Council, CBG Network, Ladies M<strong>an</strong>joe/flickr<br />

1 Bayer-Presseinformation<br />

(30.4.<strong>2010</strong>): 50 Jahre<br />

„Pille”: Die <strong>an</strong>dere Bil<strong>an</strong>z,<br />

www.cbgnetwork.org/3360.<br />

html<br />

2 Deutsche Gesellschaft<br />

für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />

(DGGG), Leitlinie<br />

Empfängnisverhütung,www.<br />

uni-duesseldorf.de/AWMF/<br />

ll/015-015.htm<br />

3 www.fgz.co.at<br />

08 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Ramona geht zu ihrem Gynäkologen.<br />

Sie will ein <strong>an</strong>deres hormonelles Verhütungsmittel,<br />

denn sie hat, so erzählt sie<br />

ihrem Arzt, seitdem sie die Pille nimmt,<br />

starke Gefühlsschw<strong>an</strong>kungen: „Wenn<br />

mich jem<strong>an</strong>d nur schief <strong>an</strong>sieht, muss<br />

ich gleich weinen.” Der Arzt zuckt mit<br />

den Schultern und meint: „Das liegt<br />

nicht <strong>an</strong> der Pille. Das werden schon Sie<br />

sein.”<br />

Cordula hat einen neuen Freund. Er<br />

fragt sie, ob sie die Pille nimmt. Sie<br />

verneint und vermutet, dass er von ihr<br />

fordern könnte, dass sie die Verhütung<br />

übernimmt. Doch wider Erwarten sagt<br />

der Freund: „Gut so. Ich habe nämlich<br />

mit der Pille schlechte Erfahrungen<br />

gemacht. Meine letzte Freundin hat sie<br />

genommen, von da <strong>an</strong> hatte sie keine<br />

Lust mehr auf Sex.”<br />

Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele<br />

sprachen in diesem Frühjahr bei der<br />

Hauptversammlung des Pharmariesen<br />

Bayer vor und lösten unter den Aktionär_innen<br />

große Betroffenheit aus: Beide<br />

hatten aufgrund der Einnahme der<br />

Pille „Yasmin”, die mit dem Wirkstoff<br />

Drospirenon arbeitet, schwere Lungen-<br />

embolien erlitten und tragen bleibende<br />

Gesundheitsschäden davon. Sie<br />

müssen ihr Leben l<strong>an</strong>g blutverdünnende<br />

Medikamente nehmen und Kompressionsstrümpfe<br />

tragen. Und das, obwohl<br />

sie vor der Pilleneinnahme vollkommen<br />

gesund waren. 1<br />

Nicht sehr aufgeklärt. Dies sind nur<br />

einige wenige Beispiele für die teils<br />

gravierenden gesundheitlichen Nebenwirkungen<br />

der Pille, mit denen in der<br />

Aufklärung allerdings recht unsensibel<br />

umgeg<strong>an</strong>gen wird. Und das, obwohl die<br />

Pille das am weitesten verbreitete Verhütungsmittel<br />

in der westlichen Welt ist.<br />

In Deutschl<strong>an</strong>d beispielsweise nehmen<br />

6,6 Millionen Frauen im reproduktionsfähigen<br />

Alter (zwischen 14 und 44<br />

Jahren) die Pille, das entspricht 38,5<br />

Prozent der weiblichen Bevölkerung. 2<br />

Besonders unter jungen heterosexuellen<br />

Frauen ist das Verhüten mit der<br />

Pille weitverbreitet und mittlerweile so<br />

selbstverständlich, dass es kaum mehr<br />

hinterfragt wird.<br />

Sylvia Groth vom Frauengesundheitszentrum<br />

Graz 3 sieht darin ein<br />

Problem. Ihr begegnen täglich Frauen,<br />

„die sagen, ,Ich möchte und brauche ein<br />

Verhütungsmittel’. Über die möglichen<br />

Begleiterscheinungen sind sie<br />

oft nur schlecht informiert. Wenn sie<br />

Nebenwirkungen, wie z.B. depressive<br />

Verstimmungen, Lustlosigkeit oder Gewichtszunahme<br />

verspüren, assoziieren<br />

sie das nicht mit der Pille. Der Ged<strong>an</strong>ke,<br />

dass sie verhüten müssen, ist stärker.”<br />

Für Groth wäre es daher wichtig, einen<br />

guten Sexualpädagogikunterricht <strong>an</strong>zubieten<br />

– für Buben und Mädchen. „M<strong>an</strong><br />

sollte meinen, dass sich in puncto Information<br />

und Aufklärung in den letzten<br />

vierzig Jahren viel geändert hat, doch<br />

das ist nicht der Fall”, konstatiert sie.<br />

Health Feminism. Die Frage der<br />

ausreichenden sexuellen Aufklärung von<br />

Frauen war schon in den 1970er-Jahren<br />

Thema für Feministinnen. Das Präparat<br />

wurde von Feministinnen zunächst enthusiastisch<br />

begrüßt (siehe dazu auch den<br />

Artikel von Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, S.<br />

10). So meinte etwa Clare Booth Luce<br />

in der „Los Angeles Times”: „Modern<br />

wom<strong>an</strong> is at last free, as a m<strong>an</strong> is free,


to dispose of her own body, to earn her<br />

living, to pursue the improvement of her<br />

mind, to try a successful career.” 4<br />

Mit der Zeit wurde die Pille allerdings<br />

zunehmend infrage gestellt, vor allem<br />

weil die Nebenwirkungen verschwiegen<br />

oder trivialisiert wurden. Radikale Feministinnen<br />

forderten eine umfassende<br />

Aufklärungspflicht, und zum ersten Mal<br />

trat der „health feminism” als bedeutende<br />

politische Kraft in Erscheinung.<br />

1970 stürmten Alice Wolfson und ihr<br />

National Women’s Health Network die<br />

Hearings zur Pille im US-Senat: Sie<br />

klagten <strong>an</strong>, dass Frauen als Versuchsk<strong>an</strong>inchen<br />

missbraucht werden, dass keine<br />

Patientinnen bei dem Hearing aussagten,<br />

und empörten sich darüber, dass<br />

es keine Pille für den M<strong>an</strong>n gab. Diese<br />

Proteste wurden über einen längeren<br />

Zeitraum – inklusive Sit-Ins – geführt.<br />

Das Ergebnis: In der Packungsbeilage<br />

der Pille wurde erstmals unter <strong>an</strong>derem<br />

vor Herz-Kreislauf-Erkr<strong>an</strong>kungen<br />

und Thrombosen gewarnt. Daraufhin<br />

s<strong>an</strong>k tatsächlich die Zahl der Todesfälle<br />

im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Pille,<br />

da gefährdete Frauen sie nicht mehr<br />

einnahmen.<br />

Ein weiterer Effekt, den sich die<br />

Gesundheitsfeministinnen seit dieser<br />

Zeit auf die Fahnen schreiben können:<br />

Mediziner_innen zeigten sich offener<br />

im Umg<strong>an</strong>g mit Frauen, es gab weniger<br />

Geheimnistuerei, Verschleierung oder<br />

Herablassung, wie sie Patientinnen seit<br />

jeher erfahren mussten.<br />

Beständiges Schweigen. Dass<br />

sich das Problem der unter den<br />

Tisch gekehrten Nebenwirkungen<br />

seit den 1970ern nicht wesentlich<br />

gebessert hat, zeigt das eing<strong>an</strong>gs<br />

beschriebene Beispiel von Felicitas<br />

Rohrer und Kathrin Weigele. Denn<br />

auch bei den Pillen der neuesten<br />

Generation, die wie „Yasmin” mit<br />

dem Wirkstoff Drospirenon arbeiten,<br />

wurde bisher am Beipackzettel nicht<br />

auf sämtliche mögliche Risiken und<br />

Nebenwirkungen hingewiesen. Dabei<br />

bergen gerade Pillen wie „Yasmin” ein<br />

besonders hohes Embolie-Risiko. Dennoch<br />

verweigerte der Pharmakonzern<br />

Bayer genaue Angaben zur Häufigkeit<br />

von schweren Nebenwirkungen und<br />

Todesfällen – <strong>an</strong>geblich, „um Kundinnen<br />

nicht zu verunsichern”. 5 Erst durch den<br />

öffentlichen Auftritt der beiden Frauen<br />

ist Bayer nun bereit, die Informationen<br />

auf dem Beipackzettel zu ändern.<br />

Externe Untersuchungen, die ein<br />

erhöhtes Nebenwirkungsrisiko feststellten,<br />

werden vom Bayer-Konzern aber<br />

weiterhin nicht <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt. Im Gegensatz<br />

dazu wurde jene Studie, die die<br />

Sicherheit der Pille „Yasmin” bestätigt,<br />

„Natürlich gilt das nicht für alle Frauen, bei<br />

m<strong>an</strong>chen wirkt sich die Pille nicht negativ<br />

aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine<br />

Wahrscheinlichkeit?“ (Sylvia Groth)<br />

von der Firma Schering durchgeführt,<br />

die Teil des Bayer-Konzerns ist. Hinzu<br />

kommt, dass Studien, die über Nebenwirkungen<br />

berichten, im Allgemeinen<br />

seltener veröffentlicht werden als solche,<br />

die die Sicherheit von Medizinprodukten<br />

bestätigen. Sylvia Groth dazu: „Eine<br />

Forderung wäre: Alle Studien müssen<br />

veröffentlicht werden! Außerdem können<br />

derzeit nur Ärzt_innen Nebenwirkungen<br />

melden – Patient_innen nicht. Auch das<br />

muss geändert werden. Und: Frauen<br />

brauchen Quellen, Zug<strong>an</strong>g zu Websites,<br />

zu wissensbasierten Ergebnissen, die<br />

nicht von der Pharmaindustrie bezahlt<br />

werden. Sie müssen einschätzen können,<br />

welche Quellen seriös sind.”<br />

Streit um Hormone. Welche Hormone<br />

welche Auswirkungen auf den Körper<br />

Pille<br />

haben, wo und wie sie genau wirken,<br />

– darüber bekommt frau immer noch<br />

unterschiedliche Auskünfte. Christi<strong>an</strong><br />

Fiala, Gynäkologe und Leiter des<br />

Wiener Museums für Verhütung und<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch, meint, dass<br />

ein Hormon per se nicht schädlich und<br />

die Verteufelung aller Hormonpräparate<br />

daher nicht zielführend sei: „Hormone<br />

sind nichts <strong>an</strong>deres als Botenstoffe, die<br />

ohnehin im Körper vorkommen.” Er<br />

räumt jedoch ein, dass jedes Hormonpräparat<br />

auf jeden individuellen Körper<br />

unterschiedlich wirken k<strong>an</strong>n: „Wenn<br />

eine Frau eine bestimmte Pille nicht<br />

verträgt, k<strong>an</strong>n sie daraus nicht schließen,<br />

dass sie Hormone <strong>an</strong> sich nicht<br />

verträgt. Sie verträgt d<strong>an</strong>n dieses eine<br />

spezielle Präparat nicht, ein <strong>an</strong>deres<br />

vermutlich schon. Sie muss ausprobieren,<br />

welches Präparat bei ihr am<br />

wenigsten Nebenwirkungen aufweist.<br />

Das perfekte Verhütungsmittel gibt es<br />

nicht. M<strong>an</strong> muss sich das suchen, das am<br />

wenigsten stört.”<br />

Medizinsoziologin Sylvia Groth sieht<br />

bei der Einnahme von Hormonen über<br />

einen l<strong>an</strong>gen Zeitraum hingegen sehr<br />

wohl ein Problem: „Dass es keine<br />

L<strong>an</strong>gzeitwirkungen gibt, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nicht<br />

sagen. Es gibt natürlich Auswirkungen<br />

auf den gesamten Körper, zum Beispiel<br />

die Möglichkeit einer Thrombose oder<br />

eines Schlag<strong>an</strong>falls. Außerdem wirkt<br />

die Pille auf das Herz-Kreislauf-System.<br />

Bei welchen Krebsarten sich das Risiko<br />

durch die Pilleneinnahme erhöht, ist<br />

noch nicht geklärt. Und es gibt Studien,<br />

die belegen, dass Hormone l<strong>an</strong>gfristig<br />

lustbeeinflussend sind.” Das bedeutet,<br />

dass auch Jahre nach Absetzen der<br />

Pille die Libido – im Gegensatz zu vorher<br />

– vermindert sein k<strong>an</strong>n. Groth: „Natürlich<br />

gilt das nicht für alle Frauen, bei<br />

Wusstest du eigentlich ...<br />

… dass die Pille von zwei Feministinnen ermöglicht wurde?<br />

Margaret S<strong>an</strong>ger (1879–966) war eine US-amerik<strong>an</strong>ische<br />

Kr<strong>an</strong>kenschwester und Frauenrechtlerin. In ihrem Berufsalltag<br />

sah sie, wie Frauen unter ständigen Schw<strong>an</strong>gerschaften<br />

litten, und gründete 1921 die Americ<strong>an</strong> Birth Control League,<br />

auf der Suche nach einfachen und billigen Mitteln zur Empfängnisverhütung.<br />

In dieser Funktion lernte sie Katharine McCormick kennen,<br />

eine reiche Industriellengattin, die Suffragette und Phil<strong>an</strong>tropin<br />

war. S<strong>an</strong>ger brachte sie auf einer Dinner-Party im Jahr 1953 mit dem<br />

Gynäkologen Gregory Pincus zusammen. Das Resultat: McCormick<br />

fin<strong>an</strong>zierte schließlich Gregory Pincus und sein Team – in dem auch<br />

Carl Djerassi war – und deren Forschungsprojekt zu einem hormonellen<br />

Verhütungsmittel, wenig später war die Pille erfunden. be/trude<br />

verhütung<br />

4 Zitiert nach Barbara<br />

Seam<strong>an</strong> u. Laura Eldridge:<br />

The Pill in Cheris Kramarae,<br />

Dale Spender: Routledge<br />

International Encyclopedia<br />

of Women: Identity politics<br />

to publishing. 2000<br />

5 1 Bayer-Presseinformation<br />

(30.4.<strong>2010</strong>): 50 Jahre<br />

„Pille”: Die <strong>an</strong>dere Bil<strong>an</strong>z,<br />

www.cbgnetwork.org/3360.<br />

html<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 09


verhütung<br />

6 Mit dem Pearl-Index k<strong>an</strong>n<br />

die Zuverlässigkeit von Methoden<br />

der Empfängnisverhütung<br />

gemessen werden.<br />

Ein Pearl-Index von 15<br />

zeigt <strong>an</strong>, dass von 100 Frauen,<br />

die mit einer bestimmten<br />

Methode ein Jahr (zwölf<br />

Zyklen) l<strong>an</strong>g verhüten, etwa<br />

15 schw<strong>an</strong>ger werden, d.h.<br />

je niedriger der Pearl-Index<br />

ist, desto sicherer ist die<br />

Methode.<br />

7 Die APC-Resistenz ist<br />

eine Erbkr<strong>an</strong>kheit, bei<br />

der das Thrombose-Risiko<br />

erhöht ist. Der Test würde<br />

damit einen der wichtigsten<br />

Risikofaktoren für die<br />

Frauen abklären.<br />

10 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

m<strong>an</strong>chen wirkt sich die Pille nicht negativ<br />

aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine<br />

Wahrscheinlichkeit?”<br />

Eben diese Nebenwirkung der Pille<br />

erscheint besonders paradox: einerseits,<br />

weil sie von den Frauen selbst, aber<br />

auch von Gynäkolog_innen nicht als<br />

ernst zu nehmende Folgeerscheinung<br />

<strong>an</strong>gesehen wird. Andererseits, da die<br />

Pille doch insbesondere in ihren Anfängen<br />

als Mittel zur sexuellen Befreiung<br />

der Frau gefeiert wurde.<br />

Befreiung der Sexualität. Vor der Erfindung<br />

der Pille lag die Ver<strong>an</strong>twortung<br />

der Verhütung bei den Männern. Sylvia<br />

Groth erzählt: „Früher musste ein M<strong>an</strong>n<br />

eine Frau heiraten, wenn sie schw<strong>an</strong>ger<br />

wurde. Das hat sich geändert – was per<br />

se nicht schlecht ist.” Mit der Freigabe<br />

der Pille lag die Verhütungskontrolle<br />

erstmals bei den Frauen. Auch Christi<strong>an</strong><br />

Fiala sieht das so: „Mit Einführung der<br />

Pille hatten erstmals Frauen die Kontrolle<br />

über ihren Körper, das heißt, ob sie<br />

schw<strong>an</strong>ger werden wollten oder nicht.<br />

Bis heute haben sie durch die Pille die<br />

Kontrolle über die Verhütung. Prinzipiell<br />

muss m<strong>an</strong> zur Pille sagen: Sie<br />

hat eine gute Verträglichkeit, wenige<br />

Nebenwirkungen und eine relativ hohe<br />

Sicherheit.”<br />

Der theoretische Pearl-Index 6 bei<br />

fehlerfreiem Gebrauch beträgt bei<br />

Lust in kleinen Dosen<br />

Von Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg<br />

Da saß nun der Herr Pillenerfinder kürzlich im „Club 2”<br />

und plauderte über die reife Lust mit fünfzig plus: Carl<br />

Djerassi, ein älterer Herr, dem der Ruf nacheilt, mehreren<br />

Frauengenerationen den Spaß am Sex beschert zu haben,<br />

ist 1939 aus Wien in die USA emigriert und ließ 1951<br />

einen Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons<br />

Progesteron als Verhütungsmittel patentieren.<br />

Die heilige Mutter. 1960 kam die erste Antibabypille auf<br />

den Markt. Das war meine Reifezeit. Der Pubertät entwachsen,<br />

dem Frausein noch nicht g<strong>an</strong>z zugewachsen, war<br />

alles, was mit Sexualität zu tun hatte, ein geheimnisvoller,<br />

sagenumwobener Kontinent. Den zu erforschen war gefährlich.<br />

Lustvolle Angst. Nicht Geschlechtskr<strong>an</strong>kheiten, sondern<br />

Schw<strong>an</strong>gerschaft hieß das Damoklesschwert, das über<br />

jedem Bett schw<strong>an</strong>g. Zwar hatte schon Oswald Kolle in den<br />

1960ern die Geheimnisse des Geschlechtlichen <strong>an</strong>s mediale<br />

Licht geholt. „Dein Kind, das unbek<strong>an</strong>nte Wesen” war eines<br />

seiner ersten Bücher, das den Eltern (eine lustfeindliche<br />

Kriegsgeneration, die sich mit <strong>an</strong>deren Verdrängungen abmühte)<br />

den Glauben <strong>an</strong> die sexuelle Unschuld ihrer Kinder<br />

nahm. Aber „darüber” wurde in den meisten Familien nicht<br />

gesprochen. Sexualität war zum Rotwerden. Die Folge war<br />

ein Baby-Boom, der mit dem aus der Nazi-Zeit herübergeretteten<br />

weiblichen Mutterideal korrespondierte.<br />

„Beheben von Menstruationsstörungen“. Carl Djerassi,<br />

der Pillen-Patentierer, kam für mich zu spät. Ich wurde<br />

mit 21 (damals ein normales Gebäralter) ungewollt und<br />

unverheiratet schw<strong>an</strong>ger. Die gerade in Umlauf gebrachte<br />

Antibabypille war im Nachkriegsdeutschl<strong>an</strong>d umstritten<br />

und kollidierte mit den herrschenden Moralvorstellungen.<br />

In einem Rundschreiben vom 25. <strong>Juli</strong> 1968 <strong>an</strong> die KatholikInnen<br />

vertrat Papst Paul VI. die Meinung, „dass jeder<br />

einzelne eheliche Akt (quilibet matrimonii usus) nur d<strong>an</strong>n<br />

der Pille nämlich 0,3 – der praktische<br />

Pearl-Index bei normalem Gebrauch<br />

liegt da schon höher, und zwar bei 8. Im<br />

Vergleich dazu liegt der theoretische<br />

Pearl-Index bei Verwendung von Kondomen<br />

bei 3, der praktische Pearl-Index<br />

schon bei 14 – also weit höher als bei<br />

der Pille.<br />

So hat die Pille Frauen von der Last<br />

der dauernden Schw<strong>an</strong>gerschaften bzw.<br />

der perm<strong>an</strong>enten Angst davor befreit.<br />

Gleichzeitig hatten sie erstmals die<br />

Möglichkeit, bestimmte Abläufe in ihren<br />

Körpern mithilfe des Hormonpräparats<br />

zu kontrollieren und selbst zu bestimmen,<br />

ob und w<strong>an</strong>n sie schw<strong>an</strong>ger sein<br />

wollten.<br />

sittlich gut ist, wenn er für die Weitergabe des Lebens offen<br />

bleibt” (und so sieht es der Vatik<strong>an</strong> ja mehr oder weniger<br />

auch heute noch). Der Pharmakonzern Schering führte<br />

„die Pille” daher als „Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen”<br />

ein. Sie wurde zunächst nur verheirateten<br />

Frauen verschrieben, später mit elterlicher Erlaubnis auch<br />

den ledigen Töchtern. Und so trat ich den entwürdigenden<br />

C<strong>an</strong>ossag<strong>an</strong>g durch Berliner Arztpraxen <strong>an</strong>, deren Adressen<br />

unter der H<strong>an</strong>d geh<strong>an</strong>delt wurden. Abtreibung st<strong>an</strong>d damals<br />

unter Strafe. Kein Gynäkologe und keine Gynäkologin<br />

konnte oder wollte helfen, und der Preis für einen illegalen<br />

Eingriff unter fragwürdigen Umständen war sowieso unerschwinglich<br />

für mich.<br />

Sexueller Männer-Freibrief. Heute, 45 Jahre später, bin ich<br />

sehr froh darüber, denn ich habe zwei wundervolle Töchter<br />

und zwei tolle Enkelkinder, die mein Leben sehr bereichern.<br />

Damals hätte ich mir aber gewünscht, meine Zukunft<br />

selbstbestimmter pl<strong>an</strong>en zu können. Und schließlich hatten<br />

es auch meine Töchter nicht leicht, in ein ungepl<strong>an</strong>tes Leben<br />

zu finden.<br />

Ich gehöre aber zu jenen Frauen, die jahrzehntel<strong>an</strong>g, oft<br />

ohne Pause, die Pille geschluckt haben. Diese Hormonhämmer<br />

habe ich zum Glück gut vertragen und auch nach<br />

der Menopause keine gravierenden Beschwerden gehabt.<br />

Was ich nicht vertragen habe, war der sexuelle Freibrief,<br />

den sich die lustbetonte, patriarchale 68er-Männerwelt<br />

bar jeder Verhütungsver<strong>an</strong>twortung selbst ausgestellt hat.<br />

Das Pillendöschen durfte in keiner weiblichen H<strong>an</strong>dtasche<br />

fehlen, und wenn doch: selber schuld.<br />

Ob Herr Carl Djerassi meine sexuelle Lust gesteigert hat?<br />

Seine chemische Großtat hat mir zumindest streckenweise die<br />

Angst genommen. Die Lust habe ich <strong>an</strong>ders entdecken müssen.<br />

Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg lebt als Journalistin und Autorin in Wien.


Unabhängige Information. Das<br />

Potenzial der Pille, die Befreiung und<br />

Selbstbestimmung, die sie den Frauen<br />

in den letzten fünfzig Jahren ermöglicht<br />

hat, ist unbestreitbar. Und auch heute<br />

ist es für viele Frauen der einfachste<br />

Schritt, sich für diese relativ sichere<br />

und gleichzeitig einfach zu h<strong>an</strong>dhabende<br />

Form der Empfängnisverhütung<br />

zu entscheiden. Einziges M<strong>an</strong>ko: das<br />

m<strong>an</strong>gelnde Bewusstsein darüber, was<br />

mit dem Körper geschieht und ob frau<br />

das auch will.<br />

Sylvia Groth betont, dass es einige<br />

Risiken und Nebenwirkungen gibt, über<br />

die Frauen Bescheid wissen müssen:<br />

„Wenn ich Hormone zu mir nehme,<br />

habe ich Wirkungen und Nebenwirkungen.<br />

Und ich muss schauen, was mir<br />

wichtig ist, auch im Kontext mit meinen<br />

Wertevorstellungen. Frauen müssen<br />

darüber informiert sein, was sie tun.”<br />

Daher fordert sie einen autonomen<br />

Sexualpädagogikunterricht für alle Jugendlichen,<br />

damit sie fundiertes Wissen<br />

über ihren Körper erhalten. „M<strong>an</strong> muss<br />

die Frauen stärken, sie ermutigen. Egal,<br />

was <strong>an</strong>dere sagen: Frauen müssen sich<br />

selbst ernst nehmen. Was für die eine<br />

Frau passt, passt für eine <strong>an</strong>dere nicht”,<br />

plädiert Groth.<br />

Dazu braucht es frei zugängliche und<br />

unabhängige Information, denn nur<br />

so k<strong>an</strong>n frau wissensbasierte Entscheidungen<br />

treffen. „Vor allem muss<br />

die Information auch der Zielgruppe<br />

entsprechen: Bildung, soziale Schicht<br />

etc. spielen hier eine Rolle”, sagt Groth.<br />

Christi<strong>an</strong> Fiala ist ähnlicher Meinung:<br />

„Das Verhütungsmittel muss vor allem<br />

zu den Lebensgewohnheiten der Frau<br />

passen. Ich frage meine Patientinnen<br />

zum Beispiel, ob sie immer in derselben<br />

Wohnung schlafen. Verneinen sie<br />

dies, so rate ich ihnen von der Pille ab.<br />

Denn eine regelmäßige und pünktliche<br />

Einnahme ist wesentlich für die Wirksamkeit<br />

der Pille. Das k<strong>an</strong>n schwierig<br />

werden, wenn eine Frau häufi g wo<strong>an</strong>ders<br />

übernachtet und die Pille zu Hause<br />

vergisst.”<br />

Viele Gynäkolog_innen klären aber die<br />

Lebensverhältnisse ihrer Patientinnen<br />

nicht ab, häufi g sind sie in diesen und<br />

<strong>an</strong>deren Punkten der notwendigen Anamnese<br />

zu wenig sorgfältig. So ordnen<br />

etwa bei Weitem nicht alle einen Test<br />

auf APC-Resistenz 7 <strong>an</strong>, bevor sie einer<br />

Frau die Pille verschreiben.<br />

Aber einmal <strong>an</strong>genommen, all dies wäre<br />

gegeben – gute Aufklärung seitens der<br />

Ärzt_innen, die Möglichkeit für Patient_innen,<br />

eine freie und informierte<br />

Entscheidung zu treffen, und passende<br />

Lebensumstände –, d<strong>an</strong>n steht frau zu<br />

guter Letzt immer noch vor der Frage:<br />

Bin ich damit einverst<strong>an</strong>den, selbst die<br />

Kontrolle über die Schw<strong>an</strong>gerschaftsverhütung<br />

(und damit den eigenen<br />

Körper) zu haben, oder fi nde ich es<br />

mühsam, alleine dafür ver<strong>an</strong>twortlich<br />

zu sein?<br />

Die Zukunft. Große Änderungen oder<br />

Neuerungen sind in den nächsten<br />

Jahren in Sachen Empfängnisverhütung<br />

nicht zu erwarten. Das Prinzip der<br />

hormonellen Verhütung – im Körper<br />

der Frau – hat sich etabliert, es sind<br />

nur neue Darreichungsformen (Pfl aster,<br />

Spritze etc.) hinzugekommen. An<br />

nicht-hormonellen Alternativen wird<br />

derzeit nicht geforscht. Angeblich gibt<br />

es Bemühungen seitens der Pharmaindustrie,<br />

auch Männer in die Verhütungsver<strong>an</strong>twortung<br />

zu holen. Sylvia Groth<br />

meint dazu lakonisch: „Von der Pille für<br />

den M<strong>an</strong>n höre ich schon seit dreißig<br />

Jahren.” Außerdem glaubt sie, dass<br />

Männer Nebenwirkungen viel weniger<br />

tolerieren würden: Ihre Libido würden<br />

sie sich nicht nehmen lassen, das Produkt<br />

müsste wesentlich ausgereifter sein, bis<br />

ein M<strong>an</strong>n es nehmen würde.<br />

Christi<strong>an</strong> Fiala hingegen glaubt, dass<br />

die Männer mittlerweile sehr dar<strong>an</strong><br />

interessiert sind, wieder die Kontrolle<br />

darüber, „was mit den Spermien<br />

passiert”, zu übernehmen. Seiner<br />

Meinung nach wird sich in Zukunft ein<br />

hormonelles Impl<strong>an</strong>tat für den M<strong>an</strong>n<br />

gegenüber der Pille durchsetzen. Groth<br />

und Fiala sind aber beide skeptisch, was<br />

das Übergeben der Ver<strong>an</strong>twortung <strong>an</strong><br />

den M<strong>an</strong>n <strong>an</strong>l<strong>an</strong>gt: „Würden Frauen<br />

den Männern vertrauen, wenn es<br />

letztlich die Frauen sind, die schw<strong>an</strong>ger<br />

werden?” l<br />

neul<strong>an</strong>d<br />

entdeckungen im alltag<br />

Beate Hammond<br />

Dumme Fragen<br />

Es gibt ja <strong>an</strong>geblich keine dummen Fragen, sondern nur<br />

dumme Antworten. Doch seit der internationale Fußballverb<strong>an</strong>d<br />

FIFA im Jahr 2004 beschlossen hat, die<br />

Fußball-WM der Männer <strong>an</strong> Südafrika zu vergeben, werden<br />

viele Fragen gestellt. Ich bin mir nicht immer sicher,<br />

ob all diese Fragen so intelligent sind. Im Kern geht es<br />

darum, ob ein afrik<strong>an</strong>ischer Staat überhaupt kompetent<br />

ist, ein sportliches Großereignis auszurichten. Egal, dass<br />

Südafrika schon Gastgeberl<strong>an</strong>d für die Rugby-WM und<br />

Cricket-WM war. Egal, dass bei FIFA-Besuchen kein<br />

nennenswerter Kritikpunkt bemängelt wurde. Nun ist die<br />

Männerfußball-WM bald wieder vorbei – und es bleibt<br />

zu hoffen, dass inzwischen folgende Fragen, die auf einer<br />

südafrik<strong>an</strong>ischen Tourismus-Webseite von internationalen<br />

Reisewilligen gestellt und vom Webmaster der Seite<br />

be<strong>an</strong>twortet wurden, restlos geklärt sind.<br />

Frage: Wie läuft die Zeit in Südafrika? (USA)<br />

Antwort: Rückwärts. Bleiben Sie nicht zu l<strong>an</strong>ge, sonst<br />

sind Sie zu klein, um allein wieder zurückzufl iegen.<br />

F: K<strong>an</strong>n ich Besteck in Südafrika einführen? (GB)<br />

A: Wieso? Nehmen Sie doch die Finger, genau wie wir.<br />

F: Gibt es die Beulenpest in Südafrika? (Deutschl<strong>an</strong>d)<br />

A: Nein. Aber bringen Sie sie doch mit!<br />

F: Bitte schicken Sie mir eine Liste mit Kr<strong>an</strong>kenhäusern, die<br />

ein Serum gegen Klapperschl<strong>an</strong>genbisse besitzen. (USA)<br />

A: Klapperschl<strong>an</strong>gen gibt es nur in A-me-ri-ka, wo Sie<br />

herkommen. In Südafrika gibt es nur vollkommen harmlose<br />

Schl<strong>an</strong>gen – diese können sicher geh<strong>an</strong>dhabt werden<br />

und eignen sich hervorragend als Spielkameraden für<br />

Hamster und <strong>an</strong>dere Haustiere.<br />

F: Gibt es Supermärkte in Kapstadt, und gibt es das<br />

g<strong>an</strong>ze Jahr über Milch? (Deutschl<strong>an</strong>d)<br />

A: Nein, wir sind eine Nation von streng veg<strong>an</strong>ischen<br />

Beerensammlern. Milch ist bei uns illegal.<br />

F: Regnet es eigentlich in Südafrika? Ich habe im Fernsehen<br />

noch nie gesehen, dass es regnet. Wie wachsen dort<br />

d<strong>an</strong>n die Pfl <strong>an</strong>zen? (GB)<br />

A: Wir importieren alle Pfl <strong>an</strong>zen voll ausgewachsen und<br />

graben sie hier ein. D<strong>an</strong>n schauen wir zu, wie sie l<strong>an</strong>gsam<br />

eingehen.<br />

In diesem Sinne einen schönen Sommer!<br />

Beate Hammond lebt in Wien und macht ihre Entdeckungen<br />

überall.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 11


gewerkschaftsarbeit<br />

Saubere Kleidung<br />

im Stundenpl<strong>an</strong><br />

Beauty Ntombizodwa Zibula, Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte<br />

der Textilgewerkschaft SACTWU*, kam Anf<strong>an</strong>g Mai<br />

auf Einladung von Südwind nach Österreich. Sie informierte über die<br />

sozialen und arbeitsrechtlichen Herausforderungen,<br />

denen TextilarbeiterInnen in Südafrika täglich gegenüberstehen.<br />

Katharina Weßels traf die Aktivistin zum Interview.<br />

* SACTWU (Southern<br />

Afric<strong>an</strong> Clothing <strong>an</strong>d<br />

Textile Workers Union) ist<br />

die größte Gewerkschaft<br />

der südafrik<strong>an</strong>ischen<br />

Textilindustrie mit mehr als<br />

100.000 Mitgliedern. Die<br />

Löhne, die SACTWU für<br />

die Br<strong>an</strong>che ausverh<strong>an</strong>delt,<br />

kommen mehr als 150.000<br />

ArbeiterInnen zugute.<br />

www.sactwu.org.za, www.<br />

sactwuaidsproject.org.za<br />

12 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Wie wirkt sich das Geschäft<br />

mit der Fußballweltmeisterschaft in<br />

Südafrika auf die Textilbr<strong>an</strong>che und<br />

insbesondere auf die ArbeiterInnen<br />

aus?<br />

Beauty Ntombizodwa Zibula: Wir<br />

versuchen, die Regierung dazu zu bringen,<br />

die Trikots unseres Nationalteams<br />

„Baf<strong>an</strong>a Baf<strong>an</strong>a” in Südafrika herstellen<br />

zu lassen. Das würde es uns ermöglichen,<br />

mehr ArbeiterInnen <strong>an</strong>zustellen.<br />

Gleichzeitig stellen wir auch sicher, dass<br />

die Trikots in Cle<strong>an</strong>-Clothes-Unternehmen<br />

<strong>an</strong>gefertigt werden und diese auch<br />

den Auflagen unserer Tarifkommission<br />

entsprechen. Allerdings fragen wir uns,<br />

wie es nach der Fußballweltmeisterschaft<br />

weitergehen soll. Was wir als Gewerkschaft<br />

befürchten, ist die Arbeitslosigkeit,<br />

von der nach der WM besonders<br />

Frauen betroffen sein werden. Letzten<br />

Monat hat die Regierung jedoch ein<br />

Programm verabschiedet, das vorsieht,<br />

Unternehmen fin<strong>an</strong>ziell zu unterstützen,<br />

die diese Arbeitslosen einstellen. Jetzt<br />

geht es darum, das Programm entsprechend<br />

zu implementieren.<br />

Darüber hinaus gewährleisten wir, dass<br />

Arbeiterinnen, deren Arbeitsverhältnis<br />

nach der Weltmeisterschaft endet,<br />

eine entsprechende Abfindung von den<br />

Firmen erhalten, auch um diesen Frauen<br />

die Ch<strong>an</strong>ce zu geben, sich selbstständig<br />

zu machen. Wir hoffen, dass dieses Programm<br />

auch hilft, unsere Br<strong>an</strong>che gegen<br />

die Konkurrenz aus China zu schützen,<br />

denn allein in den letzten vier Jahren<br />

gingen hier 70.000 Arbeitsplätze<br />

verloren. Wir haben in Südafrika eine<br />

Arbeitslosenquote von 31,2 Prozent,<br />

und über 26 Prozent der Südafrik<strong>an</strong>er-<br />

Innen leben von weniger als 9,40 R<strong>an</strong>d<br />

[ca. 0,97 Euro] am Tag.<br />

Wie haben sich die Arbeitsbedingungen<br />

für Frauen in der Textilindustrie<br />

in den letzten Jahren entwickelt?<br />

Sehr gut, denn unsere Tarifkommission<br />

konzentriert sich stark auf den<br />

Gender-Aspekt. Außerdem sind wir<br />

der Meinung, dass es keinen Job gibt,<br />

den wir nicht erledigen können. Wenn<br />

ein M<strong>an</strong>n dazu in der Lage ist, d<strong>an</strong>n<br />

sind wir es auch. Wir möchten nicht<br />

allzu sehr beschützt werden, sondern<br />

Beauty Ntombizodwa Zibula, © Südwind Agentur<br />

vielmehr die gleichen Möglichkeiten<br />

erhalten wie Männer. Auch was das<br />

Thema Schw<strong>an</strong>gerschaft und Karenzzeit<br />

betrifft, setzt sich die Tarifkommission<br />

sehr sein. Die Maßnahmen<br />

beinhalten auch alltägliche Dinge, zum<br />

Beispiel wenn ein Kind kr<strong>an</strong>k wird,<br />

sollten ArbeiterInnen die Möglichkeit<br />

haben sich freizunehmen.<br />

Was machen speziell Sie als Gender-<br />

Beauftragte der SACTWU?<br />

Unsere Aufgabe im Gender-Büro ist es,<br />

den Frauen mehr Macht zu geben, gerade<br />

wenn es um die Unternehmensführung<br />

geht. Heute haben auch innerhalb<br />

unserer Org<strong>an</strong>isation Frauen höhere<br />

Positionen inne, g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>ders als früher,<br />

