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Deutsche Altertumskunde

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3. Germania. B. Kulturverhältnisse. § 80. Handelsverkehr und Sprache. 465<br />

zwar zunächst die gleichnahen männlichen Erben mit genau gleichen<br />

Nutzungsrechten in den Nachlaß des Hausvaters eintraten. i) Anders verhielt<br />

es sich mit dem Heergewäte und mit der Gerade. Hiervon gebührte zunächst<br />

dem Verstorbenen ein Anteil, das sog. Totenteil, das ihm als Grabinventar<br />

auf den Scheiterhaufen und unter die Erde folgte. 2) Im übrigen<br />

hatten die Töchter nur ein Erbrecht an der Gerade der Mutter, die Söhne<br />

sowohl ein Erbrecht am Heergewäte des Vaters als am Grundbesitz. 3) Aus<br />

Geldgeschäften, die unbekannt waren, flössen den Familien noch keine<br />

Einnahmen zu. 4)<br />

§ 80. Römischer Handelsverkehr und römische Sprache. Durch<br />

den römischen Limes war das deutsche Mutterland gleich wie durch eine<br />

schwer zu passierende Zollschranke von dem regeren Geschäftsverkehr mit<br />

den Römern abgeschnitten (S. 423 f.).^) Die in der römischen Provinz<br />

ansässig gewordenen Germanen waren ganz anders gestellt: ihnen war die<br />

Vielfältigkeit des römischen Handelsbetriebs ebenso wie das römische Geldwesen<br />

zu einem unentbehrlichen Bedürfnis geworden.«) Im Gegensatz zu<br />

diesen Provinzialgermanen verharrten die deutschen Binnenvölker bei dem<br />

primitiven Tauschhandel, erwarben im 1. und 2. Jahrh. n. Chr.'') auf diesem<br />

Wege eine weit spärlichere Zufuhr römischer Waren und bekamen nur alltägliche<br />

und billige Dinge zu sehen.") Die kostbare Fülle römischer und<br />

gallischer Fabrikate, die die rheinischen Museen bergen, führt eine beredte<br />

Sprache;^) sie meldet uns, daß die Rheinlande schon seit dem 1. Jahrh. unserer<br />

für die militärische Laufbahn begabteste Sohn<br />

erhält, so handelt es sich wahrscheinlich<br />

nicht um Vererbung, sondern um Abtretung<br />

eines Teils des Hausvermögens bei Lebzeiten<br />

(Brunner 1^ 109). Anord. arfr, ags. yrfe<br />

(Erbe) bedeutet auch ,Vieh"; \g\. goi. arbi,<br />

and. ahd. erbi Erbe (Hinterlassenschaft, Be-<br />

sitz, Beitr. 12, 176 f.).<br />

*) heredes successoresqiie sui cuique<br />

liberiet nulluni testamentum siliberinonsunt<br />

proximusgradus in possessionefratrespatrui<br />

auunculi Germ. c. 20; vgl. ags. erfeweard,<br />

and. erbiward; ahd. arbinomo, afries. erfnoma,<br />

ags. yrfenuma,got.arbinunija {arbja,<br />

arbjo; gaarbja; ahd. arbeo). Die .Erben*<br />

sind nur »Nehmer" und .Hüter" des Erbes<br />

(Beitr. 12, 176; vgl. anord. ar/««/ .Viehhüter"<br />

177), sie .besitzen" es nicht, es .gehört"<br />

ihnen nicht. Fehlten erbberechtigte Sippegenossen,<br />

so fiel das .Erbe" der Sippe oder<br />

dem Dorf anheim, denen es .gehörte" (Haff,<br />

Gemeinderechte 2, 66 f., über die grundlegende<br />

Bedeutung der Sippe im Erbrecht<br />

handelt Swart S. 293 ff).<br />

2) Brunner 1 ^ 108 f. ; vgl. mnd. rädeleue<br />

(Hinterlassenschaft der Frau).<br />

3) Swart S. 294 ff.; die Töchter konnten<br />

aber auch, wenn sie sich verheirateten, durch<br />

eine Aussteuer<br />

werden (S. 300).<br />

ein für allemal abgefunden<br />

*) fenus agitare et in usuras extendere<br />

ignotum Germ. c. 26 (Fleischmann, Caesar<br />

Tacitus S. 29 ff. 60. 77)<br />

Anm. 4.<br />

vgl. .Wucher* S. 454<br />

i<br />

Handbuch des deutschen Unterrichts. Bd. V, Teil I.<br />

*) Der Ausnahmefall der Ermunduren<br />

ist besonders geeignet, um die Regel zu bestätigen<br />

(Germ. c. 41 commercium . . .passim<br />

sine custode transeunt).<br />

*) proximi ob usum commerciorum<br />

aurum et argentum in pretio habent Germ,<br />

c. 5; vgl. Undset, Eisen S. 289 L Kiekebusch,<br />

Einfluß der röm. KuUur S. 22 ff.<br />

') Zur Geschichte der archäologischen<br />

Forschung und namentlich zur Frage nach<br />

der chronologischen Ordnung der archäologischen<br />

Materialien vgl. Nord. Fortidsminder<br />

2,30ff. Mannus-BibliothekS, 146 ff; es kommen<br />

für uns nur die hier mit DA—B bezeichneten<br />

Stufen in Betracht; es ist die sog.<br />

ältere römische Zeit, die zuerst 1874 abgegrenzt<br />

worden ist.<br />

*) interiores simplicius et antiquitus<br />

permutatione mercium utuntur.. .promiscua<br />

et uilia mercantes Germ. c. 5. ulteriores<br />

quibus nullus per commercia cultus c. 17.<br />

*) Vgl. das Verzeichnis der Museen bei<br />

Dahlmann-Waitz 8 S. 246 f., namentlich die<br />

römische Abteilung des Zentralmuseums in<br />

Mainz und beispielshalber die Übersichten<br />

über röm. Funde in Baiern (Doeberl, Entwicklungsgeschichte<br />

Baierns 1 , 1 4 ff .), Württemberg<br />

(Fundberichte aus Schwaben 1893 ff.)<br />

und Baden (E.Wagner, Fundstätten und Funde<br />

im Großh. Baden, Tübingen 1908— 19 11).verdienen<br />

hervorgehoben zu werden; dazu<br />

Dragendorff, Westdeutschland zur Römer-<br />

zeit S. 48 ff. 59 ff.<br />

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