Juli/August 2010 (PDF) - an.schläge
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<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l l<br />
das feministische monatsmagazin. juli august <strong>2010</strong><br />
Happy Birthday, Ladyfest!<br />
Das queer-feministische D.I.Y.-Festival wird 10<br />
Ruth Klüger<br />
Was Frauen schreiben<br />
Kriechend zum M<strong>an</strong>n werden<br />
Militarismus und Männlichkeit in der Türkei<br />
Plus: Gewerkschaftsarbeit in Südafrika >> 50 Jahre Pille >> „Women without Men“ >><br />
Österreichischer Frauenbericht <strong>2010</strong> >> Bike Culture >> United States of Tara >> und vieles mehr
Der Kampf<br />
ums Gewicht<br />
Körper & Gewicht im Sp<strong>an</strong>nungsfeld von Wirtschaftsinteressen,<br />
Gesellschaftsnormen, Public Health und Lebensstil<br />
28. September <strong>2010</strong> Wiener Rathaus<br />
9-18 Uhr Details & Anmeldung unter www.frauengesundheit-wien.at
Politik<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong><br />
<strong>an</strong>.riss politik >>> 06<br />
Risiken und Nebenwirkungen<br />
Das Wissen über hormonelle Verhütung ist noch immer unzureichend >>> 08<br />
Lust in kleinen Dosen<br />
Wen hat die Antibabypille eigentlich befreit? >>> 10<br />
Saubere Kleidung im Stundenpl<strong>an</strong><br />
Interview: Gewerkschafterin Beauty N. Zibula spricht über die Textilbr<strong>an</strong>che in Südafrika >>> 12<br />
<strong>an</strong>.riss international >>> 14<br />
Thema: Ladyfeste<br />
Some Grrrls are Ladies<br />
Ein Reisebericht vom ersten Ladyfest in Olympia, Washington, 2000 >>> 17<br />
Von der Lady zur Lady*<br />
München <strong>2010</strong>: Hat Lady*fest neuerdings ein Label-Problem? >>> 19<br />
Guerilla-Strategie: Lady<br />
Interview: Mel<strong>an</strong>ie Groß reflektiert die Entwicklung der Ladyfest-Bewegung in Deutschl<strong>an</strong>d >>> 20<br />
Ladyspace: Aktiv Räume schaffen >>> 21<br />
Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste >>> 22<br />
Ladyfest hits Europe >>> 23<br />
Gesellschaft<br />
<strong>an</strong>.riss arbeit wissenschaft >>> 26<br />
Fakten zertrümmern Mythen<br />
Der österreichische Frauenbericht <strong>2010</strong> demontiert Scheinargumente gegen Frauenförderung >>> 28<br />
Kriechend zum M<strong>an</strong>n werden<br />
Interview: Pınar Selek hat das Männlichkeitslaboratorium Militär in der Türkei erforscht >>> 30<br />
Kultur<br />
<strong>an</strong>.riss kultur >>> 32<br />
Die Farben der Freiheit<br />
„Women without Men” erzählt von der Em<strong>an</strong>zipation ir<strong>an</strong>ischer Frauen in den 1950ern >>> 34<br />
Der Augenöffner<br />
Interview: Ruth Klüger liest und bespricht, „was Frauen schreiben” >>> 35<br />
Rubriken<br />
<strong>an</strong>.sage: Keep it wheel!<br />
sprechblase: Sager des Monats<br />
plusminus: USA vs. „Österreich”<br />
<strong>an</strong>.frage: Die Unbeirrbare<br />
medienmix: biberica, Journalistinnenbund &<br />
Radio Frauenzimmer<br />
<strong>an</strong>.sprüche: pro & pro Körperarbeit<br />
<strong>an</strong>.lesen: Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n, Gina Mayer,<br />
Therese Roth, Lena Correll, Alex<strong>an</strong>dra Weiss/Verena<br />
Simetzberger, Leah C. Czollek u.a., Torsten<br />
Heinem<strong>an</strong>n/Christine Resch<br />
<strong>an</strong>.kl<strong>an</strong>g: Ideale Stimmen in Hörbüchern<br />
<strong>an</strong>.sehen: United States of Tara<br />
<strong>an</strong>.künden: Termine & Tipps<br />
05<br />
06<br />
06<br />
07<br />
15<br />
25<br />
38<br />
41<br />
42<br />
43<br />
Kolumnen<br />
neul<strong>an</strong>d<br />
zeitausgleich<br />
heimspiel<br />
lebenslauf<br />
lesbennest<br />
bonustrack: clara luzia<br />
katzenpost<br />
zappho des monats<br />
Impressum<br />
11<br />
26<br />
29<br />
33<br />
37<br />
40<br />
43<br />
46<br />
24
04 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
editorial<br />
Betrifft: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Relaunch<br />
Für das aktuelle Heftcover gab’s diesmal ein eigenes<br />
Foto-Shooting: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>’s next Topmodel hat nämlich<br />
die Muckis <strong>an</strong> den richtigen Stellen. Nicht nur Muskelkraft<br />
gekostet hat uns wiederum der l<strong>an</strong>ge vorbereitete<br />
Relaunch und seine Umsetzung, während sich gleichzeitig<br />
ein neues Koordinierenden-Team zusammenfinden<br />
musste. Erschöpft, aber glücklich haben wir bisher<br />
überwiegend positive Rückmeldungen erhalten und die<br />
konstruktive Kritik zur Kenntnis genommen. Anf<strong>an</strong>g Juni<br />
feierten wir d<strong>an</strong>n endlich die verdiente Relaunch-Party<br />
mit Leser_innen, Freund_innen und dem DJ-Kollektiv<br />
Quote.<br />
Wie immer liegt der aktuellen Sommer-Ausgabe der<br />
„Weiberdiw<strong>an</strong>” bei. Wir wünschen uns und euch, dass<br />
aus diesem Sommer auch wirklich noch einer wird, den<br />
wir alle schmökernd <strong>an</strong> Stränden, auf Wiesen oder in<br />
Wäldern verbringen können. Anf<strong>an</strong>g September lesen wir<br />
uns wieder!<br />
Spät aber doch möchte ich euch zum neuen<br />
Format des Heftes gratulieren! Vor allem<br />
möchte ich euch dafür d<strong>an</strong>ken, dass das Papier<br />
nicht mehr jede Lichtquelle reflektiert und ich<br />
nun ohne Sonnenbrille die Beiträge lesen k<strong>an</strong>n.<br />
Liebe Grüße,<br />
D<strong>an</strong>iela Jov<strong>an</strong>ovic, Wien<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> werden gefördert von:<br />
leserinnenbriefe<br />
Betrifft: „Reif für die freie Liebe”<br />
in <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 05/<strong>2010</strong><br />
Vielen D<strong>an</strong>k für das Interview mit Elfriede<br />
Vavrik. Mir scheint, das Thema ist aber<br />
noch l<strong>an</strong>ge nicht zu Ende gedacht. Es fallen<br />
wichtige Stichworte, auch Kritik klingt <strong>an</strong>,<br />
doch insgesamt endet auch dieses Gespräch in<br />
einem oberflächlichen Freie-Liebe-Lob. Ohne<br />
Überlegung, was Freie Liebe bedeuten könnte<br />
oder – historisch gesehen – bedeuten sollte,<br />
als Emma Goldm<strong>an</strong> dafür plädierte. Geradezu<br />
geschüttelt hat es mich bei der Annahme der<br />
Gesprächspartnerin, Vavrik habe „ein weises<br />
Buch” geschrieben. Da wäre die Überschrift<br />
„80 und kein bisschen weise” schon passender<br />
gewesen. Insgesamt hätte ich mir etwas<br />
fundierteres erwartet und nicht nur die<br />
Masche „Frau spricht frei über ihre sexuellen<br />
Bedürfnisse = prima!”.<br />
Herzlichen Gruß nach Wien,<br />
Heike Friauf, Berlin<br />
Feminist Superheroines<br />
Louise Joséphine Bourgeois (1911–<strong>2010</strong>), fr<strong>an</strong>zösischamerik<strong>an</strong>ische<br />
Bildhauerin. Schon ihre ersten Skulpturen<br />
waren eine Flucht vor dem herrschsüchtigen Vater, eine ihrer<br />
berühmtesten Skulpturen ist „The Destruction of the<br />
Father“. Die Mutter war die Beschützerin, dargestellt in<br />
ihren riesigen Spinnenskulpturen („Mam<strong>an</strong>“). Als Bildhauerin<br />
leistete sie Pionierarbeit und arr<strong>an</strong>gierte Skulpturen<br />
als zusammenhängende Teile in einem räumlichen Kontext.<br />
Die teuerste Künstlerin der Gegenwart starb Ende Mai<br />
98-jährig in New York.<br />
Illustration: Lina Walde<br />
Betrifft: „I love my muff”<br />
in <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 06/<strong>2010</strong><br />
D<strong>an</strong>ke für die vielen <strong>an</strong>regenden Beiträge, nicht<br />
zuletzt für den Artikel zur Burka-Debatte! Nur<br />
eines hat mich irritiert: Ausgerechnet in dem<br />
Artikel „I love my muff” wird das weibliche<br />
Genital mehrmals fehlben<strong>an</strong>nt. Die Scheide<br />
oder Vagina ist der eben nicht zu sehende Muskelschlauch,<br />
der zur Gebärmutter führt. Das äußere,<br />
sichtbare Genital ist die Vulva. In diesem<br />
Sinne bezeichnen sich die fröhlichen Vagina-<br />
Ladys leider auch fehl, was die Aussage eures<br />
Artikels nur bestätigt – dass frau sich nicht<br />
auskennt bzw. nicht auskennen soll. Undenkbar,<br />
dass Männer in der Konfusion erzogen würden,<br />
Hoden und Penis ständig zu verwechseln ...<br />
In diesem Sinne empfehle ich das wunderbare<br />
Buch „Vulva” von Mithu S<strong>an</strong>yal: www.s<strong>an</strong>yal.de<br />
Herzliche Grüße,<br />
Mel<strong>an</strong>ie Stitz, Duisburg<br />
(Wir Frauen - www.wirfrauen.de)
Keep it wheel!<br />
Ein Kommentar von Vina Yun<br />
Ein Trend geht um: Fixies (kurz für „Fixed Gear”) und Singlespeeds<br />
sind das neue Lifestyle-Accessoire urb<strong>an</strong>er Biker_innen.<br />
Ohne technischen „Schnickschnack” (auch bek<strong>an</strong>nt als Bremse,<br />
Licht und G<strong>an</strong>gschaltung) versprechen die neuen Bikes vor<br />
allem eines – Distinktion. Pur, authentisch und „straight forward”<br />
soll das Fahrerlebnis mit Fixie & Co. sein, die in den<br />
1980ern in der Fahrradkurier-Szene<br />
New York Citys zum Kult erhoben<br />
wurden. Wie auch bei den „exzentrischen”<br />
metropolit<strong>an</strong>en Messengers<br />
schwingt bei den hippen Fahrrädern<br />
der Generation 2.0 ein Hauch Rebellion<br />
mit: Von der „Ein-G<strong>an</strong>g-G<strong>an</strong>g” ist<br />
in Medienberichten zur Fixom<strong>an</strong>ia die<br />
Rede, „wilder als die Polizei erlaubt”<br />
und „im täglichen Kampf durch den<br />
Asphaltdschungel”.<br />
Das klingt nicht nur nach ordentlich<br />
strammen Wadeln, sondern auch nach<br />
jeder Menge Männerschweiß. Nicht<br />
selten geriert sich männlicher Bike-<br />
Nerdism als Alternativkultur. Ein<br />
Schweizer Bike-Shop etwa definiert<br />
den Fixie-Coolness-Faktor mit den<br />
Worten: „Etwas für harte Mädels<br />
und Kerle. Und solche, die es werden<br />
wollen.”<br />
Übrigens: Olle Sp<strong>an</strong>dex-Radlerhosen<br />
und hässliche Kunststoffschüsseln<br />
am Kopf sind passé, seit einiger Zeit<br />
setzen Designer-Bike-Wear und -Helme auf die Kaufkraft von<br />
Bobos und Lohas. Vor zwei Jahren zerbrachen sich Studierende<br />
der Köln International School of Design darüber den<br />
Kopf, wie Fahrradhelme für Frauen aussehen könnten: Der<br />
gemeine „Helm zerstöre die Frisur, lasse sich schlecht mit<br />
der Kleidung kombinieren, verhunze die Gesichtszüge und sei<br />
schlecht fürs Make-up”, wurden die Ergebnisse ihrer – nicht<br />
repräsentativen – Umfrage in der „FAZ” zitiert.<br />
Ziemlich stereotyp mutet zunächst auch der Titel einer länderübergreifenden<br />
Studie <strong>an</strong>, die 2008 von der britischen Darlington<br />
Media Group initiiert wurde: „Beauty <strong>an</strong>d the Bike”. Das<br />
Projekt untersuchte die Mobilitätskulturen von Mädchen und<br />
jungen Frauen in Bremen und Darlington und ihre soziokulturellen<br />
Implikationen: Wie bewegen sich Mädchen und Frauen<br />
durch die Stadt, und unter welchen Bedingungen ist Radfahren<br />
für sie attraktiv?<br />
Während die Bremerinnen das Fahrrad vor allem dazu nutzen,<br />
um ihre Wege zu erledigen, fahren die Mädchen in Darlington mit<br />
dem Bus, gehen zu Fuß oder sind auf ihre mit dem Auto fahrenden<br />
Eltern <strong>an</strong>gewiesen. Einer der Gründe: Das Rad ist in Großbrit<strong>an</strong>nien<br />
weniger Teil der Alltags- und Freizeitkultur als beispielsweise<br />
in Deutschl<strong>an</strong>d und wird als reines (männliches) Sportgerät<br />
identifiziert. Radler_innen im Verkehrsalltag<br />
gelten als „Weirdos”. Gegenüber<br />
Autos muss mit entsprechend<br />
mehr Selbstbewusstsein aufgetreten<br />
werden, „nahezu machohaft”, wie es<br />
in der Projektbeschreibung heißt.<br />
Paradoxerweise lag in den Anfängen<br />
der modernen Fahrradkultur die Beteiligung<br />
von Frauen in Großbrit<strong>an</strong>nien<br />
wesentlich höher als in Deutschl<strong>an</strong>d. Als<br />
das Fahrrad Ende des 19. Jahrhunderts<br />
zum Massenprodukt wurde und hier wie<br />
dort immer mehr Frauen – entgegen<br />
allen Schicklichkeitsgeboten – auf’s<br />
Rad stiegen, wurde heftig um die „<strong>an</strong>ständige<br />
Bekleidung” der Damenwelt<br />
gestritten, die zum Fahren Korsett und<br />
bodenl<strong>an</strong>ge Röcke ab- und stattdessen<br />
Hosen <strong>an</strong>legten. „Das Bicycle hat<br />
zur Em<strong>an</strong>zipation der Frauen aus den<br />
höheren Gesellschaftsschichten mehr<br />
beigetragen als alle Bestrebungen der<br />
Frauenbewegung zusammengenommen”,<br />
konstatierte Rosa Mayreder zu<br />
Anf<strong>an</strong>g des 20. Jahrhunderts.<br />
Doch zurück zu „Beauty <strong>an</strong>d the Bike”: „It’s the infrastructure,<br />
stupid!”, kommt die Studie zum Schluss. Die Entwicklung des<br />
Radverkehrs sei nämlich nicht nur <strong>an</strong> die im jeweiligen L<strong>an</strong>d herrschende<br />
Verkehrskultur gebunden, sondern vor allem von konkreten<br />
lokalen Maßnahmen und Angeboten abhängig – und beginne<br />
schon bei der Pl<strong>an</strong>ung und Gestaltung der Verkehrswege.<br />
Gendersensible Mobilitätserhebungen und Gender-Budgeting<br />
im Verkehrsbereich fordert hierzul<strong>an</strong>de neben <strong>an</strong>deren auch<br />
der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Allein in Wien sind laut<br />
Statistiken 72 Prozent der Frauen mit Öffis, per Rad oder zu<br />
Fuß unterwegs (Männer: 59 Prozent).<br />
Indes entstehen – neben überteuerten stylishen Bike-Shops,<br />
Special-Interest-Medien und Großevents – immer mehr<br />
selbstorg<strong>an</strong>isierte, aktivistische Zusammenschlüsse von Radfahrer_innen.<br />
Dyke-Bike-G<strong>an</strong>g, bitte kommen! l<br />
<strong>an</strong>.sage<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 05
<strong>an</strong>.riss politik<br />
Demonstration des Bündnisses „Good Night Daddy’s Pride” am 12. Juni <strong>2010</strong>, Wien<br />
prekäre situation<br />
Drohender Hebammen-Notst<strong>an</strong>d<br />
3.689 Euro pro Jahr – so viel müssen Hebammen in Deutschl<strong>an</strong>d ab<br />
1. <strong>Juli</strong> <strong>an</strong> Jahresprämien für die Haftpflichtversicherung zahlen. Im<br />
Vergleich dazu: 2007 waren es nur 1.218 Euro. Gleichzeitig stagnieren<br />
die Einnahmen, wodurch viele Hebammen in ihrer Existenz bedroht sind.<br />
Die freiberufliche Ausübung dieser Tätigkeit können sich viele kaum<br />
mehr leisten, daher gibt es in abgelegenen Gebieten bereits jetzt einen<br />
M<strong>an</strong>gel <strong>an</strong> Geburtshelfer_innen. Bei einem Treffen Ende Mai zwischen<br />
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und Martina Klenk, Präsidentin<br />
des Deutschen Hebammenverb<strong>an</strong>des, konnte m<strong>an</strong> sich nicht auf eine<br />
sofortige Lösung einigen. Rösler sagte jedoch Verh<strong>an</strong>dlungen zu. Ab <strong>Juli</strong><br />
ist eine Lösung auch dringend nötig, da d<strong>an</strong>n bereits zehn Prozent der<br />
Geburtshäuser keine Geburten mehr betreuen können. Die Hebammen<br />
fordern höhere Löhne oder als Zwischenlösung einen Fonds zur Fin<strong>an</strong>zierung<br />
der Haftpflichtprämie. trude<br />
www.hebammenverb<strong>an</strong>d.de, www.hebammen-protest.de<br />
„Dich<br />
kriegen wir<br />
auch noch“<br />
warnt uns der aktuelle Werbespot der<br />
Drogeriemarktkette BIPA, der unter dem<br />
Titel „Deadhead“ in TV und Web läuft.<br />
Gefesselt und geknebelt am Friseurstuhl<br />
b<strong>an</strong>gt eine junge Frau um Kopf und Kragen.<br />
Das Rasiermesser wird gewetzt, eine<br />
scharfe Schere blitzt auf, Gemetzel. Cut.<br />
Eine Schönheitsprinzessin bewundert sich<br />
nach dem blutigen Make-over im Spiegel:<br />
Beauty ist ein Folterkeller. Nach Protesten<br />
wurde der Werbespot vorzeitig aus dem<br />
Programm genommen. viyu<br />
06 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Passabel (+)<br />
<strong>an</strong>tifeministen<br />
Achtzig stolze Väter<br />
Für den 12. Juni hatte die rechtskonservative Väterrechtsbewegung in Wien<br />
zu einer europaweiten Daddy’s Pride aufgerufen, <strong>an</strong> der sich schlussendlich<br />
ca. achtzig Väter beteiligten. Bereits in den verg<strong>an</strong>genen Jahren f<strong>an</strong>den sich<br />
in verschiedenen Städten Vertreter dieser zutiefst frauen- und auch kinderfeindlichen<br />
Gruppierungen zusammen, um als stolze Väter ihre <strong>an</strong>tifeministischen<br />
Forderungen kundzutun. Dennoch st<strong>an</strong>d die Väterbewegung bisl<strong>an</strong>g<br />
kaum im Fokus der Kritik (vgl. <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> 06/<strong>2010</strong> und 10/2009). Auch das<br />
Bündnis „Good Night Daddy’s Pride”, das erstmals breit gegen „partiarchale<br />
Väter, Familienfundamentalisten und heterosexistische Zustände” mobilisiert<br />
hatte und bei der Gegendemonstration mit massiver Polizeirepression konfrontiert<br />
wurde (ein Aktivist bef<strong>an</strong>d sich zu Redaktionsschluss noch immer in<br />
Haft), f<strong>an</strong>d nicht die erwünschte Unterstützung. Obwohl sich nur <strong>an</strong> die 100<br />
Menschen <strong>an</strong> den Protesten beteiligten, war die Gegenmobilisierung dennoch<br />
ein wichtiger Schritt, um die Kritik vor<strong>an</strong>zutreiben, da das Unwissen um die<br />
reaktionären Inhalte dieser Väter ihre eigentliche Gefahr darstellt. leela<br />
preisverleihung<br />
„Spitze Feder“ <strong>an</strong> Ina Freudenschuß<br />
Die diesjährigen Gewinnerinnen des Journalistinnenpreises „Spitze Feder”<br />
sind Ina Freudenschuß von diest<strong>an</strong>dard.at und Tatj<strong>an</strong>a Duffek von „News”.<br />
Der von Monika V<strong>an</strong>a, Wiener Grüne, gestiftete Preis würdigt die journalistischen<br />
Leistungen von Frauen und soll außerdem Mut machen, gegen<br />
den Meinungsmale- und -mainstream <strong>an</strong>zuschreiben. Die Jury wurde vom<br />
unabhängigen „Frauennetzwerk Medien” gebildet, das im Juni übrigens<br />
seinen zehnten Geburtstag feierte. Für Ina Freudenschuß entschied sich<br />
die Jury, weil sie „seit Jahren die Em<strong>an</strong>zipationsfahne hochhält”, Duffek<br />
schaffe es, „Hintergrundwissen gezielt einzusetzen und politisch Ver<strong>an</strong>twortliche<br />
vor den Vorh<strong>an</strong>g zu ziehen”. Wir gratulieren! pix/trude<br />
www.diest<strong>an</strong>dard.at, www.frauennetzwerk.at<br />
plus<br />
Seit Juni können tr<strong>an</strong>sgender US-Bürger_innen<br />
ihren Reisepass im gelebten Geschlecht<br />
ausstellen lassen, ohne eine geschlechts<strong>an</strong>passende<br />
OP vorweisen zu müssen. Zukünftig<br />
reicht „nur” eine ärztliche Bestätigung, dass<br />
der_die Antragsteller_in eine entsprechende<br />
medizinische Beh<strong>an</strong>dlung für die „gender<br />
tr<strong>an</strong>sition” erhalten hat. Mit dieser neuen<br />
Richtlinie folgt das US-Außenministerium<br />
den Empfehlungen der World ProfesProfessional Association for Tr<strong>an</strong>sgender Health<br />
(WPATH). viyu<br />
Blamabel (–)<br />
„Ihre große Ch<strong>an</strong>ce auf eine Gratis-<br />
Schönheits-OP” verspricht die Tageszeitung<br />
„Österreich” in seiner jüngsten Werbekampagne<br />
(retuschiertes Nacktmodell inklusive).<br />
Ob ein „perfektes Gesicht”, „ideale Brüste”,<br />
ein „straffer Bauch” oder „schl<strong>an</strong>ke Schenkeln”<br />
– „Österreich” verlost unter seinen<br />
Leserinnen (von männlichen Hängebäuchen<br />
freilich keine Rede) zehn maßgeschneiderte<br />
Schönheitsoperationen. Hässlich sexistische<br />
Boulevard-PR, die wir sicher nicht geschenkt<br />
wollen. viyu
frauenfeuer<br />
Dreißig Jahre Frauenzentrum Linz<br />
Das autonome Frauenzentrum Linz feierte seinen dreißigsten Geburtstag<br />
Mitte Juni mit einem großen Frauen(freuden)feuer. Seit 1980 bietet der<br />
autonome Verein Frauen zum einen psychosoziale Hilfe – beispielsweise<br />
bei Trennung bzw. Scheidung oder Gewalterfahrung – und rechtliche<br />
Prozessbegleitung, zum <strong>an</strong>deren beherbergt er eine feministische Bibliothek<br />
und Videothek sowie einen geschützten Frauenraum zur Vernetzung<br />
und Kommunikation. Kurse, wie z.B. Selbstverteidigung für Frauen, und<br />
Workshops zu den Themen sexualisierte Gewalt und Selbstbehauptung<br />
runden das Angebot ab. Wir hoffen auf viele weitere Jahre! trude<br />
www.frauenzentrum.at<br />
bericht<br />
„Schwarze Menschen in Österreich“<br />
Im Juni wurde erstmals für Österreich ein Lagebericht zur Situation<br />
Schwarzer Menschen im L<strong>an</strong>d vorgestellt. Der 64-seitige Bericht basiert<br />
auf den Erfahrungen von Menschen aus den Schwarzen Communitys in den<br />
letzten zehn Jahren und beh<strong>an</strong>delt speziell die Bereiche Wirtschaft, Medien,<br />
Rassismus, Kunst/Kultur und politische Repräsentation. Präsentiert<br />
wurde er von den Studienherausgeber_innen Beatrice Achaleke (AFRA)<br />
und Simon Inou (www.afrik<strong>an</strong>et.info), zusammen mit Chefredakteurin Clara<br />
Akinyosoye, Habiboulah Ndongo Bakhoum (Ausschuss der afrik<strong>an</strong>ischen<br />
Unternehmen in Österreich), Alexis Nshimyim<strong>an</strong>a Neuberg (Radio Afrika<br />
TV, Afrika-Vernetzungs-Plattform) und Kojo Taylor (P<strong>an</strong>afa). Zusammenfassend,<br />
so halten Achaleke und Inou fest, seien Schwarze Communitys ein<br />
dynamischer Best<strong>an</strong>dteil der österreichischen Gesellschaft. Gleichzeitig<br />
seien sie aber insbesondere von einem „Anti-Schwarze-Rassismus” betroffen.<br />
Der Bericht ist gegen einen Unkostenbeitrag von acht Euro im Verlag<br />
Black Europe<strong>an</strong> Publishers zu bestellen. trude/viyu<br />
Beatrice Achaleke, Simon Inou (Hg.): Schwarze Menschen in Österreich. Lagebericht.<br />
Bestellung: Black Europe<strong>an</strong> Publishers c/o AFRA – International Center for Black<br />
Women‘s Perspectives, 1150 Wien, Pelzgasse 7, www.blackwomencenter.org<br />
jüdisches wien<br />
Mahnmal für zerstörten Turnertempel<br />
Während der 15. Wiener Gemeindebezirk Rudolfsheim-Fünfhaus als<br />
historischer Arbeiter_innenbezirk bek<strong>an</strong>nt ist, ist die starke jüdische<br />
Präsenz gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit<br />
geraten: Der 15. war damals Mittelpunkt der vorstädtischen jüdischen<br />
Gemeinde Wiens mit zahlreichen sozialen und kulturellen Einrichtungen,<br />
darunter die Synagoge in der Turnergasse 22, der Turnertempel. Im<br />
Novemberpogrom 1938 wurde der Turnertempel von den Nationalsozialisten<br />
in Br<strong>an</strong>d gesetzt und vollkommen zerstört. Anf<strong>an</strong>g <strong>2010</strong> schrieb<br />
die KÖR, die „Kunst im öffentlichen Raum GmbH” der Stadt Wien, einen<br />
Wettbewerb für die Gestaltung eines Mahnmals <strong>an</strong> dieser Stelle aus.<br />
Gewonnen haben nun die KünstlerInnen Iris Andraschek und Hubert Lobnig<br />
sowie das Atelier Auböck + Kárász. Das Siegerprojekt sieht ein Netz<br />
aus schwarzen Beton-Balken vor, das den eingestürzten, zerborstenen<br />
Dachstuhl des Tempels symbolisieren soll, in den Boden eingelassene Mosaiken<br />
fungieren als „archäologisches” Gegenstück. Laut der Initiative<br />
„Herklotzgasse 21” soll das Mahnmal jenen Ort symbolisch wiederbesetzen,<br />
der einst das sichtbare und selbstbewusste Zentrum dieser bedeutenden<br />
jüdischen Community darstellte. viyu<br />
www.herklotzgasse21.at, www.koer.or.at, www.millisegal.at<br />
Die Unbeirrbare<br />
Im Mai vergab der Presseclub Concordia den Preis in der Kategorie<br />
„Pressefreiheit” – und zwar <strong>an</strong> Antonia Gössinger von der<br />
„Kleinen Zeitung” in Kärnten. „Gegen alle und zum Teil massiven<br />
Versuche, sie einzuschüchtern, hat Antonia Gössinger ihre journalistische<br />
Ver<strong>an</strong>twortung unbeirrt wahrgenommen”, so die Begründung.<br />
Die Preisträgerin im E-Mail-Interview mit Claudia Amsler.<br />
Ist die Pressefreiheit in Kärnten gefährdet?<br />
Ja, immer wieder, wir müssen sehr wachsam sein. Vor allem wird<br />
versucht, wirtschaftlichen Druck auf die Medien auszuüben. Das<br />
geht zwar in erster Linie von der seit 1999 den L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n<br />
stellenden Partei aus – zuerst FPÖ, d<strong>an</strong>n BZÖ, jetzt FPK. Bedauerlicherweise<br />
dulden das aber die <strong>an</strong>deren L<strong>an</strong>dtagsparteien stillschweigend.<br />
In welcher Form wurden Sie selbst unter Druck gesetzt?<br />
Als Politik-Ressortleiterin der „Kleinen Zeitung” in Kärnten<br />
beobachte und kritisiere ich seit fast zwei Jahrzehnten die Entwicklung<br />
der L<strong>an</strong>despolitik. Jörg Haider stempelte mich deshalb zum<br />
Feindbild, was seine politischen Erben bis heute nachvollziehen.<br />
Weil meine Berichte nie widerlegt werden konnten, konzentrierte<br />
m<strong>an</strong> sich auf die persönliche Verunglimpfung. Ich wurde in Presseaussendungen<br />
sinngemäß als frustrierte alte Schachtel herabgewürdigt.<br />
Im L<strong>an</strong>dtagswahlkampf 2009 wurde ich von Uwe Scheuch und<br />
zuletzt auf dem FPK-Parteitag im Jänner von L<strong>an</strong>deshauptm<strong>an</strong>n<br />
Gerhard Dörfler in übler sexistischer Weise lächerlich zu machen<br />
versucht. M<strong>an</strong> belegte mich mit Informations- und Interviewverbot<br />
und hielt alle Parteifunktionäre <strong>an</strong>, nicht mehr mit mir zu reden.<br />
Außerdem wurden mehrseitige Inseratebeilagen in Gratiszeitungen<br />
geschalten, mit denen m<strong>an</strong> mich attackierte.<br />
Hatte das auch Folgen für die „Kleine Zeitung“?<br />
Weil ich nicht einzuschüchtern war und bin, wurde versucht, die<br />
Zeitung unter Druck zu setzen – etwa durch Abbestellungskampagnen.<br />
Seit einem Jahr hält zudem seitens der FPK (und teilweise der<br />
ÖVP) ein Inserateboykott <strong>an</strong>, der verhängt wurde, weil ich den Parteienförderungssk<strong>an</strong>dal<br />
aufgedeckt habe. Es wurde und wird auch<br />
versucht, mich innerhalb der Redaktion zu isolieren, indem <strong>an</strong>deren<br />
Kollegen wichtige Informationen zugespielt werden, die in meinen<br />
Ver<strong>an</strong>twortungsbereich fallen. Erfreulicher- und d<strong>an</strong>kenswerterweise<br />
verhalten sich aber hier alle solidarisch.<br />
Fühlen Sie sich durch den Concordia-Preis bestätigt?<br />
Ja, das ist sehr wichtig – wie auch der Kurt-Vorhofer-Preis 2006<br />
und der Journalisten-Sonderpreis für Mut 2007. Einerseits freuen<br />
mich die Auszeichnungen persönlich sehr, weil sie zeigen, dass<br />
außerhalb Kärntens wahrgenommen wird, dass es hier kritischen<br />
Journalismus gibt. Andererseits ist es bedenklich, dass es heute<br />
mitten in Europa und in einer Demokratie persönlichen Mut von<br />
JournalistInnen und St<strong>an</strong>dfestigkeit von Medien erfordert, um<br />
seiner journalistischen Aufgabe nachzukommen.<br />
www.kleinezeitung.at, www.concordia.at<br />
<strong>an</strong>.frage<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 07
verhütung<br />
Risiken und Nebenwirkungen<br />
Die Pille ist seit fünfzig Jahren Vorreiterin<br />
der hormonellen Verhütungsmittel.<br />
Grund genug für Irmi Wutscher und Bettina Enzenhofer,<br />
die Normalität der Pilleneinnahme genauer zu beleuchten.<br />
Fotos v.l.n.r.: UK Health Education Council, CBG Network, Ladies M<strong>an</strong>joe/flickr<br />
1 Bayer-Presseinformation<br />
(30.4.<strong>2010</strong>): 50 Jahre<br />
„Pille”: Die <strong>an</strong>dere Bil<strong>an</strong>z,<br />
www.cbgnetwork.org/3360.<br />
html<br />
2 Deutsche Gesellschaft<br />
für Gynäkologie und Geburtshilfe<br />
(DGGG), Leitlinie<br />
Empfängnisverhütung,www.<br />
uni-duesseldorf.de/AWMF/<br />
ll/015-015.htm<br />
3 www.fgz.co.at<br />
08 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Ramona geht zu ihrem Gynäkologen.<br />
Sie will ein <strong>an</strong>deres hormonelles Verhütungsmittel,<br />
denn sie hat, so erzählt sie<br />
ihrem Arzt, seitdem sie die Pille nimmt,<br />
starke Gefühlsschw<strong>an</strong>kungen: „Wenn<br />
mich jem<strong>an</strong>d nur schief <strong>an</strong>sieht, muss<br />
ich gleich weinen.” Der Arzt zuckt mit<br />
den Schultern und meint: „Das liegt<br />
nicht <strong>an</strong> der Pille. Das werden schon Sie<br />
sein.”<br />
Cordula hat einen neuen Freund. Er<br />
fragt sie, ob sie die Pille nimmt. Sie<br />
verneint und vermutet, dass er von ihr<br />
fordern könnte, dass sie die Verhütung<br />
übernimmt. Doch wider Erwarten sagt<br />
der Freund: „Gut so. Ich habe nämlich<br />
mit der Pille schlechte Erfahrungen<br />
gemacht. Meine letzte Freundin hat sie<br />
genommen, von da <strong>an</strong> hatte sie keine<br />
Lust mehr auf Sex.”<br />
Felicitas Rohrer und Kathrin Weigele<br />
sprachen in diesem Frühjahr bei der<br />
Hauptversammlung des Pharmariesen<br />
Bayer vor und lösten unter den Aktionär_innen<br />
große Betroffenheit aus: Beide<br />
hatten aufgrund der Einnahme der<br />
Pille „Yasmin”, die mit dem Wirkstoff<br />
Drospirenon arbeitet, schwere Lungen-<br />
embolien erlitten und tragen bleibende<br />
Gesundheitsschäden davon. Sie<br />
müssen ihr Leben l<strong>an</strong>g blutverdünnende<br />
Medikamente nehmen und Kompressionsstrümpfe<br />
tragen. Und das, obwohl<br />
sie vor der Pilleneinnahme vollkommen<br />
gesund waren. 1<br />
Nicht sehr aufgeklärt. Dies sind nur<br />
einige wenige Beispiele für die teils<br />
gravierenden gesundheitlichen Nebenwirkungen<br />
der Pille, mit denen in der<br />
Aufklärung allerdings recht unsensibel<br />
umgeg<strong>an</strong>gen wird. Und das, obwohl die<br />
Pille das am weitesten verbreitete Verhütungsmittel<br />
in der westlichen Welt ist.<br />
In Deutschl<strong>an</strong>d beispielsweise nehmen<br />
6,6 Millionen Frauen im reproduktionsfähigen<br />
Alter (zwischen 14 und 44<br />
Jahren) die Pille, das entspricht 38,5<br />
Prozent der weiblichen Bevölkerung. 2<br />
Besonders unter jungen heterosexuellen<br />
Frauen ist das Verhüten mit der<br />
Pille weitverbreitet und mittlerweile so<br />
selbstverständlich, dass es kaum mehr<br />
hinterfragt wird.<br />
Sylvia Groth vom Frauengesundheitszentrum<br />
Graz 3 sieht darin ein<br />
Problem. Ihr begegnen täglich Frauen,<br />
„die sagen, ,Ich möchte und brauche ein<br />
Verhütungsmittel’. Über die möglichen<br />
Begleiterscheinungen sind sie<br />
oft nur schlecht informiert. Wenn sie<br />
Nebenwirkungen, wie z.B. depressive<br />
Verstimmungen, Lustlosigkeit oder Gewichtszunahme<br />
verspüren, assoziieren<br />
sie das nicht mit der Pille. Der Ged<strong>an</strong>ke,<br />
dass sie verhüten müssen, ist stärker.”<br />
Für Groth wäre es daher wichtig, einen<br />
guten Sexualpädagogikunterricht <strong>an</strong>zubieten<br />
– für Buben und Mädchen. „M<strong>an</strong><br />
sollte meinen, dass sich in puncto Information<br />
und Aufklärung in den letzten<br />
vierzig Jahren viel geändert hat, doch<br />
das ist nicht der Fall”, konstatiert sie.<br />
Health Feminism. Die Frage der<br />
ausreichenden sexuellen Aufklärung von<br />
Frauen war schon in den 1970er-Jahren<br />
Thema für Feministinnen. Das Präparat<br />
wurde von Feministinnen zunächst enthusiastisch<br />
begrüßt (siehe dazu auch den<br />
Artikel von Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, S.<br />
10). So meinte etwa Clare Booth Luce<br />
in der „Los Angeles Times”: „Modern<br />
wom<strong>an</strong> is at last free, as a m<strong>an</strong> is free,
to dispose of her own body, to earn her<br />
living, to pursue the improvement of her<br />
mind, to try a successful career.” 4<br />
Mit der Zeit wurde die Pille allerdings<br />
zunehmend infrage gestellt, vor allem<br />
weil die Nebenwirkungen verschwiegen<br />
oder trivialisiert wurden. Radikale Feministinnen<br />
forderten eine umfassende<br />
Aufklärungspflicht, und zum ersten Mal<br />
trat der „health feminism” als bedeutende<br />
politische Kraft in Erscheinung.<br />
1970 stürmten Alice Wolfson und ihr<br />
National Women’s Health Network die<br />
Hearings zur Pille im US-Senat: Sie<br />
klagten <strong>an</strong>, dass Frauen als Versuchsk<strong>an</strong>inchen<br />
missbraucht werden, dass keine<br />
Patientinnen bei dem Hearing aussagten,<br />
und empörten sich darüber, dass<br />
es keine Pille für den M<strong>an</strong>n gab. Diese<br />
Proteste wurden über einen längeren<br />
Zeitraum – inklusive Sit-Ins – geführt.<br />
Das Ergebnis: In der Packungsbeilage<br />
der Pille wurde erstmals unter <strong>an</strong>derem<br />
vor Herz-Kreislauf-Erkr<strong>an</strong>kungen<br />
und Thrombosen gewarnt. Daraufhin<br />
s<strong>an</strong>k tatsächlich die Zahl der Todesfälle<br />
im Zusammenh<strong>an</strong>g mit der Pille,<br />
da gefährdete Frauen sie nicht mehr<br />
einnahmen.<br />
Ein weiterer Effekt, den sich die<br />
Gesundheitsfeministinnen seit dieser<br />
Zeit auf die Fahnen schreiben können:<br />
Mediziner_innen zeigten sich offener<br />
im Umg<strong>an</strong>g mit Frauen, es gab weniger<br />
Geheimnistuerei, Verschleierung oder<br />
Herablassung, wie sie Patientinnen seit<br />
jeher erfahren mussten.<br />
Beständiges Schweigen. Dass<br />
sich das Problem der unter den<br />
Tisch gekehrten Nebenwirkungen<br />
seit den 1970ern nicht wesentlich<br />
gebessert hat, zeigt das eing<strong>an</strong>gs<br />
beschriebene Beispiel von Felicitas<br />
Rohrer und Kathrin Weigele. Denn<br />
auch bei den Pillen der neuesten<br />
Generation, die wie „Yasmin” mit<br />
dem Wirkstoff Drospirenon arbeiten,<br />
wurde bisher am Beipackzettel nicht<br />
auf sämtliche mögliche Risiken und<br />
Nebenwirkungen hingewiesen. Dabei<br />
bergen gerade Pillen wie „Yasmin” ein<br />
besonders hohes Embolie-Risiko. Dennoch<br />
verweigerte der Pharmakonzern<br />
Bayer genaue Angaben zur Häufigkeit<br />
