Deutsche Altertumskunde
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2. Die Indogermanen. § 5. Kulturverhältnisse. 57<br />
Wagen ins Auge, mit dem die Völker die Schwierigkeiten des Verkehrs<br />
bewältigten; das edelste der Haustiere, das Pferd, diente auch im Kampf<br />
als Wagenpferd. 1) Was die Hauswirtschaft durch Ackerbau und Viehzucht<br />
einbrachte, wurde im Hausgewerbe verwertet. Die Schafzucht lieferte die<br />
Wolle, 2) die von Frauen als Weberinnen verarbeitet wurde. s) „Spinnen"<br />
scheint nicht in die idg. Vorzeit zurückzureichen;*) auffällig ist aber, daß<br />
„nähen" in den nächstverwandten Sprachen „spinnen" bedeutet;^) um<br />
Leder zu nähen, gebrauchte man einen Wortstamm, der uns nicht mehr<br />
geläufig ist;«) daneben hat die Arbeit des Flechtens in dem uridg. Wort-<br />
schatz Spuren hinterlassen,'') Das Arbeitsgerät setzte sich zwar aus verschiedenartigen<br />
Instrumenten zusammen; die Differenzierung von Waffen<br />
und Werkzeugen war aber noch nicht erreicht. Der Hammer war aus Stein<br />
und wahrscheinlich mit einem mühsam hergestellten Bohr- oder Schaftloch<br />
versehen, der zugehörige Schaft ist gleichfalls bezeugt ;8) aus Stein bestand<br />
auch das älteste Messer der Indogermanen, das in einen hölzernen Stab<br />
(Griff) eingelassen werden konnte ;ä) eine sehr verbreitete Sonderform des<br />
Messers war die sorgfältig in der Schneide ausgezahnte Säge.^o)<br />
') Pferd als Zugtier (nicht Reittier) S. 55,<br />
vgl. anord.vagn (Fuhrwerk), ags. wce^n (engl.<br />
wain), afries. wein, ahd. and. wagan stellt<br />
sich zu m.fen (Wagen), lat.vehi{culum), lit.<br />
vezimas, aslav. vozü, griech. uyog got. wagjan<br />
(<br />
bewegen : griech. oyjw, aind. vahayati; got,<br />
gawigan :<br />
lat. veho u. a.); das Wagenrad<br />
ist durch eine interessante Gleichung bezeugt:<br />
anord. hvel, ags. hweohl, afries. fial, mnd.<br />
wel, wiel:gntc\\.xvx}.o?, aind. ca/fra. Deich-<br />
sel {uxgcxm. '^'penhslo) : lat. *tenksmo (?)><br />
temo ; N a b e ( : aind. nabhi), A x e (aind. ak^as<br />
etc.) sind vielleicht jüngere Wanderwörter.<br />
^) got. wiilla, anord. ull, ags. wiill (engl.<br />
woot), ahd. wolla : griech. kfjvog, oD.og, aind.<br />
ürna, aslav. vliina, lit. vilna, lat. vellus (lana),<br />
cymr. giilan.<br />
^) anord. vefa, ags. wefan, ahd. weban :<br />
griech. vrfüco; im Aind. ist wabhi („Weberin"<br />
cfr. anord. väfa) ein Name für die Frau;<br />
anord. veftr, ags. weft (engl, weft), mhd.<br />
wift ist der Webefaden.<br />
*) Die Wortfamilie , spinnen" (Spindel<br />
etc.) ist den Germanen eigentümlich.<br />
') Das Verbum „nähen' ist nur deutsch,<br />
aber das Instrument ist gemeingermanisch<br />
(got. nepla, anord. näl, ags. noedl [engl, needle],<br />
afries. nedle, and. nädla, ahd. nädala : griech.<br />
vfjTfjov Rocken, vt'jOw, rt'w spinne, ebenso<br />
lat. neö).<br />
^) got. siiijan, anord. syja, ags. seowian<br />
{tngX.sew), afries.Ä/fl, and.swze'Wrt.ahd.mhd.<br />
Slawen ( : aind. siv-, lat. suo cfr. sutor); das<br />
zur Lederarbeit verwendete Instrument ist<br />
and. ahd. siula ( : lat. subula Ahle). Die Arbeitsleistung<br />
wird durch „Saum" bezeichnet<br />
(anord. saumr, ags. seam [engl, seam], afries.<br />
säm, ahd. soiim).<br />
') gx\tc\\.7i).sxo}, \at plecto, aslav. plesti:<br />
ahd, flehtan, ags, fleohtan, anord, fletta;<br />
das Arbeitsmaterial heißt Flachs {ahd. flahs,<br />
ags. fleax, mnd. /las), das Arbeitsprodukt<br />
Flechte (got. flahta, anord. fletta, ags.<br />
fleohta, vgl. griech. :tUxi:i], .tXixog, aind.<br />
pragnas Geflecht); auch lat. crates, griech.<br />
xvyzia (Flechtwerk) kehrt bei den Germanen<br />
wieder (got. haurds, anord. hiirp Tür, ahd.<br />
hurd, and. htirth Flechtwerk, Hürde); vgl. Idg.<br />
Forsch. 17, 156. Die Arbeitstätigkeit scheint<br />
in dem gemeinidg. Verbum aind. takSatl, lat.<br />
texo (vgl. griech. zexion) ausgedrückt zu sein<br />
> mhd. dehsen (Flachs schwingen).<br />
^) anord. hamarr (auch in der Bedeutung<br />
„Fels"), ags. hamor (engl, hamnier), afries.<br />
Homer, and. hamiir, ahd.hamar : aslav. kamy,<br />
kameni (Stein), lit. akmfi, aind. afman (Stein),<br />
vgl. griech. ny.ftwy (Amboß). Bohren ist ein<br />
gemeinidg. Verbum (anord. bora, ags. borlan<br />
[engl, bore], and. ahd. borön : lat. forare) und<br />
Schaft (zu „schaben" gehörig?) ein gemeinidg.<br />
Nomen (griech. oxujizov. ox^j.^zgov : anord.<br />
skapt, ags. sceaft [engl, shaft], and. ahd.<br />
scaft, mnd. Schacht; vgl. lat. scapiis Stiel).<br />
') anord. sax, ags. seax, afries. sax, and.<br />
ahd. sahs (dies Wort steckt in „Messer") : lat.<br />
saxum ; der Handgriff lautete wohl ursprünglich<br />
*galza- (griech. yaio^ Stab), bei den<br />
Germanen und Kelten ist danach später die<br />
aus Stab mit aufgesetzter Messerschneide<br />
bestehende Waffe benannt worden; vgl. auch<br />
lai.hasta : got gazds, ahd.garta (Stab, Gerte).<br />
Daß die Lanze als Waffe uridg. gewesen<br />
sei, könnte man höchstens aus der unsicheren<br />
Gleichung schließen, die zwischen „Speer"<br />
und lat. spariis aufgestellt worden ist. Wahrscheinlich<br />
ein jüngeres Wanderwort ist lat.<br />
ascla, griech. dii'vt] : got. aglzl, anord. 0x.<br />
ags. CEX (engl, axe), and. ahd. akus Axt.<br />
^°) anord. si^g, ags. sa^u (engl, saw), ahd.<br />
saga, sega ( : lat. seco).