als m<strong>an</strong> nur Chöre von Männern sehen<br />

konnte. Und heute werden auch die entsprechenden<br />

Rahmenbedingungen dafür<br />

geschaffen, und Frauen können sogar <strong>an</strong><br />

den Wahlen innerhalb der Gewerkschaft<br />

teilnehmen.<br />

Unsere Ziele sind eher l<strong>an</strong>gfristige. Wir<br />

vergeben auch Stipendien für Bildung,<br />

denn bei der Bekämpfung des Analphabetismus<br />

wollen wir uns nicht auf die


Regierung allein verlassen.<br />

Weitere zentrale Themen sind die<br />

Bekämpfung des Missbrauchs in den<br />

Familien und die Beratung und Betreuung<br />

von Arbeiterinnen mit HIV und<br />

AIDS. Wir beschäftigen auch eigene<br />

SozialarbeiterInnen und unterhalten<br />

eigene Kliniken. Die Kr<strong>an</strong>kheit ist sehr<br />

weit verbreitet in Südafrika. Unsere<br />

Kliniken sind sehr wichtig, denn sie<br />

helfen nicht nur dir als Gewerkschaftsmitglied,<br />

sondern deiner g<strong>an</strong>zen<br />

Familie. Ich erwähne das, da ich im<br />

Jahr 2003 selbst meine Tochter <strong>an</strong><br />

AIDS verloren habe. Die Gewerkschaft<br />

half mir sehr, m<strong>an</strong> betreute mich, denn<br />

gleichzeitig musste ich damals noch<br />

erfahren, dass auch meine Enkelin mit<br />

HIV infiziert worden war. Heute ist<br />

sie elf Jahre, sie ist gesund, und die<br />

Org<strong>an</strong>isation erkundigt sich weiterhin,<br />

wie es ihr geht.<br />

Unser Ziel ist es, dass sich die g<strong>an</strong>ze<br />

Br<strong>an</strong>che Tests unterzieht, um über<br />

ihren Status informiert zu sein. Die<br />

Tests laufen gerade <strong>an</strong>, aber wir sollten<br />

für eine so große Br<strong>an</strong>che noch mehr<br />

Leute <strong>an</strong>stellen, als wir jetzt haben, die<br />

sich um die sterbenskr<strong>an</strong>ken Menschen<br />

kümmern.<br />

Welchen Stellenwert haben denn<br />

genderspezifische Fragestellungen in<br />

der aktuellen Regierung?<br />

Es ist hier zu einigen Veränderungen<br />

gekommen. Es gibt nun viele Frauen,<br />

die auch höhere Ämter einnehmen, als<br />

Ministerinnen, Delegierte, als Bürgermeisterinnen<br />

oder als Ratsmitglieder.<br />

Die Regierung setzt sich sehr für Gender-Angelegenheiten<br />

ein, schult Frauen,<br />

um sie zu ermächtigen. D<strong>an</strong>eben gibt es<br />

fin<strong>an</strong>zielle Zuschüsse für arme Frauen<br />

oder auch Wohnbeihilfen. Es gibt auch<br />

eine eigene Gender-Abteilung, zu der<br />

wir gute Kontakte haben.<br />

Sie waren bereits im Kampf gegen<br />

das Apartheid-Regime aktiv. In<br />

welcher Form haben Sie sich damals<br />

engagiert?<br />

Ein spezielles Anliegen damals, ich ging<br />

da noch zur Schule, war zum Beispiel,<br />

nicht dazu gezwungen zu werden, in<br />

Afrika<strong>an</strong>s zu lernen, denn das ist nicht<br />

unsere Muttersprache. Wir sahen uns<br />

schon überall versagen, weil wir diese<br />

Sprache nicht gut genug beherrschten.<br />

Es ging außerdem um unsere politischen<br />

Anführer und deren Befreiung aus<br />

dem Gefängnis. Und es war ein Haupt<strong>an</strong>liegen,<br />

unsere Version der Geschichte<br />

zu erzählen. Wir wollten, dass unser<br />

L<strong>an</strong>d <strong>an</strong>tirassistisch wird, dass es keine<br />

Diskriminierung, auch keine religiöse,<br />

mehr gibt.<br />

In welcher Weise beeinflusst die<br />

Erfahrung mit dem Kampf gegen die<br />

Apartheid Ihr Engagement für mehr<br />

Arbeiterinnenrechte?<br />

Ja, da gibt es eine Verbindung. Meine<br />

Mutter arbeitete zum Beispiel auf einer<br />

Farm und war ihr Leben l<strong>an</strong>g Analphabetin.<br />

Ich denke, dass unser Gender-Büro<br />

heute die Möglichkeit hat, die Leute aus<br />

solchen Situationen herauszuholen. Früher<br />

wurden Menschen wie meine Mutter<br />

dafür verachtet und diskriminiert, wie<br />

sie lebten bzw. leben mussten, denn sie<br />

„Was wir als Gewerkschaft befürchten, ist<br />

die Arbeitslosigkeit, von der nach der WM<br />

besonders Frauen betroffen sein werden.“<br />

hatten gleichzeitig gar keine Ch<strong>an</strong>ce, ihr<br />

Leben zu verändern oder sich Bildung<br />

<strong>an</strong>zueignen. Die Unterdrückung wurde<br />

vom Apartheid-Regime mit „kulturellen<br />

Unterschieden” begründet.<br />

Dass ich heute hier mit Ihnen so offen<br />

darüber reden k<strong>an</strong>n, liegt dar<strong>an</strong>, dass<br />

ich beim Kampf gegen die Apartheid dabei<br />

war, aber was ist mit den Menschen,<br />

die es nicht waren? Die denken vielfach,<br />

dass die Bestimmungen von damals<br />

besser waren. Unser Job ist es, diesen<br />

Leuten zu erklären, was richtig und was<br />

falsch ist. Es liegt d<strong>an</strong>n allerdings <strong>an</strong><br />

ihnen, wie sie weitermachen wollen.<br />

Sie waren ja nun einige Tage in Österreich.<br />

Welche Eindrücke nehmen Sie<br />

von Ihrem Besuch mit?<br />

In Graz war ich sehr beeindruckt, als<br />

ich von den ModestudentInnen erfuhr,<br />

dass die Idee der „Cle<strong>an</strong> Clothes” Teil<br />

ihres Stundenpl<strong>an</strong>s ist. 1 Sie sind sehr<br />

gut informiert. Ich werde überlegen,<br />

was wir in Südafrika in dieser Hinsicht<br />

unternehmen können, denn wir haben<br />

es der Regierung überlassen, wie sie<br />

die Stundenpläne gestaltet, und unsere<br />

Anliegen als Textil- und Bekleidungsindustrie<br />

bisl<strong>an</strong>g nicht hineinformuliert.<br />

Wir müssen unsere Gesellschaft über<br />

die Cle<strong>an</strong>-Clothes-Kampagne aufklären.<br />

Schließlich wird jem<strong>an</strong>d, der nicht weiß,<br />

ob ein Produkt gut oder schlecht ist,<br />

es kaufen, weil es billig ist, ohne dabei<br />

zu bedenken, dass das unsere Br<strong>an</strong>che<br />

zerstört.<br />

Was mich auch beschäftigt, ist die<br />

Sache mit den Designerklamotten. Ein<br />

Unternehmen kommt hierher nach<br />

Europa, kauft ein bestimmtes Label,<br />

nimmt es mit nach Südafrika, repliziert<br />

es und gibt ihm einen neuen Namen<br />

– was bedeutet, dass die Person, die<br />

dieses Design eigentlich kreiert hat,<br />

unsichtbar wird. Meiner Meinung nach<br />

ist das Betrug, und es zerstört unseren<br />

Industriezweig. Es wird dazu führen,<br />

dass unsere jungen Talente sich letztlich<br />

von der Textilbr<strong>an</strong>che abwenden, denn<br />

wenn die Unternehmen weiter so<br />

vorgehen, wer kauft d<strong>an</strong>n dein Label?<br />

Die Leute werden sagen: „Das Design<br />

gibt’s auch in Südafrika, nur billiger.”<br />

Wir haben gerade erst wieder neue<br />

DesignerInnen rekrutiert, und m<strong>an</strong> hört<br />

bereits ihre Beschwerden. Es ist einfach<br />

nicht richtig, dass du fünf Jahre auf eine<br />

Modeschule gehst, um am Ende gesagt<br />

zu bekommen „Kopier das mal.”<br />

Unsere Br<strong>an</strong>che muss geschützt werden<br />

– auch in dem Wissen, dass besonders<br />

viele Frauen für diesen Industriezweig<br />

arbeiten. Ohne uns wären doch alle<br />

nackt. l<br />

Beauty Ntombizodwa Zibula, geb. in Durb<strong>an</strong>,<br />

engagierte sich bereits als Schülerin<br />

gegen das Apartheid-Regime. 1978 bekam<br />

sie ihren ersten Job in der Textilbr<strong>an</strong>che,<br />

zehn Jahre später wurde sie für die<br />

Gewerkschaft aktiv, bald darauf wurde sie<br />

von ihren KollegInnen zur Gewerkschaftsrepräsent<strong>an</strong>tin<br />

ern<strong>an</strong>nt. 1989 entst<strong>an</strong>d<br />

SACTWU aus einer Fusion mehrerer Gewerkschaften.<br />

Heute ist sie Vizepräsidentin<br />

und Gender-Beauftragte von SACTWU.<br />

gewerkschaftsarbeit<br />

1 Dazu die Agentur<br />

Südwind: „Der Aspekt der<br />

sozialen und ökologischen<br />

Ver<strong>an</strong>twortung ist neu und<br />

erst seit der Reform im<br />

Jahre 2009 im Curriculum<br />

ver<strong>an</strong>kert. Wir durften dabei<br />

mitreden und auch Vor<strong>schläge</strong><br />

einbringen.”<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 13


<strong>an</strong>.riss international<br />

Demonstration in Windhoek, Namibia, Foto: http://endforcedsterilisation.wordpress.com<br />

namibia<br />

HIV und Zw<strong>an</strong>gssterilisationen<br />

Seit 1. Juni wird am Obersten Gerichtshof in Windhoek, Namibia, der<br />

Fall von drei Frauen verh<strong>an</strong>delt, die den Staat verklagen. Die Frauen<br />

wurden jeweils nach einem positiven HIV-Test in öffentlichen Spitälern<br />

ohne ihr eindeutiges Einverständnis sterilisiert. Bei ihren Klagen h<strong>an</strong>delt<br />

es sich um Präzedenzfälle – und das obwohl bereits seit 2007 zahlreiche<br />

Fälle von erzwungener Sterilisation <strong>an</strong> staatlichen Kr<strong>an</strong>kenhäusern in<br />

mehreren Regionen Namibias bek<strong>an</strong>nt sind. Das Gesundheitsministerium<br />

war seit 2008 offiziell darüber informiert, dennoch kam es in den<br />

folgenden Jahren zu weiteren Zw<strong>an</strong>gssterilisationen. Dutzende Frauen<br />

solidarisierten sich mit den Klägerinnen und demonstrierten in Namibia,<br />

aber auch vor namibischen Botschaften in Lukasa, Washington D.C. und<br />

Pretoria. Sie befürchten vor allem, dass sich HIV-positive Frauen aus<br />

Angst vor Sterilisation nicht mehr in Spitäler wagen und sich nicht mehr<br />

beh<strong>an</strong>deln lassen. Zudem wurde eine Petition initiiert, die die sofortige<br />

Beendigung von Zw<strong>an</strong>gssterilisationen fordert und die Diskriminierung<br />

von HIV-positiven Menschen sowie die Verletzung der Menschenrechte<br />

auf Würde und Gleichheit <strong>an</strong>gepr<strong>an</strong>gert und auf das Recht von Frauen<br />

auf Selbstbestimmung über ihren Körper insistiert. Die Petition wurde<br />

mit Beginn des Gerichtsprozesses <strong>an</strong> die namibische Gesundheitsministerin<br />

übergeben. Zu Redaktionsschluss wurden die weiteren Verh<strong>an</strong>dlungen<br />

auf Anf<strong>an</strong>g September vertagt, da die Anhörungen mehr Zeit in Anspruch<br />

nahmen als ursprünglich gepl<strong>an</strong>t. vers<br />

http://endforcedsterilisation.wordpress.com, http://allafrica.com, http://ipsnews.net<br />

bosnien/montenegro<br />

Erinnerungsräume<br />

„Kollektive Trauer- und Erinnerungsräume” ist das Thema der ersten<br />

internationalen Frauen-Sommerakademie in Montenegro, die vom 3. bis<br />

14 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

8. <strong>August</strong> im Zentrum für Frauen- und Friedensbildung<br />

ANIMA in Kotor stattfindet. Die<br />

Sommerakademie setzt sich mit der Bedeutung<br />

und der Notwendigkeit von gemeinschaftlichem<br />

Trauern und Erinnern ausein<strong>an</strong>der und diskutiert,<br />

„wie dieses in die Gesellschaft re-integriert werden<br />

k<strong>an</strong>n”. Das Forum wird vom Bremer Verein<br />

protr<strong>an</strong>skultur e.V. in Kooperation mit ANIMA<br />

org<strong>an</strong>isiert und wendet sich <strong>an</strong> Frauen mit Interesse<br />

<strong>an</strong> Methoden der Trauer-, Erinnerungs- und<br />

Friedensarbeit.<br />

Um Erinnerung geht es auch beim internationalen<br />

Friedensmarsch in Bosnien, der heuer zum<br />

fünften Mal stattfindet. Der dreitägige, 110<br />

Kilometer l<strong>an</strong>ge Marsch nach Srebrenica/Potocari,<br />

ˇ<br />

folgt dem Weg jener wenigen Flüchtlinge,<br />

die sich vor 15 Jahren während des Bosnienkrieges<br />

aus der ehemaligen „Sicherheitszone”<br />

der Vereinten Nationen um Srebrenica retten<br />

konnten. Im <strong>Juli</strong> 1995 kamen hier bis zu 8.000<br />

BosnierInnen bei – sorgfältig gepl<strong>an</strong>ten –<br />

Massenexekutionen durch serbische Armee,<br />

Polizei und Paramilitärs ums Leben. Der Verein<br />

protr<strong>an</strong>skultur org<strong>an</strong>isiert hierzu eine Solidaritätsreise<br />

vom 5. bis 12. <strong>Juli</strong>. viyu<br />

8.–10.7., Friedensmarsch durch Bosnien, allgemeine Informationen: www.marsmira.org,<br />

Solidaritätsreise mit protr<strong>an</strong>skultur e.V.: 5.–12.7.; 3.–8.8., Informationen u. Anmeldung<br />

zur Sommerakademie in Montenegro: protr<strong>an</strong>skultur e.V., Marij<strong>an</strong>a Gršak, 28203 Bre-<br />

men, Horner Straße 63, T. +49/421/3339515, www.verein.protr<strong>an</strong>skultur.de<br />

brasilien<br />

Fetal Rights vs. Women’s Rights<br />

Abtreibung ist in Brasilien illegal. Ein neuer Gesetzentwurf, der im Mai dem<br />

brasili<strong>an</strong>ischen Parlament vorgelegt wurde, könnte die ohnehin schon prekäre<br />

Lage ungewollt schw<strong>an</strong>gerer Frauen in Zukunft noch weiter erschweren.<br />

Demnach soll jedem Ungeborenen mit absoluter Priorität das Recht auf<br />

Leben, Gesundheit, Entwicklung, Ehre, Würde, Respekt, Freiheit, und Familie<br />

gar<strong>an</strong>tiert werden. Jegliche absichtliche Beeinträchtigung eines Fötus könnte<br />

laut Entwurf strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.<br />

Mari<strong>an</strong>ne Mollm<strong>an</strong>n, Vertreterin für Frauenrechte bei der Menschrechtsorg<strong>an</strong>isation<br />

Hum<strong>an</strong> Rights Watch, findet es zwar löblich, sichere Schw<strong>an</strong>gerschaften<br />

und Geburten zu fördern, dennoch verurteilt sie die Gesetzesvorlage, da<br />

Frauen aus Angst vor der Polizei notwendige medizinische Hilfe verweigern<br />

könnten. Auch Abtreibungen im Falle von Vergewaltigung wären durch das<br />

mögliche neue Gesetz verboten. Dies würde dem Recht auf Leben und Gesundheit<br />

jeder Schw<strong>an</strong>geren widersprechen, warnt Hum<strong>an</strong> Rights Watch. kw<br />

www.hrw.org, www.dawnnet.org<br />

russl<strong>an</strong>d<br />

Moskau Pride à la James Bond<br />

Zum fünften Mal in Folge hatte die Moskauer Stadtregierung unter Bürgermeister<br />

Juri Luschkow die diesjährige Pride Parade in der russischen<br />

Hauptstadt verboten. Luschkow, der von einer „sat<strong>an</strong>ischen” Demonstration<br />

und einer „gesellschaftlichen Plage” sprach, ließ in den letzten


Jahren regelmäßig DemonstrationsteilnehmerInnen, die sich dem Verbot<br />

widersetzten, verhaften. Trotzdem versammelten sich Ende Mai LGBT-<br />

Aktivist_innen und zogen mit Slog<strong>an</strong>s wie „Russl<strong>an</strong>d ohne Homophobie”<br />

durch das Moskauer Zentrum. Zuvor führten sie durch falsche Ankündigungen<br />

in Blogs und Foren die Polizei und die Antiterroreinheit OMON<br />

in die Irre. „Moscow Pride ist eine Komm<strong>an</strong>doaktion im James-Bond-<br />

Stil”, erklärten die Aktivist_innen im Live-Blog von UKGayNews, „sie<br />

ist schwieriger zu org<strong>an</strong>isieren als eine Parade in London oder Paris mit<br />

zigtausend Teilnehmer_innen.” Die Blitzdemonstration verlief glücklicherweise<br />

friedlich – g<strong>an</strong>z im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren,<br />

in denen es beim verbotenen CSD zu Übergriffen durch Rechtsradikale<br />

und Polizisten kam. viyu<br />

www.queer-news.at, www.queer.de, www.ukgaynews.org.uk<br />

china<br />

Ein wahrlich unglaublicher Preis<br />

Bereits in Deutschl<strong>an</strong>d erhältlich, kommt das neue iPad von Apple nun<br />

auch auf den österreichischen Markt. Beteiligt <strong>an</strong> der Produktion der<br />

Geräte ist der IT-Liefer<strong>an</strong>t Foxconn, der größte Elektronikhersteller der<br />

Welt. Unlängst geriet das Unternehmen ins Kreuzfeuer der internationalen<br />

Kritik: Zehn Selbstmorde von Arbeiter_innen der firmeneigenen<br />

Fabrik im südchinesischen Shenzhen wurden allein in diesem Jahr mit<br />

den dort vorherrschenden menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in<br />

Verbindung gebracht. Foxconn weist jeglichen Vorwurf der Mitschuld<br />

von sich und erklärte die Suizide mit persönlichen Beweggründen der<br />

Betroffenen. Bereits 2006 wurde Foxconn wegen unmenschlicher Arbeitsbedingungen<br />

kritisiert, woraufhin auch iPhone-Auftraggeber Apple<br />

unter Druck geriet. Wie schon 2006 blieben die von Apple ver<strong>an</strong>lassten<br />

jüngsten Untersuchungen allerdings ergebnislos. Foxconn beschäftigt<br />

allein in der Stadt Shenzhen 300.000 MitarbeiterInnen und fertigt für<br />

weitere Weltkonzerne, wie Hewlett-Packard, Dell, Nokia oder Sony.<br />

1997 arbeiteten weniger als 10.000 Menschen für Foxconn, seit 2008<br />

sind es mehr als 700.000. Die österreichische Org<strong>an</strong>isation Südwind hat<br />

Iv<strong>an</strong>a in the City<br />

Seit Mai beherbergt „biber”, das multikulturelle<br />

Gratis-Stadtmagazin für Wien, ein<br />

neues Ressort: biberica. Es geht um „alles<br />

für die neue Österreicherin”: Männer, Fashion,<br />

Schminke „und vieles mehr, was das<br />

Migra-Frauenherz begehrt”: „Wöchentliche<br />

Shoppingtouren gehören neben ihrer Karriere<br />

und kulinarischen Zaubereien für die Großfamilie<br />

selbstverständlich dazu”, f<strong>an</strong>tasiert die<br />

Redaktion über das Dasein „mit scharf” von<br />

Iv<strong>an</strong>a, Sibel & Co. Ethno-Marketing, Carrie-<br />

Bradshaw-Style. viyu<br />

Diskurs-Watch<br />

Bereits seit über zw<strong>an</strong>zig Jahren ist in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d der Journalistinnenbund<br />

(www.journalistinnen.de) aktiv. Unter<br />

http://watch-salon.blogspot.com betreibt<br />

das Netzwerk seit 2008 auch einen eigenen<br />

Weblog. „Meinungsfreudig, streitlustig,<br />

selbstbewusst” äußern sich laut Selbstdefinition<br />

die neun Autorinnen zu aktuellen Debatten<br />

in Gesellschaft, Politik und Medien. Neben<br />

den vielfältigen und pointiert-kritischen Einträgen<br />

finden sich auch persönliche Kulturtipps<br />

der Blogerinnen. fis<br />

nun die „Cle<strong>an</strong>-IT”-Kampagne ins Leben gerufen, um auf den erheblichen<br />

Druck, die enorm l<strong>an</strong>gen Arbeitszeiten sowie auf die zu niedrige<br />

Bezahlung der chinesischen Arbeiter_innen aufmerksam zu machen.<br />

Beim jüngst verstorbenen Foxconn-Mitarbeiter h<strong>an</strong>delt es sich im Übrigen<br />

nicht um Selbsttötung. Der 27-jährige Y<strong>an</strong> Li starb nach 34 Stunden<br />

ununterbrochener Arbeit <strong>an</strong> Erschöpfung. kw<br />

www.suedwind-agentur.at, www.cle<strong>an</strong>-it.at, http://diepresse.com<br />

bericht<br />

43 Millionen Menschen auf der Flucht<br />

<strong>an</strong>.riss international<br />

Mitte Juni stellte der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen,<br />

António Guterres, in Berlin zum Flüchtlingsschutz den Jahresbericht<br />

des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) für 2009 vor. Demnach<br />

waren im verg<strong>an</strong>genen Jahr 43,3 Millionen Menschen weltweit auf der<br />

Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung – die höchste Zahl seit Mitte<br />

der 1990er-Jahre –, v.a. aus Afgh<strong>an</strong>ist<strong>an</strong>, dem Irak, Somalia sowie der<br />

Demokratischen Republik Kongo. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge<br />

– 27,1 Millionen – sind Binnenvertriebene, die vor den <strong>an</strong>haltenden Konflikten<br />

im Kongo, Pakist<strong>an</strong> und Somalia fliegen. Die Hauptlast tragen daher<br />

nicht die westlichen Industriestaaten, sondern vor allem die Länder<br />

im globalen Süden, wo sich achtzig Prozent der Geflohenen aufhalten.<br />

Länder wie Pakist<strong>an</strong>, Simbabwe und der Kongo nehmen im Verhältnis zu<br />

ihrer Wirtschaftskraft besonders viele Flüchtlinge auf.<br />

Die Anzahl der weltweit gestellten Asylerst<strong>an</strong>träge stieg im verg<strong>an</strong>genen<br />

Jahr auf fast eine Million. Die meisten Asylsuchenden zählte Südafrika<br />

mit 222.000. In Europa waren es insgesamt 286.700, 86 Prozent davon<br />

in den Staaten der Europäischen Union. Guterres zeigte sich besorgt<br />

darüber, dass es inbesondere in Europa zu einer „Erosion des Asylraumes”<br />

komme. 19 Aufnahmestaaten akzeptierten im letzten Jahr 112.400<br />

Flüchtlinge, darunter die USA (79.900), K<strong>an</strong>ada (12.500), Australien<br />

(11.100), Deutschl<strong>an</strong>d (2.100), Schweden (1.900) und Norwegen<br />

(1.400). viyu<br />

medienmix<br />

www.fr-online.de, www.unhcr.at<br />

Feministischer Äther<br />

„Don’t worry, come in”, lautet die Devise der<br />

Sendungsplattform Frauenzimmer des freien<br />

Salzburger Rundfunks Radiofabrik. Jeden<br />

Mittwoch strömen ab 18.00 Uhr auf der<br />

Frequenz 107,5 und 97,3 MHz Genderthemen<br />

aus der Radioröhre: vom ÖH-Frauenzimmer,<br />

das feministische Theorie und Praxis durchleuchtet,<br />

über die radiophone Selbsthilfegruppe<br />

„Überlebt” bis hin zum zweisprachigen<br />

Gesellschaftsmagazin „zenska soba” (Deutsch/<br />

Bosnisch). Das lässt das feministische Herz<br />

höher schlagen! claude<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 15


Happy<br />

Birthday,<br />

Ladyfest!<br />

Vor genau zehn Jahren ging in der Nähe von Seattle das erste Ladyfest über die Bühne. Das feministische D.I.Y.-<br />

Kunstfestival intervenierte insbesondere in die Repräsentationsverhältnisse in der Musik. Mittlerweile geht die<br />

Kritik gegen Sexismus und Homophobie weit über die Popkultur hinaus. Die <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> nehmen den runden Geburtstag<br />

zum Anlass, um einen Blick auf die Anfänge, die Entwicklungen und Veränderungen von Ladyfest zu werfen.<br />

Programmcover Ladyfest, Olypmia 2000


Some Grrrls are Ladies<br />

Olympia, Washington. Dort, wo die Labels K-Records, Kill Rock Stars und Chainsaw ihren Sitz haben,<br />

nahm die Riot-Grrrl-Bewegung ihren Ausg<strong>an</strong>g. Ein Jahrzehnt später, im Sommer 2000, wurde die 40.000-<br />

Seelen-Stadt südlich von Seattle eine Woche l<strong>an</strong>g erneut zum Mittelpunkt der Welt – für m<strong>an</strong>che zumindest.<br />

Ute Hölzl, Sushila Mesquita und Iris Weißenböck packten damals ihre Koffer und reisten zum Frauen-<br />

Kunst-Festival Ladyfest.*<br />

Irgendwie war das G<strong>an</strong>ze wie ein<br />

Traum: Sechs Tage l<strong>an</strong>g eine Stadt<br />

erobert, sie gemeinsam mit mehr als<br />

tausend <strong>an</strong>deren Frauen und Mädchen<br />

gewissermaßen in Beschlag genommen.<br />

Jeden Tag Workshops, Konzerte,<br />

Ver<strong>an</strong>staltungen, neue Bek<strong>an</strong>ntschaften.<br />

Klingt, als wären wir F<strong>an</strong>atikerinnen<br />

des Bildungsurlaubs. Oder aber auf<br />

einem globalen PfadfinderInnen-Treffen<br />

gewesen. Waren wir aber nicht. Wir waren<br />

beim Ladyfest, in Olympia, Washington,<br />

im Nordwesten der USA, jenem<br />

Teil des L<strong>an</strong>des, der schon einmal als<br />

Geburtsort eines Musikstils hergehalten<br />

hat, der die Welt erobern sollte: Grunge.<br />

Doch keine Angst, das Ladyfest wird<br />

nicht zu einem neuen Mode-/Trenddiktat<br />

führen. Irgendwie schade, eigentlich.<br />

Aber das Ladyfest war eben auch nicht<br />

der Beginn eines neuen Stils, sondern<br />

vielmehr die Best<strong>an</strong>dsaufnahme und der<br />

Neubeginn einer Bewegung: der Riot<br />

Grrrls.<br />

Who’s that grrrl? Anf<strong>an</strong>g der 1990er-<br />

Jahre entst<strong>an</strong>d aus der Auflehnung<br />

gegen die männerdominierte, sexistische<br />

Indie-/Rock-Musik-Szene die<br />

Riot-Grrrl-Bewegung. Ziel war es, das<br />

Vorurteil, Frauen könnten nur lahme<br />

Songs auf der Gitarre schreiben,<br />

umzustoßen und stattdessen selbst ein<br />

kraftvolles, neues Image zu entwickeln:<br />

Frau/Mädchen mit elektrischer Gitarre,<br />

Texte singend/rausschreiend über Dinge,<br />

die sie wirklich betreffen. Und aus den<br />

wenigen in Olympia entst<strong>an</strong>d bald ein<br />

US-weites Netzwerk.<br />

Riot Grrrl war nicht nur Musik, auch<br />

wenn das neben der Kleidung jenes<br />

Merkmal ist, worauf die Rezeption von<br />

außen beschränkt blieb. Als sich die<br />

Mainstream-Medien auf die Bewegung<br />

stürzten, blieb wenig übrig von<br />

Riot Grrrl. Die vielfältigen politischen<br />

Inhalte gingen in dieser Wahrnehmung<br />

verloren, lediglich die eindimensionale<br />

Reduktion auf modische und sexuel-<br />

le Aspekte wurde überliefert. Dabei<br />

wurde unterschlagen, worauf sich die<br />

Bewegung bezog: Im neu aufkeimenden<br />

repressiven, höchst reaktionären Klima<br />

Anf<strong>an</strong>g der 1990er, das geprägt war von<br />

wachsender Prüderie, Homophobie und<br />

Rassismus, traten die Riot Grrrls vehement<br />

für die Rechte von Frauen und<br />

Mädchen ein. Entgegen den gängigen<br />

Schweigemech<strong>an</strong>ismen thematisierten<br />

sie lautstark Missbrauchserfahrungen,<br />

kritisierten Schönheitsideale und<br />

boten vor allem jungen weißen Frauen<br />

Alternativen zu den vorherrschenden<br />

Identitätskategorien. Durch die Medien<br />

mutierte „Grrrl Style Revolution Now”<br />

zu „Girl Power” – ein leicht verdauliches<br />

Sammelsurium konsumentInnenfreundlicher<br />

Slog<strong>an</strong>s: Aus den Riot<br />

Grrrls waren die Spice Girls geworden.<br />

Corin Tucker, Sängerin und Gitarristin<br />

von Sleater-Kinney und ehemals Mitglied<br />

bei Heavens to Betsy, formulierte<br />

es folgendermaßen: „Die Mainstream-<br />

Medien trivialisierten die g<strong>an</strong>ze<br />

Bewegung zu einem Mode-Statement.<br />

Dabei ist der Punkt <strong>an</strong> Riot Grrrl, dass<br />

wir damit fähig waren, Feminismus für<br />

das 21. Jahrhundert neu zu schreiben.<br />

Wir nahmen die Ideen und übersetzten<br />

sie in unsere eigene, für uns verständliche<br />

Sprache. Das sind die eigentlichen<br />

wichtigen Errungenschaften – in den<br />

Medien war davon jedoch nicht mehr<br />

die Rede.” Doch Riot Grrrl existierte<br />

weiter, wenn auch abseits der breiten<br />

Medienöffentlichkeit, aufrechterhalten<br />

von alternativen Kommunikationsstrukturen,<br />

die abgelöst vom Mainstream<br />

funktionierten.<br />

Das Ladyfest, von Frauen für Frauen<br />

org<strong>an</strong>isiert, folgte der Tradition der Riot<br />

Grrrl Conventions, die seit den frühen<br />

1990ern in den USA und auch in Europa<br />

(vor allem in Großbrit<strong>an</strong>nien) stattgefunden<br />

haben – Festivals, bei denen<br />

nicht nur Musik im Vordergrund steht,<br />

sondern es auch Workshops, Ausstellungen,<br />

Filmvorführungen, Diskussionen<br />

und vieles <strong>an</strong>dere gibt.<br />

Ein typischer Tag beim Ladyfest.<br />

Gegen Mittag starteten die ersten<br />

Workshops (von denen fast alle, wie<br />

auch die übrigen Ver<strong>an</strong>staltungen, ebenso<br />

Männern zugänglich waren, auch<br />

wenn diese, meist nur eine H<strong>an</strong>dvoll,<br />

eher nur zu Konzerten gingen), die von<br />

„basic car repair” über „rather be fat<br />

Aber das Ladyfest war eben auch nicht der<br />

Beginn eines neuen Stils, sondern vielmehr<br />

die Best<strong>an</strong>dsaufnahme und der Neubeginn<br />

einer Bewegung: der Riot Grrrls.<br />

th<strong>an</strong> brainwashed” die verschiedensten<br />

frauenbezogenen Themen abdeckten.<br />

Ab 13 Uhr f<strong>an</strong>den die ersten Konzerte<br />

statt, zeitgleich wurden Dokumentar-<br />

oder Kurzfilme gezeigt, Ausstellungen<br />

und Spoken-Word-Perform<strong>an</strong>ces<br />

abgehalten. Konzerte bildeten den<br />

Abschluss des Tages. Wie die Workshops<br />

war auch das musikalische Programm<br />

äußerst breit gestreut: Neben Gitarrenmusik<br />

gab es HipHop, einen Country-<br />

Abend und St<strong>an</strong>d-Up-Comedi<strong>an</strong>s. Es<br />

traten B<strong>an</strong>ds auf, die schon seit Anf<strong>an</strong>g<br />

der 90er im Riot-Grrrl-Umfeld aktiv<br />

waren – Bratmobile etwa nutzten die<br />

Gelegenheit und feierten eine bejubelte<br />

Reunion –, B<strong>an</strong>ds, die von der Riot-<br />

Grrrl-Bewegung beeinflusst worden waren<br />

wie Sleater-Kinney, The B<strong>an</strong>gs oder<br />

The Butchies, aber auch Frauen, die aus<br />

g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>deren Kontexten stammen, wie<br />

thema: ladyfeste<br />

* Dieser – geringfügig<br />

überarbeitete – Text<br />

erschien erstmals in „nylon.<br />

KunstStoff zu Feminismus<br />

und Popkultur”, Heft 2,<br />

im Herbst 2000 und stellt<br />

den wahrscheinlich ersten<br />

deutschsprachigen Bericht<br />

über das Ladyfest in Olympia<br />

dar.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 17


thema: ladyfeste<br />

Olympia, Capitol Theatre: ein Ladyfest in Psycho-L<strong>an</strong>d ... ... Americ<strong>an</strong> Psycho’s gone. Ladyfest bleibt. Fotos: Ute Hölzl<br />

18 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

z.B. Cat Power. In dieser einen Woche<br />

haben wir so viele Shows gesehen wie<br />

sonst nicht in einem g<strong>an</strong>zen Jahr.<br />

Warum Lady? Immer wieder haben<br />

wir uns gefragt, warum der Name<br />

„Grrrl”, der aus einer Neu-Definition<br />

und Aneignung von „Girl” entst<strong>an</strong>den<br />

ist, in der Namensgebung des Festivals<br />

durch „Lady” ersetzt worden war. „Ich<br />

sehe mich selbst als Lady”, meinte die<br />

Fotografin und Videokünstlerin Tammy<br />

Rae Carl<strong>an</strong>d, „ich fühle mich durch<br />

Grrrl nicht <strong>an</strong>gesprochen.” Und Sarah<br />

Dougher (Cadillaca) fügte hinzu: „Viele<br />

der Frauen, die in den Anfängen von<br />

Riot Grrrl engagiert waren, sind nun<br />

in ihren Dreißigern – und nennen sich<br />

selbst ‚Ladys’”. Überhaupt: Girl Power<br />

– „I’m so over Girl Power!”<br />

Wird nun „Lady” „Grrrl” als Begriff<br />

ersetzen? Wahrscheinlich nicht. Lady<br />

fungiert wohl eher als Persiflage auf<br />

Grrrl und was daraus wurde. In Lady<br />

schwingt eine starke Klassenzuschreibung<br />

mit – die bürgerliche Konnotation<br />

des Begriffs enthebt ihn somit einer<br />

unreflektierten Aneignung. Aus diesem<br />

Grund hat es auch großen Widerst<strong>an</strong>d<br />

gegen den Begriff gegeben. Nicht alle<br />

können sich damit identifizieren, zusätzlich<br />

kommt auch noch die Variable „Alter”<br />

mit ins Spiel. Eine 15-Jährige wird<br />

sich eher als Grrrl fühlen denn als Lady.<br />

Und „Lady Power” wird als Verkaufsstrategie<br />

nicht funktionieren, denn es<br />

gibt keine neue dissidente Schreibweise<br />

für den Begriff, was einschlägige Assoziationen<br />

verhindert und ihn damit schwer<br />

identifizierbar macht – zudem stellt<br />

m<strong>an</strong> sich unter „Lady” immer noch eine<br />

ältere, der höheren Schicht <strong>an</strong>gehörige<br />

„Dame” vor. Der Begriff wird – bis jetzt<br />

jedenfalls – vor allem von jenen verwendet,<br />

die sich, altersbedingt, eben nicht<br />

mehr als Girl respektive Grrrl sehen.<br />

„A Call to arms …“ Das Ladyfest wurde<br />

von der ersten Generation der Riot<br />

Grrrls ver<strong>an</strong>staltet. „Wir wollten den<br />

Leuten zeigen, dass feministische Org<strong>an</strong>isationen<br />

und kulturelle Produktionen<br />

von Frauen immer noch existieren und<br />

einen wichtigen Stellenwert einnehmen<br />

– trotz des gegenwärtigen Höhepunkts<br />

misogyner Aussagen der Musik-Szene<br />

in den USA”, sagte Sarah Dougher. Ein<br />

halbes Jahr haben die Vorbereitungen<br />

gedauert, etwa dreißig Frauen waren<br />

beteiligt, um das sechstägige Festival<br />

auf die Beine zu stellen. „Das Ladyfest<br />

war und ist wichtig, um wieder neue<br />

Bündnisse zu schließen – die einzelnen<br />

Beteiligten haben sich seit Jahren nicht<br />

mehr über politische und kulturelle<br />

Inhalte ausgetauscht. In Olympia haben<br />

jetzt wieder alle zusammengefunden”,<br />

so Carrie Brownstein, ihres Zeichens<br />

Sängerin und Gitarristin bei Sleater-<br />

Kinney und Mitorg<strong>an</strong>isatorin des<br />

Festivals.<br />

„Let’s do it smarter this time!“<br />

„Schließlich”, so Sarah Dougher<br />

weiter, „können wir jetzt bei nationalen<br />

Magazinen <strong>an</strong>rufen und sagen, dass wir<br />

ein Festival org<strong>an</strong>isieren, worüber sie<br />

zu berichten haben – und sie werden<br />

kommen!” Die Machtverhältnisse<br />

zwischen Medien und Riot Grrrls haben<br />

sich verändert – durch die Erfahrung<br />

im Umg<strong>an</strong>g mit medialen Mech<strong>an</strong>is-<br />

men können diese nun gezielter für<br />

die eigenen Zwecke instrumentalisiert<br />

werden. Und so hat das „Time Magazine”<br />

Olympia aufgrund des Ladyfests,<br />

eines Festivals von Frauen für Frauen,<br />

zur coolsten Stadt der USA erkoren.<br />

Vor zehn Jahren wäre das nicht möglich<br />

gewesen.<br />

Das Ladyfest war ein Rückblick. Aber<br />

auch ein neuer Anf<strong>an</strong>g. „Wenn nur eine<br />

Person von hier mit neuer Inspiration<br />

und Motivation, die Dinge zu verändern,<br />

weggeht, d<strong>an</strong>n, denke ich, haben<br />

wir gewonnen”, so Carrie Brownstein.<br />

Eine Woche in Olympia fühlte sich <strong>an</strong><br />

wie true life und heaven zugleich. Das<br />

Aufwachen zwei Tage später in der<br />

realen Welt – in einer Shopping Mall<br />

in Seattle – war für uns dafür umso<br />

ernüchternder. Die Welt hat sich nicht<br />

verändert, was bleibt, ist die Erinnerung<br />

– oder war es doch nur ein Traum? l<br />

Ute Hölzl arbeitet bei FM4 und legt Platten<br />

auf für Quote und FMqueer.<br />

Sushila Mesquita ist Philosophin und<br />

verstrickt in diverse queer-feministische<br />

Projekte.<br />

Iris Weißenböck ist als freie Lektorin für<br />

feministische und <strong>an</strong>dere Medien tätig.