von schweren Nebenwirkungen und<br />
Todesfällen – <strong>an</strong>geblich, „um Kundinnen<br />
nicht zu verunsichern”. 5 Erst durch den<br />
öffentlichen Auftritt der beiden Frauen<br />
ist Bayer nun bereit, die Informationen<br />
auf dem Beipackzettel zu ändern.<br />
Externe Untersuchungen, die ein<br />
erhöhtes Nebenwirkungsrisiko feststellten,<br />
werden vom Bayer-Konzern aber<br />
weiterhin nicht <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt. Im Gegensatz<br />
dazu wurde jene Studie, die die<br />
Sicherheit der Pille „Yasmin” bestätigt,<br />
„Natürlich gilt das nicht für alle Frauen, bei<br />
m<strong>an</strong>chen wirkt sich die Pille nicht negativ<br />
aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine<br />
Wahrscheinlichkeit?“ (Sylvia Groth)<br />
von der Firma Schering durchgeführt,<br />
die Teil des Bayer-Konzerns ist. Hinzu<br />
kommt, dass Studien, die über Nebenwirkungen<br />
berichten, im Allgemeinen<br />
seltener veröffentlicht werden als solche,<br />
die die Sicherheit von Medizinprodukten<br />
bestätigen. Sylvia Groth dazu: „Eine<br />
Forderung wäre: Alle Studien müssen<br />
veröffentlicht werden! Außerdem können<br />
derzeit nur Ärzt_innen Nebenwirkungen<br />
melden – Patient_innen nicht. Auch das<br />
muss geändert werden. Und: Frauen<br />
brauchen Quellen, Zug<strong>an</strong>g zu Websites,<br />
zu wissensbasierten Ergebnissen, die<br />
nicht von der Pharmaindustrie bezahlt<br />
werden. Sie müssen einschätzen können,<br />
welche Quellen seriös sind.”<br />
Streit um Hormone. Welche Hormone<br />
welche Auswirkungen auf den Körper<br />
Pille<br />
haben, wo und wie sie genau wirken,<br />
– darüber bekommt frau immer noch<br />
unterschiedliche Auskünfte. Christi<strong>an</strong><br />
Fiala, Gynäkologe und Leiter des<br />
Wiener Museums für Verhütung und<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch, meint, dass<br />
ein Hormon per se nicht schädlich und<br />
die Verteufelung aller Hormonpräparate<br />
daher nicht zielführend sei: „Hormone<br />
sind nichts <strong>an</strong>deres als Botenstoffe, die<br />
ohnehin im Körper vorkommen.” Er<br />
räumt jedoch ein, dass jedes Hormonpräparat<br />
auf jeden individuellen Körper<br />
unterschiedlich wirken k<strong>an</strong>n: „Wenn<br />
eine Frau eine bestimmte Pille nicht<br />
verträgt, k<strong>an</strong>n sie daraus nicht schließen,<br />
dass sie Hormone <strong>an</strong> sich nicht<br />
verträgt. Sie verträgt d<strong>an</strong>n dieses eine<br />
spezielle Präparat nicht, ein <strong>an</strong>deres<br />
vermutlich schon. Sie muss ausprobieren,<br />
welches Präparat bei ihr am<br />
wenigsten Nebenwirkungen aufweist.<br />
Das perfekte Verhütungsmittel gibt es<br />
nicht. M<strong>an</strong> muss sich das suchen, das am<br />
wenigsten stört.”<br />
Medizinsoziologin Sylvia Groth sieht<br />
bei der Einnahme von Hormonen über<br />
einen l<strong>an</strong>gen Zeitraum hingegen sehr<br />
wohl ein Problem: „Dass es keine<br />
L<strong>an</strong>gzeitwirkungen gibt, k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nicht<br />
sagen. Es gibt natürlich Auswirkungen<br />
auf den gesamten Körper, zum Beispiel<br />
die Möglichkeit einer Thrombose oder<br />
eines Schlag<strong>an</strong>falls. Außerdem wirkt<br />
die Pille auf das Herz-Kreislauf-System.<br />
Bei welchen Krebsarten sich das Risiko<br />
durch die Pilleneinnahme erhöht, ist<br />
noch nicht geklärt. Und es gibt Studien,<br />
die belegen, dass Hormone l<strong>an</strong>gfristig<br />
lustbeeinflussend sind.” Das bedeutet,<br />
dass auch Jahre nach Absetzen der<br />
Pille die Libido – im Gegensatz zu vorher<br />
– vermindert sein k<strong>an</strong>n. Groth: „Natürlich<br />
gilt das nicht für alle Frauen, bei<br />
Wusstest du eigentlich ...<br />
… dass die Pille von zwei Feministinnen ermöglicht wurde?<br />
Margaret S<strong>an</strong>ger (1879–966) war eine US-amerik<strong>an</strong>ische<br />
Kr<strong>an</strong>kenschwester und Frauenrechtlerin. In ihrem Berufsalltag<br />
sah sie, wie Frauen unter ständigen Schw<strong>an</strong>gerschaften<br />
litten, und gründete 1921 die Americ<strong>an</strong> Birth Control League,<br />
auf der Suche nach einfachen und billigen Mitteln zur Empfängnisverhütung.<br />
In dieser Funktion lernte sie Katharine McCormick kennen,<br />
eine reiche Industriellengattin, die Suffragette und Phil<strong>an</strong>tropin<br />
war. S<strong>an</strong>ger brachte sie auf einer Dinner-Party im Jahr 1953 mit dem<br />
Gynäkologen Gregory Pincus zusammen. Das Resultat: McCormick<br />
fin<strong>an</strong>zierte schließlich Gregory Pincus und sein Team – in dem auch<br />
Carl Djerassi war – und deren Forschungsprojekt zu einem hormonellen<br />
Verhütungsmittel, wenig später war die Pille erfunden. be/trude<br />
verhütung<br />
4 Zitiert nach Barbara<br />
Seam<strong>an</strong> u. Laura Eldridge:<br />
The Pill in Cheris Kramarae,<br />
Dale Spender: Routledge<br />
International Encyclopedia<br />
of Women: Identity politics<br />
to publishing. 2000<br />
5 1 Bayer-Presseinformation<br />
(30.4.<strong>2010</strong>): 50 Jahre<br />
„Pille”: Die <strong>an</strong>dere Bil<strong>an</strong>z,<br />
www.cbgnetwork.org/3360.<br />
html<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 09
verhütung<br />
6 Mit dem Pearl-Index k<strong>an</strong>n<br />
die Zuverlässigkeit von Methoden<br />
der Empfängnisverhütung<br />
gemessen werden.<br />
Ein Pearl-Index von 15<br />
zeigt <strong>an</strong>, dass von 100 Frauen,<br />
die mit einer bestimmten<br />
Methode ein Jahr (zwölf<br />
Zyklen) l<strong>an</strong>g verhüten, etwa<br />
15 schw<strong>an</strong>ger werden, d.h.<br />
je niedriger der Pearl-Index<br />
ist, desto sicherer ist die<br />
Methode.<br />
7 Die APC-Resistenz ist<br />
eine Erbkr<strong>an</strong>kheit, bei<br />
der das Thrombose-Risiko<br />
erhöht ist. Der Test würde<br />
damit einen der wichtigsten<br />
Risikofaktoren für die<br />
Frauen abklären.<br />
10 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
m<strong>an</strong>chen wirkt sich die Pille nicht negativ<br />
aus. Aber was nutzt mir im Einzelfall eine<br />
Wahrscheinlichkeit?”<br />
Eben diese Nebenwirkung der Pille<br />
erscheint besonders paradox: einerseits,<br />
weil sie von den Frauen selbst, aber<br />
auch von Gynäkolog_innen nicht als<br />
ernst zu nehmende Folgeerscheinung<br />
<strong>an</strong>gesehen wird. Andererseits, da die<br />
Pille doch insbesondere in ihren Anfängen<br />
als Mittel zur sexuellen Befreiung<br />
der Frau gefeiert wurde.<br />
Befreiung der Sexualität. Vor der Erfindung<br />
der Pille lag die Ver<strong>an</strong>twortung<br />
der Verhütung bei den Männern. Sylvia<br />
Groth erzählt: „Früher musste ein M<strong>an</strong>n<br />
eine Frau heiraten, wenn sie schw<strong>an</strong>ger<br />
wurde. Das hat sich geändert – was per<br />
se nicht schlecht ist.” Mit der Freigabe<br />
der Pille lag die Verhütungskontrolle<br />
erstmals bei den Frauen. Auch Christi<strong>an</strong><br />
Fiala sieht das so: „Mit Einführung der<br />
Pille hatten erstmals Frauen die Kontrolle<br />
über ihren Körper, das heißt, ob sie<br />
schw<strong>an</strong>ger werden wollten oder nicht.<br />
Bis heute haben sie durch die Pille die<br />
Kontrolle über die Verhütung. Prinzipiell<br />
muss m<strong>an</strong> zur Pille sagen: Sie<br />
hat eine gute Verträglichkeit, wenige<br />
Nebenwirkungen und eine relativ hohe<br />
Sicherheit.”<br />
Der theoretische Pearl-Index 6 bei<br />
fehlerfreiem Gebrauch beträgt bei<br />
Lust in kleinen Dosen<br />
Von Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg<br />
Da saß nun der Herr Pillenerfinder kürzlich im „Club 2”<br />
und plauderte über die reife Lust mit fünfzig plus: Carl<br />
Djerassi, ein älterer Herr, dem der Ruf nacheilt, mehreren<br />
Frauengenerationen den Spaß am Sex beschert zu haben,<br />
ist 1939 aus Wien in die USA emigriert und ließ 1951<br />
einen Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons<br />
Progesteron als Verhütungsmittel patentieren.<br />
Die heilige Mutter. 1960 kam die erste Antibabypille auf<br />
den Markt. Das war meine Reifezeit. Der Pubertät entwachsen,<br />
dem Frausein noch nicht g<strong>an</strong>z zugewachsen, war<br />
alles, was mit Sexualität zu tun hatte, ein geheimnisvoller,<br />
sagenumwobener Kontinent. Den zu erforschen war gefährlich.<br />
Lustvolle Angst. Nicht Geschlechtskr<strong>an</strong>kheiten, sondern<br />
Schw<strong>an</strong>gerschaft hieß das Damoklesschwert, das über<br />
jedem Bett schw<strong>an</strong>g. Zwar hatte schon Oswald Kolle in den<br />
1960ern die Geheimnisse des Geschlechtlichen <strong>an</strong>s mediale<br />
Licht geholt. „Dein Kind, das unbek<strong>an</strong>nte Wesen” war eines<br />
seiner ersten Bücher, das den Eltern (eine lustfeindliche<br />
Kriegsgeneration, die sich mit <strong>an</strong>deren Verdrängungen abmühte)<br />
den Glauben <strong>an</strong> die sexuelle Unschuld ihrer Kinder<br />
nahm. Aber „darüber” wurde in den meisten Familien nicht<br />
gesprochen. Sexualität war zum Rotwerden. Die Folge war<br />
ein Baby-Boom, der mit dem aus der Nazi-Zeit herübergeretteten<br />
weiblichen Mutterideal korrespondierte.<br />
„Beheben von Menstruationsstörungen“. Carl Djerassi,<br />
der Pillen-Patentierer, kam für mich zu spät. Ich wurde<br />
mit 21 (damals ein normales Gebäralter) ungewollt und<br />
unverheiratet schw<strong>an</strong>ger. Die gerade in Umlauf gebrachte<br />
Antibabypille war im Nachkriegsdeutschl<strong>an</strong>d umstritten<br />
und kollidierte mit den herrschenden Moralvorstellungen.<br />
In einem Rundschreiben vom 25. <strong>Juli</strong> 1968 <strong>an</strong> die KatholikInnen<br />
vertrat Papst Paul VI. die Meinung, „dass jeder<br />
einzelne eheliche Akt (quilibet matrimonii usus) nur d<strong>an</strong>n<br />
der Pille nämlich 0,3 – der praktische<br />
Pearl-Index bei normalem Gebrauch<br />
liegt da schon höher, und zwar bei 8. Im<br />
Vergleich dazu liegt der theoretische<br />
Pearl-Index bei Verwendung von Kondomen<br />
bei 3, der praktische Pearl-Index<br />
schon bei 14 – also weit höher als bei<br />
der Pille.<br />
So hat die Pille Frauen von der Last<br />
der dauernden Schw<strong>an</strong>gerschaften bzw.<br />
der perm<strong>an</strong>enten Angst davor befreit.<br />
Gleichzeitig hatten sie erstmals die<br />
Möglichkeit, bestimmte Abläufe in ihren<br />
Körpern mithilfe des Hormonpräparats<br />
zu kontrollieren und selbst zu bestimmen,<br />
ob und w<strong>an</strong>n sie schw<strong>an</strong>ger sein<br />
wollten.<br />
sittlich gut ist, wenn er für die Weitergabe des Lebens offen<br />
bleibt” (und so sieht es der Vatik<strong>an</strong> ja mehr oder weniger<br />
auch heute noch). Der Pharmakonzern Schering führte<br />
„die Pille” daher als „Mittel zur Behebung von Menstruationsstörungen”<br />
ein. Sie wurde zunächst nur verheirateten<br />
Frauen verschrieben, später mit elterlicher Erlaubnis auch<br />
den ledigen Töchtern. Und so trat ich den entwürdigenden<br />
C<strong>an</strong>ossag<strong>an</strong>g durch Berliner Arztpraxen <strong>an</strong>, deren Adressen<br />
unter der H<strong>an</strong>d geh<strong>an</strong>delt wurden. Abtreibung st<strong>an</strong>d damals<br />
unter Strafe. Kein Gynäkologe und keine Gynäkologin<br />
konnte oder wollte helfen, und der Preis für einen illegalen<br />
Eingriff unter fragwürdigen Umständen war sowieso unerschwinglich<br />
für mich.<br />
Sexueller Männer-Freibrief. Heute, 45 Jahre später, bin ich<br />
sehr froh darüber, denn ich habe zwei wundervolle Töchter<br />
und zwei tolle Enkelkinder, die mein Leben sehr bereichern.<br />
Damals hätte ich mir aber gewünscht, meine Zukunft<br />
selbstbestimmter pl<strong>an</strong>en zu können. Und schließlich hatten<br />
es auch meine Töchter nicht leicht, in ein ungepl<strong>an</strong>tes Leben<br />
zu finden.<br />
Ich gehöre aber zu jenen Frauen, die jahrzehntel<strong>an</strong>g, oft<br />
ohne Pause, die Pille geschluckt haben. Diese Hormonhämmer<br />
habe ich zum Glück gut vertragen und auch nach<br />
der Menopause keine gravierenden Beschwerden gehabt.<br />
Was ich nicht vertragen habe, war der sexuelle Freibrief,<br />
den sich die lustbetonte, patriarchale 68er-Männerwelt<br />
bar jeder Verhütungsver<strong>an</strong>twortung selbst ausgestellt hat.<br />
Das Pillendöschen durfte in keiner weiblichen H<strong>an</strong>dtasche<br />
fehlen, und wenn doch: selber schuld.<br />
Ob Herr Carl Djerassi meine sexuelle Lust gesteigert hat?<br />
Seine chemische Großtat hat mir zumindest streckenweise die<br />
Angst genommen. Die Lust habe ich <strong>an</strong>ders entdecken müssen.<br />
Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg lebt als Journalistin und Autorin in Wien.
Unabhängige Information. Das<br />
Potenzial der Pille, die Befreiung und<br />
Selbstbestimmung, die sie den Frauen<br />
in den letzten fünfzig Jahren ermöglicht<br />
hat, ist unbestreitbar. Und auch heute<br />
ist es für viele Frauen der einfachste<br />
Schritt, sich für diese relativ sichere<br />
und gleichzeitig einfach zu h<strong>an</strong>dhabende<br />
Form der Empfängnisverhütung<br />
zu entscheiden. Einziges M<strong>an</strong>ko: das<br />
m<strong>an</strong>gelnde Bewusstsein darüber, was<br />
mit dem Körper geschieht und ob frau<br />
das auch will.<br />
Sylvia Groth betont, dass es einige<br />
Risiken und Nebenwirkungen gibt, über<br />
die Frauen Bescheid wissen müssen:<br />
„Wenn ich Hormone zu mir nehme,<br />
habe ich Wirkungen und Nebenwirkungen.<br />
Und ich muss schauen, was mir<br />
wichtig ist, auch im Kontext mit meinen<br />
Wertevorstellungen. Frauen müssen<br />
darüber informiert sein, was sie tun.”<br />
Daher fordert sie einen autonomen<br />
Sexualpädagogikunterricht für alle Jugendlichen,<br />
damit sie fundiertes Wissen<br />
über ihren Körper erhalten. „M<strong>an</strong> muss<br />
die Frauen stärken, sie ermutigen. Egal,<br />
was <strong>an</strong>dere sagen: Frauen müssen sich<br />
selbst ernst nehmen. Was für die eine<br />
Frau passt, passt für eine <strong>an</strong>dere nicht”,<br />
plädiert Groth.<br />
Dazu braucht es frei zugängliche und<br />
unabhängige Information, denn nur<br />
so k<strong>an</strong>n frau wissensbasierte Entscheidungen<br />
treffen. „Vor allem muss<br />
die Information auch der Zielgruppe<br />
entsprechen: Bildung, soziale Schicht<br />
etc. spielen hier eine Rolle”, sagt Groth.<br />
Christi<strong>an</strong> Fiala ist ähnlicher Meinung:<br />
„Das Verhütungsmittel muss vor allem<br />
zu den Lebensgewohnheiten der Frau<br />
passen. Ich frage meine Patientinnen<br />
zum Beispiel, ob sie immer in derselben<br />
Wohnung schlafen. Verneinen sie<br />
dies, so rate ich ihnen von der Pille ab.<br />
Denn eine regelmäßige und pünktliche<br />
Einnahme ist wesentlich für die Wirksamkeit<br />
der Pille. Das k<strong>an</strong>n schwierig<br />
werden, wenn eine Frau häufi g wo<strong>an</strong>ders<br />
übernachtet und die Pille zu Hause<br />
vergisst.”<br />
Viele Gynäkolog_innen klären aber die<br />
Lebensverhältnisse ihrer Patientinnen<br />
nicht ab, häufi g sind sie in diesen und<br />
<strong>an</strong>deren Punkten der notwendigen Anamnese<br />
zu wenig sorgfältig. So ordnen<br />
etwa bei Weitem nicht alle einen Test<br />
auf APC-Resistenz 7 <strong>an</strong>, bevor sie einer<br />
Frau die Pille verschreiben.<br />
Aber einmal <strong>an</strong>genommen, all dies wäre<br />
gegeben – gute Aufklärung seitens der<br />
Ärzt_innen, die Möglichkeit für Patient_innen,<br />
eine freie und informierte<br />
Entscheidung zu treffen, und passende<br />
Lebensumstände –, d<strong>an</strong>n steht frau zu<br />
guter Letzt immer noch vor der Frage:<br />
Bin ich damit einverst<strong>an</strong>den, selbst die<br />
Kontrolle über die Schw<strong>an</strong>gerschaftsverhütung<br />
(und damit den eigenen<br />
Körper) zu haben, oder fi nde ich es<br />
mühsam, alleine dafür ver<strong>an</strong>twortlich<br />
zu sein?<br />
Die Zukunft. Große Änderungen oder<br />
Neuerungen sind in den nächsten<br />
Jahren in Sachen Empfängnisverhütung<br />
nicht zu erwarten. Das Prinzip der<br />
hormonellen Verhütung – im Körper<br />
der Frau – hat sich etabliert, es sind<br />
nur neue Darreichungsformen (Pfl aster,<br />
Spritze etc.) hinzugekommen. An<br />
nicht-hormonellen Alternativen wird<br />
derzeit nicht geforscht. Angeblich gibt<br />
es Bemühungen seitens der Pharmaindustrie,<br />
auch Männer in die Verhütungsver<strong>an</strong>twortung<br />
zu holen. Sylvia Groth<br />
meint dazu lakonisch: „Von der Pille für<br />
den M<strong>an</strong>n höre ich schon seit dreißig<br />
Jahren.” Außerdem glaubt sie, dass<br />
Männer Nebenwirkungen viel weniger<br />
tolerieren würden: Ihre Libido würden<br />
sie sich nicht nehmen lassen, das Produkt<br />
müsste wesentlich ausgereifter sein, bis<br />
ein M<strong>an</strong>n es nehmen würde.<br />
Christi<strong>an</strong> Fiala hingegen glaubt, dass<br />
die Männer mittlerweile sehr dar<strong>an</strong><br />
interessiert sind, wieder die Kontrolle<br />
darüber, „was mit den Spermien<br />
passiert”, zu übernehmen. Seiner<br />
Meinung nach wird sich in Zukunft ein<br />
hormonelles Impl<strong>an</strong>tat für den M<strong>an</strong>n<br />
gegenüber der Pille durchsetzen. Groth<br />
und Fiala sind aber beide skeptisch, was<br />
das Übergeben der Ver<strong>an</strong>twortung <strong>an</strong><br />
den M<strong>an</strong>n <strong>an</strong>l<strong>an</strong>gt: „Würden Frauen<br />
den Männern vertrauen, wenn es<br />
letztlich die Frauen sind, die schw<strong>an</strong>ger<br />
werden?” l<br />
neul<strong>an</strong>d<br />
entdeckungen im alltag<br />
Beate Hammond<br />
Dumme Fragen<br />
Es gibt ja <strong>an</strong>geblich keine dummen Fragen, sondern nur<br />
dumme Antworten. Doch seit der internationale Fußballverb<strong>an</strong>d<br />
FIFA im Jahr 2004 beschlossen hat, die<br />
Fußball-WM der Männer <strong>an</strong> Südafrika zu vergeben, werden<br />
viele Fragen gestellt. Ich bin mir nicht immer sicher,<br />
ob all diese Fragen so intelligent sind. Im Kern geht es<br />
darum, ob ein afrik<strong>an</strong>ischer Staat überhaupt kompetent<br />
ist, ein sportliches Großereignis auszurichten. Egal, dass<br />
Südafrika schon Gastgeberl<strong>an</strong>d für die Rugby-WM und<br />
Cricket-WM war. Egal, dass bei FIFA-Besuchen kein<br />
nennenswerter Kritikpunkt bemängelt wurde. Nun ist die<br />
Männerfußball-WM bald wieder vorbei – und es bleibt<br />
zu hoffen, dass inzwischen folgende Fragen, die auf einer<br />
südafrik<strong>an</strong>ischen Tourismus-Webseite von internationalen<br />
Reisewilligen gestellt und vom Webmaster der Seite<br />
be<strong>an</strong>twortet wurden, restlos geklärt sind.<br />
Frage: Wie läuft die Zeit in Südafrika? (USA)<br />
Antwort: Rückwärts. Bleiben Sie nicht zu l<strong>an</strong>ge, sonst<br />
sind Sie zu klein, um allein wieder zurückzufl iegen.<br />
F: K<strong>an</strong>n ich Besteck in Südafrika einführen? (GB)<br />
A: Wieso? Nehmen Sie doch die Finger, genau wie wir.<br />
F: Gibt es die Beulenpest in Südafrika? (Deutschl<strong>an</strong>d)<br />
A: Nein. Aber bringen Sie sie doch mit!<br />
F: Bitte schicken Sie mir eine Liste mit Kr<strong>an</strong>kenhäusern, die<br />
ein Serum gegen Klapperschl<strong>an</strong>genbisse besitzen. (USA)<br />
A: Klapperschl<strong>an</strong>gen gibt es nur in A-me-ri-ka, wo Sie<br />
herkommen. In Südafrika gibt es nur vollkommen harmlose<br />
Schl<strong>an</strong>gen – diese können sicher geh<strong>an</strong>dhabt werden<br />
und eignen sich hervorragend als Spielkameraden für<br />
Hamster und <strong>an</strong>dere Haustiere.<br />
F: Gibt es Supermärkte in Kapstadt, und gibt es das<br />
g<strong>an</strong>ze Jahr über Milch? (Deutschl<strong>an</strong>d)<br />
A: Nein, wir sind eine Nation von streng veg<strong>an</strong>ischen<br />
Beerensammlern. Milch ist bei uns illegal.<br />
F: Regnet es eigentlich in Südafrika? Ich habe im Fernsehen<br />
noch nie gesehen, dass es regnet. Wie wachsen dort<br />
d<strong>an</strong>n die Pfl <strong>an</strong>zen? (GB)<br />
A: Wir importieren alle Pfl <strong>an</strong>zen voll ausgewachsen und<br />
graben sie hier ein. D<strong>an</strong>n schauen wir zu, wie sie l<strong>an</strong>gsam<br />
eingehen.<br />
In diesem Sinne einen schönen Sommer!<br />
Beate Hammond lebt in Wien und macht ihre Entdeckungen<br />
überall.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 11
gewerkschaftsarbeit<br />
Saubere Kleidung<br />
im Stundenpl<strong>an</strong><br />
Beauty Ntombizodwa Zibula, Vizepräsidentin und Gender-Beauftragte<br />
der Textilgewerkschaft SACTWU*, kam Anf<strong>an</strong>g Mai<br />
auf Einladung von Südwind nach Österreich. Sie informierte über die<br />
sozialen und arbeitsrechtlichen Herausforderungen,<br />
denen TextilarbeiterInnen in Südafrika täglich gegenüberstehen.<br />
Katharina Weßels traf die Aktivistin zum Interview.<br />
* SACTWU (Southern<br />
Afric<strong>an</strong> Clothing <strong>an</strong>d<br />
Textile Workers Union) ist<br />
die größte Gewerkschaft<br />
der südafrik<strong>an</strong>ischen<br />
Textilindustrie mit mehr als<br />
100.000 Mitgliedern. Die<br />
Löhne, die SACTWU für<br />
die Br<strong>an</strong>che ausverh<strong>an</strong>delt,<br />
kommen mehr als 150.000<br />
ArbeiterInnen zugute.<br />
www.sactwu.org.za, www.<br />
sactwuaidsproject.org.za<br />
12 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Wie wirkt sich das Geschäft<br />
mit der Fußballweltmeisterschaft in<br />
Südafrika auf die Textilbr<strong>an</strong>che und<br />
insbesondere auf die ArbeiterInnen<br />
aus?<br />
Beauty Ntombizodwa Zibula: Wir<br />
versuchen, die Regierung dazu zu bringen,<br />
die Trikots unseres Nationalteams<br />
„Baf<strong>an</strong>a Baf<strong>an</strong>a” in Südafrika herstellen<br />
zu lassen. Das würde es uns ermöglichen,<br />
mehr ArbeiterInnen <strong>an</strong>zustellen.<br />
Gleichzeitig stellen wir auch sicher, dass<br />
die Trikots in Cle<strong>an</strong>-Clothes-Unternehmen<br />
<strong>an</strong>gefertigt werden und diese auch<br />
den Auflagen unserer Tarifkommission<br />
entsprechen. Allerdings fragen wir uns,<br />
wie es nach der Fußballweltmeisterschaft<br />
weitergehen soll. Was wir als Gewerkschaft<br />
befürchten, ist die Arbeitslosigkeit,<br />
von der nach der WM besonders<br />
Frauen betroffen sein werden. Letzten<br />
Monat hat die Regierung jedoch ein<br />
Programm verabschiedet, das vorsieht,<br />
Unternehmen fin<strong>an</strong>ziell zu unterstützen,<br />
die diese Arbeitslosen einstellen. Jetzt<br />
geht es darum, das Programm entsprechend<br />
zu implementieren.<br />
Darüber hinaus gewährleisten wir, dass<br />
Arbeiterinnen, deren Arbeitsverhältnis<br />
nach der Weltmeisterschaft endet,<br />
eine entsprechende Abfindung von den<br />
Firmen erhalten, auch um diesen Frauen<br />
die Ch<strong>an</strong>ce zu geben, sich selbstständig<br />
zu machen. Wir hoffen, dass dieses Programm<br />
auch hilft, unsere Br<strong>an</strong>che gegen<br />
die Konkurrenz aus China zu schützen,<br />
denn allein in den letzten vier Jahren<br />
gingen hier 70.000 Arbeitsplätze<br />
verloren. Wir haben in Südafrika eine<br />
Arbeitslosenquote von 31,2 Prozent,<br />
und über 26 Prozent der Südafrik<strong>an</strong>er-<br />
Innen leben von weniger als 9,40 R<strong>an</strong>d<br />
[ca. 0,97 Euro] am Tag.<br />
Wie haben sich die Arbeitsbedingungen<br />
für Frauen in der Textilindustrie<br />
in den letzten Jahren entwickelt?<br />
Sehr gut, denn unsere Tarifkommission<br />
konzentriert sich stark auf den<br />
Gender-Aspekt. Außerdem sind wir<br />
der Meinung, dass es keinen Job gibt,<br />
den wir nicht erledigen können. Wenn<br />
ein M<strong>an</strong>n dazu in der Lage ist, d<strong>an</strong>n<br />
sind wir es auch. Wir möchten nicht<br />
allzu sehr beschützt werden, sondern<br />
Beauty Ntombizodwa Zibula, © Südwind Agentur<br />
vielmehr die gleichen Möglichkeiten<br />
erhalten wie Männer. Auch was das<br />
Thema Schw<strong>an</strong>gerschaft und Karenzzeit<br />
betrifft, setzt sich die Tarifkommission<br />
sehr sein. Die Maßnahmen<br />
beinhalten auch alltägliche Dinge, zum<br />
Beispiel wenn ein Kind kr<strong>an</strong>k wird,<br />
sollten ArbeiterInnen die Möglichkeit<br />
haben sich freizunehmen.<br />
Was machen speziell Sie als Gender-<br />
Beauftragte der SACTWU?<br />
Unsere Aufgabe im Gender-Büro ist es,<br />
den Frauen mehr Macht zu geben, gerade<br />
wenn es um die Unternehmensführung<br />
geht. Heute haben auch innerhalb<br />
unserer Org<strong>an</strong>isation Frauen höhere<br />
Positionen inne, g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>ders als früher,<br />
als m<strong>an</strong> nur Chöre von Männern sehen<br />
konnte. Und heute werden auch die entsprechenden<br />
Rahmenbedingungen dafür<br />
geschaffen, und Frauen können sogar <strong>an</strong><br />
den Wahlen innerhalb der Gewerkschaft<br />
teilnehmen.<br />
Unsere Ziele sind eher l<strong>an</strong>gfristige. Wir<br />
vergeben auch Stipendien für Bildung,<br />
denn bei der Bekämpfung des Analphabetismus<br />
wollen wir uns nicht auf die
Regierung allein verlassen.<br />
Weitere zentrale Themen sind die<br />
Bekämpfung des Missbrauchs in den<br />
Familien und die Beratung und Betreuung<br />
von Arbeiterinnen mit HIV und<br />
AIDS. Wir beschäftigen auch eigene<br />
SozialarbeiterInnen und unterhalten<br />
eigene Kliniken. Die Kr<strong>an</strong>kheit ist sehr<br />
weit verbreitet in Südafrika. Unsere<br />
Kliniken sind sehr wichtig, denn sie<br />
helfen nicht nur dir als Gewerkschaftsmitglied,<br />
sondern deiner g<strong>an</strong>zen<br />
Familie. Ich erwähne das, da ich im<br />
Jahr 2003 selbst meine Tochter <strong>an</strong><br />
AIDS verloren habe. Die Gewerkschaft<br />
half mir sehr, m<strong>an</strong> betreute mich, denn<br />
gleichzeitig musste ich damals noch<br />
erfahren, dass auch meine Enkelin mit<br />
HIV infiziert worden war. Heute ist<br />
sie elf Jahre, sie ist gesund, und die<br />
Org<strong>an</strong>isation erkundigt sich weiterhin,<br />
wie es ihr geht.<br />
Unser Ziel ist es, dass sich die g<strong>an</strong>ze<br />
Br<strong>an</strong>che Tests unterzieht, um über<br />
ihren Status informiert zu sein. Die<br />
Tests laufen gerade <strong>an</strong>, aber wir sollten<br />
für eine so große Br<strong>an</strong>che noch mehr<br />
Leute <strong>an</strong>stellen, als wir jetzt haben, die<br />
sich um die sterbenskr<strong>an</strong>ken Menschen<br />
kümmern.<br />
Welchen Stellenwert haben denn<br />
genderspezifische Fragestellungen in<br />
der aktuellen Regierung?<br />
Es ist hier zu einigen Veränderungen<br />
gekommen. Es gibt nun viele Frauen,<br />
die auch höhere Ämter einnehmen, als<br />
Ministerinnen, Delegierte, als Bürgermeisterinnen<br />
oder als Ratsmitglieder.<br />
Die Regierung setzt sich sehr für Gender-Angelegenheiten<br />
ein, schult Frauen,<br />
um sie zu ermächtigen. D<strong>an</strong>eben gibt es<br />
fin<strong>an</strong>zielle Zuschüsse für arme Frauen<br />
oder auch Wohnbeihilfen. Es gibt auch<br />
eine eigene Gender-Abteilung, zu der<br />
wir gute Kontakte haben.<br />
Sie waren bereits im Kampf gegen<br />
das Apartheid-Regime aktiv. In<br />
welcher Form haben Sie sich damals<br />
engagiert?<br />
Ein spezielles Anliegen damals, ich ging<br />
da noch zur Schule, war zum Beispiel,<br />
nicht dazu gezwungen zu werden, in<br />
Afrika<strong>an</strong>s zu lernen, denn das ist nicht<br />
unsere Muttersprache. Wir sahen uns<br />
schon überall versagen, weil wir diese<br />
Sprache nicht gut genug beherrschten.<br />
Es ging außerdem um unsere politischen<br />
Anführer und deren Befreiung aus<br />
dem Gefängnis. Und es war ein Haupt<strong>an</strong>liegen,<br />
unsere Version der Geschichte<br />
zu erzählen. Wir wollten, dass unser<br />
L<strong>an</strong>d <strong>an</strong>tirassistisch wird, dass es keine<br />
Diskriminierung, auch keine religiöse,<br />
mehr gibt.<br />
In welcher Weise beeinflusst die<br />
Erfahrung mit dem Kampf gegen die<br />
Apartheid Ihr Engagement für mehr<br />
Arbeiterinnenrechte?<br />
Ja, da gibt es eine Verbindung. Meine<br />
Mutter arbeitete zum Beispiel auf einer<br />
Farm und war ihr Leben l<strong>an</strong>g Analphabetin.<br />
Ich denke, dass unser Gender-Büro<br />
heute die Möglichkeit hat, die Leute aus<br />
solchen Situationen herauszuholen. Früher<br />
wurden Menschen wie meine Mutter<br />
dafür verachtet und diskriminiert, wie<br />
sie lebten bzw. leben mussten, denn sie<br />
„Was wir als Gewerkschaft befürchten, ist<br />
die Arbeitslosigkeit, von der nach der WM<br />
besonders Frauen betroffen sein werden.“<br />
hatten gleichzeitig gar keine Ch<strong>an</strong>ce, ihr<br />
Leben zu verändern oder sich Bildung<br />
<strong>an</strong>zueignen. Die Unterdrückung wurde<br />
vom Apartheid-Regime mit „kulturellen<br />
Unterschieden” begründet.<br />
Dass ich heute hier mit Ihnen so offen<br />
darüber reden k<strong>an</strong>n, liegt dar<strong>an</strong>, dass<br />
ich beim Kampf gegen die Apartheid dabei<br />
war, aber was ist mit den Menschen,<br />
die es nicht waren? Die denken vielfach,<br />
dass die Bestimmungen von damals<br />
besser waren. Unser Job ist es, diesen<br />
Leuten zu erklären, was richtig und was<br />
falsch ist. Es liegt d<strong>an</strong>n allerdings <strong>an</strong><br />
ihnen, wie sie weitermachen wollen.<br />
Sie waren ja nun einige Tage in Österreich.<br />
Welche Eindrücke nehmen Sie<br />
von Ihrem Besuch mit?<br />
In Graz war ich sehr beeindruckt, als<br />
ich von den ModestudentInnen erfuhr,<br />
dass die Idee der „Cle<strong>an</strong> Clothes” Teil<br />
ihres Stundenpl<strong>an</strong>s ist. 1 Sie sind sehr<br />
gut informiert. Ich werde überlegen,<br />
was wir in Südafrika in dieser Hinsicht<br />
unternehmen können, denn wir haben<br />
es der Regierung überlassen, wie sie<br />
die Stundenpläne gestaltet, und unsere<br />
Anliegen als Textil- und Bekleidungsindustrie<br />
bisl<strong>an</strong>g nicht hineinformuliert.<br />
Wir müssen unsere Gesellschaft über<br />
die Cle<strong>an</strong>-Clothes-Kampagne aufklären.<br />
Schließlich wird jem<strong>an</strong>d, der nicht weiß,<br />
ob ein Produkt gut oder schlecht ist,<br />
es kaufen, weil es billig ist, ohne dabei<br />
zu bedenken, dass das unsere Br<strong>an</strong>che<br />
zerstört.<br />
Was mich auch beschäftigt, ist die<br />
Sache mit den Designerklamotten. Ein<br />
Unternehmen kommt hierher nach<br />
Europa, kauft ein bestimmtes Label,<br />
nimmt es mit nach Südafrika, repliziert<br />
es und gibt ihm einen neuen Namen<br />
– was bedeutet, dass die Person, die<br />
dieses Design eigentlich kreiert hat,<br />
unsichtbar wird. Meiner Meinung nach<br />
ist das Betrug, und es zerstört unseren<br />
Industriezweig. Es wird dazu führen,<br />
dass unsere jungen Talente sich letztlich<br />
von der Textilbr<strong>an</strong>che abwenden, denn<br />
wenn die Unternehmen weiter so<br />
vorgehen, wer kauft d<strong>an</strong>n dein Label?<br />
Die Leute werden sagen: „Das Design<br />
gibt’s auch in Südafrika, nur billiger.”<br />
Wir haben gerade erst wieder neue<br />
DesignerInnen rekrutiert, und m<strong>an</strong> hört<br />
bereits ihre Beschwerden. Es ist einfach<br />
nicht richtig, dass du fünf Jahre auf eine<br />
Modeschule gehst, um am Ende gesagt<br />
zu bekommen „Kopier das mal.”<br />
Unsere Br<strong>an</strong>che muss geschützt werden<br />
– auch in dem Wissen, dass besonders<br />
viele Frauen für diesen Industriezweig<br />
arbeiten. Ohne uns wären doch alle<br />
nackt. l<br />
Beauty Ntombizodwa Zibula, geb. in Durb<strong>an</strong>,<br />
engagierte sich bereits als Schülerin<br />
gegen das Apartheid-Regime. 1978 bekam<br />
sie ihren ersten Job in der Textilbr<strong>an</strong>che,<br />
zehn Jahre später wurde sie für die<br />
Gewerkschaft aktiv, bald darauf wurde sie<br />
von ihren KollegInnen zur Gewerkschaftsrepräsent<strong>an</strong>tin<br />
ern<strong>an</strong>nt. 1989 entst<strong>an</strong>d<br />
SACTWU aus einer Fusion mehrerer Gewerkschaften.<br />
Heute ist sie Vizepräsidentin<br />
und Gender-Beauftragte von SACTWU.<br />
gewerkschaftsarbeit<br />
1 Dazu die Agentur<br />
Südwind: „Der Aspekt der<br />
sozialen und ökologischen<br />
Ver<strong>an</strong>twortung ist neu und<br />
erst seit der Reform im<br />
Jahre 2009 im Curriculum<br />
ver<strong>an</strong>kert. Wir durften dabei<br />
mitreden und auch Vor<strong>schläge</strong><br />
einbringen.”<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 13
<strong>an</strong>.riss international<br />
Demonstration in Windhoek, Namibia, Foto: http://endforcedsterilisation.wordpress.com<br />
namibia<br />
HIV und Zw<strong>an</strong>gssterilisationen<br />
Seit 1. Juni wird am Obersten Gerichtshof in Windhoek, Namibia, der<br />
Fall von drei Frauen verh<strong>an</strong>delt, die den Staat verklagen. Die Frauen<br />
wurden jeweils nach einem positiven HIV-Test in öffentlichen Spitälern<br />
ohne ihr eindeutiges Einverständnis sterilisiert. Bei ihren Klagen h<strong>an</strong>delt<br />
es sich um Präzedenzfälle – und das obwohl bereits seit 2007 zahlreiche<br />
Fälle von erzwungener Sterilisation <strong>an</strong> staatlichen Kr<strong>an</strong>kenhäusern in<br />
mehreren Regionen Namibias bek<strong>an</strong>nt sind. Das Gesundheitsministerium<br />
war seit 2008 offiziell darüber informiert, dennoch kam es in den<br />
folgenden Jahren zu weiteren Zw<strong>an</strong>gssterilisationen. Dutzende Frauen<br />
