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Deutsche Altertumskunde

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458 II. Historischer Zeitraum. A. Westgermanen und Ostgermanen.<br />

Zur Aufklärung über die alte Wirtschaftsordnung im deutschen Dorfe<br />

dient vorzüglich die in Friesland, i) zumal Nordfriesland,*) bis auf die Gegenwart<br />

vererbte Praxis, die bei der Nutzung des Meedlandes, d. h. Weide-<br />

landes, beobachtet wird. Dies Nutzland wurde auf den Halligen in folgender<br />

Weise verteilt: 3) die Bewohner einer Werft,'^) die eine Genossenschaft für<br />

sich bildeten, hatten im Umkreis der Werft ihren Landbesitz, das böl (S. 464)<br />

der Genossenschaft. Die Bolsgenossen, an deren Spitze jährlich der Reihe<br />

nach wechselnd ein Bolskurator trat, um die Ordnung aufrechtzuerhalten,<br />

sonderten das ihnen zugehörende Land in zwei Hälften, von denen die bessere<br />

zum Meede- oder Mähland, die andere — durch Gräben {lei) getrennt — zur<br />

Weidefenne bestimmt wurde. 0) Jedem Bolsmitglied wird festgesetzt, wieviel<br />

Nutzgras auf der Fenne (S. 73)*^) ihm zukommt, wieviel Vieh es auf ihr weiden<br />

lassen darf; ferner wird jedem Bolsmitglied in jedem Jahr ein Teil des<br />

guten und ein Teil des schlechteren Meedlandes zugewiesen, aber so viel,<br />

daß in einem bestimmten Turnus von Jahren die Menge des zugeteilten<br />

Landes den Durchschnitt erreicht, welchen jedes Mitglied verlangen kann.<br />

Diesem Gedanken zuliebe wird das Meedland in Parzellen zerlegt, die<br />

streifenförmig in einer vorgeschriebenen Himmelsrichtung angeordnet sind.<br />

Nach ihren Meedebüchern teilen die Bolsgenossen im Frühjahr die Meede<br />

unter sich. Es wird zunächst die Breite des ersten Streifens längs der Grenze<br />

am Kopf- und Fußende festgestellt und an beiden Enden durch ein Dohl<br />

bezeichnet,^) neben das Dohl werden mit einem Messer die Anfangsbuch-<br />

staben bezw. die Hausmarke des Besitzernamens eingeschnitten s) und so<br />

geht es weiter, Streifen für Streifen, bis die ganze Fläche aufgeteilt ist; die<br />

Breite der Streifen wechselt sehr, es gibt solche, bei denen sie nur zwei<br />

Fuß beträgt. Die der Größe und Lage nach jährlich wechselnden Parzellen<br />

werden Schiften (dän. skifte S. 457 f.) genannt; ein Schift fällt erst nach einer<br />

längeren Reihe von Jahren wieder auf dasselbe Bolsmitglied, das inzwischen<br />

auf andern Teilstücken Gras gemäht und Heu geerntet hat.^)<br />

zu verweisen (z. B. agger og eng skiftes<br />

Danske Vidcr 2, 175, 15; über das Solskiftvcrfahren<br />

handelt Haff a.a.O. 2, 24 ff.; über<br />

Hamarskipt Henning im Anz. f. d. Altert.<br />

25, 234. 239).<br />

') Vgl. die altertümliche Nord er Teelacht<br />

bei Swart, Zur fries. Agrargeschichte<br />

S. 324 ff. oder auch die Meldorfer Bürgersechse<br />

Hennings S. 31 f.<br />

*) Hier Ist auch bis in die Neuzeit herein<br />

der Ackerbau von den Frauen besorgt worden<br />

(Hennings S. 15 f.).<br />

») E. Traeger, Die Halligen der Nordsee<br />

S. 56 ff. (— Forsch, z. d. Landes- und<br />

Volkskunde 6, 282 ff.); vgl. Heimat 1907,<br />

119. 1913, 26. Nd. Korrespondcnzbl. 27, 62.<br />

*) Die Werften (S. 293) mögen etwa den<br />

altgermanifchen Dörfern oder Kluften entsprechen;<br />

.den einzelnen Gcschlechtsvcrbänden<br />

desselben Ortes wurden besondere<br />

Feldabschnitte zugewiesen* Serino S. 259.<br />

Daß in NordfricsTand Qeschicchtsverbande<br />

eine Ähnliche Rolle wie in Ditmarschen ge-<br />

spielt haben, ist nach Sering kaum zu bezweifeln<br />

(S. 264); über die Grundsätze, nach<br />

denen innerhalb der Geschlechtsgenossenschaft<br />

das Land den Einzelfamilien zugewiesen<br />

wurde, handelt Sering S. 262 f.<br />

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