Von der Lady zur Lady*<br />

Im April ging das Lady*fest München in die zweite Runde –<br />

mit einem entpolitisierten D.I.Y.-Programm<br />

und zu wenig „Gendertroublizing”,<br />

wie Judith Goetz feststellen musste.<br />

„If you feel like a lady, be part of our<br />

ladyfest”, lautete das Motto des ersten<br />

Ladyfests in München, das Anf<strong>an</strong>g<br />

2008 mit dem Ziel stattf<strong>an</strong>d, „die<br />

patriarchal-männliche Domin<strong>an</strong>z in<br />

Musik und Kultur zu brechen, indem<br />

ein öffentlicher Raum für queere,<br />

tr<strong>an</strong>sgender und feministische Kultur<br />

geschaffen wird”, wie die Org<strong>an</strong>isator-<br />

Innen betonten. Im April <strong>2010</strong>, also<br />

rund zwei Jahre später, trafen sich in<br />

München erneut Ladys, um mehrere<br />

Tage gemeinsam und kreativ zu gestalten.<br />

Die bei Ladyfesten <strong>an</strong>geregten<br />

Konzepte von Aneignung und Selbstermächtigung,<br />

die Infragestellung<br />

der Kategorie „Frau*”, die Kritik <strong>an</strong><br />

heterosexistischen Strukturen sowie<br />

die Diskussion über die Vervielfältigung<br />

von Lebensentwürfen machten diesmal<br />

allerdings nur einen marginalen Teil<br />

der Ver<strong>an</strong>staltung aus.<br />

Alles selber machen. Die Idee des<br />

„Do it yourself” war ja von Beginn <strong>an</strong><br />

ein zentrales Motto bei Ladyfesten. In<br />

München f<strong>an</strong>d die D.I.Y.-Philosophie<br />

vorr<strong>an</strong>gig in unterschiedlichen Näh-<br />

und Bastelworkshops ihre Umsetzung:<br />

Ausgehend von der Idee der „krambeutel”<br />

(„Behältnisse für alle Dinge,<br />

die täglich mit uns unterwegs sind”,<br />

so Steffi Ramb von krambeutel.de)<br />

konnte „jed*em genau die Tasche”<br />

geliefert werden, die „er* braucht”,<br />

gebastelt wurde aber auch <strong>an</strong> Kleidercollagen,<br />

Be<strong>an</strong>ies und diversen<br />

Stoffexperimenten (mit Steffi Müller<br />

aka rag*treasure). Der Andr<strong>an</strong>g war<br />

groß, wie sich beispielsweise am Häkel-<br />

Workshop zeigte, als bereits nach einer<br />

Stunde Garn nachgekauft werden<br />

musste.<br />

Auch zwei Jahre zuvor war D.I.Y.<br />

zentraler Best<strong>an</strong>dteil des Münchner<br />

Ladyfests, wenngleich in einem<br />

politisierteren Kontext. Damals st<strong>an</strong>d<br />

etwa der „DIY! Grrrl Zines Workshop”,<br />

in dem die Ladys ein eigenes „Grrrl<br />

Zine” (über das Ladyfest) gestalteten<br />

und in weiterer Folge bei einem der<br />

Vorträge auch präsentierten, nicht nur<br />

in der Tradition des „Selbermachens”,<br />

sondern vor allem auch der Riot-Grrrl-<br />

Bewegung. In weiteren Workshops<br />

wurden im Sinne der Selbstermächtigung<br />

Ver<strong>an</strong>staltungstechnik erlernt oder<br />

im „Hardware Crash Course” Computer<br />

selbst ausein<strong>an</strong>der- (und wieder zusammen-)<br />

geschraubt.<br />

Andere Ladys wiederum nahmen die<br />

Kameras in die H<strong>an</strong>d und produzierten<br />

selbst Kurzfilme. „Filmen, cutten,<br />

Während das diesjährige Programm<br />

vorwiegend „alte“ feministische Debatten<br />

in den Vordergrund stellte, blieb „Gendertroublizing“<br />

eher auf Kunst und<br />

Comic-Ausstellungen beschränkt.<br />

präsentieren in drei Tagen” lautete die<br />

Devise dieses Filmworkshops, der sich<br />

der Aufgabe stellte, das Ladyfest 2008<br />

filmisch zu dokumentieren.<br />

Hot Topic? Ähnlich praxisorientiert<br />

waren auch in diesem Jahr die Workshops<br />

zu Linux, Schreiübungen („Ladys<br />

take the megaphone!”) sowie zu<br />

Selbstverteidigung gegen gegenderte<br />

Gewalt gestaltet. Dass die Revolution<br />

gebloggt werden wird, war Thema eines<br />

weiteren gepl<strong>an</strong>ten Workshops über<br />

das „Web 2.0 und seine queer-feministischen<br />

Inhalte”. Inhaltlich diskutiert<br />

wurde auch über Homophobie in der<br />

Linken, kontroverse Vorstellungen von<br />

Sexarbeit, Geschlecht und Geschichte,<br />

internationale Abtreibungsrechte und<br />

die Väterrechtsbewegung in Österreich.<br />

Während das diesjährige Programm<br />

vorwiegend „alte” feministische Debatten<br />

in den Vordergrund stellte, blieb<br />

„Gendertroublizing” eher auf Kunst und<br />

Comic-Ausstellungen (unter <strong>an</strong>derem<br />

mit Comics von Trouble X) beschränkt.<br />

Das bestätigt, dass viele Themen kaum<br />

<strong>an</strong> Aktualität eingebüßt haben – inwieweit<br />

diese auch in einen queerfeministischen<br />

Kontext gesetzt wurden, schien<br />

jedoch von den einzelnen Workshopleiter_innen<br />

abzuhängen.<br />

M<strong>an</strong>cherorts scheint das Programm<br />

nicht das zu halten, was das Label<br />

„Ladyfest” verspricht. Noch vor zwei<br />

Jahren wurde etwa über die „Soziale<br />

Konstruktion von Geschlecht” debattiert<br />

und festgestellt: „Any gender is drag<br />

– all gender is dreck”. Unter „Eine,<br />

keine, viele” st<strong>an</strong>den unterschiedliche<br />

Beziehungskonzepte zur Diskussion. Die<br />

Annäherung <strong>an</strong> „klassische” feministische<br />

Themen nahm damals oft die<br />

Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit der eigenen<br />

Privilegiertheit zum Ausg<strong>an</strong>gspunkt<br />

thema: ladyfeste<br />

Foto: heartbeaz/flickr<br />

Links:<br />

www.ladyfestmuenchen.org<br />

www.myspace.com/ladyfesteurope<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 19


thema: ladyfeste<br />

20 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

– wie etwa in der Lesung aus der Anthologie<br />

„Hot Topic. Popfeminismus heute”<br />

von Sonja Eism<strong>an</strong>n, in der es nicht bloß<br />

um <strong>an</strong>ekdotenhafte Geschichten von<br />

Frauen ging, „die sich den radikalen<br />

‚Luxus’ eines feministischen Bewusstseins<br />

leisten”: Christi<strong>an</strong>e Erharters Text<br />

zum Beispiel, der einerseits Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />

thematisiert, aber<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Seit dem ersten Ladyfest<br />

in Olympia vor zehn Jahren wurden<br />

weltweit Hunderte von Ladyfesten<br />

org<strong>an</strong>isiert. Was hat diesen Boom<br />

ermöglicht?<br />

Mel<strong>an</strong>ie Groß: Zu sagen, was den Boom<br />

ermöglicht hat, ist ja im Nachhinein<br />

immer eine Konstruktion. Ich meine,<br />

dass das grundsätzlich offene Prinzip<br />

der Ladyfeste neue und <strong>an</strong>dere Möglichkeiten<br />

als bisl<strong>an</strong>g dafür geschaffen<br />

hat, um unter einem verbindenden<br />

<strong>an</strong>dererseits auch auf den sehr präsenten<br />

konservativen Backlash und die<br />

moralischen Implikationen des Abtreibungsdiskurses<br />

verweist.<br />

Neue alte Schule. Aus diesen Gründen<br />

wäre eine Ausein<strong>an</strong>dersetzung über die<br />

weitere inhaltliche wie auch praktische<br />

Ausrichtung der Ladyfeste wünschens-<br />

Guerilla-Strategie: Lady<br />

Mel<strong>an</strong>ie Groß forscht zu Ladyfesten als kritische Interventionsform in<br />

heteronormative Geschlechterverhältnisse. Im Interview mit Silke Graf<br />

und Vina Yun reflektiert die Sozialwissenschaftlerin die Entwicklung der<br />

Ladyfest-Bewegung in Deutschl<strong>an</strong>d und sieht genügend Diskussionsstoff<br />

für die Zukunft.<br />

Label verschiedene feministische und<br />

queer-feministische Perspektiven, Inhalte<br />

und Positionen zu verh<strong>an</strong>deln. Die<br />

Thematisierung und Sichtbarmachung<br />

von sexistischen Strukturen innerhalb<br />

der Musikkultur f<strong>an</strong>d hier ebenso ihren<br />

Platz wie die grundsätzliche Kritik <strong>an</strong><br />

der gewaltförmigen Struktur der Zweigeschlechtlichkeit.<br />

Ladyfeste haben gezeigt, dass es eine<br />

durchaus starke subkulturelle Szene<br />

gibt, die bereit ist, mit sehr viel Energie<br />

wert – um die Beschäftigung mit „Old<br />

School”-Themen aus neueren Perspektiven<br />

vor<strong>an</strong>zutreiben oder auch um festzustellen,<br />

dass nicht jeder Bastelworkshop<br />

automatisch über einen politischen<br />

Background verfügt.<br />

Nicht zuletzt könnte auch die Frage diskutiert<br />

werden, ob der Unterrepräsentation<br />

von Mädchen und Frauen in der<br />

Musik- und Kunstszene in den letzten<br />

zehn Jahren entgegengewirkt werden<br />

konnte und wodurch sich (queer-)feministische<br />

B<strong>an</strong>ds auszeichnen. Wie schon<br />

zuvor stellte das altbek<strong>an</strong>nte „B<strong>an</strong>dproblem”<br />

einen großen Schwachpunkt<br />

dieses Ladyfests dar –- eben weil der<br />

feministische Anspruch alleine leider<br />

noch keine Partystimmung gar<strong>an</strong>tiert.<br />

So sorgte die eine oder <strong>an</strong>dere Singer-<br />

Songwriterin eher für gedämpfte Laune,<br />

und nicht alle der zahlreichen Besucher_innen<br />

hielten durch, bis Awesome<br />

Wells, Hooker und Get Rid! zu späterer<br />

Stunde die Menge feiern ließen. l<br />

Judith Goetz schreibt gerade ihre Diplomarbeit<br />

in Politikwissenschaft/Vergleichende<br />

Literaturwissenschaft.<br />

und Zeit feministische und queer-feministische<br />

Inhalte zu bündeln.<br />

Je nach Region unterscheiden sich<br />

Ladyfeste teilweise sehr stark vonein<strong>an</strong>der.<br />

Kennst du Ladyfeste außerhalb<br />

des <strong>an</strong>gloamerik<strong>an</strong>ischen und<br />

deutschsprachigen Raums?<br />

Leider bin ich nie auf einem Ladyfest<br />

außerhalb Deutschl<strong>an</strong>ds gewesen<br />

und daher mit meinen Recherchen<br />

auf das Internet als Quelle begrenzt.


Allerdings ist gerade die lokale Differenz<br />

ein wesentliches Ergebnis des<br />

erwähnten Prinzips der Offenheit und<br />

des aus dem Punk stammenden D.I.Y.-<br />

Ged<strong>an</strong>kens. Genau diese Prinzipien<br />

ermöglichen erst die Artikulation<br />

und Verh<strong>an</strong>dlung von sich teilweise<br />

widersprechenden Positionen. Die<br />

Org<strong>an</strong>isationsgruppen müssen <strong>an</strong> bestimmten<br />

Punkten im Vorbereitungsprozess<br />

Entscheidungen treffen, die<br />

d<strong>an</strong>n eben stets temporäre und lokale<br />

Entscheidungen sind und sich durchaus<br />

unterscheiden können.<br />

Gleichzeitig gibt es aber die gemeinsame<br />

Erzählung über die Geschichte der Riot-<br />

Grrrl-Bewegung und über die Ladyfeste<br />

in <strong>an</strong>deren Städten und Ländern, auf die<br />

sich alle beziehen können und wollen.<br />

Das schafft durchaus das Gefühl, „Teil<br />

einer Bewegung” zu sein – auch d<strong>an</strong>n,<br />

wenn diese intern stark von Ausein<strong>an</strong>dersetzungen<br />

und Kämpfen um Definitionsmacht<br />

charakterisiert sein mögen.<br />

Uns fällt auf, dass sich – insbesondere<br />

bei Ladyfesten im deutschsprachigen<br />

Raum – eine Verschiebung von „feministisch“<br />

zu „queer-feministisch“<br />

beobachten lässt. Hat hier ein Paradigmenwechsel<br />

stattgefunden?<br />

Meiner Einschätzung nach haben die<br />

Ladyfeste noch viel expliziter als zuvor<br />

die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie<br />

„Frau” infrage gestellt und damit auch<br />

ein interessiertes Publikum gefunden.<br />

Auch die Riot Grrrls haben geschlechtliche<br />

Identitätszumutungen thematisiert,<br />

lächerlich gemacht und demaskiert<br />

– auf den Ladyfesten ist dieses Thema<br />

zunehmend und immer konsequenter<br />

in den Blick genommen und zum Teil<br />

ja auch heftig debattiert worden: Wer<br />

org<strong>an</strong>isiert die Feste? Frauen, Lesben,<br />

„Ladyfeste haben noch viel expliziter als<br />

zuvor die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie<br />

‚Frau‘ infrage gestellt.“<br />

Bi, Tr<strong>an</strong>s, Queers, …? Wer gehört dazu,<br />

wer nicht und warum eigentlich nicht?<br />

Für wen machen wir welche Ver<strong>an</strong>stal-<br />

Der Begriff „Ladyspace” entst<strong>an</strong>d im Zuge der<br />

Vorbereitungen für das erste Ladyfest in Wien<br />

2004 als Reflexion über Räume und deren konkrete<br />

wie symbolische Besetzung.<br />

Ladyfeste erheben den Anspruch, mit traditionellen<br />

Geschlechtszuschreibungen zu brechen und<br />

das Modell der Zweigeschlechtlichkeit zumindest<br />

temporär aufzulösen – zugleich wird versucht, die<br />

Repräsentation von Frauen zu stärken. Dies führt<br />

zw<strong>an</strong>gsläufig zu Konflikten, da sich diese beiden<br />

Ansätze widersprechen und konträre Ein- und<br />

Ausschlusspolitiken erfordern (z.B. Workshops nur<br />

für Frauen oder für Frauen und Tr<strong>an</strong>sgenders).<br />

Anstatt diesen Konflikt zuzudecken, wurde mit der<br />

Idee von Ladyspace die Diskussion neu fokussiert:<br />

Wie k<strong>an</strong>n am Ladyfest ein sozialer Raum hergestellt<br />

werden, in dem Sexismus, Homophobie oder<br />

Rassismus keinen Platz finden und Frauen, Lesben<br />

und Tr<strong>an</strong>sgenders ihre Raum<strong>an</strong>sprüche selbstverständlich<br />

umsetzen können?<br />

Räume sind nicht einfach gegeben, sondern werden<br />

durch jene Menschen konstruiert, die sie nutzen<br />

und die sich in ihnen aufhalten. Das heißt, erst die<br />

Interaktion, die in diesen Räumen passiert, gibt<br />

ihnen ihren Sinn. Räume sind sozial hergestellt<br />

– daher k<strong>an</strong>n auch in sie interveniert werden. Strategien<br />

der Intervention sind etwa die Aneignung<br />

tungen? Dürfen alle Interessierten zum<br />

Drag-Workshop oder zumindest nur die,<br />

die sich als Nicht-Männer identifizieren?<br />

Solche und viele <strong>an</strong>dere Fragen<br />

sind immer wieder neu und lokal zu<br />

diskutieren.<br />

Judith Butlers „Gender Trouble” wurde<br />

für so m<strong>an</strong>che zum absoluten Reizwort,<br />

für <strong>an</strong>dere zum Synonym für eine<br />

bestimmte Form der „Befreiung” oder<br />

zumindest für eine Möglichkeit, bisl<strong>an</strong>g<br />

wenig bis gar nicht thematisierte Gewalt-<br />

und Diskriminierungserfahrungen<br />

innerhalb der Gesellschaft, aber auch innerhalb<br />

feministischer Szenen zu sk<strong>an</strong>dalisieren.<br />

Das k<strong>an</strong>n in der erweiterten<br />

Bezeichnung als queer-feministisch<br />

sichtbarer werden. In meiner Lesart ist<br />

das aber weniger ein Paradigmenwechsel<br />

als eine konsequente Weiterführung.<br />

Bei Ladyfesten wurde auch immer<br />

wieder Kritik unter <strong>an</strong>derem am<br />

Weißen und institutionalisierten<br />

Mainstream-Feminismus und seinen<br />

Ausschlüssen formuliert. Ist es denn<br />

forum wissenschaft<br />

Ladyspace: Aktiv Räume schaffen<br />

Von Eva Trimmel<br />

von repräsentativen Positionen wie Bühnenraum,<br />

Ausstellungs- oder Projektionsflächen. Zudem wird<br />

in einem Ladyspace versucht, alle Anwesenden in<br />

das Raumkonzept einzubinden (erwünschte und unerwünschte<br />

Verhaltensweisen sind explizit formuliert),<br />

sodass sie Ver<strong>an</strong>twortung für das Geschehen<br />

im Raum übernehmen. Das bedeutet z.B., dass im<br />

Fall von sexistischen, homophoben oder rassistischen<br />

Übergriffen gemeinsam eingeschritten wird<br />

(„self security”).<br />

Durch die Gleichzeitigkeit und das Zusammenwirken<br />

von unterschiedlichen Strategien wird es möglich,<br />

Veränderungen im sozialen Raum herbeizuführen:<br />

In einem queer-feministischen Gegenraum<br />

nimmt der respektvolle Umg<strong>an</strong>g mitein<strong>an</strong>der sowie<br />

das Vertrauen inein<strong>an</strong>der einen hohen Stellenwert<br />

ein.<br />

Wenn das Ladyspace-Konzept aufgeht, findet<br />

idealerweise sowohl bei Akteur_innen als auch<br />

Teilnehmer_innen ein Umdenkprozess statt, dem<br />

ein bewussterer Umg<strong>an</strong>g mit sozialen Raumverhältnissen<br />

folgt. Und so k<strong>an</strong>n ein Ladyspace d<strong>an</strong>n<br />

auch in weitere Räume hineingetragen werden.<br />

Eva Trimmel lohnarbeitet im Bereich Architektur und interessiert<br />

sich für queer/feministische Raumproduktion.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 21


forum wissenschaft<br />

22 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

aus deiner Sicht gelungen, diese<br />

Kritik produktiv zu verh<strong>an</strong>deln, etwa<br />

indem Hierarchisierungen in den<br />

eigenen Reihen <strong>an</strong>geg<strong>an</strong>gen wurden?<br />

Das sind für mich zwei Punkte: Als<br />

Weiße Akademikerin k<strong>an</strong>n ich die Frage<br />

nach der Veränderung <strong>an</strong> Weißen<br />

Strukturen schwer be<strong>an</strong>tworten, weil<br />

ich Teil davon bin beziehungsweise<br />

mittendrin stehe. Meine Wahrnehmung<br />

ist aber, dass sich die Räume,<br />

in denen Ladyfeste stattfi nden, ihrem<br />

Selbstverständnis zufolge zwar meist<br />

als <strong>an</strong>tirassistisch begreifen, sie aber<br />

überwiegend von Weißen aufgesucht<br />

und gestaltet werden und nicht per<br />

se frei von Rassismus sind. Der Raum<br />

strukturiert die Gestaltung der Feste<br />

durchaus mit: Wer geht hier hin, wer<br />

gestaltet, wer wird durch die meist<br />

informellen Netzwerke erreicht und<br />

eingeladen mitzugestalten usw. Die<br />

zunehmende Thematisierung von<br />

postkolonialen Perspektiven und<br />

Critical-Whiteness-Ansätzen ist also<br />

eine notwendige Erweiterung. Hier<br />

führt die kritische Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

zumindest zur Sichtbarkeit von<br />

Ausschlussprozessen.<br />

Mit dem sogen<strong>an</strong>nten institutionalisierten<br />

Mainstream-Feminismus<br />

gibt es meiner Erfahrung nach wenig<br />

direkte Berührungspunkte. Ich glaube<br />

nicht, dass jem<strong>an</strong>d Ursula von der<br />

Leyen für einen Vortrag einladen<br />

würde, nur weil sie von einem „konservativen<br />

Feminismus” spricht, dem<br />

sie nicht abgeneigt sei. Aber vielleicht<br />

müsste m<strong>an</strong> erst einmal klären, was<br />

jeweils mit Mainstream-Feminismus<br />

gemeint ist, um der Sache näher zu<br />

kommen. Zur Frauenprojektebewegung<br />

beispielsweise gibt es ja durchaus<br />

Berührungspunkte.<br />

Was ist von den ursprünglich sehr heterogenen<br />

org<strong>an</strong>isatorischen Bündnissen<br />

von Ladyfest geblieben? Zuweilen<br />

scheint es, als ob sich die Ladyfest-<br />

Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste<br />

Von Elke Zobl und Rosa Reitsamer<br />

Die feministischen Bewegungen haben dem Org<strong>an</strong>isationsmodus „Do It<br />

Yourself” (D.I.Y.) zu neuer Attraktivität und Verbreitung verholfen. Seit<br />

den 1990er-Jahren ist eine Vielzahl von feministisch-queeren Medien<br />

und Festivals – wie etwa Ladyfeste – entst<strong>an</strong>den, in deren Mittelpunkt<br />

die Idee steht, selbst aktiv zu werden und sich zu vernetzen.<br />

Die 2008 gegründete Online-Plattform „Grassroots Feminism: Tr<strong>an</strong>snational<br />

Archives, Resources <strong>an</strong>d Communities” dient der Dokumentation<br />

und dem Austausch dieser Aktivitäten. Das Archiv umfasst internationale<br />

„Grrrl Zines” sowie Informationen zu Ladyfesten aus allen Teilen der<br />

Welt und feministischen Medien in Europa.<br />

Das tr<strong>an</strong>snationale Netzwerk der „Grrrl Zines” – also selbstständig<br />

produzierte Magazine in kleineren Aufl agen mit Interesse <strong>an</strong> Feminismus,<br />

Alternativkultur und Aktivismus – hat sich durch neue Formate wie<br />

E-Zines und Blogs weiter ausgedehnt. In der Folge ist eine kaum mehr<br />

überschaubare B<strong>an</strong>dbreite feministischer Netz-Magazine entst<strong>an</strong>den,<br />

die Feminismen im Alltag sowie in größeren gesellschaftlichen und politischen<br />

Zusammenhängen diskutieren. Das Ladyfest-Archiv widmet sich<br />

einerseits der Best<strong>an</strong>dsaufnahme von Ladyfesten, <strong>an</strong>dererseits können<br />

hier Interviews mit Ladyfest-Org<strong>an</strong>isator_innen nachgelesen werden.<br />

Seit dem ersten Ladyfest im Jahr 2000 in Olympia, Washington konnten<br />

wir bisl<strong>an</strong>g 246 Ladyfeste in 34 verschiedenen Ländern recherchieren,<br />

von denen 125 in Europa, 85 in Nordamerika, 22 in Südamerika, neun<br />

in Australien/Neuseel<strong>an</strong>d, drei in Afrika und zwei in Asien stattf<strong>an</strong>den.<br />

All jene, die in die Welt der Ladyfeste, feministischen Grassroots-<br />

Medien und feministisch-queeren Musiker_innen eintauchen möchten,<br />

können das unter www.grassrootsfeminism.net, www.grrrlzines.net<br />

und www.digmeout.org tun.<br />

Rosa Reitsamer ist Soziologin und arbeitet derzeit am Projekt „Feminist<br />

Media Production in Europe“ <strong>an</strong> der Uni Salzburg. Gemeinsam mit Maria<br />

José Belbel gründete sie das digitale Archiv „DIG ME OUT. Discourses on<br />

Popular Music, Gender <strong>an</strong>d Ethnicity“.<br />

Elke Zobl ist Hertha-Firnberg-Stipendiatin und forscht am Fachbereich Kommunikationswissenschaft<br />

<strong>an</strong> der Uni Salzburg zum Thema „Young Women<br />

as Creators of New Cultural Spaces“ und zu „Feminist Media Production in<br />

Europe“. Im Zuge dieser beiden, vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten<br />

Projekte wurde die Online-Plattform „Grassroots Feminism“ aufgebaut.<br />

Szene homogenisiert hätte …<br />

Ladyfeste im deutschsprachigen<br />

Raum haben meines Wissens nach<br />

g<strong>an</strong>z starke Verbindungen in die linke<br />

Szene. G<strong>an</strong>z so breite Bündnisse wie<br />

etwa 2003 in Hamburg habe ich hier


allerdings schon l<strong>an</strong>ge nicht mehr<br />

gesehen.<br />

Ladyfeste haben verschiedene parallele<br />

Strategien verfolgt: sprachliche<br />

Verschiebungen und Wieder<strong>an</strong>eignungen<br />

von Begriffen,<br />

ironische<br />

Inszenierungen,<br />

visuelle Fehlzitate<br />

etc. – du<br />

hast das einmal<br />

als „semiotische<br />

Guerilla“ bezeichnet.<br />

Greifen<br />

solche Strategien<br />

heute noch?<br />

Oder haben sie<br />

sich unter den<br />

veränderten gesellschaftlichen Bedingungen<br />

ebenfalls gew<strong>an</strong>delt?<br />

Meine Begeisterung für Ladyfeste liegt<br />

gerade in der Verbindung unterschiedlicher<br />

politischer Strategien unter<br />

einem Label. Zum einen Strategien<br />

aus dem Bereich der Kommunikationsguerilla:<br />

Versuche der Verschiebungen<br />

von Bedeutung, entlarvende Ironie und<br />

Parodie halte ich nach wie vor für sehr<br />

geeignete Mittel, um die Gewaltförmigkeit<br />

der kulturell konstruierten Zweigeschlechtlichkeit<br />

sichtbar zu machen.<br />

Es sind Strategien auf der Ebene der<br />

symbolischen Repräsentation oder auch<br />

Methoden einer semiotischen Guerilla,<br />

weil sie auf der Zeichenebene <strong>an</strong>setzen<br />

und mit deren Mitteln arbeiten.<br />

Damit wird nicht behauptet, dass m<strong>an</strong><br />

sich als außerhalb des Zeichensystems<br />

stehend begreifen würde. Scheinbare<br />

„Normalität” und „Natürlichkeit”<br />

auf die Bühne zu holen und den Lack<br />

abzukratzen – auch wenn nie die letzte<br />

Schicht erreicht und aufgelöst werden<br />

k<strong>an</strong>n –, oder eben den Lack noch dicker<br />

aufzutragen, um die Künstlichkeit<br />

aufzuzeigen, sind Interventionen in die<br />

symbolische Ordnung und deshalb auch<br />

gerade auf der Ebene der Symbolik<br />

<strong>an</strong>greifbar. Doch weder die Kritik <strong>an</strong><br />

der strukturellen, juristischen und<br />

sozialpolitischen Ver<strong>an</strong>kerung der<br />

heteronormativ verfassten Zweigeschlechtlichkeit<br />

noch die radikale<br />

Kritik <strong>an</strong> kapitalistischen und rassistischen<br />

Strukturen und Ausbeutungsverhältnissen<br />

k<strong>an</strong>n auf den symbolischen<br />

Raum begrenzt bleiben.<br />

Konsequenterweise verbinden sich<br />

diese Themen auch auf Ladyfesten. Bei<br />

vielen Ladyfesten haben eben beide<br />

Perspektiven Platz im Programm –<br />

damit wird nicht immer der innere<br />

theoretische und politische Widerspruch<br />

dieser Gleichzeitigkeit aufgelöst. Aber<br />

meiner Ansicht<br />

nach ist dieser<br />

Widerspruch auch<br />

nicht auflösbar und<br />

muss perm<strong>an</strong>ent<br />

und auch konflikthaftbearbeitet<br />

werden. Wir<br />

haben es mit einer<br />

Gleichzeitigkeit<br />

verschiedener<br />

Macht- und Herrschaftsformen<br />

zu<br />

tun. Ladyfeste setzen in der Folge auf<br />

die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen<br />

Strategien.<br />

Seit einigen Jahren zeichnen sich<br />

Veränderungen ab – statt Ladyfesten<br />

werden z.B. immer öfter „Queer-<br />

Feministische Tage“ org<strong>an</strong>isiert.<br />

Steht eine solche Umbenennung für<br />

eine inhaltliche Neuausrichtung oder<br />

bedeuten sie gar das Ende von Ladyfest?<br />

Was kommt nach Lady?<br />

Schwer zu sagen – vielleicht ist nach<br />

zehn Jahren Ladyfest m<strong>an</strong>cherorts Lust<br />

auf etwas Neues im Spiel. „Queer-<br />

Feministische Tage” gab es aber<br />

auch schon um 2000, oft waren sie<br />

lediglich etwas „kleiner” org<strong>an</strong>isiert<br />

als Ladyfeste. Grundsätzlich glaube<br />

ich, dass sich Strategien mit der Zeit<br />

verändern und verändern müssen, um<br />

nicht vereinnahmt oder kommerzialisiert<br />

und inhaltlich entleert zu werden.<br />

Vielleicht findet gerade tatsächlich eine<br />

inhaltliche Verschiebung statt, die nicht<br />

unbedingt ein grundsätzliches Ende von<br />

Ladyfest hits Europe<br />

Von Silke Graf<br />

Etwa zehn Jahre nach den Anfängen von Riot Grrrl f<strong>an</strong>den sich vormalige<br />

Akteur_innen dieser Bewegung im US-amerik<strong>an</strong>ischen Olympia zusammen, um<br />

das erste Ladyfest zu org<strong>an</strong>isieren (siehe dazu S. 17). Diese einmalig gepl<strong>an</strong>te<br />

Ver<strong>an</strong>staltung war der Impuls zu einer globalen Verbreitung von Ladyfesten,<br />

wobei es schon im Programmheft zum ersten Ladyfest über die strittige Verwendung<br />

des Begriffs „Lady” hieß: „This name debate is boring. How could we ever<br />

decide what to call ourselves, when we c<strong>an</strong>’t decide what we are? And we don’t<br />

w<strong>an</strong>t to. So we won’t.”<br />

Der Wunsch von Sleater-Kinney-Gitarristin Carrie Brownstein, das erste Ladyfest<br />

möge Frauen dazu inspirieren, in ihre Communitys zurückzukehren, um ähnliche<br />

Schritte für Netzwerke und Alli<strong>an</strong>zen zu setzen, erfüllte sich prompt. Die<br />

Verbreitung funktionierte in einer Art Schneeballsystem: 2001 f<strong>an</strong>den bereits<br />

drei Ladyfeste in den USA (in Bloomington/Indi<strong>an</strong>a, Chicago und New York) und<br />

das erste in Europa, und zwar in Glasgow, Schottl<strong>an</strong>d, statt. 2002 waren es bereits<br />

zwölf Ladyfeste, neun davon in den USA und drei in europäischen Städten.<br />

Die Informationen und Berichte über Ladyfest führten im Jahr 2003 zu bereits<br />