solidarisierten sich mit den Klägerinnen und demonstrierten in Namibia,<br />
aber auch vor namibischen Botschaften in Lukasa, Washington D.C. und<br />
Pretoria. Sie befürchten vor allem, dass sich HIV-positive Frauen aus<br />
Angst vor Sterilisation nicht mehr in Spitäler wagen und sich nicht mehr<br />
beh<strong>an</strong>deln lassen. Zudem wurde eine Petition initiiert, die die sofortige<br />
Beendigung von Zw<strong>an</strong>gssterilisationen fordert und die Diskriminierung<br />
von HIV-positiven Menschen sowie die Verletzung der Menschenrechte<br />
auf Würde und Gleichheit <strong>an</strong>gepr<strong>an</strong>gert und auf das Recht von Frauen<br />
auf Selbstbestimmung über ihren Körper insistiert. Die Petition wurde<br />
mit Beginn des Gerichtsprozesses <strong>an</strong> die namibische Gesundheitsministerin<br />
übergeben. Zu Redaktionsschluss wurden die weiteren Verh<strong>an</strong>dlungen<br />
auf Anf<strong>an</strong>g September vertagt, da die Anhörungen mehr Zeit in Anspruch<br />
nahmen als ursprünglich gepl<strong>an</strong>t. vers<br />
http://endforcedsterilisation.wordpress.com, http://allafrica.com, http://ipsnews.net<br />
bosnien/montenegro<br />
Erinnerungsräume<br />
„Kollektive Trauer- und Erinnerungsräume” ist das Thema der ersten<br />
internationalen Frauen-Sommerakademie in Montenegro, die vom 3. bis<br />
14 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
8. <strong>August</strong> im Zentrum für Frauen- und Friedensbildung<br />
ANIMA in Kotor stattfindet. Die<br />
Sommerakademie setzt sich mit der Bedeutung<br />
und der Notwendigkeit von gemeinschaftlichem<br />
Trauern und Erinnern ausein<strong>an</strong>der und diskutiert,<br />
„wie dieses in die Gesellschaft re-integriert werden<br />
k<strong>an</strong>n”. Das Forum wird vom Bremer Verein<br />
protr<strong>an</strong>skultur e.V. in Kooperation mit ANIMA<br />
org<strong>an</strong>isiert und wendet sich <strong>an</strong> Frauen mit Interesse<br />
<strong>an</strong> Methoden der Trauer-, Erinnerungs- und<br />
Friedensarbeit.<br />
Um Erinnerung geht es auch beim internationalen<br />
Friedensmarsch in Bosnien, der heuer zum<br />
fünften Mal stattfindet. Der dreitägige, 110<br />
Kilometer l<strong>an</strong>ge Marsch nach Srebrenica/Potocari,<br />
ˇ<br />
folgt dem Weg jener wenigen Flüchtlinge,<br />
die sich vor 15 Jahren während des Bosnienkrieges<br />
aus der ehemaligen „Sicherheitszone”<br />
der Vereinten Nationen um Srebrenica retten<br />
konnten. Im <strong>Juli</strong> 1995 kamen hier bis zu 8.000<br />
BosnierInnen bei – sorgfältig gepl<strong>an</strong>ten –<br />
Massenexekutionen durch serbische Armee,<br />
Polizei und Paramilitärs ums Leben. Der Verein<br />
protr<strong>an</strong>skultur org<strong>an</strong>isiert hierzu eine Solidaritätsreise<br />
vom 5. bis 12. <strong>Juli</strong>. viyu<br />
8.–10.7., Friedensmarsch durch Bosnien, allgemeine Informationen: www.marsmira.org,<br />
Solidaritätsreise mit protr<strong>an</strong>skultur e.V.: 5.–12.7.; 3.–8.8., Informationen u. Anmeldung<br />
zur Sommerakademie in Montenegro: protr<strong>an</strong>skultur e.V., Marij<strong>an</strong>a Gršak, 28203 Bre-<br />
men, Horner Straße 63, T. +49/421/3339515, www.verein.protr<strong>an</strong>skultur.de<br />
brasilien<br />
Fetal Rights vs. Women’s Rights<br />
Abtreibung ist in Brasilien illegal. Ein neuer Gesetzentwurf, der im Mai dem<br />
brasili<strong>an</strong>ischen Parlament vorgelegt wurde, könnte die ohnehin schon prekäre<br />
Lage ungewollt schw<strong>an</strong>gerer Frauen in Zukunft noch weiter erschweren.<br />
Demnach soll jedem Ungeborenen mit absoluter Priorität das Recht auf<br />
Leben, Gesundheit, Entwicklung, Ehre, Würde, Respekt, Freiheit, und Familie<br />
gar<strong>an</strong>tiert werden. Jegliche absichtliche Beeinträchtigung eines Fötus könnte<br />
laut Entwurf strafrechtliche Folgen nach sich ziehen.<br />
Mari<strong>an</strong>ne Mollm<strong>an</strong>n, Vertreterin für Frauenrechte bei der Menschrechtsorg<strong>an</strong>isation<br />
Hum<strong>an</strong> Rights Watch, findet es zwar löblich, sichere Schw<strong>an</strong>gerschaften<br />
und Geburten zu fördern, dennoch verurteilt sie die Gesetzesvorlage, da<br />
Frauen aus Angst vor der Polizei notwendige medizinische Hilfe verweigern<br />
könnten. Auch Abtreibungen im Falle von Vergewaltigung wären durch das<br />
mögliche neue Gesetz verboten. Dies würde dem Recht auf Leben und Gesundheit<br />
jeder Schw<strong>an</strong>geren widersprechen, warnt Hum<strong>an</strong> Rights Watch. kw<br />
www.hrw.org, www.dawnnet.org<br />
russl<strong>an</strong>d<br />
Moskau Pride à la James Bond<br />
Zum fünften Mal in Folge hatte die Moskauer Stadtregierung unter Bürgermeister<br />
Juri Luschkow die diesjährige Pride Parade in der russischen<br />
Hauptstadt verboten. Luschkow, der von einer „sat<strong>an</strong>ischen” Demonstration<br />
und einer „gesellschaftlichen Plage” sprach, ließ in den letzten
Jahren regelmäßig DemonstrationsteilnehmerInnen, die sich dem Verbot<br />
widersetzten, verhaften. Trotzdem versammelten sich Ende Mai LGBT-<br />
Aktivist_innen und zogen mit Slog<strong>an</strong>s wie „Russl<strong>an</strong>d ohne Homophobie”<br />
durch das Moskauer Zentrum. Zuvor führten sie durch falsche Ankündigungen<br />
in Blogs und Foren die Polizei und die Antiterroreinheit OMON<br />
in die Irre. „Moscow Pride ist eine Komm<strong>an</strong>doaktion im James-Bond-<br />
Stil”, erklärten die Aktivist_innen im Live-Blog von UKGayNews, „sie<br />
ist schwieriger zu org<strong>an</strong>isieren als eine Parade in London oder Paris mit<br />
zigtausend Teilnehmer_innen.” Die Blitzdemonstration verlief glücklicherweise<br />
friedlich – g<strong>an</strong>z im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren,<br />
in denen es beim verbotenen CSD zu Übergriffen durch Rechtsradikale<br />
und Polizisten kam. viyu<br />
www.queer-news.at, www.queer.de, www.ukgaynews.org.uk<br />
china<br />
Ein wahrlich unglaublicher Preis<br />
Bereits in Deutschl<strong>an</strong>d erhältlich, kommt das neue iPad von Apple nun<br />
auch auf den österreichischen Markt. Beteiligt <strong>an</strong> der Produktion der<br />
Geräte ist der IT-Liefer<strong>an</strong>t Foxconn, der größte Elektronikhersteller der<br />
Welt. Unlängst geriet das Unternehmen ins Kreuzfeuer der internationalen<br />
Kritik: Zehn Selbstmorde von Arbeiter_innen der firmeneigenen<br />
Fabrik im südchinesischen Shenzhen wurden allein in diesem Jahr mit<br />
den dort vorherrschenden menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in<br />
Verbindung gebracht. Foxconn weist jeglichen Vorwurf der Mitschuld<br />
von sich und erklärte die Suizide mit persönlichen Beweggründen der<br />
Betroffenen. Bereits 2006 wurde Foxconn wegen unmenschlicher Arbeitsbedingungen<br />
kritisiert, woraufhin auch iPhone-Auftraggeber Apple<br />
unter Druck geriet. Wie schon 2006 blieben die von Apple ver<strong>an</strong>lassten<br />
jüngsten Untersuchungen allerdings ergebnislos. Foxconn beschäftigt<br />
allein in der Stadt Shenzhen 300.000 MitarbeiterInnen und fertigt für<br />
weitere Weltkonzerne, wie Hewlett-Packard, Dell, Nokia oder Sony.<br />
1997 arbeiteten weniger als 10.000 Menschen für Foxconn, seit 2008<br />
sind es mehr als 700.000. Die österreichische Org<strong>an</strong>isation Südwind hat<br />
Iv<strong>an</strong>a in the City<br />
Seit Mai beherbergt „biber”, das multikulturelle<br />
Gratis-Stadtmagazin für Wien, ein<br />
neues Ressort: biberica. Es geht um „alles<br />
für die neue Österreicherin”: Männer, Fashion,<br />
Schminke „und vieles mehr, was das<br />
Migra-Frauenherz begehrt”: „Wöchentliche<br />
Shoppingtouren gehören neben ihrer Karriere<br />
und kulinarischen Zaubereien für die Großfamilie<br />
selbstverständlich dazu”, f<strong>an</strong>tasiert die<br />
Redaktion über das Dasein „mit scharf” von<br />
Iv<strong>an</strong>a, Sibel & Co. Ethno-Marketing, Carrie-<br />
Bradshaw-Style. viyu<br />
Diskurs-Watch<br />
Bereits seit über zw<strong>an</strong>zig Jahren ist in<br />
Deutschl<strong>an</strong>d der Journalistinnenbund<br />
(www.journalistinnen.de) aktiv. Unter<br />
http://watch-salon.blogspot.com betreibt<br />
das Netzwerk seit 2008 auch einen eigenen<br />
Weblog. „Meinungsfreudig, streitlustig,<br />
selbstbewusst” äußern sich laut Selbstdefinition<br />
die neun Autorinnen zu aktuellen Debatten<br />
in Gesellschaft, Politik und Medien. Neben<br />
den vielfältigen und pointiert-kritischen Einträgen<br />
finden sich auch persönliche Kulturtipps<br />
der Blogerinnen. fis<br />
nun die „Cle<strong>an</strong>-IT”-Kampagne ins Leben gerufen, um auf den erheblichen<br />
Druck, die enorm l<strong>an</strong>gen Arbeitszeiten sowie auf die zu niedrige<br />
Bezahlung der chinesischen Arbeiter_innen aufmerksam zu machen.<br />
Beim jüngst verstorbenen Foxconn-Mitarbeiter h<strong>an</strong>delt es sich im Übrigen<br />
nicht um Selbsttötung. Der 27-jährige Y<strong>an</strong> Li starb nach 34 Stunden<br />
ununterbrochener Arbeit <strong>an</strong> Erschöpfung. kw<br />
www.suedwind-agentur.at, www.cle<strong>an</strong>-it.at, http://diepresse.com<br />
bericht<br />
43 Millionen Menschen auf der Flucht<br />
<strong>an</strong>.riss international<br />
Mitte Juni stellte der Flüchtlingshochkommissar der Vereinten Nationen,<br />
António Guterres, in Berlin zum Flüchtlingsschutz den Jahresbericht<br />
des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) für 2009 vor. Demnach<br />
waren im verg<strong>an</strong>genen Jahr 43,3 Millionen Menschen weltweit auf der<br />
Flucht vor Krieg, Konflikten und Verfolgung – die höchste Zahl seit Mitte<br />
der 1990er-Jahre –, v.a. aus Afgh<strong>an</strong>ist<strong>an</strong>, dem Irak, Somalia sowie der<br />
Demokratischen Republik Kongo. Mehr als die Hälfte aller Flüchtlinge<br />
– 27,1 Millionen – sind Binnenvertriebene, die vor den <strong>an</strong>haltenden Konflikten<br />
im Kongo, Pakist<strong>an</strong> und Somalia fliegen. Die Hauptlast tragen daher<br />
nicht die westlichen Industriestaaten, sondern vor allem die Länder<br />
im globalen Süden, wo sich achtzig Prozent der Geflohenen aufhalten.<br />
Länder wie Pakist<strong>an</strong>, Simbabwe und der Kongo nehmen im Verhältnis zu<br />
ihrer Wirtschaftskraft besonders viele Flüchtlinge auf.<br />
Die Anzahl der weltweit gestellten Asylerst<strong>an</strong>träge stieg im verg<strong>an</strong>genen<br />
Jahr auf fast eine Million. Die meisten Asylsuchenden zählte Südafrika<br />
mit 222.000. In Europa waren es insgesamt 286.700, 86 Prozent davon<br />
in den Staaten der Europäischen Union. Guterres zeigte sich besorgt<br />
darüber, dass es inbesondere in Europa zu einer „Erosion des Asylraumes”<br />
komme. 19 Aufnahmestaaten akzeptierten im letzten Jahr 112.400<br />
Flüchtlinge, darunter die USA (79.900), K<strong>an</strong>ada (12.500), Australien<br />
(11.100), Deutschl<strong>an</strong>d (2.100), Schweden (1.900) und Norwegen<br />
(1.400). viyu<br />
medienmix<br />
www.fr-online.de, www.unhcr.at<br />
Feministischer Äther<br />
„Don’t worry, come in”, lautet die Devise der<br />
Sendungsplattform Frauenzimmer des freien<br />
Salzburger Rundfunks Radiofabrik. Jeden<br />
Mittwoch strömen ab 18.00 Uhr auf der<br />
Frequenz 107,5 und 97,3 MHz Genderthemen<br />
aus der Radioröhre: vom ÖH-Frauenzimmer,<br />
das feministische Theorie und Praxis durchleuchtet,<br />
über die radiophone Selbsthilfegruppe<br />
„Überlebt” bis hin zum zweisprachigen<br />
Gesellschaftsmagazin „zenska soba” (Deutsch/<br />
Bosnisch). Das lässt das feministische Herz<br />
höher schlagen! claude<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 15
Happy<br />
Birthday,<br />
Ladyfest!<br />
Vor genau zehn Jahren ging in der Nähe von Seattle das erste Ladyfest über die Bühne. Das feministische D.I.Y.-<br />
Kunstfestival intervenierte insbesondere in die Repräsentationsverhältnisse in der Musik. Mittlerweile geht die<br />
Kritik gegen Sexismus und Homophobie weit über die Popkultur hinaus. Die <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> nehmen den runden Geburtstag<br />
zum Anlass, um einen Blick auf die Anfänge, die Entwicklungen und Veränderungen von Ladyfest zu werfen.<br />
Programmcover Ladyfest, Olypmia 2000
Some Grrrls are Ladies<br />
Olympia, Washington. Dort, wo die Labels K-Records, Kill Rock Stars und Chainsaw ihren Sitz haben,<br />
nahm die Riot-Grrrl-Bewegung ihren Ausg<strong>an</strong>g. Ein Jahrzehnt später, im Sommer 2000, wurde die 40.000-<br />
Seelen-Stadt südlich von Seattle eine Woche l<strong>an</strong>g erneut zum Mittelpunkt der Welt – für m<strong>an</strong>che zumindest.<br />
Ute Hölzl, Sushila Mesquita und Iris Weißenböck packten damals ihre Koffer und reisten zum Frauen-<br />
Kunst-Festival Ladyfest.*<br />
Irgendwie war das G<strong>an</strong>ze wie ein<br />
Traum: Sechs Tage l<strong>an</strong>g eine Stadt<br />
erobert, sie gemeinsam mit mehr als<br />
tausend <strong>an</strong>deren Frauen und Mädchen<br />
gewissermaßen in Beschlag genommen.<br />
Jeden Tag Workshops, Konzerte,<br />
Ver<strong>an</strong>staltungen, neue Bek<strong>an</strong>ntschaften.<br />
Klingt, als wären wir F<strong>an</strong>atikerinnen<br />
des Bildungsurlaubs. Oder aber auf<br />
einem globalen PfadfinderInnen-Treffen<br />
gewesen. Waren wir aber nicht. Wir waren<br />
beim Ladyfest, in Olympia, Washington,<br />
im Nordwesten der USA, jenem<br />
Teil des L<strong>an</strong>des, der schon einmal als<br />
Geburtsort eines Musikstils hergehalten<br />
hat, der die Welt erobern sollte: Grunge.<br />
Doch keine Angst, das Ladyfest wird<br />
nicht zu einem neuen Mode-/Trenddiktat<br />
führen. Irgendwie schade, eigentlich.<br />
Aber das Ladyfest war eben auch nicht<br />
der Beginn eines neuen Stils, sondern<br />
vielmehr die Best<strong>an</strong>dsaufnahme und der<br />
Neubeginn einer Bewegung: der Riot<br />
Grrrls.<br />
Who’s that grrrl? Anf<strong>an</strong>g der 1990er-<br />
Jahre entst<strong>an</strong>d aus der Auflehnung<br />
gegen die männerdominierte, sexistische<br />
Indie-/Rock-Musik-Szene die<br />
Riot-Grrrl-Bewegung. Ziel war es, das<br />
Vorurteil, Frauen könnten nur lahme<br />
Songs auf der Gitarre schreiben,<br />
umzustoßen und stattdessen selbst ein<br />
kraftvolles, neues Image zu entwickeln:<br />
Frau/Mädchen mit elektrischer Gitarre,<br />
Texte singend/rausschreiend über Dinge,<br />
die sie wirklich betreffen. Und aus den<br />
wenigen in Olympia entst<strong>an</strong>d bald ein<br />
US-weites Netzwerk.<br />
Riot Grrrl war nicht nur Musik, auch<br />
wenn das neben der Kleidung jenes<br />
Merkmal ist, worauf die Rezeption von<br />
außen beschränkt blieb. Als sich die<br />
Mainstream-Medien auf die Bewegung<br />
stürzten, blieb wenig übrig von<br />
Riot Grrrl. Die vielfältigen politischen<br />
Inhalte gingen in dieser Wahrnehmung<br />
verloren, lediglich die eindimensionale<br />
Reduktion auf modische und sexuel-<br />
le Aspekte wurde überliefert. Dabei<br />
wurde unterschlagen, worauf sich die<br />
Bewegung bezog: Im neu aufkeimenden<br />
repressiven, höchst reaktionären Klima<br />
Anf<strong>an</strong>g der 1990er, das geprägt war von<br />
wachsender Prüderie, Homophobie und<br />
Rassismus, traten die Riot Grrrls vehement<br />
für die Rechte von Frauen und<br />
Mädchen ein. Entgegen den gängigen<br />
Schweigemech<strong>an</strong>ismen thematisierten<br />
sie lautstark Missbrauchserfahrungen,<br />
kritisierten Schönheitsideale und<br />
boten vor allem jungen weißen Frauen<br />
Alternativen zu den vorherrschenden<br />
Identitätskategorien. Durch die Medien<br />
mutierte „Grrrl Style Revolution Now”<br />
zu „Girl Power” – ein leicht verdauliches<br />
Sammelsurium konsumentInnenfreundlicher<br />
Slog<strong>an</strong>s: Aus den Riot<br />
Grrrls waren die Spice Girls geworden.<br />
Corin Tucker, Sängerin und Gitarristin<br />
von Sleater-Kinney und ehemals Mitglied<br />
bei Heavens to Betsy, formulierte<br />
es folgendermaßen: „Die Mainstream-<br />
Medien trivialisierten die g<strong>an</strong>ze<br />
Bewegung zu einem Mode-Statement.<br />
Dabei ist der Punkt <strong>an</strong> Riot Grrrl, dass<br />
wir damit fähig waren, Feminismus für<br />
das 21. Jahrhundert neu zu schreiben.<br />
Wir nahmen die Ideen und übersetzten<br />
sie in unsere eigene, für uns verständliche<br />
Sprache. Das sind die eigentlichen<br />
wichtigen Errungenschaften – in den<br />
Medien war davon jedoch nicht mehr<br />
die Rede.” Doch Riot Grrrl existierte<br />
weiter, wenn auch abseits der breiten<br />
Medienöffentlichkeit, aufrechterhalten<br />
von alternativen Kommunikationsstrukturen,<br />
die abgelöst vom Mainstream<br />
funktionierten.<br />
Das Ladyfest, von Frauen für Frauen<br />
org<strong>an</strong>isiert, folgte der Tradition der Riot<br />
Grrrl Conventions, die seit den frühen<br />
1990ern in den USA und auch in Europa<br />
(vor allem in Großbrit<strong>an</strong>nien) stattgefunden<br />
haben – Festivals, bei denen<br />
nicht nur Musik im Vordergrund steht,<br />
sondern es auch Workshops, Ausstellungen,<br />
Filmvorführungen, Diskussionen<br />
und vieles <strong>an</strong>dere gibt.<br />
Ein typischer Tag beim Ladyfest.<br />
Gegen Mittag starteten die ersten<br />
Workshops (von denen fast alle, wie<br />
auch die übrigen Ver<strong>an</strong>staltungen, ebenso<br />
Männern zugänglich waren, auch<br />
wenn diese, meist nur eine H<strong>an</strong>dvoll,<br />
eher nur zu Konzerten gingen), die von<br />
„basic car repair” über „rather be fat<br />
Aber das Ladyfest war eben auch nicht der<br />
Beginn eines neuen Stils, sondern vielmehr<br />
die Best<strong>an</strong>dsaufnahme und der Neubeginn<br />
einer Bewegung: der Riot Grrrls.<br />
th<strong>an</strong> brainwashed” die verschiedensten<br />
frauenbezogenen Themen abdeckten.<br />
Ab 13 Uhr f<strong>an</strong>den die ersten Konzerte<br />
statt, zeitgleich wurden Dokumentar-<br />
oder Kurzfilme gezeigt, Ausstellungen<br />
und Spoken-Word-Perform<strong>an</strong>ces<br />
abgehalten. Konzerte bildeten den<br />
Abschluss des Tages. Wie die Workshops<br />
war auch das musikalische Programm<br />
äußerst breit gestreut: Neben Gitarrenmusik<br />
gab es HipHop, einen Country-<br />
Abend und St<strong>an</strong>d-Up-Comedi<strong>an</strong>s. Es<br />
traten B<strong>an</strong>ds auf, die schon seit Anf<strong>an</strong>g<br />
der 90er im Riot-Grrrl-Umfeld aktiv<br />
waren – Bratmobile etwa nutzten die<br />
Gelegenheit und feierten eine bejubelte<br />
Reunion –, B<strong>an</strong>ds, die von der Riot-<br />
Grrrl-Bewegung beeinflusst worden waren<br />
wie Sleater-Kinney, The B<strong>an</strong>gs oder<br />
The Butchies, aber auch Frauen, die aus<br />
g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>deren Kontexten stammen, wie<br />
thema: ladyfeste<br />
* Dieser – geringfügig<br />
überarbeitete – Text<br />
erschien erstmals in „nylon.<br />
KunstStoff zu Feminismus<br />
und Popkultur”, Heft 2,<br />
im Herbst 2000 und stellt<br />
den wahrscheinlich ersten<br />
deutschsprachigen Bericht<br />
über das Ladyfest in Olympia<br />
dar.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 17
thema: ladyfeste<br />
Olympia, Capitol Theatre: ein Ladyfest in Psycho-L<strong>an</strong>d ... ... Americ<strong>an</strong> Psycho’s gone. Ladyfest bleibt. Fotos: Ute Hölzl<br />
18 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
z.B. Cat Power. In dieser einen Woche<br />
haben wir so viele Shows gesehen wie<br />
sonst nicht in einem g<strong>an</strong>zen Jahr.<br />
Warum Lady? Immer wieder haben<br />
wir uns gefragt, warum der Name<br />
„Grrrl”, der aus einer Neu-Definition<br />
und Aneignung von „Girl” entst<strong>an</strong>den<br />
ist, in der Namensgebung des Festivals<br />
durch „Lady” ersetzt worden war. „Ich<br />
sehe mich selbst als Lady”, meinte die<br />
Fotografin und Videokünstlerin Tammy<br />
Rae Carl<strong>an</strong>d, „ich fühle mich durch<br />
Grrrl nicht <strong>an</strong>gesprochen.” Und Sarah<br />
Dougher (Cadillaca) fügte hinzu: „Viele<br />
der Frauen, die in den Anfängen von<br />
Riot Grrrl engagiert waren, sind nun<br />
in ihren Dreißigern – und nennen sich<br />
selbst ‚Ladys’”. Überhaupt: Girl Power<br />
– „I’m so over Girl Power!”<br />
Wird nun „Lady” „Grrrl” als Begriff<br />
ersetzen? Wahrscheinlich nicht. Lady<br />
fungiert wohl eher als Persiflage auf<br />
Grrrl und was daraus wurde. In Lady<br />
schwingt eine starke Klassenzuschreibung<br />
mit – die bürgerliche Konnotation<br />
des Begriffs enthebt ihn somit einer<br />
unreflektierten Aneignung. Aus diesem<br />
Grund hat es auch großen Widerst<strong>an</strong>d<br />
gegen den Begriff gegeben. Nicht alle<br />
können sich damit identifizieren, zusätzlich<br />
kommt auch noch die Variable „Alter”<br />
mit ins Spiel. Eine 15-Jährige wird<br />
sich eher als Grrrl fühlen denn als Lady.<br />
Und „Lady Power” wird als Verkaufsstrategie<br />
nicht funktionieren, denn es<br />
gibt keine neue dissidente Schreibweise<br />
für den Begriff, was einschlägige Assoziationen<br />
verhindert und ihn damit schwer<br />
identifizierbar macht – zudem stellt<br />
m<strong>an</strong> sich unter „Lady” immer noch eine<br />
ältere, der höheren Schicht <strong>an</strong>gehörige<br />
„Dame” vor. Der Begriff wird – bis jetzt<br />
jedenfalls – vor allem von jenen verwendet,<br />
die sich, altersbedingt, eben nicht<br />
mehr als Girl respektive Grrrl sehen.<br />
„A Call to arms …“ Das Ladyfest wurde<br />
von der ersten Generation der Riot<br />
Grrrls ver<strong>an</strong>staltet. „Wir wollten den<br />
Leuten zeigen, dass feministische Org<strong>an</strong>isationen<br />
und kulturelle Produktionen<br />
von Frauen immer noch existieren und<br />
einen wichtigen Stellenwert einnehmen<br />
– trotz des gegenwärtigen Höhepunkts<br />
misogyner Aussagen der Musik-Szene<br />
in den USA”, sagte Sarah Dougher. Ein<br />
halbes Jahr haben die Vorbereitungen<br />
gedauert, etwa dreißig Frauen waren<br />
beteiligt, um das sechstägige Festival<br />
auf die Beine zu stellen. „Das Ladyfest<br />
war und ist wichtig, um wieder neue<br />
Bündnisse zu schließen – die einzelnen<br />
Beteiligten haben sich seit Jahren nicht<br />
mehr über politische und kulturelle<br />
Inhalte ausgetauscht. In Olympia haben<br />
jetzt wieder alle zusammengefunden”,<br />
so Carrie Brownstein, ihres Zeichens<br />
Sängerin und Gitarristin bei Sleater-<br />
Kinney und Mitorg<strong>an</strong>isatorin des<br />
Festivals.<br />
„Let’s do it smarter this time!“<br />
„Schließlich”, so Sarah Dougher<br />
weiter, „können wir jetzt bei nationalen<br />
Magazinen <strong>an</strong>rufen und sagen, dass wir<br />
ein Festival org<strong>an</strong>isieren, worüber sie<br />
zu berichten haben – und sie werden<br />
kommen!” Die Machtverhältnisse<br />
zwischen Medien und Riot Grrrls haben<br />
sich verändert – durch die Erfahrung<br />
im Umg<strong>an</strong>g mit medialen Mech<strong>an</strong>is-<br />
men können diese nun gezielter für<br />
die eigenen Zwecke instrumentalisiert<br />
werden. Und so hat das „Time Magazine”<br />
Olympia aufgrund des Ladyfests,<br />
eines Festivals von Frauen für Frauen,<br />
zur coolsten Stadt der USA erkoren.<br />
Vor zehn Jahren wäre das nicht möglich<br />
gewesen.<br />
Das Ladyfest war ein Rückblick. Aber<br />
auch ein neuer Anf<strong>an</strong>g. „Wenn nur eine<br />
Person von hier mit neuer Inspiration<br />
und Motivation, die Dinge zu verändern,<br />
weggeht, d<strong>an</strong>n, denke ich, haben<br />
wir gewonnen”, so Carrie Brownstein.<br />
Eine Woche in Olympia fühlte sich <strong>an</strong><br />
wie true life und heaven zugleich. Das<br />
Aufwachen zwei Tage später in der<br />
realen Welt – in einer Shopping Mall<br />
in Seattle – war für uns dafür umso<br />
ernüchternder. Die Welt hat sich nicht<br />
verändert, was bleibt, ist die Erinnerung<br />
– oder war es doch nur ein Traum? l<br />
Ute Hölzl arbeitet bei FM4 und legt Platten<br />
auf für Quote und FMqueer.<br />
Sushila Mesquita ist Philosophin und<br />
verstrickt in diverse queer-feministische<br />
Projekte.<br />
Iris Weißenböck ist als freie Lektorin für<br />
feministische und <strong>an</strong>dere Medien tätig.
Von der Lady zur Lady*<br />
Im April ging das Lady*fest München in die zweite Runde –<br />
mit einem entpolitisierten D.I.Y.-Programm<br />
und zu wenig „Gendertroublizing”,<br />
wie Judith Goetz feststellen musste.<br />
„If you feel like a lady, be part of our<br />
ladyfest”, lautete das Motto des ersten<br />
Ladyfests in München, das Anf<strong>an</strong>g<br />
2008 mit dem Ziel stattf<strong>an</strong>d, „die<br />
patriarchal-männliche Domin<strong>an</strong>z in<br />
Musik und Kultur zu brechen, indem<br />
ein öffentlicher Raum für queere,<br />
tr<strong>an</strong>sgender und feministische Kultur<br />
geschaffen wird”, wie die Org<strong>an</strong>isator-<br />
Innen betonten. Im April <strong>2010</strong>, also<br />
rund zwei Jahre später, trafen sich in<br />
München erneut Ladys, um mehrere<br />
Tage gemeinsam und kreativ zu gestalten.<br />
Die bei Ladyfesten <strong>an</strong>geregten<br />
Konzepte von Aneignung und Selbstermächtigung,<br />
die Infragestellung<br />
der Kategorie „Frau*”, die Kritik <strong>an</strong><br />
heterosexistischen Strukturen sowie<br />
die Diskussion über die Vervielfältigung<br />
von Lebensentwürfen machten diesmal<br />
allerdings nur einen marginalen Teil<br />
der Ver<strong>an</strong>staltung aus.<br />
Alles selber machen. Die Idee des<br />
„Do it yourself” war ja von Beginn <strong>an</strong><br />
ein zentrales Motto bei Ladyfesten. In<br />
München f<strong>an</strong>d die D.I.Y.-Philosophie<br />
vorr<strong>an</strong>gig in unterschiedlichen Näh-<br />
und Bastelworkshops ihre Umsetzung:<br />
Ausgehend von der Idee der „krambeutel”<br />
(„Behältnisse für alle Dinge,<br />
die täglich mit uns unterwegs sind”,<br />
so Steffi Ramb von krambeutel.de)<br />
konnte „jed*em genau die Tasche”<br />
geliefert werden, die „er* braucht”,<br />
gebastelt wurde aber auch <strong>an</strong> Kleidercollagen,<br />
Be<strong>an</strong>ies und diversen<br />
Stoffexperimenten (mit Steffi Müller<br />
aka rag*treasure). Der Andr<strong>an</strong>g war<br />
groß, wie sich beispielsweise am Häkel-<br />
Workshop zeigte, als bereits nach einer<br />
Stunde Garn nachgekauft werden<br />
musste.<br />
Auch zwei Jahre zuvor war D.I.Y.<br />
zentraler Best<strong>an</strong>dteil des Münchner<br />
Ladyfests, wenngleich in einem<br />
politisierteren Kontext. Damals st<strong>an</strong>d<br />
etwa der „DIY! Grrrl Zines Workshop”,<br />
in dem die Ladys ein eigenes „Grrrl<br />
Zine” (über das Ladyfest) gestalteten<br />
und in weiterer Folge bei einem der<br />
Vorträge auch präsentierten, nicht nur<br />
in der Tradition des „Selbermachens”,<br />
sondern vor allem auch der Riot-Grrrl-<br />
Bewegung. In weiteren Workshops<br />
wurden im Sinne der Selbstermächtigung<br />
Ver<strong>an</strong>staltungstechnik erlernt oder<br />
im „Hardware Crash Course” Computer<br />
selbst ausein<strong>an</strong>der- (und wieder zusammen-)<br />
geschraubt.<br />
Andere Ladys wiederum nahmen die<br />
Kameras in die H<strong>an</strong>d und produzierten<br />
selbst Kurzfilme. „Filmen, cutten,<br />
Während das diesjährige Programm<br />
vorwiegend „alte“ feministische Debatten<br />
in den Vordergrund stellte, blieb „Gendertroublizing“<br />
eher auf Kunst und<br />
Comic-Ausstellungen beschränkt.<br />
präsentieren in drei Tagen” lautete die<br />
Devise dieses Filmworkshops, der sich<br />
der Aufgabe stellte, das Ladyfest 2008<br />
filmisch zu dokumentieren.<br />
Hot Topic? Ähnlich praxisorientiert<br />
waren auch in diesem Jahr die Workshops<br />
zu Linux, Schreiübungen („Ladys<br />
take the megaphone!”) sowie zu<br />
Selbstverteidigung gegen gegenderte<br />
Gewalt gestaltet. Dass die Revolution<br />
gebloggt werden wird, war Thema eines<br />
weiteren gepl<strong>an</strong>ten Workshops über<br />
das „Web 2.0 und seine queer-feministischen<br />
Inhalte”. Inhaltlich diskutiert<br />
wurde auch über Homophobie in der<br />
Linken, kontroverse Vorstellungen von<br />
Sexarbeit, Geschlecht und Geschichte,<br />
internationale Abtreibungsrechte und<br />
die Väterrechtsbewegung in Österreich.<br />
Während das diesjährige Programm<br />
vorwiegend „alte” feministische Debatten<br />
in den Vordergrund stellte, blieb<br />
„Gendertroublizing” eher auf Kunst und<br />
Comic-Ausstellungen (unter <strong>an</strong>derem<br />
mit Comics von Trouble X) beschränkt.<br />
Das bestätigt, dass viele Themen kaum<br />
<strong>an</strong> Aktualität eingebüßt haben – inwieweit<br />
diese auch in einen queerfeministischen<br />
Kontext gesetzt wurden, schien<br />
jedoch von den einzelnen Workshopleiter_innen<br />
abzuhängen.<br />
M<strong>an</strong>cherorts scheint das Programm<br />
nicht das zu halten, was das Label<br />
„Ladyfest” verspricht. Noch vor zwei<br />
Jahren wurde etwa über die „Soziale<br />
Konstruktion von Geschlecht” debattiert<br />
und festgestellt: „Any gender is drag<br />
– all gender is dreck”. Unter „Eine,<br />
keine, viele” st<strong>an</strong>den unterschiedliche<br />
Beziehungskonzepte zur Diskussion. Die<br />
Annäherung <strong>an</strong> „klassische” feministische<br />
Themen nahm damals oft die<br />
Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit der eigenen<br />
Privilegiertheit zum Ausg<strong>an</strong>gspunkt<br />
thema: ladyfeste<br />
Foto: heartbeaz/flickr<br />
Links:<br />
www.ladyfestmuenchen.org<br />
www.myspace.com/ladyfesteurope<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 19
thema: ladyfeste<br />
20 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
– wie etwa in der Lesung aus der Anthologie<br />
„Hot Topic. Popfeminismus heute”<br />
von Sonja Eism<strong>an</strong>n, in der es nicht bloß<br />
um <strong>an</strong>ekdotenhafte Geschichten von<br />
Frauen ging, „die sich den radikalen<br />
‚Luxus’ eines feministischen Bewusstseins<br />
leisten”: Christi<strong>an</strong>e Erharters Text<br />
zum Beispiel, der einerseits Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
thematisiert, aber<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Seit dem ersten Ladyfest<br />
in Olympia vor zehn Jahren wurden<br />
weltweit Hunderte von Ladyfesten<br />
org<strong>an</strong>isiert. Was hat diesen Boom<br />
ermöglicht?<br />
Mel<strong>an</strong>ie Groß: Zu sagen, was den Boom<br />
ermöglicht hat, ist ja im Nachhinein<br />
immer eine Konstruktion. Ich meine,<br />
dass das grundsätzlich offene Prinzip<br />
der Ladyfeste neue und <strong>an</strong>dere Möglichkeiten<br />
als bisl<strong>an</strong>g dafür geschaffen<br />
hat, um unter einem verbindenden<br />
<strong>an</strong>dererseits auch auf den sehr präsenten<br />
konservativen Backlash und die<br />
moralischen Implikationen des Abtreibungsdiskurses<br />
verweist.<br />
Neue alte Schule. Aus diesen Gründen<br />
wäre eine Ausein<strong>an</strong>dersetzung über die<br />
weitere inhaltliche wie auch praktische<br />
Ausrichtung der Ladyfeste wünschens-<br />
Guerilla-Strategie: Lady<br />
Mel<strong>an</strong>ie Groß forscht zu Ladyfesten als kritische Interventionsform in<br />
heteronormative Geschlechterverhältnisse. Im Interview mit Silke Graf<br />
und Vina Yun reflektiert die Sozialwissenschaftlerin die Entwicklung der<br />
Ladyfest-Bewegung in Deutschl<strong>an</strong>d und sieht genügend Diskussionsstoff<br />
für die Zukunft.<br />
Label verschiedene feministische und<br />
queer-feministische Perspektiven, Inhalte<br />
und Positionen zu verh<strong>an</strong>deln. Die<br />
Thematisierung und Sichtbarmachung<br />
von sexistischen Strukturen innerhalb<br />
der Musikkultur f<strong>an</strong>d hier ebenso ihren<br />
Platz wie die grundsätzliche Kritik <strong>an</strong><br />
der gewaltförmigen Struktur der Zweigeschlechtlichkeit.<br />
Ladyfeste haben gezeigt, dass es eine<br />
durchaus starke subkulturelle Szene<br />
gibt, die bereit ist, mit sehr viel Energie<br />
wert – um die Beschäftigung mit „Old<br />
School”-Themen aus neueren Perspektiven<br />
vor<strong>an</strong>zutreiben oder auch um festzustellen,<br />
dass nicht jeder Bastelworkshop<br />
automatisch über einen politischen<br />
Background verfügt.<br />
Nicht zuletzt könnte auch die Frage diskutiert<br />
werden, ob der Unterrepräsentation<br />
von Mädchen und Frauen in der<br />
Musik- und Kunstszene in den letzten<br />
zehn Jahren entgegengewirkt werden<br />
konnte und wodurch sich (queer-)feministische<br />
B<strong>an</strong>ds auszeichnen. Wie schon<br />
zuvor stellte das altbek<strong>an</strong>nte „B<strong>an</strong>dproblem”<br />
einen großen Schwachpunkt<br />
dieses Ladyfests dar –- eben weil der<br />
feministische Anspruch alleine leider<br />
noch keine Partystimmung gar<strong>an</strong>tiert.<br />
So sorgte die eine oder <strong>an</strong>dere Singer-<br />
Songwriterin eher für gedämpfte Laune,<br />
und nicht alle der zahlreichen Besucher_innen<br />
hielten durch, bis Awesome<br />
Wells, Hooker und Get Rid! zu späterer<br />
Stunde die Menge feiern ließen. l<br />
Judith Goetz schreibt gerade ihre Diplomarbeit<br />
in Politikwissenschaft/Vergleichende<br />
Literaturwissenschaft.<br />
und Zeit feministische und queer-feministische<br />
Inhalte zu bündeln.<br />
Je nach Region unterscheiden sich<br />
Ladyfeste teilweise sehr stark vonein<strong>an</strong>der.<br />
Kennst du Ladyfeste außerhalb<br />
des <strong>an</strong>gloamerik<strong>an</strong>ischen und<br />
deutschsprachigen Raums?<br />
Leider bin ich nie auf einem Ladyfest<br />
außerhalb Deutschl<strong>an</strong>ds gewesen<br />
und daher mit meinen Recherchen<br />
auf das Internet als Quelle begrenzt.
