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Deutsche Altertumskunde

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3. Germania. B. Kulturverhältnisse. § 80. Handelsverkehr und Sprache. 473<br />

ist die Zeit dieser Einfuhr nicht genauer zu bestimmen; wie das Glasgeschirr<br />

ist wohl auch dieses feine irdene Geschirr erst in der spätrömischen Epoche<br />

nach dem Norden verschlagen worden.<br />

Einfachere und wohlfeilere Erzeugnisse der gallischen, belgischen und<br />

rheinischen Töpfereien herrschen in Ober- und Untergermanien, sind vermutlich<br />

im deutschen Kolonialgebiet und im Mutterland abgesetzt worden,<br />

mögen aber nicht mit derselben Pietät wie die edleren Sorten der Erde übergeben<br />

worden sein. Fehlen uns auch die Scherben der irdenen Weinkrüge<br />

und Weinbecher, so besitzen wir doch die Namen in unserem volkstümlich<br />

deutschen Wortschatz :<br />

i) die lateinischen catilli und amphorae, copae und<br />

ollae, urcei und lagonae laufen in sehr altertümlichen Lehnwörtern als Kessel<br />

und Eimer, Kufen und Lägein noch heutigentags unter uns um,*) sind aber<br />

nicht mehr auf das irdene Geschirr beschränkt geblieben, sondern frühzeitig<br />

auf das eherne und hölzerne Geschirr übertragen worden. 3) Wie im<br />

römischen Haus wurden die Gefäße auch bei uns in einem unterirdischen<br />

Raum mit ihrem kostbaren Inhalt aufbewahrt.*)<br />

Mit dem Weinservice treten in den Funden die den geselligen Kreis der<br />

Zecher affektvoll belebenden Würfel- und Brettspiele hervor (Taf. 30, 7-8);<br />

namentlich das von den römischen Provinzialen gelernte Würfelspiel hatte sich<br />

als geschäftsmäßig ernste Übung in Deutschland eingebürgert. War über den<br />

Mann, der in diesem Spiel verlor, die Leidenschaft gekommen, so setzte er<br />

tollkühn auf den letzten Wurf seine persönliche Freiheit und ließ sich von<br />

dem Gewinner um klingenden Lohn als Sklaven (S. 445) verkaufen. 0) Das<br />

Brettspiel ist wohl eine etwas jüngere Errungenschaft. Spielbretter haben sich<br />

in Dänemark (Fünen) restweise erhalten: sie bestanden aus einer 35—50 Zenti-<br />

meter im Geviert messenden Holztafel, die von einem Rahmen eingeschlossen<br />

war; auf der einen Seite der Tafel befanden sich quadratische 2—2,5 Zentimeter<br />

große Felder, durch eingeritzte Linienmuster hergestellt (Taf. 30, 8);<br />

Comitialis aus Rheinzabern: Müller, Jern- lagona > ahd. lägela, mhd. lägel, Icegel, mnd.<br />

j<br />

alderen Taf. XXI. CiL. Xlll. 3, 767). legen, legel Flasche.<br />

;<br />

') Vgl. lat. ftflcca (Faß), baccinum > and.<br />

/on'fl vgl. CIL. Xlll, 3, 532 ff. ; besonders inter- zhd. bekkin Becken, dazu lat. bicarium ><br />

esssant sind Aufschriften, die die einzelnen anord. bikarr, and. bikeri, mnd. beker, ahd.<br />

^) Über die Gattungen der vasa pota- !<br />

Gefäße benennen. 1<br />

behhari<br />

Becher.<br />

2) lat. catinus — catillus > got. katils *) lat. ce//ar/u/w (Vorratskammer) > anord.<br />

(S.421f.), anord. ketill, ags. cytel, and. ketil, and. ahd. kelleri; Ortsname Winkel < vini<br />

ahd. chezzil (ein weitbauchiger Krug) Rom.- celia (Seiler, Lehnwort ^ S. 58).<br />

germ. Korrespondenzbl. 1910, 47; lat. am- ^) Germ. c. 24; Willers, Bronzeeimer<br />

phora > ags. omber, mnd. amber, ahd. ambar S 93. Die Weinbowle von Westersode(S. 471)<br />

(volksetymologisch umgedeutet [vgl. zwibar] enthieU einen römischen Würfel, der auf<br />

zu einibar Eimer mit einem Henkel); lat. allen sechs Seiten die aus Doppelkreisen<br />

cdpa> and. cöpa, mnd.köpe, cupe {nl.kuip), bestehenden Augen zeigt (Willers S 9 f.);<br />

ahd. cfiuofa, mhd. kuofe Kufe, vgl. schles. auch die Bronzeeimer von Hemmoor (S. 469)<br />

kuffe (Trinkgeschirr von Ton oder Glas), dazu |<br />

das Dimin. kübel; lat. olla — ola > and. üla, \<br />

westmd.o«/ ofen (Euler = Töpfer), vgl. z. B. |<br />

den Aulofen von Heldenbergen (S. 375. ORL. \<br />

haben<br />

dreimal Würfel ergeben (Willers S.21.<br />

26 f.), sie sind teils kubisch, teils läng-<br />

22.<br />

lieh und abgekantet und bieten in der Ver-<br />

teilungder Augen (vgl. Taf. 30, 7) manche Ver-<br />

II, 25, 10 ff.: ein Fund von seltener Einheit- schiedenheiten (Bonn. Jahrb. 90. 23. Jahrb. d.<br />

lichkeit aus dem Anfang des 2. Jahrh.) oder<br />

von Niederberg bei Ehrenbreitstein (S. 373.<br />

Rom. -germ. Korrespondenzbl. 1909, 69: etwa<br />

hamburg. Anstalt. 3, 153. Jacobi, Saalburg<br />

S. 538). Der Würfel heißt anord. tehingr<br />

( : got. fauratani oijiaui), mnd. dän. terning.<br />

100 n.Chr.); \a{. urceus > got aurkeis, ags. französ. lerne (Dreipasch); die 1 auf dem<br />

and. orc Krug (Heliand 2009); lat. lagena— Würfel heißt mhd. esse < lat. assis.<br />

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