21 Ladyfesten.<br />

Europäische Ladyfeste, die das erste Ladyfest in Wien 2004 beeinflussten, waren<br />

neben dem Ladyfest London das Ladyfest Amsterdam (2003) und die frühen<br />

Ladyfeste im deutschsprachigen Raum: Ladyfest Hamburg und Berlin (beide<br />

2003). Alle diese Ladyfeste wurden von der einen oder <strong>an</strong>deren Org<strong>an</strong>isator_in<br />

aus Wien besucht und dienten als Inspiration und erweiterten das Netzwerk. Vor<br />

allem das Ladyfest Hamburg mit seiner Betonung der Heterogenität des Org<strong>an</strong>isationsteams<br />

und seiner expliziten Aufforderung, Feminismus neu zu definieren,<br />

nämlich „jenseits von Zw<strong>an</strong>gsheterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit”<br />

bereitete den Weg. 2005 und 2007 folgten weitere Ladyfeste in Wien, 2008 die<br />

Queer-Feministischen Tage.<br />

Silke Graf war Teil des LF-Org<strong>an</strong>isationskollektivs 2004 und 2007 und verfasste ihre<br />

Diplomarbeit zum Thema Verh<strong>an</strong>dlungen von Geschlecht am Beispiel Ladyfest Wien<br />

2004.<br />

forum wissenschaft<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 23


forum wissenschaft<br />

Quellen der Ladyfest-Bilder:<br />

Programmheft und<br />

Festivalpässe Ladyfest<br />

Olympia 2000<br />

T-Shirt Ladyfest London<br />

2002<br />

Programmheft Ladyfest<br />

Hamburg 2003<br />

T-Shirt, Stofffetzen und<br />

Buttons Ladyfest Wien 2004<br />

Found Footage von<br />

fl ickr.com: Elo Vazquez/Ladyfest<br />

Südsp<strong>an</strong>ien 2007 &<br />

gaelx/Ladyfest Madrid 2009<br />

D<strong>an</strong>k <strong>an</strong> Silke Graf, Ute<br />

Hölzl, Sushila Mesquita, Eva<br />

Trimmel und Iris Weißenböck<br />

für die Bereitstellung<br />

ihrer Devotionalien.<br />

24 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Ladyfesten bedeuten muss.<br />

Ich könnte es auch <strong>an</strong>ders interpretieren:<br />

Ladyfeste haben so viel Diskussionsstoff<br />

auf den Tisch gelegt, dass<br />

nun immer mehr „Queer-Feministische<br />

Tage” initiiert werden, um die <strong>an</strong>stehenden<br />

Diskussionen auch weiterhin zu<br />

führen.<br />

Seit 2008 bist du Professorin für<br />

Erziehung und Bildung mit dem<br />

Schwerpunkt Jugendarbeit <strong>an</strong> der<br />

Fachhochschule Kiel. Inwieweit lassen<br />

sich die Erkenntnisse aus den Ausein<strong>an</strong>dersetzungen<br />

der Ladyfeste in die<br />

Institutionen tragen?<br />

Diese Frage ist gar nicht so leicht oder<br />

schnell zu be<strong>an</strong>tworten. Zum einen ist<br />

es für mich selbstverständlich, aktuelle<br />

soziale Artikulationsweisen und Widerst<strong>an</strong>dsformen<br />

zur Kategorie Geschlecht<br />

in der Lehre zu beh<strong>an</strong>deln – und im idealen<br />

Fall auch weiter zu erforschen. Das<br />

ist mir ein großes Anliegen, insbesondere<br />

deshalb, weil ich mit Foucault davon<br />

ausgehe, dass erst die Analyse von<br />

Widerst<strong>an</strong>d zeigen k<strong>an</strong>n, welche Macht-<br />

und Herrschaftsformen existieren. In<br />

meinem Verständnis kritischer Wissenschaft<br />

also quasi ein Dauerbrenner.<br />

Allerdings fi nde ich es sehr problematisch,<br />

dass Studierende immer weniger<br />

die Wahl haben, sich für Themen<br />

und Lehrende zu entscheiden – in so<br />

einem Klima, das obendrein noch durch<br />

Prüfungen und Scheine geprägt ist, ist<br />

die Thematisierung von prinzipieller<br />

Offenheit, D.I.Y. und der Infragestellung<br />

von Herrschaftsverhältnissen bisweilen<br />

paradox. Andererseits erlebe ich<br />

Studierende auch immer wieder als<br />

sehr interessiert und begeistert bei<br />

Themen wie Riot Grrrl oder Ladyfeste,<br />

und aktuell sind einige auch involviert<br />

in die Org<strong>an</strong>isation von Kiels erstem<br />

Ladyfest! l<br />

Mel<strong>an</strong>ie Groß beschäftigt sich seit einigen<br />

Jahren mit Ladyfesten und queer-feministischen<br />

Widerst<strong>an</strong>dsformen. Sie ist<br />

Teammitglied des Feministischen Instituts<br />

Hamburg, www.feministisches-institut.de.<br />

Publikationen (Auswahl): Geschlecht und<br />

Widerst<strong>an</strong>d. post..|queer..|linksradikal.<br />

Ulrike Helmer 2008; riot grrrls und ladyfeste<br />

– Angriffe auf die heterosexuelle Matrix.<br />

In: Gabriele Rohm<strong>an</strong>n (Hg.in): Krasse Töchter.<br />

Mädchen in Jugendkulturen. Archiv der<br />

Jugendkulturen 2007, S. 71–81.<br />

impressum<br />

Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at,<br />

offi ce@<strong>an</strong>schlaege.at, www.<strong>an</strong>schlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, offi ce@<strong>an</strong>schlaege.at, T.01/920 16 78, Vina Yun, redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at, T. 01/920 16 76<br />

Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, buchhaltung@<strong>an</strong>schlaege.at, abo@<strong>an</strong>schlaege.at l Termine, Tipps: Vina Yun, termine@<strong>an</strong>schlaege.at l Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at l Redaktion:<br />

Bettina Enzenhofer/be, Svenja Häfner/svh, Andrea Heinz/h<strong>an</strong>, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fi s, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/<br />

viyu l Praktikum: Katharina Weßels/kw l Texte: Claudia Amsler/claude, Persson Perry Baumgartner, Mirjam Bromundt/mij, Christine Erharter, Denice Fredriksson, Lela Gahleitner,<br />

Silke Graf, Judith Goetz, Beate Hammond, Regina Himmelbauer, Ute Hölzl, Gabi Horak, Leela, Mia Kager/miak,Ursula Knoll, Birge Krondorfer, Clara Luzia, Alice Ludvig, Katharina<br />

Ludwig, Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, Sushila Mesquita, Gabriele Migdalek, Ute Mörtl, Atma Pöschl, Rosa Reitsamer, Verena Stern/vers, Eva Trimmel, Iris Weißenböck, Katharina<br />

Weßels/kw, Elke Zobl l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: Inés Bacher, Silke Graf, Nadine Kappacher l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bi<strong>an</strong>ka<br />

Tschaikner, Lina Walde, Zappho l Fotos: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Archiv, CBG Network, Jeffrey Dismer, Dontworry/wikicommons, Four Music, gaelx/fl ickr, H.A.P.P.Y., heartbeaz/fl ickr, Ute Hölzl, Gabi<br />

Horak, http://endforcedsterilisation.wordpress.com, Ursula Knoll, Ladyfest Trier, Ladies M<strong>an</strong>joe/fl ickr, Michael M<strong>an</strong>n, Laura Moreno, NFP marketing & distribution*, Heldi Pema,<br />

Südwind Agentur, UK Health Education Council, Elo Vasquez, VIDC, Kurt Wachter/FairPlay, www.dexiner.com l Homepage: Mirjam Bromundt, www.<strong>an</strong>schlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei<br />

© <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Titel, Vorsp<strong>an</strong>n und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen<br />

vorbehalten. l ISSN 1993-3002


Arbeiten am Körper<br />

Was k<strong>an</strong>n Körperarbeit, und was machen<br />

eigentlich Körpertherapeut_innen? Während<br />

Atma Pöschl mit t<strong>an</strong>trischer Körperarbeit<br />

die „innere Haltung” zu stärken versucht,<br />

hinterfragt Lela Gahleitner, klassische Physiotherapeutin,<br />

den „Haltungshintergrund” ihres<br />

Berufsfeldes.<br />

Illustration: Bi<strong>an</strong>ka Tschaikner<br />

T<strong>an</strong>trische Körperarbeit? Kaum ein Job produziert so viele unterschiedliche<br />

F<strong>an</strong>tasien und Projektionen wie meiner. Ziel meiner Arbeit ist Gefühlsöffnung,<br />

volle Körperlebendigkeit und Ausdehnung der sexuellen Energie in den<br />

g<strong>an</strong>zen Körper – nicht kurze Triebabfuhr. Ein Orgasmus mag Wegbegleiter<br />

sein – neben Angst, Trauer, Schmerz –, aber nicht das Ziel: Nähe, das wissen<br />

wir alle, k<strong>an</strong>n auch sogen<strong>an</strong>nte negative Gefühle triggern. Der Körper<br />

speichert Erinnerungen, die bei Berührung <strong>an</strong> die Oberfläche steigen. Mit<br />

diesen Emotionen, die meist nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun haben, sind<br />

Liebende oft überfordert. Für Frauen, die Ver<strong>an</strong>twortung dafür übernehmen<br />

wollen, ist meine Arbeit ein neutraler, liebevoller Rahmen für ihre Körpererinnerungen<br />

und ihre Lust. Meiner Ansicht nach ist Berührung ein guter Weg,<br />

um traumatische Gewebe- und Gefühlserstarrung aufzulösen und verlorenes<br />

Empfinden wieder zu wecken.<br />

In diesem Sinne reicht die B<strong>an</strong>dbreite der Motivation, t<strong>an</strong>trische Körperarbeit<br />

zu konsumieren, vom Einfach-genießen-Wollen bis hin zu medizinischen<br />

Diagnosen wie Adipositas, Magersucht und Borderline. Dabei kooperiere ich<br />

mit PsychotherapeutInnen, die mein Angebot weiterempfehlen. Tr<strong>an</strong>ssexuelle<br />

begleite ich zum Beispiel zur Operation und d<strong>an</strong>ach, und für Frauen mit Behinderung<br />

biete ich Sexualbegleitung. Das k<strong>an</strong>n bedeuten, dass ich frau zeige,<br />

wie sie sich selbst berühren k<strong>an</strong>n oder sie individuell dabei unterstütze, ihre<br />

Sexualität zu leben. Nicht zuletzt arbeite ich mit Paaren, denen ich zeige,<br />

wie sie sich berühren und massieren können.<br />

Während die Sau rauszulassen und sie zu unterdrücken zwei gleichermaßen<br />

unentsp<strong>an</strong>nte Seiten der Medaille unserer christlich geprägten Kultur ausmachen,<br />

ist ein natürlicher, würdevoller Umg<strong>an</strong>g mit Sexualität meine Stärke<br />

und ein Wesenszug t<strong>an</strong>trischer Körperarbeit. Frauen eröffnet diese noch<br />

recht neue Form der Berührung und Prozessbegleitung sp<strong>an</strong>nende Möglichkeiten<br />

der Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit Sexualität als Praxisfeld: Weil Sex immer<br />

wieder neu zu erforschen und voll immenser Power ist!<br />

Atma Pöschl ist Trainerin und Coach für Körpersensibilisierung.<br />

www.praxis-arsenal.at. Kontakt: atma.poeschl@hotmail.com, T. 0699/11784060<br />

<strong>an</strong>.sprüche<br />

Ich mache gerade die Physiotherapie-Ausbildung, also eine bald hundert<br />

Jahre alte Form der Körperarbeit. Als Kr<strong>an</strong>kengymnastinnen haben sie<br />

einst begonnen, mit den Verwundeten des Ersten Weltkriegs. Bewegung ist<br />

in der Physiotherapie alles. Und für eine mögliche Bewegung braucht es<br />

immer einen Haltungshintergrund. Das war schon eigenartig damals, als ich<br />

in meinem Referat zu Bewegung d<strong>an</strong>n auch von der nationalsozialistischen<br />

gesprochen hab. Und beim Haltungshintergrund fällt mir immer die Frage<br />

nach den Einstellungen zu bestimmten Themen ein.<br />

Obwohl ich weiß, dass das alles gar nicht gemeint ist – denn die Physiotherapie<br />

beh<strong>an</strong>delt ja „nur” den Körper – wehre ich mich dagegen, dass davon<br />

keine Rede sein soll. Denn: Was soll das überhaupt sein, so ein Körper? Und<br />

was macht denn eine Frau, die mir gegenübersitzt, zu einer Frau, und was ist<br />

so wichtig dar<strong>an</strong>?<br />

Ich merke, dass das Fragen sind, über die nur wenige meiner KollegInnen<br />

bereit sind, mit mir zu diskutieren. Was ich da denke, fühlt sich nicht wie Körperarbeit<br />

<strong>an</strong>, ist verkopft und nicht das, worum es geht. Und worum geht’s?<br />

Ums Beh<strong>an</strong>deln und Hingreifen. Nicht nur reden – tun.<br />

Körperarbeit ist also direkt und unmittelbar: Die Schmerzen verringern oder<br />

verschwinden lassen ist ziemlich cool, den Schmerz provozieren oder verstärken<br />

weniger, denn bei Ersterem werde ich <strong>an</strong>gelächelt, bei Zweiterem muss<br />

ich mich rechtfertigen. Dauernd soll ich Erklärungen liefern, aber eben immer<br />

im Rahmen: im physiotherapeutisch-natürlich-körperlichen. Und der ist<br />

mir als Soziologin zu eng. Bloß ist der soziologische meistens zu kompliziert.<br />

Was bleibt, und das ist einfach gehalten, ist: Ich mache mir mit meiner Patientin<br />

etwas aus, frage sie nach ihrem Hauptproblem, biete ihr eine Lösung<br />

<strong>an</strong>, erkläre, was ich mir dazu denke – und da hat mir auch das soziologische<br />

Wissen schon oft geholfen – und was helfen könnte. Das probieren wir d<strong>an</strong>n<br />

– und wenn es funktioniert, ja, d<strong>an</strong>n ist es fein. Da macht d<strong>an</strong>n Körperarbeit<br />

direkt glücklich, beide nämlich.<br />

Lela Gahleitner ist Soziologin und hat soeben ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin<br />

abgeschlossen.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 25


zeitausgleich<br />

arbeitsfragen in allen lebenslagen<br />

Text: Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, Illustration: Nadine Kappacher<br />

Alt und faul<br />

Nun schaukle ich also alt-fett-faul in der sozialen Hängematte. Wie ich<br />

da reingekommen bin? G<strong>an</strong>z einfach: die Gnade der frühen Geburt. Ich<br />

genieße die Früchte eines l<strong>an</strong>gen Arbeitslebens in unterschiedlichen<br />

Berufen mit wechselnden Lebensabschnittspartnern, zwei Kindern und<br />

zwei Enkelkindern, streckenweise allein lebend. Angefressen? Nicht<br />

wirklich. Schließlich habe ich ein Grundeinkommen. Allerdings bescheiden<br />

und nicht bedingungslos. Die Bedingungen für meinen Pensions<strong>an</strong>spruch<br />

sind schwer erarbeitet. Ach was: erkämpft!<br />

Das waren noch Zeiten, als ich jung war. Keine Pille, keine Waschmaschine,<br />

Windeln am Herd auskochen, kein Karenzgeld, Mutterschutz<br />

sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, keine Kindergärten,<br />

45-Stundenwoche, Samstagarbeit. Aber es gab ein großes Wunder,<br />

das sie Wirtschaft n<strong>an</strong>nten. Also Arbeit in Hülle und Fülle, nicht nur<br />

unbezahlte. Ich Frau war sehr gefragt – als Schneiderin in der Fabrik,<br />

als Au-pair in London, in Berlin als Kr<strong>an</strong>kenschwester, als Kneipenwirtin<br />

(da war ich mir selbst Arbeitgeberin) und d<strong>an</strong>n als Journalistin in<br />

Wien. Überall offene Wirtschaftshände für mich Fräulein Wunder. Und<br />

natürlich habe ich (fast immer) brav eingezahlt in die Pensionskassen.<br />

Ging ja auch gar nicht <strong>an</strong>ders. Denn im Unterschied zu heute gab es fast<br />

nur „gesicherte” Arbeitsplätze, bei denen dir sofort das Gerstl für die<br />

Pension (Generationenvertrag) abgezogen wurde. War ja auch irgendwie<br />

ein Glück für mich, siehe Hängematte.<br />

Dennoch bin ich wütend. Es wird gehetzt gegen l<strong>an</strong>ges Leben, gegen<br />

Normalarbeitsverhältnisse und staatliche Vorsorge. Uns Grauhaarigen<br />

wird Altersgeiz unterstellt, unser Pensionsluxus auf Mallorca sei für die<br />

Jungen ein provok<strong>an</strong>ter Lebensstil. Meinen die etwa mich? Wenn ich<br />

nicht gerade in der Hängematte liege und „<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>” lese, versorge<br />

ich Enkelkinder, greife den prekär beschäftigten Töchtern fin<strong>an</strong>ziell unter<br />

die Arme. Die Pflege meiner demenzkr<strong>an</strong>ken Mutter über vier l<strong>an</strong>ge<br />

Jahre hat mich nicht jünger gemacht, und ich schreibe mir unbezahlt die<br />

Finger wund. Wen also meinen die?<br />

Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, nicht fett, nicht faul, aber mit 67 schon in die Jahre<br />

gekommen. Journalistin, Herausgeberin und Autorin verschiedener Bücher,<br />

u.a. „Alter Vogel, flieg! Tagebuch einer pflegenden Tochter“.<br />

Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.<br />

tumblr.com<br />

26 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

mindestlohn<br />

Wenig Hoffnung auf adäquates Einkommen<br />

In Deutschl<strong>an</strong>d be<strong>an</strong>twortete Schwarz-Gelb die Anfrage der Fraktion Die<br />

Linke nach einem gesetzlichen Mindestlohn negativ. Die Argumentation:<br />

Die Regierung besitze nicht die Kompetenzen, um ein solches Vorhaben<br />

rechtfertigen zu können. Welche Br<strong>an</strong>che welchen Lohn auszahlen will,<br />

sei durch die Tarifautonomie bestimmt. Verh<strong>an</strong>dlungen, die Tarifänderungen<br />

vorsehen, müssten von den jeweiligen Sozialpartnern getätigt<br />

werden.<br />

Mehrheitlich leiden Frauen unter Niedriglöhnen. Jede dritte deutsche<br />

Frau verdient weniger als 9,85 Euro pro Stunde (bei Männern sind es<br />

knapp 14 Prozent). Dass sich der Gender Pay Gap – derzeit 23 Prozent<br />

– nicht schließt, verwundert daher nicht.<br />

Die Forderung eines gesetzlichen Mindeststundenlohns von 8,50 Euro<br />

wurde vom Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes am<br />

18. Mai beschlossen. Ein weiterer Hoffnungsschimmer am deutschen<br />

Horizont ist die von Arbeitgeber_innen, Arbeitnehmer_innen und Arbeitsministerin<br />

Ursula von der Leyen (CDU) vereinbarte Einführung des<br />

gesetzlichen Mindestlohns für Pflegekräfte mit 1. <strong>August</strong>. Wermutstropfen<br />

hierbei: Der Stundenlohn beträgt 8,50 Euro im Westen und mickrige<br />

7,50 Euro im Osten. Nicht genug damit, sperrt sich nun Wirtschaftsminister<br />

Rainer Brüderle (FDP) gegen die Vereinbarung. Er möchte, dass<br />

sich das Kabinett mit dem Mindestlohn befasst und dass dieser bis 2011<br />

begrenzt wird. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ruft zu einer Brief-<br />

bzw. Fax-Protestaktion auf, um die Mindestlohnvereinbarungen für den<br />

Pflegebereich durchzusetzen.<br />

Pflegearbeit ist eine der am stärksten belastenden Tätigkeiten – physisch<br />

wie psychisch. Besonders viele Pfleger_innen klagen über Gesundheitsprobleme,<br />

vor allem durch schwierige Körperhaltungen oder H<strong>an</strong>tieren<br />

mit schweren Lasten. Außerdem wird Pfleger_innen eine besonders hohe<br />

Arbeitszeitflexibilität, inklusive Nacht- und Wochenenddiensten abverl<strong>an</strong>gt.<br />

Nicht zuletzt leiden viele von ihnen unter Zeitdruck sowie Arbeitsüberlastung.<br />

Gleichzeitig ist die Pflegearbeit noch immer Frauensache<br />

– im Jahr 2008 waren 86 Prozent der Pflegebediensteten in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

Frauen. miak/trude<br />

www.frauenrat.de, www.verdi.de<br />

einkommenstr<strong>an</strong>sparenz<br />

Großer Pl<strong>an</strong>, kleine Schritte<br />

Nach schwedischem Vorbild müssen in Österreich ab 2011 die Einkommen<br />

von Betrieben mit mehr als eintausend Mitarbeiter_innen <strong>an</strong>onymisiert<br />

veröffentlicht werden. Betroffen sind von dieser Regelung ca.<br />

200 Betriebe, d.h. rund 15 Prozent aller Arbeitnehmer_innen. Diese<br />

Unternehmen müssen einen jährlichen Einkommensbericht erstellen,<br />

in dem die durchschnittlichen Löhne und Gehälter von Frauen<br />

und Männern in vergleichbaren Positionen betriebsintern aufgezeigt<br />

werden. Nachdem allerdings für säumige Betriebe keine S<strong>an</strong>ktionen<br />

zu erwarten sind, ist fraglich, inwieweit die neue Verpflichtung<br />

umgesetzt werden wird. Die Tr<strong>an</strong>sparenz soll jedenfalls helfen, die<br />

Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern (derzeit bei<br />

18 Prozent) zu verkleinern.<br />

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wollte ursprünglich die<br />

Einkommenstr<strong>an</strong>sparenz für Unternehmen ab 25 Mitarbeiter_innen und<br />

mit S<strong>an</strong>ktionen bei Weigerung der Veröffentlichung durchsetzen – stattdessen<br />

kommt nun bloß ein Stufenpl<strong>an</strong> über mehrere Jahre: Im Jahr<br />

2012 gilt die Regelung für Betriebe ab 500 Mitarbeiter_innen, 2013


ab 250 Mitarbeiter_innen – bis 2014 werden damit vierzig Prozent der<br />

Beschäftigen erfasst sein.<br />

SPÖ und Gewerkschaften freuen sich über den Beschluss, Kritik kommt<br />

u.a. von den Grünen. Die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner<br />

sieht „keinen Meilenstein” und „bestenfalls einen Anstoß zur Sensibilisierung”.<br />

Auch auf Facebook formiert sich Widerst<strong>an</strong>d samt Praxis<strong>an</strong>leitung:<br />

Die Gruppe „tr<strong>an</strong>sparente gehälter und einkommen konkret”ruft<br />

dazu auf, das eigene Einkommen – g<strong>an</strong>z ohne Anonymität oder Parteiapparat<br />

– auf der Pinnw<strong>an</strong>d offenzulegen. be<br />

www.diest<strong>an</strong>dard.at, www.frauen.spoe.at, www.facebook.com/group.<br />

php?gid=370305217343&v=wall<br />

kunstarbeitsmarkt<br />

Infos für prekäre Künstler_innen<br />

Hoher Identifikationsgrad, großes Engagement, unterdurchschnittliches<br />

Einkommen und geringe soziale Absicherung – all das sind typische<br />

Merkmale von Menschen, die im Bereich Kunst und Kultur arbeiten.<br />

Für diese Nutzer_innenguppe des Arbeitsmarktservice (AMS) hat der<br />

Kulturrat Österreich die Infobroschüre „Selbstständig – Unselbstständig<br />

– Erwerbslos” herausgebracht. Der Kulturrat ist ein Zusammenschluss<br />

der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden.<br />

Er setzt sich gegen Prekarisierung und für Tr<strong>an</strong>sparenz und Meinungsvielfalt<br />

ein.<br />

Die 44 Seiten starke Broschüre beleuchtet die Entwicklung des<br />

Arbeitsmarktes für Kunstschaffende in Österreich. Weitere Schwerpunkte<br />

sind Arbeitslosengeld, Selbstständigkeit, Karenz und wie m<strong>an</strong><br />

Problemen mit dem AMS begegnen k<strong>an</strong>n. Ziel ist die Aufklärung über<br />

die Rechte der Betroffenen. Bei der Erstellung der Broschüre hat der<br />

Kulturrat mit Abteilungen des AMS, dem Sozialministerium (bm:ask)<br />

und der Sozialversicherungs<strong>an</strong>stalt der Gewerblichen Wirtschaft<br />

zusammengearbeitet, um verbindliche aktuelle Informationen zu<br />

liefern. fis<br />

http://kulturrat.at/agenda/ams/infoAMS<br />

online-test<br />

Hausarbeitende Männer?<br />

Ein Online-Test bringt das Ergebnis: Die Bereitschaft der Männer, unentgeltlich<br />

Hausarbeit zu leisten, ist erheblich gewachsen – zumindest unter<br />

weißen nordamerik<strong>an</strong>ischen Männern.<br />

Ilona Jerabek, Präsidentin von PsychTests AIM, konzipierte jüngst einen<br />

Fragenkatalog mit 126 Fragen, der die genderspezifischen Verhaltens-<br />

und Denkmuster der zu Befragenden durchleuchten sollte. Bisher<br />

nahmen 300 Frauen und 200 Männer <strong>an</strong> der Online-Befragung teil, von<br />

repräsentativer Aussagekraft k<strong>an</strong>n also keine Rede sein, auch wenn das<br />

bisherige Ergebnis zum Träumen <strong>an</strong>regt – oder auch Anlass zur Verwunderung<br />

gibt: Angeblich sind Männer willig, die Aufgaben im Haushalt<br />

gerecht zwischen der Partnerin und sich selbst zu verteilen, allerdings<br />

gaben die meisten weiblichen Befragten <strong>an</strong>, die Umverteilung der Pflichten<br />

im Privathaushalt auf beide Parteien nicht zu unterstützen. Jerabeks<br />

Interpretation nach h<strong>an</strong>deln die Frauen nach dem Motto: Geteilter Haushalt<br />

ist gut, Kontrolle über alle haushälterischen Tätigkeiten ist besser.<br />

Was sich in Haushalts<strong>an</strong>gelegenheiten jedoch zu kontrollieren lohnt, sei<br />

hier dahingestellt. miak<br />

www.womensenews.org, Test: http://testyourself.psychtests.com/testid/2435 (Version für<br />

Frauen) bzw. http://testyourself.psychtests.com/testid/2436 (Version für Männer)<br />

sucht<br />

Nichtraucherinnentag<br />

Marlboro M<strong>an</strong> und seine Freunde waren in den 1970er-Jahren Vorbild<br />

für 85 Prozent der männlichen und 15 Prozent der weiblichen Raucher_<br />

innen. Seitdem steigt die Zahl der qualmenden Frauen stetig – in Österreich<br />

greift mittlerweile rund jede dritte erwachsene Frau zur Zigarette.<br />

Besonders gefährlich ist, dass bereits 27 Prozent aller Jugendlichen unter<br />

15 Jahren mindestens einmal pro Woche rauchen. Der Weltnichtrauchertag<br />

am 31.<br />

Mai st<strong>an</strong>d heuer<br />

unter dem Motto<br />

„Geschlecht<br />

und Tabak”. Die<br />

Tabakindustrie<br />

setzt zunehmend<br />

auf Konsumentinnen,<br />

da<br />

diese weltweit<br />

betrachtet noch<br />

eine wenig<br />

erschlossene<br />

Zielgruppe<br />

darstellen. „Der<br />

Anstieg der<br />

weiblichen Raucherkarrieren<br />

ist eine traurige<br />

Erfolgsstory.<br />

Frauen em<strong>an</strong>zipierten<br />

sich<br />

beim Rauchen,<br />

aber beim<br />

Raucherausstieg haben sie viel weniger Engagement als ihre männlichen<br />

Kollegen”, erklärte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe Paul<br />

Sevelda in einer Presseaussendung. Eine von Pfizer in Auftrag gegebene<br />

Studie kommt allerdings zu einem <strong>an</strong>deren Ergebnis: Männer wie Frauen<br />

benötigen demnach durchschnittlich drei Versuche, um das Rauchen<br />

aufzugeben. fis<br />

www.krebshilfe.net, www.pfizer.at<br />

auszeichnung<br />

Museumspreis für Wiener Verhütungsmuseum<br />

Bahnbrechende Arbeiten, innovative Denk<strong>an</strong>sätze und das Aufgreifen<br />

kontroversieller Themen würdigt der <strong>2010</strong> erstmals vom „Europe<strong>an</strong><br />

Museum Forum” vergebene Kenneth-Hudson-Preis, der nun dem Wiener<br />

Museum für Verhütung und Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch verliehen wurde.<br />

2007 eröffnete Joh<strong>an</strong>na Dohnal das weltweit einzigartige Museum, das<br />

Pionierarbeit bei der wissenschaftlichen und didaktischen Aufbereitung<br />

heikler Themen rund um Sexualität und Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />

leistet. Vom Fischblasenkondom über die Entwicklung der Pille bis hin<br />

zum Küchentisch der Engelmacherinnen findet sich auf rund hundert<br />

Quadratmetern Anschauungsmaterial zum Thema Fruchtbarkeit und<br />

Gesellschaftspolitik. mij<br />

Verhütungsmuseum: 1150 Wien, Mariahilfer Gürtel 37/1. Stock, Öffnungszeiten: Mi bis<br />

So 14–18.00, www.muvs.org<br />

<strong>an</strong>.riss arbeit wissenschaft<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 27


frauenbericht<br />

Foto: Jeffrey Dismer<br />

Frauenbericht <strong>2010</strong>. Bericht<br />

betreffend die Situation<br />

von Frauen in Österreich<br />

im Zeitraum von 1998 bis<br />

2008. Hg. Von Bundesministerium<br />

für Frauen. Bestellung:<br />

broschuerenvers<strong>an</strong>d@<br />

bka.gv.at<br />

28 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Mythos: Frauen arbeiten nur Teilzeit,<br />

weil sie das so wollen.<br />

Fakt ist: Rund vierzig Prozent der<br />

Frauen in Teilzeit geben <strong>an</strong>, dass dies<br />

aufgrund von Betreuungspflichten<br />

notwendig sei. Fast zehn Prozent aller<br />

erwerbstätigen Frauen wünschen sich<br />

längere Arbeitszeiten. Bei den Männern<br />

wünschen sich das nur knapp drei<br />

Prozent, wobei über siebzig Prozent<br />

ohnehin schon vollzeitbeschäftigt sind.<br />

Außerdem findet jede fünfte Frau, dass<br />

ihre Tätigkeit nicht ihrer Qualifikation<br />

entspricht.<br />

Mit einer Teilzeitquote von 41,5<br />

Prozent liegen Frauen in Österreich<br />

deutlich über dem EU-Durchschnitt von<br />

31 Prozent. In den verg<strong>an</strong>genen zehn<br />

Jahren ist die Vollzeiterwerbstätigkeit<br />

bei Frauen zurückgeg<strong>an</strong>gen, dafür hat<br />

Teilzeitarbeit massiv zugenommen.<br />

Gesetzliche Neuerungen haben das Problem<br />

verschärft: Nach der Novelle des<br />

Arbeitszeitgesetzes 2007 – wonach die<br />

tägliche/wöchentliche Arbeitszeit weiter<br />

ausgedehnt werden k<strong>an</strong>n – wurde es für<br />

Fakten zertrümmern<br />

Mythen<br />

Der österreichische Frauenbericht ist eine Fundgrube <strong>an</strong> Fakten<br />

und Zahlen – allesamt geeignet, diverse Scheinargumente gegen<br />

Frauenförderung zu demaskieren. Mythos: Frauen sind eh schon<br />

gleichberechtigt. Fakt ist: Sie sind es nicht!<br />

Von Gabi Horak<br />

Frauen noch schwerer, Vollzeitjob und<br />

Familie zu vereinbaren.<br />

Mythos: Frauen verdienen nur deshalb<br />

weniger, weil sie öfter Teilzeit arbeiten.<br />

Fakt ist: Selbst wenn das Lohngefälle<br />

um Effekte wie geringere Beschäftigung,<br />

Segregation, Alter und Ausbildung<br />

bereinigt wird, verdienen Frauen immer<br />

noch um 18 Prozent weniger – ohne ersichtlichen<br />

Grund. Auch vollzeiterwerbstätige<br />

Frauen verdienen nur 78 Prozent<br />

des Einkommens der Männer.<br />

Insgesamt (nach EU-Berechnung) liegt<br />

der Bruttostundenverdienst von Frauen<br />

sogar 25 Prozent unter dem der Männer.<br />

Der EU-Durchschnitt: 18 Prozent.<br />

Die Gründe: Br<strong>an</strong>chen mit niedrigem<br />

Einkommen haben einen besonders<br />

hohen Frauen<strong>an</strong>teil, aber auch innerhalb<br />

der Br<strong>an</strong>chen und Berufe verdienen<br />

Frauen deutlich weniger als ihre Kollegen,<br />

besonders Arbeiterinnen. Zwar sind<br />

Frauen immer besser gebildet, allerdings<br />

ändert das nichts <strong>an</strong> der Einkommensdiskriminierung<br />

– bei Berufseinsteigerinnen<br />

hat diese seit 1995 sogar<br />

noch weiter zugenommen.<br />

Mythos: Frauen sind deshalb nicht in<br />

Führungspositionen, weil sie schlechter<br />

ausgebildet sind.<br />

Fakt ist: Frauen sind mittlerweile besser<br />

ausgebildet als Männer. Berufliche<br />

Weiterbildung müssen sie im Gegensatz<br />

zu Kollegen jedoch öfter in der Freizeit<br />

absolvieren – trotzdem tun sie es häufiger<br />

als Männer. Nicht zuletzt führt die<br />

hohe Teilzeitrate bei Frauen dazu, dass<br />

sie die Karriereleiter nicht hinaufkommen.<br />

Insgesamt benötigen Frauen ein<br />

besseres Bildungsniveau, um bestimmte<br />

Positionen zu erreichen, die von Männern<br />

auch mit geringerer Qualifizierung<br />

eingenommen werden.<br />

Noch immer herrscht sowohl bei der<br />

Ausbildung als auch am Arbeitsmarkt<br />

eine starke Segregation: Frauen studieren<br />

kaum Technik, wählen traditionelle<br />

Lehrberufe (die Hälfte aller weiblichen<br />

Lehrlinge sind im kaufmännischen<br />

Bereich), arbeiten im Gesundheits-,<br />

Sozial-, Dienstleistungsbereich oder<br />

als Lehrerinnen. Viele dieser Frauenberufe<br />

haben eines gemeinsam: Sie<br />

sind schlecht bezahlt und bieten kaum<br />

Aufstiegsch<strong>an</strong>cen.<br />

Mythos: Frauen wollen keine Kinder<br />

mehr, weil sie lieber Karriere machen.<br />

Fakt ist: Junge Frauen wünschen sich<br />

mehr Kinder; wenn sie älter werden,<br />

zeigt sich aber, dass das nicht zu<br />

realisieren ist. Eine Frau in Österreich<br />

bekommt durchschnittlich 1,4 Kinder.<br />

Rund zw<strong>an</strong>zig Prozent der Frauen bleibt<br />

kinderlos.<br />

Auch bei den Männern steigt die<br />

Wunschkinderzahl mit dem Alter übrigens<br />

<strong>an</strong>. Derzeit gehen vier Prozent der<br />

Männer in Elternkarenz.<br />

Die Geburt eines Kindes stellt für<br />

Frauen nach wie vor einen nachhaltigen<br />

Ein- oder sogar Rückschritt in der<br />

Erwerbskarriere dar. Der Wiedereinstieg<br />

ist schwierig: Über ein Drittel der<br />

vor dem Kind erwerbstätigen Frauen<br />

ist selbst 32 Monate nach der Geburt<br />

ohne Beschäftigung. Kehren Frauen<br />

zurück zur Arbeit, reduzieren sie meist<br />

die Stunden auf Teilzeit. Bei Vätern ist<br />

es eher umgekehrt: Sie arbeiten sogar<br />

mehr. Der Vergleich von Frauen mit<br />

und ohne Kinder zeigt: Die Erwerbsquote<br />

kinderloser Frauen ist in den<br />

letzten Jahren auf hohem Niveau stetig<br />

gestiegen.<br />

Mythos: Frauen mit Kindern sind


durch Sozialleistungen sehr gut<br />

versorgt, immerhin gibt der Staat viel<br />

Geld dafür aus.<br />

Fakt ist: Alleinerzieherinnen und Haushalte<br />

mit vielen Kindern zählen zu den am<br />

stärksten armutsgefährdeten Gruppen.<br />

Der Lebensst<strong>an</strong>dard von Frauen ist oft<br />

von der Höhe der Einkünfte des Partners<br />

abhängig. Allein lebende Frauen haben<br />

einen um 17 Prozent geringeren Lebensst<strong>an</strong>dard<br />

als allein lebende Männer.<br />

In den letzten zehn Jahren ging die<br />

Zahl der Bezieherinnen von Arbeitslosengeld<br />

und Notst<strong>an</strong>dshilfe um ein<br />

Viertel zurück. Vor allem die Notst<strong>an</strong>dshilfe<br />

wird schnell gestrichen, weil<br />

das Einkommen des Partners, das bei<br />

der Berechnung berücksichtigt wird,<br />

zu hoch ist. Die Anspruchsvoraussetzungen<br />

für Arbeitslosengeld wurden in<br />

den letzten zw<strong>an</strong>zig Jahren sukzessive<br />

verschärft, was das ohnehin bereits<br />

niedrige Leistungsniveau für Frauen mit<br />

Kindern weiter reduzierte. Ein Viertel<br />

der alleinlebenden Frauen ist armuts-<br />

gefährdet, ebenso ein Drittel der allein<br />

lebenden Pensionistinnen.<br />

Mythos: Frauen dürfen fünf Jahre<br />

früher in Pension gehen als Männer<br />

und das ist nicht fair.<br />

Fakt ist: Der tatsächliche Unterschied<br />

im Pensionszug<strong>an</strong>gsalter ist nur gering.<br />

Frauen können sich eine frühere<br />

Pensionierung nämlich schlichtweg<br />

nicht leisten. Und außer der Anerkennung<br />

der Kindererziehungszeiten<br />

wurden bisher auch kaum weitere<br />

Schritte für den Ausbau der eigenständigen<br />

Alterssicherung gesetzt. Zudem<br />

ist die letzte Phase der Erwerbsarbeit<br />

vielfach geprägt durch die Betreuung<br />

von pfl egebedürftigen Angehörigen bei<br />

gleichzeitiger fi n<strong>an</strong>zieller Abhängigkeit<br />

vom Ehepartner. Ist das fair?<br />

Pensionistinnen müssen mit rund 57<br />

Prozent des Einkommens von Pensionisten<br />

auskommen – ein Resultat des<br />

niedrigeren Einkommens, der Berufsunterbrechungen<br />

und der fehlenden<br />

eigenständigen Absicherung. 2008<br />

betrug die neu zuerk<strong>an</strong>nte Eigenpension<br />

für Frauen durchschnittlich 802<br />

Euro.<br />

Mythos: Wir haben keinen Pfl egenotst<strong>an</strong>d.<br />

Fakt ist: Für viele Frauen herrscht<br />

Notst<strong>an</strong>d, denn sie müssen ihre PartnerInnen<br />

und Eltern pfl egen – neben<br />

oder statt Job, Karriere und Freizeit.<br />

Und <strong>an</strong>gesichts der demografi schen<br />

Alterung wird sich die Situation noch<br />

massiv verschärfen: Bis 2030 werden<br />

um zwei Drittel mehr Männer Pfl egegeld<br />

be<strong>an</strong>tragen und um zwei Fünftel<br />

mehr Frauen.<br />

Fast achtzig Prozent der pfl egenden<br />

Angehörigen sind Frauen. Knapp ein<br />

Drittel ist nebenher erwerbstätig, die<br />

Hälfte der pfl egenden Angehörigen hat<br />

aber kein Einkommen oder eines unter<br />

700 Euro netto. Zw<strong>an</strong>zig Prozent der<br />

pfl egenden Angehörigen haben keine<br />

Pensionsversicherung.<br />

Der tatsächliche Unterschied im Pensionszug<strong>an</strong>gsalter<br />

ist nur gering. Frauen können sich<br />

eine frühere Pensionierung nämlich schlichtweg<br />

nicht leisten.<br />

Mythos: Wir brauchen keine Zuw<strong>an</strong>derung,<br />

Migr<strong>an</strong>tInnen nehmen uns<br />

nur Arbeitsplätze weg.<br />

Fakt ist: Frauen migr<strong>an</strong>tischer Herkunft<br />

sind in geringerem Maße<br />

erwerbstätig als im Inl<strong>an</strong>d geborene<br />

Frauen, sie sind deutlich öfter arbeitslos,<br />

verdienen nur rund zwei Drittel des<br />

Durchschnittseinkommens von Österreicherinnen<br />

und sind mehr als doppelt so<br />

oft armutsgefährdet.<br />

Die Zahl der Frauen in Österreich<br />

konnte zuletzt nur durch Zuw<strong>an</strong>derung<br />

wachsen. 2009 waren 17 Prozent der<br />

weiblichen Bevölkerung ausländischer<br />

Herkunft. Sie bekamen deutlich mehr<br />

Kinder als Mehrheitsösterreicherinnen.<br />

Migr<strong>an</strong>tinnen sind öfter Arbeiterinnen<br />

als Österreicherinnen und öfter in atypischen<br />

Arbeitsverhältnissen beschäftigt.<br />

Sie verdienen nur 68 Prozent des Bruttojahreseinkommens<br />

der in Österreich<br />

geborenen Frauen. l<br />

leben mit kindern<br />

9 bis 12:30<br />

3 Tage<br />

reichen<br />

10 bis 14<br />

heim<br />

spiel<br />

Alice Ludvig<br />

Fr<strong>an</strong>kreich!<br />

Mein Sohn geht seit Ende Februar in eine – private – Krippe,<br />

deren Namen ich hier verschweige. Sie liegt am R<strong>an</strong>de des achten<br />