Allerdings ist gerade die lokale Differenz<br />
ein wesentliches Ergebnis des<br />
erwähnten Prinzips der Offenheit und<br />
des aus dem Punk stammenden D.I.Y.-<br />
Ged<strong>an</strong>kens. Genau diese Prinzipien<br />
ermöglichen erst die Artikulation<br />
und Verh<strong>an</strong>dlung von sich teilweise<br />
widersprechenden Positionen. Die<br />
Org<strong>an</strong>isationsgruppen müssen <strong>an</strong> bestimmten<br />
Punkten im Vorbereitungsprozess<br />
Entscheidungen treffen, die<br />
d<strong>an</strong>n eben stets temporäre und lokale<br />
Entscheidungen sind und sich durchaus<br />
unterscheiden können.<br />
Gleichzeitig gibt es aber die gemeinsame<br />
Erzählung über die Geschichte der Riot-<br />
Grrrl-Bewegung und über die Ladyfeste<br />
in <strong>an</strong>deren Städten und Ländern, auf die<br />
sich alle beziehen können und wollen.<br />
Das schafft durchaus das Gefühl, „Teil<br />
einer Bewegung” zu sein – auch d<strong>an</strong>n,<br />
wenn diese intern stark von Ausein<strong>an</strong>dersetzungen<br />
und Kämpfen um Definitionsmacht<br />
charakterisiert sein mögen.<br />
Uns fällt auf, dass sich – insbesondere<br />
bei Ladyfesten im deutschsprachigen<br />
Raum – eine Verschiebung von „feministisch“<br />
zu „queer-feministisch“<br />
beobachten lässt. Hat hier ein Paradigmenwechsel<br />
stattgefunden?<br />
Meiner Einschätzung nach haben die<br />
Ladyfeste noch viel expliziter als zuvor<br />
die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie<br />
„Frau” infrage gestellt und damit auch<br />
ein interessiertes Publikum gefunden.<br />
Auch die Riot Grrrls haben geschlechtliche<br />
Identitätszumutungen thematisiert,<br />
lächerlich gemacht und demaskiert<br />
– auf den Ladyfesten ist dieses Thema<br />
zunehmend und immer konsequenter<br />
in den Blick genommen und zum Teil<br />
ja auch heftig debattiert worden: Wer<br />
org<strong>an</strong>isiert die Feste? Frauen, Lesben,<br />
„Ladyfeste haben noch viel expliziter als<br />
zuvor die Riot-Grrrl-Bewegung die Kategorie<br />
‚Frau‘ infrage gestellt.“<br />
Bi, Tr<strong>an</strong>s, Queers, …? Wer gehört dazu,<br />
wer nicht und warum eigentlich nicht?<br />
Für wen machen wir welche Ver<strong>an</strong>stal-<br />
Der Begriff „Ladyspace” entst<strong>an</strong>d im Zuge der<br />
Vorbereitungen für das erste Ladyfest in Wien<br />
2004 als Reflexion über Räume und deren konkrete<br />
wie symbolische Besetzung.<br />
Ladyfeste erheben den Anspruch, mit traditionellen<br />
Geschlechtszuschreibungen zu brechen und<br />
das Modell der Zweigeschlechtlichkeit zumindest<br />
temporär aufzulösen – zugleich wird versucht, die<br />
Repräsentation von Frauen zu stärken. Dies führt<br />
zw<strong>an</strong>gsläufig zu Konflikten, da sich diese beiden<br />
Ansätze widersprechen und konträre Ein- und<br />
Ausschlusspolitiken erfordern (z.B. Workshops nur<br />
für Frauen oder für Frauen und Tr<strong>an</strong>sgenders).<br />
Anstatt diesen Konflikt zuzudecken, wurde mit der<br />
Idee von Ladyspace die Diskussion neu fokussiert:<br />
Wie k<strong>an</strong>n am Ladyfest ein sozialer Raum hergestellt<br />
werden, in dem Sexismus, Homophobie oder<br />
Rassismus keinen Platz finden und Frauen, Lesben<br />
und Tr<strong>an</strong>sgenders ihre Raum<strong>an</strong>sprüche selbstverständlich<br />
umsetzen können?<br />
Räume sind nicht einfach gegeben, sondern werden<br />
durch jene Menschen konstruiert, die sie nutzen<br />
und die sich in ihnen aufhalten. Das heißt, erst die<br />
Interaktion, die in diesen Räumen passiert, gibt<br />
ihnen ihren Sinn. Räume sind sozial hergestellt<br />
– daher k<strong>an</strong>n auch in sie interveniert werden. Strategien<br />
der Intervention sind etwa die Aneignung<br />
tungen? Dürfen alle Interessierten zum<br />
Drag-Workshop oder zumindest nur die,<br />
die sich als Nicht-Männer identifizieren?<br />
Solche und viele <strong>an</strong>dere Fragen<br />
sind immer wieder neu und lokal zu<br />
diskutieren.<br />
Judith Butlers „Gender Trouble” wurde<br />
für so m<strong>an</strong>che zum absoluten Reizwort,<br />
für <strong>an</strong>dere zum Synonym für eine<br />
bestimmte Form der „Befreiung” oder<br />
zumindest für eine Möglichkeit, bisl<strong>an</strong>g<br />
wenig bis gar nicht thematisierte Gewalt-<br />
und Diskriminierungserfahrungen<br />
innerhalb der Gesellschaft, aber auch innerhalb<br />
feministischer Szenen zu sk<strong>an</strong>dalisieren.<br />
Das k<strong>an</strong>n in der erweiterten<br />
Bezeichnung als queer-feministisch<br />
sichtbarer werden. In meiner Lesart ist<br />
das aber weniger ein Paradigmenwechsel<br />
als eine konsequente Weiterführung.<br />
Bei Ladyfesten wurde auch immer<br />
wieder Kritik unter <strong>an</strong>derem am<br />
Weißen und institutionalisierten<br />
Mainstream-Feminismus und seinen<br />
Ausschlüssen formuliert. Ist es denn<br />
forum wissenschaft<br />
Ladyspace: Aktiv Räume schaffen<br />
Von Eva Trimmel<br />
von repräsentativen Positionen wie Bühnenraum,<br />
Ausstellungs- oder Projektionsflächen. Zudem wird<br />
in einem Ladyspace versucht, alle Anwesenden in<br />
das Raumkonzept einzubinden (erwünschte und unerwünschte<br />
Verhaltensweisen sind explizit formuliert),<br />
sodass sie Ver<strong>an</strong>twortung für das Geschehen<br />
im Raum übernehmen. Das bedeutet z.B., dass im<br />
Fall von sexistischen, homophoben oder rassistischen<br />
Übergriffen gemeinsam eingeschritten wird<br />
(„self security”).<br />
Durch die Gleichzeitigkeit und das Zusammenwirken<br />
von unterschiedlichen Strategien wird es möglich,<br />
Veränderungen im sozialen Raum herbeizuführen:<br />
In einem queer-feministischen Gegenraum<br />
nimmt der respektvolle Umg<strong>an</strong>g mitein<strong>an</strong>der sowie<br />
das Vertrauen inein<strong>an</strong>der einen hohen Stellenwert<br />
ein.<br />
Wenn das Ladyspace-Konzept aufgeht, findet<br />
idealerweise sowohl bei Akteur_innen als auch<br />
Teilnehmer_innen ein Umdenkprozess statt, dem<br />
ein bewussterer Umg<strong>an</strong>g mit sozialen Raumverhältnissen<br />
folgt. Und so k<strong>an</strong>n ein Ladyspace d<strong>an</strong>n<br />
auch in weitere Räume hineingetragen werden.<br />
Eva Trimmel lohnarbeitet im Bereich Architektur und interessiert<br />
sich für queer/feministische Raumproduktion.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 21
forum wissenschaft<br />
22 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
aus deiner Sicht gelungen, diese<br />
Kritik produktiv zu verh<strong>an</strong>deln, etwa<br />
indem Hierarchisierungen in den<br />
eigenen Reihen <strong>an</strong>geg<strong>an</strong>gen wurden?<br />
Das sind für mich zwei Punkte: Als<br />
Weiße Akademikerin k<strong>an</strong>n ich die Frage<br />
nach der Veränderung <strong>an</strong> Weißen<br />
Strukturen schwer be<strong>an</strong>tworten, weil<br />
ich Teil davon bin beziehungsweise<br />
mittendrin stehe. Meine Wahrnehmung<br />
ist aber, dass sich die Räume,<br />
in denen Ladyfeste stattfi nden, ihrem<br />
Selbstverständnis zufolge zwar meist<br />
als <strong>an</strong>tirassistisch begreifen, sie aber<br />
überwiegend von Weißen aufgesucht<br />
und gestaltet werden und nicht per<br />
se frei von Rassismus sind. Der Raum<br />
strukturiert die Gestaltung der Feste<br />
durchaus mit: Wer geht hier hin, wer<br />
gestaltet, wer wird durch die meist<br />
informellen Netzwerke erreicht und<br />
eingeladen mitzugestalten usw. Die<br />
zunehmende Thematisierung von<br />
postkolonialen Perspektiven und<br />
Critical-Whiteness-Ansätzen ist also<br />
eine notwendige Erweiterung. Hier<br />
führt die kritische Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />
zumindest zur Sichtbarkeit von<br />
Ausschlussprozessen.<br />
Mit dem sogen<strong>an</strong>nten institutionalisierten<br />
Mainstream-Feminismus<br />
gibt es meiner Erfahrung nach wenig<br />
direkte Berührungspunkte. Ich glaube<br />
nicht, dass jem<strong>an</strong>d Ursula von der<br />
Leyen für einen Vortrag einladen<br />
würde, nur weil sie von einem „konservativen<br />
Feminismus” spricht, dem<br />
sie nicht abgeneigt sei. Aber vielleicht<br />
müsste m<strong>an</strong> erst einmal klären, was<br />
jeweils mit Mainstream-Feminismus<br />
gemeint ist, um der Sache näher zu<br />
kommen. Zur Frauenprojektebewegung<br />
beispielsweise gibt es ja durchaus<br />
Berührungspunkte.<br />
Was ist von den ursprünglich sehr heterogenen<br />
org<strong>an</strong>isatorischen Bündnissen<br />
von Ladyfest geblieben? Zuweilen<br />
scheint es, als ob sich die Ladyfest-<br />
Grrrl Zines, feministische Medien und Ladyfeste<br />
Von Elke Zobl und Rosa Reitsamer<br />
Die feministischen Bewegungen haben dem Org<strong>an</strong>isationsmodus „Do It<br />
Yourself” (D.I.Y.) zu neuer Attraktivität und Verbreitung verholfen. Seit<br />
den 1990er-Jahren ist eine Vielzahl von feministisch-queeren Medien<br />
und Festivals – wie etwa Ladyfeste – entst<strong>an</strong>den, in deren Mittelpunkt<br />
die Idee steht, selbst aktiv zu werden und sich zu vernetzen.<br />
Die 2008 gegründete Online-Plattform „Grassroots Feminism: Tr<strong>an</strong>snational<br />
Archives, Resources <strong>an</strong>d Communities” dient der Dokumentation<br />
und dem Austausch dieser Aktivitäten. Das Archiv umfasst internationale<br />
„Grrrl Zines” sowie Informationen zu Ladyfesten aus allen Teilen der<br />
Welt und feministischen Medien in Europa.<br />
Das tr<strong>an</strong>snationale Netzwerk der „Grrrl Zines” – also selbstständig<br />
produzierte Magazine in kleineren Aufl agen mit Interesse <strong>an</strong> Feminismus,<br />
Alternativkultur und Aktivismus – hat sich durch neue Formate wie<br />
E-Zines und Blogs weiter ausgedehnt. In der Folge ist eine kaum mehr<br />
überschaubare B<strong>an</strong>dbreite feministischer Netz-Magazine entst<strong>an</strong>den,<br />
die Feminismen im Alltag sowie in größeren gesellschaftlichen und politischen<br />
Zusammenhängen diskutieren. Das Ladyfest-Archiv widmet sich<br />
einerseits der Best<strong>an</strong>dsaufnahme von Ladyfesten, <strong>an</strong>dererseits können<br />
hier Interviews mit Ladyfest-Org<strong>an</strong>isator_innen nachgelesen werden.<br />
Seit dem ersten Ladyfest im Jahr 2000 in Olympia, Washington konnten<br />
wir bisl<strong>an</strong>g 246 Ladyfeste in 34 verschiedenen Ländern recherchieren,<br />
von denen 125 in Europa, 85 in Nordamerika, 22 in Südamerika, neun<br />
in Australien/Neuseel<strong>an</strong>d, drei in Afrika und zwei in Asien stattf<strong>an</strong>den.<br />
All jene, die in die Welt der Ladyfeste, feministischen Grassroots-<br />
Medien und feministisch-queeren Musiker_innen eintauchen möchten,<br />
können das unter www.grassrootsfeminism.net, www.grrrlzines.net<br />
und www.digmeout.org tun.<br />
Rosa Reitsamer ist Soziologin und arbeitet derzeit am Projekt „Feminist<br />
Media Production in Europe“ <strong>an</strong> der Uni Salzburg. Gemeinsam mit Maria<br />
José Belbel gründete sie das digitale Archiv „DIG ME OUT. Discourses on<br />
Popular Music, Gender <strong>an</strong>d Ethnicity“.<br />
Elke Zobl ist Hertha-Firnberg-Stipendiatin und forscht am Fachbereich Kommunikationswissenschaft<br />
<strong>an</strong> der Uni Salzburg zum Thema „Young Women<br />
as Creators of New Cultural Spaces“ und zu „Feminist Media Production in<br />
Europe“. Im Zuge dieser beiden, vom Wissenschaftsfonds (FWF) geförderten<br />
Projekte wurde die Online-Plattform „Grassroots Feminism“ aufgebaut.<br />
Szene homogenisiert hätte …<br />
Ladyfeste im deutschsprachigen<br />
Raum haben meines Wissens nach<br />
g<strong>an</strong>z starke Verbindungen in die linke<br />
Szene. G<strong>an</strong>z so breite Bündnisse wie<br />
etwa 2003 in Hamburg habe ich hier
allerdings schon l<strong>an</strong>ge nicht mehr<br />
gesehen.<br />
Ladyfeste haben verschiedene parallele<br />
Strategien verfolgt: sprachliche<br />
Verschiebungen und Wieder<strong>an</strong>eignungen<br />
von Begriffen,<br />
ironische<br />
Inszenierungen,<br />
visuelle Fehlzitate<br />
etc. – du<br />
hast das einmal<br />
als „semiotische<br />
Guerilla“ bezeichnet.<br />
Greifen<br />
solche Strategien<br />
heute noch?<br />
Oder haben sie<br />
sich unter den<br />
veränderten gesellschaftlichen Bedingungen<br />
ebenfalls gew<strong>an</strong>delt?<br />
Meine Begeisterung für Ladyfeste liegt<br />
gerade in der Verbindung unterschiedlicher<br />
politischer Strategien unter<br />
einem Label. Zum einen Strategien<br />
aus dem Bereich der Kommunikationsguerilla:<br />
Versuche der Verschiebungen<br />
von Bedeutung, entlarvende Ironie und<br />
Parodie halte ich nach wie vor für sehr<br />
geeignete Mittel, um die Gewaltförmigkeit<br />
der kulturell konstruierten Zweigeschlechtlichkeit<br />
sichtbar zu machen.<br />
Es sind Strategien auf der Ebene der<br />
symbolischen Repräsentation oder auch<br />
Methoden einer semiotischen Guerilla,<br />
weil sie auf der Zeichenebene <strong>an</strong>setzen<br />
und mit deren Mitteln arbeiten.<br />
Damit wird nicht behauptet, dass m<strong>an</strong><br />
sich als außerhalb des Zeichensystems<br />
stehend begreifen würde. Scheinbare<br />
„Normalität” und „Natürlichkeit”<br />
auf die Bühne zu holen und den Lack<br />
abzukratzen – auch wenn nie die letzte<br />
Schicht erreicht und aufgelöst werden<br />
k<strong>an</strong>n –, oder eben den Lack noch dicker<br />
aufzutragen, um die Künstlichkeit<br />
aufzuzeigen, sind Interventionen in die<br />
symbolische Ordnung und deshalb auch<br />
gerade auf der Ebene der Symbolik<br />
<strong>an</strong>greifbar. Doch weder die Kritik <strong>an</strong><br />
der strukturellen, juristischen und<br />
sozialpolitischen Ver<strong>an</strong>kerung der<br />
heteronormativ verfassten Zweigeschlechtlichkeit<br />
noch die radikale<br />
Kritik <strong>an</strong> kapitalistischen und rassistischen<br />
Strukturen und Ausbeutungsverhältnissen<br />
k<strong>an</strong>n auf den symbolischen<br />
Raum begrenzt bleiben.<br />
Konsequenterweise verbinden sich<br />
diese Themen auch auf Ladyfesten. Bei<br />
vielen Ladyfesten haben eben beide<br />
Perspektiven Platz im Programm –<br />
damit wird nicht immer der innere<br />
theoretische und politische Widerspruch<br />
dieser Gleichzeitigkeit aufgelöst. Aber<br />
meiner Ansicht<br />
nach ist dieser<br />
Widerspruch auch<br />
nicht auflösbar und<br />
muss perm<strong>an</strong>ent<br />
und auch konflikthaftbearbeitet<br />
werden. Wir<br />
haben es mit einer<br />
Gleichzeitigkeit<br />
verschiedener<br />
Macht- und Herrschaftsformen<br />
zu<br />
tun. Ladyfeste setzen in der Folge auf<br />
die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen<br />
Strategien.<br />
Seit einigen Jahren zeichnen sich<br />
Veränderungen ab – statt Ladyfesten<br />
werden z.B. immer öfter „Queer-<br />
Feministische Tage“ org<strong>an</strong>isiert.<br />
Steht eine solche Umbenennung für<br />
eine inhaltliche Neuausrichtung oder<br />
bedeuten sie gar das Ende von Ladyfest?<br />
Was kommt nach Lady?<br />
Schwer zu sagen – vielleicht ist nach<br />
zehn Jahren Ladyfest m<strong>an</strong>cherorts Lust<br />
auf etwas Neues im Spiel. „Queer-<br />
Feministische Tage” gab es aber<br />
auch schon um 2000, oft waren sie<br />
lediglich etwas „kleiner” org<strong>an</strong>isiert<br />
als Ladyfeste. Grundsätzlich glaube<br />
ich, dass sich Strategien mit der Zeit<br />
verändern und verändern müssen, um<br />
nicht vereinnahmt oder kommerzialisiert<br />
und inhaltlich entleert zu werden.<br />
Vielleicht findet gerade tatsächlich eine<br />
inhaltliche Verschiebung statt, die nicht<br />
unbedingt ein grundsätzliches Ende von<br />
Ladyfest hits Europe<br />
Von Silke Graf<br />
Etwa zehn Jahre nach den Anfängen von Riot Grrrl f<strong>an</strong>den sich vormalige<br />
Akteur_innen dieser Bewegung im US-amerik<strong>an</strong>ischen Olympia zusammen, um<br />
das erste Ladyfest zu org<strong>an</strong>isieren (siehe dazu S. 17). Diese einmalig gepl<strong>an</strong>te<br />
Ver<strong>an</strong>staltung war der Impuls zu einer globalen Verbreitung von Ladyfesten,<br />
wobei es schon im Programmheft zum ersten Ladyfest über die strittige Verwendung<br />
des Begriffs „Lady” hieß: „This name debate is boring. How could we ever<br />
decide what to call ourselves, when we c<strong>an</strong>’t decide what we are? And we don’t<br />
w<strong>an</strong>t to. So we won’t.”<br />
Der Wunsch von Sleater-Kinney-Gitarristin Carrie Brownstein, das erste Ladyfest<br />
möge Frauen dazu inspirieren, in ihre Communitys zurückzukehren, um ähnliche<br />
Schritte für Netzwerke und Alli<strong>an</strong>zen zu setzen, erfüllte sich prompt. Die<br />
Verbreitung funktionierte in einer Art Schneeballsystem: 2001 f<strong>an</strong>den bereits<br />
drei Ladyfeste in den USA (in Bloomington/Indi<strong>an</strong>a, Chicago und New York) und<br />
das erste in Europa, und zwar in Glasgow, Schottl<strong>an</strong>d, statt. 2002 waren es bereits<br />
zwölf Ladyfeste, neun davon in den USA und drei in europäischen Städten.<br />
Die Informationen und Berichte über Ladyfest führten im Jahr 2003 zu bereits<br />
21 Ladyfesten.<br />
Europäische Ladyfeste, die das erste Ladyfest in Wien 2004 beeinflussten, waren<br />
neben dem Ladyfest London das Ladyfest Amsterdam (2003) und die frühen<br />
Ladyfeste im deutschsprachigen Raum: Ladyfest Hamburg und Berlin (beide<br />
2003). Alle diese Ladyfeste wurden von der einen oder <strong>an</strong>deren Org<strong>an</strong>isator_in<br />
aus Wien besucht und dienten als Inspiration und erweiterten das Netzwerk. Vor<br />
allem das Ladyfest Hamburg mit seiner Betonung der Heterogenität des Org<strong>an</strong>isationsteams<br />
und seiner expliziten Aufforderung, Feminismus neu zu definieren,<br />
nämlich „jenseits von Zw<strong>an</strong>gsheterosexualität und Zweigeschlechtlichkeit”<br />
bereitete den Weg. 2005 und 2007 folgten weitere Ladyfeste in Wien, 2008 die<br />
Queer-Feministischen Tage.<br />
Silke Graf war Teil des LF-Org<strong>an</strong>isationskollektivs 2004 und 2007 und verfasste ihre<br />
Diplomarbeit zum Thema Verh<strong>an</strong>dlungen von Geschlecht am Beispiel Ladyfest Wien<br />
2004.<br />
forum wissenschaft<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 23
forum wissenschaft<br />
Quellen der Ladyfest-Bilder:<br />
Programmheft und<br />
Festivalpässe Ladyfest<br />
Olympia 2000<br />
T-Shirt Ladyfest London<br />
2002<br />
Programmheft Ladyfest<br />
Hamburg 2003<br />
T-Shirt, Stofffetzen und<br />
Buttons Ladyfest Wien 2004<br />
Found Footage von<br />
fl ickr.com: Elo Vazquez/Ladyfest<br />
Südsp<strong>an</strong>ien 2007 &<br />
gaelx/Ladyfest Madrid 2009<br />
D<strong>an</strong>k <strong>an</strong> Silke Graf, Ute<br />
Hölzl, Sushila Mesquita, Eva<br />
Trimmel und Iris Weißenböck<br />
für die Bereitstellung<br />
ihrer Devotionalien.<br />
24 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Ladyfesten bedeuten muss.<br />
Ich könnte es auch <strong>an</strong>ders interpretieren:<br />
Ladyfeste haben so viel Diskussionsstoff<br />
auf den Tisch gelegt, dass<br />
nun immer mehr „Queer-Feministische<br />
Tage” initiiert werden, um die <strong>an</strong>stehenden<br />
Diskussionen auch weiterhin zu<br />
führen.<br />
Seit 2008 bist du Professorin für<br />
Erziehung und Bildung mit dem<br />
Schwerpunkt Jugendarbeit <strong>an</strong> der<br />
Fachhochschule Kiel. Inwieweit lassen<br />
sich die Erkenntnisse aus den Ausein<strong>an</strong>dersetzungen<br />
der Ladyfeste in die<br />
Institutionen tragen?<br />
Diese Frage ist gar nicht so leicht oder<br />
schnell zu be<strong>an</strong>tworten. Zum einen ist<br />
es für mich selbstverständlich, aktuelle<br />
soziale Artikulationsweisen und Widerst<strong>an</strong>dsformen<br />
zur Kategorie Geschlecht<br />
in der Lehre zu beh<strong>an</strong>deln – und im idealen<br />
Fall auch weiter zu erforschen. Das<br />
ist mir ein großes Anliegen, insbesondere<br />
deshalb, weil ich mit Foucault davon<br />
ausgehe, dass erst die Analyse von<br />
Widerst<strong>an</strong>d zeigen k<strong>an</strong>n, welche Macht-<br />
und Herrschaftsformen existieren. In<br />
meinem Verständnis kritischer Wissenschaft<br />
also quasi ein Dauerbrenner.<br />
Allerdings fi nde ich es sehr problematisch,<br />
dass Studierende immer weniger<br />
die Wahl haben, sich für Themen<br />
und Lehrende zu entscheiden – in so<br />
einem Klima, das obendrein noch durch<br />
Prüfungen und Scheine geprägt ist, ist<br />
die Thematisierung von prinzipieller<br />
Offenheit, D.I.Y. und der Infragestellung<br />
von Herrschaftsverhältnissen bisweilen<br />
paradox. Andererseits erlebe ich<br />
Studierende auch immer wieder als<br />
sehr interessiert und begeistert bei<br />
Themen wie Riot Grrrl oder Ladyfeste,<br />
und aktuell sind einige auch involviert<br />
in die Org<strong>an</strong>isation von Kiels erstem<br />
Ladyfest! l<br />
Mel<strong>an</strong>ie Groß beschäftigt sich seit einigen<br />
Jahren mit Ladyfesten und queer-feministischen<br />
Widerst<strong>an</strong>dsformen. Sie ist<br />
Teammitglied des Feministischen Instituts<br />
Hamburg, www.feministisches-institut.de.<br />
Publikationen (Auswahl): Geschlecht und<br />
Widerst<strong>an</strong>d. post..|queer..|linksradikal.<br />
Ulrike Helmer 2008; riot grrrls und ladyfeste<br />
– Angriffe auf die heterosexuelle Matrix.<br />
In: Gabriele Rohm<strong>an</strong>n (Hg.in): Krasse Töchter.<br />
Mädchen in Jugendkulturen. Archiv der<br />
Jugendkulturen 2007, S. 71–81.<br />
impressum<br />
Herausgeberinnen und Verlegerinnen: CheckArt, Verein für feministische Medien und Politik. A-1030 Wien, Untere Weißgerberstr. 41, T. 01/920 16 76, e-mail: redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at,<br />
offi ce@<strong>an</strong>schlaege.at, www.<strong>an</strong>schlaege.at l Koordinierende Redakteurinnen: Sylvia Köchl, offi ce@<strong>an</strong>schlaege.at, T.01/920 16 78, Vina Yun, redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at, T. 01/920 16 76<br />
Buchhaltung, Abos: Svenja Häfner, buchhaltung@<strong>an</strong>schlaege.at, abo@<strong>an</strong>schlaege.at l Termine, Tipps: Vina Yun, termine@<strong>an</strong>schlaege.at l Inserate: Michèle Thoma, mi.thoma@chello.at l Redaktion:<br />
Bettina Enzenhofer/be, Svenja Häfner/svh, Andrea Heinz/h<strong>an</strong>, Sylvia Köchl/sylk, Silke Pixner/pix, Fiona Sara Schmidt/fi s, Lea Susemichel/les, Irmi Wutscher/trude, Vina Yun/<br />
viyu l Praktikum: Katharina Weßels/kw l Texte: Claudia Amsler/claude, Persson Perry Baumgartner, Mirjam Bromundt/mij, Christine Erharter, Denice Fredriksson, Lela Gahleitner,<br />
Silke Graf, Judith Goetz, Beate Hammond, Regina Himmelbauer, Ute Hölzl, Gabi Horak, Leela, Mia Kager/miak,Ursula Knoll, Birge Krondorfer, Clara Luzia, Alice Ludvig, Katharina<br />
Ludwig, Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, Sushila Mesquita, Gabriele Migdalek, Ute Mörtl, Atma Pöschl, Rosa Reitsamer, Verena Stern/vers, Eva Trimmel, Iris Weißenböck, Katharina<br />
Weßels/kw, Elke Zobl l Layoutkonzept & Layout: Lisa Bolyos l Coverfoto: Inés Bacher, Silke Graf, Nadine Kappacher l Cartoons & Illustrationen: Paula Bolyos, Nadine Kappacher, Lisa Max, Bi<strong>an</strong>ka<br />
Tschaikner, Lina Walde, Zappho l Fotos: <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-Archiv, CBG Network, Jeffrey Dismer, Dontworry/wikicommons, Four Music, gaelx/fl ickr, H.A.P.P.Y., heartbeaz/fl ickr, Ute Hölzl, Gabi<br />
Horak, http://endforcedsterilisation.wordpress.com, Ursula Knoll, Ladyfest Trier, Ladies M<strong>an</strong>joe/fl ickr, Michael M<strong>an</strong>n, Laura Moreno, NFP marketing & distribution*, Heldi Pema,<br />
Südwind Agentur, UK Health Education Council, Elo Vasquez, VIDC, Kurt Wachter/FairPlay, www.dexiner.com l Homepage: Mirjam Bromundt, www.<strong>an</strong>schlaege.at l Druck: H.R.G. Druckerei<br />
© <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Titel, Vorsp<strong>an</strong>n und Zwischentitel von der Redaktion. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Auffassung der Redaktion entsprechen. Kürzungen<br />
vorbehalten. l ISSN 1993-3002
Arbeiten am Körper<br />
Was k<strong>an</strong>n Körperarbeit, und was machen<br />
eigentlich Körpertherapeut_innen? Während<br />
Atma Pöschl mit t<strong>an</strong>trischer Körperarbeit<br />
die „innere Haltung” zu stärken versucht,<br />
hinterfragt Lela Gahleitner, klassische Physiotherapeutin,<br />
den „Haltungshintergrund” ihres<br />
Berufsfeldes.<br />
Illustration: Bi<strong>an</strong>ka Tschaikner<br />
T<strong>an</strong>trische Körperarbeit? Kaum ein Job produziert so viele unterschiedliche<br />
F<strong>an</strong>tasien und Projektionen wie meiner. Ziel meiner Arbeit ist Gefühlsöffnung,<br />
volle Körperlebendigkeit und Ausdehnung der sexuellen Energie in den<br />
g<strong>an</strong>zen Körper – nicht kurze Triebabfuhr. Ein Orgasmus mag Wegbegleiter<br />
sein – neben Angst, Trauer, Schmerz –, aber nicht das Ziel: Nähe, das wissen<br />
wir alle, k<strong>an</strong>n auch sogen<strong>an</strong>nte negative Gefühle triggern. Der Körper<br />
speichert Erinnerungen, die bei Berührung <strong>an</strong> die Oberfläche steigen. Mit<br />
diesen Emotionen, die meist nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun haben, sind<br />
Liebende oft überfordert. Für Frauen, die Ver<strong>an</strong>twortung dafür übernehmen<br />
wollen, ist meine Arbeit ein neutraler, liebevoller Rahmen für ihre Körpererinnerungen<br />
und ihre Lust. Meiner Ansicht nach ist Berührung ein guter Weg,<br />
um traumatische Gewebe- und Gefühlserstarrung aufzulösen und verlorenes<br />
Empfinden wieder zu wecken.<br />
In diesem Sinne reicht die B<strong>an</strong>dbreite der Motivation, t<strong>an</strong>trische Körperarbeit<br />
zu konsumieren, vom Einfach-genießen-Wollen bis hin zu medizinischen<br />
Diagnosen wie Adipositas, Magersucht und Borderline. Dabei kooperiere ich<br />
mit PsychotherapeutInnen, die mein Angebot weiterempfehlen. Tr<strong>an</strong>ssexuelle<br />
begleite ich zum Beispiel zur Operation und d<strong>an</strong>ach, und für Frauen mit Behinderung<br />
biete ich Sexualbegleitung. Das k<strong>an</strong>n bedeuten, dass ich frau zeige,<br />
wie sie sich selbst berühren k<strong>an</strong>n oder sie individuell dabei unterstütze, ihre<br />
Sexualität zu leben. Nicht zuletzt arbeite ich mit Paaren, denen ich zeige,<br />
wie sie sich berühren und massieren können.<br />
Während die Sau rauszulassen und sie zu unterdrücken zwei gleichermaßen<br />
unentsp<strong>an</strong>nte Seiten der Medaille unserer christlich geprägten Kultur ausmachen,<br />
ist ein natürlicher, würdevoller Umg<strong>an</strong>g mit Sexualität meine Stärke<br />
und ein Wesenszug t<strong>an</strong>trischer Körperarbeit. Frauen eröffnet diese noch<br />
recht neue Form der Berührung und Prozessbegleitung sp<strong>an</strong>nende Möglichkeiten<br />
der Ausein<strong>an</strong>dersetzung mit Sexualität als Praxisfeld: Weil Sex immer<br />
wieder neu zu erforschen und voll immenser Power ist!<br />
Atma Pöschl ist Trainerin und Coach für Körpersensibilisierung.<br />
www.praxis-arsenal.at. Kontakt: atma.poeschl@hotmail.com, T. 0699/11784060<br />
<strong>an</strong>.sprüche<br />
Ich mache gerade die Physiotherapie-Ausbildung, also eine bald hundert<br />
Jahre alte Form der Körperarbeit. Als Kr<strong>an</strong>kengymnastinnen haben sie<br />
einst begonnen, mit den Verwundeten des Ersten Weltkriegs. Bewegung ist<br />
in der Physiotherapie alles. Und für eine mögliche Bewegung braucht es<br />
immer einen Haltungshintergrund. Das war schon eigenartig damals, als ich<br />
in meinem Referat zu Bewegung d<strong>an</strong>n auch von der nationalsozialistischen<br />
gesprochen hab. Und beim Haltungshintergrund fällt mir immer die Frage<br />
nach den Einstellungen zu bestimmten Themen ein.<br />
Obwohl ich weiß, dass das alles gar nicht gemeint ist – denn die Physiotherapie<br />
beh<strong>an</strong>delt ja „nur” den Körper – wehre ich mich dagegen, dass davon<br />
keine Rede sein soll. Denn: Was soll das überhaupt sein, so ein Körper? Und<br />
was macht denn eine Frau, die mir gegenübersitzt, zu einer Frau, und was ist<br />
so wichtig dar<strong>an</strong>?<br />
Ich merke, dass das Fragen sind, über die nur wenige meiner KollegInnen<br />
bereit sind, mit mir zu diskutieren. Was ich da denke, fühlt sich nicht wie Körperarbeit<br />
<strong>an</strong>, ist verkopft und nicht das, worum es geht. Und worum geht’s?<br />
Ums Beh<strong>an</strong>deln und Hingreifen. Nicht nur reden – tun.<br />
Körperarbeit ist also direkt und unmittelbar: Die Schmerzen verringern oder<br />
verschwinden lassen ist ziemlich cool, den Schmerz provozieren oder verstärken<br />
weniger, denn bei Ersterem werde ich <strong>an</strong>gelächelt, bei Zweiterem muss<br />
ich mich rechtfertigen. Dauernd soll ich Erklärungen liefern, aber eben immer<br />
im Rahmen: im physiotherapeutisch-natürlich-körperlichen. Und der ist<br />
mir als Soziologin zu eng. Bloß ist der soziologische meistens zu kompliziert.<br />
Was bleibt, und das ist einfach gehalten, ist: Ich mache mir mit meiner Patientin<br />
etwas aus, frage sie nach ihrem Hauptproblem, biete ihr eine Lösung<br />
<strong>an</strong>, erkläre, was ich mir dazu denke – und da hat mir auch das soziologische<br />
Wissen schon oft geholfen – und was helfen könnte. Das probieren wir d<strong>an</strong>n<br />
– und wenn es funktioniert, ja, d<strong>an</strong>n ist es fein. Da macht d<strong>an</strong>n Körperarbeit<br />
direkt glücklich, beide nämlich.<br />
Lela Gahleitner ist Soziologin und hat soeben ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin<br />
abgeschlossen.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 25
zeitausgleich<br />
arbeitsfragen in allen lebenslagen<br />
Text: Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, Illustration: Nadine Kappacher<br />
Alt und faul<br />
Nun schaukle ich also alt-fett-faul in der sozialen Hängematte. Wie ich<br />
