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Deutsche Altertumskunde

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74 I. Prähistorische Zeit. A. Urzeit.<br />

Wo heute Felder bestellt sind und Wiesen grünen, muß nach Auskunft<br />

der Orts- und Flurnamen in alter Zeit vielfach Wald und Sumpf geherrscht<br />

haben. 1) Sümpfe sind in Wiesen, Wälder in Ackerland oder zu<br />

Heide umgewandelt worden; in geringerer Ausdehnung als in der Gegenwart<br />

gab es vormals wirtschaftlich nutzbare Landflächen. Am frühsten und<br />

dichtesten besiedelt ist steppenartiges Grasland, das mit lichten Waldformationen<br />

wechselt und durch mancherlei Übergänge mit ihnen verbunden<br />

ist (S. 29 f.). Hier ist für Völker auf niederer Kulturstufe der allerwohnlichste<br />

Aufenthalt, denn hier fanden sie festen Baugrund für ihre Häuser, Raum<br />

für freie Bewegung, Weide für ihr Vieh, Wild für ihre Jagd. 2)<br />

Daß das Siedelungsgebiet der Urgermanen in allererster Linie durch<br />

trockenen Baugrund bedingt war, ersehen wir daraus, daß uns die Geest<br />

einen Reichtum an Altertumsfunden spendet. 3) Das sichere Land der Geest*)<br />

wurde bis in die Heide hinein und bis an den Rand der Wälder heran mit<br />

menschlichen Wohnungen besetzt; das offene, durch kräftigere Vegetation<br />

belebte Gelände wurde bevorzugt, 5) die Niederlassung gern an ein lichtes<br />

Gehölz^) angelehnt und namentlich darauf Bedacht genommen, fließendes<br />

Wasser") in der Nähe zu haben. Darum liegen die Wohnstätten häufig inselartig<br />

auf erhöhter Landzunge zwischen zwei Wassern 8) oder wo zwei Bäche<br />

oder Flüsse sich vereinigen, ») oder wo an der Küste das Meer oder im<br />

') R.ÄNDREE.Braunschweig.Volkskunde^<br />

S. 129 f.; ich erinnere an Landschaftsnamen<br />

wie Holland, Holstein.<br />

*) Ratzel, Anthropogeographie S. 338.<br />

Gradmann, Geograph. Zeitschr. 7, 436.<br />

») Das schönste Beispiel geben die<br />

nordfriesischen Inseln, die seit urältester<br />

Zeit auf ihrem Geestrücken bewohnt, in<br />

ihren Marschniederungen fast menschenleer<br />

sind.<br />

*) mnl. in water ende in gheeste, mnd.<br />

gest (sandig holtig und heide), afries. gast;<br />

fries. gast wird auch von Kühen gebraucht<br />

(^trocken, nicht Milch gebend) ; yg\.ags. ^aesen,<br />

ahd. keiseni (sterilis, sterilitas), anord. gaddr<br />

(harter Boden), gadd-kü (gelte Kuh).<br />

') fl/7^r/a Tacitus, Germ. c. 16; got waggs,<br />

anord. vangr, ags. and. ahd. wang, fücs.wung<br />

(.ein von Natur mit Vegetation bestandenes<br />

Terrain in Gegensatz zu angebautem oder<br />

ödem", SCHMELLER 2«, 956 f.); vgl. apreuß.<br />

wangus (.grasbewachsene, mit Buschwerk<br />

und niederem Gehölz, auch einzelnen Bäumen,<br />

namentlich Elchen, bestandene Strecke, als<br />

Viehweide benutzt oder auch als Lustw.lldchcn".<br />

Schade, Altd. Wb. s. v.). Das<br />

Wort steht in alliterierendem Gegensatz zu<br />

with (Wald), Haff, Dan. Gemeinderechte 1,<br />

1 ff., 90 (.waldfreier Grasplatz*).<br />

•) nemus (Tacitus, uerm. c. 16) : nemits<br />

quod dicitur hage (Lacombi.ht, Urkundcnbuch<br />

2, 1068), anord. hagi, ags. ha^a, ho'^,<br />

ahd. hac, mhd. hagen ( > haln). liicus<br />

rradtus, Germ. c. 9) > ahd. Mh, mhd. lö,<br />

loch, nhd. loh (In der Sprache der Jilgcr und<br />

Förster -^^ Vorholz); mnd. lö (nd. lo : isolierte<br />

Holzpartie in der Heide, vgl. hailo), ags.<br />

leah, engl, lea {open groiind) : aind. löka<br />

(freier Raum), \\\. laukas (freies Feld); die<br />

Grundbedeutung ist also .lichter" Wald (im<br />

Gegensatz zu silva und zu anord. myrkvipr<br />

Schwarzwald) ; vgl. Sitzungsber. d. Berliner<br />

Akad. 1910, 798 f. Das „Vorholz" heißt mhd.<br />

hurst, ahd. hursti, mnd. hörst, engl, hurst,<br />

fries. herst, nl. hörst (vgl. harst Reisig).<br />

') Das feste Land am Wasser oder auch<br />

im Wasser nennen wir (von lat. aqua > got.<br />

aha abgeleitet) „Aue" : ahd. ouwa, mnd.<br />

ouwe, ags.i'i, anord. ^_y (dJin.0), beachte ags.<br />

iilond > engl. Island; fries. Wangeroog;<br />

Aviones (Müllenhoff, DA. 4, 464), Batavia,<br />

Scadinavia.<br />

*) ags. warob, ahd. warid werid, mhd.<br />

werd Werder, Wort ( : aind. varana Damm,<br />

a\T. ferana Land); ferner mnd. nl. /2

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