Bezirks. Tatsache ist, dass er damals noch nicht g<strong>an</strong>z sechs<br />

Monate alt war. Als Alleinerzieherin ohne Alimentebezug habe<br />

ich ihn, sobald ich nach seiner Geburt dazu fähig war, gleich<br />

für einen städtischen Krippenplatz <strong>an</strong>gemeldet. Ich dachte: In<br />

Fr<strong>an</strong>kreich geht das ja auch! Dort waren 2006 achtzig Prozent<br />

der Frauen zwischen zw<strong>an</strong>zig und 45 Jahren erwerbstätig. Von<br />

welcher Qualität diese Jobs sind und wie viele Teilzeitjobs sich<br />

dahinter verbergen, steht – wie so oft – nicht in der Statistik.<br />

Gleichzeitig besuchten im besagten Jahr alle 2,6 Millionen Kinder<br />

zwischen drei und sechs Jahren die sogen<strong>an</strong>nten Vorschulen<br />

(école maternelles). Deren Besuch ist wohlgemerkt freiwillig.<br />

In Wien erhalte ich hingegen weiterhin Absagen von der städtischen<br />

zuständigen Behörde: „Leider kein Platz frei.”<br />

Nur durch einen Zufall und viel Beharrlichkeit wurde er in besagter<br />

– privater – Krippe aufgenommen. Als jüngstes Mitglied<br />

macht er sich g<strong>an</strong>z gut dort. Zurzeit bleibt er werktags von zehn<br />

Uhr am Vormittag bis zwei Uhr am Nachmittag da. Nicht l<strong>an</strong>ge,<br />

wie einige wohl sagen würden.<br />

Nun sind durch einen weiteren Zufall mehrere Plätze in einer<br />

<strong>an</strong>deren, privaten und von mir sehr favorisierten Krippe frei<br />

geworden. Beim Infoabend stellte sich heraus, dass dort die<br />

Kleinen ab zwölf Monaten von neun bis halb eins betreut werden<br />

würden. Zwei der fünf <strong>an</strong>wesenden Mütter (ein einziger Vater<br />

war als Begleitung gekommen) fragten, ob ihr Kind auch <strong>an</strong> nur<br />

drei Tagen in der Woche hingehen könnte.<br />

Ich war baff – mir waren diese Zeiten eindeutig zu kurz und unfl<br />

exibel. Doch ich wagte weder das <strong>an</strong>zusprechen, noch versuchte<br />

ich mir aktiv vorzustellen, dass es in Fr<strong>an</strong>kreich sogar Krippen<br />

gibt, die auch nachts geöffnet haben. Dort schlafen die Kinder<br />

d<strong>an</strong>n. Warum ist so etwas zwei Länder weiter noch nicht einmal<br />

<strong>an</strong>denkbar?<br />

Alice Ludvig ist Alleinerzieherin und lebt in Wien.<br />

nachts<br />

nie<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 29


männlichkeiten<br />

Kriechend zum M<strong>an</strong>n werden<br />

Pınar Selek befasst sich in ihrem Buch<br />

„Zum M<strong>an</strong>n gehätschelt. Zum M<strong>an</strong>n gedrillt” mit der<br />

Institution des Militärs und ihrer (Re-)Produktion<br />

von männlichen Identitäten in der Türkei.<br />

Verena Stern traf die Soziologin zum Interview.<br />

30 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Pınar Selek, 1971 in Ist<strong>an</strong>bul geboren,<br />

ist Soziologin und eine der führenden<br />

feministischen Friedensaktivistinnen der<br />

Türkei. 1998 wurde ihr vorgeworfen, im<br />

Auftrag der PKK eine Bombe auf einem<br />

Ist<strong>an</strong>buler Markt gezündet zu haben. Sie<br />

verbrachte zunächst zweieinhalb Jahre im<br />

Gefängnis und ging – obwohl sie inzwischen<br />

freigesprochen wurde – vor Kurzem<br />

ins Exil nach Deutschl<strong>an</strong>d, da sie in der<br />

Türkei noch immer nicht sicher leben k<strong>an</strong>n.<br />

Mitte Mai war Pınar Selek auf Einladung<br />

des VIDC (Wiener Institut für<br />

internationalen Dialog und Zusammenarbeit)<br />

und der Forschungsgruppe IN:EX<br />

vom Institut für Politikwissenschaft in<br />

Wien, um in einem Workshop ihre Studie<br />

„Zum M<strong>an</strong>n gehätschelt. Zum M<strong>an</strong>n<br />

gedrillt” zu diskutieren. Dafür hatte sie<br />

mit ihrer Forschungsgruppe 58 Interviews<br />

mit Männern über deren Erlebnisse<br />

während des Militärdienstes geführt.<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Als Feministin haben Sie<br />

Männer in den Fokus genommen und<br />

einen Abschnitt in deren Leben <strong>an</strong>alysiert.<br />

Warum?<br />

Pınar Selek: Weil ich Feministin bin!<br />

(lacht) Eine wichtige Fragestellung<br />

des Feminismus ist, wie Geschlechterverhältnisse<br />

(re-)produziert werden,<br />

insbesondere um zu verstehen, wie das<br />

Patriarchat funktioniert. Gesellschaftliche<br />

Gewalt beruht stark auf Sexismus.<br />

Ich wollte wissen, wie dessen Akteure<br />

funktionieren. Allerdings nicht nur auf<br />

einer erklärenden Ebene, sondern auch<br />

im Sinne einer Dekonstruktionsarbeit.<br />

Existiert eine Kritische Männlichkeitsforschung<br />

in der Türkei?<br />

Diese hat sich gerade erst entwickelt.<br />

Vor der Publikation meines Buches<br />

gab es dazu keine Veröffentlichungen,<br />

d<strong>an</strong>ach kamen ein bis zwei dazu. In der<br />

letzten Zeit findet immer mehr Forschung<br />

<strong>an</strong> den Universitäten zum Thema<br />

Männlichkeit statt, und auch in der<br />

feministischen Forschung der letzten<br />

Jahre wurde die Frage der Männlichkeit<br />

immer präsenter. Vor einem Jahr wurde<br />

die Gruppe „Wir sind keine Männer”<br />

gegründet. Diese hat sich zu einer<br />

populären Bewegung von hetero- und<br />

homosexuellen Männern entwickelt,<br />

die sich als Oppositionelle sehen und<br />

unter <strong>an</strong>derem Kritik am Militär üben.<br />

AMARGI und <strong>an</strong>dere feministische<br />

Gruppen unterstützen diese Bewegung<br />

und zeigen sich solidarisch.<br />

Wie wurde Ihr Buch in der Türkei<br />

rezipiert?<br />

Ungleiche Geschlechterverhältnisse<br />

wurden immer als Problem der Frauen<br />

betrachtet. Dadurch, dass ich in der<br />

Öffentlichkeit Männlichkeit zum Thema<br />

gemacht habe, wurde dies auch von Gewerkschaften<br />

und politischen Parteien<br />

aufgegriffen. Das Buch ist in der Türkei<br />

seit eineinhalb Jahren am Markt und<br />

erscheint mittlerweile in der vierten<br />

Auflage. Es wurde breit rezensiert und<br />

Foto: VIDC<br />

hat auch einen Preis gewonnen. Nach<br />

dem Erscheinen des Buches war ich<br />

jedoch nur noch sechs Monate in der<br />

Türkei, d<strong>an</strong>ach musste ich alles aus der<br />

Entfernung beobachten und konnte auch<br />

<strong>an</strong> der Diskussion nicht teilhaben.<br />

Warum war Ihnen die deutschsprachige<br />

Ausgabe ein Anliegen?<br />

Im Vorwort der deutschsprachigen<br />

Ausgabe sage ich, dass ich hiermit eine<br />

Einzelheit erzähle, die Teil des Großen<br />

ist, die es möglich macht, auch über<br />

das große Gesamte etwas zu sagen.<br />

Die Erfahrungen von <strong>an</strong>deren zu hören,<br />

impliziert auch die Funktion eines Spiegels.<br />

In Deutschl<strong>an</strong>d sind es oft feinere,<br />

aber in die Tiefe gehende Mech<strong>an</strong>ismen<br />

von Männlichkeit, wie zum Beispiel<br />

gesellschaftliche Anerkennung über<br />

beruflichen Erfolg zu erhalten. Auch das<br />

erfüllt eine Funktion, nicht unbedingt<br />

wie beim Militär, aber das zu <strong>an</strong>alysieren,<br />

k<strong>an</strong>n eine Aufgabe für Feministinnen<br />

hier darstellen.


Welche Unterschiede bzw. Parallelen<br />

können Sie in den feministischen<br />

Bewegungen Deutschl<strong>an</strong>ds und der<br />

Türkei ausmachen?<br />

Überall gibt es mehrere feministische<br />

Bewegungen, die nicht homogenisiert<br />

werden können, was mir jedoch auffiel,<br />

ist, dass diese in Deutschl<strong>an</strong>d eher<br />

institutionalisiert sind und nicht unbedingt<br />

im Dialog mitein<strong>an</strong>der stehen. In<br />

der Türkei wird mehr auf der Straße<br />

gearbeitet. Zudem haben theoretischradikalere<br />

Zeitschriften – also nicht die<br />

„Emma”, sondern theoretisch fundierte<br />

– in Deutschl<strong>an</strong>d weniger Breitenwirkung.<br />

In der Türkei scheint der Link<br />

zwischen Akademia und politischer<br />

Bewegung besser zu gelingen. Wir<br />

geben beispielsweise die feministische<br />

Zeitschrift „AMARGI” heraus, die sich<br />

mit theoretischen Fragen des Feminismus<br />

beschäftigt. Davon verkaufen<br />

wir 3.000 Stück pro Ausgabe, was<br />

darauf hindeutet, dass wir damit auch<br />

Menschen außerhalb der Universitäten<br />

erreichen.<br />

Wie waren die Erfahrungen mit den<br />

Männern, die Sie für Ihr Buch interviewten?<br />

Wir haben bereits in der Forschungsphase<br />

unsere Zielsetzung offen dargestellt.<br />

Einige gaben ihre Antworten gerne<br />

für das Archiv und die Analyse her,<br />

wollten mit ihren Erzählungen im Buch<br />

jedoch nicht vorkommen, <strong>an</strong>dere wollten<br />

ein Pseudonym. Dar<strong>an</strong> haben wir uns<br />

gehalten. Dennoch sagt diese Angst sehr<br />

viel aus: Die Männer machen wichtige<br />

Erfahrungen, doch wenn es darum geht,<br />

diese öffentlich zu erzählen, machen sie<br />

einen Schritt zurück. Das hatte ich nicht<br />

erwartet.<br />

Wir haben als Team gearbeitet, aber<br />

die meisten Interviews wurden von den<br />

Männern unserer Forschungsgruppe<br />

gemacht. Insbesondere ältere oder aus<br />

konservativeren Strukturen stammende<br />

Männer hatten Probleme, ihre Erfahrungen<br />

einer Frau zu erzählen.<br />

Brauchen Männer einen eigenen<br />

Raum, über diese Dinge sprechen zu<br />

können?<br />

Es gibt in der Türkei viele Räume nur<br />

für Männer, doch dort sprechen sie nicht<br />

einfach über eigene Probleme. Es ist<br />

der Raum der Macht und Repräsentation,<br />

der Solidarität unter Männern.<br />

Dort werden viele Militär-Geschichten<br />

erzählt, jedoch keine wie im Buch. Sie<br />

werden eher als Anekdoten und Witze<br />

verpackt. Wenn sich die Gruppe „Wir<br />

sind keine Männer” institutionalisieren<br />

sollte, kommt es vielleicht zu einem<br />

Raum, der tatsächlich ein Forum dafür<br />

bietet.<br />

Welche Rolle spielt die Figur der Mutter<br />

bei Männlichkeitskonstruktion?<br />

In traditionellen Familien, und das betone<br />

ich, definiert sich die Identität der<br />

Mütter sehr stark über den Sohn. Daher<br />

wird <strong>an</strong> Traditionen festgehalten, und<br />

sie gibt ihr Bestes, um diese, also ihre<br />

Identität zu stärken.<br />

In der Türkei wird eine oft biologistisch<br />

argumentierte Unterscheidung zwischen<br />

Männern und Frauen akzeptiert. Ein<br />

Beispiel ist die Erfahrung des Mutter-<br />

seins. Auch Zeitschriften sprechen von<br />

den besonderen Stärken der Frauen.<br />

Die Wissenschaft geht oft von Differenz<br />

aus. Doch Differenz ist meiner Meinung<br />

nach kein Grund, Männer und Frauen<br />

nicht gleich zu beh<strong>an</strong>deln, und wir<br />

wissen selbstverständlich, dass es auch<br />

nicht nur zwei Geschlechter gibt. Ich bin<br />

gegen eine Angst vor dem Thema der<br />

Differenz, obwohl es natürlich darauf<br />

<strong>an</strong>kommt, wie Differenz thematisiert<br />

wird.<br />

Die Rolle des Vaters ist oft die Rolle<br />

eines Über-Vaters, der immer korrekt<br />

ist. Der Sohn sollte sich ebenso verhalten.<br />

Was, wenn der Vater nicht der<br />

Imago entspricht? Ändert das etwas<br />

in der Erzählung der Söhne?<br />

Die Figur des Vaters ist eine Fiktion.<br />

Zwischen den Generationen werden<br />

unterschiedliche Männer- und Vaterfiguren<br />

konstruiert. Dadurch kommt es<br />

zu Widersprüchen: Es entwickelt sich<br />

etwa Neues, das Alte ist aber immer<br />

noch präsent. Einige leiden darunter<br />

und leben genauso widersprüchlich.<br />

Andere lehnen die Figur des Vaters<br />

ab. Dennoch, im Vergleich zu Frauen<br />

stellen Männer ihre Identität kaum<br />

infrage, es gibt keine Diskussionen<br />

darüber. Vielmehr gibt es reaktionäre<br />

Reaktionen. Dadurch, dass keine Kultur<br />

der Reflexion existiert, findet wenig<br />

Ausein<strong>an</strong>dersetzung damit statt. Das<br />

Militär beispielsweise ist ein wichtiges,<br />

verdichtetes Laboratorium, in dem<br />

Männlichkeit reproduziert wird. Es ist<br />

eine der mächtigsten Institutionen der<br />

Türkei, jeder muss hin. Dar<strong>an</strong> lässt sich<br />

viel über eine Gesellschaft ablesen.<br />

Wie steht es um den Militärdienst in<br />

der Türkei?<br />

Es gibt einige Männer, die den Militärdienst<br />

aufschieben, und ebenso viele,<br />

die ihn als Pflicht sehen, um d<strong>an</strong>ach<br />

reisen und ins Ausl<strong>an</strong>d zu dürfen oder<br />

arbeiten zu können. In der Öffentlichkeit<br />

herrscht eine große Akzept<strong>an</strong>z<br />

gegenüber dieser Verpflichtung und<br />

insofern eine positive Bezugnahme zum<br />

„Das Militär ist ein wichtiges, verdichtetes<br />

Laboratorium, in dem Männlichkeit reproduziert<br />

wird.“<br />

Militärdienst. In der Wahrnehmung der<br />

Gesellschaft ist es eine „verpflichtende<br />

Stufe der Männlichkeit”.<br />

Wie wird d<strong>an</strong>n mit Militärdienstverweigerern<br />

umgeg<strong>an</strong>gen?<br />

Eine Deserteursbewegung gibt es seit<br />

den letzten zw<strong>an</strong>zig Jahren. Desertieren<br />

ist in der Türkei sehr schwierig.<br />

M<strong>an</strong> lebt in lebensl<strong>an</strong>ger Unsicherheit,<br />

dazu kommt die perm<strong>an</strong>ente Gefahr der<br />

Gefängnisstrafe. Dennoch gibt es Hunderte,<br />

die sich politisch artikulieren und<br />

den Militärdienst auch aus politischen<br />

Gründen ablehnen. Sie kommen deshalb<br />

immer wieder ins Gefängnis. D<strong>an</strong>n gibt<br />

es politische Kampagnen für diese Leute<br />

und sie kommen wieder raus – doch<br />

die perm<strong>an</strong>ente Unsicherheit und eine<br />

ungewisse Zukunft bleiben. l<br />

Verena Stern ist Politikwissenschaftlerin<br />

in Wien.<br />

männlichkeiten<br />

Links:<br />

www.pinarselek.com<br />

Link zur Petition des<br />

deutschen P.E.N-Zentrums<br />

für die Rehabilitierung<br />

von Pınar Selek: www.<br />

ps-signup.de<br />

www.vidc.org<br />

http://inex.univie.ac.at<br />

Literatur:<br />

Pınar Selek: Zum M<strong>an</strong>n<br />

gehätschelt. Zum M<strong>an</strong>n gedrillt.<br />

Männliche Identitäten<br />

(Türkisches Original: „Sürüne<br />

Sürüne Erkek Olmak”<br />

– „Kriechend zum M<strong>an</strong>n<br />

werden”; Übersetzerin:<br />

Const<strong>an</strong>ze Letsch), Orl<strong>an</strong>do<br />

Frauenverlag, <strong>2010</strong><br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 31


<strong>an</strong>.riss kultur<br />

Heldi Pema, o.T., Wien <strong>2010</strong> © Heldi Pema<br />

ausstellung<br />

Kunst aus Osteuropa<br />

Drei KünstlerInnen aus (Süd-)Ost-Europa und der Türkei stellen noch<br />

bis Ende <strong>Juli</strong> ihre Werke in der Galerie ArtPoint aus. Unter dem Titel<br />

„Herrscher, Krieger und Maskierte” sind Bilder und Installationen von<br />

Tea Hatadi aus Kroatien, Heldi Pema aus Alb<strong>an</strong>ien und Ard<strong>an</strong> Özmenoglu ˘<br />

aus der Türkei zu sehen. Sie beschäftigen sich mit Krieg, Aggression<br />

und Angst, stellen Fragen nach Herkunft und Identität. Die KünstlerInnen<br />

selbst sind im Rahmen des Artists-in-Residence-Programms von<br />

KulturKontakt Austria in Wien, das sich <strong>an</strong> bildende KünstlerInnen und<br />

FotografInnen aus Ost-, Südosteuropa und der Türkei wendet und seit<br />

1992 ausgeschrieben wird. Seit Beginn des Programms haben sich mehr<br />

als 5.500 KünstlerInnen beworben, mehr als 220 nahmen bisher teil. h<strong>an</strong><br />

Herrscher, Krieger und Maskierte, bis 30.7., Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universitäts-<br />

straße 5, Mo–Fr 14–18.00, Eintritt frei, www.kulturkontakt.or.at/air<br />

nachruf<br />

Rue McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> (1934–<strong>2010</strong>)<br />

Sie war der Vamp und das jüngste Mitglied in der Vierer-WG der „Goldenen<br />

Mädchen”: Nach Beatrice „Dorothy” Arthur im Jahr 2009 und<br />

deren Serienmutter Estelle „Sophie” Getty 2008 verstarb vor wenigen<br />

Wochen auch „Bl<strong>an</strong>che Devereaux” alias Rue McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> 76-jährig <strong>an</strong><br />

einem Schlag<strong>an</strong>fall. Sie lässt die 88-jährige Betty „Rose” White als letz-<br />

32 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

te der Golden Girls zurück. Über ihre Figur Bl<strong>an</strong>che sagte McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong><br />

in einem Interview, sie sei „verliebt in das Leben und liebe die Männer”.<br />

Ähnlich schien sie es selbst auch im Privaten zu halten: Mindestens<br />

fünfmal war sie laut eigenen Angaben verheiratet, ihre Brustkrebserkr<strong>an</strong>kung<br />

in den 1990ern bekämpfte sie erfolgreich. Ähnlich wie ihre<br />

Kollegin Beatrice Arthur engagierte sich McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> für den Tierschutz,<br />

hielt d<strong>an</strong>eben Vorträge zur Aufklärung über HIV und Krebs. Das Alter, so<br />

schien es, war für Rue McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> keine furchteinflößende Sache: „Die<br />

Wahrheit ist, dass das Kind in uns, unsere Jugend und die junge Frau, die<br />

wir waren, in uns weiterlebt.” Sie starb im Kreise ihrer Familie. h<strong>an</strong><br />

http://diest<strong>an</strong>dard.at<br />

interventionen<br />

Kunst gegen Rechts<br />

Nicht stürzen, sondern neigen, lautet das Ergebnis der Ausschreibung<br />

zur Umgestaltung des Wiener Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen<br />

Antisemitismus und Rassismus, die letzten Herbst von Studierenden<br />

der Universität für Angew<strong>an</strong>dte Kunst und dem Künstler Martin Krenn<br />

gestartet wurde. Aus 220 internationalen Einsendungen wurde nun der<br />

Entwurf von Klemens Wihlidal ausgewählt. Er sieht vor, dass die Statue<br />

des <strong>an</strong>tisemitischen Wiener Bürgermeisters der Jahrhundertwende, Karl<br />

Lueger, und ein Teil des Sockels um 3,5 Grad nach rechts geneigt werden.<br />

Die InitiatorInnen fordern nun von der Stadt Wien die Umsetzung.<br />

Anlässlich der bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Wien gibt es von<br />

der „Galerie vor Ort” eine Ausschreibung, bei der es um „10 Künstler-<br />

Innen und das blaue Wunder” geht, das der Bundeshauptstadt am<br />

10. Oktober, dem Wahltag, blühen könnte. Die Galeristinnen Michaela<br />

Göltl, Eva Müller, Ulli Klepalski und Barbara Pip<strong>an</strong> wünschen sich künstlerische<br />

Stellungnahmen, die „der Blauäugigkeit vorbeugen”. Bis 20. <strong>Juli</strong><br />

können Konzepte oder Dokumentationen fertiger Arbeiten in allen Techniken<br />

per E-Mail <strong>an</strong> galerie.vor.ort@gmail.com geschickt werden. Die zehn<br />

ausgewählten Arbeiten werden ab Anf<strong>an</strong>g September ausgestellt. sylk<br />

http://luegerplatz.com, www.galerievorort.at<br />

todestag<br />

Die Mumin-Mama<br />

Am 27. Juni 2001 starb die finnl<strong>an</strong>dschwedische Schriftstellerin, Malerin,<br />

Comic-Autorin und Illustratorin Tove J<strong>an</strong>sson, die Mutter der Mumins.<br />

Geboren in Helsinki wuchs sie in einer KünstlerInnenfamilie auf. Das Ferienhäuschen<br />

der Familie am Meer f<strong>an</strong>d sich später in der Welt der Mumins<br />

wieder – der Geschichte, mit der sie weltberühmt wurde. Mit 15 Jahren<br />

beendete J<strong>an</strong>sson die Schule, studierte Malerei in Stockholm, Helsinki und<br />

Paris. Später lebte sie mit ihrer Lebensgefährtin, der Grafikerin Tuulikki<br />

Pietilä, auf einer kleinen Insel im finnischen Meerbusen, die Winter verbrachten<br />

sie in Helsinki, wo Tove J<strong>an</strong>sson auch ihr Atelier hatte. Schon ab<br />

1938 verdiente sie ihr Geld mit Karikaturen und Pressezeichnungen. Gerne<br />

versteckte sie <strong>an</strong> den Rändern kleine Mumintrolle, der erste Mumin erblickte<br />

das Licht der Öffentlichkeit ausgerechnet auf einer Hitler-Karikatur.<br />

Für ihre Mumin-Bücher erhielt Tove J<strong>an</strong>sson u.a. den H<strong>an</strong>s-Christi<strong>an</strong>-Andersen-Preis.<br />

Später erhielt sie den von Kindern gewählten, internationalen<br />

Preis „Kavalier des Lächelns”, den Internationalen Jugendbuchpreis, den<br />

Nils-Holgersson-Preis und noch viele mehr. h<strong>an</strong><br />

www.reprodukt.com, www.kulturhus-berlin.de<br />

Der Mumin rechts oben ist aus: MUMINS 1 – Die gesammelten Comic-Strips von Tove<br />

J<strong>an</strong>sson, Reprodukt 2009


kalender<br />

Zweitausendelf mitgestalten<br />

Der Queerfeministische Kalender geht in die zweite Runde und freut sich<br />

über Beiträge. Arbeitsthema für 2011 ist „Körper”. Als Ideen<strong>an</strong>stöße geben<br />

die Macher_innen ein paar Schlagworte: Körpergefühl, Schönheitsideale<br />

und -normen, Körperwahrnehmung und Identitätszuschreibungen sowie<br />

Körperbewegung und Körper im Raum. Eingereicht werden können kurze<br />

Erfahrungsberichte, theoretische Texte, Berichte von politischen Aktionen, Beschreibungen<br />

von Aktionsformen, Comix, Illustrationen, Bastel<strong>an</strong>leitungen und<br />

fi ese Tricks, sei es von einem Team oder einer Einzelperson – einfach bis 15.<br />

<strong>Juli</strong> einschicken. Übrigens wird es auch wieder einen Vernetzungsteil geben:<br />

Wer dort mit seinem_ihrem Projekt vertreten sein möchte, sei es Infoladen,<br />

Ladyfest-Gruppe, autonome queere/feministische Gruppe, autonomes Frauenhaus,<br />

tr<strong>an</strong>s*aktivistische Gruppe, feministisches/queeres Uni-Referat, Projekt,<br />

Perform<strong>an</strong>ce-Gruppe und und und, schickt einfach seine_ihre Kontaktdaten<br />

oder Projektbeschreibungen <strong>an</strong> die <strong>an</strong>gegebene E-Mail-Adresse. h<strong>an</strong><br />

Call für den Queerfeministischen Kalender 2011, Einsendeschluss 15.7.<br />

riot-skirts@gmx.de, www.riot-skirts.de<br />

auszeichnung<br />

Ehrenzeichen für VALIE EXPORT<br />

VALIE EXPORT erhielt Anf<strong>an</strong>g Juni das Große Goldene Ehrenzeichen<br />

für Verdienste um die Republik Österreich. Mit Körperaktionen wie dem<br />

„Tapp- und Tastkino” oder der „Aktionshose Genitalp<strong>an</strong>ik” wurde die<br />

1940 in Linz als Waltraud Lehner geborene Künstlerin zu einer Pionierin<br />

feministischer Perform<strong>an</strong>cekunst. Von „Frauenkunst” zu sprechen, sei heute<br />

obsolet, erklärte EXPORT in einem Interview <strong>an</strong>lässlich ihres siebzigsten<br />

Geburtstags, den sie vor Kurzem gefeiert hat: „Aber m<strong>an</strong> muss darauf<br />

hinweisen, dass Frauen Kunst machen – nicht darauf, dass es männliche<br />

oder weibliche Kunst ist.” Kulturministerin Claudia Schmied lobte bei der<br />

Verleihung der Auszeichnung EXPORTS „künstlerische Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

mit Frauenbildern in Kunst und Gesellschaft”. Von Mitte bis Ende <strong>August</strong><br />

wird die Film- und Medienkünstlerin bei der bereits zum dritten Mal<br />

stattfi ndenden Sommerakademie Traunkirchen einen Workshop zum Thema<br />

„Serielle Fotografi e” leiten, Anmeldungen sind ab sofort möglich. les<br />

Infos u. Anmeldung: www.sommerakademie-traunkirchen.com; http://diest<strong>an</strong>dard.at,<br />

http://derst<strong>an</strong>dard.at<br />

archiv/bibliothek<br />

Kultur <strong>an</strong>dersrum<br />

QWien hieß früher Ecce Homo und wollte schwule und lesbische Kultur nach<br />

Wien holen. Weil diese aber mittlerweile in der Mainstream-Kultur <strong>an</strong>gekommen<br />

ist, wurden Name und Zielsetzung geändert: QWien ist jetzt Zentrum für<br />

schwule/lesbische Kultur und Geschichte. QWien Kultur ver<strong>an</strong>staltet Kultur-<br />

Events – sozusagen „Wien <strong>an</strong>dersrum” das g<strong>an</strong>ze Jahr über. QWien Guide bietet<br />

Führungen durch das schwule/lesbische Wien. Im QWien Archiv wiederum<br />

fi ndet sich das größte schwulen- (und lesben-)spezifi sche Archiv Österreichs<br />

(das Lesbenarchiv „Stichwort” ist noch größer, jedoch nur für Frauen zugänglich).<br />

Die Bibliothek des QWien umfasst mehr als tausend Bände zum Thema<br />

Homosexualität. Und auf der Homepage schließlich präsentiert QWien Tipp<br />

Neues vom Wiener Theater, Kino und dem schwulen/lesbischen Buchmarkt.<br />

Ende Juni eröffnen Archiv und Bibliothek offi ziell – bis dahin lohnt sich auf<br />

jeden Fall ein Besuch der Homepage oder einer der Führungen. h<strong>an</strong><br />

www.qwien.at<br />

lebenslauf<br />

auch feministinnen altern<br />

Christi<strong>an</strong>e Erharter<br />

Coming of Age<br />

Zu meinem vorletzten Lebensabschnittspartner meinte ich, dass ich nur<br />

noch mit Frauen eine Beziehung haben werde, wenn es mit ihm vorbei<br />

ist. Verliebt habe ich mich d<strong>an</strong>ach doch in einen um acht Jahre jüngeren<br />

Norweger. Noch während ich mit ihm zusammen war, hatte ich im<br />

Sommer 2007 eine kurze, jedoch heftige, Identitätskrise. Bei der Präsentation<br />

des Buches „Drag Kings” im Fluc stellte sich mir plötzlich und<br />

scheinbar grundlos – wo ich doch Drag Kings k<strong>an</strong>nte und mir auch schon<br />

mal selbst Bärte <strong>an</strong>geklebt hatte – die Frage, ob ich nicht eigentlich lesbisch<br />

bin, obwohl ich noch nie mit einer Frau zusammen gewesen war?<br />

Je länger ich darüber nachdachte, desto überzeugter war ich: Ich mag<br />

die Gegenwart von Frauen lieber als die von Männern, mein Freundinnenkreis<br />

besteht mehrheitlich aus Lesben, Schwulen und Feministinnen.<br />

In Oslo hab ich zwei Jahre in einer queeren WG gelebt und mich ein<br />

bisschen in meine fr<strong>an</strong>zösische Mitbewohnerin verliebt, oder besser:<br />

für sie geschwärmt. Ich wurde immer wieder für lesbisch gehalten, mir<br />

wurde sogar ein Liebesverhältnis mit meiner Chefi n <strong>an</strong>gedichtet. Aber<br />

warum kam mir selbst der Ged<strong>an</strong>ke erst jetzt: Hatte ich eine verspätete<br />

Identitätskrise, die meine lesbischen Freundinnen bereits zwischen 15<br />

und 25 hinter sich gebracht hatten?<br />

Ich beg<strong>an</strong>n mein Coming-out zu pl<strong>an</strong>en, wie und was ich meinen Eltern,<br />

meinem Bruder, vielleicht auch der gesamten Verw<strong>an</strong>dtschaft – und vor<br />

allem meinem Boyfriend sagen würde. Das kam mir d<strong>an</strong>n mit meinen<br />