da reingekommen bin? G<strong>an</strong>z einfach: die Gnade der frühen Geburt. Ich<br />
genieße die Früchte eines l<strong>an</strong>gen Arbeitslebens in unterschiedlichen<br />
Berufen mit wechselnden Lebensabschnittspartnern, zwei Kindern und<br />
zwei Enkelkindern, streckenweise allein lebend. Angefressen? Nicht<br />
wirklich. Schließlich habe ich ein Grundeinkommen. Allerdings bescheiden<br />
und nicht bedingungslos. Die Bedingungen für meinen Pensions<strong>an</strong>spruch<br />
sind schwer erarbeitet. Ach was: erkämpft!<br />
Das waren noch Zeiten, als ich jung war. Keine Pille, keine Waschmaschine,<br />
Windeln am Herd auskochen, kein Karenzgeld, Mutterschutz<br />
sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt, keine Kindergärten,<br />
45-Stundenwoche, Samstagarbeit. Aber es gab ein großes Wunder,<br />
das sie Wirtschaft n<strong>an</strong>nten. Also Arbeit in Hülle und Fülle, nicht nur<br />
unbezahlte. Ich Frau war sehr gefragt – als Schneiderin in der Fabrik,<br />
als Au-pair in London, in Berlin als Kr<strong>an</strong>kenschwester, als Kneipenwirtin<br />
(da war ich mir selbst Arbeitgeberin) und d<strong>an</strong>n als Journalistin in<br />
Wien. Überall offene Wirtschaftshände für mich Fräulein Wunder. Und<br />
natürlich habe ich (fast immer) brav eingezahlt in die Pensionskassen.<br />
Ging ja auch gar nicht <strong>an</strong>ders. Denn im Unterschied zu heute gab es fast<br />
nur „gesicherte” Arbeitsplätze, bei denen dir sofort das Gerstl für die<br />
Pension (Generationenvertrag) abgezogen wurde. War ja auch irgendwie<br />
ein Glück für mich, siehe Hängematte.<br />
Dennoch bin ich wütend. Es wird gehetzt gegen l<strong>an</strong>ges Leben, gegen<br />
Normalarbeitsverhältnisse und staatliche Vorsorge. Uns Grauhaarigen<br />
wird Altersgeiz unterstellt, unser Pensionsluxus auf Mallorca sei für die<br />
Jungen ein provok<strong>an</strong>ter Lebensstil. Meinen die etwa mich? Wenn ich<br />
nicht gerade in der Hängematte liege und „<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>” lese, versorge<br />
ich Enkelkinder, greife den prekär beschäftigten Töchtern fin<strong>an</strong>ziell unter<br />
die Arme. Die Pflege meiner demenzkr<strong>an</strong>ken Mutter über vier l<strong>an</strong>ge<br />
Jahre hat mich nicht jünger gemacht, und ich schreibe mir unbezahlt die<br />
Finger wund. Wen also meinen die?<br />
Bärbel Mende-D<strong>an</strong>neberg, nicht fett, nicht faul, aber mit 67 schon in die Jahre<br />
gekommen. Journalistin, Herausgeberin und Autorin verschiedener Bücher,<br />
u.a. „Alter Vogel, flieg! Tagebuch einer pflegenden Tochter“.<br />
Nadine Kappacher gibt es da www.salon-nadine.at und dort http://meerweh.<br />
tumblr.com<br />
26 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
mindestlohn<br />
Wenig Hoffnung auf adäquates Einkommen<br />
In Deutschl<strong>an</strong>d be<strong>an</strong>twortete Schwarz-Gelb die Anfrage der Fraktion Die<br />
Linke nach einem gesetzlichen Mindestlohn negativ. Die Argumentation:<br />
Die Regierung besitze nicht die Kompetenzen, um ein solches Vorhaben<br />
rechtfertigen zu können. Welche Br<strong>an</strong>che welchen Lohn auszahlen will,<br />
sei durch die Tarifautonomie bestimmt. Verh<strong>an</strong>dlungen, die Tarifänderungen<br />
vorsehen, müssten von den jeweiligen Sozialpartnern getätigt<br />
werden.<br />
Mehrheitlich leiden Frauen unter Niedriglöhnen. Jede dritte deutsche<br />
Frau verdient weniger als 9,85 Euro pro Stunde (bei Männern sind es<br />
knapp 14 Prozent). Dass sich der Gender Pay Gap – derzeit 23 Prozent<br />
– nicht schließt, verwundert daher nicht.<br />
Die Forderung eines gesetzlichen Mindeststundenlohns von 8,50 Euro<br />
wurde vom Bundeskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes am<br />
18. Mai beschlossen. Ein weiterer Hoffnungsschimmer am deutschen<br />
Horizont ist die von Arbeitgeber_innen, Arbeitnehmer_innen und Arbeitsministerin<br />
Ursula von der Leyen (CDU) vereinbarte Einführung des<br />
gesetzlichen Mindestlohns für Pflegekräfte mit 1. <strong>August</strong>. Wermutstropfen<br />
hierbei: Der Stundenlohn beträgt 8,50 Euro im Westen und mickrige<br />
7,50 Euro im Osten. Nicht genug damit, sperrt sich nun Wirtschaftsminister<br />
Rainer Brüderle (FDP) gegen die Vereinbarung. Er möchte, dass<br />
sich das Kabinett mit dem Mindestlohn befasst und dass dieser bis 2011<br />
begrenzt wird. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ruft zu einer Brief-<br />
bzw. Fax-Protestaktion auf, um die Mindestlohnvereinbarungen für den<br />
Pflegebereich durchzusetzen.<br />
Pflegearbeit ist eine der am stärksten belastenden Tätigkeiten – physisch<br />
wie psychisch. Besonders viele Pfleger_innen klagen über Gesundheitsprobleme,<br />
vor allem durch schwierige Körperhaltungen oder H<strong>an</strong>tieren<br />
mit schweren Lasten. Außerdem wird Pfleger_innen eine besonders hohe<br />
Arbeitszeitflexibilität, inklusive Nacht- und Wochenenddiensten abverl<strong>an</strong>gt.<br />
Nicht zuletzt leiden viele von ihnen unter Zeitdruck sowie Arbeitsüberlastung.<br />
Gleichzeitig ist die Pflegearbeit noch immer Frauensache<br />
– im Jahr 2008 waren 86 Prozent der Pflegebediensteten in Deutschl<strong>an</strong>d<br />
Frauen. miak/trude<br />
www.frauenrat.de, www.verdi.de<br />
einkommenstr<strong>an</strong>sparenz<br />
Großer Pl<strong>an</strong>, kleine Schritte<br />
Nach schwedischem Vorbild müssen in Österreich ab 2011 die Einkommen<br />
von Betrieben mit mehr als eintausend Mitarbeiter_innen <strong>an</strong>onymisiert<br />
veröffentlicht werden. Betroffen sind von dieser Regelung ca.<br />
200 Betriebe, d.h. rund 15 Prozent aller Arbeitnehmer_innen. Diese<br />
Unternehmen müssen einen jährlichen Einkommensbericht erstellen,<br />
in dem die durchschnittlichen Löhne und Gehälter von Frauen<br />
und Männern in vergleichbaren Positionen betriebsintern aufgezeigt<br />
werden. Nachdem allerdings für säumige Betriebe keine S<strong>an</strong>ktionen<br />
zu erwarten sind, ist fraglich, inwieweit die neue Verpflichtung<br />
umgesetzt werden wird. Die Tr<strong>an</strong>sparenz soll jedenfalls helfen, die<br />
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern (derzeit bei<br />
18 Prozent) zu verkleinern.<br />
Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek wollte ursprünglich die<br />
Einkommenstr<strong>an</strong>sparenz für Unternehmen ab 25 Mitarbeiter_innen und<br />
mit S<strong>an</strong>ktionen bei Weigerung der Veröffentlichung durchsetzen – stattdessen<br />
kommt nun bloß ein Stufenpl<strong>an</strong> über mehrere Jahre: Im Jahr<br />
2012 gilt die Regelung für Betriebe ab 500 Mitarbeiter_innen, 2013
ab 250 Mitarbeiter_innen – bis 2014 werden damit vierzig Prozent der<br />
Beschäftigen erfasst sein.<br />
SPÖ und Gewerkschaften freuen sich über den Beschluss, Kritik kommt<br />
u.a. von den Grünen. Die grüne Frauensprecherin Judith Schwentner<br />
sieht „keinen Meilenstein” und „bestenfalls einen Anstoß zur Sensibilisierung”.<br />
Auch auf Facebook formiert sich Widerst<strong>an</strong>d samt Praxis<strong>an</strong>leitung:<br />
Die Gruppe „tr<strong>an</strong>sparente gehälter und einkommen konkret”ruft<br />
dazu auf, das eigene Einkommen – g<strong>an</strong>z ohne Anonymität oder Parteiapparat<br />
– auf der Pinnw<strong>an</strong>d offenzulegen. be<br />
www.diest<strong>an</strong>dard.at, www.frauen.spoe.at, www.facebook.com/group.<br />
php?gid=370305217343&v=wall<br />
kunstarbeitsmarkt<br />
Infos für prekäre Künstler_innen<br />
Hoher Identifikationsgrad, großes Engagement, unterdurchschnittliches<br />
Einkommen und geringe soziale Absicherung – all das sind typische<br />
Merkmale von Menschen, die im Bereich Kunst und Kultur arbeiten.<br />
Für diese Nutzer_innenguppe des Arbeitsmarktservice (AMS) hat der<br />
Kulturrat Österreich die Infobroschüre „Selbstständig – Unselbstständig<br />
– Erwerbslos” herausgebracht. Der Kulturrat ist ein Zusammenschluss<br />
der Interessenvertretungen von Kunst-, Kultur- und Medienschaffenden.<br />
Er setzt sich gegen Prekarisierung und für Tr<strong>an</strong>sparenz und Meinungsvielfalt<br />
ein.<br />
Die 44 Seiten starke Broschüre beleuchtet die Entwicklung des<br />
Arbeitsmarktes für Kunstschaffende in Österreich. Weitere Schwerpunkte<br />
sind Arbeitslosengeld, Selbstständigkeit, Karenz und wie m<strong>an</strong><br />
Problemen mit dem AMS begegnen k<strong>an</strong>n. Ziel ist die Aufklärung über<br />
die Rechte der Betroffenen. Bei der Erstellung der Broschüre hat der<br />
Kulturrat mit Abteilungen des AMS, dem Sozialministerium (bm:ask)<br />
und der Sozialversicherungs<strong>an</strong>stalt der Gewerblichen Wirtschaft<br />
zusammengearbeitet, um verbindliche aktuelle Informationen zu<br />
liefern. fis<br />
http://kulturrat.at/agenda/ams/infoAMS<br />
online-test<br />
Hausarbeitende Männer?<br />
Ein Online-Test bringt das Ergebnis: Die Bereitschaft der Männer, unentgeltlich<br />
Hausarbeit zu leisten, ist erheblich gewachsen – zumindest unter<br />
weißen nordamerik<strong>an</strong>ischen Männern.<br />
Ilona Jerabek, Präsidentin von PsychTests AIM, konzipierte jüngst einen<br />
Fragenkatalog mit 126 Fragen, der die genderspezifischen Verhaltens-<br />
und Denkmuster der zu Befragenden durchleuchten sollte. Bisher<br />
nahmen 300 Frauen und 200 Männer <strong>an</strong> der Online-Befragung teil, von<br />
repräsentativer Aussagekraft k<strong>an</strong>n also keine Rede sein, auch wenn das<br />
bisherige Ergebnis zum Träumen <strong>an</strong>regt – oder auch Anlass zur Verwunderung<br />
gibt: Angeblich sind Männer willig, die Aufgaben im Haushalt<br />
gerecht zwischen der Partnerin und sich selbst zu verteilen, allerdings<br />
gaben die meisten weiblichen Befragten <strong>an</strong>, die Umverteilung der Pflichten<br />
im Privathaushalt auf beide Parteien nicht zu unterstützen. Jerabeks<br />
Interpretation nach h<strong>an</strong>deln die Frauen nach dem Motto: Geteilter Haushalt<br />
ist gut, Kontrolle über alle haushälterischen Tätigkeiten ist besser.<br />
Was sich in Haushalts<strong>an</strong>gelegenheiten jedoch zu kontrollieren lohnt, sei<br />
hier dahingestellt. miak<br />
www.womensenews.org, Test: http://testyourself.psychtests.com/testid/2435 (Version für<br />
Frauen) bzw. http://testyourself.psychtests.com/testid/2436 (Version für Männer)<br />
sucht<br />
Nichtraucherinnentag<br />
Marlboro M<strong>an</strong> und seine Freunde waren in den 1970er-Jahren Vorbild<br />
für 85 Prozent der männlichen und 15 Prozent der weiblichen Raucher_<br />
innen. Seitdem steigt die Zahl der qualmenden Frauen stetig – in Österreich<br />
greift mittlerweile rund jede dritte erwachsene Frau zur Zigarette.<br />
Besonders gefährlich ist, dass bereits 27 Prozent aller Jugendlichen unter<br />
15 Jahren mindestens einmal pro Woche rauchen. Der Weltnichtrauchertag<br />
am 31.<br />
Mai st<strong>an</strong>d heuer<br />
unter dem Motto<br />
„Geschlecht<br />
und Tabak”. Die<br />
Tabakindustrie<br />
setzt zunehmend<br />
auf Konsumentinnen,<br />
da<br />
diese weltweit<br />
betrachtet noch<br />
eine wenig<br />
erschlossene<br />
Zielgruppe<br />
darstellen. „Der<br />
Anstieg der<br />
weiblichen Raucherkarrieren<br />
ist eine traurige<br />
Erfolgsstory.<br />
Frauen em<strong>an</strong>zipierten<br />
sich<br />
beim Rauchen,<br />
aber beim<br />
Raucherausstieg haben sie viel weniger Engagement als ihre männlichen<br />
Kollegen”, erklärte der Präsident der Österreichischen Krebshilfe Paul<br />
Sevelda in einer Presseaussendung. Eine von Pfizer in Auftrag gegebene<br />
Studie kommt allerdings zu einem <strong>an</strong>deren Ergebnis: Männer wie Frauen<br />
benötigen demnach durchschnittlich drei Versuche, um das Rauchen<br />
aufzugeben. fis<br />
www.krebshilfe.net, www.pfizer.at<br />
auszeichnung<br />
Museumspreis für Wiener Verhütungsmuseum<br />
Bahnbrechende Arbeiten, innovative Denk<strong>an</strong>sätze und das Aufgreifen<br />
kontroversieller Themen würdigt der <strong>2010</strong> erstmals vom „Europe<strong>an</strong><br />
Museum Forum” vergebene Kenneth-Hudson-Preis, der nun dem Wiener<br />
Museum für Verhütung und Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch verliehen wurde.<br />
2007 eröffnete Joh<strong>an</strong>na Dohnal das weltweit einzigartige Museum, das<br />
Pionierarbeit bei der wissenschaftlichen und didaktischen Aufbereitung<br />
heikler Themen rund um Sexualität und Schw<strong>an</strong>gerschaftsabbruch<br />
leistet. Vom Fischblasenkondom über die Entwicklung der Pille bis hin<br />
zum Küchentisch der Engelmacherinnen findet sich auf rund hundert<br />
Quadratmetern Anschauungsmaterial zum Thema Fruchtbarkeit und<br />
Gesellschaftspolitik. mij<br />
Verhütungsmuseum: 1150 Wien, Mariahilfer Gürtel 37/1. Stock, Öffnungszeiten: Mi bis<br />
So 14–18.00, www.muvs.org<br />
<strong>an</strong>.riss arbeit wissenschaft<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 27
frauenbericht<br />
Foto: Jeffrey Dismer<br />
Frauenbericht <strong>2010</strong>. Bericht<br />
betreffend die Situation<br />
von Frauen in Österreich<br />
im Zeitraum von 1998 bis<br />
2008. Hg. Von Bundesministerium<br />
für Frauen. Bestellung:<br />
broschuerenvers<strong>an</strong>d@<br />
bka.gv.at<br />
28 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Mythos: Frauen arbeiten nur Teilzeit,<br />
weil sie das so wollen.<br />
Fakt ist: Rund vierzig Prozent der<br />
Frauen in Teilzeit geben <strong>an</strong>, dass dies<br />
aufgrund von Betreuungspflichten<br />
notwendig sei. Fast zehn Prozent aller<br />
erwerbstätigen Frauen wünschen sich<br />
längere Arbeitszeiten. Bei den Männern<br />
wünschen sich das nur knapp drei<br />
Prozent, wobei über siebzig Prozent<br />
ohnehin schon vollzeitbeschäftigt sind.<br />
Außerdem findet jede fünfte Frau, dass<br />
ihre Tätigkeit nicht ihrer Qualifikation<br />
entspricht.<br />
Mit einer Teilzeitquote von 41,5<br />
Prozent liegen Frauen in Österreich<br />
deutlich über dem EU-Durchschnitt von<br />
31 Prozent. In den verg<strong>an</strong>genen zehn<br />
Jahren ist die Vollzeiterwerbstätigkeit<br />
bei Frauen zurückgeg<strong>an</strong>gen, dafür hat<br />
Teilzeitarbeit massiv zugenommen.<br />
Gesetzliche Neuerungen haben das Problem<br />
verschärft: Nach der Novelle des<br />
Arbeitszeitgesetzes 2007 – wonach die<br />
tägliche/wöchentliche Arbeitszeit weiter<br />
ausgedehnt werden k<strong>an</strong>n – wurde es für<br />
Fakten zertrümmern<br />
Mythen<br />
Der österreichische Frauenbericht ist eine Fundgrube <strong>an</strong> Fakten<br />
und Zahlen – allesamt geeignet, diverse Scheinargumente gegen<br />
Frauenförderung zu demaskieren. Mythos: Frauen sind eh schon<br />
gleichberechtigt. Fakt ist: Sie sind es nicht!<br />
Von Gabi Horak<br />
Frauen noch schwerer, Vollzeitjob und<br />
Familie zu vereinbaren.<br />
Mythos: Frauen verdienen nur deshalb<br />
weniger, weil sie öfter Teilzeit arbeiten.<br />
Fakt ist: Selbst wenn das Lohngefälle<br />
um Effekte wie geringere Beschäftigung,<br />
Segregation, Alter und Ausbildung<br />
bereinigt wird, verdienen Frauen immer<br />
noch um 18 Prozent weniger – ohne ersichtlichen<br />
Grund. Auch vollzeiterwerbstätige<br />
Frauen verdienen nur 78 Prozent<br />
des Einkommens der Männer.<br />
Insgesamt (nach EU-Berechnung) liegt<br />
der Bruttostundenverdienst von Frauen<br />
sogar 25 Prozent unter dem der Männer.<br />
Der EU-Durchschnitt: 18 Prozent.<br />
Die Gründe: Br<strong>an</strong>chen mit niedrigem<br />
Einkommen haben einen besonders<br />
hohen Frauen<strong>an</strong>teil, aber auch innerhalb<br />
der Br<strong>an</strong>chen und Berufe verdienen<br />
Frauen deutlich weniger als ihre Kollegen,<br />
besonders Arbeiterinnen. Zwar sind<br />
Frauen immer besser gebildet, allerdings<br />
ändert das nichts <strong>an</strong> der Einkommensdiskriminierung<br />
– bei Berufseinsteigerinnen<br />
hat diese seit 1995 sogar<br />
noch weiter zugenommen.<br />
Mythos: Frauen sind deshalb nicht in<br />
Führungspositionen, weil sie schlechter<br />
ausgebildet sind.<br />
Fakt ist: Frauen sind mittlerweile besser<br />
ausgebildet als Männer. Berufliche<br />
Weiterbildung müssen sie im Gegensatz<br />
zu Kollegen jedoch öfter in der Freizeit<br />
absolvieren – trotzdem tun sie es häufiger<br />
als Männer. Nicht zuletzt führt die<br />
hohe Teilzeitrate bei Frauen dazu, dass<br />
sie die Karriereleiter nicht hinaufkommen.<br />
Insgesamt benötigen Frauen ein<br />
besseres Bildungsniveau, um bestimmte<br />
Positionen zu erreichen, die von Männern<br />
auch mit geringerer Qualifizierung<br />
eingenommen werden.<br />
Noch immer herrscht sowohl bei der<br />
Ausbildung als auch am Arbeitsmarkt<br />
eine starke Segregation: Frauen studieren<br />
kaum Technik, wählen traditionelle<br />
Lehrberufe (die Hälfte aller weiblichen<br />
Lehrlinge sind im kaufmännischen<br />
Bereich), arbeiten im Gesundheits-,<br />
Sozial-, Dienstleistungsbereich oder<br />
als Lehrerinnen. Viele dieser Frauenberufe<br />
haben eines gemeinsam: Sie<br />
sind schlecht bezahlt und bieten kaum<br />
Aufstiegsch<strong>an</strong>cen.<br />
Mythos: Frauen wollen keine Kinder<br />
mehr, weil sie lieber Karriere machen.<br />
Fakt ist: Junge Frauen wünschen sich<br />
mehr Kinder; wenn sie älter werden,<br />
zeigt sich aber, dass das nicht zu<br />
realisieren ist. Eine Frau in Österreich<br />
bekommt durchschnittlich 1,4 Kinder.<br />
Rund zw<strong>an</strong>zig Prozent der Frauen bleibt<br />
kinderlos.<br />
Auch bei den Männern steigt die<br />
Wunschkinderzahl mit dem Alter übrigens<br />
<strong>an</strong>. Derzeit gehen vier Prozent der<br />
Männer in Elternkarenz.<br />
Die Geburt eines Kindes stellt für<br />
Frauen nach wie vor einen nachhaltigen<br />
Ein- oder sogar Rückschritt in der<br />
Erwerbskarriere dar. Der Wiedereinstieg<br />
ist schwierig: Über ein Drittel der<br />
vor dem Kind erwerbstätigen Frauen<br />
ist selbst 32 Monate nach der Geburt<br />
ohne Beschäftigung. Kehren Frauen<br />
zurück zur Arbeit, reduzieren sie meist<br />
die Stunden auf Teilzeit. Bei Vätern ist<br />
es eher umgekehrt: Sie arbeiten sogar<br />
mehr. Der Vergleich von Frauen mit<br />
und ohne Kinder zeigt: Die Erwerbsquote<br />
kinderloser Frauen ist in den<br />
letzten Jahren auf hohem Niveau stetig<br />
gestiegen.<br />
Mythos: Frauen mit Kindern sind
durch Sozialleistungen sehr gut<br />
versorgt, immerhin gibt der Staat viel<br />
Geld dafür aus.<br />
Fakt ist: Alleinerzieherinnen und Haushalte<br />
mit vielen Kindern zählen zu den am<br />
stärksten armutsgefährdeten Gruppen.<br />
Der Lebensst<strong>an</strong>dard von Frauen ist oft<br />
von der Höhe der Einkünfte des Partners<br />
abhängig. Allein lebende Frauen haben<br />
einen um 17 Prozent geringeren Lebensst<strong>an</strong>dard<br />
als allein lebende Männer.<br />
In den letzten zehn Jahren ging die<br />
Zahl der Bezieherinnen von Arbeitslosengeld<br />
und Notst<strong>an</strong>dshilfe um ein<br />
Viertel zurück. Vor allem die Notst<strong>an</strong>dshilfe<br />
wird schnell gestrichen, weil<br />
das Einkommen des Partners, das bei<br />
der Berechnung berücksichtigt wird,<br />
zu hoch ist. Die Anspruchsvoraussetzungen<br />
für Arbeitslosengeld wurden in<br />
den letzten zw<strong>an</strong>zig Jahren sukzessive<br />
verschärft, was das ohnehin bereits<br />
niedrige Leistungsniveau für Frauen mit<br />
Kindern weiter reduzierte. Ein Viertel<br />
der alleinlebenden Frauen ist armuts-<br />
gefährdet, ebenso ein Drittel der allein<br />
lebenden Pensionistinnen.<br />
Mythos: Frauen dürfen fünf Jahre<br />
früher in Pension gehen als Männer<br />
und das ist nicht fair.<br />
Fakt ist: Der tatsächliche Unterschied<br />
im Pensionszug<strong>an</strong>gsalter ist nur gering.<br />
Frauen können sich eine frühere<br />
Pensionierung nämlich schlichtweg<br />
nicht leisten. Und außer der Anerkennung<br />
der Kindererziehungszeiten<br />
wurden bisher auch kaum weitere<br />
Schritte für den Ausbau der eigenständigen<br />
Alterssicherung gesetzt. Zudem<br />
ist die letzte Phase der Erwerbsarbeit<br />
vielfach geprägt durch die Betreuung<br />
von pfl egebedürftigen Angehörigen bei<br />
gleichzeitiger fi n<strong>an</strong>zieller Abhängigkeit<br />
vom Ehepartner. Ist das fair?<br />
Pensionistinnen müssen mit rund 57<br />
Prozent des Einkommens von Pensionisten<br />
auskommen – ein Resultat des<br />
niedrigeren Einkommens, der Berufsunterbrechungen<br />
und der fehlenden<br />
eigenständigen Absicherung. 2008<br />
betrug die neu zuerk<strong>an</strong>nte Eigenpension<br />
für Frauen durchschnittlich 802<br />
Euro.<br />
Mythos: Wir haben keinen Pfl egenotst<strong>an</strong>d.<br />
Fakt ist: Für viele Frauen herrscht<br />
Notst<strong>an</strong>d, denn sie müssen ihre PartnerInnen<br />
und Eltern pfl egen – neben<br />
oder statt Job, Karriere und Freizeit.<br />
Und <strong>an</strong>gesichts der demografi schen<br />
Alterung wird sich die Situation noch<br />
massiv verschärfen: Bis 2030 werden<br />
um zwei Drittel mehr Männer Pfl egegeld<br />
be<strong>an</strong>tragen und um zwei Fünftel<br />
mehr Frauen.<br />
Fast achtzig Prozent der pfl egenden<br />
Angehörigen sind Frauen. Knapp ein<br />
Drittel ist nebenher erwerbstätig, die<br />
Hälfte der pfl egenden Angehörigen hat<br />
aber kein Einkommen oder eines unter<br />
700 Euro netto. Zw<strong>an</strong>zig Prozent der<br />
pfl egenden Angehörigen haben keine<br />
Pensionsversicherung.<br />
Der tatsächliche Unterschied im Pensionszug<strong>an</strong>gsalter<br />
ist nur gering. Frauen können sich<br />
eine frühere Pensionierung nämlich schlichtweg<br />
nicht leisten.<br />
Mythos: Wir brauchen keine Zuw<strong>an</strong>derung,<br />
Migr<strong>an</strong>tInnen nehmen uns<br />
nur Arbeitsplätze weg.<br />
Fakt ist: Frauen migr<strong>an</strong>tischer Herkunft<br />
sind in geringerem Maße<br />
erwerbstätig als im Inl<strong>an</strong>d geborene<br />
Frauen, sie sind deutlich öfter arbeitslos,<br />
verdienen nur rund zwei Drittel des<br />
Durchschnittseinkommens von Österreicherinnen<br />
und sind mehr als doppelt so<br />
oft armutsgefährdet.<br />
Die Zahl der Frauen in Österreich<br />
konnte zuletzt nur durch Zuw<strong>an</strong>derung<br />
wachsen. 2009 waren 17 Prozent der<br />
weiblichen Bevölkerung ausländischer<br />
Herkunft. Sie bekamen deutlich mehr<br />
Kinder als Mehrheitsösterreicherinnen.<br />
Migr<strong>an</strong>tinnen sind öfter Arbeiterinnen<br />
als Österreicherinnen und öfter in atypischen<br />
Arbeitsverhältnissen beschäftigt.<br />
Sie verdienen nur 68 Prozent des Bruttojahreseinkommens<br />
der in Österreich<br />
geborenen Frauen. l<br />
leben mit kindern<br />
9 bis 12:30<br />
3 Tage<br />
reichen<br />
10 bis 14<br />
heim<br />
spiel<br />
Alice Ludvig<br />
Fr<strong>an</strong>kreich!<br />
Mein Sohn geht seit Ende Februar in eine – private – Krippe,<br />
deren Namen ich hier verschweige. Sie liegt am R<strong>an</strong>de des achten<br />
Bezirks. Tatsache ist, dass er damals noch nicht g<strong>an</strong>z sechs<br />
Monate alt war. Als Alleinerzieherin ohne Alimentebezug habe<br />
ich ihn, sobald ich nach seiner Geburt dazu fähig war, gleich<br />
für einen städtischen Krippenplatz <strong>an</strong>gemeldet. Ich dachte: In<br />
Fr<strong>an</strong>kreich geht das ja auch! Dort waren 2006 achtzig Prozent<br />
der Frauen zwischen zw<strong>an</strong>zig und 45 Jahren erwerbstätig. Von<br />
welcher Qualität diese Jobs sind und wie viele Teilzeitjobs sich<br />
dahinter verbergen, steht – wie so oft – nicht in der Statistik.<br />
Gleichzeitig besuchten im besagten Jahr alle 2,6 Millionen Kinder<br />
zwischen drei und sechs Jahren die sogen<strong>an</strong>nten Vorschulen<br />
(école maternelles). Deren Besuch ist wohlgemerkt freiwillig.<br />
In Wien erhalte ich hingegen weiterhin Absagen von der städtischen<br />
zuständigen Behörde: „Leider kein Platz frei.”<br />
Nur durch einen Zufall und viel Beharrlichkeit wurde er in besagter<br />
– privater – Krippe aufgenommen. Als jüngstes Mitglied<br />
macht er sich g<strong>an</strong>z gut dort. Zurzeit bleibt er werktags von zehn<br />
Uhr am Vormittag bis zwei Uhr am Nachmittag da. Nicht l<strong>an</strong>ge,<br />
wie einige wohl sagen würden.<br />
Nun sind durch einen weiteren Zufall mehrere Plätze in einer<br />
<strong>an</strong>deren, privaten und von mir sehr favorisierten Krippe frei<br />
geworden. Beim Infoabend stellte sich heraus, dass dort die<br />
Kleinen ab zwölf Monaten von neun bis halb eins betreut werden<br />
würden. Zwei der fünf <strong>an</strong>wesenden Mütter (ein einziger Vater<br />
war als Begleitung gekommen) fragten, ob ihr Kind auch <strong>an</strong> nur<br />
drei Tagen in der Woche hingehen könnte.<br />
Ich war baff – mir waren diese Zeiten eindeutig zu kurz und unfl<br />
exibel. Doch ich wagte weder das <strong>an</strong>zusprechen, noch versuchte<br />
ich mir aktiv vorzustellen, dass es in Fr<strong>an</strong>kreich sogar Krippen<br />
gibt, die auch nachts geöffnet haben. Dort schlafen die Kinder<br />
d<strong>an</strong>n. Warum ist so etwas zwei Länder weiter noch nicht einmal<br />
<strong>an</strong>denkbar?<br />
Alice Ludvig ist Alleinerzieherin und lebt in Wien.<br />
nachts<br />
nie<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 29
männlichkeiten<br />
Kriechend zum M<strong>an</strong>n werden<br />
Pınar Selek befasst sich in ihrem Buch<br />
„Zum M<strong>an</strong>n gehätschelt. Zum M<strong>an</strong>n gedrillt” mit der<br />
Institution des Militärs und ihrer (Re-)Produktion<br />
von männlichen Identitäten in der Türkei.<br />
Verena Stern traf die Soziologin zum Interview.<br />
30 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Pınar Selek, 1971 in Ist<strong>an</strong>bul geboren,<br />
ist Soziologin und eine der führenden<br />
feministischen Friedensaktivistinnen der<br />
Türkei. 1998 wurde ihr vorgeworfen, im<br />
Auftrag der PKK eine Bombe auf einem<br />
Ist<strong>an</strong>buler Markt gezündet zu haben. Sie<br />
verbrachte zunächst zweieinhalb Jahre im<br />
Gefängnis und ging – obwohl sie inzwischen<br />
freigesprochen wurde – vor Kurzem<br />
ins Exil nach Deutschl<strong>an</strong>d, da sie in der<br />
Türkei noch immer nicht sicher leben k<strong>an</strong>n.<br />
Mitte Mai war Pınar Selek auf Einladung<br />
des VIDC (Wiener Institut für<br />
internationalen Dialog und Zusammenarbeit)<br />
und der Forschungsgruppe IN:EX<br />
vom Institut für Politikwissenschaft in<br />
Wien, um in einem Workshop ihre Studie<br />
„Zum M<strong>an</strong>n gehätschelt. Zum M<strong>an</strong>n<br />
gedrillt” zu diskutieren. Dafür hatte sie<br />
mit ihrer Forschungsgruppe 58 Interviews<br />
mit Männern über deren Erlebnisse<br />
während des Militärdienstes geführt.<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Als Feministin haben Sie<br />
Männer in den Fokus genommen und<br />
einen Abschnitt in deren Leben <strong>an</strong>alysiert.<br />
Warum?<br />
Pınar Selek: Weil ich Feministin bin!<br />
(lacht) Eine wichtige Fragestellung<br />
des Feminismus ist, wie Geschlechterverhältnisse<br />
(re-)produziert werden,<br />
insbesondere um zu verstehen, wie das<br />
Patriarchat funktioniert. Gesellschaftliche<br />
Gewalt beruht stark auf Sexismus.<br />
Ich wollte wissen, wie dessen Akteure<br />
funktionieren. Allerdings nicht nur auf<br />
einer erklärenden Ebene, sondern auch<br />
im Sinne einer Dekonstruktionsarbeit.<br />
Existiert eine Kritische Männlichkeitsforschung<br />
in der Türkei?<br />
Diese hat sich gerade erst entwickelt.<br />
Vor der Publikation meines Buches<br />
gab es dazu keine Veröffentlichungen,<br />
d<strong>an</strong>ach kamen ein bis zwei dazu. In der<br />
letzten Zeit findet immer mehr Forschung<br />
<strong>an</strong> den Universitäten zum Thema<br />
Männlichkeit statt, und auch in der<br />
feministischen Forschung der letzten<br />
Jahre wurde die Frage der Männlichkeit<br />
immer präsenter. Vor einem Jahr wurde<br />
die Gruppe „Wir sind keine Männer”<br />
gegründet. Diese hat sich zu einer<br />
populären Bewegung von hetero- und<br />
homosexuellen Männern entwickelt,<br />
die sich als Oppositionelle sehen und<br />
unter <strong>an</strong>derem Kritik am Militär üben.<br />
AMARGI und <strong>an</strong>dere feministische<br />
Gruppen unterstützen diese Bewegung<br />
und zeigen sich solidarisch.<br />
Wie wurde Ihr Buch in der Türkei<br />
rezipiert?<br />
Ungleiche Geschlechterverhältnisse<br />
wurden immer als Problem der Frauen<br />
betrachtet. Dadurch, dass ich in der<br />
Öffentlichkeit Männlichkeit zum Thema<br />
gemacht habe, wurde dies auch von Gewerkschaften<br />
und politischen Parteien<br />
aufgegriffen. Das Buch ist in der Türkei<br />
seit eineinhalb Jahren am Markt und<br />
erscheint mittlerweile in der vierten<br />
Auflage. Es wurde breit rezensiert und<br />
Foto: VIDC<br />
hat auch einen Preis gewonnen. Nach<br />
dem Erscheinen des Buches war ich<br />
jedoch nur noch sechs Monate in der<br />
Türkei, d<strong>an</strong>ach musste ich alles aus der<br />
Entfernung beobachten und konnte auch<br />
<strong>an</strong> der Diskussion nicht teilhaben.<br />
Warum war Ihnen die deutschsprachige<br />
Ausgabe ein Anliegen?<br />
Im Vorwort der deutschsprachigen<br />
Ausgabe sage ich, dass ich hiermit eine<br />
Einzelheit erzähle, die Teil des Großen<br />
ist, die es möglich macht, auch über<br />
das große Gesamte etwas zu sagen.<br />
Die Erfahrungen von <strong>an</strong>deren zu hören,<br />
impliziert auch die Funktion eines Spiegels.<br />
In Deutschl<strong>an</strong>d sind es oft feinere,<br />
aber in die Tiefe gehende Mech<strong>an</strong>ismen<br />
von Männlichkeit, wie zum Beispiel<br />
gesellschaftliche Anerkennung über<br />
beruflichen Erfolg zu erhalten. Auch das<br />
erfüllt eine Funktion, nicht unbedingt<br />
wie beim Militär, aber das zu <strong>an</strong>alysieren,<br />
k<strong>an</strong>n eine Aufgabe für Feministinnen<br />
hier darstellen.
