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Deutsche Altertumskunde

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3. Die Urgermanen. A. Ursprung. § 7. Grenzen der Urgermanen. 67<br />

einmal bloß der Wortschatz, der zu solcher Schlußfolgerung nötigt. Die<br />

Ursprache der Germanen weist auch in ihrem Lautstand die auffallendsten<br />

Neuerungen auf. Es wirkten in ihr von den konstitutiven Faktoren der<br />

übrigen idg. Sprachen ganz verschiedene Triebkräfte. Sie stellen sich am<br />

anschaulichsten in der großen Umwälzung dar, die man germanische Lautverschiebung<br />

zu nennen pflegt. Auch diese im System der Sprachgebärden<br />

und Ausdrucksbewegungen durchdringende Revolution, wird nur unter der<br />

Annahme verständlich, daß der idg. Bestand auf dem urgermanischen Sprach-<br />

gebiet durch die Einflüsse eines allophylen Idioms erschüttert und zugleich<br />

erneuert worden ist.<br />

H. Hirt, Etymologie den nhd. Sprache, München 1909 (Handbuch d. deutsch. Unterr. IV, 2).<br />

§ 7. Grenzen der Urgermanen. Infolge der Lautverschiebung bekamen<br />

die idg. Sprachformen die Artikulationsbasis des Urgermanischen.<br />

Scharf und klar hebt sich fortan das Urgermanische vom Urbaltischen und<br />

Urslavischen wie vom Urkeltischen ab. Es ist unmöglich, eine slavodeutsche^)<br />

oder eine keltogermanische Sprachgenossenschaft zu rekonstruieren.<br />

Zwischen den Lituslaven und Germanen ist die Zahl der sprachlichen<br />

Entlehnungen recht groß. 2) Nur ist kein einziges gemeingermanisches<br />

Lehnwort bekannt, 3) das die Urgermanen von den Litauern oder Slaven<br />

übernommen hätten. Germanen sind durchaus die Gebenden gewesen; die<br />

Lituslaven haben von ihnen geborgt, genau so wie die Finnen, so daß<br />

nicht mit Sicherheit zu sagen ist, ob die Finnen direkt oder durch Ver-<br />

mittlung der Lituslaven germanische Kulturwörter empfangen haben.*)<br />

Die Balten (Preußen, Letten und Litauer) haben in der Vorzeit ein<br />

weit größeres Sprachgebiet bewohnt als in der Gegenwart. Sie saßen wohl<br />

immer nördlich von den Slaven, deren Urheimat in das Stromgebiet des<br />

Dnjepr verlegt zu werden pflegt, 0) und reichten bis an die Ostsee heran;<br />

ihre Westgrenze scheint die Weichsel^) gewesen zu sein. Es hat aber<br />

nicht den Anschein, als wären von alters her die Germanen mit den Ehsten<br />

und Wenden an der Weichsel zusammengetroffen, denn die germanischen<br />

Lehnwörter der Balten sind nicht sehr altertümlich. Da nun außerdem die<br />

germanischen Sprachen den idg. Centumsprachen, die lituslavischen aber den<br />

Satemsprachen zugehören, können von Haus aus keine engeren Beziehungen<br />

;<br />

Wissensch. 1897, 101 ff.; Hirt, Etymol. der Plur. der Nomina (lit. z;//Äa/w5 : got. o^uZ/am).<br />

nhd. Sprache S. 67 ff. 88 ff. Idg. Belege von ^) Pauls Qrundr. V, 360.<br />

Gewicht fehlen z. B. für got. audags (selig, *) Zweifelhaft könnte höchstens das Wort<br />

glücklich, reich) und got. arm5 (arm) und nhd. .Lachs" bleiben (S. 39).<br />

ö'''^(geizig),fernerfürdiegemeingermanischen *) V. Thomsen, Über den Einfluß der<br />

Wörter: Zauber, Kraft, Adel (edel), (Ant)litz, germanischen Sprachen auf die finnisch-<br />

Hand, Zehe, Bein; Held, Weib, Knabe, Schalk, lappischen, Halle 1870; Anz. f. idg. Forsch.<br />

Dieb; klug, krank, siech, öde, eben; Rauch,<br />

Reis, Wald, Winter, Ort, Grund, Tag, Zeit, 1<br />

Honig (gegen idg. milip), Haff, Kahn; bergen,<br />

flehen, fliehen, laufen, rufen, rügen, schneiden,<br />

trinken, zünden u.v.a. Auffallend ist gegenüber<br />

der idg. Abkunft von Osten, Westen,<br />

Süden die wahrscheinlich nichtidg. Bezeichnung<br />

„Norden" ; vgl. Nörrenberg im Globus<br />

Bd. 77 (1900) Nr. 23—24.<br />

^) Für sie war J. Grimm eingetreten;<br />

Übereinstimmung besteht, vom Wortschatz<br />

abgesehen, nur in dem gemeinsamen Dat.<br />

6,92; Hirt, Indogermanen 2, 577; Idg. Forsch.<br />

26, 236 ff. u. a.<br />

MOllenhoff, da. 3, 91 f.<br />

6) Müllenhoff, da. 2\ 207.401 : Vistula<br />

(Mela 4, 33), Vistia (1. Vistla) Plinius 4, 81.<br />

Visula ( = Bisula Amm. Marceil. 22, 8, 38)<br />

4, 97. Visculus sive Vistla 4, 100. OmoTovla<br />

Ptolemaios 2, 11, 2. 7. Da die Weichsel bei<br />

Litauern und Slaven Wisla heißt, wird der<br />

Flußname von Haus aus lituslavisch sein; ist<br />

er unter den Germanen zu Wistla geworden ?<br />

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