33 Jahren doch etwas übertrieben und dramatisch vor. Was war nur los<br />

mit mir? Eine meiner Freundinnen beruhigte mich und meinte, dass ich<br />

vorerst nichts überstürzen und vor allem mit dem familiären Coming-out<br />

noch warten sollte. Ob ich lesbisch bin, würde ich nämlich d<strong>an</strong>n merken,<br />

wenn ich mich in eine Frau verliebe. Und das war nicht der Fall. Noch<br />

nicht. Das sollte sich erst im Sommer darauf ergeben und dauert nun<br />

bereits zwei Jahre <strong>an</strong>. Alles war aufregend neu und vertraut zugleich<br />

und fühlte sich <strong>an</strong>, als ob es immer schon so hätte sein sollen. Niem<strong>an</strong>d<br />

war wirklich überrascht, und es gab keinen Zweifel mehr.<br />

Christi<strong>an</strong>e Erharter, geb. 1974, arbeitet als Kuratorin im Programm Kultur<br />

der ERSTE Stiftung in Wien. Sie ist Teil des DJ-Kollektivs Quote und interessiert<br />

sich für Pop- und Subkultur, Frauen in Musik und Kunst.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 33


spielfilm<br />

Die Farben der Freiheit<br />

Rauschend,<br />

bauschend, fließend<br />

und fliegend –<br />

Shirin Neshat<br />

installiert in ihrem<br />

ersten Kinofilm<br />

„Women without<br />

Men” surreale<br />

Momente der<br />

Unabhängigkeit.<br />

Von Katharina<br />

Ludwig<br />

34 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Vom Bild zu Video zu Spielfilm: Die<br />

visuelle Künstlerin Shirin Neshat<br />

erweitert konsequent ihre Ausdrucksmittel.<br />

International bek<strong>an</strong>nt wurde sie<br />

durch ihre Schwarz-Weiß-Fotografien<br />

von Frauen im Ir<strong>an</strong>. Nun präsentiert<br />

sie ihre erste Kinoarbeit: „Women<br />

without Men” erzählt von vier Frauen,<br />

die 1953 in Teher<strong>an</strong> Schritte der Freiheit<br />

setzen. Die Geschichten basieren<br />

auf dem gleichnamigen Rom<strong>an</strong> (im<br />

Original „Z<strong>an</strong><strong>an</strong> bedun-e mard<strong>an</strong>”) von<br />

Shahrnush Parsipur, die Neshat zuvor<br />

bereits als Teile einer Videoinstallation<br />

verarbeitete.<br />

Der historische Rahmen: Der demokratisch<br />

gewählte Premier Mohammad<br />

Mossadegh will Anf<strong>an</strong>g der 1950er-<br />

Jahre eine selbstbestimmte Position des<br />

Ir<strong>an</strong> stärken. Er verstaatlicht die Ölvorkommen,<br />

die bis dahin mehrheitlich in<br />

britischem Besitz waren. Großbrit<strong>an</strong>nien<br />

reagiert mit einer Seeblockade<br />

ir<strong>an</strong>ischer Ölt<strong>an</strong>ker im Persischen Golf.<br />

Die ökonomische Lage im stark von<br />

Ölexporten abhängigen L<strong>an</strong>d verschärft<br />

sich, der internationale Druck wächst<br />

und auch die innerir<strong>an</strong>ische Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />

zwischen BefürworterInnen<br />

und GegnerInnen Mossadeghs spitzt<br />

sich zu. Im Jahr 1953 kommt es in der<br />

„Operation Ajax” zum Putsch gegen den<br />

Premier, unter massiver Unterstützung<br />

des US-Geheimdienstes CIA und der<br />

britischen MI6.<br />

Das Militär und der Garten. In diesen<br />

Tagen hängt die junge Frau Munis<br />

(Shabnam Tolouei) perm<strong>an</strong>ent am Radio.<br />

Sie will Nachrichten hören, wissen,<br />

was geschieht, und für ihre Ansichten<br />

Munis (Shabnam Tolouei) beteiligt sich <strong>an</strong> einer Demonstration, Foto: NFP marketing & distribution*<br />

kämpfen. Ihr Bruder hingegen hat nur<br />

eines im Kopf: ihre ausstehende Heirat.<br />

Erst nach einem Sprung vom Dach und<br />

einem vorgetäuschten Begräbnis k<strong>an</strong>n<br />

Munis politisch aktiv werden und schließt<br />

sich einer Widerst<strong>an</strong>dsgruppe und den<br />

Demonstrationen für Mossadegh <strong>an</strong>. Auf<br />

diese politisch persönliche und magische<br />

Weise verknüpfen sich in „Women without<br />

Men” die Em<strong>an</strong>zipationsbemühungen<br />

von mehreren Frauen: Der Künstlerin<br />

Fakhri (Arita Shahrzad) schnürt die<br />

Missachtung ihrer Person und ihrer<br />

Kunst durch ihren Ehem<strong>an</strong>n die Luft zum<br />

Atmen ab. Sie trennt sich und schafft sich<br />

in einem außerhalb der Stadt gelegenen<br />

Obstgarten ein Exil, wo sie ihr Verhältnis<br />

zu sich und <strong>an</strong>deren neu definiert. Auch<br />

die strenggläubige Faezeh (Pegah Ferydoni)<br />

und die Prostituierte Zarin (Orsi<br />

Tóth) finden hier einige Momente l<strong>an</strong>g<br />

Zuflucht und surreale Freiheit. Doch auch<br />

vor den Toren dieses Gartens bleibt das<br />

Militär nicht l<strong>an</strong>ge stehen.<br />

Die 1957 im Ir<strong>an</strong> geborene Shirin<br />

Neshat ging selbst als Teenager zum<br />

Kunst-Studium in die USA. Die ir<strong>an</strong>ische<br />

Revolution und die Machtübernahme<br />

Ayatollah Khomeinis im Jahr 1979<br />

ver<strong>an</strong>lassten sie, dort zu bleiben. Auch<br />

die Autorin des Originalrom<strong>an</strong>s, Sharnush<br />

Parsipur, lebt im US-Exil. Diesen<br />

beiden Biografien folgend, opponieren<br />

die Bilder in „Women without Men” auf<br />

doppelte Weise: dem ir<strong>an</strong>ischen Staat,<br />

der den <strong>an</strong>tiklerikalen Widerst<strong>an</strong>d in der<br />

Verg<strong>an</strong>genheit und in der Gegenwart<br />

unsichtbar macht, und der US-amerik<strong>an</strong>ischen<br />

Antiterror-Politik, die das L<strong>an</strong>d<br />

unter dem aktuellen Regime als eine<br />

einzige soziale Einheit zusammenfasst.<br />

Malen und Übermalen. Neshats Filmsprache<br />

ist geprägt vom magischen Realismus,<br />

und so wird die Gewichtung von<br />

symbolträchtigem Materiellem („Ausstattung”)<br />

gegenüber der Dramaturgie<br />

spürbar. Die Geschichte hängt gewissermaßen<br />

in den Figuren – in starken,<br />

teils starr wirkenden Bildern (Kamera:<br />

Martin Gschlacht): zwischen mystischen<br />

Bäumen und in der Erde. In bauschigen<br />

Petticoats und fließenden Tschadors.<br />

Und <strong>an</strong> den Körpern selbst, die sich mal<br />

schleppen, quälen, selbst verletzen, mal<br />

fliegen und im Wasser treiben.<br />

Die Frauenkörper bildeten auch schon<br />

in der Fotoserie „Women of Allah”<br />

den Austragungsort für die Erzählung.<br />

Neshat stattete die Porträtserie von in<br />

schwarzen Stoff gehüllten Frauen mit<br />

kämpferischen Gegenständen aus und<br />

übermalte sie mit Textstellen feministischer<br />

Dichterinnen in Farsi.<br />

Ihr erster Spielfilm wurde nun selbst<br />

von der aktuellen Geschichte überschrieben:<br />

Die Nachrichten von den<br />

Wahlen im Ir<strong>an</strong> 2009 und den massiven<br />

Protesten fielen in die Zeit der Film-<br />

Endproduktion. Von der Uraufführung in<br />

Venedig bis zu den Presseinterviews für<br />

den Kinostart dominierte – auch bei der<br />

Kleidung der Künstlerin – stets das Grün<br />

der heutigen Opposition im Ir<strong>an</strong>. l<br />

„Women without Men” läuft bereits in<br />

den deutschen und Schweizer Kinos;<br />

Kinostart in Österreich ist im Herbst.<br />

Katharina Ludwig lebt als freie<br />

Journalistin in Berlin.


<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Frau Klüger, Sie fragen<br />

selbst in der Einleitung Ihres neuen<br />

Buches: Warum überhaupt eine<br />

Zusammenstellung von Büchern von<br />

Autorinnen?<br />

Ruth Klüger: Es gibt noch immer<br />

weitaus weniger Bücher von Frauen als<br />

von Männern, und ich meine, sie werden<br />

auch nicht so oft oder so intensiv<br />

besprochen. Außerdem war es interess<strong>an</strong>t<br />

zu sehen, was sich ergibt, wenn<br />

m<strong>an</strong> Bücher von Frauen im Aggregat<br />

liest. Ich bin ja der Ansicht, von einem<br />

einzelnen Buch lässt sich überhaupt<br />

nicht ablesen, ob es von einer Frau oder<br />

von einem M<strong>an</strong>n ist. Aber wenn m<strong>an</strong><br />

viele beiein<strong>an</strong>der hat, d<strong>an</strong>n zeichnet<br />

sich doch etwas ab, das <strong>an</strong>ders ist, aus<br />

weiblicher und aus männlicher Sicht.<br />

Deswegen lohnt es sich, so ein Buch<br />

zusammenzufügen.<br />

Was genau ist denn <strong>an</strong>ders?<br />

Es kommen mehr weibliche Hauptfiguren<br />

vor. Die Nebenfiguren sind nu<strong>an</strong>cierter<br />

gezeichnet. Übrigens ist mir<br />

bei einem der letzten Bücher, die ich<br />

rezensiert habe, aufgefallen, dass die<br />

Männer eigentlich besser wegkommen<br />

als die Frauen. Aber der Grund ist, dass<br />

die männlichen Charaktere einfacher<br />

gestrickt sind, während die Frauen auch<br />

in ihren üblen Eigenschaften genauer<br />

gezeichnet sind. Es ist nicht einfach so,<br />

Ruth Klüger beim Interview im Café Prückel, Foto: Ursula Knoll<br />

raturgeschichte versteht. Sie weisen<br />

darin auf die Unterschiede in den<br />

Schaffensbedingungen von schreibenden<br />

Frauen vom Mittelalter bis zum<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts hin und<br />

bestehen darauf, diese nicht einfach<br />

„Es ist nicht einfach so, dass Autorinnen feministisch<br />

daherschreiben und nichts als gütige<br />

und hochintelligente Frauenfiguren kreieren.“<br />

dass Autorinnen feministisch daherschreiben<br />

und nichts als gütige und<br />

hochintelligente Frauenfiguren kreieren.<br />

Wenn sie gute Autorinnen sind,<br />

k<strong>an</strong>n eher das Gegenteil der Fall sein,<br />

nämlich dass sie genau die Schwächen<br />

ihrer Charaktere beschreiben. Dadurch,<br />

dass mehr Frauen Belletristik schreiben,<br />

ergibt sich eine neue, ich will nicht<br />

sagen Literatur, aber eine neue Facette<br />

der Literatur.<br />

Schon in Ihrem Buch „Frauen lesen<br />

<strong>an</strong>ders“ gab es einen Essay, der sich<br />

als Entwurf einer alternativen Lite-<br />

Der Augenöffner<br />

unter die hegemoniale männliche<br />

Literaturproduktion zu subsumieren.<br />

Ist das jetzige Buch die Fortsetzung<br />

für die Gegenwart und über die<br />

deutschsprachige Literatur hinaus?<br />

Ja, m<strong>an</strong> könnte das so sagen, aber<br />

m<strong>an</strong> muss aufpassen, dass m<strong>an</strong> nicht<br />

behauptet: Frauen schreiben <strong>an</strong>ders.<br />

Denn das führt uns leicht zurück zu<br />

dem, was wir schon einmal gehabt haben,<br />

nämlich dass Frauen nicht so gut<br />

schreiben. In eine Situation also, wo<br />

das Andere das Minderwertige bedeutet,<br />

und die will ich natürlich überhaupt<br />

nicht haben.<br />

Der Titel lautet „Was Frauen schreiben“,<br />

und nicht „Wie Frauen schreiben“.<br />

Geht es also in erster Linie<br />

nicht um eine womöglich geteilte<br />

Ästhetik oder Poetik der Texte, sondern<br />

um das, was sie verh<strong>an</strong>deln?<br />

Es ist eher so, dass ich mich verwahre<br />

gegen Verallgemeinerungen, auch gegen<br />

meine eigenen. Im Grunde mach ich<br />

mir’s leicht – der Titel ist „Was Frauen<br />

schreiben” und d<strong>an</strong>n gibt es Dutzende<br />

von Buchbesprechungen von Büchern<br />

von Frauen, das k<strong>an</strong>n nicht falsch sein.<br />

Das ist, was Frauen schreiben, in den<br />

letzten Jahren. D<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n sich die<br />

Leserin ihre eigene Meinung bilden,<br />

was das eigentlich ist, was diese Frauen<br />

geschrieben haben.<br />

Das ist also die Lektüre-Aufgabe?<br />

Ja. Denn es sind g<strong>an</strong>z verschiedene<br />

Bücher.<br />

An wen richtet sich Ihr Text?<br />

An – ich wollte sagen leider – Frauen.<br />

Natürlich bin ich glücklich, wenn Frauen<br />

das lesen. Aber es fällt mir doch immer<br />

wieder auf, dass Frauen die Leserin-<br />

literatinnen<br />

In den letzten Jahren rezensierte<br />

Ruth Klüger regelmäßig<br />

Neuerscheinungen von<br />

Autorinnen. Eine Auswahl<br />

der Besprechungen wird nun<br />

unter dem Titel „Was Frauen<br />

schreiben” als Buch veröffentlicht.<br />

Ursula Knoll traf<br />

die Literaturwissenschaftlerin<br />

und Schriftstellerin zum<br />

Gespräch über das Schreiben,<br />

das Lesen und das Verstehen.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 35


literatinnen<br />

Tipps:<br />

Bücher von Ruth Klüger:<br />

Was Frauen schreiben.<br />

Zsolnay <strong>2010</strong>; Frauen lesen<br />

<strong>an</strong>ders. dtv 1996; weiter<br />

leben. Wallstein 1992;<br />

unterwegs verloren. Erinnerungen.<br />

Zsolnay 2008<br />

Azar Nafisi: Lolita lesen in<br />

Teher<strong>an</strong>. DVA 2005<br />

Angela Steidele: Geschichte<br />

einer Liebe: Adele Schopenhauer<br />

und Sibylle Mertens.<br />

Suhrkamp/Insel <strong>2010</strong><br />

36 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

nen meiner Bücher sind. Auch „weiter<br />

leben” ist so bek<strong>an</strong>nt geworden, weil<br />

Frauen es gelesen haben.<br />

Ich hab gerade eine Lesung gehabt in<br />

der Alten Schmiede – „weiter leben” ist<br />

ja ein Grundbuch der österreichischen<br />

Literatur nach 1945 geworden, also<br />

bitte, ich bin ein Grundbuch …<br />

Ist es schlimm, ein Grundbuch der<br />

österreichischen Literatur zu sein?<br />

Nein, ich bin stolz darauf. Wer möchte<br />

nicht ein Grundbuch sein?<br />

Jedenfalls hab ich mich in der Alten<br />

Schmiede umgeschaut und hab zum<br />

Ver<strong>an</strong>stalter gesagt: „Ich rechne, es<br />

sind fünf Frauen für einen M<strong>an</strong>n da, und<br />

der M<strong>an</strong>n ist wahrscheinlich die Begleitung.”<br />

Und er schaute mich verdattert<br />

<strong>an</strong> und sagte: „So hab ich das überhaupt<br />

noch nie gesehen.” D<strong>an</strong>n sah er sich um<br />

und nickte und meinte: „Na sagen wir<br />

4:1.” Aber es war g<strong>an</strong>z deutlich. Es ist<br />

immer so. Bücher von Frauen werden<br />

grundsätzlich und vor allem von Frauen<br />

gelesen. Aber Bücher von Männern werden<br />

auch mehr von Frauen gelesen, weil<br />

Frauen mehr lesen. Männer sehen fern.<br />

Die einzelnen Rezensionen wechseln<br />

zwischen Leserinnen und Lesern,<br />

die darin <strong>an</strong>gesprochen werden. Die<br />

Besprechung einer Biografie über<br />

Karoline von Günderrode schließen<br />

Sie beispielsweise mit der Bemerkung<br />

ab, dass das Werk Günderrodes heute<br />

kaum „Leser“ findet. Ist das Schleißigkeit<br />

oder eine gezielte Adressierung?<br />

Ich muss da ein bissl ausholen. Ich bin<br />

absichtlich nicht konsequent. Teilweise<br />

wohl, weil ich aus dem Englischen<br />

herkomme, wo, merkwürdigerweise g<strong>an</strong>z<br />

<strong>an</strong>ders als im Deutschen, die weibliche<br />

Endung als verächtlich gilt und nicht verwendet<br />

wird. Also m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n gerade noch<br />

„waitress” sagen. Aber absolut nicht zum<br />

Beispiel „Negress”, das wäre rassistisch,<br />

„Jewess” ist <strong>an</strong>tisemitisch. Und im Deutschen<br />

ist es genau umgekehrt, da will<br />

m<strong>an</strong> Professorin gen<strong>an</strong>nt werden.<br />

Aber ich schw<strong>an</strong>ke zwischen den beiden,<br />

weil das <strong>an</strong>dere ja so eingesessen<br />

ist und es mir lieber ist, wenn ich diese<br />

Begriffe abwechselnd verwende. In so<br />

einem Buch wäre „Leserinnen” natürlich<br />

<strong>an</strong>gebrachter. Ich glaube, hier ging<br />

es mir mehr darum, dass es keine richtige<br />

Leserschaft dafür gibt. „Leserschaft”<br />

ist ein altmodisches Wort, oder soll<br />

m<strong>an</strong>’s doch noch verwenden? Das wäre<br />

natürlich eine Möglichkeit, dass m<strong>an</strong> für<br />

beide Geschlechter „Leserschaft” sagt<br />

und das wieder einführt. Aber das klingt<br />

komisch, oder? Vielleicht sollte m<strong>an</strong> es<br />

doch verwenden, um beide reinzubringen.<br />

Also das ist die Antwort.<br />

Was waren Ihre Motive für die<br />

Textauswahl? Sind die Texte zu<br />

Ihnen gekommen oder haben Sie sie<br />

gesucht, sind es Texte, die Sie schon<br />

l<strong>an</strong>ge begleiten?<br />

Es sind immer Bücher, die ich empfehlen<br />

will. Also wenn ein Buch kommt und<br />

„Das Lesen ist eine Fertigkeit wie das<br />

Tennisspielen – m<strong>an</strong> muss es üben. Und wenn<br />

m<strong>an</strong>’s nicht übt, d<strong>an</strong>n wird’s schlecht.“<br />

ich mag es nicht, d<strong>an</strong>n leg ich es nach<br />

fünfzig Seiten beiseite und sag, das geht<br />

nicht.<br />

Es geht also schon um die Lust am<br />

Lesen?<br />

Absolut ja. Ich will, dass die Leute was<br />

davon haben. Nicht, dass die ein oder<br />

zwei Bücher lesen und sagen: Die hat<br />

einen g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>deren Geschmack als ich.<br />

Bei mir hat’s jedenfalls funktioniert.<br />

Mit jeder Seite wurde ich neu<br />

überrascht, m<strong>an</strong>chmal auch von alten<br />

Freundinnen.<br />

Bücher, die Sie schon k<strong>an</strong>nten?<br />

Also Bettina Balaka oder Nadine<br />

Gordimer zum Beispiel.<br />

Ich hatte keinen Preis zu vergeben, ich<br />

hab nicht versucht, die besten Bücher<br />

auszusuchen, sondern solche, die mir<br />

in die H<strong>an</strong>d gefallen sind und die sich<br />

empfehlen lassen. Mir war es m<strong>an</strong>chmal<br />

g<strong>an</strong>z recht, Autorinnen zu nehmen, die<br />

nicht besonders bek<strong>an</strong>nt waren. Balaka<br />

zum Beispiel, die ist vielleicht hier gut<br />

bek<strong>an</strong>nt, aber in Deutschl<strong>an</strong>d nicht. Und<br />

ja, ich habe drei Nobelpreisträgerinnen<br />

drinnen. Muss ich schon sagen, das habe<br />

ich g<strong>an</strong>z gut getroffen. Die Lessing, die<br />

Gordimer und die Herta Müller, die ich<br />

dreimal rezensiert habe. Ich bin eine<br />

alte Anhängerin von ihr. Die „Atemschaukel”<br />

habe ich rezensiert, bevor sie<br />

den Nobelpreis hatte. Sie hat mir eine<br />

Postkarte geschrieben und sich bed<strong>an</strong>kt<br />

für die Rezension. Ich war sehr stolz<br />

darauf. Die habe ich aufbewahrt, noch<br />

nicht eingerahmt, aber aufbewahrt.<br />

Das Gros der besprochenen Texte sind<br />

Rom<strong>an</strong>e. Warum beschränken Sie sich<br />

auf diese Textgattung?<br />

Rom<strong>an</strong>e und ein paar Biografien. Eben<br />

weil wir den populären Appeal haben<br />

wollten. Wir, das sind meine Lektorin<br />

und ich, die macht das, die hat eine g<strong>an</strong>z<br />

gute Nase.<br />

Gar keinen dramatischen Text?<br />

Die kriegt m<strong>an</strong> doch fast gar nicht als<br />

Rezensionsexemplar. Aber ich habe auch<br />

ein Filmbuch rezensiert, das von Doris<br />

Dörrie. Was hat Ihnen denn gefallen?<br />

Ich mochte g<strong>an</strong>z besonders „Lolita<br />

lesen“ von Azar Nafisi.<br />

Ja, m<strong>an</strong> lernt derartig viel. Das ist<br />

zwar ein literarisches Buch, aber kein<br />

Rom<strong>an</strong>. Es sind Lebensbeschreibungen<br />

oder historische Momente, die eingef<strong>an</strong>gen<br />

sind in persönlichen Momenten.<br />

Das Buch erzählt vom heimlichen<br />

Lesen ir<strong>an</strong>ischer Frauen in einem von<br />

den Revolutionswächtern terrorisierten<br />

Staat. Über die Intention der<br />

Frauen, sich trotz Lebensbedrohung<br />

mit Literatur ausein<strong>an</strong>derzusetzen,<br />

vermuten Sie: „Dichtung […] eröffnet<br />

eine vernünftigere, differenziertere<br />

Welt. Sie erweitert die Ged<strong>an</strong>ken und<br />

Gefühle, fördert die Selbstfindung<br />

und hum<strong>an</strong>isiert die entfremdete<br />

Heimat.“ Ist das auch die heimliche<br />

Intention Ihres Buches?<br />

Vielleicht die heimliche Intention<br />

meiner Autobiografie, meinen Sie<br />

das?<br />

Nafisi hat hier ein New Yorker Buch<br />

geschrieben, und m<strong>an</strong> muss das richtig<br />

durchdenken, dass so etwas wie „The<br />

Great Gatsby” irgendeinen Bezug hat<br />

zum Ir<strong>an</strong>. Das ist der Augenöffner in<br />

diesem Text, dass Bücher aus einer<br />

fremden Kultur eine derartig <strong>an</strong>sprechen<br />

und lebensverändernd wirken<br />

können.


Ist es das, was Literatur leisten k<strong>an</strong>n?<br />

Ja. Das Buch müssen Sie lesen. Das ist<br />

richtig gut. Also gerade jetzt, wo im<br />

Ir<strong>an</strong> wieder so viel los ist. So ein faszinierendes<br />

L<strong>an</strong>d und kommt so herunter<br />

mit dieser Regierung, aber bitte.<br />

Kennen Sie auch „Persepolis“ von<br />

Marj<strong>an</strong>e Satrapi?<br />

Ich hab nur den Film gesehen. Ich<br />

habe Schwierigkeiten mit grafischen<br />

Büchern. Ich bin nicht damit aufgewachsen<br />

und k<strong>an</strong>n die nicht lesen. Mir<br />

ist dabei wieder aufgefallen, was ich<br />

vorher eigentlich schon wusste: Dass<br />

m<strong>an</strong> Bücherlesen g<strong>an</strong>z früh lernen<br />

muss. Das Lesen ist eine Fertigkeit wie<br />

das Tennisspielen – m<strong>an</strong> muss es üben.<br />

Und wenn m<strong>an</strong>’s nicht übt, d<strong>an</strong>n wird’s<br />

schlecht. Ich hab versucht, viel zu spät,<br />

das hebräische Alphabet zu lernen. Ich<br />

wollte einfach jiddische Bücher lesen,<br />

so viel Jiddisch beherrsche ich schon,<br />

es ist ja eine Form von Deutsch. Und<br />

das Alphabet habe ich auch irgendwie<br />

hingekriegt, aber ich bin nie so weit<br />

gekommen, bei allen Bemühungen, dass<br />

ich es fließend lesen konnte. Weil da ein<br />

Wort war, und das war eine Buchstabenwüste<br />

und es war l<strong>an</strong>g, und d<strong>an</strong>n hab<br />

ich es mühsam wie eine Sechsjährige<br />

zusammengestochert.<br />

Satrapis „Persepolis” hab ich auch<br />

versucht, nachdem ich den Film gesehen<br />

hatte. Ich hab’s übrigens vorgeschlagen<br />

als Wien-Buch, für „Eine Stadt. Ein<br />

Buch”. Ich hab gedacht, so ein grafisches<br />

Buch ist gerade das richtige, das<br />

wär mal was <strong>an</strong>deres, da könnte m<strong>an</strong><br />

ein bisschen ausscheren. Ist es d<strong>an</strong>n<br />

aber nicht geworden.<br />

Hören Sie jetzt auf oder wollen Sie<br />

weiter Bücher rezensieren?<br />

Bis jetzt hab ich noch immer Lust.<br />

Irgendw<strong>an</strong>n wird mir die Lust ausgehen,<br />

m<strong>an</strong> wird älter.<br />

Aber ich sitze jetzt gerade <strong>an</strong> einem<br />

Buch. Das ist eine Biografie über die<br />

Schwester von Schopenhauer, Adele<br />

von Schopenhauer, und ihre Freundin,<br />

die sie in Briefen immer wieder<br />

<strong>an</strong>geschwärmt hat. Die Biografin sagt,<br />

das war eine regelrechte lesbische<br />

Beziehung. Und wenn m<strong>an</strong> das von dem<br />

St<strong>an</strong>dpunkt liest, stellt sich das G<strong>an</strong>ze<br />

völlig <strong>an</strong>ders dar. Es sind Liebesbriefe,<br />

aber keine übertrieben schwärmerischen.<br />

Die Autorin entwickelt ein Bild<br />

von diesen halbwegs unabhängigen<br />

Frauen im 19. Jahrhundert – halbwegs<br />

unabhängig, weil sie Geld hatten und<br />

nicht verheiratet waren. Sie k<strong>an</strong>nten<br />

ein<strong>an</strong>der ziemlich intim und haben<br />

mitein<strong>an</strong>der brieflich verkehrt auf eine<br />

Weise, die mir jedenfalls vorher nicht<br />

deutlich war. Ich glaube, dieses Buch<br />

sollte schon im Rampenlicht stehen.<br />

Weil wir gerade im Café Prückel<br />

neben dem Lueger-Denkmal sitzen,<br />

über das Sie in „unterwegs verloren“<br />

ja auch schreiben, also <strong>an</strong> einem Ort<br />

der politischen Zeichenproduktion,<br />

<strong>an</strong> dem sich die Krämpfe mit der<br />

österreichischen Zeitgeschichte und<br />

der Versuch, mit dieser kritisch umzugehen,<br />

einschreiben: Haben Sie die<br />

Diskussionen um die Neugestaltung<br />

des Denkmals für den <strong>an</strong>tisemitischen<br />

Alt-Bürgermeister verfolgt?<br />

Nein, hab ich nicht mitbekommen. Erzählen<br />

Sie mir davon, das klingt gut.<br />

Das Gewinnerprojekt schlägt nun vor,<br />

das Denkmal nach rechts zu kippen,<br />

also in eine dauerhafte Schieflage zu<br />

versetzen.<br />

(lacht) Das ist nicht schlecht. Aber das<br />

muss m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n auch verstehen. Das<br />

versteht vielleicht nicht jeder. Das würde<br />

ich dagegenhalten. Touristen würden<br />

das nicht merken. Ja, es scheint mir, es<br />

ist nicht klar genug. l<br />

Ruth Klüger wurde 1931 in Wien geboren,<br />

1942 mit ihrer Mutter nach Theresienstadt,<br />

Auschwitz und in weitere KZs<br />

deportiert. Beide überlebten, mehrere<br />

Familienmitglieder wurden jedoch<br />

ermordet. 1947 Emigration in die USA,<br />

Studium der Bibliothekswissenschaft und<br />

Germ<strong>an</strong>istik, 1967 Promotion, seit 1980<br />

Professorin u.a. in Princeton, Irvine und<br />

Göttingen, zahlreiche Publikationen und<br />

Preise.<br />

Ursula Knoll schreibt Theaterstücke und<br />

derzeit auch ihre Dissertation zu Figurationen<br />

von NS-TäterInnenschaft in<br />

zeitgenössischer Literatur.<br />

lesbennest<br />

the faboulous life of a queer femme in action<br />

denice<br />

Pro nails<br />

One of the reasons this column is so grammatically correct, is not<br />

that I’m such a spelling wizard <strong>an</strong>d double check everything I’ve<br />

written. No. I’m way too lazy for that. It’s because I have this marvellous<br />

proof reader, Eva, my nr 1 favourite butch. She’s also <strong>an</strong> old<br />

friend of mine, (<strong>an</strong>d by ”friend” you all should know by now what<br />

I me<strong>an</strong> …), who I see too seldom because we both run around waving<br />

our h<strong>an</strong>ds in the air screaming ”busy busy busy”. Last week we<br />

finally m<strong>an</strong>aged to have coffee, (<strong>an</strong>d by ”coffee”, as you all should<br />

know by now, I me<strong>an</strong> I had wine). We were chatting away about<br />

life, love <strong>an</strong>d this column. After <strong>an</strong> hour she blurted out, ”Now I<br />

finally see what’s different about you:<br />

You have long nails!! What’s that<br />

about?!” Where I of course tried<br />

to be funny <strong>an</strong>d do the old joke:<br />

”What do you call a lesbi<strong>an</strong> with long<br />

fingernails? – Single!!” It didn’t really work in this case, though,<br />

since I’m not single … <strong>an</strong>d, yeah, well …<br />

Then my head started swimming with a lot of stuff that I had read<br />

or heard recently: All the ’classics’ about fags being fabulous <strong>an</strong>d<br />

dykes being practical (read: not very fabulous), <strong>an</strong>d why the hell<br />

that is. Eva also told me to please write about that. So here I am<br />

trying to present my brilli<strong>an</strong>t insights on why the hell seventy percent<br />

(here I’m being nice) of all lesbi<strong>an</strong>s favour washed-out outfits<br />

which make them look like less colourful members of the Barbafamily<br />

<strong>an</strong>d have haircuts that would make Barry M<strong>an</strong>ilow jealous.<br />

The honest truth is: I don’t fucking have a clue. I me<strong>an</strong>: I do know<br />

about the ”we all dress alike to show that we belong to this group<br />

<strong>an</strong>d not to your heteronormative-bullshit-society”-thing. And I<br />

applaude that! But while goths have the lace, autonomous activists<br />

have the cool cut-offs <strong>an</strong>d hoodies, fab-gayboys have the designer<br />

stuff, lesbi<strong>an</strong>s took the Birkenstock <strong>an</strong>d Karottenhose. Why?<br />

Be butch. Be femme. Be boi. Be a techno-dyke. Be a sporty lesbi<strong>an</strong>.<br />

Be comfortable in your style. But please leave the Martina-Navratilova-rejects<br />

in your closet!<br />

Denice grew her fingernails after finding out that if you put cottonballs<br />

on the tip of your nails <strong>an</strong>d slip over a rubberglove you c<strong>an</strong> still be a<br />

lesbi<strong>an</strong> lover. And have safe sex.<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 37


<strong>an</strong>.lesen<br />

„Das ist der<br />

schönste Sommer<br />

meines Lebens“<br />

Die Aufzeichnungen der jungen Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n aus<br />

Kriegszeiten zeugen von der Kraft der Literatur und der Stärke<br />

menschlicher Beziehungen in Tagen größter Hoffnungslosigkeit.<br />

Von Andrea Heinz<br />

Im September 1944 ist Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n<br />

18 Jahre alt. Trotz ihres jungen<br />

Alters, trotz der Sozialisation in einem<br />

autoritären und nationalsozialistischen<br />

Österreich ist sie zu klarsichtig, um sich<br />

von Krieg und vaterländischer Propag<strong>an</strong>da<br />

täuschen zu lassen. Zu Beginn ihrer<br />

nun vom Suhrkamp-Verlag veröffentlichten<br />

Tagebuchaufzeichnungen tritt sie in<br />

die LehrerInnenbildungs<strong>an</strong>stalt ein – um<br />

nicht „nach Polen” zu müssen „zur P<strong>an</strong>zerfaustausbildung”.<br />

Die eidesstattliche<br />

Erklärung, auf das Studium zu verzichten,<br />

unterschreibt die junge Frau, die sich<br />

nichts sehnlicher wünscht als zu lernen,<br />

nach kurzem Zögern: „Nein, ich bin sicher,<br />

in diesem L<strong>an</strong>d werde ich nicht mehr<br />

studieren, in diesem Krieg nicht mehr.”<br />

Mit derselben Chuzpe wird sie wenige<br />

Monate später, am 15. März 1944, im<br />

Garten sitzen und Rilke und Baudelaire<br />

lesen, während die Alliierten ihre<br />

schwersten Luft<strong>an</strong>griffe auf Klagenfurt<br />

fliegen. „Vielleicht ist es sündhaft,<br />

einfach sitzen zu bleiben und in die<br />

Sonne zu schauen”, schreibt sie und<br />

bleibt doch mit dem „Stundenbuch” und<br />

den „Fleurs du Mal” im Garten zurück.<br />

Schon damals erkennt sie, was in ihren<br />

späteren Rom<strong>an</strong>en fortlaufend wiederkehren<br />

wird: die Zerstörung durch den<br />

symbolischen „Vater”, durch staatliche<br />

und gesellschaftliche Autorität, der<br />

Krieg, der im Kleinen beginnt und alles<br />

zum Mordschauplatz macht. Sie will sich<br />

nicht zerstören lassen. Sie ist zur Desertion<br />

bereit, denn sie hat durchschaut,<br />

„dass das zum Himmel schreit, was m<strong>an</strong><br />

mit uns treibt. Die Erwachsenen, die<br />

Herren ‚Erzieher’ die uns umbringen lassen<br />

wollen.” – „Nein, mit den Erwachse-<br />

38 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

nen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nicht mehr reden.”<br />

Sechs eng beschriebene DIN-A4-Blätter<br />

umfasst das M<strong>an</strong>uskript aus dem Privatnachlass<br />

der Geschwister Bachm<strong>an</strong>n.<br />

Vieles weist darauf hin, dass es sich um<br />

eine nachträglich redigierte Abschrift<br />

des h<strong>an</strong>dgeschriebenen Tagebuchs<br />

h<strong>an</strong>delt. Im nächsten Absatz des Textes<br />

ist der Krieg vorbei. Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n<br />

lernt im Büro der „Field Security<br />

Section” den britischen Soldaten Jack<br />

Hamesh kennen. Ein Wiener, 1938 mit<br />

einem Kindertr<strong>an</strong>sport nach Engl<strong>an</strong>d<br />

gel<strong>an</strong>gt. Anf<strong>an</strong>gs findet sie ihn „klein<br />

und eher hässlich”. Erst als die beiden<br />

auf Bücher, auf ihre Begeisterung für<br />

„Thomas [M<strong>an</strong>n] und Stef<strong>an</strong> Zweig<br />

und Schnitzler und Hofm<strong>an</strong>nsthal” zu<br />

sprechen kommen, ist „auf einmal alles<br />

g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>ders”. Beide teilen dieselbe<br />