Welche Unterschiede bzw. Parallelen<br />
können Sie in den feministischen<br />
Bewegungen Deutschl<strong>an</strong>ds und der<br />
Türkei ausmachen?<br />
Überall gibt es mehrere feministische<br />
Bewegungen, die nicht homogenisiert<br />
werden können, was mir jedoch auffiel,<br />
ist, dass diese in Deutschl<strong>an</strong>d eher<br />
institutionalisiert sind und nicht unbedingt<br />
im Dialog mitein<strong>an</strong>der stehen. In<br />
der Türkei wird mehr auf der Straße<br />
gearbeitet. Zudem haben theoretischradikalere<br />
Zeitschriften – also nicht die<br />
„Emma”, sondern theoretisch fundierte<br />
– in Deutschl<strong>an</strong>d weniger Breitenwirkung.<br />
In der Türkei scheint der Link<br />
zwischen Akademia und politischer<br />
Bewegung besser zu gelingen. Wir<br />
geben beispielsweise die feministische<br />
Zeitschrift „AMARGI” heraus, die sich<br />
mit theoretischen Fragen des Feminismus<br />
beschäftigt. Davon verkaufen<br />
wir 3.000 Stück pro Ausgabe, was<br />
darauf hindeutet, dass wir damit auch<br />
Menschen außerhalb der Universitäten<br />
erreichen.<br />
Wie waren die Erfahrungen mit den<br />
Männern, die Sie für Ihr Buch interviewten?<br />
Wir haben bereits in der Forschungsphase<br />
unsere Zielsetzung offen dargestellt.<br />
Einige gaben ihre Antworten gerne<br />
für das Archiv und die Analyse her,<br />
wollten mit ihren Erzählungen im Buch<br />
jedoch nicht vorkommen, <strong>an</strong>dere wollten<br />
ein Pseudonym. Dar<strong>an</strong> haben wir uns<br />
gehalten. Dennoch sagt diese Angst sehr<br />
viel aus: Die Männer machen wichtige<br />
Erfahrungen, doch wenn es darum geht,<br />
diese öffentlich zu erzählen, machen sie<br />
einen Schritt zurück. Das hatte ich nicht<br />
erwartet.<br />
Wir haben als Team gearbeitet, aber<br />
die meisten Interviews wurden von den<br />
Männern unserer Forschungsgruppe<br />
gemacht. Insbesondere ältere oder aus<br />
konservativeren Strukturen stammende<br />
Männer hatten Probleme, ihre Erfahrungen<br />
einer Frau zu erzählen.<br />
Brauchen Männer einen eigenen<br />
Raum, über diese Dinge sprechen zu<br />
können?<br />
Es gibt in der Türkei viele Räume nur<br />
für Männer, doch dort sprechen sie nicht<br />
einfach über eigene Probleme. Es ist<br />
der Raum der Macht und Repräsentation,<br />
der Solidarität unter Männern.<br />
Dort werden viele Militär-Geschichten<br />
erzählt, jedoch keine wie im Buch. Sie<br />
werden eher als Anekdoten und Witze<br />
verpackt. Wenn sich die Gruppe „Wir<br />
sind keine Männer” institutionalisieren<br />
sollte, kommt es vielleicht zu einem<br />
Raum, der tatsächlich ein Forum dafür<br />
bietet.<br />
Welche Rolle spielt die Figur der Mutter<br />
bei Männlichkeitskonstruktion?<br />
In traditionellen Familien, und das betone<br />
ich, definiert sich die Identität der<br />
Mütter sehr stark über den Sohn. Daher<br />
wird <strong>an</strong> Traditionen festgehalten, und<br />
sie gibt ihr Bestes, um diese, also ihre<br />
Identität zu stärken.<br />
In der Türkei wird eine oft biologistisch<br />
argumentierte Unterscheidung zwischen<br />
Männern und Frauen akzeptiert. Ein<br />
Beispiel ist die Erfahrung des Mutter-<br />
seins. Auch Zeitschriften sprechen von<br />
den besonderen Stärken der Frauen.<br />
Die Wissenschaft geht oft von Differenz<br />
aus. Doch Differenz ist meiner Meinung<br />
nach kein Grund, Männer und Frauen<br />
nicht gleich zu beh<strong>an</strong>deln, und wir<br />
wissen selbstverständlich, dass es auch<br />
nicht nur zwei Geschlechter gibt. Ich bin<br />
gegen eine Angst vor dem Thema der<br />
Differenz, obwohl es natürlich darauf<br />
<strong>an</strong>kommt, wie Differenz thematisiert<br />
wird.<br />
Die Rolle des Vaters ist oft die Rolle<br />
eines Über-Vaters, der immer korrekt<br />
ist. Der Sohn sollte sich ebenso verhalten.<br />
Was, wenn der Vater nicht der<br />
Imago entspricht? Ändert das etwas<br />
in der Erzählung der Söhne?<br />
Die Figur des Vaters ist eine Fiktion.<br />
Zwischen den Generationen werden<br />
unterschiedliche Männer- und Vaterfiguren<br />
konstruiert. Dadurch kommt es<br />
zu Widersprüchen: Es entwickelt sich<br />
etwa Neues, das Alte ist aber immer<br />
noch präsent. Einige leiden darunter<br />
und leben genauso widersprüchlich.<br />
Andere lehnen die Figur des Vaters<br />
ab. Dennoch, im Vergleich zu Frauen<br />
stellen Männer ihre Identität kaum<br />
infrage, es gibt keine Diskussionen<br />
darüber. Vielmehr gibt es reaktionäre<br />
Reaktionen. Dadurch, dass keine Kultur<br />
der Reflexion existiert, findet wenig<br />
Ausein<strong>an</strong>dersetzung damit statt. Das<br />
Militär beispielsweise ist ein wichtiges,<br />
verdichtetes Laboratorium, in dem<br />
Männlichkeit reproduziert wird. Es ist<br />
eine der mächtigsten Institutionen der<br />
Türkei, jeder muss hin. Dar<strong>an</strong> lässt sich<br />
viel über eine Gesellschaft ablesen.<br />
Wie steht es um den Militärdienst in<br />
der Türkei?<br />
Es gibt einige Männer, die den Militärdienst<br />
aufschieben, und ebenso viele,<br />
die ihn als Pflicht sehen, um d<strong>an</strong>ach<br />
reisen und ins Ausl<strong>an</strong>d zu dürfen oder<br />
arbeiten zu können. In der Öffentlichkeit<br />
herrscht eine große Akzept<strong>an</strong>z<br />
gegenüber dieser Verpflichtung und<br />
insofern eine positive Bezugnahme zum<br />
„Das Militär ist ein wichtiges, verdichtetes<br />
Laboratorium, in dem Männlichkeit reproduziert<br />
wird.“<br />
Militärdienst. In der Wahrnehmung der<br />
Gesellschaft ist es eine „verpflichtende<br />
Stufe der Männlichkeit”.<br />
Wie wird d<strong>an</strong>n mit Militärdienstverweigerern<br />
umgeg<strong>an</strong>gen?<br />
Eine Deserteursbewegung gibt es seit<br />
den letzten zw<strong>an</strong>zig Jahren. Desertieren<br />
ist in der Türkei sehr schwierig.<br />
M<strong>an</strong> lebt in lebensl<strong>an</strong>ger Unsicherheit,<br />
dazu kommt die perm<strong>an</strong>ente Gefahr der<br />
Gefängnisstrafe. Dennoch gibt es Hunderte,<br />
die sich politisch artikulieren und<br />
den Militärdienst auch aus politischen<br />
Gründen ablehnen. Sie kommen deshalb<br />
immer wieder ins Gefängnis. D<strong>an</strong>n gibt<br />
es politische Kampagnen für diese Leute<br />
und sie kommen wieder raus – doch<br />
die perm<strong>an</strong>ente Unsicherheit und eine<br />
ungewisse Zukunft bleiben. l<br />
Verena Stern ist Politikwissenschaftlerin<br />
in Wien.<br />
männlichkeiten<br />
Links:<br />
www.pinarselek.com<br />
Link zur Petition des<br />
deutschen P.E.N-Zentrums<br />
für die Rehabilitierung<br />
von Pınar Selek: www.<br />
ps-signup.de<br />
www.vidc.org<br />
http://inex.univie.ac.at<br />
Literatur:<br />
Pınar Selek: Zum M<strong>an</strong>n<br />
gehätschelt. Zum M<strong>an</strong>n gedrillt.<br />
Männliche Identitäten<br />
(Türkisches Original: „Sürüne<br />
Sürüne Erkek Olmak”<br />
– „Kriechend zum M<strong>an</strong>n<br />
werden”; Übersetzerin:<br />
Const<strong>an</strong>ze Letsch), Orl<strong>an</strong>do<br />
Frauenverlag, <strong>2010</strong><br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 31
<strong>an</strong>.riss kultur<br />
Heldi Pema, o.T., Wien <strong>2010</strong> © Heldi Pema<br />
ausstellung<br />
Kunst aus Osteuropa<br />
Drei KünstlerInnen aus (Süd-)Ost-Europa und der Türkei stellen noch<br />
bis Ende <strong>Juli</strong> ihre Werke in der Galerie ArtPoint aus. Unter dem Titel<br />
„Herrscher, Krieger und Maskierte” sind Bilder und Installationen von<br />
Tea Hatadi aus Kroatien, Heldi Pema aus Alb<strong>an</strong>ien und Ard<strong>an</strong> Özmenoglu ˘<br />
aus der Türkei zu sehen. Sie beschäftigen sich mit Krieg, Aggression<br />
und Angst, stellen Fragen nach Herkunft und Identität. Die KünstlerInnen<br />
selbst sind im Rahmen des Artists-in-Residence-Programms von<br />
KulturKontakt Austria in Wien, das sich <strong>an</strong> bildende KünstlerInnen und<br />
FotografInnen aus Ost-, Südosteuropa und der Türkei wendet und seit<br />
1992 ausgeschrieben wird. Seit Beginn des Programms haben sich mehr<br />
als 5.500 KünstlerInnen beworben, mehr als 220 nahmen bisher teil. h<strong>an</strong><br />
Herrscher, Krieger und Maskierte, bis 30.7., Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universitäts-<br />
straße 5, Mo–Fr 14–18.00, Eintritt frei, www.kulturkontakt.or.at/air<br />
nachruf<br />
Rue McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> (1934–<strong>2010</strong>)<br />
Sie war der Vamp und das jüngste Mitglied in der Vierer-WG der „Goldenen<br />
Mädchen”: Nach Beatrice „Dorothy” Arthur im Jahr 2009 und<br />
deren Serienmutter Estelle „Sophie” Getty 2008 verstarb vor wenigen<br />
Wochen auch „Bl<strong>an</strong>che Devereaux” alias Rue McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> 76-jährig <strong>an</strong><br />
einem Schlag<strong>an</strong>fall. Sie lässt die 88-jährige Betty „Rose” White als letz-<br />
32 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
te der Golden Girls zurück. Über ihre Figur Bl<strong>an</strong>che sagte McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong><br />
in einem Interview, sie sei „verliebt in das Leben und liebe die Männer”.<br />
Ähnlich schien sie es selbst auch im Privaten zu halten: Mindestens<br />
fünfmal war sie laut eigenen Angaben verheiratet, ihre Brustkrebserkr<strong>an</strong>kung<br />
in den 1990ern bekämpfte sie erfolgreich. Ähnlich wie ihre<br />
Kollegin Beatrice Arthur engagierte sich McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> für den Tierschutz,<br />
hielt d<strong>an</strong>eben Vorträge zur Aufklärung über HIV und Krebs. Das Alter, so<br />
schien es, war für Rue McCl<strong>an</strong>ah<strong>an</strong> keine furchteinflößende Sache: „Die<br />
Wahrheit ist, dass das Kind in uns, unsere Jugend und die junge Frau, die<br />
wir waren, in uns weiterlebt.” Sie starb im Kreise ihrer Familie. h<strong>an</strong><br />
http://diest<strong>an</strong>dard.at<br />
interventionen<br />
Kunst gegen Rechts<br />
Nicht stürzen, sondern neigen, lautet das Ergebnis der Ausschreibung<br />
zur Umgestaltung des Wiener Lueger-Denkmals in ein Mahnmal gegen<br />
Antisemitismus und Rassismus, die letzten Herbst von Studierenden<br />
der Universität für Angew<strong>an</strong>dte Kunst und dem Künstler Martin Krenn<br />
gestartet wurde. Aus 220 internationalen Einsendungen wurde nun der<br />
Entwurf von Klemens Wihlidal ausgewählt. Er sieht vor, dass die Statue<br />
des <strong>an</strong>tisemitischen Wiener Bürgermeisters der Jahrhundertwende, Karl<br />
Lueger, und ein Teil des Sockels um 3,5 Grad nach rechts geneigt werden.<br />
Die InitiatorInnen fordern nun von der Stadt Wien die Umsetzung.<br />
Anlässlich der bevorstehenden Gemeinderatswahlen in Wien gibt es von<br />
der „Galerie vor Ort” eine Ausschreibung, bei der es um „10 Künstler-<br />
Innen und das blaue Wunder” geht, das der Bundeshauptstadt am<br />
10. Oktober, dem Wahltag, blühen könnte. Die Galeristinnen Michaela<br />
Göltl, Eva Müller, Ulli Klepalski und Barbara Pip<strong>an</strong> wünschen sich künstlerische<br />
Stellungnahmen, die „der Blauäugigkeit vorbeugen”. Bis 20. <strong>Juli</strong><br />
können Konzepte oder Dokumentationen fertiger Arbeiten in allen Techniken<br />
per E-Mail <strong>an</strong> galerie.vor.ort@gmail.com geschickt werden. Die zehn<br />
ausgewählten Arbeiten werden ab Anf<strong>an</strong>g September ausgestellt. sylk<br />
http://luegerplatz.com, www.galerievorort.at<br />
todestag<br />
Die Mumin-Mama<br />
Am 27. Juni 2001 starb die finnl<strong>an</strong>dschwedische Schriftstellerin, Malerin,<br />
Comic-Autorin und Illustratorin Tove J<strong>an</strong>sson, die Mutter der Mumins.<br />
Geboren in Helsinki wuchs sie in einer KünstlerInnenfamilie auf. Das Ferienhäuschen<br />
der Familie am Meer f<strong>an</strong>d sich später in der Welt der Mumins<br />
wieder – der Geschichte, mit der sie weltberühmt wurde. Mit 15 Jahren<br />
beendete J<strong>an</strong>sson die Schule, studierte Malerei in Stockholm, Helsinki und<br />
Paris. Später lebte sie mit ihrer Lebensgefährtin, der Grafikerin Tuulikki<br />
Pietilä, auf einer kleinen Insel im finnischen Meerbusen, die Winter verbrachten<br />
sie in Helsinki, wo Tove J<strong>an</strong>sson auch ihr Atelier hatte. Schon ab<br />
1938 verdiente sie ihr Geld mit Karikaturen und Pressezeichnungen. Gerne<br />
versteckte sie <strong>an</strong> den Rändern kleine Mumintrolle, der erste Mumin erblickte<br />
das Licht der Öffentlichkeit ausgerechnet auf einer Hitler-Karikatur.<br />
Für ihre Mumin-Bücher erhielt Tove J<strong>an</strong>sson u.a. den H<strong>an</strong>s-Christi<strong>an</strong>-Andersen-Preis.<br />
Später erhielt sie den von Kindern gewählten, internationalen<br />
Preis „Kavalier des Lächelns”, den Internationalen Jugendbuchpreis, den<br />
Nils-Holgersson-Preis und noch viele mehr. h<strong>an</strong><br />
www.reprodukt.com, www.kulturhus-berlin.de<br />
Der Mumin rechts oben ist aus: MUMINS 1 – Die gesammelten Comic-Strips von Tove<br />
J<strong>an</strong>sson, Reprodukt 2009
kalender<br />
Zweitausendelf mitgestalten<br />
Der Queerfeministische Kalender geht in die zweite Runde und freut sich<br />
über Beiträge. Arbeitsthema für 2011 ist „Körper”. Als Ideen<strong>an</strong>stöße geben<br />
die Macher_innen ein paar Schlagworte: Körpergefühl, Schönheitsideale<br />
und -normen, Körperwahrnehmung und Identitätszuschreibungen sowie<br />
Körperbewegung und Körper im Raum. Eingereicht werden können kurze<br />
Erfahrungsberichte, theoretische Texte, Berichte von politischen Aktionen, Beschreibungen<br />
von Aktionsformen, Comix, Illustrationen, Bastel<strong>an</strong>leitungen und<br />
fi ese Tricks, sei es von einem Team oder einer Einzelperson – einfach bis 15.<br />
<strong>Juli</strong> einschicken. Übrigens wird es auch wieder einen Vernetzungsteil geben:<br />
Wer dort mit seinem_ihrem Projekt vertreten sein möchte, sei es Infoladen,<br />
Ladyfest-Gruppe, autonome queere/feministische Gruppe, autonomes Frauenhaus,<br />
tr<strong>an</strong>s*aktivistische Gruppe, feministisches/queeres Uni-Referat, Projekt,<br />
Perform<strong>an</strong>ce-Gruppe und und und, schickt einfach seine_ihre Kontaktdaten<br />
oder Projektbeschreibungen <strong>an</strong> die <strong>an</strong>gegebene E-Mail-Adresse. h<strong>an</strong><br />
Call für den Queerfeministischen Kalender 2011, Einsendeschluss 15.7.<br />
riot-skirts@gmx.de, www.riot-skirts.de<br />
auszeichnung<br />
Ehrenzeichen für VALIE EXPORT<br />
VALIE EXPORT erhielt Anf<strong>an</strong>g Juni das Große Goldene Ehrenzeichen<br />
für Verdienste um die Republik Österreich. Mit Körperaktionen wie dem<br />
„Tapp- und Tastkino” oder der „Aktionshose Genitalp<strong>an</strong>ik” wurde die<br />
1940 in Linz als Waltraud Lehner geborene Künstlerin zu einer Pionierin<br />
feministischer Perform<strong>an</strong>cekunst. Von „Frauenkunst” zu sprechen, sei heute<br />
obsolet, erklärte EXPORT in einem Interview <strong>an</strong>lässlich ihres siebzigsten<br />
Geburtstags, den sie vor Kurzem gefeiert hat: „Aber m<strong>an</strong> muss darauf<br />
hinweisen, dass Frauen Kunst machen – nicht darauf, dass es männliche<br />
oder weibliche Kunst ist.” Kulturministerin Claudia Schmied lobte bei der<br />
Verleihung der Auszeichnung EXPORTS „künstlerische Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />
mit Frauenbildern in Kunst und Gesellschaft”. Von Mitte bis Ende <strong>August</strong><br />
wird die Film- und Medienkünstlerin bei der bereits zum dritten Mal<br />
stattfi ndenden Sommerakademie Traunkirchen einen Workshop zum Thema<br />
„Serielle Fotografi e” leiten, Anmeldungen sind ab sofort möglich. les<br />
Infos u. Anmeldung: www.sommerakademie-traunkirchen.com; http://diest<strong>an</strong>dard.at,<br />
http://derst<strong>an</strong>dard.at<br />
archiv/bibliothek<br />
Kultur <strong>an</strong>dersrum<br />
QWien hieß früher Ecce Homo und wollte schwule und lesbische Kultur nach<br />
Wien holen. Weil diese aber mittlerweile in der Mainstream-Kultur <strong>an</strong>gekommen<br />
ist, wurden Name und Zielsetzung geändert: QWien ist jetzt Zentrum für<br />
schwule/lesbische Kultur und Geschichte. QWien Kultur ver<strong>an</strong>staltet Kultur-<br />
Events – sozusagen „Wien <strong>an</strong>dersrum” das g<strong>an</strong>ze Jahr über. QWien Guide bietet<br />
Führungen durch das schwule/lesbische Wien. Im QWien Archiv wiederum<br />
fi ndet sich das größte schwulen- (und lesben-)spezifi sche Archiv Österreichs<br />
(das Lesbenarchiv „Stichwort” ist noch größer, jedoch nur für Frauen zugänglich).<br />
Die Bibliothek des QWien umfasst mehr als tausend Bände zum Thema<br />
Homosexualität. Und auf der Homepage schließlich präsentiert QWien Tipp<br />
Neues vom Wiener Theater, Kino und dem schwulen/lesbischen Buchmarkt.<br />
Ende Juni eröffnen Archiv und Bibliothek offi ziell – bis dahin lohnt sich auf<br />
jeden Fall ein Besuch der Homepage oder einer der Führungen. h<strong>an</strong><br />
www.qwien.at<br />
lebenslauf<br />
auch feministinnen altern<br />
Christi<strong>an</strong>e Erharter<br />
Coming of Age<br />
Zu meinem vorletzten Lebensabschnittspartner meinte ich, dass ich nur<br />
noch mit Frauen eine Beziehung haben werde, wenn es mit ihm vorbei<br />
ist. Verliebt habe ich mich d<strong>an</strong>ach doch in einen um acht Jahre jüngeren<br />
Norweger. Noch während ich mit ihm zusammen war, hatte ich im<br />
Sommer 2007 eine kurze, jedoch heftige, Identitätskrise. Bei der Präsentation<br />
des Buches „Drag Kings” im Fluc stellte sich mir plötzlich und<br />
scheinbar grundlos – wo ich doch Drag Kings k<strong>an</strong>nte und mir auch schon<br />
mal selbst Bärte <strong>an</strong>geklebt hatte – die Frage, ob ich nicht eigentlich lesbisch<br />
bin, obwohl ich noch nie mit einer Frau zusammen gewesen war?<br />
Je länger ich darüber nachdachte, desto überzeugter war ich: Ich mag<br />
die Gegenwart von Frauen lieber als die von Männern, mein Freundinnenkreis<br />
besteht mehrheitlich aus Lesben, Schwulen und Feministinnen.<br />
In Oslo hab ich zwei Jahre in einer queeren WG gelebt und mich ein<br />
bisschen in meine fr<strong>an</strong>zösische Mitbewohnerin verliebt, oder besser:<br />
für sie geschwärmt. Ich wurde immer wieder für lesbisch gehalten, mir<br />
wurde sogar ein Liebesverhältnis mit meiner Chefi n <strong>an</strong>gedichtet. Aber<br />
warum kam mir selbst der Ged<strong>an</strong>ke erst jetzt: Hatte ich eine verspätete<br />
Identitätskrise, die meine lesbischen Freundinnen bereits zwischen 15<br />
und 25 hinter sich gebracht hatten?<br />
Ich beg<strong>an</strong>n mein Coming-out zu pl<strong>an</strong>en, wie und was ich meinen Eltern,<br />
meinem Bruder, vielleicht auch der gesamten Verw<strong>an</strong>dtschaft – und vor<br />
allem meinem Boyfriend sagen würde. Das kam mir d<strong>an</strong>n mit meinen<br />
33 Jahren doch etwas übertrieben und dramatisch vor. Was war nur los<br />
mit mir? Eine meiner Freundinnen beruhigte mich und meinte, dass ich<br />
vorerst nichts überstürzen und vor allem mit dem familiären Coming-out<br />
noch warten sollte. Ob ich lesbisch bin, würde ich nämlich d<strong>an</strong>n merken,<br />
wenn ich mich in eine Frau verliebe. Und das war nicht der Fall. Noch<br />
nicht. Das sollte sich erst im Sommer darauf ergeben und dauert nun<br />
bereits zwei Jahre <strong>an</strong>. Alles war aufregend neu und vertraut zugleich<br />
und fühlte sich <strong>an</strong>, als ob es immer schon so hätte sein sollen. Niem<strong>an</strong>d<br />
war wirklich überrascht, und es gab keinen Zweifel mehr.<br />
Christi<strong>an</strong>e Erharter, geb. 1974, arbeitet als Kuratorin im Programm Kultur<br />
der ERSTE Stiftung in Wien. Sie ist Teil des DJ-Kollektivs Quote und interessiert<br />
sich für Pop- und Subkultur, Frauen in Musik und Kunst.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 33
spielfilm<br />
Die Farben der Freiheit<br />
Rauschend,<br />
bauschend, fließend<br />
und fliegend –<br />
Shirin Neshat<br />
installiert in ihrem<br />
ersten Kinofilm<br />
„Women without<br />
Men” surreale<br />
Momente der<br />
Unabhängigkeit.<br />
Von Katharina<br />
Ludwig<br />
34 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Vom Bild zu Video zu Spielfilm: Die<br />
visuelle Künstlerin Shirin Neshat<br />
erweitert konsequent ihre Ausdrucksmittel.<br />
International bek<strong>an</strong>nt wurde sie<br />
durch ihre Schwarz-Weiß-Fotografien<br />
von Frauen im Ir<strong>an</strong>. Nun präsentiert<br />
sie ihre erste Kinoarbeit: „Women<br />
without Men” erzählt von vier Frauen,<br />
die 1953 in Teher<strong>an</strong> Schritte der Freiheit<br />
setzen. Die Geschichten basieren<br />
auf dem gleichnamigen Rom<strong>an</strong> (im<br />
Original „Z<strong>an</strong><strong>an</strong> bedun-e mard<strong>an</strong>”) von<br />
Shahrnush Parsipur, die Neshat zuvor<br />
bereits als Teile einer Videoinstallation<br />
verarbeitete.<br />
Der historische Rahmen: Der demokratisch<br />
gewählte Premier Mohammad<br />
Mossadegh will Anf<strong>an</strong>g der 1950er-<br />
Jahre eine selbstbestimmte Position des<br />
Ir<strong>an</strong> stärken. Er verstaatlicht die Ölvorkommen,<br />
die bis dahin mehrheitlich in<br />
britischem Besitz waren. Großbrit<strong>an</strong>nien<br />
reagiert mit einer Seeblockade<br />
ir<strong>an</strong>ischer Ölt<strong>an</strong>ker im Persischen Golf.<br />
Die ökonomische Lage im stark von<br />
Ölexporten abhängigen L<strong>an</strong>d verschärft<br />
sich, der internationale Druck wächst<br />
und auch die innerir<strong>an</strong>ische Ausein<strong>an</strong>dersetzung<br />
zwischen BefürworterInnen<br />
und GegnerInnen Mossadeghs spitzt<br />
sich zu. Im Jahr 1953 kommt es in der<br />
„Operation Ajax” zum Putsch gegen den<br />
Premier, unter massiver Unterstützung<br />
des US-Geheimdienstes CIA und der<br />
britischen MI6.<br />
Das Militär und der Garten. In diesen<br />
Tagen hängt die junge Frau Munis<br />
(Shabnam Tolouei) perm<strong>an</strong>ent am Radio.<br />
Sie will Nachrichten hören, wissen,<br />
was geschieht, und für ihre Ansichten<br />
Munis (Shabnam Tolouei) beteiligt sich <strong>an</strong> einer Demonstration, Foto: NFP marketing & distribution*<br />
kämpfen. Ihr Bruder hingegen hat nur<br />
eines im Kopf: ihre ausstehende Heirat.<br />
Erst nach einem Sprung vom Dach und<br />
einem vorgetäuschten Begräbnis k<strong>an</strong>n<br />
Munis politisch aktiv werden und schließt<br />
sich einer Widerst<strong>an</strong>dsgruppe und den<br />
Demonstrationen für Mossadegh <strong>an</strong>. Auf<br />
diese politisch persönliche und magische<br />
Weise verknüpfen sich in „Women without<br />
Men” die Em<strong>an</strong>zipationsbemühungen<br />
von mehreren Frauen: Der Künstlerin<br />
Fakhri (Arita Shahrzad) schnürt die<br />
Missachtung ihrer Person und ihrer<br />
Kunst durch ihren Ehem<strong>an</strong>n die Luft zum<br />
Atmen ab. Sie trennt sich und schafft sich<br />
in einem außerhalb der Stadt gelegenen<br />
Obstgarten ein Exil, wo sie ihr Verhältnis<br />
zu sich und <strong>an</strong>deren neu definiert. Auch<br />
die strenggläubige Faezeh (Pegah Ferydoni)<br />
und die Prostituierte Zarin (Orsi<br />
Tóth) finden hier einige Momente l<strong>an</strong>g<br />
Zuflucht und surreale Freiheit. Doch auch<br />
vor den Toren dieses Gartens bleibt das<br />
Militär nicht l<strong>an</strong>ge stehen.<br />
Die 1957 im Ir<strong>an</strong> geborene Shirin<br />
Neshat ging selbst als Teenager zum<br />
Kunst-Studium in die USA. Die ir<strong>an</strong>ische<br />
Revolution und die Machtübernahme<br />
Ayatollah Khomeinis im Jahr 1979<br />
ver<strong>an</strong>lassten sie, dort zu bleiben. Auch<br />
die Autorin des Originalrom<strong>an</strong>s, Sharnush<br />
Parsipur, lebt im US-Exil. Diesen<br />
beiden Biografien folgend, opponieren<br />
die Bilder in „Women without Men” auf<br />
doppelte Weise: dem ir<strong>an</strong>ischen Staat,<br />
der den <strong>an</strong>tiklerikalen Widerst<strong>an</strong>d in der<br />
Verg<strong>an</strong>genheit und in der Gegenwart<br />
unsichtbar macht, und der US-amerik<strong>an</strong>ischen<br />
Antiterror-Politik, die das L<strong>an</strong>d<br />
unter dem aktuellen Regime als eine<br />
einzige soziale Einheit zusammenfasst.<br />
Malen und Übermalen. Neshats Filmsprache<br />
ist geprägt vom magischen Realismus,<br />
und so wird die Gewichtung von<br />
symbolträchtigem Materiellem („Ausstattung”)<br />
gegenüber der Dramaturgie<br />
spürbar. Die Geschichte hängt gewissermaßen<br />
in den Figuren – in starken,<br />
teils starr wirkenden Bildern (Kamera:<br />
Martin Gschlacht): zwischen mystischen<br />
Bäumen und in der Erde. In bauschigen<br />
Petticoats und fließenden Tschadors.<br />
Und <strong>an</strong> den Körpern selbst, die sich mal<br />
schleppen, quälen, selbst verletzen, mal<br />
fliegen und im Wasser treiben.<br />
Die Frauenkörper bildeten auch schon<br />
in der Fotoserie „Women of Allah”<br />
den Austragungsort für die Erzählung.<br />
Neshat stattete die Porträtserie von in<br />
schwarzen Stoff gehüllten Frauen mit<br />
kämpferischen Gegenständen aus und<br />
übermalte sie mit Textstellen feministischer<br />
Dichterinnen in Farsi.<br />
Ihr erster Spielfilm wurde nun selbst<br />
von der aktuellen Geschichte überschrieben:<br />
Die Nachrichten von den<br />
Wahlen im Ir<strong>an</strong> 2009 und den massiven<br />
Protesten fielen in die Zeit der Film-<br />
Endproduktion. Von der Uraufführung in<br />
Venedig bis zu den Presseinterviews für<br />
den Kinostart dominierte – auch bei der<br />
Kleidung der Künstlerin – stets das Grün<br />
der heutigen Opposition im Ir<strong>an</strong>. l<br />
„Women without Men” läuft bereits in<br />
den deutschen und Schweizer Kinos;<br />
Kinostart in Österreich ist im Herbst.<br />
Katharina Ludwig lebt als freie<br />
Journalistin in Berlin.
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>: Frau Klüger, Sie fragen<br />
selbst in der Einleitung Ihres neuen<br />
Buches: Warum überhaupt eine<br />
Zusammenstellung von Büchern von<br />
Autorinnen?<br />
Ruth Klüger: Es gibt noch immer<br />
weitaus weniger Bücher von Frauen als<br />
von Männern, und ich meine, sie werden<br />
auch nicht so oft oder so intensiv<br />
besprochen. Außerdem war es interess<strong>an</strong>t<br />
zu sehen, was sich ergibt, wenn<br />
m<strong>an</strong> Bücher von Frauen im Aggregat<br />
liest. Ich bin ja der Ansicht, von einem<br />
einzelnen Buch lässt sich überhaupt<br />
nicht ablesen, ob es von einer Frau oder<br />
von einem M<strong>an</strong>n ist. Aber wenn m<strong>an</strong><br />
viele beiein<strong>an</strong>der hat, d<strong>an</strong>n zeichnet<br />
sich doch etwas ab, das <strong>an</strong>ders ist, aus<br />
weiblicher und aus männlicher Sicht.<br />
Deswegen lohnt es sich, so ein Buch<br />
zusammenzufügen.<br />
Was genau ist denn <strong>an</strong>ders?<br />
Es kommen mehr weibliche Hauptfiguren<br />
vor. Die Nebenfiguren sind nu<strong>an</strong>cierter<br />
gezeichnet. Übrigens ist mir<br />
bei einem der letzten Bücher, die ich<br />
rezensiert habe, aufgefallen, dass die<br />
Männer eigentlich besser wegkommen<br />
als die Frauen. Aber der Grund ist, dass<br />
die männlichen Charaktere einfacher<br />
gestrickt sind, während die Frauen auch<br />
in ihren üblen Eigenschaften genauer<br />
gezeichnet sind. Es ist nicht einfach so,<br />
Ruth Klüger beim Interview im Café Prückel, Foto: Ursula Knoll<br />
raturgeschichte versteht. Sie weisen<br />
darin auf die Unterschiede in den<br />
Schaffensbedingungen von schreibenden<br />
Frauen vom Mittelalter bis zum<br />
Beginn des 20. Jahrhunderts hin und<br />
bestehen darauf, diese nicht einfach<br />
„Es ist nicht einfach so, dass Autorinnen feministisch<br />
daherschreiben und nichts als gütige<br />
und hochintelligente Frauenfiguren kreieren.“<br />
dass Autorinnen feministisch daherschreiben<br />
und nichts als gütige und<br />
hochintelligente Frauenfiguren kreieren.<br />
Wenn sie gute Autorinnen sind,<br />
k<strong>an</strong>n eher das Gegenteil der Fall sein,<br />
nämlich dass sie genau die Schwächen<br />
ihrer Charaktere beschreiben. Dadurch,<br />
dass mehr Frauen Belletristik schreiben,<br />
ergibt sich eine neue, ich will nicht<br />
sagen Literatur, aber eine neue Facette<br />
der Literatur.<br />
Schon in Ihrem Buch „Frauen lesen<br />
<strong>an</strong>ders“ gab es einen Essay, der sich<br />
als Entwurf einer alternativen Lite-<br />
Der Augenöffner<br />
unter die hegemoniale männliche<br />
Literaturproduktion zu subsumieren.<br />
Ist das jetzige Buch die Fortsetzung<br />
für die Gegenwart und über die<br />
deutschsprachige Literatur hinaus?<br />
Ja, m<strong>an</strong> könnte das so sagen, aber<br />
m<strong>an</strong> muss aufpassen, dass m<strong>an</strong> nicht<br />
behauptet: Frauen schreiben <strong>an</strong>ders.<br />
Denn das führt uns leicht zurück zu<br />
dem, was wir schon einmal gehabt haben,<br />
nämlich dass Frauen nicht so gut<br />
schreiben. In eine Situation also, wo<br />
das Andere das Minderwertige bedeutet,<br />
und die will ich natürlich überhaupt<br />
nicht haben.<br />
Der Titel lautet „Was Frauen schreiben“,<br />
und nicht „Wie Frauen schreiben“.<br />
Geht es also in erster Linie<br />
nicht um eine womöglich geteilte<br />
Ästhetik oder Poetik der Texte, sondern<br />
um das, was sie verh<strong>an</strong>deln?<br />
Es ist eher so, dass ich mich verwahre<br />
gegen Verallgemeinerungen, auch gegen<br />
meine eigenen. Im Grunde mach ich<br />
mir’s leicht – der Titel ist „Was Frauen<br />
schreiben” und d<strong>an</strong>n gibt es Dutzende<br />
von Buchbesprechungen von Büchern<br />
von Frauen, das k<strong>an</strong>n nicht falsch sein.<br />
Das ist, was Frauen schreiben, in den<br />
letzten Jahren. D<strong>an</strong>n k<strong>an</strong>n sich die<br />
Leserin ihre eigene Meinung bilden,<br />
was das eigentlich ist, was diese Frauen<br />
geschrieben haben.<br />
Das ist also die Lektüre-Aufgabe?<br />
Ja. Denn es sind g<strong>an</strong>z verschiedene<br />
Bücher.<br />
An wen richtet sich Ihr Text?<br />
An – ich wollte sagen leider – Frauen.<br />
Natürlich bin ich glücklich, wenn Frauen<br />
das lesen. Aber es fällt mir doch immer<br />
wieder auf, dass Frauen die Leserin-<br />
literatinnen<br />
In den letzten Jahren rezensierte<br />
Ruth Klüger regelmäßig<br />
Neuerscheinungen von<br />
Autorinnen. Eine Auswahl<br />
der Besprechungen wird nun<br />
unter dem Titel „Was Frauen<br />
schreiben” als Buch veröffentlicht.<br />
Ursula Knoll traf<br />
die Literaturwissenschaftlerin<br />
und Schriftstellerin zum<br />
Gespräch über das Schreiben,<br />
das Lesen und das Verstehen.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 35
literatinnen<br />
Tipps:<br />
Bücher von Ruth Klüger:<br />
Was Frauen schreiben.<br />
Zsolnay <strong>2010</strong>; Frauen lesen<br />
<strong>an</strong>ders. dtv 1996; weiter<br />
leben. Wallstein 1992;<br />
unterwegs verloren. Erinnerungen.<br />
Zsolnay 2008<br />
Azar Nafisi: Lolita lesen in<br />
Teher<strong>an</strong>. DVA 2005<br />
Angela Steidele: Geschichte<br />
einer Liebe: Adele Schopenhauer<br />
und Sibylle Mertens.<br />
Suhrkamp/Insel <strong>2010</strong><br />
36 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
nen meiner Bücher sind. Auch „weiter<br />
leben” ist so bek<strong>an</strong>nt geworden, weil<br />
Frauen es gelesen haben.<br />
Ich hab gerade eine Lesung gehabt in<br />
der Alten Schmiede – „weiter leben” ist<br />
ja ein Grundbuch der österreichischen<br />
Literatur nach 1945 geworden, also<br />
bitte, ich bin ein Grundbuch …<br />
Ist es schlimm, ein Grundbuch der<br />
österreichischen Literatur zu sein?<br />
Nein, ich bin stolz darauf. Wer möchte<br />
nicht ein Grundbuch sein?<br />
Jedenfalls hab ich mich in der Alten<br />
Schmiede umgeschaut und hab zum<br />
Ver<strong>an</strong>stalter gesagt: „Ich rechne, es<br />
sind fünf Frauen für einen M<strong>an</strong>n da, und<br />
der M<strong>an</strong>n ist wahrscheinlich die Begleitung.”<br />
Und er schaute mich verdattert<br />
<strong>an</strong> und sagte: „So hab ich das überhaupt<br />
noch nie gesehen.” D<strong>an</strong>n sah er sich um<br />
und nickte und meinte: „Na sagen wir<br />
4:1.” Aber es war g<strong>an</strong>z deutlich. Es ist<br />
immer so. Bücher von Frauen werden<br />
grundsätzlich und vor allem von Frauen<br />
gelesen. Aber Bücher von Männern werden<br />
auch mehr von Frauen gelesen, weil<br />
Frauen mehr lesen. Männer sehen fern.<br />
Die einzelnen Rezensionen wechseln<br />
zwischen Leserinnen und Lesern,<br />
die darin <strong>an</strong>gesprochen werden. Die<br />
Besprechung einer Biografie über<br />
Karoline von Günderrode schließen<br />
Sie beispielsweise mit der Bemerkung<br />
ab, dass das Werk Günderrodes heute<br />
kaum „Leser“ findet. Ist das Schleißigkeit<br />
oder eine gezielte Adressierung?<br />
Ich muss da ein bissl ausholen. Ich bin<br />
absichtlich nicht konsequent. Teilweise<br />
wohl, weil ich aus dem Englischen<br />
herkomme, wo, merkwürdigerweise g<strong>an</strong>z<br />
<strong>an</strong>ders als im Deutschen, die weibliche<br />
Endung als verächtlich gilt und nicht verwendet<br />
wird. Also m<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n gerade noch<br />
„waitress” sagen. Aber absolut nicht zum<br />
Beispiel „Negress”, das wäre rassistisch,<br />
„Jewess” ist <strong>an</strong>tisemitisch. Und im Deutschen<br />
ist es genau umgekehrt, da will<br />
m<strong>an</strong> Professorin gen<strong>an</strong>nt werden.<br />
Aber ich schw<strong>an</strong>ke zwischen den beiden,<br />
weil das <strong>an</strong>dere ja so eingesessen<br />
ist und es mir lieber ist, wenn ich diese<br />
Begriffe abwechselnd verwende. In so<br />
einem Buch wäre „Leserinnen” natürlich<br />
<strong>an</strong>gebrachter. Ich glaube, hier ging<br />
es mir mehr darum, dass es keine richtige<br />
Leserschaft dafür gibt. „Leserschaft”<br />
ist ein altmodisches Wort, oder soll<br />
m<strong>an</strong>’s doch noch verwenden? Das wäre<br />
natürlich eine Möglichkeit, dass m<strong>an</strong> für<br />
beide Geschlechter „Leserschaft” sagt<br />
und das wieder einführt. Aber das klingt<br />
komisch, oder? Vielleicht sollte m<strong>an</strong> es<br />
doch verwenden, um beide reinzubringen.<br />
Also das ist die Antwort.<br />
Was waren Ihre Motive für die<br />
Textauswahl? Sind die Texte zu<br />
Ihnen gekommen oder haben Sie sie<br />
gesucht, sind es Texte, die Sie schon<br />
l<strong>an</strong>ge begleiten?<br />
Es sind immer Bücher, die ich empfehlen<br />
will. Also wenn ein Buch kommt und<br />
„Das Lesen ist eine Fertigkeit wie das<br />
Tennisspielen – m<strong>an</strong> muss es üben. Und wenn<br />
m<strong>an</strong>’s nicht übt, d<strong>an</strong>n wird’s schlecht.“<br />
ich mag es nicht, d<strong>an</strong>n leg ich es nach<br />
fünfzig Seiten beiseite und sag, das geht<br />
nicht.<br />
Es geht also schon um die Lust am<br />
Lesen?<br />
Absolut ja. Ich will, dass die Leute was<br />
davon haben. Nicht, dass die ein oder<br />
zwei Bücher lesen und sagen: Die hat<br />
einen g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>deren Geschmack als ich.<br />
Bei mir hat’s jedenfalls funktioniert.<br />
Mit jeder Seite wurde ich neu<br />
überrascht, m<strong>an</strong>chmal auch von alten<br />
Freundinnen.<br />
Bücher, die Sie schon k<strong>an</strong>nten?<br />
Also Bettina Balaka oder Nadine<br />
Gordimer zum Beispiel.<br />
Ich hatte keinen Preis zu vergeben, ich<br />
hab nicht versucht, die besten Bücher<br />
auszusuchen, sondern solche, die mir<br />
in die H<strong>an</strong>d gefallen sind und die sich<br />
empfehlen lassen. Mir war es m<strong>an</strong>chmal<br />
g<strong>an</strong>z recht, Autorinnen zu nehmen, die<br />
nicht besonders bek<strong>an</strong>nt waren. Balaka<br />
zum Beispiel, die ist vielleicht hier gut<br />
bek<strong>an</strong>nt, aber in Deutschl<strong>an</strong>d nicht. Und<br />
ja, ich habe drei Nobelpreisträgerinnen<br />
drinnen. Muss ich schon sagen, das habe<br />
ich g<strong>an</strong>z gut getroffen. Die Lessing, die<br />
Gordimer und die Herta Müller, die ich<br />
dreimal rezensiert habe. Ich bin eine<br />
alte Anhängerin von ihr. Die „Atemschaukel”<br />
habe ich rezensiert, bevor sie<br />
den Nobelpreis hatte. Sie hat mir eine<br />
Postkarte geschrieben und sich bed<strong>an</strong>kt<br />
für die Rezension. Ich war sehr stolz<br />
darauf. Die habe ich aufbewahrt, noch<br />
nicht eingerahmt, aber aufbewahrt.<br />
Das Gros der besprochenen Texte sind<br />
Rom<strong>an</strong>e. Warum beschränken Sie sich<br />
auf diese Textgattung?<br />
Rom<strong>an</strong>e und ein paar Biografien. Eben<br />
weil wir den populären Appeal haben<br />
wollten. Wir, das sind meine Lektorin<br />
und ich, die macht das, die hat eine g<strong>an</strong>z<br />
gute Nase.<br />
Gar keinen dramatischen Text?<br />
Die kriegt m<strong>an</strong> doch fast gar nicht als<br />
Rezensionsexemplar. Aber ich habe auch<br />
ein Filmbuch rezensiert, das von Doris<br />
Dörrie. Was hat Ihnen denn gefallen?<br />
Ich mochte g<strong>an</strong>z besonders „Lolita<br />
lesen“ von Azar Nafisi.<br />
Ja, m<strong>an</strong> lernt derartig viel. Das ist<br />
zwar ein literarisches Buch, aber kein<br />
Rom<strong>an</strong>. Es sind Lebensbeschreibungen<br />
oder historische Momente, die eingef<strong>an</strong>gen<br />
sind in persönlichen Momenten.<br />
Das Buch erzählt vom heimlichen<br />
Lesen ir<strong>an</strong>ischer Frauen in einem von<br />
den Revolutionswächtern terrorisierten<br />
Staat. Über die Intention der<br />
Frauen, sich trotz Lebensbedrohung<br />
mit Literatur ausein<strong>an</strong>derzusetzen,<br />
vermuten Sie: „Dichtung […] eröffnet<br />
eine vernünftigere, differenziertere<br />
Welt. Sie erweitert die Ged<strong>an</strong>ken und<br />
Gefühle, fördert die Selbstfindung<br />
und hum<strong>an</strong>isiert die entfremdete<br />
Heimat.“ Ist das auch die heimliche<br />
Intention Ihres Buches?<br />
Vielleicht die heimliche Intention<br />
meiner Autobiografie, meinen Sie<br />
das?<br />
Nafisi hat hier ein New Yorker Buch<br />
geschrieben, und m<strong>an</strong> muss das richtig<br />
durchdenken, dass so etwas wie „The<br />
Great Gatsby” irgendeinen Bezug hat<br />
zum Ir<strong>an</strong>. Das ist der Augenöffner in<br />
diesem Text, dass Bücher aus einer<br />
fremden Kultur eine derartig <strong>an</strong>sprechen<br />
und lebensverändernd wirken<br />
können.
