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Deutsche Altertumskunde

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1. Nordeuropäische Urzeit. § 2. Landschaftsbilder. 29<br />

Auch die jetzigen deutschen Küsten umsäumt bis nach Skandinavien<br />

hinauf eine Kette von Mooren; doch sind sie längst im Zusammenhang der<br />

wiederholten Niveauschwankungen (S. 26 f.) von den Wogen der Ostsee und<br />

der Nordsee überspült. Weit draußen vor der heutigen Wasserkante liegt<br />

noch die Felseninsel Helgoland als eine (Jer Zerstörung entgangene Ruine<br />

eines zerbröckelten Kontinents. Die Küsten der ruhigeren Ostsee erhielten<br />

zwar auch durch die Angriffe des Wassers ihre gegenwärtige Gestaltung,<br />

doch erfuhren sie keine so tragischen Verluste wie die Küsten der Nordsee. ^j<br />

Die Untersuchung der submarinen Moore hat nun ergeben, daß Kiefern in<br />

der Tertiärperiode die Lande bedeckten, ehe sie von den Wogen des Meeres<br />

zerrissen worden sind: das Harz jener urweltlichen Kiefern schwemmt die<br />

Nordsee und die Ostsee noch heute den Anwohnern als Bernstein ans<br />

Gestade, ein wirtschaftliches Gut, so kostbar wie Edelstein, an dem für<br />

unser Volk die Anfänge seiner Geschichte und die ersten Fortschritte seiner<br />

Kultur hängen. 2)<br />

Zwischen der Zeit, da am Südrand von Mitteleuropa (ähnlich wie jetzt<br />

in Grönland) an einzelnen begünstigten Stellen, die Schnee und Eis nicht<br />

haften ließen, während eines kurzen Sommers arktische Pflanzen sich ansiedelten,<br />

und der Zeit, in welcher unsere waldbildenden Bäume auf dem<br />

von langjährigem Eis entblößten Boden einwurzelten, liegt eine lange Über-<br />

gangsperiode. =*) In ihr bekam Deutschland sein Gesicht. Einesteils bildete<br />

Gletscherschutt die deutsche Bodenkruste und dies zertrümmerte und zer-<br />

riebene Gesteinsmaterial eignete sich zum Waldwuchs. Hier erhielt also<br />

die deutsche Erde ihren Grundcharakter durch Wald.<br />

Außerhalb dieser Distrikte bekam das Land den Charakter der Steppe,<br />

wo Ablagerungen einer besonderen Bodenart, des Löß, konstatiert sind.<br />

Hier gibt es keinen Wald, sondern für Graswuchs und Kulturpflanzen<br />

günstige Verhältnisse.*) Die tierischen Überreste, die in diesem ehemaligen<br />

Steppenboden gefunden wurden, sind echte Steppentiere, wie Eisfuchs,<br />

Schneehase, Lemming;'^) sie sind längst aus Mitteleuropa nach dem hohen<br />

Norden abgewandert. Aber gerade da, wo durch Ausgrabungen evidente<br />

Belege einer ehemaligen Steppenfauna unserer Heimat gewonnen worden<br />

sind, gedeihen noch immerzu urweltliche Steppenpflanzen. Mit der Zeit<br />

verursachten die sich selbst überlassenen, alljährlich absterbenden Gräser<br />

eine Anreicherung des Humusgehaltes in der Oberkrume und so wurde<br />

aus einer Ursteppe die durch besondere Fruchtbarkeit ausgezeichnete,<br />

waldfreie Kultursteppe der deutschen Lößgebiete („Bördeboden"). ß) Einst<br />

erstreckte sich diese Kultursteppe den Karpathen und dem deutschen Mittel-<br />

») E. SUESS, Antlitz der Erde2, öOOff. ") F.v.Richthofen, China 1 (1877), 56ff.<br />

Wahnschaffe 3 S. 372 ff. Hettner, Grund- ;<br />

Züge 1, 238. Weber in Englers Botan. Jahrbüchern<br />

35, 54.<br />

j<br />

'') Die alte Bezeichnung des Bernsteins ist<br />

urgerm. *gleza : glasa ( > nhd. glas), ags.jlcer<br />

(Bernstein); beachte mnd. ^/ar (Harz); bern<br />

stein ist nd. Ursprungs und entspricht hd.<br />

brennstein<br />

^) A. Engler, Versuch einer Entwick-<br />

lungsgeschichte der Pflanzenwelt 1, 155 ff.<br />

Archiv<br />

f.Anthropologie Bd. 15 Taf.III(Karte).<br />

Wahnschaffe 3 S. 233 ff. M. Hoernes, Der<br />

diluviale<br />

1903.<br />

Mensch in Europa, Braunschweig<br />

s)<br />

Prahlst. Zeitschr. 1, 32 ff.; vgl. auch<br />

Arkiv för nord. filologi 25, 302.<br />

«) Archiv f. Anthropologie 15, 221; vgl.<br />

z. B. E. Blume, Siedelungskunde der Magdeburger<br />

Börde, Diss. Halle 1908.

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