Sehnsucht nach Büchern und intellektueller<br />

Erfahrung. Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n<br />

erweist sich darin als sehr konsequent:<br />

„Jetzt sind wir mitten in Sozialismus<br />

und Kommunismus (und wenn Mutti<br />

natürlich Kommunismus hören würde,<br />

tät sie ohnmächtig werden!), aber m<strong>an</strong><br />

muss natürlich alles genau kennen und<br />

studieren.”<br />

Das Dorf und „die Verw<strong>an</strong>dtschaft”<br />

f<strong>an</strong>gen bald <strong>an</strong> zu reden über ihre<br />

Freundschaft mit „dem Juden”. Und<br />

wieder reagiert sie mit untrüglichem<br />

Unrechtsbewusstsein: „Ich werde mit<br />

ihm zehnmal auf und ab durch Vellach<br />

und durch Hermagor gehen, und wenn<br />

alles Kopf steht, jetzt erst recht.” Sie<br />

hat etwas zu verteidigen, denn Jack<br />

Hamesh bedeutet für sie Frieden und<br />

Zukunft: „Das ist der schönste Sommer<br />

meines Lebens, und wenn ich hundert<br />

Sommer 1945 in Obervellach (Hermagor), Foto aus dem Privatbesitz der Erben.<br />

Jahre alt werde – das wird der schönste<br />

Frühling und Sommer bleiben.” – „Ich<br />

werde studieren, arbeiten, schreiben!<br />

Ich lebe ja, ich lebe. O Gott, frei sein<br />

und leben, auch ohne Schuhe, ohne Butterbrot,<br />

ohne Strümpfe, ohne, ach was,<br />

es ist eine herrliche Zeit!”<br />

Jack Hamesh wird Kärnten bald verlassen<br />

und nach Israel gehen. Seine Briefe,<br />

die im Anschluss <strong>an</strong> das „Kriegstagebuch”<br />

abgedruckt sind, zeugen nicht nur<br />

von der großen Nähe zwischen ihm und<br />

Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n, sondern auch von<br />

seiner eigenen großen literarischen und<br />

intellektuellen Begabung. Eindringlich<br />

beschreibt er das Gefühl der Einsamkeit,<br />

das Gefühl, „dass im Jahre 1938<br />

ein Kind allein in der Welt herumirren”<br />

muss. Alle Versuche, ihn ausfindig zu<br />

machen, blieben vergeblich. Auch die<br />

Briefe Ingeborg Bachm<strong>an</strong>ns <strong>an</strong> ihn<br />

sind verschollen. Das Kriegstagebuch<br />

und Jack Hameshs Briefe aber bleiben<br />

als Zug<strong>an</strong>g zu Ingeborg Bachm<strong>an</strong>ns<br />

Werk – und vor allem als ein M<strong>an</strong>ifest<br />

des Friedens, der Lebendigkeit und der<br />

Liebe zur Literatur in hoffnungs- und<br />

sprachlosen Zeiten. l<br />

Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n: Kriegstagebuch.<br />

Mit Briefen von Jack Hamesh <strong>an</strong><br />

Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n.<br />

Herausgegeben und mit einem Nachwort<br />

von H<strong>an</strong>s Höller, Suhrkamp <strong>2010</strong>,<br />

16,30 Euro


„Wie einer wirklich ist“ l<br />

Deutschl<strong>an</strong>d im Nationalsozialismus:<br />

Inge, wohlbehütete<br />

Tochter aus gutem Hause, lebt<br />

auf einem Gutshof in Schlesien.<br />

Ihre Eltern versuchen, sie<br />

gegen jegliche Kriegsnachrichten<br />

und politische Diskussionen<br />

der Erwachsenen abzuschirmen. Dementsprechend<br />

arglos führt sie ihr Jungmädchenleben<br />

und schwelgt unbekümmert in Ged<strong>an</strong>ken um ihre<br />

erste große Liebe: der Nachbarssohn Wolfg<strong>an</strong>g,<br />

ein begeisterter Nazi. Die junge Polin W<strong>an</strong>da<br />

hat für so viel kindliche Naivität und Ignor<strong>an</strong>z<br />

nur Verachtung übrig. Sie ist zwar auch erst in<br />

Inges Alter, hat aber im Gegensatz zu ihr den<br />

Krieg schon hautnah erlebt. Von den Deutschen<br />

aus ihrer Heimatstadt Krakau verschleppt,<br />

muss sie nun auf dem Gutshof von Inges Eltern<br />

Zw<strong>an</strong>gsarbeit verrichten. Ihre Ged<strong>an</strong>ken kreisen<br />

ums bl<strong>an</strong>ke Überleben.<br />

Als die Rote Armee im Winter 1944/45 näher<br />

kommt, begeben sich W<strong>an</strong>da und Inge gemeinsam<br />

auf die Flucht in den Westen. Die ungleichen<br />

Mädchen, die sich <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs nicht ausstehen<br />

können, sind nun aufein<strong>an</strong>der <strong>an</strong>gewiesen, lernen<br />

l<strong>an</strong>gsam, sich gegenseitig zu vertrauen und<br />

schließen letztlich Freundschaft.<br />

Gina Mayers Rom<strong>an</strong> bringt Jugendlichen ab 13<br />

die historischen Ereignisse des Nationalsozialismus<br />

und Zweiten Weltkrieges näher und regt<br />

<strong>an</strong>, über Themen wie Schuld und Ver<strong>an</strong>twortung<br />

nachzudenken. Ergänzend und zum besseren<br />

Verständnis befinden sich im Anh<strong>an</strong>g des<br />

Rom<strong>an</strong>s ein Interview mit einer Zeitzeugin und<br />

ein Glossar. Gabriele Migdalek<br />

Gina Mayer: Die verlorenen Schuhe<br />

Thienem<strong>an</strong>n <strong>2010</strong>, 18,50 Euro<br />

39 Tage l Der Thealit Verlag<br />

aus Bremen hat wieder ein<br />

kleines, feines Buch in der<br />

neuen Reihe „queer lab”<br />

herausgebracht. „Nervenkostüme<br />

und <strong>an</strong>dere Unruhen”<br />

kreist um 39 Tage im Leben<br />

von Paula Paura in Hamburg. Es ist 2001, die<br />

Demonstrationen in Genua haben d<strong>an</strong>k Polizeigewalt<br />

und zahlreicher Verhaftungen einen<br />

bitteren Nachgeschmack hinterlassen, Flugzeuge<br />

rasen ins World Trade Center und die <strong>an</strong>stehende<br />

Bürgerschaftswahl in der H<strong>an</strong>sestadt bereitet<br />

Paula wegen der möglichen Wahl des Ultrarechten<br />

Ronald Schill Bauchschmerzen.<br />

Der politische Rahmen ist klar subkulturell und<br />

queer. Solifeste in der Roten Flora, Freund_innen,<br />

die zum Kongress über Körper und Identitäten<br />

im Postfordismus fahren, und Pink-Silver-<br />

Treffen sind die Referenzpunkte in Paulas Leben,<br />

das letztlich aber viel mehr um ihr Innenleben,<br />

ihre Angstzustände und „Unfähigkeiten” kreist.<br />

Scheinbar einfache Dinge machen ihr größte<br />

Schwierigkeiten. Die Angst kommt in Wellen,<br />

ihr Körper gehorcht ihr nicht und die „Aktivmenschen”<br />

auf der Straße beobachtet sie wie<br />

eine fremde Spezies, während sie sich lieber<br />

absurden, unterhaltsamen F<strong>an</strong>tasien hingibt, die<br />

in Form von kleinen CorelDRAW-Zeichnungen<br />

im Buch auftauchen. Doch auch wenn sich Paula<br />

einsam und passiv fühlt – mit der Hilfe guter<br />

Freund_innen und einer aufkeimenden Verliebtheit<br />

schleicht sich, l<strong>an</strong>gsam, aber doch, Veränderung<br />

in ihr Leben. Silke Graf<br />

Therese Roth: Nervenkostüme und <strong>an</strong>dere Unruhen<br />

Thealit/queer lab 2009, 12 Euro<br />

No kids, no cry l Zwar kam<br />

es aufgrund von Arbeitskräftem<strong>an</strong>gel<br />

auch früher schon<br />

zu demografischen Steuerungsversuchen,<br />

die sich<br />

speziell <strong>an</strong> kinderlose Frauen<br />

richteten. Ledig und kinderlos<br />

zu leben war allerdings<br />

bis ins 19. Jahrhundert ein völlig normaler<br />

Lebensentwurf mit einem zeitweisen Anteil von<br />

etwa einem Drittel der Frauen im „heiratsfähigen<br />

Alter”. Eine ideologische „Anrufung zur<br />

<strong>an</strong>.lesen<br />

Mutterschaft”, die Kinderlosigkeit als kr<strong>an</strong>khaft<br />

und unnatürlich bezeichnet, taucht zur Zeit<br />

des Ersten Weltkriegs und d<strong>an</strong>ach auf – gleichzeitig<br />

mit dem Beginn der Eugenik-Bewegung.<br />

Schließlich machte der Nationalsozialismus die<br />

„arischen” Frauen endgültig zu Müttern von<br />

Natur aus, Abweichungen wurden verachtet und<br />

sozial bestraft. Diese Sicht auf Frauen konnte<br />

bis heute trotz Zweiter Frauenbewegung nicht<br />

restlos abgestreift werden.<br />

Das machen auch die im Buch vorgestellten<br />

Fallgeschichten von fünf aus verschiedenen<br />

Gründen kinderlosen Frauen deutlich. Alle<br />

empfinden einen starken Legitimierungsdruck,<br />

der von Politik, ArbeitskollegInnen, Familie<br />

und auch FreundInnen ausgeht. Die bek<strong>an</strong>nten<br />

Argumente, nichts zur Pensionssicherung<br />

zukünftiger Generationen beizutragen oder sich<br />

egoistisch nur am Beruf zu orientieren, fallen<br />

beim Älterwerden mit eigenen Ängsten vor Vereinsamung<br />

zusammen, wenn sich im sozialen<br />

Umfeld zunehmend klassische Familien bilden.<br />

Endlich eine Studie, die weibliche Kinderlosigkeit<br />

ernst nimmt und nicht als zu lösendes<br />

Gesellschaftsproblem begreift. Sylvia Köchl<br />

Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft.<br />

Westfälisches Dampfboot <strong>2010</strong>, 35,90 Euro<br />

Auf ewig l Mit politologischen,<br />

soziologischen,<br />

ökonomischen, historischen<br />

Diagnosen wird mal wieder<br />

dem Thema „Frauen<br />

und Arbeit” zu Leibe<br />

gerückt. Das ist durchaus<br />

wörtlich zu verstehen,<br />

denn der weibliche Lebens- und Arbeitszusammenh<strong>an</strong>g<br />

ist tatsächlich grenzenlos wie<br />

beschränkt – die nicht nur materielle Entwertung<br />

der Frauenarbeit ist dabei noch die offensichtlichste<br />

und scheint hierzul<strong>an</strong>de „auf ewig”<br />

gestellt. Verschärft wird diese Problemlage<br />

durch die neoliberale Ideologie der Deregulierung,<br />

Individualisierung und Entsolidarisierung,<br />

die g<strong>an</strong>z real unser Leben (auch in Bildungs-<br />

und Familienzusammenhängen) durchwuchert.<br />

Stichworte: allgemeine Prekarisierung und<br />

irreguläre Beschäftigungen – besonders von<br />

Migr<strong>an</strong>tinnen.<br />

Sp<strong>an</strong>nend ist der Anspruch der Veröffentlichung,<br />

„sich <strong>an</strong> ein breites politisch interessiertes<br />

Publikum zu wenden und so das Einsickern<br />

der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung<br />

in die Gesellschaft zu befördern und<br />

Praxiswissen über gesellschaftliche Probleme<br />

<strong>an</strong> wissenschaftliche Forschung rückfließen<br />

zu lassen”. Die Texte sind eine gute Mischung<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 39


<strong>an</strong>.lesen<br />

zwischen statistischen Materialien, informativen<br />

Forschungsergebnissen und theoretischen<br />

Reflexionen. Birge Krondorfer<br />

Alex<strong>an</strong>dra Weiss, Verena Simetzberger (Hg.<br />

innen): Frauen im 21. Jahrhundert. Situationen<br />

Herausforderungen Perspektiven. Gesellschafts-<br />

und sozialpolitische Aspekte<br />

innsbruck university press <strong>2010</strong>, 15,90 Euro<br />

Queer lernen l Leah Carola<br />

Czollek, Gudrun Perko und<br />

Heike Weinbach bringen<br />

mit dem „Lehrbuch Gender<br />

und Queer” ein sp<strong>an</strong>nendes,<br />

kritisches, fundiertes und vielseitiges<br />

Buch auf den (Lehr-/<br />

Lern-)Markt. Sie verbinden<br />

darin gekonnt verschiedene Theorien, Methoden<br />

und Praxisfelder: Gender Studies, Gender<br />

Mainstreaming, Kritische Männerforschung,<br />

Queer Studies und (kritische) Frauenbewegungen<br />

inklusive jener in der DDR werden ebenso<br />

vorgestellt wie (politisierte) Diversity, Enthinderungspolitiken,<br />

Flüchtlingsarbeit, klinische<br />

Sozialarbeit, Mahloquet und einiges mehr.<br />

Intersektionalität und Social Justice sind dabei<br />

wichtige Grundlagen, was sich sowohl in den<br />

Inhalten des Buches als auch der Her<strong>an</strong>gehens-<br />

40 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

weise der Autorinnen zeigt.<br />

In zwölf Lehreinheiten werden theoretische<br />

Hintergründe, rechtliche Grundlagen und<br />

historische Kontexte von gender- und queergerechter<br />

sozialer Arbeit sowie wie Methoden<br />

und aktuelle Praxisfelder besprochen und<br />

Praxiskompetenzen und Umsetzungsschritte<br />

<strong>an</strong>geboten. Ein sehr empfehlenswertes Buch!<br />

Persson Perry Baumgartinger<br />

Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Heike<br />

Weinbach: Lehrbuch Gender und Queer.<br />

Grundlagen, Methoden und Praxisfelder.<br />

Studienmodule Soziale Arbeit<br />

Juventa 2009, 16,50 Euro<br />

Alles Märchen l Eine<br />

deutsch-österreichische<br />

soziologische Studie über<br />

die Fußball-Großereignisse<br />

der Weltmeisterschaft 2006<br />

und Europameisterschaft<br />

2008, die F<strong>an</strong>s beobachtet,<br />

mediale Diskurse zerpflückt<br />

und auf ökonomische, neokolonialistische und<br />

nationalistische Effekte solcher „Spektakel”<br />

hinweist – das klingt sp<strong>an</strong>nend und ist auch<br />

großteils gut aufbereitet, teilweise geht es aber<br />

auch ziemlich d<strong>an</strong>eben. Im Minikapitel über<br />

Grundvoraussetzung: Krise<br />

bonustrack: Clara Luzia<br />

Es darf wieder herumgesaut werden. Nein, es muss sogar herumgesaut<br />

werden! Nach Jahrzehnten der sauberen Pop-Püppchen ist der Dreck in<br />

die Popwelt zurückgekehrt – hoch leben wieder die persönlichen Notlagen,<br />

sie sind ein Muss, um am roten Teppich reüssieren zu können.<br />

Je krisengebeutelter ein/e<br />

MusikerIn, umso besser!<br />

Denn Kunst muss immer noch<br />

von Leiden kommen. Ein gewisses<br />

Niveau sollten diese<br />

Krisen allerdings schon erreichen,<br />

nicht jedes Problem ist<br />

gleich eine öffentlichkeitsrelev<strong>an</strong>te<br />

Angelegenheit. Auf<br />

der Plusseite: Dauerbrenner<br />

Drogen (sowie sonstige,<br />

l<strong>an</strong>gfristig möglichst fatale<br />

Süchte), diverse psychische<br />

Kr<strong>an</strong>kheiten, tragische Kindheit. Den Joker haben natürlich jene gezogen,<br />

die gleich alle diese Punkte in sich vereinen können. Auf der (g<strong>an</strong>z<br />

fetten) Minusseite: Burn-out, chronische Kr<strong>an</strong>kheiten und Prekarität –<br />

das k<strong>an</strong>n schließlich jedeR haben.<br />

weibliche F<strong>an</strong>s etwa, in dem zwar die medialen<br />

Inszenierungen der „Tribünen-Schönheiten”<br />

kritisiert werden, der Rest des Textes sich<br />

aber nur mit dem – von einem der Soziologen<br />

beobachteten – Flirtverhalten junger Frauen<br />

in den F<strong>an</strong>zonen beschäftigt. Sp<strong>an</strong>nend<br />

werden hingegen die Klassenverhältnisse und<br />

die Aneignung des „proletarischen” Fußballs<br />

durch das „bürgerliche” Feuilleton abgeh<strong>an</strong>delt<br />

– auch wenn der Verweis darauf fehlt, wie<br />

migr<strong>an</strong>tisch der „proletarische Bubentraum”<br />

von einer Fußball-Karriere längst geworden ist<br />

und was Rassismus damit zu tun hat.<br />

Wirklich gelungen und dazu geeignet, auch die<br />

aktuelle WM in Südafrika kritisch zu betrachten,<br />

sind die Abschnitte über Ökonomie (Stadion-<br />

Neubauten haben nie nachhaltige Effekte), Kommerzialisierung<br />

(lokale Märkte schneiden am<br />

Merch<strong>an</strong>dising nicht mit) und Sicherheitswahn<br />

(als Risiko eingestufte Bevölkerungsgruppen oder<br />

Stadtteile erfahren nachhaltige Marginalisierungen).<br />

Ökonomisch starke Staaten wie Deutschl<strong>an</strong>d<br />

oder Österreich haben das Minusgeschäft<br />

weggesteckt – für Südafrika jedoch lassen diese<br />

Befunde Schlimmes befürchten. Sylvia Köchl<br />

Torsten Heinem<strong>an</strong>n, Christine Resch (Hg.):<br />

(K)ein Sommermärchen: kulturindustrielle<br />

Fußball-Spektakel<br />

Westfälisches Dampfboot <strong>2010</strong>, 25,60 Euro<br />

Was aber tun, wenn kein Drogenproblem zur H<strong>an</strong>d ist, die Kindheit ein<br />

Traum war, die eigene Psyche auch nicht mehr Tiefen hergibt als jede<br />

<strong>an</strong>dere und m<strong>an</strong> trotzdem die roten Teppiche dieser Welt beschreiten<br />

will? Ewige Verdammnis als gesichtsloser F<strong>an</strong> am Bühnenr<strong>an</strong>d statt eines<br />

Lebens im Zentrum des Scheinwerferlichts?<br />

Oh nein, ein paar<br />

gewiefte Burschen zeigen uns<br />

wieder mal, wie’s geht: Die Straßen<br />

von Linz und Berlin werden<br />

zum Ghetto umfunktioniert, das<br />

Aufwachsen mit einer berufstätigen<br />

Mutter wird zur verwahrlosten<br />

Kindheit dramatisiert und<br />

eine gemeine Überheblichkeit<br />

wird zu einem – vom Geist des<br />

kreativen Genies umgebenen –<br />

Autismus stilisiert. Juhu, schon<br />

haben wir eine interess<strong>an</strong>te Medienpersönlichkeit beiein<strong>an</strong>der! Mit dieser<br />

können wir d<strong>an</strong>n nicht nur Tonträger und Autobiografien befüllen, sondern<br />

auch Talkshows, Reality Soaps und Musicals. Alle Türen der Show-<br />

Welt stehen uns also offen, aber immer dar<strong>an</strong> denken: Krise ist Pflicht!<br />

Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember)<br />

und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik.<br />

Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com


Herta Müller wurde im Vorjahr durch<br />

die Verleihung des Literatur-Nobelpreises<br />

berühmt. Dabei sorgte bereits ihr erster<br />

Rom<strong>an</strong>, der 1982 nur zensiert in Rumänien<br />

erschienen konnte, für Aufsehen. Teile<br />

dieser beklemmenden Geschichte über<br />

ihre Kindheit unter den B<strong>an</strong>atschwaben<br />

in Rumänien sind als Niederungen. Eine<br />

Auswahl (Hörbuch Hamburg) zu hören.<br />

Marlen Diekhoff, Albert Kietzl und die<br />

Autorin selbst lesen. Berührend ist das<br />

Hörbuch vor allem, wenn Herta Müller<br />

spricht: Dass hier nicht jem<strong>an</strong>d mit<br />

geschultem Org<strong>an</strong> interpretiert, aber aus<br />

der Dist<strong>an</strong>z mit der reifen Stimme eines<br />

ereignisreichen Lebens berichtet, macht<br />

die besondere Faszination aus.<br />

Die Italienerin Sofonisba Anguissola<br />

zählte im 16. Jahrhundert zu den<br />

begehrtesten PorträtmalerInnen. Nina<br />

Blazon beschreibt in ihrem Rom<strong>an</strong> Die<br />

Königsmalerin die bedrohliche Enge<br />

im Sp<strong>an</strong>ien der katholischen Inquisition,<br />

wohin die junge Künstlerin als Zeichenlehrerin<br />

der noch jüngeren Königin<br />

gerufen wurde. Die Autorin stellt der<br />

erfolgreichen Malerin eine fiktive<br />

holländische Assistentin gegenüber, die<br />

durch die Wahl ihrer Sujets das gesamte<br />

Atelier in Gefahr bringt. Nina Petri liest<br />

die gekürzte dramatische Erzählung<br />

(Osterwoldaudio), die ein beängstigendes<br />

Stimmungsbild einer intoler<strong>an</strong>ten<br />

Gesellschaft zeichnet.<br />

Ideale<br />

Stimmen<br />

Vom historischen Künstlerinnenrom<strong>an</strong> bis zum<br />

gruseligen Pärchenmord-Krimi –<br />

Regina Himmelbauer hat in neue Audiobücher<br />

reingehört.<br />

Humorvoll beschreibt dagegen Marina<br />

Lewycka in Das Leben kleben (der<br />

Hörverlag) die komplizierten Momente<br />

im Leben von Georgie Sinclair: Ihren<br />

M<strong>an</strong>n hat sie vor die Tür gesetzt, ihr<br />

Sohn verstrickt sich immer mehr in<br />

No-Future-Szenarien, und gegen ihren<br />

Willen wird sie nun auch noch in das<br />

Leben der skurrilen Mrs. Shapiro<br />

hineingezogen. Auch die Arbeit für<br />

ein Klebstoff-Fachmagazin ist für die<br />

Journalistin nicht gerade die Erfüllung<br />

ihrer Träume. Dennoch: Es gibt eine<br />

Art Happy-End … Katharina Thalbach<br />

entpuppt sich mit ihrer rauen Stimme<br />

als ideale Interpretin dieser kratzbürstigen<br />

Geschichte.<br />

Patti Smith hat die Rockgeschichte<br />

vor allem der 1970er-Jahre wesentlich<br />

mitgeprägt. Ihre Entwicklung als<br />

Künstlerin, ihre Freundschaft mit dem<br />

Fotografen Robert Mapplethorpe, die<br />

Suche nach Freiheit – alles das erzählt<br />

sie mit Offenheit und Wärme in Just<br />

Kids. Geschichte einer Freundschaft<br />

(tacheles!), gelesen von der wunderbaren<br />

Sophie Rois.<br />

Der Wiener Autorin Ursula Pozn<strong>an</strong>ski<br />

gel<strong>an</strong>g mit Erebos (der Hörverlag),<br />

vorgetragen von Jens Wawrczek, ein<br />

faszinierender Jugendrom<strong>an</strong>, der auch<br />

Erwachsene in seinen B<strong>an</strong>n zieht. An<br />

einer Londoner Schule wird ein Compu-<br />

Herta Müller, hier 2009 im Literaturhaus Fr<strong>an</strong>kfurt a.M.,<br />

liest auch selbst im Hörbuch „Niederungen”. Foto: Dontworry/wikicommons<br />

terspiel unter der H<strong>an</strong>d weitergereicht,<br />

doch m<strong>an</strong> erhält das Spiel nur unter<br />

strengen Auflagen und darf es d<strong>an</strong>n nur<br />

ein einziges Mal spielen. Auch Nick<br />

wird süchtig d<strong>an</strong>ach – und merkt zu<br />

spät, wie das Spiel immer mehr das reale<br />

Leben bestimmt. Eine der wenigen,<br />

die davon unberührt bleibt, ist Emily,<br />

die mithilfe von HackerfreundInnen<br />

schließlich das Geheimnis, das dieses<br />

Spiel umgibt, zu lüften vermag.<br />

Sabine Thiesler liest ihren Rom<strong>an</strong><br />

Der Menschenräuber (R<strong>an</strong>dom<br />

House Audio) selbst, in dem ein M<strong>an</strong>n<br />

erbarmungslos Rache für den Tod<br />

seiner Tochter übt. T<strong>an</strong>ia Carver<br />

hingegen lässt in Entrissen (Hörbuch<br />

Hamburg) die ungeborenen Babys<br />

gleich aus dem Bauch der Mutter<br />

schneiden. In Letzter Gruß (R<strong>an</strong>dom<br />

House Audio) von Lisa Marklund und<br />

James Patterson, gelesen von Claudia<br />

Michelsen und Sylvester Groth, werden<br />

in einem etwas konstruierten Plot<br />

verliebte Pärchen auf Hochzeitsreise<br />

grausam ermordet.<br />

Für Krimif<strong>an</strong>s mit starken Nerven sei<br />

noch empfohlen: Die Minette Walters<br />

Hörspielbox versammelt drei zu Hörspielen<br />

umgearbeitete frühe Geschichten<br />

der englischen Kriminalautorin:<br />

„Dunkle Kammern”, „Die Bildhauerin”,<br />

„Das Echo” (R<strong>an</strong>dom House Audio). l<br />

<strong>an</strong>.kl<strong>an</strong>g<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 41


<strong>an</strong>.sehen<br />

Tara und ihre <strong>an</strong>deren<br />

Alles <strong>an</strong>dere als katastrophal: Die US-Serie „United States of Tara”<br />

vereint viele Frauenrollen in einer Familienkonstellation.<br />

Von Bettina Enzenhofer und Irmi Wutscher<br />

Video-Tagebuch, erster Eintrag:<br />

Vor der Kamera sitzt eine Frau, die<br />

sich mit „It’s me, Tara, obviously”<br />

vorstellt. Sie erzählt, dass sie in der<br />

Tasche ihrer Tochter ein Rezept für<br />

die Pille d<strong>an</strong>ach gefunden hat und<br />

sie nicht weiß, wie sie darauf reagieren<br />

soll. Es wird ihr zu viel, sie<br />

bricht die Aufzeichnung ab. D<strong>an</strong>ach<br />

schließt sie die Augen, wirkt wie<br />

weggetreten. Sie öffnet die Augen<br />

wieder mit einem völlig veränderten<br />

Gesichtsausdruck, reißt sich die<br />

Kleider vom Leib und wirft sich in<br />

die Klamotten ihrer Tochter: „T”<br />

hat die Bildfläche betreten. Sie<br />

will abhängen, Musik hören und im<br />

Shoppingcenter Typen aufreißen<br />

gehen.<br />

Tschüss, Vorstadt-Idylle! In Tara<br />

Gregson, so erfahren wir im Laufe<br />

der Episode, wohnen mehrere<br />

Persönlichkeiten. Neben T, einer<br />

ver<strong>an</strong>twortungslosen Teenagerin,<br />

existiert zum Beispiel Alice, eine<br />

Südstaaten-Hausfrau aus den<br />

1950ern, die mit ihren moralischkonservativen<br />

Ansichten den Rest<br />

der Familie regelmäßig in den<br />

Wahnsinn treibt. Und es gibt Buck,<br />

42 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

Foto: www.dexigner.com<br />

einen Bier saufenden, rülpsenden<br />

Frauenaufreißer, der keinem Konflikt<br />

aus dem Weg geht.<br />

Tara ist auf den ersten Blick<br />

eine typische US-amerik<strong>an</strong>ische<br />

Hausfrau, die mit M<strong>an</strong>n, Sohn und<br />

Tochter in einer idyllischen Vorstadt<br />

lebt. Dieses Bild wird jedoch<br />

schnell gebrochen, und das nicht<br />

nur, weil Tara unter einer dissoziativen<br />

Identitätsstörung leidet: Sohn<br />

Marshall hat mit seiner Sexualität<br />

zu kämpfen, Tochter Kate ist die<br />

Rebellin und sucht über diverse<br />

Jobs und Affären Selbstständigkeit,<br />

und Ehem<strong>an</strong>n Max wird zwar mit<br />

allen Widrigkeiten Frau und Kinder<br />

betreffend fertig, geht aber der<br />

Familie mit seinem Helfersyndrom<br />

letztlich total auf die Nerven. Charmaine,<br />

Taras Schwester, fühlt sich<br />

benachteiligt und zeigt wenig Verständnis<br />

für sie, gleichzeitig scheint<br />

sie den Schlüssel zur Aufklärung<br />

von Taras Erkr<strong>an</strong>kung zu besitzen.<br />

Multiple Überlebensstrategien.<br />

Die dissoziative Persönlichkeitsstörung<br />

ist oft Folge eines traumatischen<br />

Ereignisses in der Verg<strong>an</strong>genheit.<br />

Besonders häufig tritt sie<br />

nach sexuellem Missbrauch oder<br />

Kriegserlebnissen auf. Psychiater_innen<br />

gehen davon aus, dass<br />

Betroffene dissoziieren, also einen<br />

Teil der Persönlichkeit abspalten,<br />

um überhaupt weiterleben zu<br />

können. Meistens existieren verschiedene<br />

Persönlichkeiten, die sich<br />

nach Alter, Herkunft, Gender oder<br />

sexueller Orientierung stark von<br />

der Ursprungsperson unterscheiden<br />

können. Sehr oft übernehmen sie<br />

Missionen, die diese selbst nicht<br />

ausleben k<strong>an</strong>n oder will. Die Persönlichkeiten<br />

h<strong>an</strong>deln eigenständig,<br />

oft weiß die betroffene Person<br />

nicht, was ihre Alter Egos tun.<br />

So ergeben sich auch die meisten<br />

Konflikte bei Tara.<br />

Keine Katastrophe. Das Schöne<br />

<strong>an</strong> der von Diablo Cody („Juno”,<br />

„Jennifer’s Body”) entwickelten<br />

Serie ist, dass Taras Kr<strong>an</strong>kheit<br />

nicht als Katastrophe verh<strong>an</strong>delt<br />

wird. Tara ist kein Opfer – ebenso<br />

wenig verkommen ihre Persönlichkeiten<br />

zu Klamauk-Figuren. Die<br />

Situationen werden tragisch und<br />

komisch, teilweise dramatisch und<br />

emotional, d<strong>an</strong>n wieder mit einer<br />

gewissen Ironie dargestellt, sind<br />

aber immer irgendwie okay. Die<br />

„kr<strong>an</strong>ke Mama” wird weder mit<br />

Samth<strong>an</strong>dschuhen <strong>an</strong>gefasst, noch<br />

wird sie aufgrund ihrer Kr<strong>an</strong>kheit<br />

abgelehnt. Auch die Probleme<br />

rundherum, von Stalking bis zu<br />

Selbstfindung mittels Brust-OP,<br />

werden erstaunlich unaufgeregt<br />

besprochen.<br />

Die Persönlichkeiten von Tara<br />

könnten außerdem als die unterschiedlichen<br />

Rollen, die Frauen<br />

heute zu erfüllen haben, gelesen<br />

werden: von Hausfrau über sexy<br />

Kätzchen bis zum Kumpeltyp.<br />

Dafür hält sich die erste Staffel<br />

allerdings sehr mit Beschreibung<br />

und Etablierung dieser Charaktere<br />

auf, wodurch teilweise der Drive<br />

fehlt. Ein wenig nervt auch die<br />

ewige Geheimniskrämerei, die <strong>an</strong><br />

„Desperate Housewives” erinnert,<br />

mit dunklen Flecken in Taras bzw.<br />

auch Charmaines Verg<strong>an</strong>genheit.<br />

Im Gegensatz zu den verzweifelten<br />

Hausfrauen ist Tara aber glaubwürdig.<br />

Es macht Spaß, der Familie<br />

dabei zuzusehen, wie sie sich unterein<strong>an</strong>der<br />

und auch Tara und ihren<br />

Persönlichkeiten begegnen. l<br />

„United States of Tara“ ist in den<br />

USA auf Showtime zu sehen, die<br />

zweite Staffel ist soeben zu Ende<br />

geg<strong>an</strong>gen. Staffel 1 ist bereits auf<br />

DVD erhältlich.