Ist es das, was Literatur leisten k<strong>an</strong>n?<br />
Ja. Das Buch müssen Sie lesen. Das ist<br />
richtig gut. Also gerade jetzt, wo im<br />
Ir<strong>an</strong> wieder so viel los ist. So ein faszinierendes<br />
L<strong>an</strong>d und kommt so herunter<br />
mit dieser Regierung, aber bitte.<br />
Kennen Sie auch „Persepolis“ von<br />
Marj<strong>an</strong>e Satrapi?<br />
Ich hab nur den Film gesehen. Ich<br />
habe Schwierigkeiten mit grafischen<br />
Büchern. Ich bin nicht damit aufgewachsen<br />
und k<strong>an</strong>n die nicht lesen. Mir<br />
ist dabei wieder aufgefallen, was ich<br />
vorher eigentlich schon wusste: Dass<br />
m<strong>an</strong> Bücherlesen g<strong>an</strong>z früh lernen<br />
muss. Das Lesen ist eine Fertigkeit wie<br />
das Tennisspielen – m<strong>an</strong> muss es üben.<br />
Und wenn m<strong>an</strong>’s nicht übt, d<strong>an</strong>n wird’s<br />
schlecht. Ich hab versucht, viel zu spät,<br />
das hebräische Alphabet zu lernen. Ich<br />
wollte einfach jiddische Bücher lesen,<br />
so viel Jiddisch beherrsche ich schon,<br />
es ist ja eine Form von Deutsch. Und<br />
das Alphabet habe ich auch irgendwie<br />
hingekriegt, aber ich bin nie so weit<br />
gekommen, bei allen Bemühungen, dass<br />
ich es fließend lesen konnte. Weil da ein<br />
Wort war, und das war eine Buchstabenwüste<br />
und es war l<strong>an</strong>g, und d<strong>an</strong>n hab<br />
ich es mühsam wie eine Sechsjährige<br />
zusammengestochert.<br />
Satrapis „Persepolis” hab ich auch<br />
versucht, nachdem ich den Film gesehen<br />
hatte. Ich hab’s übrigens vorgeschlagen<br />
als Wien-Buch, für „Eine Stadt. Ein<br />
Buch”. Ich hab gedacht, so ein grafisches<br />
Buch ist gerade das richtige, das<br />
wär mal was <strong>an</strong>deres, da könnte m<strong>an</strong><br />
ein bisschen ausscheren. Ist es d<strong>an</strong>n<br />
aber nicht geworden.<br />
Hören Sie jetzt auf oder wollen Sie<br />
weiter Bücher rezensieren?<br />
Bis jetzt hab ich noch immer Lust.<br />
Irgendw<strong>an</strong>n wird mir die Lust ausgehen,<br />
m<strong>an</strong> wird älter.<br />
Aber ich sitze jetzt gerade <strong>an</strong> einem<br />
Buch. Das ist eine Biografie über die<br />
Schwester von Schopenhauer, Adele<br />
von Schopenhauer, und ihre Freundin,<br />
die sie in Briefen immer wieder<br />
<strong>an</strong>geschwärmt hat. Die Biografin sagt,<br />
das war eine regelrechte lesbische<br />
Beziehung. Und wenn m<strong>an</strong> das von dem<br />
St<strong>an</strong>dpunkt liest, stellt sich das G<strong>an</strong>ze<br />
völlig <strong>an</strong>ders dar. Es sind Liebesbriefe,<br />
aber keine übertrieben schwärmerischen.<br />
Die Autorin entwickelt ein Bild<br />
von diesen halbwegs unabhängigen<br />
Frauen im 19. Jahrhundert – halbwegs<br />
unabhängig, weil sie Geld hatten und<br />
nicht verheiratet waren. Sie k<strong>an</strong>nten<br />
ein<strong>an</strong>der ziemlich intim und haben<br />
mitein<strong>an</strong>der brieflich verkehrt auf eine<br />
Weise, die mir jedenfalls vorher nicht<br />
deutlich war. Ich glaube, dieses Buch<br />
sollte schon im Rampenlicht stehen.<br />
Weil wir gerade im Café Prückel<br />
neben dem Lueger-Denkmal sitzen,<br />
über das Sie in „unterwegs verloren“<br />
ja auch schreiben, also <strong>an</strong> einem Ort<br />
der politischen Zeichenproduktion,<br />
<strong>an</strong> dem sich die Krämpfe mit der<br />
österreichischen Zeitgeschichte und<br />
der Versuch, mit dieser kritisch umzugehen,<br />
einschreiben: Haben Sie die<br />
Diskussionen um die Neugestaltung<br />
des Denkmals für den <strong>an</strong>tisemitischen<br />
Alt-Bürgermeister verfolgt?<br />
Nein, hab ich nicht mitbekommen. Erzählen<br />
Sie mir davon, das klingt gut.<br />
Das Gewinnerprojekt schlägt nun vor,<br />
das Denkmal nach rechts zu kippen,<br />
also in eine dauerhafte Schieflage zu<br />
versetzen.<br />
(lacht) Das ist nicht schlecht. Aber das<br />
muss m<strong>an</strong> d<strong>an</strong>n auch verstehen. Das<br />
versteht vielleicht nicht jeder. Das würde<br />
ich dagegenhalten. Touristen würden<br />
das nicht merken. Ja, es scheint mir, es<br />
ist nicht klar genug. l<br />
Ruth Klüger wurde 1931 in Wien geboren,<br />
1942 mit ihrer Mutter nach Theresienstadt,<br />
Auschwitz und in weitere KZs<br />
deportiert. Beide überlebten, mehrere<br />
Familienmitglieder wurden jedoch<br />
ermordet. 1947 Emigration in die USA,<br />
Studium der Bibliothekswissenschaft und<br />
Germ<strong>an</strong>istik, 1967 Promotion, seit 1980<br />
Professorin u.a. in Princeton, Irvine und<br />
Göttingen, zahlreiche Publikationen und<br />
Preise.<br />
Ursula Knoll schreibt Theaterstücke und<br />
derzeit auch ihre Dissertation zu Figurationen<br />
von NS-TäterInnenschaft in<br />
zeitgenössischer Literatur.<br />
lesbennest<br />
the faboulous life of a queer femme in action<br />
denice<br />
Pro nails<br />
One of the reasons this column is so grammatically correct, is not<br />
that I’m such a spelling wizard <strong>an</strong>d double check everything I’ve<br />
written. No. I’m way too lazy for that. It’s because I have this marvellous<br />
proof reader, Eva, my nr 1 favourite butch. She’s also <strong>an</strong> old<br />
friend of mine, (<strong>an</strong>d by ”friend” you all should know by now what<br />
I me<strong>an</strong> …), who I see too seldom because we both run around waving<br />
our h<strong>an</strong>ds in the air screaming ”busy busy busy”. Last week we<br />
finally m<strong>an</strong>aged to have coffee, (<strong>an</strong>d by ”coffee”, as you all should<br />
know by now, I me<strong>an</strong> I had wine). We were chatting away about<br />
life, love <strong>an</strong>d this column. After <strong>an</strong> hour she blurted out, ”Now I<br />
finally see what’s different about you:<br />
You have long nails!! What’s that<br />
about?!” Where I of course tried<br />
to be funny <strong>an</strong>d do the old joke:<br />
”What do you call a lesbi<strong>an</strong> with long<br />
fingernails? – Single!!” It didn’t really work in this case, though,<br />
since I’m not single … <strong>an</strong>d, yeah, well …<br />
Then my head started swimming with a lot of stuff that I had read<br />
or heard recently: All the ’classics’ about fags being fabulous <strong>an</strong>d<br />
dykes being practical (read: not very fabulous), <strong>an</strong>d why the hell<br />
that is. Eva also told me to please write about that. So here I am<br />
trying to present my brilli<strong>an</strong>t insights on why the hell seventy percent<br />
(here I’m being nice) of all lesbi<strong>an</strong>s favour washed-out outfits<br />
which make them look like less colourful members of the Barbafamily<br />
<strong>an</strong>d have haircuts that would make Barry M<strong>an</strong>ilow jealous.<br />
The honest truth is: I don’t fucking have a clue. I me<strong>an</strong>: I do know<br />
about the ”we all dress alike to show that we belong to this group<br />
<strong>an</strong>d not to your heteronormative-bullshit-society”-thing. And I<br />
applaude that! But while goths have the lace, autonomous activists<br />
have the cool cut-offs <strong>an</strong>d hoodies, fab-gayboys have the designer<br />
stuff, lesbi<strong>an</strong>s took the Birkenstock <strong>an</strong>d Karottenhose. Why?<br />
Be butch. Be femme. Be boi. Be a techno-dyke. Be a sporty lesbi<strong>an</strong>.<br />
Be comfortable in your style. But please leave the Martina-Navratilova-rejects<br />
in your closet!<br />
Denice grew her fingernails after finding out that if you put cottonballs<br />
on the tip of your nails <strong>an</strong>d slip over a rubberglove you c<strong>an</strong> still be a<br />
lesbi<strong>an</strong> lover. And have safe sex.<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 37
<strong>an</strong>.lesen<br />
„Das ist der<br />
schönste Sommer<br />
meines Lebens“<br />
Die Aufzeichnungen der jungen Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n aus<br />
Kriegszeiten zeugen von der Kraft der Literatur und der Stärke<br />
menschlicher Beziehungen in Tagen größter Hoffnungslosigkeit.<br />
Von Andrea Heinz<br />
Im September 1944 ist Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n<br />
18 Jahre alt. Trotz ihres jungen<br />
Alters, trotz der Sozialisation in einem<br />
autoritären und nationalsozialistischen<br />
Österreich ist sie zu klarsichtig, um sich<br />
von Krieg und vaterländischer Propag<strong>an</strong>da<br />
täuschen zu lassen. Zu Beginn ihrer<br />
nun vom Suhrkamp-Verlag veröffentlichten<br />
Tagebuchaufzeichnungen tritt sie in<br />
die LehrerInnenbildungs<strong>an</strong>stalt ein – um<br />
nicht „nach Polen” zu müssen „zur P<strong>an</strong>zerfaustausbildung”.<br />
Die eidesstattliche<br />
Erklärung, auf das Studium zu verzichten,<br />
unterschreibt die junge Frau, die sich<br />
nichts sehnlicher wünscht als zu lernen,<br />
nach kurzem Zögern: „Nein, ich bin sicher,<br />
in diesem L<strong>an</strong>d werde ich nicht mehr<br />
studieren, in diesem Krieg nicht mehr.”<br />
Mit derselben Chuzpe wird sie wenige<br />
Monate später, am 15. März 1944, im<br />
Garten sitzen und Rilke und Baudelaire<br />
lesen, während die Alliierten ihre<br />
schwersten Luft<strong>an</strong>griffe auf Klagenfurt<br />
fliegen. „Vielleicht ist es sündhaft,<br />
einfach sitzen zu bleiben und in die<br />
Sonne zu schauen”, schreibt sie und<br />
bleibt doch mit dem „Stundenbuch” und<br />
den „Fleurs du Mal” im Garten zurück.<br />
Schon damals erkennt sie, was in ihren<br />
späteren Rom<strong>an</strong>en fortlaufend wiederkehren<br />
wird: die Zerstörung durch den<br />
symbolischen „Vater”, durch staatliche<br />
und gesellschaftliche Autorität, der<br />
Krieg, der im Kleinen beginnt und alles<br />
zum Mordschauplatz macht. Sie will sich<br />
nicht zerstören lassen. Sie ist zur Desertion<br />
bereit, denn sie hat durchschaut,<br />
„dass das zum Himmel schreit, was m<strong>an</strong><br />
mit uns treibt. Die Erwachsenen, die<br />
Herren ‚Erzieher’ die uns umbringen lassen<br />
wollen.” – „Nein, mit den Erwachse-<br />
38 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
nen k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> nicht mehr reden.”<br />
Sechs eng beschriebene DIN-A4-Blätter<br />
umfasst das M<strong>an</strong>uskript aus dem Privatnachlass<br />
der Geschwister Bachm<strong>an</strong>n.<br />
Vieles weist darauf hin, dass es sich um<br />
eine nachträglich redigierte Abschrift<br />
des h<strong>an</strong>dgeschriebenen Tagebuchs<br />
h<strong>an</strong>delt. Im nächsten Absatz des Textes<br />
ist der Krieg vorbei. Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n<br />
lernt im Büro der „Field Security<br />
Section” den britischen Soldaten Jack<br />
Hamesh kennen. Ein Wiener, 1938 mit<br />
einem Kindertr<strong>an</strong>sport nach Engl<strong>an</strong>d<br />
gel<strong>an</strong>gt. Anf<strong>an</strong>gs findet sie ihn „klein<br />
und eher hässlich”. Erst als die beiden<br />
auf Bücher, auf ihre Begeisterung für<br />
„Thomas [M<strong>an</strong>n] und Stef<strong>an</strong> Zweig<br />
und Schnitzler und Hofm<strong>an</strong>nsthal” zu<br />
sprechen kommen, ist „auf einmal alles<br />
g<strong>an</strong>z <strong>an</strong>ders”. Beide teilen dieselbe<br />
Sehnsucht nach Büchern und intellektueller<br />
Erfahrung. Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n<br />
erweist sich darin als sehr konsequent:<br />
„Jetzt sind wir mitten in Sozialismus<br />
und Kommunismus (und wenn Mutti<br />
natürlich Kommunismus hören würde,<br />
tät sie ohnmächtig werden!), aber m<strong>an</strong><br />
muss natürlich alles genau kennen und<br />
studieren.”<br />
Das Dorf und „die Verw<strong>an</strong>dtschaft”<br />
f<strong>an</strong>gen bald <strong>an</strong> zu reden über ihre<br />
Freundschaft mit „dem Juden”. Und<br />
wieder reagiert sie mit untrüglichem<br />
Unrechtsbewusstsein: „Ich werde mit<br />
ihm zehnmal auf und ab durch Vellach<br />
und durch Hermagor gehen, und wenn<br />
alles Kopf steht, jetzt erst recht.” Sie<br />
hat etwas zu verteidigen, denn Jack<br />
Hamesh bedeutet für sie Frieden und<br />
Zukunft: „Das ist der schönste Sommer<br />
meines Lebens, und wenn ich hundert<br />
Sommer 1945 in Obervellach (Hermagor), Foto aus dem Privatbesitz der Erben.<br />
Jahre alt werde – das wird der schönste<br />
Frühling und Sommer bleiben.” – „Ich<br />
werde studieren, arbeiten, schreiben!<br />
Ich lebe ja, ich lebe. O Gott, frei sein<br />
und leben, auch ohne Schuhe, ohne Butterbrot,<br />
ohne Strümpfe, ohne, ach was,<br />
es ist eine herrliche Zeit!”<br />
Jack Hamesh wird Kärnten bald verlassen<br />
und nach Israel gehen. Seine Briefe,<br />
die im Anschluss <strong>an</strong> das „Kriegstagebuch”<br />
abgedruckt sind, zeugen nicht nur<br />
von der großen Nähe zwischen ihm und<br />
Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n, sondern auch von<br />
seiner eigenen großen literarischen und<br />
intellektuellen Begabung. Eindringlich<br />
beschreibt er das Gefühl der Einsamkeit,<br />
das Gefühl, „dass im Jahre 1938<br />
ein Kind allein in der Welt herumirren”<br />
muss. Alle Versuche, ihn ausfindig zu<br />
machen, blieben vergeblich. Auch die<br />
Briefe Ingeborg Bachm<strong>an</strong>ns <strong>an</strong> ihn<br />
sind verschollen. Das Kriegstagebuch<br />
und Jack Hameshs Briefe aber bleiben<br />
als Zug<strong>an</strong>g zu Ingeborg Bachm<strong>an</strong>ns<br />
Werk – und vor allem als ein M<strong>an</strong>ifest<br />
des Friedens, der Lebendigkeit und der<br />
Liebe zur Literatur in hoffnungs- und<br />
sprachlosen Zeiten. l<br />
Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n: Kriegstagebuch.<br />
Mit Briefen von Jack Hamesh <strong>an</strong><br />
Ingeborg Bachm<strong>an</strong>n.<br />
Herausgegeben und mit einem Nachwort<br />
von H<strong>an</strong>s Höller, Suhrkamp <strong>2010</strong>,<br />
16,30 Euro
„Wie einer wirklich ist“ l<br />
Deutschl<strong>an</strong>d im Nationalsozialismus:<br />
Inge, wohlbehütete<br />
Tochter aus gutem Hause, lebt<br />
auf einem Gutshof in Schlesien.<br />
Ihre Eltern versuchen, sie<br />
gegen jegliche Kriegsnachrichten<br />
und politische Diskussionen<br />
der Erwachsenen abzuschirmen. Dementsprechend<br />
arglos führt sie ihr Jungmädchenleben<br />
und schwelgt unbekümmert in Ged<strong>an</strong>ken um ihre<br />
erste große Liebe: der Nachbarssohn Wolfg<strong>an</strong>g,<br />
ein begeisterter Nazi. Die junge Polin W<strong>an</strong>da<br />
hat für so viel kindliche Naivität und Ignor<strong>an</strong>z<br />
nur Verachtung übrig. Sie ist zwar auch erst in<br />
Inges Alter, hat aber im Gegensatz zu ihr den<br />
Krieg schon hautnah erlebt. Von den Deutschen<br />
aus ihrer Heimatstadt Krakau verschleppt,<br />
muss sie nun auf dem Gutshof von Inges Eltern<br />
Zw<strong>an</strong>gsarbeit verrichten. Ihre Ged<strong>an</strong>ken kreisen<br />
ums bl<strong>an</strong>ke Überleben.<br />
Als die Rote Armee im Winter 1944/45 näher<br />
kommt, begeben sich W<strong>an</strong>da und Inge gemeinsam<br />
auf die Flucht in den Westen. Die ungleichen<br />
Mädchen, die sich <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs nicht ausstehen<br />
können, sind nun aufein<strong>an</strong>der <strong>an</strong>gewiesen, lernen<br />
l<strong>an</strong>gsam, sich gegenseitig zu vertrauen und<br />
schließen letztlich Freundschaft.<br />
Gina Mayers Rom<strong>an</strong> bringt Jugendlichen ab 13<br />
die historischen Ereignisse des Nationalsozialismus<br />
und Zweiten Weltkrieges näher und regt<br />
<strong>an</strong>, über Themen wie Schuld und Ver<strong>an</strong>twortung<br />
nachzudenken. Ergänzend und zum besseren<br />
Verständnis befinden sich im Anh<strong>an</strong>g des<br />
Rom<strong>an</strong>s ein Interview mit einer Zeitzeugin und<br />
ein Glossar. Gabriele Migdalek<br />
Gina Mayer: Die verlorenen Schuhe<br />
Thienem<strong>an</strong>n <strong>2010</strong>, 18,50 Euro<br />
39 Tage l Der Thealit Verlag<br />
aus Bremen hat wieder ein<br />
kleines, feines Buch in der<br />
neuen Reihe „queer lab”<br />
herausgebracht. „Nervenkostüme<br />
und <strong>an</strong>dere Unruhen”<br />
kreist um 39 Tage im Leben<br />
von Paula Paura in Hamburg. Es ist 2001, die<br />
Demonstrationen in Genua haben d<strong>an</strong>k Polizeigewalt<br />
und zahlreicher Verhaftungen einen<br />
bitteren Nachgeschmack hinterlassen, Flugzeuge<br />
rasen ins World Trade Center und die <strong>an</strong>stehende<br />
Bürgerschaftswahl in der H<strong>an</strong>sestadt bereitet<br />
Paula wegen der möglichen Wahl des Ultrarechten<br />
Ronald Schill Bauchschmerzen.<br />
Der politische Rahmen ist klar subkulturell und<br />
queer. Solifeste in der Roten Flora, Freund_innen,<br />
die zum Kongress über Körper und Identitäten<br />
im Postfordismus fahren, und Pink-Silver-<br />
Treffen sind die Referenzpunkte in Paulas Leben,<br />
das letztlich aber viel mehr um ihr Innenleben,<br />
ihre Angstzustände und „Unfähigkeiten” kreist.<br />
Scheinbar einfache Dinge machen ihr größte<br />
Schwierigkeiten. Die Angst kommt in Wellen,<br />
ihr Körper gehorcht ihr nicht und die „Aktivmenschen”<br />
auf der Straße beobachtet sie wie<br />
eine fremde Spezies, während sie sich lieber<br />
absurden, unterhaltsamen F<strong>an</strong>tasien hingibt, die<br />
in Form von kleinen CorelDRAW-Zeichnungen<br />
im Buch auftauchen. Doch auch wenn sich Paula<br />
einsam und passiv fühlt – mit der Hilfe guter<br />
Freund_innen und einer aufkeimenden Verliebtheit<br />
schleicht sich, l<strong>an</strong>gsam, aber doch, Veränderung<br />
in ihr Leben. Silke Graf<br />
Therese Roth: Nervenkostüme und <strong>an</strong>dere Unruhen<br />
Thealit/queer lab 2009, 12 Euro<br />
No kids, no cry l Zwar kam<br />
es aufgrund von Arbeitskräftem<strong>an</strong>gel<br />
auch früher schon<br />
zu demografischen Steuerungsversuchen,<br />
die sich<br />
speziell <strong>an</strong> kinderlose Frauen<br />
richteten. Ledig und kinderlos<br />
zu leben war allerdings<br />
bis ins 19. Jahrhundert ein völlig normaler<br />
Lebensentwurf mit einem zeitweisen Anteil von<br />
etwa einem Drittel der Frauen im „heiratsfähigen<br />
Alter”. Eine ideologische „Anrufung zur<br />
<strong>an</strong>.lesen<br />
Mutterschaft”, die Kinderlosigkeit als kr<strong>an</strong>khaft<br />
und unnatürlich bezeichnet, taucht zur Zeit<br />
des Ersten Weltkriegs und d<strong>an</strong>ach auf – gleichzeitig<br />
mit dem Beginn der Eugenik-Bewegung.<br />
Schließlich machte der Nationalsozialismus die<br />
„arischen” Frauen endgültig zu Müttern von<br />
Natur aus, Abweichungen wurden verachtet und<br />
sozial bestraft. Diese Sicht auf Frauen konnte<br />
bis heute trotz Zweiter Frauenbewegung nicht<br />
restlos abgestreift werden.<br />
Das machen auch die im Buch vorgestellten<br />
Fallgeschichten von fünf aus verschiedenen<br />
Gründen kinderlosen Frauen deutlich. Alle<br />
empfinden einen starken Legitimierungsdruck,<br />
der von Politik, ArbeitskollegInnen, Familie<br />
und auch FreundInnen ausgeht. Die bek<strong>an</strong>nten<br />
Argumente, nichts zur Pensionssicherung<br />
zukünftiger Generationen beizutragen oder sich<br />
egoistisch nur am Beruf zu orientieren, fallen<br />
beim Älterwerden mit eigenen Ängsten vor Vereinsamung<br />
zusammen, wenn sich im sozialen<br />
Umfeld zunehmend klassische Familien bilden.<br />
Endlich eine Studie, die weibliche Kinderlosigkeit<br />
ernst nimmt und nicht als zu lösendes<br />
Gesellschaftsproblem begreift. Sylvia Köchl<br />
Lena Correll: Anrufungen zur Mutterschaft.<br />
Westfälisches Dampfboot <strong>2010</strong>, 35,90 Euro<br />
Auf ewig l Mit politologischen,<br />
soziologischen,<br />
ökonomischen, historischen<br />
Diagnosen wird mal wieder<br />
dem Thema „Frauen<br />
und Arbeit” zu Leibe<br />
gerückt. Das ist durchaus<br />
wörtlich zu verstehen,<br />
denn der weibliche Lebens- und Arbeitszusammenh<strong>an</strong>g<br />
ist tatsächlich grenzenlos wie<br />
beschränkt – die nicht nur materielle Entwertung<br />
der Frauenarbeit ist dabei noch die offensichtlichste<br />
und scheint hierzul<strong>an</strong>de „auf ewig”<br />
gestellt. Verschärft wird diese Problemlage<br />
durch die neoliberale Ideologie der Deregulierung,<br />
Individualisierung und Entsolidarisierung,<br />
die g<strong>an</strong>z real unser Leben (auch in Bildungs-<br />
und Familienzusammenhängen) durchwuchert.<br />
Stichworte: allgemeine Prekarisierung und<br />
irreguläre Beschäftigungen – besonders von<br />
Migr<strong>an</strong>tinnen.<br />
Sp<strong>an</strong>nend ist der Anspruch der Veröffentlichung,<br />
„sich <strong>an</strong> ein breites politisch interessiertes<br />
Publikum zu wenden und so das Einsickern<br />
der sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung<br />
in die Gesellschaft zu befördern und<br />
Praxiswissen über gesellschaftliche Probleme<br />
<strong>an</strong> wissenschaftliche Forschung rückfließen<br />
zu lassen”. Die Texte sind eine gute Mischung<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 39
<strong>an</strong>.lesen<br />
zwischen statistischen Materialien, informativen<br />
Forschungsergebnissen und theoretischen<br />
Reflexionen. Birge Krondorfer<br />
Alex<strong>an</strong>dra Weiss, Verena Simetzberger (Hg.<br />
innen): Frauen im 21. Jahrhundert. Situationen<br />
Herausforderungen Perspektiven. Gesellschafts-<br />
und sozialpolitische Aspekte<br />
innsbruck university press <strong>2010</strong>, 15,90 Euro<br />
Queer lernen l Leah Carola<br />
Czollek, Gudrun Perko und<br />
Heike Weinbach bringen<br />
mit dem „Lehrbuch Gender<br />
und Queer” ein sp<strong>an</strong>nendes,<br />
kritisches, fundiertes und vielseitiges<br />
Buch auf den (Lehr-/<br />
Lern-)Markt. Sie verbinden<br />
darin gekonnt verschiedene Theorien, Methoden<br />
und Praxisfelder: Gender Studies, Gender<br />
Mainstreaming, Kritische Männerforschung,<br />
Queer Studies und (kritische) Frauenbewegungen<br />
inklusive jener in der DDR werden ebenso<br />
vorgestellt wie (politisierte) Diversity, Enthinderungspolitiken,<br />
Flüchtlingsarbeit, klinische<br />
Sozialarbeit, Mahloquet und einiges mehr.<br />
Intersektionalität und Social Justice sind dabei<br />
wichtige Grundlagen, was sich sowohl in den<br />
Inhalten des Buches als auch der Her<strong>an</strong>gehens-<br />
40 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
weise der Autorinnen zeigt.<br />
In zwölf Lehreinheiten werden theoretische<br />
Hintergründe, rechtliche Grundlagen und<br />
historische Kontexte von gender- und queergerechter<br />
sozialer Arbeit sowie wie Methoden<br />
und aktuelle Praxisfelder besprochen und<br />
Praxiskompetenzen und Umsetzungsschritte<br />
<strong>an</strong>geboten. Ein sehr empfehlenswertes Buch!<br />
Persson Perry Baumgartinger<br />
Leah Carola Czollek, Gudrun Perko, Heike<br />
Weinbach: Lehrbuch Gender und Queer.<br />
Grundlagen, Methoden und Praxisfelder.<br />
Studienmodule Soziale Arbeit<br />
Juventa 2009, 16,50 Euro<br />
Alles Märchen l Eine<br />
deutsch-österreichische<br />
soziologische Studie über<br />
die Fußball-Großereignisse<br />
der Weltmeisterschaft 2006<br />
und Europameisterschaft<br />
2008, die F<strong>an</strong>s beobachtet,<br />
mediale Diskurse zerpflückt<br />
und auf ökonomische, neokolonialistische und<br />
nationalistische Effekte solcher „Spektakel”<br />
hinweist – das klingt sp<strong>an</strong>nend und ist auch<br />
großteils gut aufbereitet, teilweise geht es aber<br />
auch ziemlich d<strong>an</strong>eben. Im Minikapitel über<br />
Grundvoraussetzung: Krise<br />
bonustrack: Clara Luzia<br />
Es darf wieder herumgesaut werden. Nein, es muss sogar herumgesaut<br />
werden! Nach Jahrzehnten der sauberen Pop-Püppchen ist der Dreck in<br />
die Popwelt zurückgekehrt – hoch leben wieder die persönlichen Notlagen,<br />
sie sind ein Muss, um am roten Teppich reüssieren zu können.<br />
Je krisengebeutelter ein/e<br />
MusikerIn, umso besser!<br />
Denn Kunst muss immer noch<br />
von Leiden kommen. Ein gewisses<br />
Niveau sollten diese<br />
Krisen allerdings schon erreichen,<br />
nicht jedes Problem ist<br />
gleich eine öffentlichkeitsrelev<strong>an</strong>te<br />
Angelegenheit. Auf<br />
der Plusseite: Dauerbrenner<br />
Drogen (sowie sonstige,<br />
l<strong>an</strong>gfristig möglichst fatale<br />
Süchte), diverse psychische<br />
Kr<strong>an</strong>kheiten, tragische Kindheit. Den Joker haben natürlich jene gezogen,<br />
die gleich alle diese Punkte in sich vereinen können. Auf der (g<strong>an</strong>z<br />
fetten) Minusseite: Burn-out, chronische Kr<strong>an</strong>kheiten und Prekarität –<br />
das k<strong>an</strong>n schließlich jedeR haben.<br />
weibliche F<strong>an</strong>s etwa, in dem zwar die medialen<br />
Inszenierungen der „Tribünen-Schönheiten”<br />
kritisiert werden, der Rest des Textes sich<br />
aber nur mit dem – von einem der Soziologen<br />
beobachteten – Flirtverhalten junger Frauen<br />
in den F<strong>an</strong>zonen beschäftigt. Sp<strong>an</strong>nend<br />
werden hingegen die Klassenverhältnisse und<br />
die Aneignung des „proletarischen” Fußballs<br />
durch das „bürgerliche” Feuilleton abgeh<strong>an</strong>delt<br />
– auch wenn der Verweis darauf fehlt, wie<br />
migr<strong>an</strong>tisch der „proletarische Bubentraum”<br />
von einer Fußball-Karriere längst geworden ist<br />
und was Rassismus damit zu tun hat.<br />
Wirklich gelungen und dazu geeignet, auch die<br />
aktuelle WM in Südafrika kritisch zu betrachten,<br />
sind die Abschnitte über Ökonomie (Stadion-<br />
Neubauten haben nie nachhaltige Effekte), Kommerzialisierung<br />
(lokale Märkte schneiden am<br />
Merch<strong>an</strong>dising nicht mit) und Sicherheitswahn<br />
(als Risiko eingestufte Bevölkerungsgruppen oder<br />
Stadtteile erfahren nachhaltige Marginalisierungen).<br />
Ökonomisch starke Staaten wie Deutschl<strong>an</strong>d<br />
oder Österreich haben das Minusgeschäft<br />
weggesteckt – für Südafrika jedoch lassen diese<br />
Befunde Schlimmes befürchten. Sylvia Köchl<br />
Torsten Heinem<strong>an</strong>n, Christine Resch (Hg.):<br />
(K)ein Sommermärchen: kulturindustrielle<br />
Fußball-Spektakel<br />
Westfälisches Dampfboot <strong>2010</strong>, 25,60 Euro<br />
Was aber tun, wenn kein Drogenproblem zur H<strong>an</strong>d ist, die Kindheit ein<br />
Traum war, die eigene Psyche auch nicht mehr Tiefen hergibt als jede<br />
<strong>an</strong>dere und m<strong>an</strong> trotzdem die roten Teppiche dieser Welt beschreiten<br />
will? Ewige Verdammnis als gesichtsloser F<strong>an</strong> am Bühnenr<strong>an</strong>d statt eines<br />
Lebens im Zentrum des Scheinwerferlichts?<br />
Oh nein, ein paar<br />
gewiefte Burschen zeigen uns<br />
wieder mal, wie’s geht: Die Straßen<br />
von Linz und Berlin werden<br />
zum Ghetto umfunktioniert, das<br />
Aufwachsen mit einer berufstätigen<br />
Mutter wird zur verwahrlosten<br />
Kindheit dramatisiert und<br />
eine gemeine Überheblichkeit<br />
wird zu einem – vom Geist des<br />
kreativen Genies umgebenen –<br />
Autismus stilisiert. Juhu, schon<br />
haben wir eine interess<strong>an</strong>te Medienpersönlichkeit beiein<strong>an</strong>der! Mit dieser<br />
können wir d<strong>an</strong>n nicht nur Tonträger und Autobiografien befüllen, sondern<br />
auch Talkshows, Reality Soaps und Musicals. Alle Türen der Show-<br />
Welt stehen uns also offen, aber immer dar<strong>an</strong> denken: Krise ist Pflicht!<br />
Clara Humpel betreibt seit 2006 ihr Plattenlabel Asinella Records (Marilies Jagsch, Luise Pop, Bettina Koester, Clara Luzia, Mika Vember)<br />
und macht selbst unter ihren Vornamen Clara Luzia Musik.<br />
Illustration: Lina Walde, http://evaundeva.blogspot.com
Herta Müller wurde im Vorjahr durch<br />
die Verleihung des Literatur-Nobelpreises<br />
berühmt. Dabei sorgte bereits ihr erster<br />
Rom<strong>an</strong>, der 1982 nur zensiert in Rumänien<br />
erschienen konnte, für Aufsehen. Teile<br />
dieser beklemmenden Geschichte über<br />
ihre Kindheit unter den B<strong>an</strong>atschwaben<br />
in Rumänien sind als Niederungen. Eine<br />
Auswahl (Hörbuch Hamburg) zu hören.<br />
Marlen Diekhoff, Albert Kietzl und die<br />
Autorin selbst lesen. Berührend ist das<br />
Hörbuch vor allem, wenn Herta Müller<br />
spricht: Dass hier nicht jem<strong>an</strong>d mit<br />
geschultem Org<strong>an</strong> interpretiert, aber aus<br />
der Dist<strong>an</strong>z mit der reifen Stimme eines<br />
ereignisreichen Lebens berichtet, macht<br />
die besondere Faszination aus.<br />
Die Italienerin Sofonisba Anguissola<br />
zählte im 16. Jahrhundert zu den<br />
begehrtesten PorträtmalerInnen. Nina<br />
Blazon beschreibt in ihrem Rom<strong>an</strong> Die<br />
Königsmalerin die bedrohliche Enge<br />
im Sp<strong>an</strong>ien der katholischen Inquisition,<br />
wohin die junge Künstlerin als Zeichenlehrerin<br />
der noch jüngeren Königin<br />
gerufen wurde. Die Autorin stellt der<br />
erfolgreichen Malerin eine fiktive<br />
holländische Assistentin gegenüber, die<br />
durch die Wahl ihrer Sujets das gesamte<br />
Atelier in Gefahr bringt. Nina Petri liest<br />
die gekürzte dramatische Erzählung<br />
(Osterwoldaudio), die ein beängstigendes<br />
Stimmungsbild einer intoler<strong>an</strong>ten<br />
Gesellschaft zeichnet.<br />
Ideale<br />
Stimmen<br />
Vom historischen Künstlerinnenrom<strong>an</strong> bis zum<br />
gruseligen Pärchenmord-Krimi –<br />
Regina Himmelbauer hat in neue Audiobücher<br />
reingehört.<br />
Humorvoll beschreibt dagegen Marina<br />
Lewycka in Das Leben kleben (der<br />
Hörverlag) die komplizierten Momente<br />
im Leben von Georgie Sinclair: Ihren<br />
M<strong>an</strong>n hat sie vor die Tür gesetzt, ihr<br />
Sohn verstrickt sich immer mehr in<br />
No-Future-Szenarien, und gegen ihren<br />
Willen wird sie nun auch noch in das<br />
Leben der skurrilen Mrs. Shapiro<br />
hineingezogen. Auch die Arbeit für<br />
ein Klebstoff-Fachmagazin ist für die<br />
Journalistin nicht gerade die Erfüllung<br />
ihrer Träume. Dennoch: Es gibt eine<br />
Art Happy-End … Katharina Thalbach<br />
entpuppt sich mit ihrer rauen Stimme<br />
als ideale Interpretin dieser kratzbürstigen<br />
Geschichte.<br />
Patti Smith hat die Rockgeschichte<br />
vor allem der 1970er-Jahre wesentlich<br />
mitgeprägt. Ihre Entwicklung als<br />
Künstlerin, ihre Freundschaft mit dem<br />
Fotografen Robert Mapplethorpe, die<br />
Suche nach Freiheit – alles das erzählt<br />
sie mit Offenheit und Wärme in Just<br />
Kids. Geschichte einer Freundschaft<br />
(tacheles!), gelesen von der wunderbaren<br />
Sophie Rois.<br />
Der Wiener Autorin Ursula Pozn<strong>an</strong>ski<br />
gel<strong>an</strong>g mit Erebos (der Hörverlag),<br />
vorgetragen von Jens Wawrczek, ein<br />
faszinierender Jugendrom<strong>an</strong>, der auch<br />
Erwachsene in seinen B<strong>an</strong>n zieht. An<br />
einer Londoner Schule wird ein Compu-<br />
Herta Müller, hier 2009 im Literaturhaus Fr<strong>an</strong>kfurt a.M.,<br />
liest auch selbst im Hörbuch „Niederungen”. Foto: Dontworry/wikicommons<br />
terspiel unter der H<strong>an</strong>d weitergereicht,<br />
doch m<strong>an</strong> erhält das Spiel nur unter<br />
strengen Auflagen und darf es d<strong>an</strong>n nur<br />
ein einziges Mal spielen. Auch Nick<br />
wird süchtig d<strong>an</strong>ach – und merkt zu<br />
spät, wie das Spiel immer mehr das reale<br />
Leben bestimmt. Eine der wenigen,<br />
die davon unberührt bleibt, ist Emily,<br />
die mithilfe von HackerfreundInnen<br />
schließlich das Geheimnis, das dieses<br />
Spiel umgibt, zu lüften vermag.<br />
Sabine Thiesler liest ihren Rom<strong>an</strong><br />
Der Menschenräuber (R<strong>an</strong>dom<br />
House Audio) selbst, in dem ein M<strong>an</strong>n<br />
erbarmungslos Rache für den Tod<br />
seiner Tochter übt. T<strong>an</strong>ia Carver<br />
hingegen lässt in Entrissen (Hörbuch<br />
Hamburg) die ungeborenen Babys<br />
gleich aus dem Bauch der Mutter<br />
schneiden. In Letzter Gruß (R<strong>an</strong>dom<br />
House Audio) von Lisa Marklund und<br />
James Patterson, gelesen von Claudia<br />
Michelsen und Sylvester Groth, werden<br />
in einem etwas konstruierten Plot<br />
verliebte Pärchen auf Hochzeitsreise<br />
grausam ermordet.<br />
Für Krimif<strong>an</strong>s mit starken Nerven sei<br />
noch empfohlen: Die Minette Walters<br />
Hörspielbox versammelt drei zu Hörspielen<br />
umgearbeitete frühe Geschichten<br />
der englischen Kriminalautorin:<br />
„Dunkle Kammern”, „Die Bildhauerin”,<br />
„Das Echo” (R<strong>an</strong>dom House Audio). l<br />
<strong>an</strong>.kl<strong>an</strong>g<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 41
<strong>an</strong>.sehen<br />
Tara und ihre <strong>an</strong>deren<br />
Alles <strong>an</strong>dere als katastrophal: Die US-Serie „United States of Tara”<br />
vereint viele Frauenrollen in einer Familienkonstellation.<br />
Von Bettina Enzenhofer und Irmi Wutscher<br />
Video-Tagebuch, erster Eintrag:<br />
Vor der Kamera sitzt eine Frau, die<br />
sich mit „It’s me, Tara, obviously”<br />
vorstellt. Sie erzählt, dass sie in der<br />
Tasche ihrer Tochter ein Rezept für<br />
die Pille d<strong>an</strong>ach gefunden hat und<br />
sie nicht weiß, wie sie darauf reagieren<br />
soll. Es wird ihr zu viel, sie<br />
bricht die Aufzeichnung ab. D<strong>an</strong>ach<br />
schließt sie die Augen, wirkt wie<br />
weggetreten. Sie öffnet die Augen<br />
wieder mit einem völlig veränderten<br />
Gesichtsausdruck, reißt sich die<br />
Kleider vom Leib und wirft sich in<br />
die Klamotten ihrer Tochter: „T”<br />
hat die Bildfläche betreten. Sie<br />
will abhängen, Musik hören und im<br />
Shoppingcenter Typen aufreißen<br />
gehen.<br />
Tschüss, Vorstadt-Idylle! In Tara<br />
Gregson, so erfahren wir im Laufe<br />
der Episode, wohnen mehrere<br />
Persönlichkeiten. Neben T, einer<br />
ver<strong>an</strong>twortungslosen Teenagerin,<br />
existiert zum Beispiel Alice, eine<br />
Südstaaten-Hausfrau aus den<br />
1950ern, die mit ihren moralischkonservativen<br />
Ansichten den Rest<br />
der Familie regelmäßig in den<br />
Wahnsinn treibt. Und es gibt Buck,<br />
42 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
Foto: www.dexigner.com<br />
einen Bier saufenden, rülpsenden<br />
Frauenaufreißer, der keinem Konflikt<br />
aus dem Weg geht.<br />
Tara ist auf den ersten Blick<br />
eine typische US-amerik<strong>an</strong>ische<br />
Hausfrau, die mit M<strong>an</strong>n, Sohn und<br />
Tochter in einer idyllischen Vorstadt<br />
lebt. Dieses Bild wird jedoch<br />
schnell gebrochen, und das nicht<br />
nur, weil Tara unter einer dissoziativen<br />
Identitätsstörung leidet: Sohn<br />
Marshall hat mit seiner Sexualität<br />
zu kämpfen, Tochter Kate ist die<br />
Rebellin und sucht über diverse<br />
Jobs und Affären Selbstständigkeit,<br />
und Ehem<strong>an</strong>n Max wird zwar mit<br />
allen Widrigkeiten Frau und Kinder<br />
betreffend fertig, geht aber der<br />
Familie mit seinem Helfersyndrom<br />
letztlich total auf die Nerven. Charmaine,<br />
Taras Schwester, fühlt sich<br />
benachteiligt und zeigt wenig Verständnis<br />
für sie, gleichzeitig scheint<br />
sie den Schlüssel zur Aufklärung<br />
von Taras Erkr<strong>an</strong>kung zu besitzen.<br />
Multiple Überlebensstrategien.<br />
Die dissoziative Persönlichkeitsstörung<br />
ist oft Folge eines traumatischen<br />
Ereignisses in der Verg<strong>an</strong>genheit.<br />
Besonders häufig tritt sie<br />
nach sexuellem Missbrauch oder<br />
Kriegserlebnissen auf. Psychiater_innen<br />
gehen davon aus, dass<br />
Betroffene dissoziieren, also einen<br />
Teil der Persönlichkeit abspalten,<br />
um überhaupt weiterleben zu<br />
können. Meistens existieren verschiedene<br />
Persönlichkeiten, die sich<br />
nach Alter, Herkunft, Gender oder<br />
sexueller Orientierung stark von<br />
der Ursprungsperson unterscheiden<br />
können. Sehr oft übernehmen sie<br />
Missionen, die diese selbst nicht<br />
ausleben k<strong>an</strong>n oder will. Die Persönlichkeiten<br />
h<strong>an</strong>deln eigenständig,<br />
oft weiß die betroffene Person<br />
nicht, was ihre Alter Egos tun.<br />
So ergeben sich auch die meisten<br />
Konflikte bei Tara.<br />
Keine Katastrophe. Das Schöne<br />
<strong>an</strong> der von Diablo Cody („Juno”,<br />
„Jennifer’s Body”) entwickelten<br />
Serie ist, dass Taras Kr<strong>an</strong>kheit<br />
nicht als Katastrophe verh<strong>an</strong>delt<br />
wird. Tara ist kein Opfer – ebenso<br />
wenig verkommen ihre Persönlichkeiten<br />
zu Klamauk-Figuren. Die<br />
Situationen werden tragisch und<br />
komisch, teilweise dramatisch und<br />
emotional, d<strong>an</strong>n wieder mit einer<br />
gewissen Ironie dargestellt, sind<br />
aber immer irgendwie okay. Die<br />
„kr<strong>an</strong>ke Mama” wird weder mit<br />
Samth<strong>an</strong>dschuhen <strong>an</strong>gefasst, noch<br />
wird sie aufgrund ihrer Kr<strong>an</strong>kheit<br />
abgelehnt. Auch die Probleme<br />
rundherum, von Stalking bis zu<br />
Selbstfindung mittels Brust-OP,<br />
werden erstaunlich unaufgeregt<br />
besprochen.<br />
Die Persönlichkeiten von Tara<br />
könnten außerdem als die unterschiedlichen<br />
Rollen, die Frauen<br />
heute zu erfüllen haben, gelesen<br />
werden: von Hausfrau über sexy<br />
Kätzchen bis zum Kumpeltyp.<br />
Dafür hält sich die erste Staffel<br />
allerdings sehr mit Beschreibung<br />
und Etablierung dieser Charaktere<br />
auf, wodurch teilweise der Drive<br />
fehlt. Ein wenig nervt auch die<br />
ewige Geheimniskrämerei, die <strong>an</strong><br />
„Desperate Housewives” erinnert,<br />
mit dunklen Flecken in Taras bzw.<br />
auch Charmaines Verg<strong>an</strong>genheit.<br />
Im Gegensatz zu den verzweifelten<br />
Hausfrauen ist Tara aber glaubwürdig.<br />
Es macht Spaß, der Familie<br />
dabei zuzusehen, wie sie sich unterein<strong>an</strong>der<br />
und auch Tara und ihren<br />
Persönlichkeiten begegnen. l<br />
„United States of Tara“ ist in den<br />
USA auf Showtime zu sehen, die<br />
zweite Staffel ist soeben zu Ende<br />
geg<strong>an</strong>gen. Staffel 1 ist bereits auf<br />
DVD erhältlich.
