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Deutsche Altertumskunde

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480 IL Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

gänzt wurden, so verhielt es sich jenseits der Reichsgrenze doch wieder<br />

anders.<br />

Die Istwaien des Niederrheins im alten Sugambrenheim gebrauchten in<br />

der frührömischen Epoche noch ganz altmodische Töpfe, verschmähten aber<br />

die römische bezw. gallische Zufuhr (z. B. Sigillatagefäße) durchaus nicht. i)<br />

Es hat nicht den Anschein, als wären die einheimischen Töpferinnen den<br />

altererbten Formen untreu geworden, wohl aber läßt sich erkennen, daß die<br />

Umrisse römischer Tongefäße zu einer Umstilisierung der heimischen<br />

Formen Anlaß gegeben haben. Dafür ist namentlich eine Urne anzuführen,<br />

die einen ausgebildeten Standfuß zeigt (Taf. 31, l),^) auf den Urnenfried-<br />

höfen des Binnenlands wiederkehrt, s) aber zumal in den Chattengräbern<br />

aus dem Stadtwald von Gießen gefunden worden ist.-*) Diese Gräber gehören<br />

dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert an^) und haben einzelne<br />

römische Importen (Sigillataschüsseln) ergeben, die Leitform bilden aber<br />

irdene Becher und Näpfe, namentHch jene typische Fußurne, die noch<br />

aus der Hand geformt und weich gebacken ist. 6) Der Fundort ist kaum<br />

zweieinhalb Stunden vom Limes entfernt, enthält aber trotzdem außer<br />

einigen fremden Luxusstücken als eigentliche Gebrauchsware eine Keramik,<br />

die ganz auffallend von den Erzeugnissen römischer Töpfereien abweicht,<br />

und doch in den Details (Standfuß) von deren Musterware abhängig war.')<br />

Diese eigentümliche Formenmischung ist vielleicht spezifisch kolonialgermanisch,<br />

sie läßt sich durch ganz Thüringen«) bis nach Böhmen<br />

>) Kiekebusch S. 49 ff. Mannus 1, 83 ff.<br />

Dieselbe Mischung von .prähistorischem"<br />

und .römischem' Geschirr läßt sich rheinabwärts<br />

in Westfalen und in den Niederlanden<br />

belegen (Westd. Korrespondenzbl.<br />

1901, 70 f. Korrespondenzbl. f. Anthropol.<br />

1901, 33 (vgl. z. B. die Funde aus der Gemeinde<br />

HuUern, Kreis Coesfeld, Bauerschaft<br />

Lippe, Kreis Recklinghausen im Dortmunder<br />

Museum). Catalogus van het rijksmuseum<br />

van oudheiden te Leiden S.48 (het vaatwerk<br />

dan, dat uit deze vroege periode door zijne<br />

dikte en grofheid en daarbij door eene zekere<br />

vettige gladheid bij het aanvoelen duidclijk<br />

kenbaar is, en waarin behalve vormen aan<br />

het germaansche der urnenvelden ontleend<br />

voorai ook invioed van romeinsche ceramiek<br />

is te bespeuren, is op grond hiervan in zijn<br />

aanvang in den loop van de eerstc ceuw<br />

na Chr. te stellen)).<br />

») Vgl.S.291 ; Kiekebusch S.SH.TaM, 5.<br />

Mannus 1 Taf 15.<br />

•) Hostmann, Darzau TaL 6. Voss-<br />

Stimming, Vorgcsch. Altert, aus d. Mark<br />

Brandenburg: Folirde. Es ist an die Verbreitung<br />

der auf der Drehscheibe hergestellten<br />

Latenekcramik zu erinnern (S. 479).<br />

*) Mannus 1,93L<br />

*) Über die früheste Bcrtlhrung mit provinzlairömischcr<br />

Kultur vgl. Quii.i.ing, Nauheimer<br />

Funde S. 102 (FrUhrümischcr Krug<br />

9« I9I.<br />

*) Oberhess. Oeschichtsvcrein, Fund-<br />

bericht 1 899- 1 90 1 S. 1 1 2 ff . Taf.XV-XVII. AhV.<br />

5, 34 ff. 38 f. Taf. 9; vgL die römischen Brandgräber<br />

aus dem Kreis Gießen (Nachbarschaft<br />

des Limeskastells Arnsburg S.375) Röm.-germ.<br />

Korrespondenzbl. 1910, 50 fL Eine Tonlampe<br />

und drei Tongefäße aus einem römischen Grab<br />

von Rauschenberg bei Marburg verzeichnet<br />

Pinder (1878) S. 18ff. Am Limes in der<br />

Wetterau will man ein regelrechtes Hügelgrab<br />

mit ausschließlich römischen Beigaben<br />

gefunden haben (Limesblatt 702: Bestattung<br />

eines Germanen nach halb römischer halb<br />

germanischer Sitte aus dem Ende des<br />

1. Jahrh.?). Andererseits ist die sehr interessante<br />

Tatsache zu würdigen (S. 290), daß die<br />

billige einheimische Keramik der Chatten auch<br />

in den benaclibarten Limeskastcllcn des<br />

Taunus benützt worden ist, ihre Datierung<br />

erscheint danach doppelt gesichert, vgl. z. B.<br />

ORL. II, 8, 43. 172 fL 201 (mit Abbildungen).<br />

') Den gleichen Charakter wie die<br />

Chattengräber von Gießen tragen nicht bloß<br />

die Brandgräber von Siegburg (ORL. II, 8,<br />

172) und Naunlicim (Kreis Biedenkopf), sondern<br />

auch die Funde von Wilrzburg-Üchscnfurt,<br />

wo damals Chatten saßen (Korrespondenzbl.<br />

L Antiiropol. 1901 34.35. AhV. 3, 9.<br />

2.5,37. Hess. Archiv 10,447).<br />

*) Vgi.z. B. die Urnen von Großromstedt<br />

(bei Apolda) Zcitsclir. f. thüriiig. Gesch. 26,<br />

375 ff. l'af. 1 ; römische Importen vcrzeicluiet<br />

Kropp ebenda S. 37(5 L Götzk, Altert. Thür.<br />

S. XXXV. 299. Auch hier spielt das Nach-

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