Redaktionsschluss Termine 09/10:<br />

11.8.<strong>2010</strong> termine@<strong>an</strong>schlaege.at<br />

t<strong>an</strong>z<br />

fest<br />

musik<br />

2.7., 22.00, Wien<br />

g.spot – for queers & friends to check<br />

in <strong>an</strong>d freak out<br />

Camera Club, 1070 Wien,<br />

Neubaug. 2, www.gspot.at<br />

2.7., 20.00, Wien<br />

Myako Chica Go Go (F/D) & DJ chra<br />

(comfortzone)<br />

rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37,<br />

http://rhiz.org; http://soundcloud.<br />

com/myako<br />

3.7., 22.00, Wien<br />

Regenbogenparade Abschlussparty<br />

mit H.A.P.P.Y. & Homoriental<br />

WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,<br />

VVK 8/AK 10 Euro, www.wuk.at<br />

3.7., 21.00, Wien<br />

We are the lesbi<strong>an</strong> women’s collective:<br />

Lesbenfest nach der Regenbogenparade.<br />

Mit DJ<strong>an</strong>es Missus u. Mohak, live:<br />

Ramba Samba, Begrüßungspunsch,<br />

Family Surprise, Buffet<br />

FZ-Beisl im Autonomen FrauenLesbenMädchenZentrum,<br />

1090 Wien,<br />

Währingerstr. 59, UKB: 4 Euro,<br />

http://fz-bar.wolfsmutter.com<br />

3.7., 21.00, Wien<br />

Offi cial Pride Night <strong>2010</strong>:<br />

Queer:Beat & BallC<strong>an</strong>C<strong>an</strong>, Ost-Klub,<br />

1040 Wien, Schwarzenbergplatz 10,<br />

http://queerbeat.at<br />

Sündikat, brut Wien, 1010 Wien,<br />

Karlsplatz 5, www.suendikat.at,<br />

gemeinsamer Eintritt: VVK 7/AK<br />

10 Euro<br />

3.7., 21.00, Wien<br />

Club Burlesque Brutal: Boobs <strong>an</strong>d<br />

Balls!, d<strong>an</strong>ach: Club Quote<br />

brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />

Lothringerstr. 20, AK 15/erm. 10<br />

Euro, www.brut-wien.at<br />

3.7., Feldkirch; 11.7., Frauenfeld<br />

Ebony Bones (GB)<br />

Poolbar Festival, 6800 Feldkirch,<br />

Altes Hallenbad, Reichenfeldg. 10,<br />

http://poolbar.at; Openair Frauenfeld<br />

<strong>2010</strong>, 8500 Frauenfeld, Große<br />

Allmend, www.openair-frauenfeld.ch;<br />

www.myspace.com/ebonybones<br />

3.7., Ottensheim; 15.7., Wien<br />

MTS Multitask (A) – female HipHop<br />

aus Wien<br />

Rödlgelände, 4100 Ottensheim,<br />

http://openair.ottensheim.at; 1040<br />

Wien, Karlsplatz – Resselpark im<br />

Rahmen von Kino unter Sternen,<br />

www.afterimage.at; www.myspace.<br />

com/multitaskingsistas<br />

4.7., Bonn; 5.7., Berlin<br />

Patti Smith (US) & her b<strong>an</strong>d<br />

Museumsplatz Summer Stage Festival<br />

<strong>2010</strong>, 53113 Bonn, Museumsplatz<br />

<strong>an</strong> der Bundeskunsthalle, Friedrich-<br />

Ebert-Allee 4; Citadel Music Festival,<br />

13599 Berlin, Zitadelle Sp<strong>an</strong>dau<br />

(Am <strong>Juli</strong>usturm), www.citadel-musicfestival.de;<br />

www.pattismith.net<br />

8.7., 16.00, Linz<br />

PINK (US): The Funhouse Summer<br />

Carnival<br />

Gugl-Stadion, 4020 Linz, Ziegeleistr.;<br />

www.pinkspage.com<br />

13.7., 19.30, Wien<br />

Paperbird (A)<br />

Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />

Spittelbergg. 10, Eintritt: 15 Euro,<br />

www.theateramspittelberg.at<br />

15.7., Wien; 16.7., Linz<br />

Kumbia Queers (ARG/MEX)<br />

rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37,<br />

http://rhiz.org; Roter Krebs, 4020<br />

Linz, Obere Donaulände 11, www.<br />

roterkrebs.net; kumbiaqueers.com<br />

16.7., 19.00, Innsbruck<br />

Offen & Herrlich <strong>2010</strong>. Live: Gustav<br />

& B<strong>an</strong>d (A), Valient Thorr (US), C<strong>an</strong>die<br />

H<strong>an</strong>k (D), A.L.M. (A) & DJ-Line<br />

p.m.k., 6020 Innsbruck, Viaduktbogen<br />

19-20, www.pmk.or.at<br />

16.7., 19.00, Wien<br />

D<strong>an</strong>ce the Ribbon. Warm-up Party<br />

zur AIDS-Konferenz <strong>2010</strong>, Line-Up:<br />

Masala Brass B<strong>an</strong>d (dunkelbunt/A) &<br />

Cloud Tissa (RWA/A), Fatima Spar (D),<br />

Bauchkl<strong>an</strong>g (dunkelbunt/A) DJ-Set<br />

WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,<br />

VVK: 8 Euro, AK: 10 Euro, www.wuk.at<br />

22.7., 20.00, Wien<br />

Mel<strong>an</strong>ie Fiona (CAN)<br />

WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,<br />

www.wuk.at; www.mel<strong>an</strong>iefi ona.com<br />

23.7., Dornstadt; 24.7., Puch; 11.9., Berlin<br />

Lali Puna (D)<br />

Obstwiesenfestival, 89160 Dornstadt,<br />

obstwiesenfestival.de; Open Air Puch<br />

<strong>2010</strong>, Puch bei 85305 Jetzendorf/<br />

Lueg, www.puch-openair.de; Berlin<br />

Festival, 12101 Berlin, Flughafen<br />

Tempelhof, Platz der Luftbrücke,<br />

www.berlinfestival.de; www.lalipuna.de<br />

26.–28.7., 19.30, Wien<br />

Vienna Swing Sisters & The Moods<br />

(A) mit Markus Richter: Rum <strong>an</strong>d<br />

Coca Cola! A Tribute to the Andrew<br />

Sisters – die Revue<br />

Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />

Spittelbergg. 10,<br />

www.theateramspittelberg.at<br />

27.7., 19.00, Wien<br />

CocoRosie (USA) & Guests<br />

Arena, 1030 Wien, Baumg. 80,<br />

www.arena.co.at; www.cocorosiel<strong>an</strong>d.com<br />

30.7.–15.8., Wien<br />

6. Afrika Tage Wien. Musikprogramm<br />

mit: Marla Glen & B<strong>an</strong>d (US/D),<br />

Angélique Kidjo (BJ/F), Jenny Bell<br />

(UG/A), Cloud Tissa (RWA/A) u.v.m.<br />

Donauinsel, Floridsdorfer Brücke,<br />

1210 Wien, www.afrika-tage.at<br />

11.8., Budapest; 14.8. Zofi ngen;<br />

20.8. Laus<strong>an</strong>ne<br />

Peaches (CAN/D)<br />

Sziget Festival, Obuda Isl<strong>an</strong>d, Majus<br />

9 Park, www.szigetfestival.com;<br />

Heitere Open Air, 4800 Zofi ngen,<br />

Heitere-Platz, www.heitere.ch; For<br />

Noise Festival, 1009 Pully, Chemin du<br />

St<strong>an</strong>d 5, www.fornoise.ch;<br />

www.peachesrocks.com<br />

27.8., München<br />

The xx (GB)<br />

Tonhalle, 81671 München, Grafi nger<br />

Str. 6, www.tonhalle-muenchen.de;<br />

http://thexx.info<br />

film<br />

5.–8.7., Linz<br />

normaleLINZ <strong>2010</strong> – das gesellschaftspolitische<br />

Filmfestival<br />

Schulvorstellungen tägl. 9.00, 4020<br />

Linz, AK OÖ, Kongresssaal, Volksgartenstr.<br />

40, Abendvorstellungen<br />

tägl. 19.00, Moviemento, 4020 Linz,<br />

OK-Platz 1, Reservierungen:<br />

T. 0732/78 40 90, Infos u. Programm:<br />

www.normale.at/33067.html<br />

www.ak-kultur.at,<br />

www.moviemento.at<br />

bühne<br />

2.–3.7., 18.00, Burgschleinitz-<br />

Kühnring<br />

Zu Gast bei Bertha von Suttner.<br />

Ein Erlebnistheater im Schloss<br />

Harm<strong>an</strong>sdorf<br />

3730 Burgschleinitz-Kühnring (Bezirk<br />

Horn), Harm<strong>an</strong>nsdorf 1, www.<br />

portraittheater.net<br />

3.7., 19.30, Wien<br />

Catch-Pop String-Strong<br />

Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />

Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85,<br />

www.theateramspittelberg.at<br />

4.7., 19.30, Wien<br />

Anna Klinge: Der Fußmord und<br />

<strong>an</strong>dere Liebesdramen<br />

Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />

Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85,<br />

www.theateramspittelberg.at<br />

15.7.–15.8., Wien<br />

ImPulsT<strong>an</strong>z – Vienna International<br />

D<strong>an</strong>ce Festival. Mit Anne Teresa De<br />

Keersmaeker, Wim V<strong>an</strong>dekeybus, Ultima<br />

Vez, Cie. Marie Chouinard, Anne<br />

Juren, Alain Platel, Anna MacRae,<br />

Mathilde Monnier, Xavier Le Roy,<br />

Maija Hirv<strong>an</strong>en u.v.m.<br />

diverse Spielstätten, Detailprogramm<br />

u. Infos: www.impulst<strong>an</strong>z.com<br />

23.8.–25.9., 20.00, Wien<br />

Die Präsidentinnen. Von Werner<br />

Schwab. Mit Lucy McEvil, Lilly<br />

Prohaska, Roswitha Soukup<br />

3raum-<strong>an</strong>atomietheater, 1030 Wien,<br />

Beatrixg. 11, Premiere 23.8., Vorstellungen:<br />

25.–28.8., 1.–4.9., 15.–18.9.,<br />

22.–25.9., http://3raum.or.at<br />

seminar<br />

workshop<br />

3.7., 9–17.00, Wien<br />

Co-Abhängigkeit – der T<strong>an</strong>z um die<br />

Sucht. Über die Rolle als Angehörige,<br />

Freundin oder Kollegin einer/eines<br />

Suchtkr<strong>an</strong>ken od. Suchtgefährdeten,<br />

mit Ingrid Trabe (Psychotherapeutin)<br />

Institut Frauensache, 1030, Obere<br />

Viaduktg. 24, Kosten: 145 Euro,<br />

Anm.: T. 01/89 58 440, offi ce@frauensache.at,<br />

www.frauensache.at<br />

10.8. u. 12.8., 11–17.00, Wien<br />

Zweiteiliger Fotografi e-Workshop für<br />

Mädchen<br />

Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />

22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789<br />

45 45, www.sprungbrett.or.at<br />

30.–31.8., 10–16.00, Wien<br />

Hop into the Job! Berufsorientierung<br />

für Mädchen<br />

Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />

22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789<br />

45 45, www.sprungbrett.or.at<br />

vortrag<br />

diskussion<br />

8.7., 19.30, Hamburg<br />

Th<strong>an</strong>atea. Vernetzungstreffen und<br />

Fachaustausch für Lesben und<br />

lesbenfreundliche Frauen, die sich<br />

professionell mit Sterben, Tod und<br />

Trauer beschäftigen.<br />

Lesbenverein Intervention e.V.,<br />

Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T.<br />

+49/40/24 5002,<br />

www.lesbenverein-intervention.de<br />

21.7., Hamburg<br />

<strong>an</strong>ders altern. Der offene Arbeitskreis<br />

widmet sich den vielfältigen Themen<br />

rund ums Alter. Uhrzeit bitte erfragen.<br />

Lesbenverein Intervention e.V.,<br />

Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T.<br />

+49/40/24 5002,<br />

www.lesbenverein-intervention.de<br />

22.7, 20.30, Wien<br />

Geschichte wirft l<strong>an</strong>ge Schatten: Gespräch<br />

mit Jo Schmeiser und Simone<br />

Bader (Klub Zwei) im Rahmen von<br />

Kino unter Sternen<br />

1040 Wien, Karlsplatz – Resselpark,<br />

Infos: www.kinountersternen.at<br />

10.–12.9., Berlin<br />

Konferenz „Antisexistische Praxen IV”<br />

Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, 10961<br />

Berlin-Kreuzberg,<br />

www.<strong>an</strong>tisexist-perspectives.so36.net<br />

ausstellung<br />

bis 9.7., Graz<br />

kultura: Weibliche Positionen. Kuratiert<br />

von Veronika Dreier. Mit Norbertine<br />

Bresslern-Roth, Sarah Godthart,<br />

Agnes Harrer, Lotte Hendrich, Doris<br />

Jauk-Hinz, Karina Lernbeiß, Erika<br />

Lojen, Doris Lötsch, Erika Thümmel<br />

und Eva Ursprung, Eva & Co. u.v.m.<br />

Galerie Kon-temporär, 8020 Graz,<br />

Griesplatz 10, Di–Fr 11–18.00, Sa<br />

10–13.00, T. 0316/877-2446,<br />

www.kulturservice.steiermark.at<br />

bis 9.7., Wien<br />

Georgia Creimer: Mind/Mirror/Calf<br />

Galerie Raum mit Licht, 1070 Wien,<br />

Kaiserstr. 32, Mi–Fr 14–18.00, Sa<br />

11–14.00, T. 01/524 04 94,<br />

www.raum-mit-licht.at<br />

bis 11.7., Salzburg<br />

Partizipation. Politik der Gemeinschaft.<br />

Kuratiert von Hemma Schmutz.<br />

Mit Irina Botea, Jeremy Deller Oliver<br />

H<strong>an</strong>gl, Tellervo Kalleinen/Oliver Kochta-Kalleinen,<br />

Ruth Kaaserer, Christine<br />

und Irene Hohenbüchler u.a.<br />

Salzburger Kunstverein, 5020<br />

Salzburg, Hellbrunner Str. 3, Di–So<br />

12–19.00, T. 0662/84 22 94-27,<br />

www.salzburger-kunstverein.at<br />

bis 24.7., Wien<br />

Judith Fegerl: SELF<br />

Kunstraum Niederösterreich, 1014<br />

Wien, Herreng. 13, T. 01/90 42<br />

111, www.kunstraum.net, Di–Fr<br />

11–19.00, Sa 11–15.00, Eintritt<br />

frei<br />

<strong>an</strong>.künden<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 43


<strong>an</strong>.künden<br />

Welcome, Ladies!<br />

Mitte <strong>August</strong> erlebt das deutsche Uni-Städtchen Trier<br />

eine weitere Ausgabe des Ladyfests: Am Programm<br />

stehen Filme, Workshops (u.a. zu „Stencils & Streetart”<br />

und „Pop & Gender”), Vorträge von Rapperin<br />

Sookee („Homophobie im HipHop”) und der Berliner<br />

Sexpertin Laura Méritt sowie eine Lesung mit<br />

„Vulva”-Autorin Mithu S<strong>an</strong>yal. Mit dabei ist auch die<br />

D.I.Y.-Truppe Muschiballett, d<strong>an</strong>ach geht’s zum Konzert<br />

mit Räuberhöhle und Sookee mit <strong>an</strong>schließender<br />

Party.<br />

13.–15.8., Tuchfabrik Trier e.V., 54290 Trier,<br />

Wechselstr. 4, Kombi-Ticket 20/erm. 15 Euro, nur<br />

Party und Konzert 12/erm. 7 Euro,<br />

http://ladyfest.blogsport.eu<br />

bis 24.7., Wien<br />

WERKSCHAU XV: Lisl Ponger –<br />

Fact or Truth<br />

Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,<br />

Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00, Sa<br />

10–14.00, Werkstattgespräch mit der<br />

Künstlerin u. Katalogpräsentation am<br />

20.7., 19.00,<br />

www.fotogalerie-wien.at<br />

bis 30.7., Wien<br />

Herrscher, Krieger und Maskierte.<br />

Artists in Residence: Tea Hatadi<br />

(Kroatien), Heldi Pema (Alb<strong>an</strong>ien),<br />

Ard<strong>an</strong> Özmenoglu (Türkei)<br />

Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universi-<br />

Foto: H.A.P.P.Y.<br />

44 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

tätsstr. 5, www.kulturkontakt.or.at/air,<br />

Mo–Fr 14–20.00<br />

bis 4.8., Wien<br />

Real Estates: Erinnerung <strong>an</strong> Orte/<br />

Spuren von Verschwundenem.<br />

Kuratiert von Gabriele Schor. Mit<br />

Bernd und Hilla Becher, Gordon<br />

Matta Clark, James Welling, Joachim<br />

Koester<br />

Vertikale Galerie, Verbund-Zentrale,<br />

1010 Wien, Am Hof 6a, öffentlich<br />

zugänglich im Rahmen der Kunstgespräche,<br />

Mi 18.00, Anm.: sammlung@<br />

verbund.at od. T. 0503/13 500 44,<br />

Eintritt frei<br />

Sister Fa: Hip Hop Yaw La Fal!<br />

Foto: Michael M<strong>an</strong>n<br />

bis 15.8., Berlin<br />

H<strong>an</strong>s Bellmer, Louise Bourgeois:<br />

Double Sexus<br />

Sammlung Scharf-Gerstenberg,<br />

14059 Berlin, Schloßstr. 70, Di–So<br />

10–18.00, T. +49/30/266 42 42 42,<br />

www.doublesexus.org<br />

bis 29.8., Graz<br />

Ines Kaag und Désirée Heiss: BLESS<br />

No 41 – Retroperspektives Heim<br />

Kunsthaus Graz, Space 01, 8020<br />

Graz, Lendkai 1, Di–So 10–18.00, T.<br />

0316/8017-9200, www.museumjo<strong>an</strong>neum.at/kunsthaus<br />

bis 3.9., Wien<br />

ERSTE Foundation shows: „Gender<br />

Matters” by Davor Konjikusic<br />

ERSTE Foundation, 1010 Wien, Friedrichstr.<br />

10, Besuch nach Terminvereinbarung,<br />

T. 01/50 100-15402,<br />

www.erstestiftung.org/erste-foundationshows<br />

bis 5.9., St. Pölten<br />

Grete Yppen: Vom Kl<strong>an</strong>g des Malens.<br />

Malerei und Zeichnung 1955–1995<br />

L<strong>an</strong>desmuseum Niederösterreich,<br />

3100 St. Pölten, Kulturbezirk 5,<br />

Di–So, Feiertage 9–17.00, Mo (außer<br />

Feiertag) geschlossen,<br />

www.l<strong>an</strong>desmuseum.net<br />

bis 18.9., Wien<br />

Christy Astuy, Michela Ghisetti:<br />

Paintings <strong>an</strong>d Drawings. Geschlech-<br />

Feiern unter dem<br />

Regenbogen<br />

terrollen, Verführung und (sexuelle)<br />

Metamorphose<br />

Galerie Elisabeth Michitsch, 1010<br />

Wien, Opernring 7/12 (Mezz<strong>an</strong>in),<br />

Mo–Fr 10–18.00, Sommerschließzeit:<br />

26.7.–15.8.,<br />

www.elisabeth-michitsch.at<br />

bis 19.9., Dresden<br />

Stoffe aus Lublin/Blawatne Z Lublina.<br />

Ulrike Grossarth – Stef<strong>an</strong> Kielsznia:<br />

Gegenwartskunst und historische<br />

Straßenfotografien aus dem jüdischen<br />

Viertel in Lublin<br />

Kunsthaus Dresden, Rähnitzg. 8,<br />

01097 Dresden, T. +49/351/804<br />

14 56, Di–Fr 12–19.00, Sa u. So<br />

12–20.00, Fr Eintritt frei,<br />

www.kunsthausdresden.de<br />

bis 26.9., Klosterneuburg<br />

Niki de Saint Phalle: Im Garten der<br />

F<strong>an</strong>tasie<br />

ESSL MUSEUM – Kunst der Gegenwart,<br />

3400 Klosterneuburg/Wien,<br />

An der Donau-Au 1, T. 02243/370<br />

50 150, www.essl.museum, Di-So<br />

10–18.00, Mi 10–21.00<br />

bis 3.10., Wien<br />

Now I See – Retrospektive von<br />

Brigitte Kow<strong>an</strong>z<br />

MUMOK – Museum Moderner Kunst<br />

Stiftung Ludwig Wien, 1070 Wien,<br />

Museumsplatz 1, Mo–So 10–18.00,<br />

Do 10–21.00, www.mumok.at<br />

Wohin nach der Regenbogenparade? Die After-Pride-Party<br />

im WUK hat Tradition: Zum sechsten Mal bitten der multikulturelle<br />

Club Homoriental und das queere House-Kollektiv<br />

H.A.P.P.Y. auf die T<strong>an</strong>zfläche. Gleich auf der <strong>an</strong>deren Seite des<br />

schönen WUK-Innenhofs feiert das FZ-Beisl unter dem abgew<strong>an</strong>delten<br />

Motto der Parade „We are the lesbi<strong>an</strong> women’s<br />

collective”. Wer zur Official Pride Night möchte, begibt sich<br />

entweder in den Ost-Klub, wo die beiden queeren Party-Institutionen<br />

Queer:Beat und BallC<strong>an</strong>C<strong>an</strong> fusionieren, oder ins<br />

brut Künstlerhaus – dort hosten die Ver<strong>an</strong>stalter von Sündikat<br />

den D<strong>an</strong>cefloor. Im brut Konzerthaus wiederum wird – im Anschluss<br />

<strong>an</strong> die „Burlesque Brutal”-Show – das feministische<br />

DJ-Kollektiv Quote das Haus bis in die queeren Morgenstunden<br />

rocken. Details siehe unter: t<strong>an</strong>z fest musik<br />

Tales from the flipside<br />

Ein Highlight des diesjährigen Kasumama Afrika<br />

Festivals im Oberen Waldviertel: Fatou M<strong>an</strong>di<strong>an</strong>g<br />

Diatta, die in ihrer ehemaligen Heimatstadt Dakar<br />

als Sister Fa Karriere machte und seitdem als<br />

erfolgreichste Rapperin Senegals gilt. Gleich am<br />

nächsten Tag ist die mittlerweile in Berlin <strong>an</strong>sässige<br />

Künstlerin und Aktivistin noch mal live on stage zu<br />

erleben: am 10. <strong>Juli</strong> im Kulturforum Villach.<br />

9.7., Kasumama Afrika Festival, 3970 Moorbad<br />

Harbach, Holzmühlteich beim Gasthaus Holzmühle,<br />

Lauterbach 40, www.kasumama.at; 10.7., Kulturforum<br />

Villach, 9500 Villach, Park des Schlosses<br />

Dinzl, Schlossg. 11, www.kulturforumvillach.at<br />

bis 26.10., Hittisau<br />

Ich bin Ich: Susi Weigel. Trickfilmzeichnerin<br />

und Illustratorin<br />

(1914–1990)<br />

Frauenmuseum, 6952 Hittisau,<br />

Platz 501, T. 05513/620 930, www.<br />

frauenmuseum.at, Do 15–20.00, Fr<br />

14–17.00, Sa u. So 10–12, 14–17.00<br />

31.8.–29.9., Wien<br />

IDENTITÄT II: Identitätsstiftung.<br />

Mit Oreet Ashery, Hubert Bl<strong>an</strong>z, Katharina<br />

Cibulka, Shahram Entekhabi,<br />

Astrid Korntheuer, Trish Morrissey<br />

Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,<br />

Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00,<br />

Sa 10–14.00,<br />

www.fotogalerie-wien.at<br />

lesung<br />

9.7.–27.8., 20.30, Wien<br />

o-töne. Aktuelle österreichische Literatur<br />

im MuseumsQuartier. Mit Melitta Breznik,<br />

Fr<strong>an</strong>zobel, Verena Roßbacher, Wolf<br />

Haas u.a., 1070 Wien, MuseumsQuartier<br />

Wien, Museumsplatz 1, jeden Do, Open<br />

Air, freier Eintritt, www.o-toene.at<br />

aktivitäten<br />

Do, 17.30–20.45, Wien<br />

SAPPHO – Psychotherapeutische<br />

Gruppe für lesbische und bisexuelle<br />

Frauen: Das zufriedene les-bi-sche<br />

Ich bin Ich<br />

Beratungsstelle COURAGE, 1060<br />

Wien, Windmühlg. 15/1/7, 14-tägig<br />

jeweils Do, Kosten: Euro 48 pro<br />

Abend, Anm.: T. 01/585 69 66, www.<br />

courage-beratung.at<br />

jeden 2. Fr im Monat, 17.30, Wien<br />

ARGE Dicke Weiber: gegen Diskriminierung<br />

und Schl<strong>an</strong>kheitsterror – für<br />

Vielfalt und positive Selbstbilder<br />

FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum,<br />

1090 Wien, Währingerstr.<br />

59/Stiege 6,<br />

http://argedickeweiber.wordpress.com<br />

jeden 2. u. 4. Sa, 14–18.00, Wien<br />

Frauen-Lesben-Theatergruppe, für<br />

Frauen und Mädchen jeden Alters<br />

FZ – Autonomes FrauenLesben-<br />

MädchenZentrum, 1090 Wien,<br />

Währingerstr. 59/Stiege 6, Infos:<br />

Regina Stierschneider, T. 0664/186<br />

06 13, regina@elektrobox.com<br />

1.7., 2.7., 3.7., 11.00 u. 17.00, Wien<br />

Regenbogenführungen <strong>an</strong> der Universität<br />

Wien: Homosexualität in der


Foto: Kurt Wachter, FairPlay<br />

Welt der Wissenschaft<br />

Universität Wien, 1010 Wien, Dr.-<br />

Karl-Lueger-Ring 1, Kosten: 3 Euro,<br />

Dauer ca. 60 Minuten, Anm. u. Infos:<br />

http://event.univie.ac.at/fuehrungen/<br />

regenbogen-fuehrungen<br />

2.7., 14.00, Wien<br />

Schwul/lesbischer Stadtspazierg<strong>an</strong>g.<br />

Mit QWien-Guide Andreas Brunner<br />

Treffpunkt: Burgtheater/Kasino, 1010<br />

Wien, Schwarzenbergplatz 1, Kosten:<br />

7 Euro/Person, T. 01/966 01 10,<br />

http://qwien.at<br />

2.7., 18.00, Wien<br />

Rathausführung <strong>an</strong>dersrum, ver<strong>an</strong>staltet<br />

von der Wiener Antidiskriminierungsstelle<br />

für gleichgeschlechtliche<br />

Lebensweisen<br />

Treffpunkt 18.00 beim Rathaus-<br />

Stadtinformationszentrum, 1010<br />

Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 1, T.<br />

01/4000-81449, www.hosiwien.at/<br />

prideevent/rathausfuhrung-<strong>an</strong>dersrum<br />

3.7., 14.00, Wien<br />

Regenbogenparade <strong>2010</strong>. Motto<br />

dieses Jahres: We are family!<br />

„It‘s a free world” von Ken Loach im Volxkino am 10.7.<br />

Freiluftbilder<br />

Sommerkino ist Freiluftkino – und davon gibt es in<br />

Wien gleich mehrere: etwa das VOLXkino, das älteste<br />

Open-Air- und W<strong>an</strong>derkino der Stadt, das in 16 Bezirken<br />

über siebzig Filme aus den verschiedensten Genres<br />

bei kostenlosem Eintritt <strong>an</strong>bietet.<br />

Freies Filmvergnügen unter nächtlichem Himmel offeriert<br />

auch Kino unter Sternen am Karlplatz – und<br />

das täglich. Vor Filmbeginn wird ein umf<strong>an</strong>greiches<br />

Rahmenprogramm geboten, bei dem u.a. Regisseur_<br />

innen und Musiker_innen vor die Leinw<strong>an</strong>d treten.<br />

VOLXkino: bis 17.9., Wien, diverse Orte u. Beginnzeiten,<br />

www.volxkino.at<br />

Kino unter Sternen: 2.–25.7., Karlsplatz – Resselpark,<br />

täglich: Lesungen, Gespräche, Konzerte ab<br />

20.30, Filmbeginn 21.30, www.kinountersternen.at<br />

Mach die Welle<br />

Im Rahmen der Initiative „Ke Nako Afrika –<br />

Afrika jetzt!” org<strong>an</strong>isiert FairPlay am 3. <strong>Juli</strong><br />

ein Kleinfeldturnier für Frauen- und Mädchenteams<br />

ab 14 Jahren. Teilnehmen können<br />

Vereinspielerinnen, Hobbyspielerinnen sowie<br />

interessierte Mädchen und Frauen. Maximal<br />

zehn Teams spielen in zwei Gruppen,<br />

die Gruppenersten und -zweiten spielen in<br />

Kreuzspielen um den Finaleinzug. Die Spieldauer<br />

beträgt sieben Minuten. Teamgröße<br />

am Spielfeld: vier Spielerinnen.<br />

3.7., 14–18.00, 1020 Wien, Sport<strong>an</strong>lage<br />

Venediger Au (beim Praterstern), Anm. u.<br />

Infos: kotvojs@vidc.org od. T. 01/713 35<br />

94-97, http://fairplay.vidc.org<br />

Route: Ur<strong>an</strong>ia, Fr<strong>an</strong>z-Josefs-Kai,<br />

Schwedenplatz, Ringturm, Börse,<br />

Universität, Rathausplatz, Oper,<br />

17–22.00 Abschlusskundgebung am<br />

Schwarzenbergplatz,<br />

www.hosiwien.at/regenbogenparade<br />

9.7., 15–18.00, Graz<br />

Mini-Comic. Workshop mit Edda<br />

Strobl (Graz), für Menschen von<br />

11–99 Jahren. Ein A4-Blatt wird<br />

mit wenigen H<strong>an</strong>dgriffen zu einem<br />

achtseitigen Comic-Heftchen.<br />

Volksgarten, Arena vor der Kreuzkirche,<br />

bei Schlechtwetter im ,<br />

8020 Graz, Volksgartenstr. 6a,<br />

http://rotor.mur.at<br />

20.7., 10–16.00, Wien<br />

Dein Design mit Holz. Für Mädchen,<br />

mit Katja Nußbaumer, Werk Möbelbau<br />

Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />

22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789<br />

45 45, www.sprungbrett.or.at<br />

26.–27.7., 10.–16.00, Wien<br />

Girls in the City! Selbstverteidigung<br />

für Mädchen von 14–17 Jahren. Bei<br />

diesem Workshop sind wir mitten in<br />

der Stadt unterwegs und probieren<br />

aus, was dich sicherer und selbstbewusster<br />

macht.<br />

Ver<strong>an</strong>staltet von Sprungbrett in<br />

Kooperation mit jugendinwien, UKB:<br />

15 Euro, mit jiw-Bon gratis, Anm.<br />

erbeten, T. 01/789 45 45, www.<br />

sprungbrett.or.at<br />

„Chefa” Miss Platnum, Foto: Four Music<br />

26.7.–14.8. u. 16.–28.8., Traunkirchen<br />

Sommerakademie Traunkirchen.<br />

Mit u.a. Xenia Hausner und VALIE<br />

EXPORT. 26.7.–14.8.: „Figurative<br />

Malerei” mit Xenia Hausner,<br />

16.–28.8.: „Serielle Fotografie” mit<br />

VALIE EXPORT<br />

4801 Traunkirchen, Ortplatz 1, Infos<br />

u. Anm.: T. 0664/166 38 13, office@<br />

sommerakademie-traunkirchen.com,<br />

www.sommerakademie-traunkirchen.com<br />

31.7.–1.8., Innsbruck-Freiburg/<br />

Breisgau<br />

Berta Frauen-Kunstreise zur Ausstellung<br />

von Katharina und Barbara<br />

Grosse und historische Stadtführung<br />

zum Thema Hexenverfolgung<br />

Kosten: 180 Euro (alles inkl.), Anm.:<br />

gabriela.schroffenegger@chello.at<br />

oder 0660/5210674<br />

1.8., 12.00, Wien<br />

Brunch: Göttin des Glücks. Modeschau<br />

& Präsentation<br />

liebenswert, 1060 Wien, Esterhazyg.<br />

26, T. 01/595 52 55, www.liebenswert.at,<br />

www.goettindesgluecks.at<br />

1.–6., 8.–13.8., Finnl<strong>an</strong>d<br />

Frauen-Coaching-Wochen in Finnl<strong>an</strong>d.<br />

Coaching, multimediale kreative<br />

Methoden und Selbsterfahrung in<br />

traditionellen finnischen Sommerhäusern.<br />

Infos u. Anmeldung: d<strong>an</strong>iela.reiter@<br />

diereiterer.at, www.diereiter.at<br />

1.9.–2.9., 14–17.00, Wien<br />

Rap dich weg mit EsraP. Für Mädchen<br />

von 14–17 Jahren<br />

Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />

22-24/1/1, UKB: 3 Euro, Anm.<br />

erbeten, T. 01/789 45 45, www.<br />

sprungbrett.or.at<br />

radio<br />

fixtermine<br />

Mo 18–19.00, Wien<br />

Khorschid Kh<strong>an</strong>um – Die persischsprachige<br />

Frauensendung<br />

Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 1. Mo<br />

Mo 19–20.00, Kärnten<br />

Frauenstimmen – Glas žena<br />

Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac),<br />

wöchentlich<br />

Mo 21–22.00, Schweiz<br />

K-Punkt Kalila – Feminine und<br />

feministische Themen<br />

K<strong>an</strong>al K 94.9 MHz (Aargau),<br />

Livestream auf http://k<strong>an</strong>alk.ch,<br />

wöchentlich<br />

Hast du Töne!<br />

Di 13–14.00, Wien<br />

Globale Dialoge – Women on air<br />

Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, wöchentlich<br />

Di, 18–19.00, Wien<br />

Weibertalk – Sendung des Autonomen<br />

FrauenLesbenZentrums<br />

Innsbruck<br />

Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 2. Di<br />

Di, 21–22.00, Wien<br />

female:pressure – Feministisches<br />

Magazin zu Musik- und Clubkultur<br />

Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 2. Di<br />

<strong>an</strong>.künden<br />

Mi 18–18.30, Salzburg<br />

Frauenzimmer – Plattform für eine<br />

frauenspezifische Information<br />

Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg<br />

Stadt), wöchentlich<br />

Mi 18–19.00, Wien<br />

Bauch, Bein, Po – Die Sendung für<br />

die g<strong>an</strong>ze Frau<br />

Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 2. Mi<br />

Fr 19–20.00, Oberösterreich<br />

SPACEfemFM Frauenradio<br />

Radio FRO 105.0 MHz (Linz), jeden<br />

1., 3. u. 4. Fr<br />

Sa 18–19.00, Deutschl<strong>an</strong>d<br />

Rainbow City – Radio für Lesben und<br />

Schwule<br />

97.2 MHz (Berlin), Livestream auf<br />

www.radiorainbowcity.de, wöchentlich<br />

Sa 19–20.00, Steiermark<br />

Bertas Bücherstunde – Das feministische<br />

Literaturmagazin<br />

Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz),<br />

jeden 4. Sa<br />

So, 19–20.00, Tirol<br />

Weibertalk – Sendung des Autonomen<br />

FrauenLesbenZentrums<br />

Innsbruck<br />

FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck),<br />

jeden 1. So<br />

Der Festivalsommer steht vor der Tür. Noch unentschlossen,<br />

wohin es gehen soll? Eine Empfehlung<br />

ist das Pohoda-Festival in der Slowakei, das mit<br />

einem ausgezeichneten Line-Up aufwartet: Neben<br />

„Balk<strong>an</strong>-R’n’B-Queen” Miss Platnum und den britischen<br />

Indie-Darlings The xx werden mit Crystal<br />

Castles, New Young Pony Club, Sexy Sushi, Metronomy,<br />

Scissor Sisters und vielen <strong>an</strong>deren gleich<br />

mehrere Konzertwünsche auf einmal erfüllt.<br />

8.–10.7., Pohoda Festival, Flughafen, 91164<br />

Trencin, www.pohodafestival.sk<br />

<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 45


zappho des monats<br />

46 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> gibt‘s in folgenden Buchh<strong>an</strong>dlungen:<br />

Fachbuchh<strong>an</strong>dlung ÖGB 1010 Rathausstr. 21<br />

Kuppitsch 1010 Schottengasse 4<br />

Morawa 1010 Wollzeile 11<br />

Winter 1010 Rathausstr. 18<br />

Frick International 1010 Schulerstr. 1-3<br />

tiempo 1010 Joh<strong>an</strong>nesgasse 16<br />

Facultas 1010 Universitätsstr. 7<br />

Lhotzkys Literaturbuffet 1020 Taborstraße 28<br />

Buchh<strong>an</strong>dlung polycollege 1050 Reinprechtsdorferstr. 38<br />

phil 1060 Gumpendorferstr. 10-12<br />

Südwind 1070 Mariahilferstr. 8<br />

Tabak Trafik Brosenbauch 1070 Kaiserstr. 96<br />

und auch in vielen Städten in Deutschl<strong>an</strong>d.<br />

Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:<br />

www.<strong>an</strong>schlaege.at<br />

www.myspace.com/<strong>an</strong>.schlaege<br />

Vorschau auf die September-Ausgabe:<br />

Peaches Christ Superstar<br />

Kaffee und Interview mit Merrill Beth Nisker<br />

aka Electro-Revoluzzerin Peaches<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> tv<br />

19.7., 21.00<br />

auf OKTO<br />

webstream:<br />

www.okto.tv<br />

Ein <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> Abo, bitte!<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-tv präsentiert:<br />

B-Star, untötbar von<br />

Sabine Marte – Diagonale-Preis<br />

als bester<br />

Experimentalfilm <strong>2010</strong><br />

Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro<br />

Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro<br />

Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro<br />

* Gültig für Europa, weitere Ausl<strong>an</strong>dspreise auf Anfrage.<br />

Weitere Infos unter abo@<strong>an</strong>schlaege.at oder auf<br />

www.<strong>an</strong>schlaege.at.<br />

Riedl 1080 Alser Str. 39<br />

Löwenherz 1090 Berggasse 8<br />

Südwind 1090 Schwarzsp<strong>an</strong>ierstr. 15<br />

Infoladen Infomaden 1110 Wiel<strong>an</strong>dgasse 2-4<br />

Infoladen Treibs<strong>an</strong>d 4040 Rudolfstr. 17<br />

Kulturverein Waschaecht 4600 Dragonenstr. 22<br />

Rupertusbuchh<strong>an</strong>dlung 5020 Dreifaltigkeitsgasse 12<br />

Wagnersche Buchhdlg. 6020 Museumstr. 4<br />

Amazone-Zentrum 6900 Brockm<strong>an</strong>ngasse 15<br />

Berta – Bücher & Produkte 8020 Siebenundvierzigergasse 27<br />

Hacek-Bücherei 9020 Paulitschgasse 5/7<br />

KBuch 9020 Universitätsstr. 90


Selbstständig<br />

Unselbstständig<br />

Erwerbslos<br />

Infobroschüre<br />

für KünstlerInnen und<br />

<strong>an</strong>dere prekär Tätige<br />

www.kulturrat.at<br />

17. aktualisierte Auflage:<br />

Bundesdeutsche<br />

Flüchtlingspolitik und ihre<br />

tödlichen Folge<br />

Einzelfall-Dokumentation von 1993 bis 2009 in 2 Heften<br />

(<br />

Antirassistische Initiative e.V. – Dokumentationsstelle<br />

Fon 030 – 617 40 440 Fax 030 – 617 40 101<br />

ari-berlin-dok@gmx.de www.ari-berlin.org<br />

FRAUENHOTEL artemisia BERLIN<br />

Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage. Ab 39,- Euro.<br />

Br<strong>an</strong>denburgische Str. 18, 10707 Berlin, T 0049 30 8738905<br />

artemisia@frauenhotel-berlin.de, www.frauenhotel-berlin.de


taschen<br />

Falls ihr die <strong>an</strong><strong>schläge</strong>-Superheldin bei ihrer Str<strong>an</strong>dverkaufstour verpasst habt,<br />

könnt ihr die neuen Taschen auch bei uns bestellen!<br />

Tasche: 38x41cm mit 30cm l<strong>an</strong>gen Henkeln, dunkellila mit weißem Aufdruck (s.Bild)<br />

5 Euro zzgl. Vers<strong>an</strong>dkosten<br />

Bestellungen <strong>an</strong>: redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at<br />

<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> Nr. 7-8/10, 24. Jahrg<strong>an</strong>g, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M

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