Redaktionsschluss Termine 09/10:<br />
11.8.<strong>2010</strong> termine@<strong>an</strong>schlaege.at<br />
t<strong>an</strong>z<br />
fest<br />
musik<br />
2.7., 22.00, Wien<br />
g.spot – for queers & friends to check<br />
in <strong>an</strong>d freak out<br />
Camera Club, 1070 Wien,<br />
Neubaug. 2, www.gspot.at<br />
2.7., 20.00, Wien<br />
Myako Chica Go Go (F/D) & DJ chra<br />
(comfortzone)<br />
rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37,<br />
http://rhiz.org; http://soundcloud.<br />
com/myako<br />
3.7., 22.00, Wien<br />
Regenbogenparade Abschlussparty<br />
mit H.A.P.P.Y. & Homoriental<br />
WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,<br />
VVK 8/AK 10 Euro, www.wuk.at<br />
3.7., 21.00, Wien<br />
We are the lesbi<strong>an</strong> women’s collective:<br />
Lesbenfest nach der Regenbogenparade.<br />
Mit DJ<strong>an</strong>es Missus u. Mohak, live:<br />
Ramba Samba, Begrüßungspunsch,<br />
Family Surprise, Buffet<br />
FZ-Beisl im Autonomen FrauenLesbenMädchenZentrum,<br />
1090 Wien,<br />
Währingerstr. 59, UKB: 4 Euro,<br />
http://fz-bar.wolfsmutter.com<br />
3.7., 21.00, Wien<br />
Offi cial Pride Night <strong>2010</strong>:<br />
Queer:Beat & BallC<strong>an</strong>C<strong>an</strong>, Ost-Klub,<br />
1040 Wien, Schwarzenbergplatz 10,<br />
http://queerbeat.at<br />
Sündikat, brut Wien, 1010 Wien,<br />
Karlsplatz 5, www.suendikat.at,<br />
gemeinsamer Eintritt: VVK 7/AK<br />
10 Euro<br />
3.7., 21.00, Wien<br />
Club Burlesque Brutal: Boobs <strong>an</strong>d<br />
Balls!, d<strong>an</strong>ach: Club Quote<br />
brut im Konzerthaus, 1030 Wien,<br />
Lothringerstr. 20, AK 15/erm. 10<br />
Euro, www.brut-wien.at<br />
3.7., Feldkirch; 11.7., Frauenfeld<br />
Ebony Bones (GB)<br />
Poolbar Festival, 6800 Feldkirch,<br />
Altes Hallenbad, Reichenfeldg. 10,<br />
http://poolbar.at; Openair Frauenfeld<br />
<strong>2010</strong>, 8500 Frauenfeld, Große<br />
Allmend, www.openair-frauenfeld.ch;<br />
www.myspace.com/ebonybones<br />
3.7., Ottensheim; 15.7., Wien<br />
MTS Multitask (A) – female HipHop<br />
aus Wien<br />
Rödlgelände, 4100 Ottensheim,<br />
http://openair.ottensheim.at; 1040<br />
Wien, Karlsplatz – Resselpark im<br />
Rahmen von Kino unter Sternen,<br />
www.afterimage.at; www.myspace.<br />
com/multitaskingsistas<br />
4.7., Bonn; 5.7., Berlin<br />
Patti Smith (US) & her b<strong>an</strong>d<br />
Museumsplatz Summer Stage Festival<br />
<strong>2010</strong>, 53113 Bonn, Museumsplatz<br />
<strong>an</strong> der Bundeskunsthalle, Friedrich-<br />
Ebert-Allee 4; Citadel Music Festival,<br />
13599 Berlin, Zitadelle Sp<strong>an</strong>dau<br />
(Am <strong>Juli</strong>usturm), www.citadel-musicfestival.de;<br />
www.pattismith.net<br />
8.7., 16.00, Linz<br />
PINK (US): The Funhouse Summer<br />
Carnival<br />
Gugl-Stadion, 4020 Linz, Ziegeleistr.;<br />
www.pinkspage.com<br />
13.7., 19.30, Wien<br />
Paperbird (A)<br />
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />
Spittelbergg. 10, Eintritt: 15 Euro,<br />
www.theateramspittelberg.at<br />
15.7., Wien; 16.7., Linz<br />
Kumbia Queers (ARG/MEX)<br />
rhiz, 1080 Wien, Gürtelbogen 37,<br />
http://rhiz.org; Roter Krebs, 4020<br />
Linz, Obere Donaulände 11, www.<br />
roterkrebs.net; kumbiaqueers.com<br />
16.7., 19.00, Innsbruck<br />
Offen & Herrlich <strong>2010</strong>. Live: Gustav<br />
& B<strong>an</strong>d (A), Valient Thorr (US), C<strong>an</strong>die<br />
H<strong>an</strong>k (D), A.L.M. (A) & DJ-Line<br />
p.m.k., 6020 Innsbruck, Viaduktbogen<br />
19-20, www.pmk.or.at<br />
16.7., 19.00, Wien<br />
D<strong>an</strong>ce the Ribbon. Warm-up Party<br />
zur AIDS-Konferenz <strong>2010</strong>, Line-Up:<br />
Masala Brass B<strong>an</strong>d (dunkelbunt/A) &<br />
Cloud Tissa (RWA/A), Fatima Spar (D),<br />
Bauchkl<strong>an</strong>g (dunkelbunt/A) DJ-Set<br />
WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,<br />
VVK: 8 Euro, AK: 10 Euro, www.wuk.at<br />
22.7., 20.00, Wien<br />
Mel<strong>an</strong>ie Fiona (CAN)<br />
WUK, 1090 Wien, Währingerstr. 59,<br />
www.wuk.at; www.mel<strong>an</strong>iefi ona.com<br />
23.7., Dornstadt; 24.7., Puch; 11.9., Berlin<br />
Lali Puna (D)<br />
Obstwiesenfestival, 89160 Dornstadt,<br />
obstwiesenfestival.de; Open Air Puch<br />
<strong>2010</strong>, Puch bei 85305 Jetzendorf/<br />
Lueg, www.puch-openair.de; Berlin<br />
Festival, 12101 Berlin, Flughafen<br />
Tempelhof, Platz der Luftbrücke,<br />
www.berlinfestival.de; www.lalipuna.de<br />
26.–28.7., 19.30, Wien<br />
Vienna Swing Sisters & The Moods<br />
(A) mit Markus Richter: Rum <strong>an</strong>d<br />
Coca Cola! A Tribute to the Andrew<br />
Sisters – die Revue<br />
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />
Spittelbergg. 10,<br />
www.theateramspittelberg.at<br />
27.7., 19.00, Wien<br />
CocoRosie (USA) & Guests<br />
Arena, 1030 Wien, Baumg. 80,<br />
www.arena.co.at; www.cocorosiel<strong>an</strong>d.com<br />
30.7.–15.8., Wien<br />
6. Afrika Tage Wien. Musikprogramm<br />
mit: Marla Glen & B<strong>an</strong>d (US/D),<br />
Angélique Kidjo (BJ/F), Jenny Bell<br />
(UG/A), Cloud Tissa (RWA/A) u.v.m.<br />
Donauinsel, Floridsdorfer Brücke,<br />
1210 Wien, www.afrika-tage.at<br />
11.8., Budapest; 14.8. Zofi ngen;<br />
20.8. Laus<strong>an</strong>ne<br />
Peaches (CAN/D)<br />
Sziget Festival, Obuda Isl<strong>an</strong>d, Majus<br />
9 Park, www.szigetfestival.com;<br />
Heitere Open Air, 4800 Zofi ngen,<br />
Heitere-Platz, www.heitere.ch; For<br />
Noise Festival, 1009 Pully, Chemin du<br />
St<strong>an</strong>d 5, www.fornoise.ch;<br />
www.peachesrocks.com<br />
27.8., München<br />
The xx (GB)<br />
Tonhalle, 81671 München, Grafi nger<br />
Str. 6, www.tonhalle-muenchen.de;<br />
http://thexx.info<br />
film<br />
5.–8.7., Linz<br />
normaleLINZ <strong>2010</strong> – das gesellschaftspolitische<br />
Filmfestival<br />
Schulvorstellungen tägl. 9.00, 4020<br />
Linz, AK OÖ, Kongresssaal, Volksgartenstr.<br />
40, Abendvorstellungen<br />
tägl. 19.00, Moviemento, 4020 Linz,<br />
OK-Platz 1, Reservierungen:<br />
T. 0732/78 40 90, Infos u. Programm:<br />
www.normale.at/33067.html<br />
www.ak-kultur.at,<br />
www.moviemento.at<br />
bühne<br />
2.–3.7., 18.00, Burgschleinitz-<br />
Kühnring<br />
Zu Gast bei Bertha von Suttner.<br />
Ein Erlebnistheater im Schloss<br />
Harm<strong>an</strong>sdorf<br />
3730 Burgschleinitz-Kühnring (Bezirk<br />
Horn), Harm<strong>an</strong>nsdorf 1, www.<br />
portraittheater.net<br />
3.7., 19.30, Wien<br />
Catch-Pop String-Strong<br />
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />
Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85,<br />
www.theateramspittelberg.at<br />
4.7., 19.30, Wien<br />
Anna Klinge: Der Fußmord und<br />
<strong>an</strong>dere Liebesdramen<br />
Theater am Spittelberg, 1070 Wien,<br />
Spittelbergg. 10, T. 01/526 13 85,<br />
www.theateramspittelberg.at<br />
15.7.–15.8., Wien<br />
ImPulsT<strong>an</strong>z – Vienna International<br />
D<strong>an</strong>ce Festival. Mit Anne Teresa De<br />
Keersmaeker, Wim V<strong>an</strong>dekeybus, Ultima<br />
Vez, Cie. Marie Chouinard, Anne<br />
Juren, Alain Platel, Anna MacRae,<br />
Mathilde Monnier, Xavier Le Roy,<br />
Maija Hirv<strong>an</strong>en u.v.m.<br />
diverse Spielstätten, Detailprogramm<br />
u. Infos: www.impulst<strong>an</strong>z.com<br />
23.8.–25.9., 20.00, Wien<br />
Die Präsidentinnen. Von Werner<br />
Schwab. Mit Lucy McEvil, Lilly<br />
Prohaska, Roswitha Soukup<br />
3raum-<strong>an</strong>atomietheater, 1030 Wien,<br />
Beatrixg. 11, Premiere 23.8., Vorstellungen:<br />
25.–28.8., 1.–4.9., 15.–18.9.,<br />
22.–25.9., http://3raum.or.at<br />
seminar<br />
workshop<br />
3.7., 9–17.00, Wien<br />
Co-Abhängigkeit – der T<strong>an</strong>z um die<br />
Sucht. Über die Rolle als Angehörige,<br />
Freundin oder Kollegin einer/eines<br />
Suchtkr<strong>an</strong>ken od. Suchtgefährdeten,<br />
mit Ingrid Trabe (Psychotherapeutin)<br />
Institut Frauensache, 1030, Obere<br />
Viaduktg. 24, Kosten: 145 Euro,<br />
Anm.: T. 01/89 58 440, offi ce@frauensache.at,<br />
www.frauensache.at<br />
10.8. u. 12.8., 11–17.00, Wien<br />
Zweiteiliger Fotografi e-Workshop für<br />
Mädchen<br />
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />
22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789<br />
45 45, www.sprungbrett.or.at<br />
30.–31.8., 10–16.00, Wien<br />
Hop into the Job! Berufsorientierung<br />
für Mädchen<br />
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />
22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789<br />
45 45, www.sprungbrett.or.at<br />
vortrag<br />
diskussion<br />
8.7., 19.30, Hamburg<br />
Th<strong>an</strong>atea. Vernetzungstreffen und<br />
Fachaustausch für Lesben und<br />
lesbenfreundliche Frauen, die sich<br />
professionell mit Sterben, Tod und<br />
Trauer beschäftigen.<br />
Lesbenverein Intervention e.V.,<br />
Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T.<br />
+49/40/24 5002,<br />
www.lesbenverein-intervention.de<br />
21.7., Hamburg<br />
<strong>an</strong>ders altern. Der offene Arbeitskreis<br />
widmet sich den vielfältigen Themen<br />
rund ums Alter. Uhrzeit bitte erfragen.<br />
Lesbenverein Intervention e.V.,<br />
Glashüttenstr. 2, 20357 Hamburg, T.<br />
+49/40/24 5002,<br />
www.lesbenverein-intervention.de<br />
22.7, 20.30, Wien<br />
Geschichte wirft l<strong>an</strong>ge Schatten: Gespräch<br />
mit Jo Schmeiser und Simone<br />
Bader (Klub Zwei) im Rahmen von<br />
Kino unter Sternen<br />
1040 Wien, Karlsplatz – Resselpark,<br />
Infos: www.kinountersternen.at<br />
10.–12.9., Berlin<br />
Konferenz „Antisexistische Praxen IV”<br />
Mehringhof, Gneisenaustr. 2a, 10961<br />
Berlin-Kreuzberg,<br />
www.<strong>an</strong>tisexist-perspectives.so36.net<br />
ausstellung<br />
bis 9.7., Graz<br />
kultura: Weibliche Positionen. Kuratiert<br />
von Veronika Dreier. Mit Norbertine<br />
Bresslern-Roth, Sarah Godthart,<br />
Agnes Harrer, Lotte Hendrich, Doris<br />
Jauk-Hinz, Karina Lernbeiß, Erika<br />
Lojen, Doris Lötsch, Erika Thümmel<br />
und Eva Ursprung, Eva & Co. u.v.m.<br />
Galerie Kon-temporär, 8020 Graz,<br />
Griesplatz 10, Di–Fr 11–18.00, Sa<br />
10–13.00, T. 0316/877-2446,<br />
www.kulturservice.steiermark.at<br />
bis 9.7., Wien<br />
Georgia Creimer: Mind/Mirror/Calf<br />
Galerie Raum mit Licht, 1070 Wien,<br />
Kaiserstr. 32, Mi–Fr 14–18.00, Sa<br />
11–14.00, T. 01/524 04 94,<br />
www.raum-mit-licht.at<br />
bis 11.7., Salzburg<br />
Partizipation. Politik der Gemeinschaft.<br />
Kuratiert von Hemma Schmutz.<br />
Mit Irina Botea, Jeremy Deller Oliver<br />
H<strong>an</strong>gl, Tellervo Kalleinen/Oliver Kochta-Kalleinen,<br />
Ruth Kaaserer, Christine<br />
und Irene Hohenbüchler u.a.<br />
Salzburger Kunstverein, 5020<br />
Salzburg, Hellbrunner Str. 3, Di–So<br />
12–19.00, T. 0662/84 22 94-27,<br />
www.salzburger-kunstverein.at<br />
bis 24.7., Wien<br />
Judith Fegerl: SELF<br />
Kunstraum Niederösterreich, 1014<br />
Wien, Herreng. 13, T. 01/90 42<br />
111, www.kunstraum.net, Di–Fr<br />
11–19.00, Sa 11–15.00, Eintritt<br />
frei<br />
<strong>an</strong>.künden<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 43
<strong>an</strong>.künden<br />
Welcome, Ladies!<br />
Mitte <strong>August</strong> erlebt das deutsche Uni-Städtchen Trier<br />
eine weitere Ausgabe des Ladyfests: Am Programm<br />
stehen Filme, Workshops (u.a. zu „Stencils & Streetart”<br />
und „Pop & Gender”), Vorträge von Rapperin<br />
Sookee („Homophobie im HipHop”) und der Berliner<br />
Sexpertin Laura Méritt sowie eine Lesung mit<br />
„Vulva”-Autorin Mithu S<strong>an</strong>yal. Mit dabei ist auch die<br />
D.I.Y.-Truppe Muschiballett, d<strong>an</strong>ach geht’s zum Konzert<br />
mit Räuberhöhle und Sookee mit <strong>an</strong>schließender<br />
Party.<br />
13.–15.8., Tuchfabrik Trier e.V., 54290 Trier,<br />
Wechselstr. 4, Kombi-Ticket 20/erm. 15 Euro, nur<br />
Party und Konzert 12/erm. 7 Euro,<br />
http://ladyfest.blogsport.eu<br />
bis 24.7., Wien<br />
WERKSCHAU XV: Lisl Ponger –<br />
Fact or Truth<br />
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,<br />
Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00, Sa<br />
10–14.00, Werkstattgespräch mit der<br />
Künstlerin u. Katalogpräsentation am<br />
20.7., 19.00,<br />
www.fotogalerie-wien.at<br />
bis 30.7., Wien<br />
Herrscher, Krieger und Maskierte.<br />
Artists in Residence: Tea Hatadi<br />
(Kroatien), Heldi Pema (Alb<strong>an</strong>ien),<br />
Ard<strong>an</strong> Özmenoglu (Türkei)<br />
Galerie ArtPoint, 1010 Wien, Universi-<br />
Foto: H.A.P.P.Y.<br />
44 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
tätsstr. 5, www.kulturkontakt.or.at/air,<br />
Mo–Fr 14–20.00<br />
bis 4.8., Wien<br />
Real Estates: Erinnerung <strong>an</strong> Orte/<br />
Spuren von Verschwundenem.<br />
Kuratiert von Gabriele Schor. Mit<br />
Bernd und Hilla Becher, Gordon<br />
Matta Clark, James Welling, Joachim<br />
Koester<br />
Vertikale Galerie, Verbund-Zentrale,<br />
1010 Wien, Am Hof 6a, öffentlich<br />
zugänglich im Rahmen der Kunstgespräche,<br />
Mi 18.00, Anm.: sammlung@<br />
verbund.at od. T. 0503/13 500 44,<br />
Eintritt frei<br />
Sister Fa: Hip Hop Yaw La Fal!<br />
Foto: Michael M<strong>an</strong>n<br />
bis 15.8., Berlin<br />
H<strong>an</strong>s Bellmer, Louise Bourgeois:<br />
Double Sexus<br />
Sammlung Scharf-Gerstenberg,<br />
14059 Berlin, Schloßstr. 70, Di–So<br />
10–18.00, T. +49/30/266 42 42 42,<br />
www.doublesexus.org<br />
bis 29.8., Graz<br />
Ines Kaag und Désirée Heiss: BLESS<br />
No 41 – Retroperspektives Heim<br />
Kunsthaus Graz, Space 01, 8020<br />
Graz, Lendkai 1, Di–So 10–18.00, T.<br />
0316/8017-9200, www.museumjo<strong>an</strong>neum.at/kunsthaus<br />
bis 3.9., Wien<br />
ERSTE Foundation shows: „Gender<br />
Matters” by Davor Konjikusic<br />
ERSTE Foundation, 1010 Wien, Friedrichstr.<br />
10, Besuch nach Terminvereinbarung,<br />
T. 01/50 100-15402,<br />
www.erstestiftung.org/erste-foundationshows<br />
bis 5.9., St. Pölten<br />
Grete Yppen: Vom Kl<strong>an</strong>g des Malens.<br />
Malerei und Zeichnung 1955–1995<br />
L<strong>an</strong>desmuseum Niederösterreich,<br />
3100 St. Pölten, Kulturbezirk 5,<br />
Di–So, Feiertage 9–17.00, Mo (außer<br />
Feiertag) geschlossen,<br />
www.l<strong>an</strong>desmuseum.net<br />
bis 18.9., Wien<br />
Christy Astuy, Michela Ghisetti:<br />
Paintings <strong>an</strong>d Drawings. Geschlech-<br />
Feiern unter dem<br />
Regenbogen<br />
terrollen, Verführung und (sexuelle)<br />
Metamorphose<br />
Galerie Elisabeth Michitsch, 1010<br />
Wien, Opernring 7/12 (Mezz<strong>an</strong>in),<br />
Mo–Fr 10–18.00, Sommerschließzeit:<br />
26.7.–15.8.,<br />
www.elisabeth-michitsch.at<br />
bis 19.9., Dresden<br />
Stoffe aus Lublin/Blawatne Z Lublina.<br />
Ulrike Grossarth – Stef<strong>an</strong> Kielsznia:<br />
Gegenwartskunst und historische<br />
Straßenfotografien aus dem jüdischen<br />
Viertel in Lublin<br />
Kunsthaus Dresden, Rähnitzg. 8,<br />
01097 Dresden, T. +49/351/804<br />
14 56, Di–Fr 12–19.00, Sa u. So<br />
12–20.00, Fr Eintritt frei,<br />
www.kunsthausdresden.de<br />
bis 26.9., Klosterneuburg<br />
Niki de Saint Phalle: Im Garten der<br />
F<strong>an</strong>tasie<br />
ESSL MUSEUM – Kunst der Gegenwart,<br />
3400 Klosterneuburg/Wien,<br />
An der Donau-Au 1, T. 02243/370<br />
50 150, www.essl.museum, Di-So<br />
10–18.00, Mi 10–21.00<br />
bis 3.10., Wien<br />
Now I See – Retrospektive von<br />
Brigitte Kow<strong>an</strong>z<br />
MUMOK – Museum Moderner Kunst<br />
Stiftung Ludwig Wien, 1070 Wien,<br />
Museumsplatz 1, Mo–So 10–18.00,<br />
Do 10–21.00, www.mumok.at<br />
Wohin nach der Regenbogenparade? Die After-Pride-Party<br />
im WUK hat Tradition: Zum sechsten Mal bitten der multikulturelle<br />
Club Homoriental und das queere House-Kollektiv<br />
H.A.P.P.Y. auf die T<strong>an</strong>zfläche. Gleich auf der <strong>an</strong>deren Seite des<br />
schönen WUK-Innenhofs feiert das FZ-Beisl unter dem abgew<strong>an</strong>delten<br />
Motto der Parade „We are the lesbi<strong>an</strong> women’s<br />
collective”. Wer zur Official Pride Night möchte, begibt sich<br />
entweder in den Ost-Klub, wo die beiden queeren Party-Institutionen<br />
Queer:Beat und BallC<strong>an</strong>C<strong>an</strong> fusionieren, oder ins<br />
brut Künstlerhaus – dort hosten die Ver<strong>an</strong>stalter von Sündikat<br />
den D<strong>an</strong>cefloor. Im brut Konzerthaus wiederum wird – im Anschluss<br />
<strong>an</strong> die „Burlesque Brutal”-Show – das feministische<br />
DJ-Kollektiv Quote das Haus bis in die queeren Morgenstunden<br />
rocken. Details siehe unter: t<strong>an</strong>z fest musik<br />
Tales from the flipside<br />
Ein Highlight des diesjährigen Kasumama Afrika<br />
Festivals im Oberen Waldviertel: Fatou M<strong>an</strong>di<strong>an</strong>g<br />
Diatta, die in ihrer ehemaligen Heimatstadt Dakar<br />
als Sister Fa Karriere machte und seitdem als<br />
erfolgreichste Rapperin Senegals gilt. Gleich am<br />
nächsten Tag ist die mittlerweile in Berlin <strong>an</strong>sässige<br />
Künstlerin und Aktivistin noch mal live on stage zu<br />
erleben: am 10. <strong>Juli</strong> im Kulturforum Villach.<br />
9.7., Kasumama Afrika Festival, 3970 Moorbad<br />
Harbach, Holzmühlteich beim Gasthaus Holzmühle,<br />
Lauterbach 40, www.kasumama.at; 10.7., Kulturforum<br />
Villach, 9500 Villach, Park des Schlosses<br />
Dinzl, Schlossg. 11, www.kulturforumvillach.at<br />
bis 26.10., Hittisau<br />
Ich bin Ich: Susi Weigel. Trickfilmzeichnerin<br />
und Illustratorin<br />
(1914–1990)<br />
Frauenmuseum, 6952 Hittisau,<br />
Platz 501, T. 05513/620 930, www.<br />
frauenmuseum.at, Do 15–20.00, Fr<br />
14–17.00, Sa u. So 10–12, 14–17.00<br />
31.8.–29.9., Wien<br />
IDENTITÄT II: Identitätsstiftung.<br />
Mit Oreet Ashery, Hubert Bl<strong>an</strong>z, Katharina<br />
Cibulka, Shahram Entekhabi,<br />
Astrid Korntheuer, Trish Morrissey<br />
Fotogalerie Wien, WUK, 1090 Wien,<br />
Währingerstr. 59, Di–Fr 14–19.00,<br />
Sa 10–14.00,<br />
www.fotogalerie-wien.at<br />
lesung<br />
9.7.–27.8., 20.30, Wien<br />
o-töne. Aktuelle österreichische Literatur<br />
im MuseumsQuartier. Mit Melitta Breznik,<br />
Fr<strong>an</strong>zobel, Verena Roßbacher, Wolf<br />
Haas u.a., 1070 Wien, MuseumsQuartier<br />
Wien, Museumsplatz 1, jeden Do, Open<br />
Air, freier Eintritt, www.o-toene.at<br />
aktivitäten<br />
Do, 17.30–20.45, Wien<br />
SAPPHO – Psychotherapeutische<br />
Gruppe für lesbische und bisexuelle<br />
Frauen: Das zufriedene les-bi-sche<br />
Ich bin Ich<br />
Beratungsstelle COURAGE, 1060<br />
Wien, Windmühlg. 15/1/7, 14-tägig<br />
jeweils Do, Kosten: Euro 48 pro<br />
Abend, Anm.: T. 01/585 69 66, www.<br />
courage-beratung.at<br />
jeden 2. Fr im Monat, 17.30, Wien<br />
ARGE Dicke Weiber: gegen Diskriminierung<br />
und Schl<strong>an</strong>kheitsterror – für<br />
Vielfalt und positive Selbstbilder<br />
FZ – Autonomes FrauenLesbenMädchenZentrum,<br />
1090 Wien, Währingerstr.<br />
59/Stiege 6,<br />
http://argedickeweiber.wordpress.com<br />
jeden 2. u. 4. Sa, 14–18.00, Wien<br />
Frauen-Lesben-Theatergruppe, für<br />
Frauen und Mädchen jeden Alters<br />
FZ – Autonomes FrauenLesben-<br />
MädchenZentrum, 1090 Wien,<br />
Währingerstr. 59/Stiege 6, Infos:<br />
Regina Stierschneider, T. 0664/186<br />
06 13, regina@elektrobox.com<br />
1.7., 2.7., 3.7., 11.00 u. 17.00, Wien<br />
Regenbogenführungen <strong>an</strong> der Universität<br />
Wien: Homosexualität in der
Foto: Kurt Wachter, FairPlay<br />
Welt der Wissenschaft<br />
Universität Wien, 1010 Wien, Dr.-<br />
Karl-Lueger-Ring 1, Kosten: 3 Euro,<br />
Dauer ca. 60 Minuten, Anm. u. Infos:<br />
http://event.univie.ac.at/fuehrungen/<br />
regenbogen-fuehrungen<br />
2.7., 14.00, Wien<br />
Schwul/lesbischer Stadtspazierg<strong>an</strong>g.<br />
Mit QWien-Guide Andreas Brunner<br />
Treffpunkt: Burgtheater/Kasino, 1010<br />
Wien, Schwarzenbergplatz 1, Kosten:<br />
7 Euro/Person, T. 01/966 01 10,<br />
http://qwien.at<br />
2.7., 18.00, Wien<br />
Rathausführung <strong>an</strong>dersrum, ver<strong>an</strong>staltet<br />
von der Wiener Antidiskriminierungsstelle<br />
für gleichgeschlechtliche<br />
Lebensweisen<br />
Treffpunkt 18.00 beim Rathaus-<br />
Stadtinformationszentrum, 1010<br />
Wien, Friedrich-Schmidt-Platz 1, T.<br />
01/4000-81449, www.hosiwien.at/<br />
prideevent/rathausfuhrung-<strong>an</strong>dersrum<br />
3.7., 14.00, Wien<br />
Regenbogenparade <strong>2010</strong>. Motto<br />
dieses Jahres: We are family!<br />
„It‘s a free world” von Ken Loach im Volxkino am 10.7.<br />
Freiluftbilder<br />
Sommerkino ist Freiluftkino – und davon gibt es in<br />
Wien gleich mehrere: etwa das VOLXkino, das älteste<br />
Open-Air- und W<strong>an</strong>derkino der Stadt, das in 16 Bezirken<br />
über siebzig Filme aus den verschiedensten Genres<br />
bei kostenlosem Eintritt <strong>an</strong>bietet.<br />
Freies Filmvergnügen unter nächtlichem Himmel offeriert<br />
auch Kino unter Sternen am Karlplatz – und<br />
das täglich. Vor Filmbeginn wird ein umf<strong>an</strong>greiches<br />
Rahmenprogramm geboten, bei dem u.a. Regisseur_<br />
innen und Musiker_innen vor die Leinw<strong>an</strong>d treten.<br />
VOLXkino: bis 17.9., Wien, diverse Orte u. Beginnzeiten,<br />
www.volxkino.at<br />
Kino unter Sternen: 2.–25.7., Karlsplatz – Resselpark,<br />
täglich: Lesungen, Gespräche, Konzerte ab<br />
20.30, Filmbeginn 21.30, www.kinountersternen.at<br />
Mach die Welle<br />
Im Rahmen der Initiative „Ke Nako Afrika –<br />
Afrika jetzt!” org<strong>an</strong>isiert FairPlay am 3. <strong>Juli</strong><br />
ein Kleinfeldturnier für Frauen- und Mädchenteams<br />
ab 14 Jahren. Teilnehmen können<br />
Vereinspielerinnen, Hobbyspielerinnen sowie<br />
interessierte Mädchen und Frauen. Maximal<br />
zehn Teams spielen in zwei Gruppen,<br />
die Gruppenersten und -zweiten spielen in<br />
Kreuzspielen um den Finaleinzug. Die Spieldauer<br />
beträgt sieben Minuten. Teamgröße<br />
am Spielfeld: vier Spielerinnen.<br />
3.7., 14–18.00, 1020 Wien, Sport<strong>an</strong>lage<br />
Venediger Au (beim Praterstern), Anm. u.<br />
Infos: kotvojs@vidc.org od. T. 01/713 35<br />
94-97, http://fairplay.vidc.org<br />
Route: Ur<strong>an</strong>ia, Fr<strong>an</strong>z-Josefs-Kai,<br />
Schwedenplatz, Ringturm, Börse,<br />
Universität, Rathausplatz, Oper,<br />
17–22.00 Abschlusskundgebung am<br />
Schwarzenbergplatz,<br />
www.hosiwien.at/regenbogenparade<br />
9.7., 15–18.00, Graz<br />
Mini-Comic. Workshop mit Edda<br />
Strobl (Graz), für Menschen von<br />
11–99 Jahren. Ein A4-Blatt wird<br />
mit wenigen H<strong>an</strong>dgriffen zu einem<br />
achtseitigen Comic-Heftchen.<br />
Volksgarten, Arena vor der Kreuzkirche,<br />
bei Schlechtwetter im ,<br />
8020 Graz, Volksgartenstr. 6a,<br />
http://rotor.mur.at<br />
20.7., 10–16.00, Wien<br />
Dein Design mit Holz. Für Mädchen,<br />
mit Katja Nußbaumer, Werk Möbelbau<br />
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />
22-24/1/1, Anm. erbeten, T. 01/789<br />
45 45, www.sprungbrett.or.at<br />
26.–27.7., 10.–16.00, Wien<br />
Girls in the City! Selbstverteidigung<br />
für Mädchen von 14–17 Jahren. Bei<br />
diesem Workshop sind wir mitten in<br />
der Stadt unterwegs und probieren<br />
aus, was dich sicherer und selbstbewusster<br />
macht.<br />
Ver<strong>an</strong>staltet von Sprungbrett in<br />
Kooperation mit jugendinwien, UKB:<br />
15 Euro, mit jiw-Bon gratis, Anm.<br />
erbeten, T. 01/789 45 45, www.<br />
sprungbrett.or.at<br />
„Chefa” Miss Platnum, Foto: Four Music<br />
26.7.–14.8. u. 16.–28.8., Traunkirchen<br />
Sommerakademie Traunkirchen.<br />
Mit u.a. Xenia Hausner und VALIE<br />
EXPORT. 26.7.–14.8.: „Figurative<br />
Malerei” mit Xenia Hausner,<br />
16.–28.8.: „Serielle Fotografie” mit<br />
VALIE EXPORT<br />
4801 Traunkirchen, Ortplatz 1, Infos<br />
u. Anm.: T. 0664/166 38 13, office@<br />
sommerakademie-traunkirchen.com,<br />
www.sommerakademie-traunkirchen.com<br />
31.7.–1.8., Innsbruck-Freiburg/<br />
Breisgau<br />
Berta Frauen-Kunstreise zur Ausstellung<br />
von Katharina und Barbara<br />
Grosse und historische Stadtführung<br />
zum Thema Hexenverfolgung<br />
Kosten: 180 Euro (alles inkl.), Anm.:<br />
gabriela.schroffenegger@chello.at<br />
oder 0660/5210674<br />
1.8., 12.00, Wien<br />
Brunch: Göttin des Glücks. Modeschau<br />
& Präsentation<br />
liebenswert, 1060 Wien, Esterhazyg.<br />
26, T. 01/595 52 55, www.liebenswert.at,<br />
www.goettindesgluecks.at<br />
1.–6., 8.–13.8., Finnl<strong>an</strong>d<br />
Frauen-Coaching-Wochen in Finnl<strong>an</strong>d.<br />
Coaching, multimediale kreative<br />
Methoden und Selbsterfahrung in<br />
traditionellen finnischen Sommerhäusern.<br />
Infos u. Anmeldung: d<strong>an</strong>iela.reiter@<br />
diereiterer.at, www.diereiter.at<br />
1.9.–2.9., 14–17.00, Wien<br />
Rap dich weg mit EsraP. Für Mädchen<br />
von 14–17 Jahren<br />
Sprungbrett , 1150 Wien, Pilgerimg.<br />
22-24/1/1, UKB: 3 Euro, Anm.<br />
erbeten, T. 01/789 45 45, www.<br />
sprungbrett.or.at<br />
radio<br />
fixtermine<br />
Mo 18–19.00, Wien<br />
Khorschid Kh<strong>an</strong>um – Die persischsprachige<br />
Frauensendung<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 1. Mo<br />
Mo 19–20.00, Kärnten<br />
Frauenstimmen – Glas žena<br />
Radio Agora 105.5 MHz (Dobrac),<br />
wöchentlich<br />
Mo 21–22.00, Schweiz<br />
K-Punkt Kalila – Feminine und<br />
feministische Themen<br />
K<strong>an</strong>al K 94.9 MHz (Aargau),<br />
Livestream auf http://k<strong>an</strong>alk.ch,<br />
wöchentlich<br />
Hast du Töne!<br />
Di 13–14.00, Wien<br />
Globale Dialoge – Women on air<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, wöchentlich<br />
Di, 18–19.00, Wien<br />
Weibertalk – Sendung des Autonomen<br />
FrauenLesbenZentrums<br />
Innsbruck<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 2. Di<br />
Di, 21–22.00, Wien<br />
female:pressure – Feministisches<br />
Magazin zu Musik- und Clubkultur<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 2. Di<br />
<strong>an</strong>.künden<br />
Mi 18–18.30, Salzburg<br />
Frauenzimmer – Plattform für eine<br />
frauenspezifische Information<br />
Radiofabrik 107.5 MHz (Salzburg<br />
Stadt), wöchentlich<br />
Mi 18–19.00, Wien<br />
Bauch, Bein, Po – Die Sendung für<br />
die g<strong>an</strong>ze Frau<br />
Or<strong>an</strong>ge 94.0 MHz, jeden 2. Mi<br />
Fr 19–20.00, Oberösterreich<br />
SPACEfemFM Frauenradio<br />
Radio FRO 105.0 MHz (Linz), jeden<br />
1., 3. u. 4. Fr<br />
Sa 18–19.00, Deutschl<strong>an</strong>d<br />
Rainbow City – Radio für Lesben und<br />
Schwule<br />
97.2 MHz (Berlin), Livestream auf<br />
www.radiorainbowcity.de, wöchentlich<br />
Sa 19–20.00, Steiermark<br />
Bertas Bücherstunde – Das feministische<br />
Literaturmagazin<br />
Radio Helsinki 92.6 MHz (Graz),<br />
jeden 4. Sa<br />
So, 19–20.00, Tirol<br />
Weibertalk – Sendung des Autonomen<br />
FrauenLesbenZentrums<br />
Innsbruck<br />
FREIRAD 105.9 MHz (Innsbruck),<br />
jeden 1. So<br />
Der Festivalsommer steht vor der Tür. Noch unentschlossen,<br />
wohin es gehen soll? Eine Empfehlung<br />
ist das Pohoda-Festival in der Slowakei, das mit<br />
einem ausgezeichneten Line-Up aufwartet: Neben<br />
„Balk<strong>an</strong>-R’n’B-Queen” Miss Platnum und den britischen<br />
Indie-Darlings The xx werden mit Crystal<br />
Castles, New Young Pony Club, Sexy Sushi, Metronomy,<br />
Scissor Sisters und vielen <strong>an</strong>deren gleich<br />
mehrere Konzertwünsche auf einmal erfüllt.<br />
8.–10.7., Pohoda Festival, Flughafen, 91164<br />
Trencin, www.pohodafestival.sk<br />
<strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong> <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> l 45
zappho des monats<br />
46 l <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> <strong>Juli</strong> <strong>August</strong> <strong>2010</strong><br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> gibt‘s in folgenden Buchh<strong>an</strong>dlungen:<br />
Fachbuchh<strong>an</strong>dlung ÖGB 1010 Rathausstr. 21<br />
Kuppitsch 1010 Schottengasse 4<br />
Morawa 1010 Wollzeile 11<br />
Winter 1010 Rathausstr. 18<br />
Frick International 1010 Schulerstr. 1-3<br />
tiempo 1010 Joh<strong>an</strong>nesgasse 16<br />
Facultas 1010 Universitätsstr. 7<br />
Lhotzkys Literaturbuffet 1020 Taborstraße 28<br />
Buchh<strong>an</strong>dlung polycollege 1050 Reinprechtsdorferstr. 38<br />
phil 1060 Gumpendorferstr. 10-12<br />
Südwind 1070 Mariahilferstr. 8<br />
Tabak Trafik Brosenbauch 1070 Kaiserstr. 96<br />
und auch in vielen Städten in Deutschl<strong>an</strong>d.<br />
Vollständige Liste der Verkaufsstellen auf:<br />
www.<strong>an</strong>schlaege.at<br />
www.myspace.com/<strong>an</strong>.schlaege<br />
Vorschau auf die September-Ausgabe:<br />
Peaches Christ Superstar<br />
Kaffee und Interview mit Merrill Beth Nisker<br />
aka Electro-Revoluzzerin Peaches<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> tv<br />
19.7., 21.00<br />
auf OKTO<br />
webstream:<br />
www.okto.tv<br />
Ein <strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> Abo, bitte!<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong>-tv präsentiert:<br />
B-Star, untötbar von<br />
Sabine Marte – Diagonale-Preis<br />
als bester<br />
Experimentalfilm <strong>2010</strong><br />
Schnupperabo (3 Hefte): 10/12* Euro<br />
Jahresabo (10 Hefte): 35/ermäßigt 29/45* Euro<br />
Unterstützungsabo (10 Hefte): 43/53* Euro<br />
* Gültig für Europa, weitere Ausl<strong>an</strong>dspreise auf Anfrage.<br />
Weitere Infos unter abo@<strong>an</strong>schlaege.at oder auf<br />
www.<strong>an</strong>schlaege.at.<br />
Riedl 1080 Alser Str. 39<br />
Löwenherz 1090 Berggasse 8<br />
Südwind 1090 Schwarzsp<strong>an</strong>ierstr. 15<br />
Infoladen Infomaden 1110 Wiel<strong>an</strong>dgasse 2-4<br />
Infoladen Treibs<strong>an</strong>d 4040 Rudolfstr. 17<br />
Kulturverein Waschaecht 4600 Dragonenstr. 22<br />
Rupertusbuchh<strong>an</strong>dlung 5020 Dreifaltigkeitsgasse 12<br />
Wagnersche Buchhdlg. 6020 Museumstr. 4<br />
Amazone-Zentrum 6900 Brockm<strong>an</strong>ngasse 15<br />
Berta – Bücher & Produkte 8020 Siebenundvierzigergasse 27<br />
Hacek-Bücherei 9020 Paulitschgasse 5/7<br />
KBuch 9020 Universitätsstr. 90
Selbstständig<br />
Unselbstständig<br />
Erwerbslos<br />
Infobroschüre<br />
für KünstlerInnen und<br />
<strong>an</strong>dere prekär Tätige<br />
www.kulturrat.at<br />
17. aktualisierte Auflage:<br />
Bundesdeutsche<br />
Flüchtlingspolitik und ihre<br />
tödlichen Folge<br />
Einzelfall-Dokumentation von 1993 bis 2009 in 2 Heften<br />
(<br />
Antirassistische Initiative e.V. – Dokumentationsstelle<br />
Fon 030 – 617 40 440 Fax 030 – 617 40 101<br />
ari-berlin-dok@gmx.de www.ari-berlin.org<br />
FRAUENHOTEL artemisia BERLIN<br />
Zimmer zum Wohlfühlen in Citylage. Ab 39,- Euro.<br />
Br<strong>an</strong>denburgische Str. 18, 10707 Berlin, T 0049 30 8738905<br />
artemisia@frauenhotel-berlin.de, www.frauenhotel-berlin.de
taschen<br />
Falls ihr die <strong>an</strong><strong>schläge</strong>-Superheldin bei ihrer Str<strong>an</strong>dverkaufstour verpasst habt,<br />
könnt ihr die neuen Taschen auch bei uns bestellen!<br />
Tasche: 38x41cm mit 30cm l<strong>an</strong>gen Henkeln, dunkellila mit weißem Aufdruck (s.Bild)<br />
5 Euro zzgl. Vers<strong>an</strong>dkosten<br />
Bestellungen <strong>an</strong>: redaktion@<strong>an</strong>schlaege.at<br />
<strong>an</strong>.<strong>schläge</strong> Nr. 7-8/10, 24. Jahrg<strong>an</strong>g, € 3,80 (Ö) € 4,80 (D) sfr 9,00 , ISSN 1993-3002, P.b.b. Erscheinungsort Wien, Verlagspostamt 1010 Wien, envoi à taxe réduite, GZ 02Z031419 M